Zu beachten sind vor der VOL/A bzw. neben der VOL/A (teilweise Doppelregelungen) insbesondere aber auch die sich aus den §§ 97 ff GWB ergebenden allgemeinen Grundsätze des Vergabeverfahrens, die sich gegen nachfolgende Verstöße wenden:

  • Verstoß gegen den Grundsatz der Vergabe im Wettbewerb - vgl. § 97 I GWB - selbst bei eingeschränktem Wettbewerb muß versucht werden, noch einen "Restwettbewerb" durchführen. Das gilt auch für die Freihändige Vergabe sowie die Beschränkte Ausschreibung. Durch das Gebot zur Aufforderung zur Angebotsabgabe von mindestens drei oder fünf Teilnehmern (vgl. z.B. §§ 7 Nr. 2 II VOL/A bzw. § 3 a Nr. 1 II VOL(A sowie § 10 Nr. 2 VOF - drei bzw. fünf) wird dies auch in der VOL/A sowie der VOF zum Ausdruck gebracht. In diesem Zusammenhang müssen auch die Nebenangebote und Änderungsvorschläge genannt werden, die insbesondere den Innovationswettbewerb zulassen bzw. ermöglichen. Gesichert aber wird der Wettbewerb vor allem durch die neutrale Leistungsbeschreibung sowie die Unterlassung nicht erforderlicher Anforderungen an die Bewerber bzw. Bieter.
  • Verstoß gegen Transparenzgebot - vgl. § 97 I GWB
    Das Transparenzgebot ist unumgänglicher Bestandteil der Vergabegrundsätze; aus der Vergabeakte müssen sich die einzelnen Schritte des Vergabeverfahrens vom Beschaffungsantrag bis zum Vergabevermerk eindeutig, plausbibel und nachweisbar ergeben. Insbessondere muß ersichtlich sein, aus welchen Gründen z.B. die Freihändige Vergabe gewählt worden etc.
  • Verstoß gegen Vertraulichkeitsgrundsatz - der Vertraulichkeitsgrundsatz ist in § 97 GWB zwar nicht genannt, gehört indessen zu den maßgeblichen Pfeilern des Vergabeverfahrens. Der Grundsatz findet sich in einigen Bestimmungen z.B. der VOL/A. Insoweit wird auf § 22 Nr. 1, 5. Und 6 VOL/A oder § 24 Nr. 3 VOL/A verwiesen. Es liegt auf der Hand, daß dann, wenn das Vergabeverfahren "undicht" ist, Verfälschungen des Wettbewerbs und Manipulationen eintreten können(z.B. dann, wenn die in verschlossenem Umschlag eingereichten Angebote vor Ablauf der Angebotsfrist bereits geöffnet werden)
  • Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz - vgl. § 97 II GWB; dieser Grundsatz, der im übrigen allenthalben bei Staatshandlungen gilt (vgl. Art. 3 GG), kann auf vielfältige Weise verletzt werden (z.B. Auskunfterteilung nur an einen Bieter oder Bewerber statt an alle gleichzeitig; willkürliche Herstellung von Rangfolgen; Nachschieben von Wertungskriterien etc.).
  • Verstoß gegen das Prinzip der Berücksichtigung kleinerer und mittlerer Unternehmen - vgl. § 97 III GWB. Dieses Prinzip der "angemessenen Berücksichtigung" der mittelständischen Interessen wirkt sich vor allem insoweit aus, als die mögliche und gebotene Einteilung in Losen sowie die nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässige Gesamtvergabe aus (z.B. integrierte Gesamtsysteme, Handeln in Leistungsketten mit unterschiedlichen und schwer zu trennenden Verantwortungsbereichen, abgeschlossene Teilleistungen mit spezieller Abnahme etc.). Hierher gehört auch die Gleichstellung von Bietergemeinschaften mit anderen Bieter etc. Allerdings ergeben sich nicht unerhebliche Probleme bei der Vergabe der Leistungen in mehreren Losen, soweit es sich um die Wertung handelt (fünf Lose: Bieter von nur einem Los, Bieter von drei Losen, Bieter von fünf Losen - komplizierte Verrechnung bei Teilvergabe und Gesamtvergabe).
