Vergaberecht Aktuell 2023-2022 - Rechtsprechung und Literatur
CitoExpert Prof. Dr. Harald Bartl
Übersicht
1. Vergaberecht Aktuell 2023 - 2022
2. Vergaberecht Aktuell 2021
1. Vergaberecht aktuell 2023 - 2022
Übersicht
1. EuGH
2. BGH
3. Oberlandesgerichte
4. Vergabekammern - Auswahl
5. Rechtsprechung und Literatur - Stichworte von A-Z
6. Literatur 2022 - Autoren
7. Literatur – IT-Bereich (KI) – Fachbeiträge
1. EuGH
- EuGH, Urt. v. 16.06.2022 - C - 376 – 21 - Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 v. 25. 10. 2012 – Verhandlungsverfahren - Programm „Regionen im Wachstum“ 2014-2020 - Auslegung von Art. 102 und 104 Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 v. 25. Oktober 2012 (Haushaltsordnung) - Verstöße gegen Vergaberecht - Verwendung von zugewiesenen europäischen Mitteln durch Gemeinde – Auflage einer „Finanzkorrektur“ durch Ministerium – Tenor: „1. Art. 160 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan ... sind dahin auszulegen, dass sie auf von öffentlichen Auftraggebern der Mitgliedstaaten durchgeführte Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge selbst dann keine Anwendung finden, wenn diese Aufträge aus Mitteln der europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert werden. 2. Art. 32 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung an einen einzigen Wirtschaftsteilnehmer wenden darf, wenn dieses Verfahren die ursprünglichen Auftragsbedingungen, die in einem zuvor eingeleiteten Verfahren genannt waren, das eingestellt worden ist, weil das einzige abgegebene Angebot ungeeignet war, ohne grundlegende Änderungen übernimmt, auch wenn der Gegenstand des fraglichen Auftrags objektiv keine Besonderheiten aufweist, die es rechtfertigen, seine Ausführung nur diesem Wirtschaftsteilnehmer anzuvertrauen.“
- EuGH, Urt. v. 12.05.2022 - C - 719 – 20 - Lerici (Kommune) – In-House-Auftrag durch Kommune – Übertragung auf Rechtsnachfolger ohne Vergabeverfahren – zunächst Auftrag auf eigene AG der Kommune und operative Ausführung durch Tochtergesellschaft der AG - sodann erfolgende unzulässige „Genehmigung“ der Übertragung der Abfallbewirtschaftung bis 2028 durch Provinz Spezia auf Rechtsnachfolger anlässlich einer Umstrukturierung ohne direkte .Beteiligung der Kommune Lerici und Übertragung auf Auftragnehmer ohne Vergabe - Art. 12, 72 RL 2014/24/EU – Leitsatz: Die Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift oder Praxis entgegensteht, nach der die Ausführung eines öffentlichen Auftrags, der ursprünglich ohne Ausschreibung an eine Inhouse-Einrichtung vergeben wurde, über die der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübte, automatisch von dem Wirtschaftsteilnehmer fortgesetzt wird, der diese Einrichtung nach einer Ausschreibung übernommen hat, wenn der öffentliche Auftraggeber über diesen Wirtschaftsteilnehmer keine solche Kontrolle ausübt und auch nicht an dessen Kapital beteiligt ist.
- EuGH, SchlussA v. 12.05.2022, C - 54 / 21 – Antea – Vertraulichkeit - „Entwürfe einer Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne einschließlich Methoden“ – Wasserwirtschaft – Kriterien: Preis (40 %), Arbeitskonzept (42 %) und Beschreibung von Art und Weise der Auftragsausführung (18 %) – 4 Bewerber – Zuschlag an Bieter CDM Smith - Beschwerde der zweitplatzierten Antea Polska gegen Erteilung des Zuschlag u. a. mit Antrag auf Zugang zu als Geschäftsgeheimnisse eingestuften Informationen - Leitsatz: „Art. 21 der Richtlinie 2014/24/EU .... ist wie folgt auszulegen: - Der öffentliche Auftraggeber ist an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers, dass die mit seinem Angebot übermittelten Informationen vertraulich seien, nicht gebunden. - Ein Mitgliedstaat kann die Vertraulichkeit auf Geschäftsgeheimnisse beschränken, solange das Unionsrecht beachtet wird und die Informationen, die offengelegt werden, weil sie nicht unter diesen Begriff fallen, nicht verwendet werden können, um berechtigte Interessen eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers zu beeinträchtigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen zu verfälschen. - Der öffentliche Auftraggeber, bei dem ein Wirtschaftsteilnehmer beantragt hat, Informationen als vertraulich zu behandeln, muss prüfen und eingehend begründen, ob es unerlässlich ist, dem Recht dieses Wirtschaftsteilnehmers auf Schutz seiner Informationen Vorrang vor dem Recht der Wettbewerber einzuräumen, von ihnen Kenntnis zu erlangen, um gegebenenfalls die Zuschlagsentscheidung anzufechten.“
- EuGH, SchlussA v. 05.05.2022, C - 68 / 21 und C - 84 / 21 – Iveco – Ersatzteile für Omnibusse (öffentliche Beförderung) Zulassung gleichwertiger Ersatzteile – Art. 60, 62 RL 2014/25/EU; Art. 10 Abs. 2 , 19 Abs. 1 , Art. 28 Abs. 1 RL 2007/66/EG - Genehmigungspflicht – Vorlage des Genehmigungsbogens, nicht ausreichend eigene Erklärungen des Bieters über Gleichwertigkeit – Leitsatz: Art. 10 Abs. 2, Art. 19 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG ... 7 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge sind dahin auszulegen, dass bei einer Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags über die Lieferung von Ersatzteilen für Omnibusse, die für den öffentlichen Transportdienst bestimmt sind, bei der Angebote über gleichwertige Ersatzteile zugelassen werden, die nach einem der in Anhang IV der genannten Richtlinie aufgeführten Rechtsakte genehmigungspflichtig sind, die Bieter den EG-Genehmigungsbogen beibringen müssen und es für diese Zwecke nicht ausreicht, dass sie lediglich eine Erklärung über die Gleichwertigkeit vorlegen.
- EuGH, Urt. v. 28.04.2022 - C - 642 – 20 - ATICaruter - Sammlung und Abtransport von Abfällen – unzulässiges Verlangen der „mehrheitliche Erfüllung“ der Eignung etc durch „Bevollmächtigten“ der Bietergemeinschaft - Zuschlag für Los 2 19 087 724,73 Euro (elf Gemeinden) an Bietergemeinschaft ((„vorübergehender Zusammenschluss“) mit unzulässiger Anforderung der „mehrheitlichen“ Erfüllung der Leistungen durch den Bevollmächtigten des Zusammenschlusses– zweitplatzierte Bietergemeinschaft („vorübergehender Zusammenschluss“: ATI Caruter – Voraussetzungen des „beschleunigten Verfahrens“ vor dem EuGH (ausführlich zur „Dringlichkeit“ etc.) – Verstoß gegen Art. 63 RL 2014/24/EU durch die Vorgabe im italienischen Recht: „Die Bevollmächtigte der Bietergemeinschaft muss auf jeden Fall mehrheitlich die Kriterien erfüllen und die Leistungen erbringen.“ – Leitsatz: Art. 63 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das bevollmächtigte Unternehmen einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern, die an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt ist, mehrheitlich die in der Vergabebekanntmachung vorgesehenen Kriterien erfüllen und die Leistungen dieses Auftrags erbringen muss.“
- EuGH, Urt. v. 31.03.2022, C - 195 – 21 – LB - Bauauftrag unter Schwellenwert - Zuschuss etwa 331 000 Euro - für Finanzierung zur Stabilisierung (Erdrutsch) - Art. 58 I, IV RL 2014/24/EU – amtlicher Tenor: 1. Art. 58 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Auswahlkriterien zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer strengere Anforderungen als die insoweit von den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Mindestanforderungen aufstellen darf, soweit mit den Anforderungen sichergestellt werden kann, dass ein Bewerber oder ein Bieter über die für die Ausführung des zu vergebenden Auftrags erforderliche technische und berufliche Eignung verfügt, und die Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. 2. Art. 8 Abs. 3 der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ... dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einer unterschiedlichen Beurteilung derselben Tatsachen durch die zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union berufenen nationalen Behörden nicht entgegensteht.“ - Geltung der in Bulgarien ungesetzten Richtlinie 2014/24 unabhängig vom Wert der Aufträge für alle bezuschussten Aufträge aus Europäischen Fonds – zulässige zweckmäßige Mindestanforderungen mit Bezug auf Befähigung zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. die technische und berufliche Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung der rechtlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die technischen und beruflichen Fähigkeiten zur Ausführung des zu vergebenden Auftrags: „Alle Anforderungen müssen zudem mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.“ – Beachtung von Gleichbehandlung, Transparenz, Verhältnismäßigkeit – zulässige Festlegung der Auswahlkriterien über das von den nationalen Rechtsvorschriften hinausgehende Niveau der Mindestanforderungen, „sofern sie durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist, zu diesem verhältnismäßig“ etc. sind (Sache der Prüfung durch vorlegendes Gericht – Auslegung von Art. 4 und 5 der VO Nr. 2988/95: Zulässigkeit unterschiedlicher Folgen für schuldlose, vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes und Geldbuße von 2 % des Vertragswerts und Höchstwert von etwa 5 100 Euro ohne Feststellung der Schwere des Verstoßes und seiner tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Interessen der Union - Auslegung von Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 i. Verb. mit den Erwägungsgründen 43 und 122 der VO Nr. 1303/2013 (sektorbezogene Regelungen keine Relevanz) – zulässige Prüfungen durch Verwaltungsbehörde und weitere Behörde mit unterschiedlichen Zielsetzungen - kein Vertrauensschutz bei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen unabhängiger Prüfungsinstanzen mit unterschiedlichen Zielrichtungen) -
- EuGH, Urt. v. 24.02.2022, C - 532 – 20 – Alstom – Bauauftrag (Bahnstrecke) – Fristbeginn für Nachprüfungsantrag nicht ab Zugang der Mitteilung über die Zulässigkeit des Angebots eines Mitbieters, „sondern ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der einschlägigen Gründe dieser Entscheidung an den Zuschlagsempfänger, womit sichergestellt wird, dass der Zuschlagsempfänger von etwaigen Verstößen gegen das Unionsrecht durch diese Entscheidung Kenntnis hatte oder haben konnte.“ - Urteilstenor: „Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Abs. 3 sowie Art. 2c der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 ... Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor ... sind dahin auszulegen, dass die Frist, innerhalb deren der Zuschlagsempfänger eines Auftrags einen Antrag auf Nachprüfung einer Entscheidung der Vergabestelle, mit der im Rahmen der Entscheidung über die Vergabe dieses Auftrags das Angebot eines abgelehnten Bieters für zulässig erklärt wurde, stellen kann, in Bezug auf den Zeitpunkt des Eingangs dieser Vergabeentscheidung beim Zuschlagsempfänger berechnet werden kann, auch wenn der Bieter zu diesem Zeitpunkt keinen oder noch keinen Antrag auf Nachprüfung dieser Entscheidung gestellt hatte. Wurde dem Zuschlagsempfänger bei der Mitteilung oder Veröffentlichung dieser Entscheidung eine Zusammenfassung ihrer einschlägigen Gründe – wie die Informationen über die Modalitäten der Bewertung dieses Angebots – nicht gemäß Art. 2c dieser Richtlinie zur Kenntnis gebracht, ist diese Frist hingegen in Bezug auf den Zeitpunkt der Mitteilung einer solchen Zusammenfassung an diesen Zuschlagsempfänger zu berechnen.“
- EuGH, Schlussantrag v. 24.02.2022, C - 669 - 20 – SchlussA – Ausweisdokumente - ungewöhnlich niedriges Angebot - Vorliegen von mindestens drei Angeboten - Urteilstenor: 1. Die Art. 38 und 49 der Richtlinie 2009/81/EG ... sind dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber in jedem Fall verpflichtet ist, eine Prüfung durchzuführen, ob ein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliegt. Unerheblich ist insoweit die Zahl der eingereichten Angebote oder der Umstand, dass es nicht möglich ist, die hierzu im nationalen Recht aufgestellten Kriterien anzuwenden. In diesem Fall muss der öffentliche Auftraggeber Art. 49 der Richtlinie 2009/81 aufgrund seiner unmittelbaren Wirkung beachten. 2. Art. 55 Abs. 2 der Richtlinie 2009/81 in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass, wenn für den öffentlichen Auftraggeber kein Anlass besteht, ein Verfahren zur Prüfung der Seriosität eines Angebots einzuleiten, seine Bewertung Gegenstand einer gerichtlichen Nachprüfung im Rahmen der Beschwerde gegen die im Zuschlag liegende Endentscheidung sein kann.
- EuGH, Beschl. v. 03.02.2022, C - 436 / 20 - ASADE - Klage auf Nichtigerklärung des spanischen Dekrets 181/2017 sowie auf Aufhebung bestimmter Bestimmungen des Gesetzes 5/1997(13) – Rechtswidrigkeit des Ausschlusses von Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht von der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen – Beschlusstenor: - Die Art. 74 bis 76 der Richtlinie 2014/24/EU ... sowie Art. 49 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die es einer öffentlichen Stelle gestatten, ohne Einhaltung der Verfahrenserfordernisse des Unionsrechts einen öffentlichen Auftrag zu vergeben, in dessen Rahmen diese Stelle nur Einrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht mit der Erbringung bestimmter sozialer Dienstleistungen gegen Erstattung der diesen Einrichtungen entstandenen Kosten betraut, sofern solche Rechtsvorschriften mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit vereinbar sind, was durch das vorlegende Gericht zu prüfen ist. - Art. 75 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die verlangen, dass Auftragsbekanntmachungen nur im regionalen Amtsblatt veröffentlicht werden. - Art. 76 der Richtlinie 2014/24 und Art. 49 AEUV stehen nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die ein Auswahlkriterium für den Abschluss von Vereinbarungen der konzertierten Aktion vorsehen, gemäß dem die öffentlichen Auftraggeber dem Umstand Gewicht beimessen dürfen, dass die potenziellen Bieter für die Erbringung der fraglichen sozialen Dienstleistungen an dem Ort niedergelassen sind, an dem diese Dienstleistungen zu erbringen sind, es sei denn, dieses Kriterium verfolgt ein vom Unionsrecht anerkanntes legitimes Ziel, ist geeignet, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten, und geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist; dies ist vom vorlegenden Gericht zu prüfen.
- EuGH, Urt. v. 03.02.2022 - C - 461 – 20 - Advania – Übertragung nach Insolvenz des Auftragnehmers „Misco“ (vier noch laufende Rahmenvereinbarungen ohne neues Vergabeverfahren) – zuvor durchgeführte Vergabe ohne Aufforderung des Bewerbers Advania nach Teilnahmewettbewerb und Zuschlag der Rahmenvereinbarungen an Mitbewerber „Misco“ (vier) und „Dustin“ (zwei) – Insolvenz von „Misco“ im Dez. 2017 – Vertragsschluss im Jan. 2018 durch Insolvenzverwalter (vier Rahmenverträge) an zuvor im Vergabeverfahren nicht zum Angebot aufgeforderte Advania, nicht an den im Vergabeverfahren zum Angebot aufgeforderten und bezuschlagten Bieter „Dustin“ (zwei), der beantragt, die durchn den Insolvenzverwalter vereinbarten „vier“ Rahmenvereinbarungen für ungültig zu erklären – Begriff der „Umstrukturierung“ i. S. d. Art. 72 I d) II Richtlinie 2014/24/EU – Ersatz des Insolvenzunternehmens durch Advania („Umstrukturierung“ nach Insolvenz) ohne „wesentliche Änderung“ etc. zulässig – Urteilstenor: Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der – nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde – lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.
- EuG, Urt. v. 26.01.2022 - T - 849 – 19 – Leonardo – Anträge auf Nichtigerklärung und Schadensersatz - ferngesteuerte Luftfahrzeugsysteme (RPAS) – Abweisung der – ausnahmsweises Recht des Wirtschaftsteilnehmers ohne Angebotsabgabe auf Nachprüfung nur ausnahmsweise bei unmöglicher Abgabe eines Angebots - Verlangen des Nachweises der Unmöglichkeit der Abgabe nicht unverhältnismäßig – aus der Entscheidung: „Somit ist zu prüfen, ob die Klägerin nachgewiesen hat, an der Abgabe eines Angebots gehindert worden zu sein, und in weiterer Folge, ob ihr ein Rechtsschutzinteresse zukommt. ... Um darzutun, dass sie [erg. die Klägerin] an der Abgabe eines Angebots gehindert gewesen sei, macht die Klägerin geltend, dass die angefochtene Auftragsbekanntmachung ... diskriminierende Klauseln enthielten, aufgrund deren es ihr unmöglich gewesen sei, die ausgeschriebene Gesamtleistung zu erbringen. ... Sie hat ... nicht nachgewiesen, dass sie an der Abgabe eines Angebots gehindert worden ist, weshalb sie über kein Interesse an der Nichtigerklärung ... verfügt. Der Antrag auf Nichtigerklärung ... und ... der gegen die Vergabeentscheidung gerichtete Nichtigkeitsantrag sind daher als unzulässig zurückzuweisen.“ – kein Schadensersatz: „Nach ständiger Rechtsprechung ist die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV von mehreren Voraussetzungen abhängig: Das dem Organ vorgeworfene Verhalten muss rechtswidrig sein, es muss ein Schaden eingetreten sein, und zwischen dem Verhalten und dem behaupteten Schaden muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Hinsichtlich der Voraussetzung des tatsächlichen Vorliegens eines Schadens kann die Haftung der Union nur ausgelöst werden, wenn der Kläger einen „tatsächlichen und sicheren“ Schaden erlitten hat. Der Kläger hat ... die Beweise zum Nachweis des Vorliegens und des Umfangs eines solchen Schadens vorzulegen. ... Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin .. keine Beweise für das Vorliegen und die Höhe dieses Schadens vorgelegt hat.“
- EuGH, Urt. v. 18.01.2022, C - 261 – 20 - Thelen Technopark Berlin – HOAI-Honorarstreit bei Privatpersonen und Leistungen nur in Deutschland - (teils unzulässige Vorlage BGH, Urteil vom 14.05.2020, VII ZR 174 / 19) – Urteilstenor: Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund dieses Rechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG ... über Dienstleistungen im Binnenmarkt Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen, jedoch unbeschadet zum einen der Möglichkeit dieses Gerichts, die Anwendung der Regelung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits aufgrund des innerstaatlichen Rechts auszuschließen, und zum anderen des Rechts der durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht geschädigten Partei, Ersatz des ihr daraus entstandenen Schadens zu verlangen.
2. BGH - BVerwG
- BGH, Urt. v. 2.6.2022 – VII ZR 174-19 – HOAI-Honorarmindestsätze trotz EuGH-Entscheidung (Privatpersonen) anwendbar – keine Pflicht des nationalen Gerichts zur Nichtanwendung der unionsrechtswidrigen HOAI-Mindestsatzregelung in einem ausschließlich zwischen Privatpersonen geführten Rechtsstreits – Anspruch auf Mindestsatzhonorar – kein Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB bzw. unzulässige Rechtsausübung (nur bei im Einzelfall ausnahmsweise bestehenden Interessenkonflikt und unzumutbarem unbilligen Ergebnis) - keine Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit oder sonstiger allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts (Sachverhalt ohne Überschreiten der Grenzen eines Mitgliedsstaates - fehlende Angabe eines Anknüpfungspunktes bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts – Nichterforderlichkeit eines erneuten Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH)
- BVerwG, Beschl. v. 04.01.2022 - BVerwG 3 B 14 . 21 – Stahlsilos - Rückforderung von Zuschuss (287.796,78 €) als Projektforderung im ländlichen Raum – Widerruf wegen fahrlässig nicht erfolgter Informationen durch den Zuschussbegünstigten auch ohne Schadenseintritt (Schaden nicht vorausgesetzt) – Nichtzulassung der Revision - Art. 35 Abs. 6 S. 1 VO (EU) Nr. 640/2014
3. Oberlandesgerichte
- BayObLG, Beschl. v. 20.01.2022 - Verg 7 – 21 - Antigen-Schnelltests – Corona-Beschaffung – äußerste Dringlichkeit – Verhandlungsverfahren ohne TNWB – ausreichender Wettbewerb durch Aufforderung von mindestens drei Teilnehmern – Unwirksamkeit des Vertrages nicht durch die bloße fehlerhafte Auswahl nach § 135 I Nr. 2 GWB – amtliche Leitsätze: 1. Durfte die Vergabestelle einen Auftrag in einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb und somit ohne europaweite Bekanntmachung vergeben, da ein Fall der äußersten Dringlichkeit im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 3 Antigen-Schnelltests VgV vorlag und hat sie für einen ausreichenden Wettbewerb gesorgt, indem sie (mindestens) drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert hat, führt die bloße fehlerhafte Auswahl der Bieter nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB. 2. In einem solchen Fall kann die Nachprüfungsinstanz entsprechend § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB als Minus zum Antrag auf Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrags feststellen, dass der Antragsteller, der sich zulässigerweise mit einem Nachprüfungsantrag gegen den erteilten Zuschlag gewandt hat, durch die fehlerhafte Bieterauswahl in seinen Rechten verletzt ist.
- KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg 2 – 21 – Sicherheitsdienst – berufliche Qualifikation nach § 46 III Nr. 2 VgV – rechtswidriger Ausschluss trotz „höherwertigem Abschluss“ (Ausbildungsabschluss als „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“) – berechtigte Forderung des Nachweises einer beruflichen Mindestqualifikation des Objektleiters und seines Stellvertreters nach § 46 III Nr. 2 VgV - geforderte Qualifikation: „Fachkraft für Schutz und Sicherheit“ oder „geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft“ oder „höherwertiger Abschluss“) – Angebot mit „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ als „höherwertiger Abschluss“ bejaht und wertbar – rechtswidriger Ausschluss entgegen § 57 I VgV – Zurückversetzung in das Stadium vor Angebotswertung - "Servicekraft für Schutz und Sicherheit" ist ein gegenüber den ausdrücklich in der Auftragsbekanntmachung genannten Abschlüssen "höherwertiger Berufsabschluss" .
- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.06.2022 - Verg 19-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – Präqualifikation . Bieternachweise – Referenzen – Entscheidungstext liegt noch nicht vor- vgl. VK Bund, Beschl. v. 6.4.2022 - VK 2 – 26-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – rechtswidriger Ausschluss – Wiederholung der Wertung – ausreichend Präqualifikationsnachweis bei nicht geforderten Referenzen – amtliche Leitsätze: 1. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem dient der Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändert nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist. 2. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise müssen für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise, die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken. 3. Fordert der öffentliche Auftraggeber die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur der Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Leistungen hinterlegt sind. Die Eintragung ersetzt insoweit lediglich die Eintragung in der Eigenerklärung Eignung.
- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.6.2022 – VII-Verg 36-21 – Sturmgewehr – Ausschluss wegen schwerer beruflicher Verfehlung wegen vorwerfbarer Patentverletzung (Frage der Patentnichtigkeit im Nachprüfungsverfahren nicht durch Antragstellerin belegt) – kein Ausschluss der Beigeladenen wegen schwerer beruflicher Verfehlung durch Lieferung von Sturmgewehren nach Mexico wegen Ablaufs der Ausschlussfrist von drei Jahren
- OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar sein. Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.03.2022 - 11 Verg 10 – 21 – Infrastrukturerrichtung und Erschließung“ in Wohnviertel – Rüge – Präklusion - Nebenangebote – Mindestanforderung - amtlicher Leitsatz: 1. Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist. 2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. 3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.
- OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.2022 - 11 Verg 8 – 21 – private Vermittlung von Abschleppaufträgen auf der Grundlage eines Vermittlungsregisters im „Reih-um-Verfahren – §§ 97 I, 165, 168 GWB; §§ 6, 63 VgV - unzulässige vollständige Weitergabe der einzelnen Abschleppaufträge durch „Vermittlungszentrale“ ohne Zulassungsprüfung durch den öffentliche Auftraggeber selbst – kein „Open House - Modell“ - amtliche Leitsätze: 1. Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss. 2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden
- OLG Schleswig, Beschl. v. 28.03.2022 - 54 Verg 11 – 21 - Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen – aufschiebende Wirkung – fehlende Transparenz der Vergabeunterlagen und nachfolgender „Klarstellungen“ – Unklarheit über Tarifvertrag und Mindestlohn
- OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Verlängerung der aufschiebenden Wirkung bejaht -
- OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und 2. Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.03.2022 - 54 Verg 1 – 22 – Rettungsdienst – Katstrophenschutz etc. (CPV) - § 107 I Nr. 4 GWB – Erledigung – Kostenentscheidung – mündliche Verhandlung – Aufhebung des Verfahrens - keine Aussicht auf Erfolg – Entscheidung nach summarischer Prüfung
- OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.03.2022 - 16 U 166 - 21 Kart - Konzessionsverträge - Strom- und das Gasnetz - §§ 1 I, 46 EnWG – einstweilige Verfügung auf Unterlassung des Verfahrens zum Abschluss neuer Wegenutzungsverträge mit den Kriterium "Versorgungssicherheit allein anhand der Reaktionszeiten bei einer einzigen bestimmten Störung abgebildet wird mit den Unter-Kriterien "Reaktionszeit bei Störungen" und den Unter-Unter-Kriterium "Wiederherstellung der Versorgung"
4. Vergabekammern - Auswahl
- VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - §§ 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- VK Bund , Beschl. 25.5.2022 - VK 2 – 56/22 – Open-House-Vergabe – Rabattverträge - offensichtliche Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages- fehlende Statthaftigkeit auch bei möglicher diskriminierender Zugangsvoraussetzungen zum Open-House-Verfahren – Open-House-Verfahren ohne Auswahlentscheidung - Zuständigkeit der Sozialgerichte - zwei mögliche Wege: entweder wettbewerbliches Verfahren gemäß § 103 V GWB oder Vergabe von Rabattverträgen im Open-house-Verfahren (vergaberechtsfrei) – aus der Entscheidung: „Es ist danach zu differenzieren zwischen dem Open-house-Verfahrens und dessen Rechtmäßigkeit; selbst wenn es nicht rechtskonform ausgestaltet ist, nimmt ihm dieser Umstand nicht den grundlegenden Charakter als Open-house-Verfahren, sondern es handelt sich dann um ein rechtswidrig ausgestaltetes Open-house-Verfahren, das sich dadurch aber nicht zum öffentlichen Auftrag wandelt. Anders formuliert, sind eine diskriminierungsfreie Ausgestaltung und verhältnismäßige Vorgaben keine Tatbestandsmerkmale des Open-house-Modells, sondern Anforderungen an dessen Rechtmäßigkeit. Für die Rechtmäßigkeitsüberprüfung sind indes die Sozialgerichte zuständig.“ - grundlegend EuGH, Urt. v. 11. 2009 – C-300/07, „Oymanns“ - Grundsatzentscheidung des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. 10. 2018 – VII Verg 37/18 m. Hinw. auf EuGH Urt. v. 2. 6. 2016 – C 410/14 „Dr. Falk Pharma GmbH“ und v. 1. 3. 2018 – C 9/17 „Tirkkonen“).
