Vertragsstrafen verspricht der Schuldner dem Gläubiger zur Absicherung seiner Verpflichtungen. Insoweit wird auf die §3 339 BGB verwiesen.
Die Vertragsstrafen sollten grundsätzlich entsprechend Risikoanalayse (Erforderlichkeit der Vertragstrafe zur Absicherung der Erfüllung, der Termine, der Mängelhaftung etc. - neben Sicherheiten - individuell vereinbart werden (vor allem bei der öffentlichen Hand - es ist unzutreffend z. B. für alle Verträge der öffentlichen Hand etwa im BVB-IT-Bereich z.B. 1/1500 der betroffenen Vergütung, höchstens für 100 Tage in den AGB vorzusehen. Vonn den Vertragsstrafen sind grundsätzlich Schadenspauschalierungen zu unterscheiden - Vertragsstrafe Druckmittel, Schadenspauschlierung der pauschlierte Schaden z. B. pro Verzugstag: auch hier handelt es sich um einen prognostizierten durchschnittlich zu erwartenden Schaden . Bei der öffentlichen kann es doch nicht richtig sein, daß in allen Fällen etwa 1/1500 der Vergütung pro Tag, höchstens 8 % anfallen - die Veerträge sind doch unterschiedlichen Risiken unterworfen. Auf § 12 VOL/A bzw. § 11 VOL/B wird hingewiesen. Daneben ist vor allem im Baubereich die Rechtsprechung des BGB zu beachten (s. nachfolgend).
Entscheidungen zur Vertragsstrafe:
Vertragsstrafen
BGH, Urt. v. 12.3.2003 – XII ZR 18/00 – NJW 2003, 2158 - Vertragsstrafe in Geschäftsraum-Mietvertrag – Dauerschuldverhältnis – „Die Rechtsprechung zu AGB in Bauverträgen ist aber auf Dauerschuldverhältnisse wie gewerbliche Mietverträge nicht zu übertragen. Denn beim Bauvertrag verfällt eine typischerweise zeitabhängige Vertragsstrafe beim Verzug mit einer einmalig zu erbringenden Leistung. Umgekehrt kann auch nicht die Rechtsprechung (insbesondere zu Bierlieferungs- und Automatenaufstellverträgen) herangezogen werden, die sich mit festen, einmaligen Vertragstrafensumme befasst, die für Verstöße im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses vereinbart wurden. Im vorliegenden Fall ist nämlich eine Vertragsstrafe vereinbart, deren Höhe von der Zeitspanne abhängig ist, innerhalb derer der Vertragspartner seine Verpflichtung zu fortlaufender Gebrauchsgewährung nicht erfüllt. In einem solchen Fall muss die Vertragsstrafe lediglich in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des mit ihr geahndeten Verstoßes stehen ....“. – 500 DM pro Tag Fertigstellungsverzugs bei einer Monatsmiete von 24.840 DM (= 15.000 DM bei 30 Tagen Verzug) nicht zu beanstanden – vgl. Bau-Vertragsstrafen BGH NJW 2003, 1805 = NZBau 2003, 321 (5 % Obergrenze) = CR 2003, 647, m. Anm. v. Schneider.
Vgl. zur älteren Rchtsprechung BGH, Urt. v. 18.1.2001 - VII ZR 238/00 - NJW 2001, 2330 (Ls.) = NJW-Rr 2001, 738 - Vertragsstrafe und Inhaltskontrolle
Neuere Literatur:
Vertragsstrafe – Niebuhr, Frank, Vertragsstrafe, Schadensersatz und Entschädigung bei Bauverzögerung, 2004, Werner Verlag
Vertragsstrafe – Rieble, Volker, Verjährung „verhaltener Ansprüche“ – am Beispiel Vertragsstrafe, NJW 2004, 2270 - §§ 195, 199 BGB – Beginn der absoluten Zehnjahresfrist
Vertragstrafe – BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03 – ZIP 2004, 1277 – Vertragsstrafen in Formulararbeitsverträgen (grundsätzliche Zulässigkeit – Unwirksamkeit bei unangemessener Benachteiligung)
Vertragstrafe – KG Berlin, Urt. v. 2.7.2003 – 26 U 113/02 - BauR 2004, 1162 – Unwirksamkeit einer Vertragsstrafenklausel (0,5 % pro Tag maximal 10 Tage) – Verzug und Voraussetzungen – Klausel abweichend von Sicherheitsleistungsregelung in § 17 VOB/B – Unwirksamkeit
Markus/Kaiser/Kapellmann, AGB-Handbuch Bauvertragsklauseln, 2004, Werner Verlag
Glatzel/Hofmann/Frikell, Unwirksame Bauvertragsklauseln, 10. Aufl., 2003 – VOB-Verlag Ernst Vögel OHG
Weitere Einzelfallentscheidungen
OLG Saarbrücken, Urt. v. 5.4.2001 - 8 U 642/00 - 127 - NJW-RR 2001, 1030 - Vertragstrafe - Vorbehalt bei Abnahme nach § 11 Nr. VOB/B, § 341 III BGB - erforderlich - Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches des Unternehmens gegen Subunternehmer bei schuldhafter Verzögerung der Vertragspflichten durch den Subunternehmer - Voraussetzungen des Verzugs - Vertragsstrafenvereinbarung des Unternehmers mit öffentlicher Hand als Auftraggeber unwirksam nach § 9 I AGBG - Vergabebedingungen unterliegen dem AGBG (keine hinreichende Substanziierung des Aushandelns) - kein Aushandeln der Obergrenze von 12 % - 12 % als unangemessene Benachteiligung - BGH NJW 1999, 1108; NJW 2000, 2106 = NZBau 2000, 327: höchstens 10 %, so auch das entscheidende OLG - Beschränkung nach § 12 VOB/A: 10 % für die öffentliche Hand bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dieser Bestimmung - vgl. ferner BGH NJW 2001, 1346 = NZBau 2001, 257; ferner OLG Koblenz NJW 2000, 1042 = NZBau 2000, 330.
