Gefahrübergang, Ablieferung (Kauf) bzw. Abnahme bei Werkverträgen waren durch die Schuldrechtsreform 2002 nicht betroffen. Insofern hat sich an den §§ 446, 640, 641, 646 BGB grundsätzlich nichts geändert. Bei Kaufverträgen ist  nicht die Abnahme, sondern sondern Übergabe/Gefahrübergang bzw. Ablieferung maßgeblich - vgl§§ 446 f BGB.

Abnahme – Werkvertrag – VOB/B – Die Abnahme ist die tatsächliche Entgegennahme und Billigung der Leistung als vertragsgemäß. Sie ist in den §§ 640 ff BGB sowie in den §§ 13 VOL/B, 12 VOB/B geregelt (vgl. Oberhauser/Manteufel, VOB Teil B 2016, 3. Aufl., 2019, Stand 2019; vgl. ferner Bartl, Harald, VOB/B, 2004, § 12; ders. VOL/B, 2. Aufl., 2004, § 13). Die Abnahme kann ausdrücklich, formell, mit Sachverständigen, konkludent und schlüssig erfolgen – Nach den §§ 12 VOB/B und 13 VOL/B kommt auch eine „Fiktion“ der Abnahme unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht.

Mit der Abnahme verändert sich das Rechtsverhältnis; denn ab Abnahme ist die Vergütung fällig, stehen dem Auftraggeber grundsätzlich nur Mängelansprüche zu, trägt die Beweislast für Mängel der Auftraggeber und beginnt der Lauf der Verjährungsfrist nach Gesetz oder VOL/B bzw. VOB/B.

Die Modifikationen der Abnahme sollten in jedem Fall Gegenstand der Verdingungsunterlagen sein (Dauer, Art, Zeit, Tests etc.). Hinzuweisen sind ferner auf weitere AGB der öffentlichen Hand, in denen eine Abnahme eine Rolle spielen kann (EVB-IT bzw. BVB-IT – siehe dort).

Ferner existieren Formblätter für die Abnahme in den Vergabehandbüchern – VHB Bau (Bund) -, die es zu nutzen gilt. Vertragsstrafen müssen bei Abnahme grundsätzlich vorbehalten werden (vgl. § 341 III BGB – auch § 11 Nr. 4 VOB/B – allerdings § 11 VOL/B: Geltendmachung bis zur Schlusszahlung – Bartl, Harald, aaO, §§ 11 VOL/B, VOB/B).