- VK Bund, Beschl. v. 26.4.2022 - VK 2 – 34/22 – HPC-Schnellladeinfrastruktur –fehlende Antragsbefugnis der Bewerbergemeinschaft <Bietergemeinschaft> bei Teilnahme eines Einzelbieters am Wettbewerb – keine Rubrumsberichtigung – keine zulässige subjektive Klageänderung auf Antragstellerseite - Rügepräklusion(Erkennbarkeit von Eignungsanforderung aus der Bekanntmachung) - öffentliche Zugänglichkeit von Ladesäulen als zulässige Voraussetzung für Errichtungsverfahren
- VK Bund, Beschl. v. 7.6.22 - VK 2 – 40-22 – Reinigungsleistungen – ungewöhnlich niedriges Angebot (verneint) Rahmenvertrag - Berücksichtigung eines als Qualitätskriterium ausgestalteten Faktors bei der Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes - Aufgreifschwelle bei der Preisprüfung – Aufklärung nach § 60 I VgV wegen zweifelhafter Auskömmlichkeit des Preises - lediglich pauschale Preisaufklärungsbitte des Auftraggebers und dem entsprechend ausreichende abstrakte Detaillierung der Bieterantwort - Zuschlagskriterien „Gesamtangebotspreis in Euro pro Jahr (brutto) für Raumreinigung“ (50 %), der „Preis in Euro pro Stunde (netto) für Sonderreinigung“ (5 %) sowie die „Durchschnittliche Leistung in m2 Fußbodenfläche pro Stunde“ (45 %).: „„der Bieter mit einem durchschnittlichen Leistungsansatz von 210 m2 [...] pro Stunde oder niedriger erhält 90 Punkte, Leistungsansätze über 210 m2 pro Stunde werden anteilig bewertet“ –kein ungewöhnlich niedriges Angebot – unzulässiger Ausschluss - fehlender „0-Punkteansatz“ (ausführlich) – Untersagung des Zuschlags - Wertungswiederholung.
- VK Bund, Beschl. v.13.2022 - VK 2 – 52-22 – Bauleistungen - Aufhebung des Vergabeverfahrens - Grund für Aufhebung: Bieterrüge – Wirksamkeit der Aufhebung – Rechtswidrigkeit der Aufhebung infolge Korrektur eigener Fehler der Vergabestelle - wirksam, aber rechtswidrig bei Korrektur eigener Fehler
- VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebener Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: 1. Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- VK Westfalen, Beschl. v. 15.06.2022 - VK 1 - 20 – 22 – Rettungsdienst – NRW – keine Ausnahme in NRW nach § 107 I Nr. 4 GWB (umfangreiche Darstellung der sonstigen Länderbestimmungen und VK-Entscheidungen) – unzulässiger Auftrag – Unwirksamkeit nach § 135 I GWB – amtliche Leitsätze: 1. Maßgeblich für den Anwendungsbereich der Bereichsausnahme gemäß § 107 Absatz 1 Nummer 4 GWB die Ausgestaltung der landesrechtlichen Regelung zur Übertragung rettungsdienstlicher Leistungen. 2. Sofern die Regelung gemeinnützige Organisationen bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen privilegiert, ist der Anwendungsfall der Bereichsausnahme eröffnet. 3. Sieht die landesrechtliche Regelung dagegen eine Gleichrangigkeit zwischen gemeinnützigen Organisationen und privaten Akteuren vor, kann sich der Auftraggeber nicht auf die Bereichsausnahme berufen. 4. Die derzeitige Regelung in Nordrhein-Westfalen sieht keine Privilegierung vor, der Anwendungsbereich der Bereichsausnahme ist daher nicht eröffnet.
5. Stichworte - Rechtsprechung und Litratur A-Z
- Abfallentsorgung - OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Abschleppauftrag - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.2022 - 11 Verg 8 – 21 – private Vermittlung von Abschleppaufträgen auf der Grundlage eines Vermittlungsregisters im „Reih-um-Verfahren – §§ 97 I, 165, 168 GWB; §§ 6, 63 VgV - unzulässige vollständige Weitergabe der einzelnen Abschleppaufträge durch „Vermittlungszentrale“ ohne Zulassungsprüfung durch den öffentliche Auftraggeber selbst – kein „Open House - Modell“ - amtliche Leitsätze: Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss. 2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden
- Absprache - EuGH, Urt. v. 15.9.2022 - C - 416 - 21 - Busverkehrsdienstleistungen – ÖPNV – Ausschlusstatbestände - amtlicher Leitsatz: Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24/EU .... in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25/EU ... vom 26.02.2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2364 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der in diesem Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d genannte fakultative Ausschlussgrund Situationen, in denen hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Wirtschaftsteilnehmer eine gegen Art. 101 AEUV verstoßende Vereinbarung geschlossen haben, erfasst, aber nicht auf die in diesem Artikel angeführten Vereinbarungen beschränkt ist. 2. Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2365 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass dieser Art. 57 Abs. 4 die fakultativen Ausschlussgründe abschließend regelt, mit denen der Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus Gründen gerechtfertigt werden kann, die sich, gestützt auf objektive Anhaltspunkte, auf seine berufliche Eignung sowie auf einen Interessenkonflikt oder eine aus seiner Einbeziehung in dieses Verfahren resultierende Wettbewerbsverzerrung beziehen. Aus diesem Art. 57 Abs. 4 ergibt sich jedoch nicht, dass der in Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung vorgesehene Gleichbehandlungsgrundsatz der Vergabe des in Rede stehenden Auftrags an Wirtschaftsteilnehmer, die eine wirtschaftliche Einheit bilden und deren Angebote trotz getrennter Abgabe weder eigenständig noch unabhängig sind, nicht entgegenstehen könnte.
- Absprache – EuGH, Urt. v. 8.12.2022, C - 769 – 21 – Krankenversicherungsleistungen – Konkurrenzangebote zweier „verbundener“ Unternehmen – Zuschlag sollte an einen der beiden „Bieter“ erfolgen, wurde aber von diesem abgelehnt – daher sollte Zuschlag an den „anderen Bieter“ des „verbundenen Unternehmens“ erfolgen, statt dessen wurde das Vergabeverfahren beendet (Absprache) ohne die Möglichkeit zur Stellungnahme des „zweiten Bieters“ – unzulässiger „quasi-automatischer Ausschluss“ durch gesetzliche Regelung in Litauen – Verstoß gegen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Entscheidungstenor: „Unter diesen Umständen ist die Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 einer nationalen Regelung entgegensteht, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, im Fall eines Rücktritts des ursprünglich wegen des wirtschaftlich günstigsten Angebots ausgewählten Bieters ein öffentliches Vergabeverfahren zu beenden, wenn es sich bei dem das zweitwirtschaftlichste Angebot einreichenden nachfolgenden Bieter um denselben Wirtschaftsteilnehmer wie beim ersten Bieter handelt.“
- Absprache – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.03.2022 - Verg 28 – 21 – Rahmenvereinbarung - Räumung von Kampfmitteln – Absprache – strenge Voraussetzungen für ausreichende Anhaltspunkte (Vorliegen eines Verstoßes „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ - § 124 I Nr. 4 GWB) – keine hinreichenden Anhaltspunkte: zwei Gesellschaften mit demselben Geschäftsführer – Erforderlichkeit vielmehr weitere Tatsachen (z. B. Auffälligkeiten in den Angeboten) – „Allein der Umstand, dass die Antragstellerin und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, begründet für sich genommen demnach keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kartellrecht im Sinne des 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Das gilt auch unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass hinter der Antragstellerin und der L. dieselben natürlichen Personen als Gesellschafter stehen – nämlich G. und P., die jeweils 45 Prozent der Gesellschaftsanteile der Antragstellerin halten, und die zugleich Kommanditisten der L. sowie Gesellschafter der U. sind, der Komplementär-GmbH der L.. Weitere Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass die personelle Verflechtung beider Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit die erstellten Angebote beeinflusst hat, liegen nicht vor. (1) Auffälligkeiten aus den Angeboten selbst ergeben sich nicht und werden von dem Antragsgegner im vorliegenden Nachprüfungsverfahren auch nicht vorgetragen. (2) Dass die Antragstellerin nicht von sich aus darauf hingewiesen hat, dass sie und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, lässt keine belastbaren Rückschlüsse zu. Die Antragstellerin war hierzu nicht verpflichtet. Bieter sind nicht von sich aus verpflichtet, gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber ihre Verbindungen zueinander offenzulegen, es sei denn, dass in den Vergabeunterlagen entsprechende Offenlegungsverpflichtungen geregelt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 15.05.2018 – C-531-16 ..), was vorliegend nicht der Fall ist.“
- Absprachen - Kappel, Jan/Bader, Jutta, Hat die "unendliche Haftung" des Unternehmens bei Submissionsabsprachen doch ein Ende? , ZWH 2021, 231
- Abwägung – aufschiebende Wirkung – OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Abwägung - OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Akteneinsicht - KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2022 - Verg 7 – 21 – Verweigerung der Einsicht in Anlagen mit geheimhaltungsbedürftigen Inhalten (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) - § 165 GWB – Beschwerde der Beigeladenen gegen Offenlegung der Anlagen durch Vergabekammer– Rücknahme des Nachprüfungsantrages durch Antragstellerin – Erledigungserklärung – Kostenentscheidung – Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Vergabekammer über Gewährung von Akteneinsicht in als geheimhaltungsbedürftige Anlagen durch betroffene Beigeladene – Kostenentscheidung gemäß § 175 II, 71 S. 1 GWB nach billigem Ermessen - summarische Prüfung des voraussichtlichen Erfolges der Beschwerde - kein Anspruch auf Zugang zu Unterlagen und Sachvortrag, „der ihm (Antragsteller) nach dem Willen des Beteiligten, der ihn zu den Akten des Nachprüfungsverfahrens gereicht hat, nicht zugänglich gemacht werden soll. Insbesondere folgt aus dem Akteneinsichtsrecht des § 165 GWB nichts anderes. Dieses Recht bezieht sich in erster Linie auf die Vergabeakten und auf die Akten der Vergabekammer nur, soweit Vorbringen der Beteiligten überhaupt berücksichtigungsfähiger Gegenstand dieser Akten geworden ist, was bei Vorbringen 1 das einem Teil der Beteiligten nicht zugänglich gemacht werden darf, .... von vornherein nicht der Fall ist.“ – Streitwert1/10 des nach § 50 II GKG für das Beschwerdeverfahren über den Nachprüfungsantrag selbst maßgeblichen Streitwertes ... „Eine Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG kommt bei einem Beschwerdeverfahren, das sich auf einen lediglich Fragen der Akteneinsicht betreffenden Beschluss der Vergabekammer in einem Zwischenverfahren bezieht, nicht in Betracht ..., weil die Entscheidung nicht die Auftragsvergabe als solche zum Gegenstand hat und die Anknüpfung an den Wertansatz als pauschaliertem Gewinn nicht passend erscheint ... Von den gemäß § 50 Abs. 2 GKG maßgeblichen 5% des Bruttoauftragswertes nach Maßgabe des Angebotes der Antragstellerin - das sind ... Euro - entsprach es vorliegend billigem Ermessen im Sinne des § 3 ZPO ein Zehntel als Streitwert für das auf die Akteneinsicht bezogene Beschwerdeverfahren anzusetzen...“
- Akteneinsicht - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht –
- Akteneinsicht – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Akteneinsicht - ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- Akteneinsicht – Zugang zu Informationen - EuGH, Urt. v. 17.11.2022 - C‑54 – 21 – Entwicklung von Projekten für die Umwelt- Bewirtschaftung von Einzugsgebieten in Polen – Geschäftsgeheimnisse – Informationszugang – amtlicher Leitsatz: Art. 18 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 50 Abs. 4 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge, nach denen die den öffentlichen Auftraggebern von den Bietern übermittelten Informationen – mit Ausnahme allein der Geschäftsgeheimnisse – vollständig zu veröffentlichen oder den anderen Bietern mitzuteilen sind, sowie einer Praxis der öffentlichen Auftraggeber, die darin besteht, Anträgen auf vertrauliche Behandlung wegen Geschäftsgeheimnissen systematisch stattzugeben, entgegenstehen. 2. Art. 18 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU sind dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber - bei der Entscheidung darüber, ob er einem Bieter, dessen ordnungsgemäßes Angebot abgelehnt wurde, den Zugang zu den Informationen verweigert, die die anderen Bieter zu ihrer einschlägigen Erfahrung und den entsprechenden Referenzen, zur Identität und zu den beruflichen Qualifikationen der für die Ausführung des Auftrags vorgeschlagenen Personen oder von Unterauftragnehmern, zur Konzeption der Projekte, die im Rahmen des öffentlichen Auftrags durchgeführt werden sollen, und zur Art und Weise seiner Ausführung vorgelegt haben, zu beurteilen hat, ob diese Informationen einen wirtschaftlichen Wert haben, der sich nicht auf den fraglichen öffentlichen Auftrag beschränkt, so dass ihre Offenlegung berechtigte geschäftliche Interessen oder den lauteren Wettbewerb beeinträchtigen kann; - im Übrigen den Zugang zu diesen Informationen verweigern kann, wenn ihre Offenlegung, selbst wenn sie keinen solchen wirtschaftlichen Wert haben, den Gesetzesvollzug behindern würde oder sonst einem öffentlichen Interesse zuwiderliefe; - dem Bieter, wenn der vollständige Zugang zu den Informationen verweigert wird, Zugang zum wesentlichen Inhalt der betreffenden Informationen gewähren muss, damit die Wahrung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gewährleistet ist. 3. Zuschlagskriterien 4. Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass dann, wenn bei der Behandlung eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags festgestellt wird, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, dem Rechtsbehelfsführer Informationen offenzulegen, die zu Unrecht als vertraulich behandelt wurden, und dass aufgrund der fehlenden Offenlegung dieser Informationen gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verstoßen wurde, diese Feststellung nicht zwingend zum Erlass einer neuen Entscheidung über die Vergabe des Auftrags durch diesen Auftraggeber führen muss, sofern es das nationale Verfahrensrecht dem angerufenen Gericht erlaubt, während des Verfahrens Maßnahmen zu ergreifen, durch die das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wieder gewahrt wird, oder davon auszugehen, dass der Rechtsbehelfsführer gegen die bereits ergangene Vergabeentscheidung einen neuen Rechtsbehelf einlegen kann. Die Frist für die Einlegung eines solchen Rechtsbehelfs darf erst ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnen, zu dem der Rechtsbehelfsführer Zugang zu allen Informationen hat, die zu Unrecht als vertraulich eingestuft worden waren.
- Algorithmen - Timmermann, Daniel/Gelbrich, Katharina, Können Algorithmen subsumieren?, NJW 2022, 35
- Amtsermittlung – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Amtsermittlung – VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht.
- Änderung – s. Vergabeunterlagen – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Änderung - Sitz, Helena, Ausschreibungspflichtige Auftragsänderungen und das
Kündigungsrecht nach § 133 Ab 1 Nr. 1 GWB , Verlag Dr. Kovaĉ 2022 - Anfechtbarkeit - KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2022 - Verg 7 – 21 – Verweigerung der Einsicht in Anlagen mit geheimhaltungsbedürftigen Inhalten (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) - § 165 GWB – Beschwerde der Beigeladenen gegen Offenlegung der Anlagen durch Vergabekammer– Rücknahme des Nachprüfungsantrages durch Antragstellerin – Erledigungserklärung – Kostenentscheidung – Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Vergabekammer über Gewährung von Akteneinsicht in als geheimhaltungsbedürftige Anlagen durch betroffene Beigeladene – Kostenentscheidung gemäß § 175 II, 71 S. 1 GWB nach billigem Ermessen - summarische Prüfung des voraussichtlichen Erfolges der Beschwerde - kein Anspruch auf Zugang zu Unterlagen und Sachvortrag, „der ihm (Antragsteller) nach dem Willen des Beteiligten, der ihn zu den Akten des Nachprüfungsverfahrens gereicht hat, nicht zugänglich gemacht werden soll. Insbesondere folgt aus dem Akteneinsichtsrecht des § 165 GWB nichts anderes. Dieses Recht bezieht sich in erster Linie auf die Vergabeakten und auf die Akten der Vergabekammer nur, soweit Vorbringen der Beteiligten überhaupt berücksichtigungsfähiger Gegenstand dieser Akten geworden ist, was bei Vorbringen 1 das einem Teil der Beteiligten nicht zugänglich gemacht werden darf, .... von vornherein nicht der Fall ist.“ – Streitwert1/10 des nach § 50 II GKG für das Beschwerdeverfahren über den Nachprüfungsantrag selbst maßgeblichen Streitwertes ... „Eine Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG kommt bei einem Beschwerdeverfahren, das sich auf einen lediglich Fragen der Akteneinsicht betreffenden Beschluss der Vergabekammer in einem Zwischenverfahren bezieht, nicht in Betracht ..., weil die Entscheidung nicht die Auftragsvergabe als solche zum Gegenstand hat und die Anknüpfung an den Wertansatz als pauschaliertem Gewinn nicht passend erscheint ... Von den gemäß § 50 Abs. 2 GKG maßgeblichen 5% des Bruttoauftragswertes nach Maßgabe des Angebotes der Antragstellerin - das sind ... Euro - entsprach es vorliegend billigem Ermessen im Sinne des § 3 ZPO ein Zehntel als Streitwert für das auf die Akteneinsicht bezogene Beschwerdeverfahren anzusetzen...“
- Angebot - OLG Celle, Urt. v. 29.12.2022 - 13 U 3 – 22 – Sicherheitskontrollen - Schadensersatz wegen Nichterfüllung (Abweisung) – Angebot einer Bietergemeinschaft – „Zuschlagsschreiben“ (vorab per Fax – sodann als Einschreiben) mit Aufforderung zum Arbeitsbeginn ab dem 01.04.2015 und mit „Bitte“ um Rücksendung übersandter Vertragsausfertigungen (kein Bestandteil der Vergabeunterlagen) – Unterlassung der geforderten Rücksendung der unterschriebenen der Vertragsausfertigung – ferner Unstimmigkeiten über einen von den Bietern gewünschten Vertragszusatz – nochmalige Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung des „Vertrags“ durch Auftraggeber mit E-Mail vom 26. März 2015 – Ablehnung durch beklagte „Bieter“ - §§ 145, 150 II, 152 II BGB - keine Annahme des Bieterangebots durch Zuschlagsschreiben mit „abändernden“ Vertragsentwurf und Anlagen = Abänderung = neues Angebot des Auftraggebers nach § 150 II BGB (keine Annahme) – Vorabübersendung durch E-Mail ohne Vertragsentwurf und Anlagen keine Annahme, sondern neues Angebot erst durch das „vollständige“ Einschreiben mit Vertragsentwurf und Anlagen (Zugang nach § 130 I S. 1 BGB) – Abweichen des Vertragsentwurfs von den Vergabeunterlagen und dem „Angebot“ der Bieter – Frage der „Geringfügigkeit“ der Änderungen irrelevant“ „Dass der Kläger die Abweichungen in den vom Senat beispielhaft aufgeführten Regelungen als geringfügig ansieht, ändert nichts an der Beurteilung. Soweit die Annahmeerklärung eine inhaltliche Änderung darstellt, ist deren Art und Ausmaß unerheblich ....“ – im Übrigen auch keine „geringfügigen“ Änderungen – ferner nicht nur „unverbindliche Äußerung von Änderungswünsche“ und davon unabhängiger Vertragsschluss (kein Ausnahmefall) – keine unveränderte Annahme durch Aufforderung zum Arbeitsbeginn zum 1.4.2015 – andere Fälle in BGH – Urteilen 3. 7. 2020 - VII ZR 144/19 - und vom 6. 9.2012 - VII ZR 193/10 (Zuschlagsverzögerungen) bzw. Urt. v. 11.5.2009 - VII ZR 11/08, Rn. 39 (Beachtung des Nachverhandlungsverbots) -- „Mit dem neuen Angebot des Klägers galt das Angebot der Beklagten (erg. Bieter) gemäß § 150 Abs. 2 BGB als abgelehnt. Daher erlosch es gemäß § 146 BGB, sodass es nicht mehr durch die nachfolgende Erklärung des Klägers, nach interner Abstimmung mit der Rechtsabteilung und der Geschäftsleitung sei eine Unterzeichnung des Vertrages nicht zwingend erforderlich, angenommen werden konnte. .... Es kann dahingestellt bleiben, ob außerdem das Unterbleiben der von dem Kläger verlangten Unterzeichnung des Vertrages in entsprechender Anwendung von § 154 Abs. 2 BGB zu einem Beurkundungsmangel geführt hätte ...Schließlich ändert es auch nichts an der Beurteilung, dass die Beklagte - nach der von dem Kläger erklärten Kündigung - mit Schreiben vom 24. August 2018 zwischenzeitlich die unzutreffende Rechtsansicht vertrat, es sei mit dem Zuschlag ein Vertrag zustande gekommen.“
- Angebotslimitierung – Mager, Stefan, Angebots- und Zuschlagslimitierung im Spannungsfeld des Transparenzgrundsatzes, VergabeR 2a/2022, 331
- Angebotsprüfung - Pankratz, Rüdiger. Die vier A’s in der Angebotsprüfung ,Vergabe Navigator 2022, 5
- Annahme - OLG Celle, Urt. v. 29.12.2022 - 13 U 3 – 22 – Sicherheitskontrollen - Schadensersatz wegen Nichterfüllung (Abweisung) – Angebot einer Bietergemeinschaft – „Zuschlagsschreiben“ (vorab per Fax – sodann als Einschreiben) mit Aufforderung zum Arbeitsbeginn ab dem 01.04.2015 und mit „Bitte“ um Rücksendung übersandter Vertragsausfertigungen (kein Bestandteil der Vergabeunterlagen) – Unterlassung der geforderten Rücksendung der unterschriebenen der Vertragsausfertigung – ferner Unstimmigkeiten über einen von den Bietern gewünschten Vertragszusatz – nochmalige Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung des „Vertrags“ durch Auftraggeber mit E-Mail vom 26. März 2015 – Ablehnung durch beklagte „Bieter“ - §§ 145, 150 II, 152 II BGB - keine Annahme des Bieterangebots durch Zuschlagsschreiben mit „abändernden“ Vertragsentwurf und Anlagen = Abänderung = neues Angebot des Auftraggebers nach § 150 II BGB (keine Annahme) – Vorabübersendung durch E-Mail ohne Vertragsentwurf und Anlagen keine Annahme, sondern neues Angebot erst durch das „vollständige“ Einschreiben mit Vertragsentwurf und Anlagen (Zugang nach § 130 I S. 1 BGB) – Abweichen des Vertragsentwurfs von den Vergabeunterlagen und dem „Angebot“ der Bieter – Frage der „Geringfügigkeit“ der Änderungen irrelevant“ „Dass der Kläger die Abweichungen in den vom Senat beispielhaft aufgeführten Regelungen als geringfügig ansieht, ändert nichts an der Beurteilung. Soweit die Annahmeerklärung eine inhaltliche Änderung darstellt, ist deren Art und Ausmaß unerheblich ....“ – im Übrigen auch keine „geringfügigen“ Änderungen – ferner nicht nur „unverbindliche Äußerung von Änderungswünsche“ und davon unabhängiger Vertragsschluss (kein Ausnahmefall) – keine unveränderte Annahme durch Aufforderung zum Arbeitsbeginn zum 1.4.2015 – andere Fälle in BGH – Urteilen 3. 7. 2020 - VII ZR 144/19 - und vom 6. 9.2012 - VII ZR 193/10 (Zuschlagsverzögerungen) bzw. Urt. v. 11.5.2009 - VII ZR 11/08, Rn. 39 (Beachtung des Nachverhandlungsverbots) -- „Mit dem neuen Angebot des Klägers galt das Angebot der Beklagten (erg. Bieter) gemäß § 150 Abs. 2 BGB als abgelehnt. Daher erlosch es gemäß § 146 BGB, sodass es nicht mehr durch die nachfolgende Erklärung des Klägers, nach interner Abstimmung mit der Rechtsabteilung und der Geschäftsleitung sei eine Unterzeichnung des Vertrages nicht zwingend erforderlich, angenommen werden konnte. .... Es kann dahingestellt bleiben, ob außerdem das Unterbleiben der von dem Kläger verlangten Unterzeichnung des Vertrages in entsprechender Anwendung von § 154 Abs. 2 BGB zu einem Beurkundungsmangel geführt hätte ...Schließlich ändert es auch nichts an der Beurteilung, dass die Beklagte - nach der von dem Kläger erklärten Kündigung - mit Schreiben vom 24. August 2018 zwischenzeitlich die unzutreffende Rechtsansicht vertrat, es sei mit dem Zuschlag ein Vertrag zustande gekommen.“
- Anreizorientierung - Zimmermann, Patrick, Anreizorientierte Beschaffungsverträge und das Preisrecht , Vergabe Navigator 2022, 7
- Antragsbefugnis – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Antragsbefugnis – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Antragsbefugnis – OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: Entscheidung für Deckung des Bedarfs und 2. Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- Antragsbefugnis – VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Anwalt – Frist – Prüfungspflichten - BayObLG, Einstweilige Anordnung vom 13.06.2022 - Verg 4 – 22 – keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Fristversäumnis – Generalplanerleistungen - Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb - Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Rechtsmittelbelehrung in VK-Entscheidung: Beschwerde an BayOLG – Beschwerde stattdessen unzutreffend an OLG München – Weiterleitung durch OLG München an BayObLG – Hinweis des BayObLG auf verfristeten Eingang der Beschwerde – Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – verschuldete Fristversäumung (Mitarbeiter Korrespondenzanwaltsbüro) – „Nach § 175 Abs. 2, 72 Nr. 2 GWB i. V. m. §§ 233 ff. ZPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt allerdings voraus, dass die Fristversäumung unverschuldet ist; die Beteiligten müssen sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 13. August 2004, Verg 017/04, juris Rn. 6; Vavra/Willner in Burgi/Dreher/Opitz, Beck‘scher Vergaberechtskommentar, GWB § 172 Rn. 11).“ – ausführliche Auseinandersetzung mit Anwalts- und Mitarbeiterpflichten
- Anwalt - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Anwalt - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
- Anwalt - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.01.2022 - 15 Verg 15 – 21 – Kostenentscheidung – erforderliche Hinzuziehung eines Anwalts: „Der Nachprüfungsantrag, insbesondere die Rüge, der Antragsgegner hätte für die Erstellung der Schnittstellen ein eigenes Los bilden müssen, warf Rechtsfragen auf, die zwar der Antragsgegner schon für die Ausschreibung zu überlegen und entscheiden hatte, die aber nicht einfach zu beantworten waren und zu deren Behandlung im Nachprüfungsverfahren es angebracht war, dass der Antragsgegner einen Rechtsbeistand für das Vergabenachprüfungsverfahren hinzuzog, weil er selbst nicht über vergaberechtlich geschultes Personal verfügte.“
