Sofern ein erstes Vergabeverfahren aufgehoben wird, ergeben sich erhebliche Nachteile für die Vergabestelle, wenn die Aufhebung unzulässig war (z.B. Vorhersehbarkeit des Fehlers im Zeitpunkte der Bekanntmachung bzw. Angebotsaufforderung.
Checklist Zweites Vergabeverfahren:
Aufhebung des ersten Verfahrens
Aufhebungsgründe:
- Mögliche Gründe nach § 26 Nr. 1 VOL/A bzw. § 26 VOB/A
- kein Angebot entsprechend den "Ausschreibungsbedingungen" - das ist vor allem dann anzunehmen, wenn es sich um nach § 23 Nr. 1 VOL/A nicht zu prüfende Angebote handelt - nicht ordnungsgemäß, Änderungen der Verdingungsunterlagen, fehlende Nachweis, fehlende Fachkunde etc.;
- Wesentliche Änderung der Ausschreibungsunterlagen - z.B. erhebliche Auftragserweiterung, für die Vergabestelle unvorhersehbare Kürzung bewilligter Haushaltsmittel, Änderung von Wissenschaft und Technik/Stand der Technik etc.;
- Ausschreibung ohne wirtschaftliches Ergebnis - Mondpreise - das setzt natürlich eine zutreffende Kostenschätzung voraus;
- andere schwerwiegende Gründe - Generalklausel - hier ist entscheidend, ob diese Gründe erheblichen Gewichts bereits im Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw. Angebotsaufforderung vorlagen. Es muß sich hier vor allem um Tatbestände und Umstände handeln, auf die der Auftraggeber keinen Einfluß hat (unvorhergesehener Eingriff des Gesetzgebers, nachträgliches Auftreten besonderer Umstände etc.).
- Unvorhersehbarkeit der Aufhebungsgründe im Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw. Angebotsaufforderung - das ist der meist problematischste Fall; denn häufig werden bei der Vorbereitung der Vergabeunterlagen bestimmte Vorbereitungsschritte nicht oder nicht zutreffend durchgeführt - das stellt sich dann später meist als unkorrigierbarer Fehler heraus.
- Folgen bei vorhersehbaren Aufhebungsgründen: Schadensersatz der Bieter - gegebenenfalls Probleme im zweiten Vergabeverfahren.
- In allen Fällen der Aufhebung ist größte Vorsicht geboten; die Ausführungen in der Literatur sind vielfach nicht auf dem neuesten Stand, sondern möglicherweise durch die BGH-Rechtspechung sowie die Vergabekammerentscheidungen oder OLG-Entscheidungen überholt. Auf die aktuellen Hinweise in Vergabetip ist zu achten. Vor Überraschungen ist man nicht sicher. Rechtsrat ist unbedingt einzuholen - vor jeder Aufhebung.
Vgl. hierzu Bartl, Harald, Handbuch, 2. Aufl., 2000, Rdnr. 37 ff.; Daub/Eberstein, VOL/B, 4. Aufl., 1998, § 26 Rdnr. 19 ff; Heiermann/Rusam/Riedel, VOB, 7. Aufl., 1994, A § 3 ff, 20 ff - insbesondere Rdnr. 29 ff mit Beispielen für Aufhebungen: zwischenzeitliche Änderungen der technischen Normen; allerdings verfehlt Beispiel 2: öffentliche Ausschreibung für Straßendeckenarbeiten wegen nicht ausreichender Mittel - bedenkliches Beispiel - Aufhebung wegen überhöhter Preise - Beispiel 3; unrichtig auch Beispiel 4 - Bauherr ändert Leistungsverzeichnis zur Einsparung von Baukosten - vorhersehbar; auch BGH-Entscheidungen; ferner im übrigen zur VOB/A BGH BauR 1981, 368; BGH DÖV 1993, 307; BGH ZfBR 1997, 244; BGH BauR 1984, 631; OLG Celle BauR 1996, 860; OLG Düsseldorf BauR 1982, 53;
Fehler, die in der Vorbereitungsstufe gemacht werden, sind später kaum mehr korrigierbar - vor allem meist nicht durch eine Aufhebung oder ein zweites Verfahren nach Aufhebung.
Beispiele:
Die Vergabestelle unterläßt die Durchführung des EU-weiten Vergabeverfahrens, macht national bekannt, bemerkt sodann, daß ein Fehler vorliegt - wenn die EU-weite Bekanntmachung nachgeschoben wird, schließt sich praktisch ein "zweites Vergabeverfahren" an; wenn das nationale Vergabeverfahren aufgehoben wird, so ist dies ebenfalls fehlerhaft; denn die Gründe für die Aufhebung dürfen im Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw. der Angebotsaufforderung nicht vorhersehbar sein. Sind die Gründe vorhersehbar, so liegt eine unzulässige Aufhebung vor, die Ansprüche auf Schadensersatz der Bieter begünden kann. Wird unzulässig aufgehoben und sodann unverändert nochmals ausgeschrieben und erhält nunmehr nicht der Gewinner des ersten Vergabeverfahrens, sondern ein anderer den Zuschlag, so kann ein Zuschlag an den Falschen vorliegen, der zu Schadensersatzansprüchen des Gewinner-Bieters aus dem ersten Vergabeverfahren führen kann (entgangener Gewinn). Ähnlich ist es bei unzutreffender Kostenschätzung. Man stellt nach Öffnung der Angebote fest, daß die bewilligten Haushaltsmittel nicht ausreichen, hebt das Verfahren unzulässigerweise auf (Fehler war auch hier vorhersehbar) und schreibt erneut unverändert aus: Auch in diesem Fall kommen dann, wenn nicht der Gewinner des ersten Verfahrens den Zuschlag erhält, u.a. Ansprüche auf Erstattung des entgangenen Gewinns in Betracht - nach der Rechtsprechung des BGH.
Insofern ist auf die aktuellen Hinweis in Vergabetip zu achten.
Vgl. hierzu Bartl, Harald, Hanbduch, 2. Aufl., 2000, Rdnr. 37 ff.; Daub/Eberstein, VOL/B, 4. Aufl., 1998, § 26 Rdnr. 19 ff; Heiermann/Rusam/Riedel, VOB, 7. Aufl., 1994, A § 3 ff, 20 ff - insbesondere Rdnr. 29 ff mit Beispielen für Aufhebungen: zwischenzeitliche Änderungen der technischen Normen; allerdings verfehlt Beispiel 2: öffentliche Ausschreibung für Straßendeckenarbeiten wegen nicht ausreichender Mittel - bedenkliches Beispiel - Aufhebung wegen überhöhter Preise - Beispiel 3; unrichtig auch Beispiel 4 - Bauherr ändert Leistungsverzeichnis zur Einsparung von Baukosten - vorhersehbar; auch BGH-Entscheidungen; ferner im übrigen zur VOB/A BGH BauR 1981, 368; BGH DÖV 1993, 307; BGH ZfBR 1997, 244; BGH BauR 1984, 631; OLG Celle BauR 1996, 860; OLG Düsseldorf BauR 1982, 53;
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