Text VO PR 30/53

Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten - LSP




Durch die Verordnung VO PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen, zuletzt geändert durch VO PR Nr. 1/86 vom 15. April 1986, BGBl. I, 435, ist ein Instrument geschaffen, um im Wettbewerb angemessene Preise/150/ sicherzustellen.
Hierzu u.a. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, S. 1 ff, m. w. Nachw.

Hinsichtlich der Preise ist gemäß den §§ 5 ff VO PR Nr. 30/53 zu verfahren. Dort wird unterschieden zwischen

  • Preisen für marktgängige Leistungen - § 4 VO PR,
  • Selbstkostenpreisen - § 5 VO PR,
  • Selbstkostenfestpreisen und Selbstkostenrichtpreisen - § 6 VO PR
  • sowie Selbstkostenerstattungspreisen - § 7 VO PR.


Die Grundsätze für die Preisfestsetzung sind in § 1 VO PR enthalten:

  • Grundsätzlicher Vorzug der Marktpreise i.S.d. § 4 VO PR vor den Selbstkostenpreisen i.S.d. §§ 5 bis 8 VO PR, "Marktpreisvorrang",
  • nach Möglichkeit Festpreise und Festlegung bei Vertragsschluß, "Festpreisvorrang",
  • Unzulässigkeit höherer Preise entgegen VO PR "Höchstpreischarakter der Preisregelungen".



Mißverständlich - wegen des unterschiedlichen Sprachgebrauchs sind die Begriffe "Festpreise", "Selbstkostenfestpreise" und "Preise mit Preisvorbehalt". Grundsätzlich verlangt § 1 Abs. 2 VO PR , daß "feste Preise" vereinbart werden sollen, soweit es die Verhältnisse des Auftrags ermöglichen.
Während im sonstigen Rechtsverkehr unter einem "Festpreis" ein einseitig nicht abänderbarer Preis unter Ausschluß eines "Preisvorbehalts" z.B. in AGB/47/ gemeint ist, gelten für die VO PR Besonderheiten.
Allgemein zu Festpreis Heiermann BB 1975, 991; auch Palandt-Thomas, BGB, 59. Auf., 2000, , § 632 Rdnr. 1.

"Feste Preise" i.S.d. § 1 Abs. 2 VO PR können demgegenüber durchaus mit "Preisvorbehalten" gekoppelt sein, sofern die für Preisvorbehalte für die öffentlichen Auftraggeber bestehenden Schranken eingehalten sind.
Hier zu Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 VO PR Rdnr. 29. Auch Daub/Eberstein, Kommentar zur VOL/A, 4. Aufl., 1998, § 15 Rdnr.. 10.

Diese "festen Preise" haben den Sinn, dem öffentlichen Auftraggeber die Haushaltsplanung zu sichern sowie dem Auftragnehmer die Disposition zu ermöglichen.
Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 VO PR Rdnr. 28.

Die VO PR ist damit für die Bediensteten der öffentlichen Hand die Rechtsgrundlage für die Preisbildung, worauf § 15 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A ausdrücklich hinweist.

Daub/Eberstein, VOL/B, 4. Aufl., 1998, § 15 Rdnr. 14.

Für die VO PR ist der Anwendungsbereich in § 2 VO PR festgelegt:

  • "öffentliche Aufträge" der "öffentlichen Hand".

    Die Preise sind nach § 9 VO PR auf Verlangen des Auftraggebers durch Unterlagen nachzuweisen. Weitere Prüfung durch die zuständigen Behörden kann erfolgen. Die Unterlagen für den Nachweis der Preise sind mindestens 5 Jahre aufzubewahren.

    Zuwiderhandlungen werden nach dem Wirtschaftsstrafgesetz geahndet (Ordnungswidrigkeiten, Geldbußen, Mehrerlösabführungen und Mehrerlösrückerstattungen - vgl. BayOberstesLG BB 1971, 1342).

    Sonstige Folgen:
    • Erlaß von untersagenden oder gebietenden Verwaltungsakten durch die Preisbehörde;
    • Keine Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts i.S.d. § 134 BGB, sondern Zustandekommen des Rechtsgeschäfts mit zulässigem Preis;
    • Prüfung durch Bundesrechnungs- und Landesrechnungshöfe bzw. zuständigen sonstige Institutionen: Ausführung des Haushaltsplans nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, vgl. § 7 Abs. 1 BHO (Preisprüfungsberichte).

    Wegen der Einzelheiten vgl. Ebisch-Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, Kommentierung der §§ 1,2, 3 sowie 9 und 11 VO PR, speziell zu § 1 VO PR Rdnrn. 60 ff.

    Preistypen:
    1. Besondere Preisvorschriften (§ 3);
    2. Preise für marktgängige oder mit marktgängigen vergleichbare Leistungen (§ 4);
    3. Selbstkostenpreise (§ 6 Abs. 1 und 2);
    4. Selbstkostenrichtpreise (§ 6 Abs. 3);
    5. Selbstkostenerstattungspreise (§ 7).


    Wegen der Einzelheiten vgl. Ebisch-Gottschalk, aaO, § 1 VO PR Rdnr. 50 ff.

    Zu den Preisen für marktgängige Leistungen gemäß § 4 VO PR:
    § 4 VO PR geht von der wirtschaftspolitischen Entscheidung für die marktwirtschaftliche Preisbildung aus. Der Vorrang der marktwirtschaftlichen Preisbildung hat zum Inhalt, daß grundsätzlich auf Preise zurückgegriffen werden muß, die sich im funktionierenden Wettbewerb herausgebildet haben.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnrn. 1, 4.