- Anwalt - OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- Anwaltspflichten – Fristwahrung - BayObLG, Einstweilige Anordnung vom 13.06.2022 - Verg 4 – 22 – keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Fristversäumnis – Generalplanerleistungen - Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb - Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Rechtsmittelbelehrung in VK-Entscheidung: Beschwerde an BayOLG – Beschwerde stattdessen unzutreffend an OLG München – Weiterleitung durch OLG München an BayObLG – Hinweis des BayObLG auf verfristeten Eingang der Beschwerde – Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – verschuldete Fristversäumnis (Mitarbeiter Korrespondenzanwaltsbüro) – „Nach § 175 Abs. 2, 72 Nr. 2 GWB i. V. m. §§ 233 ff. ZPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt allerdings voraus, dass die Fristversäumung unverschuldet ist; die Beteiligten müssen sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 13. August 2004, Verg 017/04, juris Rn. 6; Vavra/Willner in Burgi/Dreher/Opitz, Beck‘scher Vergaberechtskommentar, GWB § 172 Rn. 11).“ – ausführliche Auseinandersetzung mit Anwalts- und Mitarbeiterpflichten
- Arbeitsgemeinschaft - Hattig, Oliver/Oest, Tobias, Mindestumsätze und Arbeitsgemeinschaften , NZBau 2022, 393
- Architekt - Fuchs, Heiko, Mehraufwand des Architekten infolge Preisgleitung, NZBau 2022, 563
- Architektenwettbewerb - Blomeyer, Fabian/ Zimmermann, Eric, Nachprüfen erlaubt, Setzen erlaubt – Hinweise zum Architektenwettbewerb, WuW 2020, 363 – zu OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.08.2021 - 15 Verg 10/21,
- Arzneimittelstrategie - Antweiler, Clemens, EU-Arzneimittelstrategie, Auswirkungen auf Vergabeverfahren , AuR 2022, 237
- Aufgreifschwelle – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.07.2022 - 11 Verg 4 – 22 – Lichtsignalsteuerungszentrale (Anbindung an vorhandene Lichtanlagen) – Verhandlungsverfahren - §§ 57, 60 VgV, 97 GWB - Voraussetzung nach § 60 I VgV „ungewöhnlich niedriger Preis“ – Missverhältnis von Endpreis zum Wert der Leistung („erscheint“). – unterschiedliche Wahl der Bezugs- und Anknüpfungspunkte B. Vergleich mit Konkurrenzangeboten, Grobkalkulationen von Beratern, Kostenschätzungen des – maßgeblich Umstände des Einzelfalles – offengelassen, ob Entscheidungsspielraum lediglich durch Kontrolle der Nachvollziehbar-, Vertretbarkeit und Willkürfreiheit oder Pflicht zur Aufklärung ( Aufklärung verlangt, rechtmäßige Entscheidung) – mehrere Gründe für die Preisprüfung (Abstand zwischen dem Angebotspreis de Preisen der Mitbewerber, Abweichungen von der eigenen Kostenschätzung und eine eklatante Preisreduktion des finalen Angebots gegenüber dem ersten Angebot (ausführliche Darlegung – Aufgreifschwelle erreicht – u. a. ca. 16 % zwischen dem nächsthöherer Preis = € 912.561,56 und Antragsteller-Angebot € 767.024,48 im Verhältnis von 100 % - zulässige Wahl eines anderen Bezugspunkts und darauf beruhende Annahme des Überschreitens der Aufgreifschwelle – Beurteilungsspielraum („rechtsähnlicher Wertungsspielraum“) bei Prognose für zuverlässige Auftragsausführung – sorgfältige Prüfung des vorliegenden Unterkostenangebots (Erwartung einer ordnungs- und vertragsgemäße Leistungserbringung? Gefahr des Versuchs der Auftragsausführung so unaufwändig wie möglich und damit auch nicht vertragsgerecht?, Eignung“? etc.) – Nachweise nachvollziehbarer günstigerer Kalkulation durch effizientere Arbeitsmethoden oder Betriebsabläufe, preisgünstigere Bezugsquellen, bloße Erzielung eines Deckungsbeitrags oder Vorstoßes in neuen Markt – grundsätzlich Erläuterung des Gesamtangebotspreises (für Einordnung des Gesamtangebotspreises jedoch auch Bedeutung Einzelpreise bzw. Positionspreise): „Der Antragsgegner hat ersichtlich zunächst den Gesamtpreis bewertet und die ... Einzelpreise aufgeklärt. Diese Vorgehensweise erscheint naheliegend und unbedenklich.“ – Synergien etc. nicht näher dargelegt – „Verbleiben wie dargestellt für den Antragsgegner Fragen, d.h. wird die Aufklärung von ihm nicht als zufriedenstellend empfunden, ist er im Rahmen eines gebundenen Ermessens gehalten, das Angebot auszuschließen ...“ - unerhebliche Ausgliederung der Verkehrssparte und darauf gestützter weiterer Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV – „Ebenfalls ohne Bedeutung sind die Rügen ... hinsichtlich der Wertung ihres Angebots, insbesondere in Bezug auf die Zusammensetzung des Bewertungsgremiums, der Bewertung im Assessment, der Frage der Bekanntgabe der Wertungskriterien und der vergleichenden Wertung.“
- Aufgreifschwelle – ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- Aufgreifschwelle – VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - § 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- Aufhebung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.2022 - 11 Verg 8 – 21 – private Vermittlung von Abschleppaufträgen auf der Grundlage eines Vermittlungsregisters im „Reih-um-Verfahren – §§ 97 I, 165, 168 GWB; §§ 6, 63 VgV - unzulässige vollständige Weitergabe der einzelnen Abschleppaufträge durch „Vermittlungszentrale“ ohne Zulassungsprüfung durch den öffentliche Auftraggeber selbst – kein „Open House - Modell“ - amtliche Leitsätze: Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss. 2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden
- Aufhebung – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
- Aufhebung – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Aufhebung - VK Bund, Beschl. v.13.2022 - VK 2 – 52-22 – Bauleistungen - Aufhebung des Vergabeverfahrens - Grund für Aufhebung: Bieterrüge – Wirksamkeit der Aufhebung – Rechtswidrigkeit der Aufhebung infolge Korrektur eigener Fehler der Vergabestelle - wirksam, aber rechtswidrig bei Korrektur eigener Fehler
- Aufhebungsvertrag - Kräber, Wolfgang, Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages ,VergabeFokus 2022, 2
- Aufhebungsvertrag - Walter, Otmar, Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages, VergabeR 2022, 609
- Aufklärung – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Aufklärung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Aufklärung - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Aufraggeber - Götz, Torben: Private Krankenhausträger als Regelungsadressaten des
Vergaberechts , MedR 2022, 466 - Aufschiebende Wirkung – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Aufschiebende Wirkung – OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Aufschiebende Wirkung – OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Aufschiebende Wirkung – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Aufschiebende Wirkung - ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- Aufschiebende Wirkung- OLG Schleswig, Beschl. v. 03.2022 - 54 Verg 11 – 21 - Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen – aufschiebende Wirkung – fehlende Transparenz der Vergabeunterlagen und nachfolgender „Klarstellungen“ – Unklarheit über Tarifvertrag und Mindestlohn
- Auftraggeber - Hattig, Oliver/Oest, Tobias, Sportverbände als öffentliche Auftraggeber, NZBau 2021, 774
- Auftragsänderung - Beckmann-Oehmen, Katrin, Auftragsänderung ohne Vergabe, Vergabe Navigator 2022, 7
- Auftragsänderung - Kalte, Peter, Die Pflicht für ein neues Vergabeverfahren bei Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit bei Planungsleistungen , VergabeR 2022, 481
- Auftragsänderung – Sitz, Helena, Ausschreibungspflichtige Auftragsänderungen und das Kündigungsrecht nach § 133 Ab 1 Nr. 1 GWB , Verlag Dr. Kovaĉ 2022
- Auftragserteilung – OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- Auftragswert - Klein, Quirin, Zusammen oder getrennt? Die Auftragswertberechnung bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen, VergabeR 2a/2022, 327
- Auskömmlichkeit – s. ungewöhnlich niedriges Angebot
- Auslegung - OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- Ausschluss - BGH, Beschl. v. 13.09.2022 - XIII ZR 9 – 20 – Schadensersatz (verneint) - Bodenaushub - Rohbauarbeiten - Leistungsverzeichnis – §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 16 Abs. 1 Nr. 3, 15 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A amtlicher Leitsatz: „a) Versteht der Bieter die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses falsch und gibt daher den deutlich höheren Preis einer Leistung an, die nach dem Leistungsverzeichnis gar nicht zu erbringen ist, enthält sein Angebot nicht den geforderten Preis, so dass es gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016 auszuschließen ist. b) Aufklärung über die Preiskalkulation eines Nachunternehmers kann jedenfalls dann verlangt werden, wenn zu klären ist, ob das Angebot den Vorgaben im Leistungsverzeichnis entspricht.“
- Ausschluss - EuGH, Beschl. v. 14.7.2022, C - 436 – 20 – Ausschluss von Einrichtungen mit Erwerbszweck für bestimmte personenbezogene soziale Unterstützungsleistungen im Rahmen einer konzertierten Aktion und gleichzeitig Zulassung von Einrichtungen ohne Erwerbszweck nicht nur Freiwilligenorganisationen zum Erbringen der Dienstleistungen gegen Entgelt transparentes Wettbewerbsverfahren und Gleichstellung der interessierten Wirtschaftsteilnehmer – amtlicher Leitsatz: Die Art. 76 und 77 der Richtlinie 2014/24/EU ... sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die privaten Einrichtungen ohne Erwerbszweck die Möglichkeit vorbehält, im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens Vereinbarungen zu schließen, gemäß denen sie gegen Erstattung ihrer Kosten soziale personenbezogene Unterstützungsleistungen erbringen, und zwar unabhängig vom geschätzten Wert dieser Dienstleistungen und selbst wenn sie nicht die Anforderungen in Art. 77 dieser Richtlinie erfüllen, nicht entgegenstehen, sofern zum einen der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Einrichtungen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt, auf denen diese Regelung beruht, und zum anderen der Transparenzgrundsatz gewahrt ist, wie er insbesondere in Art. 75 der Richtlinie konkretisiert ist. 2. Art. 76 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Ansässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers an dem Ort, an dem die Dienstleistungen zu erbringen sind, im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags über soziale Dienstleistungen im Sinne von Anhang XIV dieser Richtlinie ein Kriterium für die Auswahl der Wirtschaftsteilnehmer vor der Prüfung ihrer Angebote darstellt.
- Ausschluss - EuGH, Beschl. v. 3.2.2022, C - 436 - 20 - ASADE - Klage auf Nichtigerklärung des spanischen Dekrets 181/2017 sowie auf Aufhebung bestimmter Bestimmungen des Gesetzes 5/1997(13) – Rechtswidrigkeit des Ausschlusses von Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht von der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen – Beschlusstenor: - Die Art. 74 bis 76 der Richtlinie 2014/24/EU ... sowie Art. 49 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die es einer öffentlichen Stelle gestatten, ohne Einhaltung der Verfahrenserfordernisse des Unionsrechts einen öffentlichen Auftrag zu vergeben, in dessen Rahmen diese Stelle nur Einrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht mit der Erbringung bestimmter sozialer Dienstleistungen gegen Erstattung der diesen Einrichtungen entstandenen Kosten betraut, sofern solche Rechtsvorschriften mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit vereinbar sind, was durch das vorlegende Gericht zu prüfen ist. - Art. 75 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die verlangen, dass Auftragsbekanntmachungen nur im regionalen Amtsblatt veröffentlicht werden. - Art. 76 der Richtlinie 2014/24 und Art. 49 AEUV stehen nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die ein Auswahlkriterium für den Abschluss von Vereinbarungen der konzertierten Aktion vorsehen, gemäß dem die öffentlichen Auftraggeber dem Umstand Gewicht beimessen dürfen, dass die potenziellen Bieter für die Erbringung der fraglichen sozialen Dienstleistungen an dem Ort niedergelassen sind, an dem diese Dienstleistungen zu erbringen sind, es sei denn, dieses Kriterium verfolgt ein vom Unionsrecht anerkanntes legitimes Ziel, ist geeignet, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten, und geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist; dies ist vom vorlegenden Gericht zu prüfen.“ Vgl. auch EuG, Urt. v. 26.1.2022 - T - 849 – 19 – Leonardo – Anträge auf Nichtigerklärung und Schadensersatz - ferngesteuerte Luftfahrzeugsysteme (RPAS) – Abweisung der – ausnahmsweises Recht des Wirtschaftsteilnehmers ohne Angebotsabgabe auf Nachprüfung nur ausnahmsweise bei unmöglicher Abgabe eines Angebots - Verlangen des Nachweises der Unmöglichkeit der Abgabe nicht unverhältnismäßig – aus der Entscheidung: „Somit ist zu prüfen, ob die Klägerin nachgewiesen hat, an der Abgabe eines Angebots gehindert worden zu sein, und in weiterer Folge, ob ihr ein Rechtsschutzinteresse zukommt. ... Um darzutun, dass sie [erg. die Klägerin] an der Abgabe eines Angebots gehindert gewesen sei, macht die Klägerin geltend, dass die angefochtene Auftragsbekanntmachung ... diskriminierende Klauseln enthielten, aufgrund deren es ihr unmöglich gewesen sei, die ausgeschriebene Gesamtleistung zu erbringen. ... Sie hat ... nicht nachgewiesen, dass sie an der Abgabe eines Angebots gehindert worden ist, weshalb sie über kein Interesse an der Nichtigerklärung ... verfügt. Der Antrag auf Nichtigerklärung ... und ... der gegen die Vergabeentscheidung gerichtete Nichtigkeitsantrag sind daher als unzulässig zurückzuweisen.“ – kein Schadensersatz: „Nach ständiger Rechtsprechung ist die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV von mehreren Voraussetzungen abhängig: Das dem Organ vorgeworfene Verhalten muss rechtswidrig sein, es muss ein Schaden eingetreten sein, und zwischen dem Verhalten und dem behaupteten Schaden muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Hinsichtlich der Voraussetzung des tatsächlichen Vorliegens eines Schadens kann die Haftung der Union nur ausgelöst werden, wenn der Kläger einen „tatsächlichen und sicheren“ Schaden erlitten hat. Der Kläger hat ... die Beweise zum Nachweis des Vorliegens und des Umfangs eines solchen Schadens vorzulegen. ... Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin .. keine Beweise für das Vorliegen und die Höhe dieses Schadens vorgelegt hat.“
- Ausschluss - EuGH, Urt. v. 15.9.2022 - C - 416 - 21 - Busverkehrsdienstleistungen – ÖPNV – Ausschlusstatbestände - amtlicher Leitsatz: Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24/EU .... in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25/EU ... vom 26.02.2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2364 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der in diesem Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d genannte fakultative Ausschlussgrund Situationen, in denen hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Wirtschaftsteilnehmer eine gegen Art. 101 AEUV verstoßende Vereinbarung geschlossen haben, erfasst, aber nicht auf die in diesem Artikel angeführten Vereinbarungen beschränkt ist. 2. Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2365 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass dieser Art. 57 Abs. 4 die fakultativen Ausschlussgründe abschließend regelt, mit denen der Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus Gründen gerechtfertigt werden kann, die sich, gestützt auf objektive Anhaltspunkte, auf seine berufliche Eignung sowie auf einen Interessenkonflikt oder eine aus seiner Einbeziehung in dieses Verfahren resultierende Wettbewerbsverzerrung beziehen. Aus diesem Art. 57 Abs. 4 ergibt sich jedoch nicht, dass der in Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung vorgesehene Gleichbehandlungsgrundsatz der Vergabe des in Rede stehenden Auftrags an Wirtschaftsteilnehmer, die eine wirtschaftliche Einheit bilden und deren Angebote trotz getrennter Abgabe weder eigenständig noch unabhängig sind, nicht entgegenstehen könnte.
- Ausschluss – EuGH, Urt. v. 8.12.2022, C - 769 – 21 – Krankenversicherungsleistungen – Konkurrenzangebote zweier „verbundener“ Unternehmen – Zuschlag sollte an einen der beiden „Bieter“ erfolgen, wurde aber von diesem abgelehnt – daher sollte Zuschlag an den „anderen Bieter“ des „verbundenen Unternehmens“ erfolgen, statt dessen wurde das Vergabeverfahren beendet (Absprache) ohne die Möglichkeit zur Stellungnahme des „zweiten Bieters“ – unzulässiger „quasi-automatischer Ausschluss“ durch gesetzliche Regelung in Litauen – Verstoß gegen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Entscheidungstenor: „Unter diesen Umständen ist die Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 einer nationalen Regelung entgegensteht, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, im Fall eines Rücktritts des ursprünglich wegen des wirtschaftlich günstigsten Angebots ausgewählten Bieters ein öffentliches Vergabeverfahren zu beenden, wenn es sich bei dem das zweitwirtschaftlichste Angebot einreichenden nachfolgenden Bieter um denselben Wirtschaftsteilnehmer wie beim ersten Bieter handelt.“
- Ausschluss - KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg 2 – 21 – Sicherheitsdienst – berufliche Qualifikation nach § 46 III Nr. 2 VgV – rechtswidriger Ausschluss trotz „höherwertigem Abschluss“ (Ausbildungsabschluss als „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“) – berechtigte Forderung des Nachweises einer beruflichen Mindestqualifikation des Objektleiters und seines Stellvertreters nach § 46 III Nr. 2 VgV - geforderte Qualifikation: „Fachkraft für Schutz und Sicherheit“ oder „geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft“ oder „höherwertiger Abschluss“) – Angebot mit „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ als „höherwertiger Abschluss“ bejaht und wertbar – rechtswidriger Ausschluss entgegen § 57 I VgV – Zurückversetzung in das Stadium vor Angebotswertung - „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ ist ein gegenüber den ausdrücklich in der Auftragsbekanntmachung genannten Abschlüssen „höherwertiger Berufsabschluss“ .
- Ausschluss – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Ausschluss – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.06.2022 - Verg 19-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – Präqualifikation . Bieternachweise – Referenzen – Entscheidungstext liegt noch nicht vor- VK Bund, Beschl. v. 6.4.2022 - VK 2 – 26-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – rechtswidriger Ausschluss – Wiederholung der Wertung – ausreichend Präqualifikationsnachweis bei nicht geforderten Referenzen – amtliche Leitsätze: 1. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem dient der Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändert nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist. 2. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise müssen für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise, die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken. 3. Fordert der öffentliche Auftraggeber die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur der Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Leistungen hinterlegt sind. Die Eintragung ersetzt insoweit lediglich die Eintragung in der Eigenerklärung Eignung.
- Ausschluss - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.6.2022 – VII-Verg 36-21 – Sturmgewehr – Ausschluss wegen schwerer beruflicher Verfehlung wegen vorwerfbarer Patentverletzung (Frage der Patentnichtigkeit im Nachprüfungsverfahren nicht durch Antragstellerin belegt) – kein Ausschluss der Beigeladenen wegen schwerer beruflicher Verfehlung durch Lieferung von Sturmgewehren nach Mexico wegen Ablaufs der Ausschlussfrist von drei Jahren
- Ausschluss - OLG Koblenz, Beschl. v. 22.06.2022 - Verg 1 – 22 – Gewässerrenaturierung – Behauptung ins Blaue – Antragsbefugnis: Schlüssige, konkrete (hinreichend begründet) Darlegung der Tatsachen für mögliche bessere bzw. verschlechterte Zuschlagschancen (hier behauptete Überbewertung zumindest 2 Punkte bei einer Punktwertung von 96 bzw. 95 Punkten) – „... muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen .... Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus Dem ist das Antragsvorbringen hier gerecht geworden.“ – keine „Behauptung ins Blaue“ – fristgerechte Rüge - positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen – Auslegung des Begriffs „Gesamtprojektleitung“ (keine Unklarheit) – keine Ermächtigung der Vergabekammer zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle – kein Ausschluss nach § 124 I Nr. 8, 9a), b) und c) GWB (Ermessensentscheidung – kein gerechtfertigter Schluss für Nichterfüllung) – Kostenentscheidung - Gebühren
- Ausschluss – verneint - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung - Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – „Unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen überwiegen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die mit einer weiteren Verzögerung verbundenen Vorteile. Dies gilt namentlich bei Berücksichtigung des Interesses der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Antragsgegners entsprechend § 173 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GWB sowie der in § 173 Abs. 2 Satz 4 GWB genannten Gesichtspunkte, darunter insbesondere der Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde. ... Das auf Aufhebung und Korrektur des Vergabeverfahrens gerichtete primäre Beschwerdeziel der Antragstellerin bleibt aller Voraussicht nach erfolglos.“ – Bejahung der Zulässigkeit – Unbegründetheit: keine widersprüchlichen oder missverständlichen Vorgaben - eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung (Verpflegung) – strittige Äußerungen bei Ortsbesichtigung durch Mitarbeiter des Auftraggebers: „Die Vergabestelle hat die Antragstellerin vorab eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Ortstermin rein der Besichtigung dient, Fragen weder erörtert noch beantwortet werden und ein Bieter ausschließlich über die Vergabeplattform verbindliche Informationen zum Vergabeverfahren erhalten kann. Die Antragstellerin konnte damit Erklärungen vor Ort keine Relevanz für das Vergabeverfahren, insbesondere für das Verständnis der Vergabeunterlagen, beimessen.“ – kein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen – Auftraggeber durfte auf Angaben der Beigeladenen vertrauen – „Die von der Antragstellerin geschilderten Beobachtungen ihres Detektivs rechtfertigen keine ernsthaften Zweifel an dem Leistungsversprechen der Beigeladenen und geben auch keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung.“ – nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln (keine Anhaltspunkte für Manipulation etc.) – keine Unauskömmlichkeit des Preises
- Ausschluss VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/-Ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Bauauftrag – EuGH, Urt. v. 31.3.2022, C - 195 – 21 – LB - Bauauftrag unter Schwellenwert - Zuschuss etwa 331 000 Euro - für Finanzierung zur Stabilisierung (Erdrutsch) - 58 I, IV RL 2014/24/EU – amtlicher Tenor: 1. Art. 58 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Auswahlkriterien zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer strengere Anforderungen als die insoweit von den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Mindestanforderungen aufstellen darf, soweit mit den Anforderungen sichergestellt werden kann, dass ein Bewerber oder ein Bieter über die für die Ausführung des zu vergebenden Auftrags erforderliche technische und berufliche Eignung verfügt, und die Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. 2. Art. 8 Abs. 3 der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ... dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einer unterschiedlichen Beurteilung derselben Tatsachen durch die zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union berufenen nationalen Behörden nicht entgegensteht.“ - Geltung der in Bulgarien umgesetzten Richtlinie 2014/24 unabhängig vom Wert der Aufträge für alle bezuschussten Aufträge aus Europäischen Fonds – zulässige zweckmäßige Mindestanforderungen mit Bezug auf Befähigung zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. die technische und berufliche Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung der rechtlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die technischen und beruflichen Fähigkeiten zur Ausführung des zu vergebenden Auftrags: „Alle Anforderungen müssen zudem mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.“ – Beachtung von Gleichbehandlung, Transparenz, Verhältnismäßigkeit – zulässige Festlegung der Auswahlkriterien über das von den nationalen Rechtsvorschriften hinausgehende Niveau der Mindestanforderungen, „sofern sie durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist, zu diesem verhältnismäßig“ etc. sind (Sache der Prüfung durch vorlegendes Gericht – Auslegung von Art. 4 und 5 der VO Nr. 2988/95: Zulässigkeit unterschiedlicher Folgen für schuldlose, vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes und Geldbuße von 2 % des Vertragswerts und Höchstwert von etwa 5 100 Euro ohne Feststellung der Schwere des Verstoßes und seiner tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Interessen der Union - Auslegung von Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 i. Verb. mit den Erwägungsgründen 43 und 122 der VO Nr. 1303/2013 (sektorbezogene Regelungen keine Relevanz) – zulässige Prüfungen durch Verwaltungsbehörde und weitere Behörde mit unterschiedlichen Zielsetzungen - kein Vertrauensschutz bei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen unabhängiger Prüfungsinstanzen mit unterschiedlichen Zielrichtungen) -
- Baurecht - Finck, Stephan/Sieberg, Friedrike, Die Entwicklung des privaten Baurechts (BGB und VOB/B) seit Ende Mai 2021, NJW 2022, 20
- Bayern – Meckler, Markus, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen unterhalb der EU-
Schwellenwerte am Beispiel der Rechtslage in Bayern , NZBau 2021, 768 - Begrenzung - Bühs, Jacob, Begrenzung des Teilnehmerkreises auf im Katastrophenschutz tätige gemeinnützige Organisationen bei Rettungsdienstvergaben zulässig? EuZW 2021, 183
- Behr, Volker, Das sanktionsrechtliche Zuschlags- und Erfüllungsverbot ,VergabeR
2022, 603 - Beihilfe - Derksen, Roland, Infrastrukturprojekte im Fokus des Europäischen Beihilferechts, EuZW 2021, 589
- Beihilfe – s. auch Zuschuss
- Beiladung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen.
· Beiladung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff ....