  • Vergabe an nicht leistungsfähige, nicht fachkundige und nicht zuverlässige Unternehmen - vgl. § 97 IV GWB; eine Vergabe an Bieter, die die entsprechenden Voraussetzungen stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen den hier betroffenen Grundsatz, insbesondere auch gegen die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Bewerber und Bieter, die die Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Fachkunde nicht aufweisen, müssen ausgeschlossen werden. Dies ist von der Beschaffungsstelle in jedem Fall festzustellen (vgl. §§ 2 Nr. 3, 7 Nr. 4 sowie insbesondere 25 Nr. 2 I VOL/A), bevor der Zuschlag erteilt wird.
  • Stellung von Anforderungen über die Leistungsfähigkeit, Fachkunde und Zuverlässigkeit hinaus ohne Grundlage in einem Bundesgesetz - vgl. § 97 IV GWB; derartige Anforderungen beschränken den Wettbewerb, weil über diesen Weg ein Teil der Bieter die Voraussetzungen nicht erfüllt. Welche Anforderungen der Auftraggeber verlangt, ist nach dem Prinzip Erforderlichkeit zu überprüfen. Das kommt in verschiedenen Bestimmungen zum Ausdruck(z.B. § 7 Nr. 4 VOL/A). Speziell im Bereich der EU-weiten Vergabeverfahren können nicht erforderliche Anforderungen zur Anrufung der Vergabekammer führen; "klassisch" ist die Festlegung sog. "vergabefremder Kriterien" (z.B. Arbeitsmarktpolitik über das Vergabeverfahren, Frauenförderung, Ausbildungsbetrieb etc.). Sofern derartige Kriterien grundsätzlich zulässig sein sollten (Gemeinschaftsrecht, Verfassungsrecht, Kartellrecht), müssen sie in einem Bundesgesetz enthalten sein. Insofern wird auf Art. 3 Nr. 5 Übergangsregelung des GWB Bezug genommen, wonach die als Verwaltungsvorschriften ergangenen Bevorzugungserlasse bis zum 30.26.2000 ihre Gültigkeit haben. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang freilich, daß der EuGH festgestellt hat, daß die Mitgliedstaaten über die EG-Richtlinien hinaus Wertungskritierien vorsehen können; gleichwohl ist darauf zu achten, daß die zusätzlich aufgestellten Kriterien nicht zur unmittelbaren bzw. mittelbaren Diskriminierung von Bietern aus anderen Mitgliedstaaten führen (vgl. Art. 6, 30, 52, 59 EGV - vgl. nunmehr die entsprechenden Bestimmungen im EU-Vertrag).

    Die EU-Kommission scheint hinsichtlich der "politischen sozialen Vergabekriterien" eine großzügigere Auffassung zu vertreten, indem sie z.B. davon ausgeht, daß Beschaffungsstellen dazu angehalten werden können, Anliegen der Sozialpolitik (Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen etc., Frauenpolitik) zu verwirklichen.

    Zu diesen "nationalen" Bevorzugungserlassen gehörten bzw. gehören u.a.:
    • vgl. insofern die jeweiligen Landesgesgesetze zur Tariftreue, Mindestlohn und "Förderbereichen" im sozialen Bereich - insofern bestehen allerdings EU-rechtliche Bedenken - Vorlagen an den EuGH (z. B. 2014 und 2013 - Vergabekammer Arnsberg und OLG Koblenz) 


Diese Grundsätze des Vergabeverfahrens finden sich in teilweise abweichender Formulierung auch in den §§ 2 VOL/A, 2 VOB/A oder auch 4 VOF.

~0197, ~0713