    § 4 Abs. 1 VO PR enthält folgende Tatbestandsmerkmale:
    • "marktgängige Leistungen"
    • "im Verkehr übliche Preise".

    Ferner sieht die Bestimmung die Rechtsfolge vor, daß bei Erfüllung der Tatbestandsmerkmale die genannten Preise nicht überschritten werden dürfen.

    "Marktgängige Leistungen" sind Leistungen, die allgemein im wirtschaftlichen Verkehr hergestellt und gehandelt werden.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnr. 28.


    Marktgängigkeit enthält zwei Begriffe, zum einen den Begriff "Markt", zum anderen den Begriff der "Gängigkeit". Unter dem Begriff des "Marktes" ist allein auf den Markt abzustellen, der für die in Auftrag zu gebende Leistung als besonderer (z.B. durch die Ausschreibung) oder als allgemein bereits bestehender Markt (meist auf dem Markt eingeführte Massenprodukte etc.) besteht.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnrn. 9 ff, 28 f.

    Unter einem entsprechenden Markt können regionale, nationale, internationale oder z.B. der EG-Markt bzw. Weltmarkt verstanden werden.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnr. 36.

    Die geforderte "Gängigkeit" auf dem Markt liegt vor, wenn insbesondere veröffentlichte Preislisten und Angebote für die betreffende Leistung anzutreffen sind; ob es sich hierbei um Baukastensysteme oder Einzelansätze handelt, ist irrelevant.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnr. 35.

    Nicht erforderlich für das Merkmal der "Marktgängigkeit" ist es, daß mehrere Anbieter als Mitbewerber auftreten. Das entsprechende Merkmal kann auch erfüllt sein, wenn ein Anbietermonopolist sich mehreren Nachfragern gegenübersieht sieht. Anders ist dies lediglich dort, wo nur ein Nachfrager einem Anbieter gegenübersteht.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnr. 39.


    Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen "verkehrsüblicher Preise". Dies ist dann gegeben, wenn ein Preis vorliegt, der bei vergleichbaren Aufträgen auf dem Markt erzielt wird.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnr. 43.

    Klassischer Fall des "verkehrsüblichen Preises" ist der "veröffentlichte" Listenpreis mit den Merkmalen der "Allgemeinheit" und "Stetigkeit", der sich freilich auf die Leistung des betroffenen Auftrags beziehen muß.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rndrn. 50, 51, 52.

    Probleme ergeben sich bei neu eingeführten oder ergänzten Listenpreisen, sofern für die neu eingeführten oder ergänzten Leistungen noch keine Umsätze getätigt worden sind. Geben diese neuen oder abgeänderten Listenpreise lediglich das Marktbild wieder, so werden sie wohl unter § 4 VO PR fallen. Im jeweiligen Fall kann die Einordnung hier Probleme bereiten.
    Zu den Einzelheiten vgl. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnrn. 55 ff.
  • "Mit marktgängigen Leistungen" vergleichbare Leistungen
    § 4 Abs. 2 VO PR betrifft Leistungen, die "mit marktgängigen Leistungen im wesentlichen vergleichbar sind". Diese Vorschrift erweitert den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 VO PR. Auf den ersten Blick wird man möglicherweise auf das Merkmal der Übereinstimmung der Leistungen "im wesentlichen " und etwa auf eine "Kernleistung" von Zusatzleistungen (Service, Sonderausstattung in einigen Punkten etc.) abstellen. Das kann aber allenfalls ein Indiz sein. Entscheidend ist vielmehr, ob sich die Verhältnisse eines bestimmten Marktes auf die betroffene Leistung übertragen lassen. "Vergleichbarkeit im Sinne von Abs. 2 ist also nur gegeben, wenn davon ausgegangen werden kann, daß eine marktmäßige Preisbildung bei dem nachgefragten Gegenstand unter Zugrundelegung der vorhandenen Parallelen zum gleichen Ergebnis führen würde. Umgekehrt ausgedrückt ist eine Leistung nicht vergleichbar, wenn die entsprechende Übertragung der Ergebnisse der marktmäßigen Preisbildung das Marktgeschehen verfälschen würde."
    <fonts ize=2>Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 4 Rdnr. 88.


    In "besonderen Märkten" - gebildet durch Ausschreibung - erzielte Preise lassen sich im allgemeinen nur selten übertragen.
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994, § 1 Rdnr. 89.

    Lediglich auf dem "allgemeinen Markt" angebotene Leistungen und hiervon durch geringe Abweichungen in einzelnen Konditionen oder in der Zusammensetzung der Leistung werden häufig unter § 4 Abs. 2 VO PR fallen (z.B. Hauptleistung und abweichende Konditionen für Zahlung und Gewährleistung oder mit Zusatzmaterial bzw. -gegenständen).
    Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Aufl., 1994 § 4 Rdnr. 90 f.
    Planungsleistungen z.B. werden nicht hierunter fallen. Ebenso ist es bei der Erstellung der Software. Anders wiederum wird es sein bei

    Maßgeblich ist aber immer der jeweilige Markt, der zunächst festzustellen ist, bevor die weiteren Überlegungen und Folgerungen getroffen werden.

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