- Beitragspflicht - OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 21.12.2022 - 2 MB 4 – 21 – Ausbau Beleuchtungsanlage – Beitragspflicht
· Bekanntmachung – fehlende - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB –.... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Bekanntmachung - Hoffmann, Jens, Erfordernis dokumentierter Sorgfalt bei ex ante-Transparenzbekanntmachung, NZBau 2022, 581
- Beratung - Lieb, Nicole, Beschaffungsdienstleister im Vergabeverfahren, Nomos Verlag 2022
- Beratung - Noch, Rainer, Zweierlei Rat, VergabeNavigator 2022, 25 - VK Bund vom 02.06.2021 - VK 2-47/21
- Beratung – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.05.2022 - Verg 33 – 21 – Vergabeberatung – Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei Durchführung von Vergabeverfahren - kein Verstoß gegen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) durch Unterlassung der Aufteilung in Lose (Rechtsberatung und „kaufmännische Vergabeberatung“) - §§ 97 II S. 2, 97 IV GWB – „Samtagsfristablauf“ führt zur Fristverlängerung auf nächsten Werktag – Rechtdienstleistungen: Vergabevermerk, Auswertung der Angebote, Entwurf des Aufklärungsschreibens – keine Rechtdienstleistungen: stichprobenartige Überprüfung übersandter Vertragsunterlagen auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit Musterunterlagen, Dokumentation, technische Gründe für die Zusammenfassung von Leistungen, „rechtsberatende Anteile“ nur Nebendienstleistungen nach § 5 I RPG – Leistungen: „Vorbereitungsphase“ - Erstellung des Vergabevermerks auf vorgegebenem Muster (Begründung zur Vergabeart, Losbildung, Eignungs- und Zuschlagskriterien, besondere Sicherheitsanforderungen usw.) – Durchführungsphase: Beantwortung von Bieterfragen etc., Auswertung der Angebote auf 1. und 2. Wertungsstufe (formale Prüfung + Eignungsprüfung), Prüfung Aufgreifschwelle (bei Bejahung Auskömmlichkeitsprüfung), Angemessenheit des Preises, Aufklärungsschreiben, Referenzen, Abstimmung des Wertungsergebnisses u. a. mit der Vergabestelle, Dokumentation der Angebotsprüfung, Entwurf des Auswertungsvermerks „Info-Schreiben“, Entwürfe für Zuschlagsschreiben Absageschreiben etc. – Antwort auf Anfrage der antragstellenden Anwaltskanzlei: „Es handelt sich nicht um Rechtsberatungsleistungen. Der Schwerpunkt liegt in der technischen Abwicklung des Vergabeverfahrens. Die Verfahrensregelungen ergeben sich aus dem nationalen und europäischen Vergaberecht. Dass der Schwerpunkt der Tätigkeit eindeutig in der Verfahrensdurchführung liegt, ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung und der Zielrichtung des zu erstellenden Konzepts. Eine Rechtsberatung wird von dem Dienstleister nicht erwartet – die Entscheidungen über die vergaberechtlichen Fragestellungen bleiben wie die Wertungsentscheidungen dem öffentlichen Auftraggeber vorbehalten.“
- Beratung - Stoye, Jörg/ Kopco, Jennifer, Und es gibt sie doch, Beschaffungsdienstleistung als „echte“ Rechtsberatung, NZBau 2022, 74
- Bericht - Csaki, Alexander, Die Entwicklung des Vergaberechts seit 2021, NJW 2022, 1502
- Bericht - Neun, Andreas, Otting, Olaf, Die Entwicklung des europäischen Vergaberechts in den Jahren 2021/2022 , EuZW 2022, 842
- Bericht - Steck, Matthias, Aktuelle Entwicklungen und ungeklärte Fragen zum vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, VergabeR 2a/2022, 300
- Bericht - v. Westphalen, Friedrich, SGB-Recht im zweiten Halbjahr 2021, NJW 20222, 288
- Berliner Mietspiegel - KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Zulässsigkeit (Antragsbefugnis – Interesse – Rechtsverletzung – rechtzeitige Rüge) - - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....De Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Berufsregister –EuGH, Urt. v. 10.11.2022 - C‑486 - 21 - Konzession für die Einrichtung und Verwaltung einer Dienstleistung Carsharing - des Vermietens und der gemeinschaftlichen Nutzung (Carsharing) von Elektrofahrzeugen – amtlicher Leitsatz: „Dienstleistungskonzession“ 2. Schwellenwert 3. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Anhang V Nr. 7 Buchst. b und dem vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie sowie mit Art. 4 und Anhang XXI Punkt III.1.1 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 der Kommission vom 11. November 2015 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 842/2011 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber als Eignungskriterium und für die qualitative Bewertung der Bewerber verlangen kann, dass die Wirtschaftsteilnehmer im Handels- oder Berufsregister eingetragen sind, sofern ein Wirtschaftsteilnehmer seine Eintragung im entsprechenden Register in dem Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, vorweisen darf. 4. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Art. 27 dieser Richtlinie und Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der von den Wirtschaftsteilnehmern verlangt, im Handels- oder Berufsregister eines Mitgliedstaats der Union eingetragen zu sein, nicht auf das aus CPV-Codes bestehende Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge verweist, sondern auf die Klassifikation NACE Rev. 2, wie sie durch die Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik eingeführt wurde. 5. Art. 38 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 2 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht ohne Verstoß gegen den durch Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie gewährleisteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von jedem Mitglied eines befristeten Zusammenschlusses von Unternehmen verlangen kann, in einem Mitgliedstaat im Handels- oder Berufsregister eingetragen zu sein, um die Tätigkeit der Vermietung von Kraftwagen mit einem Gesamtgewicht von 3,5 t oder weniger auszuüben
- Beschaffungsdienstleistung - Stoye, Jörg/ Kopco, Jennifer, Und es gibt sie doch, Beschaffungsdienstleistung als „echte“ Rechtsberatung, NZBau 2022, 74
- Beschränkung – Ortssitz – EuGH, Beschl. v. 14.7.2022, C - 436 – 20 – Ausschluss von Einrichtungen mit Erwerbszweck für bestimmte personenbezogene soziale Unterstützungsleistungen im Rahmen einer konzertierten Aktion und gleichzeitig Zulassung von Einrichtungen ohne Erwerbszweck nicht nur Freiwilligenorganisationen zum Erbringen der Dienstleistungen gegen Entgelt transparentes Wettbewerbsverfahren und Gleichstellung der interessierten Wirtschaftsteilnehmer – amtlicher Leitsatz: Die Art. 76 und 77 der Richtlinie 2014/24/EU ... sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die privaten Einrichtungen ohne Erwerbszweck die Möglichkeit vorbehält, im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens Vereinbarungen zu schließen, gemäß denen sie gegen Erstattung ihrer Kosten soziale personenbezogene Unterstützungsleistungen erbringen, und zwar unabhängig vom geschätzten Wert dieser Dienstleistungen und selbst wenn sie nicht die Anforderungen in Art. 77 dieser Richtlinie erfüllen, nicht entgegenstehen, sofern zum einen der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Einrichtungen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt, auf denen diese Regelung beruht, und zum anderen der Transparenzgrundsatz gewahrt ist, wie er insbesondere in Art. 75 der Richtlinie konkretisiert ist. 2. Art. 76 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Ansässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers an dem Ort, an dem die Dienstleistungen zu erbringen sind, im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags über soziale Dienstleistungen im Sinne von Anhang XIV dieser Richtlinie ein Kriterium für die Auswahl der Wirtschaftsteilnehmer vor der Prüfung ihrer Angebote darstellt.
- Beschwerde – Begründungsmangel – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt.
- Beschwerde – Rücknahme - BayObLG, Beschl. v. 25.07.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung – Wirkungslosigkeit der Vergabekammerentscheidung infolge der Rücknahme der sofortigen Beschwerde (ausgenommen Kostenentscheidung) – „Durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags, die in der freien Disposition des Antragstellers steht und auch im Beschwerdeverfahren ohne Zustimmung der übrigen Beteiligten erklärt werden kann (BGH, Beschl. v. 24. März 2009, X ZB 29/08, NZBau 2009, 466 Rn. 12), ist das Verfahren beendet. Der Beschluss der Vergabekammer ist - abgesehen von der Gebührenfestsetzung - hinfällig und damit gegenstandslos...“ – Kostenentscheidung bezüglich des Beschwerdeverfahrens nach § 175 Abs. 2 i. V. m. § 71 GWB. Aus den dargelegten Gründen entspricht es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der durch den erfolglosen Antrag nach § 173 GWB verursachten Kosten aufzuerlegen. ... Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene notwendig ... Festsetzung des Streitwerts ... gemäß § 50 Abs. 2 GKG (5 % des Bruttoauftragswerts).
- Besondere Dienstleistungen - Schäffer, Rebecca, Die Vergabe sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen, VergabeFokus 2022, 1
- Bestimmungsrecht – BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - keine Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Antragstellers – erforderliches Weiterbestehen des Interesses des Antragstellers am Auftrag (Aufforderung zur Erklärung über Weiterführung des Geschäfts und weitere Beteiligung AN Ausschreibung) – nach der Leistungsbeschreibung erforderlich: SORMAS-Schnittstelle – in der Software der Antragstellerin im Frühjahr 2021 nicht installiert – vorhandene Installation in Angebot des Wettbewerbers - Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb – bejahte Antragsbefugnis – Bestimmungsrecht des Auftraggebers (zulässige Forderung der SORMAS-Schnittstelle als Mindestanforderung) – keine Pflicht zur Einräumung der Programmierung nach Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung – kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot – keine Pflicht zum Ausgleich von Wettbewerbsvorteilen eines Bieters mit ausschreibungsgemäßer Software – keine unberechtigte Bevorzugung – kein Verstoß gegen § 31 VI VgV (keine offene oder verdeckte Produktvorgabe: SORMAS Open-Source-Software und allgemein zugänglich für Programmierung) – infolge der Nichterfüllung der Mindestkriterien weitere behauptete Verstöße nicht relevant (Dringlichkeit, Durchführung der Markterkundung) – Zuschlag hätte in keinem Fall auf Antragsteller-Angebot erteilt werden können: “Die Software der Antragstellerin verfügte über keine SORMAS-Schnittstelle und wäre daher mangels Erfüllung des - zulässigen - Mindestkriteriums für einen Zuschlag auf keinen Fall in Betracht gekommen. .... Der Nachprüfungsantrag ist daher unabhängig davon unbegründet, ob weitere Rechtsverletzungen tatsächlich vorlagen. .... Anhaltspunkte dafür, dass auch die Angebote der Beigeladenen und des weiteren zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerbers hätten ausgeschlossen werden müssen, der Antragsgegner sodann das Mindestkriterium einer SORMAS-Schnittstelle aufgehoben und die Antragstellerin infolgedessen eine Chance auf den Auftrag erhalten hätte (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 1. September 2021, 17 Verg 2/21 - LUCA-App I, juris Rn. 57; OLG München, Beschl. v. 5. November 2009, Verg 15/09, juris Rn. 67), sind nicht erkennbar.“ – Kostenentscheidung nach § 175 II, 71 S. 1 und 2 Alt. 1 GWB - Streitwert (5 % der Auftragssumme)
- Bestimmungsrecht – KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....Die Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Beurteilungsspielraum - Herrmann, Alexander, Chancen und Risiken von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen für öffentliche Auftraggeber ,NZBau 2022, 443
- Bieterfrage - OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Bieterfrage - OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Bietergemeinschaft - EuGH, Urt. v. 28.4.2022 - C - 642 – 20 - ATICaruter - Sammlung und Abtransport von Abfällen – unzulässiges Verlangen der „mehrheitliche Erfüllung“ der Eignung etc durch „Bevollmächtigten“ der Bietergemeinschaft - Zuschlag für Los 2 19 087 724,73 Euro (elf Gemeinden) an Bietergemeinschaft ((„vorübergehender Zusammenschluss“) mit unzulässiger Anforderung der „mehrheitlichen“ Erfüllung der Leistungen durch den Bevollmächtigten des Zusammenschlusses– zweitplatzierte Bietergemeinschaft („vorübergehender Zusammenschluss“: ATI Caruter – Voraussetzungen des „beschleunigten Verfahrens“ vor dem EuGH (ausführlich zur „Dringlichkeit“ etc.) – Verstoß gegen Art. 63 RL 2014/24/EU durch die Vorgabe im italienischen Recht: „Die Bevollmächtigte der Bietergemeinschaft muss auf jeden Fall mehrheitlich die Kriterien erfüllen und die Leistungen erbringen.“ – Leitsatz: Art. 63 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das bevollmächtigte Unternehmen einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern, die an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt ist, mehrheitlich die in der Vergabebekanntmachung vorgesehenen Kriterien erfüllen und die Leistungen dieses Auftrags erbringen muss.“
- Bietergemeinschaft – OLG Celle, Urt. v. 29.12.2022 - 13 U 3 – 22 – Sicherheitskontrollen - Schadensersatz wegen Nichterfüllung (Abweisung) – Angebot einer Bietergemeinschaft – „Zuschlagsschreiben“ (vorab per Fax – sodann als Einschreiben) mit Aufforderung zum Arbeitsbeginn ab dem 01.04.2015 und mit „Bitte“ um Rücksendung übersandter Vertragsausfertigungen (kein Bestandteil der Vergabeunterlagen) – Unterlassung der geforderten Rücksendung der unterschriebenen der Vertragsausfertigung – ferner Unstimmigkeiten über einen von den Bietern gewünschten Vertragszusatz – nochmalige Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung des „Vertrags“ durch Auftraggeber mit E-Mail vom 26. März 2015 – Ablehnung durch beklagte „Bieter“ - §§ 145, 150 II, 152 II BGB - keine Annahme des Bieterangebots durch Zuschlagsschreiben mit „abändernden“ Vertragsentwurf und Anlagen = Abänderung = neues Angebot des Auftraggebers nach § 150 II BGB (keine Annahme) – Vorabübersendung durch E-Mail ohne Vertragsentwurf und Anlagen keine Annahme, sondern neues Angebot erst durch das „vollständige“ Einschreiben mit Vertragsentwurf und Anlagen (Zugang nach § 130 I S. 1 BGB) – Abweichen des Vertragsentwurfs von den Vergabeunterlagen und dem „Angebot“ der Bieter – Frage der „Geringfügigkeit“ der Änderungen irrelevant“ „Dass der Kläger die Abweichungen in den vom Senat beispielhaft aufgeführten Regelungen als geringfügig ansieht, ändert nichts an der Beurteilung. Soweit die Annahmeerklärung eine inhaltliche Änderung darstellt, ist deren Art und Ausmaß unerheblich ....“ – im Übrigen auch keine „geringfügigen“ Änderungen – ferner nicht nur „unverbindliche Äußerung von Änderungswünsche“ und davon unabhängiger Vertragsschluss (kein Ausnahmefall) – keine unveränderte Annahme durch Aufforderung zum Arbeitsbeginn zum 1.4.2015 – andere Fälle in BGH – Urteilen 3. 7. 2020 - VII ZR 144/19 - und vom 6. 9.2012 - VII ZR 193/10 (Zuschlagsverzögerungen) bzw. Urt. v. 11.5.2009 - VII ZR 11/08, Rn. 39 (Beachtung des Nachverhandlungsverbots) -- „Mit dem neuen Angebot des Klägers galt das Angebot der Beklagten (erg. Bieter) gemäß § 150 Abs. 2 BGB als abgelehnt. Daher erlosch es gemäß § 146 BGB, sodass es nicht mehr durch die nachfolgende Erklärung des Klägers, nach interner Abstimmung mit der Rechtsabteilung und der Geschäftsleitung sei eine Unterzeichnung des Vertrages nicht zwingend erforderlich, angenommen werden konnte. .... Es kann dahingestellt bleiben, ob außerdem das Unterbleiben der von dem Kläger verlangten Unterzeichnung des Vertrages in entsprechender Anwendung von § 154 Abs. 2 BGB zu einem Beurkundungsmangel geführt hätte ...Schließlich ändert es auch nichts an der Beurteilung, dass die Beklagte - nach der von dem Kläger erklärten Kündigung - mit Schreiben vom 24. August 2018 zwischenzeitlich die unzutreffende Rechtsansicht vertrat, es sei mit dem Zuschlag ein Vertrag zustande gekommen.“
- Bundeswehr - Burgi, Martin, Nischwitz, Malin, Zimmermann, Patrick, Zehn Thesen für ein ambitionierteres Sofortprogramm – Klima-Infrastruktur und Bundeswehr , NVWZ 2022, 1321
- Bus - Homann, Oliver/Büdenbender, Martin, Die Beschaffung von Bussen mit innovativen Antrieben , Der Nahverkehr 2021, 46
- Carsharing - EuGH, Urt. v. 27.10.2022 - C‑68 - 21 und C‑84 – 21 - Iveco Orecchia - Rahmenvertrag über die Lieferung „von Iveco-Originalersatzteilen oder gleichwertigen Ersatzteilen für Omnibusse“ – amtliche Leitsatz: Art. 10 Abs. 2, Art. 19 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.09.2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) sind dahin auszulegen, dass sie es einem öffentlichen Auftraggeber verwehren, im Rahmen einer Ausschreibung für die Lieferung von Ersatzteilen für Omnibusse, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, ein Angebot zu akzeptieren, mit dem Bauteile angeboten werden, die unter einen Bauteiltyp fallen, auf den sich die in Anhang IV der Richtlinie 2007/46 aufgeführten Rechtsakte beziehen, ohne dass eine Bescheinigung beigefügt ist, die die Genehmigung dieses Bauteiltyps belegt, und ohne dass Informationen über das tatsächliche Bestehen einer solchen Genehmigung erteilt werden, sofern diese Rechtsakte eine solche Genehmigung vorsehen. 2. Die Art. 60 und 62 der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG sind dahin auszulegen, dass sie es in Anbetracht der Definition des Begriffs „Hersteller“ in Art. 3 Nr. 27 der Richtlinie 2007/46 einem öffentlichen Auftraggeber verwehren, im Rahmen einer Ausschreibung für die Lieferung von Ersatzteilen für Omnibusse, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, als Nachweis der Gleichwertigkeit von Bauteilen, die unter die in Anhang IV der Richtlinie 2007/46 aufgeführten Rechtsakte fallen und vom Bieter angeboten werden, eine von diesem Bieter abgegebene Erklärung der Gleichwertigkeit zu akzeptieren, wenn dieser Bieter nicht als Hersteller dieser Bauteile angesehen werden kann.
- Charta der Grundrechte - EuGH, Urt. v. 14.7.2022, C - 274 - 21 und C - 275 – 21 - EPIC - Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (COVID-19) in Österreich – Einstweilige Verfügung wie im Zivilrecht – Gebühren - amtlicher Leitsatz: Rahmenvereinbarung 2. Höchstmenge. 3. Der Äquivalenzgrundsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsanträge in Vergabeverfahren Verfahrensvorschriften vorsieht, die sich von denjenigen unterscheiden, die u. a. für Zivilverfahren gelten. 4. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es dem Rechtsuchenden obliegt, in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder in seinem Nachprüfungsantrag das betreffende Vergabeverfahren und die von ihm beanstandete gesondert anfechtbare Entscheidung zu benennen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung noch nicht veröffentlicht worden ist. 5. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, - dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers verhindert werden sollen, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung im Zusammenhang mit diesem Verfahren noch nicht veröffentlicht worden ist; - dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Nachprüfungsantrag, der auf die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers gerichtet ist, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss. 6. Art. 47 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Rechtsuchende, der einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, so dass der Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, der öffentliche Auftraggeber erlassen hat.“
- China - Si, Tongle, Opportunities and Challenges for Foreign Undertakings in China’s PPPs Market , EPPPL 2022, 33
- cic- Graevenitz, Albrecht von/Rabus, Jennifer, Ein frischer Blick auf die Anwendung der c.i.c. im Unterschwellenbereich ,VergabeR 2022, 595
- Cloud - Rath, Michael , Keller, Lutz, US Cloud-Anbieter, der „Risikofaktor US CLOUD Act“, das Vergaberecht und die Nachfrage nach sicheren Sovereign Clouds , CR 2022, 682
- Cloud – US - Bergt, Matthias, Datenschutzrechtliche Anforderungen an den Einsatz von USCloud- Anbietern - nicht nur in Vergabeverfahren, CR 2022, 629
- Corona - Hattig, Oliver/ Oest, Tobias, Corona = gestörte Geschäftsgrundlage?, (Vergabe Navigator 2022, 10
- Datenchutz - Bergt, Matthias, Datenschutzrechtliche Anforderungen an den Einsatz von USCloud- Anbietern - nicht nur in Vergabeverfahren, CR 2022, 629
- Datenschutz - Rath, Michael , Keller, Lutz, US Cloud-Anbieter, der „Risikofaktor US CLOUD Act“, das Vergaberecht und die Nachfrage nach sicheren Sovereign Clouds , CR 2022, 682
- Datenschutz – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Datenschutz - Schippel, Robert, Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten bei der vergaberechtlichen Eignungsprüfung, ITRB 2021, 164
- Defacto-Vergabe - Noch, Rainer, Vergabe ohne Wettbewerb ,Vergabe Navigator 2021, 30
· De-facto-Vergabe – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Delegation - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.2022 - 11 Verg 8 – 21 – private Vermittlung von Abschleppaufträgen auf der Grundlage eines Vermittlungsregisters im „Reih-um-Verfahren – §§ 97 I, 165, 168 GWB; §§ 6, 63 VgV - unzulässige vollständige Weitergabe der einzelnen Abschleppaufträge durch „Vermittlungszentrale“ ohne Zulassungsprüfung durch den öffentliche Auftraggeber selbst – kein „Open House - Modell“ - amtliche Leitsätze: Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss. 2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden
- Deutsche Rentenversicherung - Baudis, Ricarda, Zur Frage der Anwendung des Kartellvergaberechts bei der
Beschaffung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Deutsche Rentenversicherung, VergabeR 2022, 1 - Dienstleistung - Weng, Nils-Alexander, Unterauftragnehmer, Nach- und Subunternehmer – Was gilt es, bei ihrem Einsatz zu beachten?, VergabeFokus 2022, 19
- Dienstleistungen - Schäffer, Rebecca, Die Vergabe sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen, VergabeFokus 2022, 1
· Dienstleistungskonzession – s. Konzession
- Digitalisierung – Konzept - OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Digitalisierung – OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Digitalisierung – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Direktvergabe – EuGH, Urt. v. 13.10.2022, C - 437 – 21 - Direktvergabe des Schnellfährdienstes für den Personenverkehr – amtlicher Leitsatz: Die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage), insbesondere ihr Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1, ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Gleichstellung von Fährdiensten mit Eisenbahnverkehrsdiensten zum Gegenstand hat, wenn diese Gleichstellung zur Folge hat, dass die betreffende Dienstleistung von der Anwendung der Regelung über die Vergabe öffentlicher Aufträge, die für sie gilt, ausgenommen wird.
- Divergenzvorlage - OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- Dokumentation – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Dokumentationsmängel - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung - Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – kein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen – nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln (keine Anhaltspunkte für Manipulation etc.) – keine Unauskömmlichkeit des Preises
- Dokumentationsmangel - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- Dringlichkeit - Butzert, Clemens, Dringlichkeitsvergabe nur in engen Grenzen , NZBau 2021, 720
- Dringlichkeit – fehlende – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Dringlichkeit - KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg – 22 – Corona-Testzentren – Interimsvergabe (Direktvergabe) – Verstoß durch Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb infolge fehlender Dringlichkeit nach § 14 IV Nr. 3 VgV – Umstände vom Auftraggeber zu vertreten – im vorliegenden Fall zwar Daseinsvorsorge, aber dennoch kein Eingreifen des Ausnahmetatbestandes - Erledigung des auf Unwirksamkeit nach § 135 I GWB gerichteten Nachprüfungsverfahrens – Zulässigkeit und Begründetheit der Feststellung der Rechtsverletzung durch Vertragsschluss nach §§ 168 II S. 2, 178 S. 3 GWB – unstatthafter Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit vorläufiger Maßnahmen der Vergabekammer
- Dringlichkeit - OLG Bremen, Beschl. v. 01.04.2022 - 2 Verg 1- 21 - Antigen-Schnelltests für Schulen - zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie – besondere Dringlichkeit (bejaht) - Aufforderung von insgesamt 9 verschiedene Unternehmen ohne vorherige Ausschreibung und Durchführung eines Teilnehmerwettbewerbs zur Abgabe von Angeboten - Zulässigkeit – Unbegründetheit (nicht ausreichende Information nach § 135 I GWB – fehlende Eigenschaft eines Produkts – aber Wegfall des Interesses an der Feststellung der Unwirksamkeit infolge vollständiger Bedarfsdeckung und Wegfall einer weiteren Vergabe – Entwicklung neuer Schnelltests als Dringlichkeitsgrund – keine Verzögerung der Beschaffung – keine Pflicht zur Beschaffung des Höchstbedarfes – berechtigte Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch öffentlichen Auftraggeber
· Dringlichkeit – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Druckleistungen - Schäffer, Rebecca, Die Vergabe von Druck- und Verlagsleistungen, VergabeFokus 2022, 2
· EEE – s. Einheitliche Europäische Eigenerklärung -
- Eigenerledigung - Eisentraut, Nikolas, Der Grundsatz der Ausschreibungsfreiheit der Eigenerledigung, EuZW 2022, 981
- Eignung - EuGH, Urt. v. 10.11.2022 - C‑486 - 21 - Konzession für die Einrichtung und Verwaltung einer Dienstleistung Carsharing - des Vermietens und der gemeinschaftlichen Nutzung (Carsharing) von Elektrofahrzeugen – amtlicher Leitsatz: „Dienstleistungskonzession“ 2. Schwellenwert 3. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 .. ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber als Eignungskriterium und für die qualitative Bewertung der Bewerber verlangen kann, dass die Wirtschaftsteilnehmer im Handels- oder Berufsregister eingetragen sind, sofern ein Wirtschaftsteilnehmer seine Eintragung im entsprechenden Register in dem Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, vorweisen darf. 4. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 ... über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der von den Wirtschaftsteilnehmern verlangt, im Handels- oder Berufsregister eines Mitgliedstaats der Union eingetragen zu sein, nicht auf das aus CPV-Codes bestehende Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge verweist, sondern auf die Klassifikation NACE Rev. 2, wie sie durch die Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik eingeführt wurde.
- Eignung – EEE - EuGH, Urt. v. 10.11.2022, C - 631 – 21 - Taxi Horn Tours - Busbeförderung- Europäische Eigenerklärung - amtlicher Leitsatz: Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU ... in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 und Art. 63 dieser Richtlinie sowie Anhang 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 der Kommission vom 05.01.2016 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung ist dahin auszulegen, dass ein Gemeinschaftsunternehmen, das – ohne eine juristische Person zu sein – die Form einer Gesellschaft hat, die dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats unterliegt, in dessen Handelsregister eingetragen ist, sowohl vorübergehender als auch dauerhafter Natur sein kann und deren Gesellschafter auf dem gleichen Markt tätig sind wie das Unternehmen und gesamtschuldnerisch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vom Unternehmen eingegangenen Verpflichtungen haften, dem öffentlichen Auftraggeber ausschließlich seine eigene Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) vorlegen muss, wenn es in eigenem Namen an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilnehmen oder ein Angebot abgeben möchte und den Nachweis erbringt, dass es den in Rede stehenden Auftrag ausschließlich mit eigenem Personal und Material ausführen kann. Meint das Gemeinschaftsunternehmen hingegen, für die Ausführung eines öffentlichen Auftrags auf die Mittel bestimmter Gesellschafter zurückgreifen zu müssen, ist dies als eine Inanspruchnahme der Kapazitäten anderer Unternehmen gemäß Art. 63 der Richtlinie 2014/24 zu betrachten, und das Unternehmen muss dann nicht nur seine eigene EEE, sondern auch eine EEE für jeden Gesellschafter vorlegen, dessen Kapazitäten es in Anspruch nehmen möchte.
- Eignung - EuGH, Urt. v. 28.4.2022 - C - 642 – 20 - ATICaruter - Sammlung und Abtransport von Abfällen – unzulässiges Verlangen der „mehrheitliche Erfüllung“ der Eignung etc durch „Bevollmächtigten“ der Bietergemeinschaft - Zuschlag für Los 2 19 087 724,73 Euro (elf Gemeinden) an Bietergemeinschaft ((„vorübergehender Zusammenschluss“) mit unzulässiger Anforderung der „mehrheitlichen“ Erfüllung der Leistungen durch den Bevollmächtigten des Zusammenschlusses– zweitplatzierte Bietergemeinschaft („vorübergehender Zusammenschluss“: ATI Caruter – Voraussetzungen des „beschleunigten Verfahrens“ vor dem EuGH (ausführlich zur „Dringlichkeit“ etc.) – Verstoß gegen Art. 63 RL 2014/24/EU durch die Vorgabe im italienischen Recht: „Die Bevollmächtigte der Bietergemeinschaft muss auf jeden Fall mehrheitlich die Kriterien erfüllen und die Leistungen erbringen.“ – Leitsatz: Art. 63 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das bevollmächtigte Unternehmen einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern, die an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt ist, mehrheitlich die in der Vergabebekanntmachung vorgesehenen Kriterien erfüllen und die Leistungen dieses Auftrags erbringen muss.“
- Eignung - Freiberg, Tobias / Vogt, Victor, Entscheidungsspielraum und Grenzen bei Festlegung von Eignungskriterien, NZBau 2022, 642
- Eignung - Hattig, Oliver/Oest, Tobias, Mindestumsätze und Arbeitsgemeinschaften , NZBau 2022, 393
- Eignung - Kullack, Andrea, Überprüfung der Eignung der Bieter anhand von Referenzen und Erfahrungen , ZfBR 2022, 649
- Eignung - Noch, Rainer, Die Eignung des Start-up, Vergabe Navigator 2022, 26
- Eignung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.06.2022 - Verg 19-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – Präqualifikation . Bieternachweise – Referenzen – Entscheidungstext liegt noch nicht vor- VK Bund, Beschl. v. 6.4.2022 - VK 2 – 26-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – rechtswidriger Ausschluss – Wiederholung der Wertung – ausreichend Präqualifikationsnachweis bei nicht geforderten Referenzen – amtliche Leitsätze: 1. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem dient der Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändert nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist. 2. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise müssen für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise, die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken. 3. Fordert der öffentliche Auftraggeber die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur der Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Leistungen hinterlegt sind. Die Eintragung ersetzt insoweit lediglich die Eintragung in der Eigenerklärung Eignung.