Literatur:
Palandt-Sprau, BGB, 80. Aufl., 2021, § 640 Rn. 3 f m. w. Nachw.;
Neuenfeld, Klaus, Die Rechtsprechung der Jahre 2002 und 2003 zum Architekten- und Ingenieurvertragsrecht – Teil 1, NZBau 2004, 633 (Status, Abschluss, Vertretung, Abnahme, Mängelhaftung, Beratung, Kostengewährleistung, Organisationsverschulden, Vergabefehler, Haftungsabgrenzung bei mehreren Verantwortlichen, Verjährung)
Peters, Frank, Die Bauhandwerkersicherung im Zeitraum nach Abnahme oder Kündigung (Anm. zu BGH NZBau 2004, 259, 261 und 269) – LMK 2004, 100
Steingröver, Uwe, Bauhandwerkersicherungshypothek nach Abnahme – das stumpfe Schwert (BGH, NJW 2004, 1525; NZBau 2004, 261; NJW-RR 2004, 740) - NJW 2004, 2490
Thierau, Thomas, Das Sicherungsverlangen nach Abnahme, NZBau 2004, 311 - § 648 a BGB
Entscheidungen:
OLG Hamm, Urt. v. 30.4.2019 - 24 U 14/18 = NZBau 2019, 709; auch BGH NJW 2001, 818; BGH, NJW 2001, 818BGH NJW 2w017, 1604, , 1607.
BGH, Urt. v. 15.4.2004 -. VII ZR 471/01 - NZBau 2004, 386 = BauR 2004, 1146 = ZIP 2004, 1507 – Verzug der Abschlagszahlung – Ende mit Abnahme und Erteilung der Schlussrechnung - § 16 VOB/B a.F.
BGH, Urt. v. 16.12.203 – X ZR 129/01 – CR 2004, 490 = ZIP 2004, 1463 – Softwareerstellung – Individualsoftware – Voraussetzungen der Überlassung des Quellcodes bei Fehlen einer entsprechenden Abrede –bei Fehlen von Leistungskonkretisierung ist eine Individualsoftware nach „dem Stand der Technik bei mittlerem Ausführungsstandard“ geschuldet.“ - Verzugsvoraussetzungen – Abnahme etc. – Hinweis: Die in der Entscheidung angesprochenen Fragen sollten in jedem Softwarevertrag entsprechend den sachlich gebotenen Anforderungen eindeutig durch eine Quellcoderegelung (Hinterlegung, sicherer und unkomplizierter Zugriff, Überlassung in aktueller Form, Insolvenzfestigkeit etc.) geregelt sein. Bei Standardsoftware werden sich die Bieter regelmäßig nicht bereit finden, den Quellcode zu überlassen, sondern allenfalls zu hinterlegen. Es ist Sache der Vergabestelle, im Rahmen der Markterkundung herauszufinden, wie bei der entsprechenden Software von den potentiellen Bietern verfahren wird. Es hat keinen Sinn, die Überlassung des aktuellen Quellcodes z.B. bei Standardsoftware zu verlangen, wenn die Bieter hierzu nicht bereit sind, was sich im Rahmen der Markterkundung feststellen läßt. Es gibt Fälle, in denen mussten überzogene Quellcodeüberlassungsvorgaben im Vergabeverfahren auf das übliche Maß reduziert werden – natürlich meist nach Auskunftserteilung nach § 17 Nr. 6 VOL/A für alle Bieter etc. Hinzuweisen ist ferner, daß Aufträge für Individualsoftware nach BVB-Planung, dann nach BVB-Erstellung – also zweistufig – zu vergeben ist. Zu beachten ist ferner, dass es zu Vergabekomplikationen kommen kann, wenn das Planungsunternehmen sich auch für die Realisierung (Stufe 2 nach BVB-Erstellung) bewirbt – sog. Projektantenproblem (Ausschluss?!).
BGH, Urt. v. 18.2.2003 – X ZR 245/00 – BauR 2004, 337 – Vertragsänderung – Abnahme (konkludent?) bei nicht vollständiger Erstellung – kollusives Zusammenwirken (§ 138 BGB)
BGH, Urt. v. 22.1.2004 – VII ZR 183/02 - NJW 2004, 1525 – Verlangen einer Sicherheit nach Abnahme trotz Erfüllungsverlangens des Auftraggebers (Mängelbeseitigung) berechtigt – Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers bei unterlassener Sicherheitsleistung durch Auftraggeber – Möglichkeit der Fristsetzung zur Sicherheitsleistung mit Erklärung der Ablehnung der Mängelbeseitigung –nach Fristablauf Befreiung des Auftragnehmers von der Pflicht zur Mängelbeseitigung – bei Unterlassung der Fristsetzung etc.: Leistungsverweigerungsrecht des Auftraggebers hinsichtlich des vollen Werklohns auch bei Nichtstellung der Sicherheit.
BGH, Urt. v. 22.1.2004 – VII ZR 183/02 - NZBau 2004, 259 – Verlangen der Sicherheit nach Abnahme trotz weiterem Erfüllungsverlangen des Auftraggebers (Mängelbeseitigung) - §§ 648a, 643, 645 I – VOB/B-Vertrag
BGH, Urt. v. 22.1.2004 – VII ZR 86/03 - NZBau 2004, 261 – Verlangen der Sicherheit nach Abnahme auch bei Verlangen der Mängelbeseitigung durch Auftraggeber – keine Sicherheitsleistung: nach Fristsetzung für Sicherheitsleistung Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers – bei unterlassenem Verlangen der Sicherheitsleistung Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers hinsichtlich des Werklohns auch ohne (nicht verlangte) Sicherheitsleistung - §§ 648 a, 643, 645 I BGB
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.9.2001 – 5 U 39/99 – CR 2002, 324 – Infoterminal – Voraussetzungen der Abnahme nicht erfüllt – Nichterfüllungsansprüche nach § 325 BGB - jetzt § 281 BGB 2002 – EDV-Leistungen -
OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.9.2003 – 17 U 234/02 - NJW-RR 2004, 745 = NZBau 2004, 331 – einverständliches Absehen von einer vereinbarten förmlichen Abnahme – Verjährungsfrist bei Mängelbeseitigungsverlangen - §§ 4 Nr. 7, 12 Nr. 5, 13 Nr. 5 – 7 VOB/B
OLG Köln, Urt. v. 7.3.2003 – 19 U 97/02 - NJW-RR 2004, 1693 – Lieferung von überarbeiteten Platinen als Werkvertrag – Vertragsschluß nach konkretem Angebot (Antrag) und Annahme durch Abruf einer Teilmenge (200 von 6000 Stück) – kein Recht zur Verweigerung der Abnahme (kein gravierender Mangel nach § 640 I S. 2 BGB) – nur Minderungs- und Zurückbehaltungsrecht nach § 641 III BGB n. F. hinsichtlich der erfolgten Teillieferungen – weitere Ansprüche nach § 649 BGB infolge später erfolgter vorzeitiger konkludente (Abnahmeverweigerung) Kündigung des Vertrages wegen nicht abgerufener Restlieferung von 4000 Stück Platinen (Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen für Zulieferungen, Verpacken, Testen, Versand etc.)
OLG Hamm, NZBau 2002, 218 – Abnahmeverweigerung bei geringfügigen Mängel bei Bauträgervertrag