Vertragsstrafen verspricht der Schuldner dem Gläubiger zur Absicherung seiner Verpflichtungen. Es handelt sich um ein "Druckmittel", um dem Gläubiger abzusichern. Sie ähnelt der Schadenspauschalierung, bei der es aber nicht um eine zusätzliche Druckausübung, sondern vor allem um eine "Entlastung" des Gläubigers hinsichtlich des oft schwierigen Nachweises des Schadensersatzanspruches in seiner Höhe nach den §§ 249 ff BGB zu erreichen. Geregelt ist die Vertragsstrafe in den §§ 339 - 343 BGB. Die Vertragsstrafe ist an die Hauptverbindlichkeit angelehnt - Akzessorietät - unselbständiges Vertragsstrafeversprechen. Erforderlich ist eine vertragliche Vereinbarung. Vertragsstrafen können auch in AGB vereinbart werden. Allerdings gelten hier Besonderheiten, insbesondere muß die Obergrenze festgelegt sein - Angemessenheit der Vertragsstrafe ist erforderlich (vgl. § 9 AGBG). Die Vertragsstrafe kann - je nach Vereinbarung - verwirkt sein, d.h. anfallen, wenn der Schuldner sich im Verzug befindet (vgl. § 339 BGB). Auch für den Fall der Nichterfüllung oder der Schlechtleistung kann die Vertragsstrafe vereinbart werden (vgl. § 340 BGB). Allerdings muß der hier § 341 III BGB beachtet werden, wonach der Gläubiger sich die Vertragsstrafe bei der Annahme der Leistung im Fall der Schlechtleistung vorbehält. Bemerkenswert ist schließlich, daß die unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe nach § 343 I BGB durch Urteil herabgesetzt werden kann - Billigkeitskontrolle.
Vgl. zu allem Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., 2005, Vorbem. Vor §§ 339, Rdnr. 1 ff, m.w.Nachw. Ferner BGH, Urteil vom 9.2.2000 - VII ZR 55/99 - BB 2000, 949 - Vertragsstrafe bei Unternehmenskaufvertrag - Treuhandanstalt. Im übrigen siehe o. zur neuen Rechtprechung des BGH
Die Vertragsstrafe wird in den §§ 12 VOL/A, 12 VOB/A, 11 VOL/B, 11 VOB/B behandelt. Es ist in jedem Fall zu prüfen (und gegebenenfalls nachzuweisen)
- Überschreitung der Ausführungsfristen
- Verursachung erheblicher Nachteile (z.B. Beeinträchtigung oder Unmöglichkeit der Erfüllung wesentlicher Aufgaben, erhebliche Schäden etwa für den Fall der Nichtfertigstellung etc.) für den Fall der Überschreitung
- Einhaltung einer angemessenen Grenze (5 % als Obergrenze - höhere Beträge bedenklich - noch zulässig noch 1/1500 der betroffenen Vergütung pro Tag, höchstens für 100 Tage = 6,66 % - vgl. BVB-X.Allerdings gehört diese Vertragsstrafe in den individuellen Teil der Verdingungsunterlagen, nicht aber in die AGB - vgl. § 9 Nr. 3 II S. 3 VOL/A - dort fälschlicherweise als besondere Vertragsbedingungen bezeichnet - richtig: Individuelle Abreden auf Grund spezieller Risikoanalyse!
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch, daß der Auftraggeber ohnehin nur leistungsfähige, fachkundige und zuverlässige Auftragnehmer beauftragen darf. Ferner müssen die Ausführungsfristen gemäß §§ 11 VOL/A bzw. 11 VOB/A "ausreichend" sein; "außergewöhnlich kurze Fristen" sind nur bei "besonderer Dringlichkeit" vorzusehen.
Für die Verwender der BVB ist unbedingt zu beachten, daß die genannten AGB nichtige Klauseln für die Regelung des Verzugs sowie der Gewährleistung vorsehen, so daß die unveränderte Benutzung der genannten BVB zu schweren Nachteilen führen können. Im Regelfall stehen dem Auftraggeber gegen den Auftragnehmer nur Rücktrittsrechte und zusätzlich eine Vertragsstrafe von 6,66 % zur Verfügung - vgl. insofern zu dieser Problematik die BVB.
Grundsätzlich ist für die Verwirkung einer Vertragsstrafe Verschulden erforderlich.
Palandt-Heldrich, BGB, 64. Aufl., 2005, § 339 Rdnr. 2,3, m.w.Nachw.
Besonsdere Probleme ergeben sich bei Anwendung der BVB-IT (vgl. Stichwort BVB) sowie der EVB-IT (vgl. Stichwort) - die Gesamtkonzeption dieser AGB der öffentlichen Hand - vgl. Stichwort AGB - ist verfehlt; denn Vertragsstrafen und Schadenspauschlierungen sind Ergebnis der entsprechenden Risikoprognose - insofern ist § 12 VOL/A beneso zu beachten wie z. B. § 12 VOL/B; vgl. im übrigen Bartl, Harald, VOL/B, 2. Auflage, 2004, CitoExpert GmbH, sowie ders., VOB/B, Praxiskommentar mit Vergaberecht, 2004, CitoExpert GmbH.
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