- Eignung – OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Eignung - Püstow, Moritz: Der „Faktor Mensch“ als Wertungskriterium, VergabeR 2a/2022, 311
- Eignung - Schippel, Robert, Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten bei der vergaberechtlichen Eignungsprüfung, ITRB 2021, 164
- Eignung - Theis, Christopher, Vergaberechtswidrigkeit überzogener Eignungskriterien?, NZBau 2022, 143
- Eignung - VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - § 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- Eignungskriterien – OLG Celle, Beschl. v. 07.2022 - 13 Verg 4 – 22 – Fahrkartenautomaten - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Lieferung, Installation und Wartung – Bejahung der Eignung der Antragstellerin, der Beigeladenen und weiterer Teilnehmer – nach erster Verhandlungsrunde erneute Angebotsaufforderung mit Bewertung des Angebots der Antragstellerin als wirtschaftlichstes Angebot - bei Bewertung der Lastenhefte allerdings nur auf dritten Platz - fachliche Gesamtauswertung zweiter Platz – Mitteilung der Vergabeabsicht an Antragstellerin – Information über Gesamtkennzahlen, die von der Beigeladenen erreichten Punktzahlen für die fachliche Gesamtauswertung, deren ca. 1/5 höherer Angebotspreis als der Preis der Antragstellerin und der Angabe der „Kapitel“, in denen die Beigeladene nicht die maximale Punktzahl erhielt – Zurückversetzung und erneute Aufforderung zur Angebotsabgabe mit bisherigem Zuschlagskriterium: „Wirtschaftlichstes Angebot: Berechnungsmethode: Freie Verhältniswahl Preis/Leistung - Gewichtung: 40 % : 60 %“ ohne Mitteilung der Formel zur Preisbewertung in den Vergabeunterlagen (vgl. Software „Deutsche eVergabe“- „Leitfaden Bewertungskriterien“ mit Aufführung und Erläuterung der Bewertungsmethoden und Beispiel für hyperbolische Preisbewertungsformel (P-Wert = günstigster Preis / zu wertender Preis x 100) – „neues Wertungsergebnis“: wirtschaftlichstes Angebot“: Beigeladene, Antragstellerin nur preislich günstigeres Angebot – Rügen der Antragstellerin u.a.: Eignungskriterien nicht in Auftragsbekanntmachung, sondern zu spät in den Vergabeunterlagen – Fehlen der Höchstmenge bzw. –wert, Verstoß gegen Geheimwettbewerb durch Informationen an die Mitbieter, fehlende Festlegung der Angebotswertung in Vergabeunterlagen, fehlerhafte und intransparente Wertung der Konzepte und Lastenhefte – fehlende Festlegung/Bekanntmachung der Preisbewertungsmethode – Beschwerdebefugnis der beschwerten Beigeladenen durch die Zurückversetzung - OLG Celle: Unzulässigkeit hinsichtlich der Rüge der fehlenden Bekanntgabe der Bewertungsformel (keine plausible und schlüssige Darstellung der Fehlvorstellung durch Nichtbekanntgabe der Umrechnungsformel und Erhöhung der Zuschlagschancen bei Kenntnis der Formel Zuschlagschancen – fehlende Schadensdarlegung) – Bekanntgabe auch nicht erforderlich, erforderlich nur Festlegung vor Öffnung der Angebote (hier gegeben) - „„Die verwendete Formel ist eine durchaus gängige und anerkannte Methode (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17, Rn. 32). Es würde die Anforderungen an die Ermessensausübung des Auftraggebers überspannen, wenn man von ihm verlangen würde, vor der Verwendung einer anerkannten Preisbewertungsformel die jeweiligen (mathematischen) Vor- und Nachteile gegenüber anderen Möglichkeiten der Preisbewertung explizit abzuwägen.“ – Anschlussbeschwerde statthaft , aber unbegründet – Rüge des fehlenden Informationsausgleiches präkludiert infolge Kenntnis vom gerügten Vergaberechtsverstoß – keine Antragsbefugnis wegen fehlender Bekanntmachung der Eignungskriterien, da Bejahung der Eignung – keine Beeinträchtigung der Zuschlagschancen durch fehlende Bekanntgabe der Höchstmenge etc. (Servicevertrag enthält „nur am Rande rahmenvertragliche Elemente“) – Relevanz von Dokumentationsfehlern etc. nur bei Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Bieters (verneint – auch nicht substantiiert) – keine Intransparenz der qualitativen Zuschlagskriterien und Bewertungsmethodik (ausführlich)
- Eignungsleihe - EuGH, Urt. v. 10.11.2022, C - 631 – 21 - Taxi Horn Tours - Busbeförderung- Europäische Eigenerklärung - amtlicher Leitsatz: Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU ... in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 und Art. 63 dieser Richtlinie sowie Anhang 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 der Kommission vom 05.01.2016 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung ist dahin auszulegen, dass ein Gemeinschaftsunternehmen, das – ohne eine juristische Person zu sein – die Form einer Gesellschaft hat, die dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats unterliegt, in dessen Handelsregister eingetragen ist, sowohl vorübergehender als auch dauerhafter Natur sein kann und deren Gesellschafter auf dem gleichen Markt tätig sind wie das Unternehmen und gesamtschuldnerisch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vom Unternehmen eingegangenen Verpflichtungen haften, dem öffentlichen Auftraggeber ausschließlich seine eigene Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) vorlegen muss, wenn es in eigenem Namen an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilnehmen oder ein Angebot abgeben möchte und den Nachweis erbringt, dass es den in Rede stehenden Auftrag ausschließlich mit eigenem Personal und Material ausführen kann. Meint das Gemeinschaftsunternehmen hingegen, für die Ausführung eines öffentlichen Auftrags auf die Mittel bestimmter Gesellschafter zurückgreifen zu müssen, ist dies als eine Inanspruchnahme der Kapazitäten anderer Unternehmen gemäß Art. 63 der Richtlinie 2014/24 zu betrachten, und das Unternehmen muss dann nicht nur seine eigene EEE, sondern auch eine EEE für jeden Gesellschafter vorlegen, dessen Kapazitäten es in Anspruch nehmen möchte.
- Eignungsleihe – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.04.2022 - Verg 25 – 21 - Telemedizinisches Versorgungsprogramm – Antragsbefugnis eines drittplatzierten Bewerbers für Antrag auf Ausschluss des Erstplatzierten (nur nach Überprüfung des Zuschlags an den Zweitplatzierten) - Präklusion der Rüge ungeeignete Konzeption zur Bestimmung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses (Erkennbarkeit) – rechtmäßige Einreichung der Verpflichtungserklärung des Eignungsleihgebers erst mit Angebot und nicht bereits mit Teilnahmeantrag – ausreichende Referenzen – zutreffende Bewertungspunktzahl auch hinsichtlich der persönlichen Präsentation: „Die zeitliche Staffelung der Präsentationen ist als systemimmanent hinzunehmen. Um vor dem Hintergrund der unvermeidbaren subjektiven Komponente jeder Bewertung eine Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten, muss die Beurteilung aller Angebote durch dasselbe Mitarbeiterteam erfolgen, was eine Gleichzeitigkeit der Präsentationen zwangsläufig ausschließt. Dabei erscheint auch eine Ansetzung für verschiedene Tage sachgerecht, um der bei mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden Präsentationen möglicherweise nachlassenden Aufmerksamkeit entgegenzuwirken.“ – keine Einsicht in Bewertungen der Angebot der Beigeladenen (berechtigte Geheinhaltungsinteressen)
- Eignungsleihe – ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- Eilverfahren – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Einheitliche Europäische Eigenerklärung - EuGH, Urt. v. 10.11.2022, C - 631 – 21 - Taxi Horn Tours - Busbeförderung- Europäische Eigenerklärung - amtlicher Leitsatz: Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU ... in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 und Art. 63 dieser Richtlinie sowie Anhang 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 der Kommission vom 05.01.2016 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung ist dahin auszulegen, dass ein Gemeinschaftsunternehmen, das – ohne eine juristische Person zu sein – die Form einer Gesellschaft hat, die dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats unterliegt, in dessen Handelsregister eingetragen ist, sowohl vorübergehender als auch dauerhafter Natur sein kann und deren Gesellschafter auf dem gleichen Markt tätig sind wie das Unternehmen und gesamtschuldnerisch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vom Unternehmen eingegangenen Verpflichtungen haften, dem öffentlichen Auftraggeber ausschließlich seine eigene Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) vorlegen muss, wenn es in eigenem Namen an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilnehmen oder ein Angebot abgeben möchte und den Nachweis erbringt, dass es den in Rede stehenden Auftrag ausschließlich mit eigenem Personal und Material ausführen kann. Meint das Gemeinschaftsunternehmen hingegen, für die Ausführung eines öffentlichen Auftrags auf die Mittel bestimmter Gesellschafter zurückgreifen zu müssen, ist dies als eine Inanspruchnahme der Kapazitäten anderer Unternehmen gemäß Art. 63 der Richtlinie 2014/24 zu betrachten, und das Unternehmen muss dann nicht nur seine eigene EEE, sondern auch eine EEE für jeden Gesellschafter vorlegen, dessen Kapazitäten es in Anspruch nehmen möchte.
- Einstweilige Verfügung - EuGH, Urt. v. 14.7.2022, C - 274 - 21 und C - 275 – 21 - EPIC - Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (COVID-19) in Österreich – Einstweilige Verfügung wie im Zivilrecht – Gebühren - amtlicher Leitsatz: Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG ... in der durch die Richtlinie 2014/23/EU ... geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer gemäß Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU ... in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung genannten Vertrags entspricht. 2. Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber für die Vergabe eines neuen Auftrags nicht mehr auf eine Rahmenvereinbarung, bei der die darin festgelegte Höchstmenge und/oder der darin festgelegte Höchstwert der betreffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen bereits erreicht worden ist bzw. sind, stützen kann, es sei denn, die Vergabe dieses Auftrags führt zu keiner wesentlichen Änderung der Rahmenvereinbarung im Sinne von Art. 72 Abs. 1 Buchst. e dieser Richtlinie. 3. Der Äquivalenzgrundsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsanträge in Vergabeverfahren Verfahrensvorschriften vorsieht, die sich von denjenigen unterscheiden, die u. a. für Zivilverfahren gelten. 4. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es dem Rechtsuchenden obliegt, in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder in seinem Nachprüfungsantrag das betreffende Vergabeverfahren und die von ihm beanstandete gesondert anfechtbare Entscheidung zu benennen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung noch nicht veröffentlicht worden ist. 5. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, - dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers verhindert werden sollen, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung im Zusammenhang mit diesem Verfahren noch nicht veröffentlicht worden ist; - dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Nachprüfungsantrag, der auf die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers gerichtet ist, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss. 6. Art. 47 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Rechtsuchende, der einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, so dass der Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, der öffentliche Auftraggeber erlassen hat.“
- Einstweiliger Rechtsschutz - Hau, Wolfgang, Einstweiliger Rechtsschutz gegen öffentliche Auftraggeber: Einordnung als Zivilsache, Koordination paralleler Verfahren und mitgliedstaatliche Verfahrensautonomie , IPRax 2022, 232
- Einzelauftragsvergabe – Rahmenvertrag - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2022 - Verg 5 – 22 - Rahmenvertrag – mehrere Unternehmen zur Lieferung von Startbahnkehrmaschinen - Einzelauftragsvergabe über 62 Startbahnkehrmaschinen – Kostenentscheidung der Vergabekammer (90 % zu 10 %) unzutreffend, da vollständiges Unterliegen der Antragsgegnerin und Beigeladenen (Untersagung des Einzelzuschlags als vollständiges Unterliegen) – 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB - Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner – „.. entscheidend materielle Betrachtung der verfolgten Ziele und des Verfahrensausgangs .... Im Vergabenachprüfungsverfahren haben die Anträge anders als im Zivilprozess keine den Streitgegenstand vergleichbar umgrenzende Funktion, weil die Vergabekammer nach § 168 Abs. 1 S. 2 GWB an die Anträge nicht gebunden ist .... Doch auch unter Zugrundelegung einer materiellen oder wirtschaftlichen Betrachtung der Verfahrensziele, hat die Antragstellerin vorliegend ihr Verfahrensziel vor der Vergabekammer vollumfänglich erreicht, indem ... die Zuschlagserteilung an die Beigeladene untersagt und aufgegeben worden ist, das Angebot der Antragstellerin ... zu berücksichtigen. Das war das erklärte Verfahrensziel der Antragstellerin ... Auf die Frage, ob die Antragstellerin mit allen ihren Rügen durchgedrungen ist, oder nur eine einzelne Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat, kommt es für die Frage des Obsiegens und Unterliegens nicht an. Sie hat mit ihrem Begehren obsiegt, wenn nur eine Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat (BGH, Beschl. v. 26.09.2006 – X ZB 14/06, Rn 57 ...; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 58 ...). Weitere Verfahrensziele hat die Antragstellerin nicht verfolgt.“ - „Solche ergeben sich auch nicht aus dem Nachprüfungsantrag zu Ziff. 1., mit dem sie beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Verfahren vergaberechtlich fortzuführen. Die Antragstellerin hat weder die Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Angebotsabgabe verlangt, noch hat sie beantragt, die Beigeladene von der Angebotswertung auszuschließen. Ihre Rügen bezogen sich allesamt auf die Angebotswertung. Damit bedeutet die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, welches eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben (vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 60 ...).
- Elektromobilität - Knauff, Matthias/ Pfeifer, Friederike, Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität, JM 2021, 456
- Elektronmische Form - Funke, Marcus/Quarch, Benedikt, Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form, NJW 2022, 569
- E-Mail – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Energiekonzession - Hofmann, Heiko/Güldenstein, Lena, Kontrahierungszwang und Trennungsgebot in Energiekonzessionsverfahren , NZBau 2022, 454
- Entlassungsmanagement – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Entscheidungsspielraum - Freiberg, Tobias / Vogt, Victor, Entscheidungsspielraum und Grenzen bei Festlegung von Eignungskriterien, NZBau 2022, 642
- ENWG - Jäger, Johannes, Rückkehr des „bösen Scheins“ ,NZBau 2022, 515
- e-Plattform – Übermittlungsrisiko - Noch, Rainer, Auf die Plattform kommt es an, Vergabe Navigator 2022, 30 – auch zu VK Saarland , Beschl. v. 03.2021 – 1 VK 6/20
- Erfolgsaussicht - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung - Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – „Unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen überwiegen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die mit einer weiteren Verzögerung verbundenen Vorteile. Dies gilt namentlich bei Berücksichtigung des Interesses der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Antragsgegners entsprechend § 173 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GWB sowie der in § 173 Abs. 2 Satz 4 GWB genannten Gesichtspunkte, darunter insbesondere der Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde. ... Das auf Aufhebung und Korrektur des Vergabeverfahrens gerichtete primäre Beschwerdeziel der Antragstellerin bleibt aller Voraussicht nach erfolglos.“ – Bejahung der Zulässigkeit – Unbegründetheit: keine widersprüchlichen oder missverständlichen Vorgaben - eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung (Verpflegung) – strittige Äußerungen bei Ortsbesichtigung durch Mitarbeiter des Auftraggebers: „Die Vergabestelle hat die Antragstellerin vorab eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Ortstermin rein der Besichtigung dient, Fragen weder erörtert noch beantwortet werden und ein Bieter ausschließlich über die Vergabeplattform verbindliche Informationen zum Vergabeverfahren erhalten kann. Die Antragstellerin konnte damit Erklärungen vor Ort keine Relevanz für das Vergabeverfahren, insbesondere für das Verständnis der Vergabeunterlagen, beimessen.“ – kein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen – Auftraggeber durfte auf Angaben der Beigeladenen vertrauen – „Die von der Antragstellerin geschilderten Beobachtungen ihres Detektivs rechtfertigen keine ernsthaften Zweifel an dem Leistungsversprechen der Beigeladenen und geben auch keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung.“ – nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln (keine Anhaltspunkte für Manipulation etc.) – keine Unauskömmlichkeit des Preises
- Erfolgsaussicht – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Erfolgsaussicht – OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Erfolgsaussicht – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Erfolgsaussichten – OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Erinnerung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 26.09.2022 - 11 Verg 2 – 21 – Kostenentscheidung des Rechtspflegers – Erinnerung – amtlicher Leitsatz: Hat der Beschwerdesenat des Oberlandesgerichts die Entscheidung der Vergabekammer über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Zuge der Senatsentscheidung geprüft, liegt eine die gerichtliche Kostenfestsetzung durch das Oberlandesgericht tragende Kostengrundentscheidung im Rahmen eines vollstreckbaren Titels gem. § 103 Abs 1 ZPO auch dann vor, wenn die sofortige Beschwerde diesbezüglich zurückgewiesen worden ist und daher der Tenor der Beschwerdeentscheidung die Entscheidung über Kosten und Aufwendungen des Verfahrens vor der Vergabekammer nicht wiedergibt; zu einer solchen Prüfung besteht bei einer in der Sache zu bescheidenden sofortigen Beschwerde stets Anlass (Anschluss an OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.02.2015 - 2 Verg 2/14, juris, Rn 17). 2. In diesen Fällen ist das Oberlandesgericht im Kostenfestsetzungsverfahren zur Entscheidung über die festsetzbaren Aufwendungen des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (entgegen OLG München, Beschluss vom 30.12.2011 - Verg 9/11, juris). – vgl. hierzu OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25.11.2021, 11 Verg 2 / 21 – Brandsimulationsanlage –(Nachforderung - Ermessensentscheidung bei nur noch eines Bewerbers – Rüge)
- Erkennbar - OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Erkennbar – VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - § 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- Erkennbarkeit – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Erkennbarkeit - OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- ·Erledigung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Erledigung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 31.10.2022 - 11 Verg - / 21 – Kostenentscheidung nach Erledigung - §§ 106, 162, 182 GWB – amtlicher Leitsatz: Über die Kosten (Gebühren und Auslagen) vor der Vergabekammer ist analog § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB auch dann nach billigem Ermessen zu entscheiden, wenn die Erledigung des Nachprüfungsantrags erst während des Beschwerdeverfahrens eintritt. 2. § 182 Abs. 3 Satz 4, Satz 6 GWB finden auf eine Erledigung erst während des Beschwerdeverfahrens keine Anwendung. 3. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen (Festhaltung an Senat, Beschluss vom 07.06.2022 – 11 Verg 12/21). 4. Die Grundsätze über die Behandlung doppelrelevanter Tatsachen gelten auch im Vergabenachprüfungsverfahren. Begehrt der Antragsteller die Verpflichtung zur Durchführung eines GWB-Vergabeverfahrens mit dem Vorbringen, es liege ein schwellenwerterreichender Auftrag oder eine schwellenwerterreichende Konzession vor, ist dies bei der Zulässigkeitsprüfung allein aufgrund der Rechtsansicht des Antragstellers zu unterstellen.
- Erledigung – OLG Schleswig, Beschl. v. 15.07.2022 - 54 Verg 12 – 21 - Kostenentscheidung nach Erledigung - Sicherheitsdienstleistung (Objekt- und Personenschutz) – Kostenentscheidung nach Erledigung – summarische Prüfung – Abstellung auf den mutmaßlichen Ausgang – Unterliegen in der Hauptsache –dann auch volle Kostenbelastung trotz zunächst erfolgreichem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Aufhebung und nicht aktive Beteiligung einer Beigeladenen an Beschwerde: Beigeladene trägt außergerichtliche Kosten selbst – Streitwert bei Option nur mit 25 % des voraussichtlichen Auftragswertes
- Ermessen – Kostenentscheidung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 26.09.2022 - 11 Verg 2 – 21 – Kostenentscheidung des Rechtspflegers – Erinnerung – amtlicher Leitsatz: Hat der Beschwerdesenat des Oberlandesgerichts die Entscheidung der Vergabekammer über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Zuge der Senatsentscheidung geprüft, liegt eine die gerichtliche Kostenfestsetzung durch das Oberlandesgericht tragende Kostengrundentscheidung im Rahmen eines vollstreckbaren Titels gem. § 103 Abs 1 ZPO auch dann vor, wenn die sofortige Beschwerde diesbezüglich zurückgewiesen worden ist und daher der Tenor der Beschwerdeentscheidung die Entscheidung über Kosten und Aufwendungen des Verfahrens vor der Vergabekammer nicht wiedergibt; zu einer solchen Prüfung besteht bei einer in der Sache zu bescheidenden sofortigen Beschwerde stets Anlass (Anschluss an OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.02.2015 - 2 Verg 2/14, juris, Rn 17). 2. In diesen Fällen ist das Oberlandesgericht im Kostenfestsetzungsverfahren zur Entscheidung über die festsetzbaren Aufwendungen des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (entgegen OLG München, Beschluss vom 30.12.2011 - Verg 9/11, juris). – vgl. hierzu OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25.11.2021, 11 Verg 2 / 21 – Brandsimulationsanlage –(Nachforderung - Ermessensentscheidung bei nur noch eines Bewerbers – Rüge)
- Ermessenspielraum - Herrmann, Alexander, Chancen und Risiken von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen für öffentliche Auftraggeber ,NZBau 2022, 443
- Ersatzteile - EuGH, SchlussA v. 5.5.2022, C - 68 / 21 und C - 84 / 21 – Iveco – Ersatzteile für Omnibusse (öffentliche Beförderung) Zulassung gleichwertiger Ersatzteile – Art. 60, 62 RL 2014/25/EU; Art. 10 Abs. 2 , 19 Abs. 1 , Art. 28 Abs. 1 RL 2007/66/EG - Genehmigungspflicht – Vorlage des Genehmigungsbogens, nicht ausreichend eigene Erklärungen des Bieters über Gleichwertigkeit – Leitsatz: Art. 10 Abs. 2, Art. 19 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG ... 7 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge sind dahin auszulegen, dass bei einer Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags über die Lieferung von Ersatzteilen für Omnibusse, die für den öffentlichen Transportdienst bestimmt sind, bei der Angebote über gleichwertige Ersatzteile zugelassen werden, die nach einem der in Anhang IV der genannten Richtlinie aufgeführten Rechtsakte genehmigungspflichtig sind, die Bieter den EG-Genehmigungsbogen beibringen müssen und es für diese Zwecke nicht ausreicht, dass sie lediglich eine Erklärung über die Gleichwertigkeit vorlegen.
- Erwerbszweck – EuGH, Beschl. v. 14.7.2022, C - 436 – 20 – Ausschluss von Einrichtungen mit Erwerbszweck für bestimmte personenbezogene soziale Unterstützungsleistungen im Rahmen einer konzertierten Aktion und gleichzeitig Zulassung von Einrichtungen ohne Erwerbszweck nicht nur Freiwilligenorganisationen zum Erbringen der Dienstleistungen gegen Entgelt transparentes Wettbewerbsverfahren und Gleichstellung der interessierten Wirtschaftsteilnehmer – amtlicher Leitsatz: Die Art. 76 und 77 der Richtlinie 2014/24/EU ... sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die privaten Einrichtungen ohne Erwerbszweck die Möglichkeit vorbehält, im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens Vereinbarungen zu schließen, gemäß denen sie gegen Erstattung ihrer Kosten soziale personenbezogene Unterstützungsleistungen erbringen, und zwar unabhängig vom geschätzten Wert dieser Dienstleistungen und selbst wenn sie nicht die Anforderungen in Art. 77 dieser Richtlinie erfüllen, nicht entgegenstehen, sofern zum einen der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Einrichtungen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt, auf denen diese Regelung beruht, und zum anderen der Transparenzgrundsatz gewahrt ist, wie er insbesondere in Art. 75 der Richtlinie konkretisiert ist. 2. Art. 76 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Ansässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers an dem Ort, an dem die Dienstleistungen zu erbringen sind, im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags über soziale Dienstleistungen im Sinne von Anhang XIV dieser Richtlinie ein Kriterium für die Auswahl der Wirtschaftsteilnehmer vor der Prüfung ihrer Angebote darstellt.
- Europäische Fonds - EuGH, Urt. v. 16.6.2022 - C - 376 – 21 - Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 v. 10. 2012 – Verhandlungsverfahren - Programm „Regionen im Wachstum“ 2014-2020 - Auslegung von Art. 102 und 104 Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 v. 25. Oktober 2012 (Haushaltsordnung) - Verstöße gegen Vergaberecht - Verwendung von zugewiesenen europäischen Mitteln durch Gemeinde – Auflage einer „Finanzkorrektur“ durch Ministerium – Tenor: „1. Art. 160 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan ... sind dahin auszulegen, dass sie auf von öffentlichen Auftraggebern der Mitgliedstaaten durchgeführte Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge selbst dann keine Anwendung finden, wenn diese Aufträge aus Mitteln der europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert werden. 2. Art. 32 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung an einen einzigen Wirtschaftsteilnehmer wenden darf, wenn dieses Verfahren die ursprünglichen Auftragsbedingungen, die in einem zuvor eingeleiteten Verfahren genannt waren, das eingestellt worden ist, weil das einzige abgegebene Angebot ungeeignet war, ohne grundlegende Änderungen übernimmt, auch wenn der Gegenstand des fraglichen Auftrags objektiv keine Besonderheiten aufweist, die es rechtfertigen, seine Ausführung nur diesem Wirtschaftsteilnehmer anzuvertrauen.“
- Europäische Fonds – EuGH, Urt. v. 31.3.2022, C - 195 – 21 – LB - Bauauftrag unter Schwellenwert - Zuschuss etwa 331 000 Euro - für Finanzierung zur Stabilisierung (Erdrutsch) - 58 I, IV RL 2014/24/EU – amtlicher Tenor: 1. Art. 58 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Auswahlkriterien zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer strengere Anforderungen als die insoweit von den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Mindestanforderungen aufstellen darf, soweit mit den Anforderungen sichergestellt werden kann, dass ein Bewerber oder ein Bieter über die für die Ausführung des zu vergebenden Auftrags erforderliche technische und berufliche Eignung verfügt, und die Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. 2. Art. 8 Abs. 3 der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ... dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einer unterschiedlichen Beurteilung derselben Tatsachen durch die zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union berufenen nationalen Behörden nicht entgegensteht.“ - Geltung der in Bulgarien umgesetzten Richtlinie 2014/24 unabhängig vom Wert der Aufträge für alle bezuschussten Aufträge aus Europäischen Fonds – zulässige zweckmäßige Mindestanforderungen mit Bezug auf Befähigung zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. die technische und berufliche Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung der rechtlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die technischen und beruflichen Fähigkeiten zur Ausführung des zu vergebenden Auftrags: „Alle Anforderungen müssen zudem mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.“ – Beachtung von Gleichbehandlung, Transparenz, Verhältnismäßigkeit – zulässige Festlegung der Auswahlkriterien über das von den nationalen Rechtsvorschriften hinausgehende Niveau der Mindestanforderungen, „sofern sie durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist, zu diesem verhältnismäßig“ etc. sind (Sache der Prüfung durch vorlegendes Gericht – Auslegung von Art. 4 und 5 der VO Nr. 2988/95: Zulässigkeit unterschiedlicher Folgen für schuldlose, vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes und Geldbuße von 2 % des Vertragswerts und Höchstwert von etwa 5 100 Euro ohne Feststellung der Schwere des Verstoßes und seiner tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Interessen der Union - Auslegung von Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 i. Verb. mit den Erwägungsgründen 43 und 122 der VO Nr. 1303/2013 (sektorbezogene Regelungen keine Relevanz) – zulässige Prüfungen durch Verwaltungsbehörde und weitere Behörde mit unterschiedlichen Zielsetzungen - kein Vertrauensschutz bei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen unabhängiger Prüfungsinstanzen mit unterschiedlichen Zielrichtungen)
- EVB-IT Cloud - Bischof, Elke/Intveen, Michael, Die neuen EVB-IT Cloud aus Anwendersicht,ITRB 2022, 157
- EVB-IT-Cloud- Koch, Moritz, EVB-IT Cloud, Neue Standards und wertvolle Basis für Cloud-Beschaffungen der öffentlichen Hand , MMR 2022 440
- e-Vergabe - Noch, Rainer, Auf die Plattform kommt es an, Vergabe Navigator 2022, 30 – auch zu VK Saarland, Beschl. v. 03.2021 – 1 VK 6/20
- Fahrzeuge - Els, Jörg, Die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen, Vergabe Navigator 2022,
12 - Feuerwehrfahrzeuge - Els, Jörg, Die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen, Vergabe Navigator 2022,
12 - Finanzierung - Noch, Rainer, Angst um die Finanzierung, Vergabe Navigator 2022, 28 – auch zu OLG Rostock, Beschl. v. 01.11.2021 – 17 Verg 8/21
- Finanzierung - Noch, Rainer, Angst um die Finanzierung, Vergabe Navigator 2022, 28 – auch zu OLG Rostock, Beschl. v. 01.11.2021 – 17 Verg 8/21
- Fördermittel - Kreutzer, Mario, IT-Beschaffungen im Schnittfeld zwischen Fördermittel- & Vergaberecht, VergabeR 2a/2022, 338
- Fördermittel - Ünal, Tolga/ Kirch, Thomas, Fördermittel und Vergaberecht ,am Beispiel des KHZG ,Vergabe News 2022, 2
- Fördermittel – VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - § 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- Form - Funke, Marcus/Quarch, Benedikt, Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form, NJW 2022, 569
- Freiberufliche Leistung – Meckler, Markus, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen unterhalb der EU-
Schwellenwerte am Beispiel der Rechtslage in Bayern , NZBau 2021, 768 - Freiwilligenorganisation - EuGH, Beschl. v. 14.7.2022, C - 436 – 20 – Ausschluss von Einrichtungen mit Erwerbszweck für bestimmte personenbezogene soziale Unterstützungsleistungen im Rahmen einer konzertierten Aktion und gleichzeitig Zulassung von Einrichtungen ohne Erwerbszweck nicht nur Freiwilligenorganisationen zum Erbringen der Dienstleistungen gegen Entgelt transparentes Wettbewerbsverfahren und Gleichstellung der interessierten Wirtschaftsteilnehmer – amtlicher Leitsatz: Die Art. 76 und 77 der Richtlinie 2014/24/EU ... sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die privaten Einrichtungen ohne Erwerbszweck die Möglichkeit vorbehält, im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens Vereinbarungen zu schließen, gemäß denen sie gegen Erstattung ihrer Kosten soziale personenbezogene Unterstützungsleistungen erbringen, und zwar unabhängig vom geschätzten Wert dieser Dienstleistungen und selbst wenn sie nicht die Anforderungen in Art. 77 dieser Richtlinie erfüllen, nicht entgegenstehen, sofern zum einen der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Einrichtungen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt, auf denen diese Regelung beruht, und zum anderen der Transparenzgrundsatz gewahrt ist, wie er insbesondere in Art. 75 der Richtlinie konkretisiert ist. 2. Art. 76 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Ansässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers an dem Ort, an dem die Dienstleistungen zu erbringen sind, im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags über soziale Dienstleistungen im Sinne von Anhang XIV dieser Richtlinie ein Kriterium für die Auswahl der Wirtschaftsteilnehmer vor der Prüfung ihrer Angebote darstellt.