Hierzu BGH, Urteil vom 22.12.1999 - VIII ZR 299/98 - NJW 2000, 1425 - "Ablieferung" von Standardsoftware und Mängelrüge.
Der Begriff der Abnahme hat vor allem im Werkvertragsrecht Bedeutung - vgl. die §§ 640, 641 BGB.

Unter Abnahme ist die körperliche Entgegennahme (tatsächliche Seite) unter Akzeptieren der Leistung im wesentlichen als vertragsgemäß zu verstehen. Die Abnahme hat schwerwiegende Folgen für das jeweilige Vertragsverhältnis
vor Abnahme:
Erfüllungsansprüche, Leistungsverweigerungsrechte des Auftraggebers, Beweislast für Mangelfreiheit bei Auftragnehmer, keine Fälligkeit der Vergütung;

nach Abnahme:
Gewährleistungsansprüche, Fälligkeit der Vergütung, Beweislast für Mängel beim Auftraggeber, Beginn der Verjährungsfrist). Vorbehaltlose Abnahmen trotz Mangelhaftigkeit der Leistung schließen Gewährleistungsrechte aus (vgl. die §§ 460, 539 II, 640 II BGB).
Vgl. hierzu die §§ 13 VOL/B, 12 VOB/B sowie die jeweiligen §§ der BVB-IT.


Hierzu BGH, Urteil vom 22.12.1999 - VIII ZR 299/98 - NJW 2000, 1425 - "Ablieferung" von Standardsoftware und Mängelrüge; ferner Palandt-Putzo, BGB, 59. Aufl., 2000, § 640 Rdnr. 2 ff.
Zur Abnahme – EDV-Leistungen - OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.9.2001 – 5 U 39/99 – CR 2002, 324 – Infoterminal – Voraussetzungen der Abnahme nicht erfüllt – Nichterfüllungsansprüche nach § 325 BGB - jetzt § 281 BGB 2002 - Schuldrechtsreform 2002

Die Abnahme kann z.B. erfolgen

  • ausdrücklich
  • stillschweigend, vor allem durch vorbehaltlosen Gebrauch/Benutzung
  • im Rahmen eines formalisierten Aktes in Anwesenheit beider Seiten - vgl. §§ 12 VOL/B sowie § 12 VOB/B.

    Die Voraussetzungen der Abnahme müssen so präzise wie möglich vor allem in kritischen Bereichen (Bauleistungen sowie EDV-IT-Bereich) festgelegt werden. Die vorbehaltlose Abnahme der Leistung als Erfüllung führt im übrigen nicht nur zum Verlust eventueller Gewährleistungsansprüche, sondern auch dazu, daß die Vertragsstrafe verfällt - vgl. § 341 III BGB.

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