- Freiwilligenorganisation – EuGH, Beschl. v. 7.7.2022 - C‑213 - 21 und C‑214 – 21 - Italy Emergenza – Notfallkrankentransportdienste – unzulässig: Vergabe nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber Sozialgenossenschaften mit Ausschüttung von Rückvergütungen an ihre Mitglieder – Beschluss: „Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach Notfallkrankentransportdienste vorrangig durch Vereinbarung nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber an Sozialgenossenschaften vergeben werden dürfen, die an ihre Mitglieder Rückvergütungen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit ausschütten können.
- Frist - Noch, Rainer, Das lange Wochenende ,Vergabe Navigator 2022, 33
- Frist – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Frist – verschuldete - BayObLG, Einstweilige Anordnung vom 13.06.2022 - Verg 4 – 22 – keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Fristversäumnis – Generalplanerleistungen - Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb - Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Rechtsmittelbelehrung in VK-Entscheidung: Beschwerde an BayOLG – Beschwerde stattdessen unzutreffend an OLG München – Weiterleitung durch OLG München an BayObLG – Hinweis des BayObLG auf verfristeten Eingang der Beschwerde – Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – verschuldete Fristversäumung (Mitarbeiter Korrespondenzanwaltsbüro) – „Nach § 175 Abs. 2, 72 Nr. 2 GWB i. V. m. §§ 233 ff. ZPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt allerdings voraus, dass die Fristversäumung unverschuldet ist; die Beteiligten müssen sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 13. August 2004, Verg 017/04, juris Rn. 6; Vavra/Willner in Burgi/Dreher/Opitz, Beck‘scher Vergaberechtskommentar, GWB § 172 Rn. 11).“ – ausführliche Auseinandersetzung mit Anwalts- und Mitarbeiterpflichten
- Fristablauf - BayObLG, Einstweilige Anordnung vom 13.06.2022 - Verg 4 – 22 – keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Fristversäumnis – Generalplanerleistungen - Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb - Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Rechtsmittelbelehrung in VK-Entscheidung: Beschwerde an BayOLG – Beschwerde stattdessen unzutreffend an OLG München – Weiterleitung durch OLG München an BayObLG – Hinweis des BayObLG auf verfristeten Eingang der Beschwerde – Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – verschuldete Fristversäumung (Mitarbeiter Korrespondenzanwaltsbüro) – „Nach § 175 Abs. 2, 72 Nr. 2 GWB i. V. m. §§ 233 ff. ZPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt allerdings voraus, dass die Fristversäumung unverschuldet ist; die Beteiligten müssen sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 13. August 2004, Verg 017/04, juris Rn. 6; Vavra/Willner in Burgi/Dreher/Opitz, Beck‘scher Vergaberechtskommentar, GWB § 172 Rn. 11).“ – ausführliche Auseinandersetzung mit Anwalts- und Mitarbeiterpflichten
- Fristbeginn - EuGH, Urt. v. 24.2.2022, C - 532 – 20 – Alstom – Bauauftrag (Bahnstrecke) – Fristbeginn für Nachprüfungsantrag nicht ab Zugang der Mitteilung über die Zulässigkeit des Angebots eines Mitbieters, „sondern ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der einschlägigen Gründe dieser Entscheidung an den Zuschlagsempfänger, womit sichergestellt wird, dass der Zuschlagsempfänger von etwaigen Verstößen gegen das Unionsrecht durch diese Entscheidung Kenntnis hatte oder haben konnte.“ - Urteilstenor: „Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Abs. 3 sowie Art. 2c der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 ... Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor ... sind dahin auszulegen, dass die Frist, innerhalb deren der Zuschlagsempfänger eines Auftrags einen Antrag auf Nachprüfung einer Entscheidung der Vergabestelle, mit der im Rahmen der Entscheidung über die Vergabe dieses Auftrags das Angebot eines abgelehnten Bieters für zulässig erklärt wurde, stellen kann, in Bezug auf den Zeitpunkt des Eingangs dieser Vergabeentscheidung beim Zuschlagsempfänger berechnet werden kann, auch wenn der Bieter zu diesem Zeitpunkt keinen oder noch keinen Antrag auf Nachprüfung dieser Entscheidung gestellt hatte. Wurde dem Zuschlagsempfänger bei der Mitteilung oder Veröffentlichung dieser Entscheidung eine Zusammenfassung ihrer einschlägigen Gründe – wie die Informationen über die Modalitäten der Bewertung dieses Angebots – nicht gemäß Art. 2c dieser Richtlinie zur Kenntnis gebracht, ist diese Frist hingegen in Bezug auf den Zeitpunkt der Mitteilung einer solchen Zusammenfassung an diesen Zuschlagsempfänger zu berechnen.“
- Funktionale Leistungsbeschreibung – Bolz, Stephan, Wer trägt das Kontaminationsrisiko bei unktionaler Leistungsbeschreibung?, ZfBR 2022, 12
- Gebäudeautomation – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Gebühren - EuGH, Urt. v. 14.7.2022, C - 274 - 21 und C - 275 – 21 - EPIC - Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (COVID-19) in Österreich – Einstweilige Verfügung wie im Zivilrecht – Gebühren - amtlicher Leitsatz: Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG ... in der durch die Richtlinie 2014/23/EU ... geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer gemäß Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU ... in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung genannten Vertrags entspricht. 2. Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber für die Vergabe eines neuen Auftrags nicht mehr auf eine Rahmenvereinbarung, bei der die darin festgelegte Höchstmenge und/oder der darin festgelegte Höchstwert der betreffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen bereits erreicht worden ist bzw. sind, stützen kann, es sei denn, die Vergabe dieses Auftrags führt zu keiner wesentlichen Änderung der Rahmenvereinbarung im Sinne von Art. 72 Abs. 1 Buchst. e dieser Richtlinie. 3. Der Äquivalenzgrundsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsanträge in Vergabeverfahren Verfahrensvorschriften vorsieht, die sich von denjenigen unterscheiden, die u. a. für Zivilverfahren gelten. 4. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es dem Rechtsuchenden obliegt, in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder in seinem Nachprüfungsantrag das betreffende Vergabeverfahren und die von ihm beanstandete gesondert anfechtbare Entscheidung zu benennen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung noch nicht veröffentlicht worden ist. 5. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, - dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers verhindert werden sollen, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung im Zusammenhang mit diesem Verfahren noch nicht veröffentlicht worden ist; - dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Nachprüfungsantrag, der auf die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers gerichtet ist, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss. 6. Art. 47 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Rechtsuchende, der einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, so dass der Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, der öffentliche Auftraggeber erlassen hat.“
- Gegenvorstellung - BayObLG, Beschl. v. 26.07.2022 - Verg 4 – 22 - Gegenvorstellung - Generalplanerleistungen für Hallenbad - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Schriftsatz vom 27. 4. 2022 – Ablehnung durch Beschluss des BayObLG vom 13.6.2022 – Gegenvorstellung mit Schriftsatz vom 28.6.2022 – Zurückweisung durch BayObLG: „Eine Ablehnung der Wiedereinsetzung durch den Vergabesenat ist nicht anfechtbar, da im Gesetz keine weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Vergabesenats vorgesehen ist ... Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Senat befugt wäre, seine Entscheidung aufgrund einer Gegenvorstellung abzuändern (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2020, IV ZR 122/20, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 11. November 2021, 17 Verg 5/21, juris Rn. 9) bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da die Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 28. Juni 2022 zu keiner anderen Beurteilung durch den Senat führen. ... Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 175 Abs. 2, § 72 Nr. 2 GWB i. V. m. §§ 233 ff. ZPO setzt voraus, dass die Fristversäumung unverschuldet ist. Daran fehlt es hier. Den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin trifft ein Verschulden an der Fristversäumung, das diese sich in entsprechender Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Denn ihr Verfahrensverfahrensbevollmächtigter hat die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts nicht selbst sorgfältig überprüft, sondern lediglich den angestellten Rechtsanwalt angewiesen, zu überprüfen, welches Gericht Beschwerdegericht im Sinne des § 172 Abs. 1 GWB ist. Dass eine fristgerechte Weiterleitung der sofortigen Beschwerde im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs des angegangenen Oberlandesgerichts München möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2017, VI ZB 37/16, juris Rn. 5 m. w. N.), hat die Antragstellerin nicht dargelegt.“
- Geheimhaltung – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.04.2022 - Verg 25 – 21 - Telemedizinisches Versorgungsprogramm – Antragsbefugnis eines drittplatzierten Bewerbers für Antrag auf Ausschluss des Erstplatzierten (nur nach Überprüfung des Zuschlags an den Zweitplatzierten) - Präklusion der Rüge ungeeignete Konzeption zur Bestimmung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses (Erkennbarkeit) – rechtmäßige Einreichung der Verpflichtungserklärung des Eignungsleihgebers erst mit Angebot und nicht bereits mit Teilnahmeantrag – ausreichende Referenzen – zutreffende Bewertungspunktzahl auch hinsichtlich der persönlichen Präsentation: „Die zeitliche Staffelung der Präsentationen ist als systemimmanent hinzunehmen. Um vor dem Hintergrund der unvermeidbaren subjektiven Komponente jeder Bewertung eine Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten, muss die Beurteilung aller Angebote durch dasselbe Mitarbeiterteam erfolgen, was eine Gleichzeitigkeit der Präsentationen zwangsläufig ausschließt. Dabei erscheint auch eine Ansetzung für verschiedene Tage sachgerecht, um der bei mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden Präsentationen möglicherweise nachlassenden Aufmerksamkeit entgegenzuwirken.“ – keine Einsicht in Bewertungen der Angebot der Beigeladenen (berechtigte Geheimhaltungsinteressen)
- Gemeinnützigkeit - Bühs, Jacob, Begrenzung des Teilnehmerkreises auf im Katastrophenschutz tätige gemeinnützige Organisationen bei Rettungsdienstvergaben zulässig? EuZW 2021, 183
- Gemischte Verträge - Klein, Quirin, Zusammen oder getrennt? Die Auftragswertberechnung bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen, VergabeR 2a/2022, 327
- Geschäftsführeridentität - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.03.2022 - Verg 28 – 21 – Rahmenvereinbarung - Räumung von Kampfmitteln – Absprache – strenge Voraussetzungen für ausreichende Anhaltspunkte (Vorliegen eines Verstoßes „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ - § 124 I Nr. 4 GWB) – keine hinreichenden Anhaltspunkte: zwei Gesellschaften mit demselben Geschäftsführer – Erforderlichkeit vielmehr weitere Tatsachen (z. B. Auffälligkeiten in den Angeboten) – „Allein der Umstand, dass die Antragstellerin und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, begründet für sich genommen demnach keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kartellrecht im Sinne des 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Das gilt auch unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass hinter der Antragstellerin und der L. dieselben natürlichen Personen als Gesellschafter stehen – nämlich G. und P., die jeweils 45 Prozent der Gesellschaftsanteile der Antragstellerin halten, und die zugleich Kommanditisten der L. sowie Gesellschafter der U. sind, der Komplementär-GmbH der L.. Weitere Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass die personelle Verflechtung beider Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit die erstellten Angebote beeinflusst hat, liegen nicht vor. (1) Auffälligkeiten aus den Angeboten selbst ergeben sich nicht und werden von dem Antragsgegner im vorliegenden Nachprüfungsverfahren auch nicht vorgetragen. (2) Dass die Antragstellerin nicht von sich aus darauf hingewiesen hat, dass sie und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, lässt keine belastbaren Rückschlüsse zu. Die Antragstellerin war hierzu nicht verpflichtet. Bieter sind nicht von sich aus verpflichtet, gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber ihre Verbindungen zueinander offenzulegen, es sei denn, dass in den Vergabeunterlagen entsprechende Offenlegungsverpflichtungen geregelt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 15.05.2018 – C-531-16 ..), was vorliegend nicht der Fall ist.“
- Geschäftsgeheimnis - EuGH, SchlussA v. 12.5.2022, C - 54 / 21 – Antea – Vertraulichkeit - „Entwürfe einer Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne einschließlich Methoden“ – Wasserwirtschaft – Kriterien: Preis (40 %), Arbeitskonzept (42 %) und Beschreibung von Art und Weise der Auftragsausführung (18 %) – 4 Bewerber – Zuschlag an Bieter CDM Smith - Beschwerde der zweitplatzierten Antea Polska gegen Erteilung des Zuschlag u. a. mit Antrag auf Zugang zu als Geschäftsgeheimnisse eingestuften Informationen - Leitsatz: „ 21 der Richtlinie 2014/24/EU .... ist wie folgt auszulegen: - Der öffentliche Auftraggeber ist an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers, dass die mit seinem Angebot übermittelten Informationen vertraulich seien, nicht gebunden. - Ein Mitgliedstaat kann die Vertraulichkeit auf Geschäftsgeheimnisse beschränken, solange das Unionsrecht beachtet wird und die Informationen, die offengelegt werden, weil sie nicht unter diesen Begriff fallen, nicht verwendet werden können, um berechtigte Interessen eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers zu beeinträchtigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen zu verfälschen. - Der öffentliche Auftraggeber, bei dem ein Wirtschaftsteilnehmer beantragt hat, Informationen als vertraulich zu behandeln, muss prüfen und eingehend begründen, ob es unerlässlich ist, dem Recht dieses Wirtschaftsteilnehmers auf Schutz seiner Informationen Vorrang vor dem Recht der Wettbewerber einzuräumen, von ihnen Kenntnis zu erlangen, um gegebenenfalls die Zuschlagsentscheidung anzufechten.“
- Geschäftsgeheimnis - KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2022 - Verg 7 – 21 – Verweigerung der Einsicht in Anlagen mit geheimhaltungsbedürftigen Inhalten (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) - § 165 GWB – Beschwerde der Beigeladenen gegen Offenlegung der Anlagen durch Vergabekammer– Rücknahme des Nachprüfungsantrages durch Antragstellerin – Erledigungserklärung – Kostenentscheidung – Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Vergabekammer über Gewährung von Akteneinsicht in als geheimhaltungsbedürftige Anlagen durch betroffene Beigeladene – Kostenentscheidung gemäß § 175 II, 71 S. 1 GWB nach billigem Ermessen - summarische Prüfung des voraussichtlichen Erfolges der Beschwerde - kein Anspruch auf Zugang zu Unterlagen und Sachvortrag, „der ihm (Antragsteller) nach dem Willen des Beteiligten, der ihn zu den Akten des Nachprüfungsverfahrens gereicht hat, nicht zugänglich gemacht werden soll. Insbesondere folgt aus dem Akteneinsichtsrecht des § 165 GWB nichts anderes. Dieses Recht bezieht sich in erster Linie auf die Vergabeakten und auf die Akten der Vergabekammer nur, soweit Vorbringen der Beteiligten überhaupt berücksichtigungsfähiger Gegenstand dieser Akten geworden ist, was bei Vorbringen 1 das einem Teil der Beteiligten nicht zugänglich gemacht werden darf, .... von vornherein nicht der Fall ist.“ – Streitwert1/10 des nach § 50 II GKG für das Beschwerdeverfahren über den Nachprüfungsantrag selbst maßgeblichen Streitwertes ... „Eine Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG kommt bei einem Beschwerdeverfahren, das sich auf einen lediglich Fragen der Akteneinsicht betreffenden Beschluss der Vergabekammer in einem Zwischenverfahren bezieht, nicht in Betracht ..., weil die Entscheidung nicht die Auftragsvergabe als solche zum Gegenstand hat und die Anknüpfung an den Wertansatz als pauschaliertem Gewinn nicht passend erscheint ... Von den gemäß § 50 Abs. 2 GKG maßgeblichen 5% des Bruttoauftragswertes nach Maßgabe des Angebotes der Antragstellerin - das sind ... Euro - entsprach es vorliegend billigem Ermessen im Sinne des § 3 ZPO ein Zehntel als Streitwert für das auf die Akteneinsicht bezogene Beschwerdeverfahren anzusetzen...“
- Geschäftsgeschäftsgeheimnis – EuGH, Urt. v. 17.11.2022 - C‑54 – 21 – Entwicklung von Projekten für die Umwelt- Bewirtschaftung von Einzugsgebieten in Polen – Geschäftsgeheimnisse – Informationszugang – amtlicher Leitsatz: Art. 18 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 50 Abs. 4 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge, nach denen die den öffentlichen Auftraggebern von den Bietern übermittelten Informationen – mit Ausnahme allein der Geschäftsgeheimnisse – vollständig zu veröffentlichen oder den anderen Bietern mitzuteilen sind, sowie einer Praxis der öffentlichen Auftraggeber, die darin besteht, Anträgen auf vertrauliche Behandlung wegen Geschäftsgeheimnissen systematisch stattzugeben, entgegenstehen. 2. Art. 18 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU sind dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber - bei der Entscheidung darüber, ob er einem Bieter, dessen ordnungsgemäßes Angebot abgelehnt wurde, den Zugang zu den Informationen verweigert, die die anderen Bieter zu ihrer einschlägigen Erfahrung und den entsprechenden Referenzen, zur Identität und zu den beruflichen Qualifikationen der für die Ausführung des Auftrags vorgeschlagenen Personen oder von Unterauftragnehmern, zur Konzeption der Projekte, die im Rahmen des öffentlichen Auftrags durchgeführt werden sollen, und zur Art und Weise seiner Ausführung vorgelegt haben, zu beurteilen hat, ob diese Informationen einen wirtschaftlichen Wert haben, der sich nicht auf den fraglichen öffentlichen Auftrag beschränkt, so dass ihre Offenlegung berechtigte geschäftliche Interessen oder den lauteren Wettbewerb beeinträchtigen kann; - im Übrigen den Zugang zu diesen Informationen verweigern kann, wenn ihre Offenlegung, selbst wenn sie keinen solchen wirtschaftlichen Wert haben, den Gesetzesvollzug behindern würde oder sonst einem öffentlichen Interesse zuwiderliefe; - dem Bieter, wenn der vollständige Zugang zu den Informationen verweigert wird, Zugang zum wesentlichen Inhalt der betreffenden Informationen gewähren muss, damit die Wahrung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gewährleistet ist. 3. Zuschlagskriterien „Arbeitskonzept“ und „Beschreibung der Art und Weise der Auftragsausführung 4. Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass dann, wenn bei der Behandlung eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags festgestellt wird, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, dem Rechtsbehelfsführer Informationen offenzulegen, die zu Unrecht als vertraulich behandelt wurden, und dass aufgrund der fehlenden Offenlegung dieser Informationen gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verstoßen wurde, diese Feststellung nicht zwingend zum Erlass einer neuen Entscheidung über die Vergabe des Auftrags durch diesen Auftraggeber führen muss, sofern es das nationale Verfahrensrecht dem angerufenen Gericht erlaubt, während des Verfahrens Maßnahmen zu ergreifen, durch die das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wieder gewahrt wird, oder davon auszugehen, dass der Rechtsbehelfsführer gegen die bereits ergangene Vergabeentscheidung einen neuen Rechtsbehelf einlegen kann. Die Frist für die Einlegung eines solchen Rechtsbehelfs darf erst ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnen, zu dem der Rechtsbehelfsführer Zugang zu allen Informationen hat, die zu Unrecht als vertraulich eingestuft worden waren.
- Geschäftsgrundlage – Lührmann, Christian/ Egle, Philip/ Heider, Thomas, Störung der Geschäftsgrundlage, Preisanpassung durch Ukraine-Krieg?, NZBau 2022, 251
- Geschäftsgrundlage - Müller, Anne, Vergaben in Kriegszeiten, Vergabe News 2022, 106 – vgl. §§ 313 BGB, 132 GWB
- Gewässerrenaturierung - OLG Koblenz, Beschl. v. 22.06.2022 - Verg 1 – 22 – Gewässerrenaturierung – Behauptung ins Blaue – Antragsbefugnis: Schlüssige, konkrete (hinreichend begründet) Darlegung der Tatsachen für mögliche bessere bzw. verschlechterte Zuschlagschancen (hier behauptete Überbewertung zumindest 2 Punkte bei einer Punktwertung von 96 bzw. 95 Punkten) – „... muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen .... Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus Dem ist das Antragsvorbringen hier gerecht geworden.“ – keine „Behauptung ins Blaue“ – fristgerechte Rüge - positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen – Auslegung des Begriffs „Gesamtprojektleitung“ (keine Unklarheit) – keine Ermächtigung der Vergabekammer zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle – kein Ausschluss nach § 124 I Nr. 8, 9a), b) und c) GWB (Ermessensentscheidung – kein gerechtfertigter Schluss für Nichterfüllung) – Kostenentscheidung - Gebühren
- Gewinnerzielungsabsicht - EuGH, Beschl. v. 3.2.2022, C - 436 - 20 - ASADE - Klage auf Nichtigerklärung des spanischen Dekrets 181/2017 sowie auf Aufhebung bestimmter Bestimmungen des Gesetzes 5/1997(13) – Rechtswidrigkeit des Ausschlusses von Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht von der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen – Beschlusstenor: - Die Art. 74 bis 76 der Richtlinie 2014/24/EU ... sowie Art. 49 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die es einer öffentlichen Stelle gestatten, ohne Einhaltung der Verfahrenserfordernisse des Unionsrechts einen öffentlichen Auftrag zu vergeben, in dessen Rahmen diese Stelle nur Einrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht mit der Erbringung bestimmter sozialer Dienstleistungen gegen Erstattung der diesen Einrichtungen entstandenen Kosten betraut, sofern solche Rechtsvorschriften mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit vereinbar sind, was durch das vorlegende Gericht zu prüfen ist. - Art. 75 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die verlangen, dass Auftragsbekanntmachungen nur im regionalen Amtsblatt veröffentlicht werden. - Art. 76 der Richtlinie 2014/24 und Art. 49 AEUV stehen nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die ein Auswahlkriterium für den Abschluss von Vereinbarungen der konzertierten Aktion vorsehen, gemäß dem die öffentlichen Auftraggeber dem Umstand Gewicht beimessen dürfen, dass die potenziellen Bieter für die Erbringung der fraglichen sozialen Dienstleistungen an dem Ort niedergelassen sind, an dem diese Dienstleistungen zu erbringen sind, es sei denn, dieses Kriterium verfolgt ein vom Unionsrecht anerkanntes legitimes Ziel, ist geeignet, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten, und geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist; dies ist vom vorlegenden Gericht zu prüfen.“ – Vgl. auch EuG, Urt. v. 26.1.2022 - T - 849 – 19 – Leonardo – Anträge auf Nichtigerklärung
- Gleichwertigkeit – EuGH, SchlussA v. 5.5.2022, C - 68 / 21 und C - 84 / 21 – Iveco – Ersatzteile für Omnibusse (öffentliche Beförderung) Zulassung gleichwertiger Ersatzteile – Art. 60, 62 RL 2014/25/EU; Art. 10 Abs. 2 , 19 Abs. 1 , Art. 28 Abs. 1 RL 2007/66/EG - Genehmigungspflicht – Vorlage des Genehmigungsbogens, nicht ausreichend eigene Erklärungen des Bieters über Gleichwertigkeit – Leitsatz: Art. 10 Abs. 2, Art. 19 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG ... 7 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge sind dahin auszulegen, dass bei einer Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags über die Lieferung von Ersatzteilen für Omnibusse, die für den öffentlichen Transportdienst bestimmt sind, bei der Angebote über gleichwertige Ersatzteile zugelassen werden, die nach einem der in Anhang IV der genannten Richtlinie aufgeführten Rechtsakte genehmigungspflichtig sind, die Bieter den EG-Genehmigungsbogen beibringen müssen und es für diese Zwecke nicht ausreicht, dass sie lediglich eine Erklärung über die Gleichwertigkeit vorlegen.
- Grundstücksgeschäfte - Antweiler, Clemens, Wann Grundstücksgeschäfte dem Vergaberecht unterliegen – Nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache „Wiener Wohnen“, VergabeR 2a/2022, 293 – zu EuGH, Urt. v. 22.04.2021 - C-537/19
- Grundstücksgeschäfte - Müller, Anne/Kirch, Thomas, Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand: Wettbewerb oder nicht? Vergabe News 4/2022, 62
- GWB-Kommentierung - Säcker, Franz Jürgen [Hrsg.]/ Ganske, Matthias [Hrsg.]/ Knauff, Matthias [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht Band. 3, VergabeR I, C.H. Beck 2022
- GWB-Kommentierung - Säcker, Franz Jürgen [Hrsg.]/ Ganske, Matthias [Hrsg.]/ Knauff, Matthias [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht Band. 4, VergabeR II, C.H. Beck 2022
- Handelsregister - EuGH, Urt. v. 10.11.2022 - C‑486 - 21 - Konzession für die Einrichtung und Verwaltung einer Dienstleistung Carsharing - des Vermietens und der gemeinschaftlichen Nutzung (Carsharing) von Elektrofahrzeugen – amtlicher Leitsatz: „Dienstleistungskonzession“ 2. Schwellenwert 3. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Anhang V Nr. 7 Buchst. b und dem vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie sowie mit Art. 4 und Anhang XXI Punkt III.1.1 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 der Kommission vom 11. November 2015 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 842/2011 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber als Eignungskriterium und für die qualitative Bewertung der Bewerber verlangen kann, dass die Wirtschaftsteilnehmer im Handels- oder Berufsregister eingetragen sind, sofern ein Wirtschaftsteilnehmer seine Eintragung im entsprechenden Register in dem Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, vorweisen darf. 4. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Art. 27 dieser Richtlinie und Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der von den Wirtschaftsteilnehmern verlangt, im Handels- oder Berufsregister eines Mitgliedstaats der Union eingetragen zu sein, nicht auf das aus CPV-Codes bestehende Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge verweist, sondern auf die Klassifikation NACE Rev. 2, wie sie durch die Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik eingeführt wurde. 5. Art. 38 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 2 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht ohne Verstoß gegen den durch Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie gewährleisteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von jedem Mitglied eines befristeten Zusammenschlusses von Unternehmen verlangen kann, in einem Mitgliedstaat im Handels- oder Berufsregister eingetragen zu sein, um die Tätigkeit der Vermietung von Kraftwagen mit einem Gesamtgewicht von 3,5 t oder weniger auszuüben-
- Hauptangebote - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.03.2022 - 11 Verg 10 – 21 – Infrastrukturerrichtung und Erschließung“ in Wohnviertel – Rüge – Präklusion - Nebenangebote – Mindestanforderung - amtlicher Leitsatz: Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist. 2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. 3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.
- Haushaltsrecht - Siegel, Thorsten, Das Haushaltsvergaberecht: Vergaberecht oder doch Haushaltsrecht?, VergabeR 2a/2022, 283
- Heilung - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung - Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung –nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln (keine Anhaltspunkte für Manipulation etc.) – keine Unauskömmlichkeit des Preises
- Heilung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- Hilfsmittel - Coen, Martin, Beschaffung von Hilfsmitteln im EU-Binnenmarkt, GesR 2021, 749
- HOAI - Deckers, Stefan, EuGH und HOAI, Folgen des Urteils vom 18. Januar 2022 Teil 2 , ZfBR 2022, 419
- HOAI - EuGH, Urt. v. 18.1.2022, C - 261 – 20 - Thelen Technopark Berlin – HOAI-Honorarstreit bei Privatpersonen und Leistungen nur in Deutschland - (teils unzulässige Vorlage BGH, Urteil vom 14.05.2020, VII ZR 174 / 19) – Urteilstenor: Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund dieses Rechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG ... über Dienstleistungen im Binnenmarkt Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen, jedoch unbeschadet zum einen der Möglichkeit dieses Gerichts, die Anwendung der Regelung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits aufgrund des innerstaatlichen Rechts auszuschließen, und zum anderen des Rechts der durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht geschädigten Partei, Ersatz des ihr daraus entstandenen Schadens zu verlangen.
- HOAI – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
- Höchstgrenze - Fabian Winters, Weßling, Alexander-Marius, Höchstgrenze bei Rahmenvereinbarungen – wie weit darf diese vom Schätzwert abweichen?, ZfBR 2022, 13
- Höchstmenge – EuGH, Urt. v. 14.7.2022, C - 274 - 21 und C - 275 – 21 - EPIC - Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (COVID-19) in Österreich – Einstweilige Verfügung wie im Zivilrecht – Gebühren - amtlicher Leitsatz: Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG ... in der durch die Richtlinie 2014/23/EU ... geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer gemäß Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU ... in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung genannten Vertrags entspricht. 2. Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber für die Vergabe eines neuen Auftrags nicht mehr auf eine Rahmenvereinbarung, bei der die darin festgelegte Höchstmenge und/oder der darin festgelegte Höchstwert der betreffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen bereits erreicht worden ist bzw. sind, stützen kann, es sei denn, die Vergabe dieses Auftrags führt zu keiner wesentlichen Änderung der Rahmenvereinbarung im Sinne von Art. 72 Abs. 1 Buchst. e dieser Richtlinie. 3. Der Äquivalenzgrundsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsanträge in Vergabeverfahren Verfahrensvorschriften vorsieht, die sich von denjenigen unterscheiden, die u. a. für Zivilverfahren gelten. 4. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es dem Rechtsuchenden obliegt, in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder in seinem Nachprüfungsantrag das betreffende Vergabeverfahren und die von ihm beanstandete gesondert anfechtbare Entscheidung zu benennen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung noch nicht veröffentlicht worden ist. 5. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, - dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers verhindert werden sollen, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung im Zusammenhang mit diesem Verfahren noch nicht veröffentlicht worden ist; - dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Nachprüfungsantrag, der auf die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers gerichtet ist, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss. 6. Art. 47 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Rechtsuchende, der einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, so dass der Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, der öffentliche Auftraggeber erlassen hat.“
- Höchstmenge - Müller, Hans-Peter. Darf’s ein bisschen mehr sein?, Vergabe Navigator 2021, 9
- Höchstmenge – OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- Höhere Gewalt - Leinemann, Ralf, Der Ukraine-Krieg als ein auf (Bau-)Verträge einwirkendes Ereignis höherer Gewalt im Vertrags- und Vergaberecht, UKuR 2/2022, 53
- Höhere Gewalt – s. auch Ukraine – Geschäftsgrundlage – Krieg
- HPC-Schnellladeinfrastruktur - VK Bund, Beschl. v. 26.4.2022 - VK 2 – 34/22 – HPC-Schnellladeinfrastruktur –fehlende Antragsbefugnis der Bewerbergemeinschaft <Bietergemeinschaft> bei Teilnahme eines Einzelbieters am Wettbewerb – keine Rubrumsberichtigung – keine zulässige subjektive Klageänderung auf Antragstellerseite - Rügepräklusion(Erkennbarkeit von Eignungsanforderung aus der Bekanntmachung) - öffentliche Zugänglichkeit von Ladesäulen als zulässige Voraussetzung für Errichtungsverfahren
- Information – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Information - Schoof, Timm/ Leinemann, Eva-Dorothee, Das Bieterinformationsschreiben nach § 134 GWB, Vergabe News 2022, 42
- Information – Zwischeninformation - Pfeuffer, Julian, Ein Schlankheitsmittel für Vergabeverfahren, Vergabe Navigator 2022, 8
- Informationen - Ortsbesichtigung - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung Unbegründetheit: keine widersprüchlichen oder missverständlichen Vorgaben - eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung (Verpflegung) – strittige Äußerungen bei Ortsbesichtigung durch Mitarbeiter des Auftraggebers: „Die Vergabestelle hat die Antragstellerin vorab eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Ortstermin rein der Besichtigung dient, Fragen weder erörtert noch beantwortet werden und ein Bieter ausschließlich über die Vergabeplattform verbindliche Informationen zum Vergabeverfahren erhalten kann. Die Antragstellerin konnte damit Erklärungen vor Ort keine Relevanz für das Vergabeverfahren, insbesondere für das Verständnis der Vergabeunterlagen, beimessen.“ –
- Infrastruktur - Knauff, Matthias/ Pfeifer, Friederike, Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität, JM 2021, 456
- Infrastruktureinrichtung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.03.2022 - 11 Verg 10 – 21 – Infrastrukturerrichtung und Erschließung“ in Wohnviertel – Rüge – Präklusion - Nebenangebote – Mindestanforderung - amtlicher Leitsatz: Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist. 2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. 3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.
- Infrastrukturprojekte - Derksen, Roland, Infrastrukturprojekte im Fokus des Europäischen Beihilferechts, EuZW 2021, 589
- Ingenieur - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
- In-House-Vergabe - EuGH, Urt. v. 12.05.2022 - C - 719 – 20 - Lerici (Kommune) – In-House-Auftrag durch Kommune – Übertragung auf Rechtsnachfolger ohne Vergabeverfahren – zunächst Auftrag auf eigene AG der Kommune und operative Ausführung durch Tochtergesellschaft der AG - sodann erfolgende unzulässige „Genehmigung“ der Übertragung der Abfallbewirtschaftung bis 2028 durch Provinz Spezia auf Rechtsnachfolger anlässlich einer Umstrukturierung ohne direkte .Beteiligung der Kommune Lerici und Übertragung auf Auftragnehmer ohne Vergabe - Art. 12, 72 RL 2014/24/EU – Leitsatz: Die Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift oder Praxis entgegensteht, nach der die Ausführung eines öffentlichen Auftrags, der ursprünglich ohne Ausschreibung an eine Inhouse-Einrichtung vergeben wurde, über die der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübte, automatisch von dem Wirtschaftsteilnehmer fortgesetzt wird, der diese Einrichtung nach einer Ausschreibung übernommen hat, wenn der öffentliche Auftraggeber über diesen Wirtschaftsteilnehmer keine solche Kontrolle ausübt und auch nicht an dessen Kapital beteiligt ist.
- In-house-Vergabe - EuGH, Urt. v. 22.12.2022 - C – 383- 21 und C – 384- 21 - Asbestinventurleistungen – In-house-Vergabe - Sambre & Biesme - Rahmenvertrag über gemeinsame Aufträge – amtlicher Leitsatz: Art. 12 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass er im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts über die Direktvergabe öffentlicher Aufträge unmittelbare Wirkungen entfaltet, wenn der betreffende Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt hat. 2. Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Ziff. i der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, dass ein öffentlicher Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die den Zuschlag erhaltende juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt, das in dieser Bestimmung genannte Erfordernis, dass ein öffentlicher Auftraggeber in den beschlussfassenden Organen der kontrollierten juristischen Person vertreten sein muss, nicht allein deswegen erfüllt ist, weil im Verwaltungsrat dieser juristischen Person der Vertreter eines anderen öffentlichen Auftraggebers sitzt, der auch dem Verwaltungsrat des ersten öffentlichen Auftraggebers angehört. 3. Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftrag, durch den einem öffentlichen Auftraggeber öffentliche Aufgaben übertragen werden, die Teil eines Verhältnisses der Zusammenarbeit zwischen anderen öffentlichen Auftraggebern sind, nicht vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen ist, wenn der öffentliche Auftraggeber, dem diese Aufgaben übertragen wurden, bei der Erfüllung solcher Aufgaben nicht die Erreichung von Zielen anstrebt, die er mit den anderen öffentlichen Auftraggebern teilt, sondern sich darauf beschränkt, zur Erreichung von Zielen beizutragen, die nur diesen anderen öffentlichen Auftraggebern gemeinsam sind.
- In-House-Vergabe – Siebler, Felix/Hamm, Sebastian/Möller, Jonathan, Inhousevergabe und interkommunale Zusammenarbeit , VergabeR 2022, 162
- In-House-Vergabe - Wenzel, Michael [Hrsg.] / Dreher, Meinrad [Hrsg.] / Opitz, Martin [Hrsg.], Aktuelle Entscheidungen zur ausschreibungsfreien öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit, VergabeR 2a/2022, 354
- Innovation - Homann, Oliver/Büdenbender, Martin, Die Beschaffung von Bussen mit innovativen Antrieben , Der Nahverkehr 2021, 46
- Innovationsbeschaffung - Hohensee, Marco/Leinemann, Eva-Dorothee, Innovationen einkaufen , Vergabe News 2021, 218
- Insolvenz - BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - keine Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Antragstellers – erforderliches Weiterbestehen des Interesses des Antragstellers am Auftrag (Aufforderung zur Erklärung über Weiterführung des Geschäfts und weitere Beteiligung AN Ausschreibung)
- Insolvenz – BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - keine Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Antragstellers – erforderliches Weiterbestehen des Interesses des Antragstellers am Auftrag (Aufforderung zur Erklärung über Weiterführung des Geschäfts und weitere Beteiligung AN Ausschreibung)
- Insolvenz - EuGH, Urt. v. 3.2.2022 - C - 461 – 20 - Advania – Übertragung nach Insolvenz des Auftragnehmers „Misco“ (vier noch laufende Rahmenvereinbarungen ohne neues Vergabeverfahren) – zuvor durchgeführte Vergabe ohne Aufforderung des Bewerbers Advania nach Teilnahmewettbewerb und Zuschlag der Rahmenvereinbarungen an Mitbewerber „Misco“ (vier) und „Dustin“ (zwei) – Insolvenz von „Misco“ im Dez. 2017 – Vertragsschluss im Jan. 2018 durch Insolvenzverwalter (vier Rahmenverträge) an zuvor im Vergabeverfahren nicht zum Angebot aufgeforderte Advania, nicht an den im Vergabeverfahren zum Angebot aufgeforderten und bezuschlagten Bieter „Dustin“ (zwei), der beantragt, die durchn den Insolvenzverwalter vereinbarten „vier“ Rahmenvereinbarungen für ungültig zu erklären – Begriff der „Umstrukturierung“ i. S. d. Art. 72 I d) II Richtlinie 2014/24/EU – Ersatz des Insolvenzunternehmens durch Advania („Umstrukturierung“ nach Insolvenz) ohne „wesentliche Änderung“ etc. zulässig – Urteilstenor: Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der – nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde – lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.
- Interessenkollision - Lieb, Nicole, Beschaffungsdienstleister im Vergabeverfahren, Nomos Verlag 2022
- Interimsauftrag – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Interimsvergabe – KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg – 22 – Corona-Testzentren – Interimsvergabe (Direktvergabe) – Verstoß durch Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb infolge fehlender Dringlichkeit nach § 14 IV Nr. 3 VgV – Umstände vom Auftraggeber zu vertreten – im vorliegenden Fall zwar Daseinsvorsorge, aber dennoch kein Eingreifen des Ausnahmetatbestandes - Erledigung des auf Unwirksamkeit nach § 135 I GWB gerichteten Nachprüfungsverfahrens – Zulässigkeit und Begründetheit der Feststellung der Rechtsverletzung durch Vertragsschluss nach §§ 168 II S. 2, 178 S. 3 GWB – unstatthafter Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit vorläufiger Maßnahmen der Vergabekammer
- Interkommunale Zusammenarbeit – Siebler, Felix/Hamm, Sebastian/Möller, Jonathan, Inhousevergabe und interkommunale Zusammenarbeit , VergabeR 2022, 162
- Internet - Mantz, Reto, Die Entwicklung des Internetrechts, NJW 2022, 446
- IT - Koch, Philipp Moritz/Siegmund, Gabriela, Siegmund, Reinhard, Erfolgreiche Erstellung der Leistungsbeschreibung bei IT-Vergaben , MMR 2022, 731
- IT - Kreutzer, Mario, IT-Beschaffungen im Schnittfeld zwischen Fördermittel- & Vergaberecht, VergabeR 2a/2022, 338
- IT - Osseforth, Tobias [Hrsg.], Handbuch IT-Vergabe, Verlag C.H. Beck 2022
- IT - Timmermann, Daniel/Gelbrich, Katharina, Können Algorithmen subsumieren?, NJW 2022, 35
- IT EVB-IT-Cloud- Koch, Moritz, EVB-IT Cloud, Neue Standards und wertvolle Basis für Cloud-Beschaffungen der öffentlichen Hand , MMR 2022 440
- IT-sicherheits-Vorschriften - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Jury – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
· Kartell – s. Absprache
- Katstrophenschutz - Bühs, Jacob, Begrenzung des Teilnehmerkreises auf im Katastrophenschutz tätige gemeinnützige Organisationen bei Rettungsdienstvergaben zulässig? EuZW 2021, 183
- KI – Timmermann, Daniel/Gelbrich, Katharina, Können Algorithmen subsumieren?, NJW 2022, 35
- Klimaschutz - Birk, Tobias, Vergaberecht als Mittel zur Verfolgung der Klimaschutzbelange des Art. 20 a GG , NZBau 2022, 572
- Klimaschutz - Burgi, Martin, Nischwitz, Malin, Zimmermann, Patrick, Zehn Thesen für ein ambitionierteres Sofortprogramm – Klima-Infrastruktur und Bundeswehr , NVWZ 2022, 1321
- Klimaschutz - Denta, Sarah, Public-Private Partnership for the Climate, From a Plastic Pollution
Perspective , EPPPL 2021, 318 - Klimaschutz - Rosenauer, Andreas/Steinthal, Jonathan, Der Umgang mit Klima- und
Umweltschutzkriterien im Vergaberecht ,KlimR 2022, 202 - Klimaschutzgesetz - Siegel, Thorsten, Das Berücksichtigungsgebot des Bundes-Klimaschutzgesetzes und seine Relevanz im Vergaberecht, NZBau 2022, 315
- Kontrahierungszwang - Hofmann, Heiko/Güldenstein, Lena, Kontrahierungszwang und Trennungsgebot in Energiekonzessionsverfahren , NZBau 2022, 454
- Konzernprivileg - Baudis, Ricarda, Zum Konzernprivileg im Kartellvergaberecht, VergabeR 2022, 360
- Konzession - EuGH, Schlussantrag v. 22.9.2022, C - 292 - 21 – Dienstleistungskonzession -Erteilung von Kursen zur Sensibilisierung/Nachschulung/Wiedererlangung von Punkten für die Fahrerlaubnis als Konzessionen für öffentliche Dienstleistung – amtlicher Leitsatz: „ Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass sie auf die Erteilung von Kursen zur Sensibilisierung und Nachschulung für den Straßenverkehr, die sich an Fahrer richten, die wegen Verkehrsverstößen Fahrerlaubnispunkte verloren haben, insgesamt anwendbar ist. 2. Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der (i) die Erteilung solcher Kurse im Rahmen einer Konzession für eine öffentliche Dienstleistung erfolgt; (ii) vorgesehen ist, dass in einem bestimmten geografischen Gebiet jeweils nur ein Marktteilnehmer derartige Kurse erteilen darf; (iii) die Gesamtzahl der Dienstleistungserbringer nicht die Anzahl der von der zuständigen Behörde festgelegten geografischen Gebiete übersteigen darf, entgegensteht, sofern diese Vorschrift über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels der Straßenverkehrssicherheit erforderlich ist. Diese Frage ist vom nationalen Gericht zu beurteilen. 3. Art. 15 Abs. 4 der Richtlinie 2006/123 ist dahin auszulegen, dass er einer solchen nationalen Regelung nicht entgegensteht, wenn die mit der Erteilung von Kursen verbundenen Aufgaben als mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Zusammenhang stehend einzustufen wären, sofern die vorgesehene Beschränkung für die Erfüllung dieser Aufgaben unter Bedingungen eines wirtschaftlichen Gleichgewichts erforderlich und verhältnismäßig ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies zu prüfen.
- Konzession - EuGH, Urt. v. 10.11.2022 - C‑486 - 21 - Konzession für die Einrichtung und Verwaltung einer Dienstleistung Carsharing - des Vermietens und der gemeinschaftlichen Nutzung (Carsharing) von Elektrofahrzeugen – amtlicher Leitsatz: Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2014/23/EU .. ist dahin auszulegen, dass es sich bei einem Vorgang, durch den ein öffentlicher Auftraggeber mit der Einrichtung und Verwaltung eines Systems des Mietens und der gemeinschaftlichen Nutzung (Carsharing) von Elektrofahrzeugen einen Wirtschaftsteilnehmer zu betrauen beabsichtigt, dessen finanzieller Beitrag überwiegend für den Erwerb dieser Fahrzeuge verwendet wird, wobei die Einnahmen dieses Wirtschaftsteilnehmers hauptsächlich aus den von den Nutzern dieser Dienstleistung gezahlten Gebühren stammen werden, um eine „Dienstleistungskonzession“ handelt, da solche Merkmale zu belegen vermögen, dass das Risiko im Zusammenhang mit der Verwertung der konzessionierten Dienstleistungen auf diesen Wirtschaftsteilnehmer übertragen wurde. 2. Schwellenwert für die Anwendbarkeit erreicht, den „Gesamtumsatz ohne Mehrwertsteuer, den der Konzessionsnehmer während der Vertragslaufzeit erzielt“ unter Berücksichtigung der Gebühren, die die Nutzer an den Konzessionsnehmer entrichten werden, sowie der Beiträge und Kosten, die der öffentliche Auftraggeber tragen wird, zu schätzen hat. Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch auch davon ausgehen, dass der für die Anwendung der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 vorgesehene Schwellenwert erreicht ist, wenn die Investitionen und Kosten, die vom Konzessionsnehmer allein oder zusammen mit dem öffentlichen Auftraggeber während der gesamten Laufzeit des Konzessionsvertrags zu tragen sind, diesen Schwellenwert offensichtlich überschreiten. 3. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Anhang V Nr. 7 Buchst. b und dem vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie sowie mit Art. 4 und Anhang XXI Punkt III.1.1 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 der Kommission vom 11. November 2015 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 842/2011 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber als Eignungskriterium und für die qualitative Bewertung der Bewerber verlangen kann, dass die Wirtschaftsteilnehmer im Handels- oder Berufsregister eingetragen sind, sofern ein Wirtschaftsteilnehmer seine Eintragung im entsprechenden Register in dem Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, vorweisen darf. 4. Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Art. 27 dieser Richtlinie und Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der von den Wirtschaftsteilnehmern verlangt, im Handels- oder Berufsregister eines Mitgliedstaats der Union eingetragen zu sein, nicht auf das aus CPV-Codes bestehende Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge verweist, sondern auf die Klassifikation NACE Rev. 2, wie sie durch die Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik eingeführt wurde. 5. Art. 38 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 2 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht ohne Verstoß gegen den durch Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie gewährleisteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von jedem Mitglied eines befristeten Zusammenschlusses von Unternehmen verlangen kann, in einem Mitgliedstaat im Handels- oder Berufsregister eingetragen zu sein, um die Tätigkeit der Vermietung von Kraftwagen mit einem Gesamtgewicht von 3,5 t oder weniger auszuüben-
- Konzession - OLG Celle, Urt. v. 16.06.2022 - 13 U 67-21 (Kart) - Neuvergabe von Wegerechtskonzessionen – vorläufige Unterlassung des Abschlusses des Konzessionsvertrages (Stromversorgungsnetz - Marktbeherrschung - unbilligen Behinderung - Kausalität von Wertungsfehlern in - Vergabeentscheidung - Amtlicher Leitsatz: „Angebote im Verfahren zur Neuvergabe von Wegerechtskonzessionen sind von der ausschreibenden Gemeinde näher auf ihre Plausibilität zu prüfen, wenn sich aus ihnen selbst, aus zur Plausibilisierung mit eingereichten Unterlagen oder aus naheliegenden Überlegungen Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten oder die mangelnde Umsetzbarkeit von Zusagen ergeben. Die Plausibilitätsprüfung ist nicht grundsätzlich zu dokumentieren. Das Fehlen einer solchen Dokumentation indiziert daher nicht, dass eine Plausibilitätsprüfung unterblieben wäre. 2. Vertragsstrafen unterfallen grundsätzlich nicht dem Nebenleistungsverbot nach § 3 Abs. 2 KAV. 3. Zur Einsicht in die Angebote - hier: Erforderlichkeit der substantiierten Darlegung eines Einsichtsinteresses. 4. Zur Beurteilung der Kausalität von Wertungsfehlern für die Vergabeentscheidung (Anschluss an OLG Koblenz, Urteil vom 22. August 2019 - U 678/19 Kart - und OLG Schleswig, Urteil vom 18. Mai 2020 - 16 U 66/19 Kart).“ – u. a. „Vertragsstrafedeckelung“ im Angebot
- Konzession – Weng, Nils-Alexander, Die Ausschreibung der Parkraumbewirtschaftung–Dienstleistungsauftrag oder - konzession?, VergabeFokus 2021, 2
- Kooperation - Knauff, Matthias: Die vergaberechtsfreie öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit im
Lichte aktueller Entscheidungspraxis ,NZBau 2022, 379 - Kooperation – Siebler, Felix/Hamm, Sebastian/Möller, Jonathan, Inhousevergabe und interkommunale Zusammenarbeit , VergabeR 2022, 162
- Kooperation - Wenzel, Michael [Hrsg.] / Dreher, Meinrad [Hrsg.] / Opitz, Martin [Hrsg.], Aktuelle Entscheidungen zur ausschreibungsfreien öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit, VergabeR 2a/2022, 354
- Korruption - Noch, Rainer. Manipulierte Vergabe, Vergabe Navigator 2021, 28
- Kostenentscheidung - BayObLG, Beschl. v. 09.2022 - Verg 8 – 22 – Apothekenleistungen – Kostenentscheidung nach Rücknahme der Beschwerde (Auftraggeber) und Kosten einer zulässigen Anschlussbeschwerde – Verlängerung der Frist zur Erwiderung und Verlängerung der Anschließungsfrist – keine Anwendung des § 50 II GKG auf nur gegen Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde – Option und Auftragswert (50 - % Abzug)
- Kostenentscheidung - BayObLG, Beschl. v. 05.08.2022 - Verg 9 - 22 – Therapieplanungssoftware - Kostenentscheidung nach §§ 175 II, 71 GWB (Billigkeit – wahrscheinliches Unterliegen ohne Rücknahme der Beschwerde) – Auftragswert bei Option (50 %-Abschlag) – bei Vorliegen indikativer und finaler Angebote Maßgeblichkeit für Streitwert finales Angebot - §§ 182 GWB, 50 GKG
- Kostenentscheidung - BayObLG, Beschl. v. 05.08.2022 - Verg 9 – 22 – Baumeisterarbeiten – unzulässige de-facto-Vergabe - Kostenentscheidung – Rücknahme der Beschwerde nach richterlichem Hinweis auf mögliche Verfristung der Beschwerde - §§ 182 GWB, 50 GKG – Streitwertberechnung in der Regel Angebotssummer – bei fehlendem Angebot (im Fall) „objektiver Wert“ der vergebenen Leistung (Kostenschätzung des Aufraggebers sowie Angebotspreise als Anhaltspunkte)
- Kostenentscheidung - KG Berlin, Beschl. v. 11.05.2022 - Verg 5 – 21 – Konzession – Kostenentscheidung - Herabsetzung der Verfahrensgebühr nach Gebührentabelle der VK des Bundes – Zulässigkeit der Beschwerde auch gegen Kostenentscheidung der Vergabekammer einschließlich der Gebührenfestsetzung – maßgeblich der voraussichtliche Umsatz einschließlich USt (Konzession – Berücksichtigung von Umsatzminderungen etc. sowie immer der Bruttoauftragswert ohne Abzug der Aufwendungen des Auftragnehmers) – ausführliche Darlegungen- § 2 KonzVgV, 182 GWB
- Kostenentscheidung – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2022 - Verg 5 – 22 - Rahmenvertrag mehrere Unternehmen zur Lieferung von Startbahnkehrmaschinen - Einzelauftragsvergabe über 62 Startbahnkehrmaschinen – Kostenentscheidung der Vergabekammer (90 % zu 10 %) unzutreffend, da vollständiges Unterliegen der Antragsgegnerin und Beigeladenen (Untersagung des Einzelzuschlags als vollständiges Unterliegen) – 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB - Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner – „.. entscheidend materielle Betrachtung der verfolgten Ziele und des Verfahrensausgangs .... Im Vergabenachprüfungsverfahren haben die Anträge anders als im Zivilprozess keine den Streitgegenstand vergleichbar umgrenzende Funktion, weil die Vergabekammer nach § 168 Abs. 1 S. 2 GWB an die Anträge nicht gebunden ist .... Doch auch unter Zugrundelegung einer materiellen oder wirtschaftlichen Betrachtung der Verfahrensziele, hat die Antragstellerin vorliegend ihr Verfahrensziel vor der Vergabekammer vollumfänglich erreicht, indem ... die Zuschlagserteilung an die Beigeladene untersagt und aufgegeben worden ist, das Angebot der Antragstellerin ... zu berücksichtigen. Das war das erklärte Verfahrensziel der Antragstellerin ... Auf die Frage, ob die Antragstellerin mit allen ihren Rügen durchgedrungen ist, oder nur eine einzelne Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat, kommt es für die Frage des Obsiegens und Unterliegens nicht an. Sie hat mit ihrem Begehren obsiegt, wenn nur eine Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat (BGH, Beschl. v. 26.09.2006 – X ZB 14/06, Rn 57 ...; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 58 ...). Weitere Verfahrensziele hat die Antragstellerin nicht verfolgt.“ - „Solche ergeben sich auch nicht aus dem Nachprüfungsantrag zu Ziff. 1., mit dem sie beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Verfahren vergaberechtlich fortzuführen. Die Antragstellerin hat weder die Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Angebotsabgabe verlangt, noch hat sie beantragt, die Beigeladene von der Angebotswertung auszuschließen. Ihre Rügen bezogen sich allesamt auf die Angebotswertung. Damit bedeutet die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, welches eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben (vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 60 ...).
- Kostenentscheidung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 26.09.2022 - 11 Verg 2 – 21 – Kostenentscheidung des Rechtspflegers – Erinnerung – amtlicher Leitsatz: Hat der Beschwerdesenat des Oberlandesgerichts die Entscheidung der Vergabekammer über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Zuge der Senatsentscheidung geprüft, liegt eine die gerichtliche Kostenfestsetzung durch das Oberlandesgericht tragende Kostengrundentscheidung im Rahmen eines vollstreckbaren Titels gem. § 103 Abs 1 ZPO auch dann vor, wenn die sofortige Beschwerde diesbezüglich zurückgewiesen worden ist und daher der Tenor der Beschwerdeentscheidung die Entscheidung über Kosten und Aufwendungen des Verfahrens vor der Vergabekammer nicht wiedergibt; zu einer solchen Prüfung besteht bei einer in der Sache zu bescheidenden sofortigen Beschwerde stets Anlass (Anschluss an OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.02.2015 - 2 Verg 2/14, juris, Rn 17). 2. In diesen Fällen ist das Oberlandesgericht im Kostenfestsetzungsverfahren zur Entscheidung über die festsetzbaren Aufwendungen des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (entgegen OLG München, Beschluss vom 30.12.2011 - Verg 9/11, juris). – vgl. hierzu OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25.11.2021, 11 Verg 2 / 21 – Brandsimulationsanlage –(Nachforderung - Ermessensentscheidung bei nur noch eines Bewerbers – Rüge)
- Kostenentscheidung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 31.10.2022 - 11 Verg - / 21 – Kostenentscheidung nach Erledigung - §§ 106, 162, 182 GWB – amtlicher Leitsatz: Über die Kosten (Gebühren und Auslagen) vor der Vergabekammer ist analog § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB auch dann nach billigem Ermessen zu entscheiden, wenn die Erledigung des Nachprüfungsantrags erst während des Beschwerdeverfahrens eintritt. 2. § 182 Abs. 3 Satz 4, Satz 6 GWB finden auf eine Erledigung erst während des Beschwerdeverfahrens keine Anwendung. 3. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen (Festhaltung an Senat, Beschluss vom 07.06.2022 – 11 Verg 12/21). 4. Die Grundsätze über die Behandlung doppelrelevanter Tatsachen gelten auch im Vergabenachprüfungsverfahren. Begehrt der Antragsteller die Verpflichtung zur Durchführung eines GWB-Vergabeverfahrens mit dem Vorbringen, es liege ein schwellenwerterreichender Auftrag oder eine schwellenwerterreichende Konzession vor, ist dies bei der Zulässigkeitsprüfung allein aufgrund der Rechtsansicht des Antragstellers zu unterstellen.
- Kostenentscheidung - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
- Kostenentscheidung - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.01.2022 - 15 Verg 15 – 21 – Kostenentscheidung – erforderliche Hinzuziehung eines Anwalts: „Der Nachprüfungsantrag, insbesondere die Rüge, der Antragsgegner hätte für die Erstellung der Schnittstellen ein eigenes Los bilden müssen, warf Rechtsfragen auf, die zwar der Antragsgegner schon für die Ausschreibung zu überlegen und entscheiden hatte, die aber nicht einfach zu beantworten waren und zu deren Behandlung im Nachprüfungsverfahren es angebracht war, dass der Antragsgegner einen Rechtsbeistand für das Vergabenachprüfungsverfahren hinzuzog, weil er selbst nicht über vergaberechtlich geschultes Personal verfügte.“
- Kostenentscheidung - OLG Schleswig, Beschl. v. 15.07.2022 - 54 Verg 12 – 21 - Kostenentscheidung nach Erledigung - Sicherheitsdienstleistung (Objekt- und Personenschutz) – Kostenentscheidung nach Erledigung – summarische Prüfung – Abstellung auf den mutmaßlichen Ausgang – Unterliegen in der Hauptsache –dann auch volle Kostenbelastung trotz zunächst erfolgreichem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Aufhebung und nicht aktive Beteiligung einer Beigeladenen an Beschwerde: Beigeladene trägt außergerichtliche Kosten selbst – Streitwert bei Option nur mit 25 % des voraussichtlichen Auftragswertes
- Kostenentscheidung - Rahmenvertrag - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2022 - Verg 5 – 22 - Rahmenvertrag mehrere Unternehmen zur Lieferung von Startbahnkehrmaschinen - Einzelauftragsvergabe über 62 Startbahnkehrmaschinen – Kostenentscheidung der Vergabekammer (90 % zu 10 %) unzutreffend, da vollständiges Unterliegen der Antragsgegnerin und Beigeladenen (Untersagung des Einzelzuschlags als vollständiges Unterliegen) – 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB - Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner – „.. entscheidend materielle Betrachtung der verfolgten Ziele und des Verfahrensausgangs .... Im Vergabenachprüfungsverfahren haben die Anträge anders als im Zivilprozess keine den Streitgegenstand vergleichbar umgrenzende Funktion, weil die Vergabekammer nach § 168 Abs. 1 S. 2 GWB an die Anträge nicht gebunden ist .... Doch auch unter Zugrundelegung einer materiellen oder wirtschaftlichen Betrachtung der Verfahrensziele, hat die Antragstellerin vorliegend ihr Verfahrensziel vor der Vergabekammer vollumfänglich erreicht, indem ... die Zuschlagserteilung an die Beigeladene untersagt und aufgegeben worden ist, das Angebot der Antragstellerin ... zu berücksichtigen. Das war das erklärte Verfahrensziel der Antragstellerin ... Auf die Frage, ob die Antragstellerin mit allen ihren Rügen durchgedrungen ist, oder nur eine einzelne Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat, kommt es für die Frage des Obsiegens und Unterliegens nicht an. Sie hat mit ihrem Begehren obsiegt, wenn nur eine Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat (BGH, Beschl. v. 26.09.2006 – X ZB 14/06, Rn 57 ...; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 58 ...). Weitere Verfahrensziele hat die Antragstellerin nicht verfolgt.“ - „Solche ergeben sich auch nicht aus dem Nachprüfungsantrag zu Ziff. 1., mit dem sie beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Verfahren vergaberechtlich fortzuführen. Die Antragstellerin hat weder die Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Angebotsabgabe verlangt, noch hat sie beantragt, die Beigeladene von der Angebotswertung auszuschließen. Ihre Rügen bezogen sich allesamt auf die Angebotswertung. Damit bedeutet die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, welches eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben (vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 60 ...).
- Kostenentscheidung – Rücknahme - BayObLG, Beschl. v. 25.07.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung – Wirkungslosigkeit der Vergabekammerentscheidung infolge der Rücknahme der sofortigen Beschwerde (ausgenommen Kostenentscheidung) – „Durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags, die in der freien Disposition des Antragstellers steht und auch im Beschwerdeverfahren ohne Zustimmung der übrigen Beteiligten erklärt werden kann (BGH, Beschl. v. 24. März 2009, X ZB 29/08, NZBau 2009, 466 Rn. 12), ist das Verfahren beendet. Der Beschluss der Vergabekammer ist - abgesehen von der Gebührenfestsetzung - hinfällig und damit gegenstandslos...“ – Kostenentscheidung bezüglich des Beschwerdeverfahrens nach § 175 Abs. 2 i. V. m. § 71 GWB. Aus den dargelegten Gründen entspricht es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der durch den erfolglosen Antrag nach § 173 GWB verursachten Kosten aufzuerlegen. ... Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene notwendig ... Festsetzung des Streitwerts ... gemäß § 50 Abs. 2 GKG (5 % des Bruttoauftragswerts).
- Kostenschätzung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.07.2022 - 11 Verg 4 – 22 – Lichtsignalsteuerungszentrale (Anbindung an vorhandene Lichtanlagen) – Verhandlungsverfahren - §§ 57, 60 VgV, 97 GWB - Voraussetzung nach § 60 I VgV „ungewöhnlich niedriger Preis“ – Missverhältnis von Endpreis zum Wert der Leistung („erscheint“). – unterschiedliche Wahl der Bezugs- und Anknüpfungspunkte B. Vergleich mit Konkurrenzangeboten, Grobkalkulationen von Beratern, Kostenschätzungen des – maßgeblich Umstände des Einzelfalles – offengelassen, ob Entscheidungsspielraum lediglich durch Kontrolle der Nachvollziehbar-, Vertretbarkeit und Willkürfreiheit oder Pflicht zur Aufklärung ( Aufklärung verlangt, rechtmäßige Entscheidung) – mehrere Gründe für die Preisprüfung (Abstand zwischen dem Angebotspreis de Preisen der Mitbewerber, Abweichungen von der eigenen Kostenschätzung und eine eklatante Preisreduktion des finalen Angebots gegenüber dem ersten Angebot (ausführliche Darlegung – Aufgreifschwelle erreicht – u. a. ca. 16 % zwischen dem nächsthöherer Preis = € 912.561,56 und Antragsteller-Angebot € 767.024,48 im Verhältnis von 100 % - zulässige Wahl eines anderen Bezugspunkts und darauf beruhende Annahme des Überschreitens der Aufgreifschwelle – Beurteilungsspielraum („rechtsähnlicher Wertungsspielraum“) bei Prognose für zuverlässige Auftragsausführung – sorgfältige Prüfung des vorliegenden Unterkostenangebots (Erwartung einer ordnungs- und vertragsgemäße Leistungserbringung? Gefahr des Versuchs der Auftragsausführung so unaufwändig wie möglich und damit auch nicht vertragsgerecht?, Eignung“? etc.) – Nachweise nachvollziehbarer günstigerer Kalkulation durch effizientere Arbeitsmethoden oder Betriebsabläufe, preisgünstigere Bezugsquellen, bloße Erzielung eines Deckungsbeitrags oder Vorstoßes in neuen Markt – grundsätzlich Erläuterung des Gesamtangebotspreises (für Einordnung des Gesamtangebotspreises jedoch auch Bedeutung Einzelpreise bzw. Positionspreise): „Der Antragsgegner hat ersichtlich zunächst den Gesamtpreis bewertet und die ... Einzelpreise aufgeklärt. Diese Vorgehensweise erscheint naheliegend und unbedenklich.“ – Synergien etc. nicht näher dargelegt – „Verbleiben wie dargestellt für den Antragsgegner Fragen, d.h. wird die Aufklärung von ihm nicht als zufriedenstellend empfunden, ist er im Rahmen eines gebundenen Ermessens gehalten, das Angebot auszuschließen ...“ - unerhebliche Ausgliederung der Verkehrssparte und darauf gestützter weiterer Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV – „Ebenfalls ohne Bedeutung sind die Rügen ... hinsichtlich der Wertung ihres Angebots, insbesondere in Bezug auf die Zusammensetzung des Bewertungsgremiums, der Bewertung im Assessment, der Frage der Bekanntgabe der Wertungskriterien und der vergleichenden Wertung.“
- Krankenhaus – Gass, Georg, Zuwendungen und Vergaberecht – zu Rückforderungsrichtlinien und Ermessensausübung, ZfBR 2022, 33
- Krankentransport - EuGH, Beschl. v. 7.7.2022 - C‑213 - 21 und C‑214 – 21 - Italy Emergenza – Notfallkrankentransportdienste – unzulässig: Vergabe nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber Sozialgenossenschaften mit Ausschüttung von Rückvergütungen an ihre Mitglieder – Beschluss: „Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach Notfallkrankentransportdienste vorrangig durch Vereinbarung nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber an Sozialgenossenschaften vergeben werden dürfen, die an ihre Mitglieder Rückvergütungen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit ausschütten können.
- Krieg – Müller, Anne, Vergaben in Kriegszeiten, Vergabe News 2022, 106 – vgl. §§ 313 BGB, 132 GWB
- Krieg – Schröder, Holger, Russland-Sanktionen und Vergaberecht, UKuR 2022, 385
- Krieg Rhein, Kay-Uwe, Update Nachträge, Vergabe Navigator 2022, 5 - a. zum Erlass des Bundesbauministeriums v. 25.03.2022 - BWI7-70437/9 – Preisänderungen - vgl. auch §§ 313, 315 BGB
- Kriterien - Siegel, Thorsten. Neue Ziele im Vergaberecht, VergabeR 2022, 14
- Kündigung – Neuvergabe – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Kündigungsrecht - Sitz, Helena, Ausschreibungspflichtige Auftragsänderungen und das Kündigungsrecht nach § 133 Ab 1 Nr. 1 GWB , Verlag Dr. Kovaĉ 2022
- Leistungsbeschreibung – BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - nach der Leistungsbeschreibung erforderlich: SORMAS-Schnittstelle – in der Software der Antragstellerin im Frühjahr 2021 nicht installiert – vorhandene Installation in Angebot des Wettbewerbers - Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb –Bestimmungsrecht des Auftraggebers (zulässige Forderung der SORMAS-Schnittstelle als Mindestanforderung) – keine Pflicht zur Einräumung der Programmierung nach Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung – kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot – keine Pflicht zum Ausgleich von Wettbewerbsvorteilen eines Bieters mit aussschreibungsgemäßer Software – keine unberechtigte Bevorzugung – kein Verstoß gegen § 31 VI VgV (keine offene oder verdeckte Produktvorgabe: SORMAS Open-Source-Software und allgemein zugänglich für Programmierung) – infolge der Nichterfüllung der Mindestkriterien - weitere behauptete Verstöße nicht relevant (Dringlichkeit, Durchführung der Markterkundung) – Zuschlag hätte in keinem Fall auf Antragsteller-Angebot erteilt werden können: “Die Software der Antragstellerin verfügte über keine SORMAS-Schnittstelle und wäre daher mangels Erfüllung des - zulässigen - Mindestkriteriums für einen Zuschlag auf keinen Fall in Betracht gekommen. .... Der Nachprüfungsantrag ist daher unabhängig davon unbegründet, ob weitere Rechtsverletzungen tatsächlich vorlagen. .... Anhaltspunkte dafür, dass auch die Angebote der Beigeladenen und des weiteren zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerbers hätten ausgeschlossen werden müssen, der Antragsgegner sodann das Mindestkriterium einer SORMAS-Schnittstelle aufgehoben und die Antragstellerin infolgedessen eine Chance auf den Auftrag erhalten hätte (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 1. September 2021, 17 Verg 2/21 - LUCA-App I, juris Rn. 57; OLG München, Beschl. v. 5. November 2009, Verg 15/09, juris Rn. 67), sind nicht erkennbar.“ – Kostenentscheidung nach § 175 II, 71 S. 1 und 2 Alt. 1 GWB - Streitwert (5 % der Auftragssumme)
- Leistungsbeschreibung - Bolz, Stephan, Wer trägt das Kontaminationsrisiko bei funktionaler Leistungsbeschreibung?, ZfBR 2022, 12
- Leistungsbeschreibung – KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Zulässigkeit (Antragsbefugnis – Interesse – Rechtsverletzung – rechtzeitige Rüge) - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....De Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Leistungsbeschreibung - Koch, Philipp Moritz/Siegmund, Gabriela, Siegmund, Reinhard, Erfolgreiche Erstellung der Leistungsbeschreibung bei IT-Vergaben , MMR 2022, 731
- Leistungsverzeichnis - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Leistungsverzeichnis – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.03.2022 - 11 Verg 10 – 21 – Infrastrukturerrichtung und Erschließung“ in Wohnviertel – Rüge – Präklusion - Nebenangebote – Mindestanforderung - amtlicher Leitsatz: Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist. 2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. 3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.
- Leistungsverzeichnis _ BGH, Beschl. v. 13.09.2022 - XIII ZR 9 – 20 – Schadensersatz (verneint) - Bodenaushub - Rohbauarbeiten - Leistungsverzeichnis – §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 16 Abs. 1 Nr. 3, 15 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A amtlicher Leitsatz: „a) Versteht der Bieter die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses falsch und gibt daher den deutlich höheren Preis einer Leistung an, die nach dem Leistungsverzeichnis gar nicht zu erbringen ist, enthält sein Angebot nicht den geforderten Preis, so dass es gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016 auszuschließen ist. b) Aufklärung über die Preiskalkulation eines Nachunternehmers kann jedenfalls dann verlangt werden, wenn zu klären ist, ob das Angebot den Vorgaben im Leistungsverzeichnis entspricht.“
- Lichtsignalsteuerung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.07.2022 - 11 Verg 4 – 22 – Lichtsignalsteuerungszentrale (Anbindung an vorhandene Lichtanlagen) – Verhandlungsverfahren - §§ 57, 60 VgV, 97 GWB - Voraussetzung nach § 60 I VgV „ungewöhnlich niedriger Preis“ – Missverhältnis von Endpreis zum Wert der Leistung („erscheint“). – unterschiedliche Wahl der Bezugs- und Anknüpfungspunkte B. Vergleich mit Konkurrenzangeboten, Grobkalkulationen von Beratern, Kostenschätzungen des – maßgeblich Umstände des Einzelfalles – offengelassen, ob Entscheidungsspielraum lediglich durch Kontrolle der Nachvollziehbar-, Vertretbarkeit und Willkürfreiheit oder Pflicht zur Aufklärung ( Aufklärung verlangt, rechtmäßige Entscheidung) – mehrere Gründe für die Preisprüfung (Abstand zwischen dem Angebotspreis de Preisen der Mitbewerber, Abweichungen von der eigenen Kostenschätzung und eine eklatante Preisreduktion des finalen Angebots gegenüber dem ersten Angebot (ausführliche Darlegung – Aufgreifschwelle erreicht – u. a. ca. 16 % zwischen dem nächsthöherer Preis = € 912.561,56 und Antragsteller-Angebot € 767.024,48 im Verhältnis von 100 % - zulässige Wahl eines anderen Bezugspunkts und darauf beruhende Annahme des Überschreitens der Aufgreifschwelle – Beurteilungsspielraum („rechtsähnlicher Wertungsspielraum“) bei Prognose für zuverlässige Auftragsausführung – sorgfältige Prüfung des vorliegenden Unterkostenangebots (Erwartung einer ordnungs- und vertragsgemäße Leistungserbringung? Gefahr des Versuchs der Auftragsausführung so unaufwändig wie möglich und damit auch nicht vertragsgerecht?, Eignung“? etc.) – Nachweise nachvollziehbarer günstigerer Kalkulation durch effizientere Arbeitsmethoden oder Betriebsabläufe, preisgünstigere Bezugsquellen, bloße Erzielung eines Deckungsbeitrags oder Vorstoßes in neuen Markt – grundsätzlich Erläuterung des Gesamtangebotspreises (für Einordnung des Gesamtangebotspreises jedoch auch Bedeutung Einzelpreise bzw. Positionspreise): „Der Antragsgegner hat ersichtlich zunächst den Gesamtpreis bewertet und die ... Einzelpreise aufgeklärt. Diese Vorgehensweise erscheint naheliegend und unbedenklich.“ – Synergien etc. nicht näher dargelegt – „Verbleiben wie dargestellt für den Antragsgegner Fragen, d.h. wird die Aufklärung von ihm nicht als zufriedenstellend empfunden, ist er im Rahmen eines gebundenen Ermessens gehalten, das Angebot auszuschließen ...“ - unerhebliche Ausgliederung der Verkehrssparte und darauf gestützter weiterer Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV – „Ebenfalls ohne Bedeutung sind die Rügen ... hinsichtlich der Wertung ihres Angebots, insbesondere in Bezug auf die Zusammensetzung des Bewertungsgremiums, der Bewertung im Assessment, der Frage der Bekanntgabe der Wertungskriterien und der vergleichenden Wertung.“
- Lieferkettengesetz - Fritz, Aline/ Klaedtke, Jonatan, Lieferketten im Vergabeverfahren, NZBau 2022, 131 – zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.12.2021 - VII - Verg 53 – 20 – unberechtigter Nachweis einer geschlossenen Lieferkette
- Lieferkettengesetz - Helck, Thomas, Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten. Worauf sich Unternehmer zukünftig vorbereiten müssen, BB 2021, 1603
- Lieferkettengesetz - Nietsch, Michael/Wiedmann, Michael, Adressatenkreis und sachlicher Anwendungsbereich des neuen Lieferkettengesetz, NJW 2022, 1
- Limitierung – Mager, Stefan, Angebots- und Zuschlagslimitierung im Spannungsfeld des Transparenzgrundsatzes, VergabeR 2a/2022, 331
- Literatur 2022 nach Sachbegriffen von A - Z
- Lobbyregistergesetz - Irmscher, Philipp. Lobbyregistergesetz – weit anwendbares Neuland auch für die Anwälte, NJW 2022, 273
- Löschung - Jauch, Oliver, Röttger, Theresa, Die neuen Leitlinien und Hinweise zur vorzeitigen Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung, Newsdienst Compliance 2022, 2200
- Manipulation - Noch, Rainer. Manipulierte Vergabe, Vergabe Navigator 2021, 28
- Marktpreis – Roth, Frank, Was weiß das Recht vom Markt? Die neue Definition des Marktpreises in der Preisverordnung VO PR 30/53, VergabeR 2022, 372 – zu BVerwG v. 14.04.2016 - 22 B 16.1447
- medizinische Geräte – VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Mehraufwand - Fuchs, Heiko, Mehraufwand des Architekten infolge Preisgleitung, NZBau 2022,
563 - Mehrdeutigkeit – KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Zulässigkeit (Antragsbefugnis – Interesse – Rechtsverletzung – rechtzeitige Rüge) - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....De Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Mietspiegel – KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Zulässigkeit (Antragsbefugnis – Interesse – Rechtsverletzung – rechtzeitige Rüge) - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....De Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Mindestanforderung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.03.2022 - 11 Verg 10 – 21 – Infrastrukturerrichtung und Erschließung“ in Wohnviertel – Rüge – Präklusion - Nebenangebote – Mindestanforderung - amtlicher Leitsatz: Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist. 2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. 3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.
- Mindestanforderungen – EuGH, Urt. v. 31.3.2022, C - 195 – 21 – LB - Bauauftrag unter Schwellenwert - Zuschuss etwa 331 000 Euro - für Finanzierung zur Stabilisierung (Erdrutsch) - 58 I, IV RL 2014/24/EU – amtlicher Tenor: 1. Art. 58 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Auswahlkriterien zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer strengere Anforderungen als die insoweit von den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Mindestanforderungen aufstellen darf, soweit mit den Anforderungen sichergestellt werden kann, dass ein Bewerber oder ein Bieter über die für die Ausführung des zu vergebenden Auftrags erforderliche technische und berufliche Eignung verfügt, und die Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. 2. Art. 8 Abs. 3 der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ... dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einer unterschiedlichen Beurteilung derselben Tatsachen durch die zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union berufenen nationalen Behörden nicht entgegensteht.“ - Geltung der in Bulgarien umgesetzten Richtlinie 2014/24 unabhängig vom Wert der Aufträge für alle bezuschussten Aufträge aus Europäischen Fonds – zulässige zweckmäßige Mindestanforderungen mit Bezug auf Befähigung zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. die technische und berufliche Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung der rechtlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die technischen und beruflichen Fähigkeiten zur Ausführung des zu vergebenden Auftrags: „Alle Anforderungen müssen zudem mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.“ – Beachtung von Gleichbehandlung, Transparenz, Verhältnismäßigkeit – zulässige Festlegung der Auswahlkriterien über das von den nationalen Rechtsvorschriften hinausgehende Niveau der Mindestanforderungen, „sofern sie durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist, zu diesem verhältnismäßig“ etc. sind (Sache der Prüfung durch vorlegendes Gericht – Auslegung von Art. 4 und 5 der VO Nr. 2988/95: Zulässigkeit unterschiedlicher Folgen für schuldlose, vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes und Geldbuße von 2 % des Vertragswerts und Höchstwert von etwa 5 100 Euro ohne Feststellung der Schwere des Verstoßes und seiner tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Interessen der Union - Auslegung von Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 i. Verb. mit den Erwägungsgründen 43 und 122 der VO Nr. 1303/2013 (sektorbezogene Regelungen keine Relevanz) – zulässige Prüfungen durch Verwaltungsbehörde und weitere Behörde mit unterschiedlichen Zielsetzungen - kein Vertrauensschutz bei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen unabhängiger Prüfungsinstanzen mit unterschiedlichen Zielrichtungen) -
- Mindestlohn - OLG Schleswig, Beschl. v. 03.2022 - 54 Verg 11 – 21 - Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen – aufschiebende Wirkung – fehlende Transparenz der Vergabeunterlagen und nachfolgender „Klarstellungen“ – Unklarheit über Tarifvertrag und Mindestlohn
- Mindestlohn _ OLG Brandenburg, Urt. v. 23.02.2022 - 4 U 111 – 21 – Klage Vergütung – Reinigungsleistungen - Nachweis des Mindestlohns für Reinigungsarbeiten durch Nachunternehmer – nur Zug um Zug gegen Vorlage der namentlichen Auflistung der Arbeitnehmer, der Stundenachweise und Lohnabrechnungen – kein Entgegenstehen der datenschutzrechtlichen Vorschriften (vgl. Art. 6 I f) DSGVO) – berechtigtes Interesse des Generalunternehmers an Nachweis der Einhaltung des Mindestlohns durch Subunternehmer
- Mindestsatz - Fuchs, Heiko, Hout, Robin van der, Die Wiederbelebung des Mindestsatz-Zombies, NZBau 2022, 78
- Mindestumsätze - Hattig, Oliver/Oest, Tobias, Mindestumsätze und Arbeitsgemeinschaften , NZBau 2022, 393
- Mischverträge - Klein, Quirin, Zusammen oder getrennt? Die Auftragswertberechnung bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen, VergabeR 2a/2022, 327
- Nachhaltigkeit - Jasper, Ute, Nachhaltige Vergaben - Green Procurement , Beck 2022
- Nachhaltigkeit - Lausen, Irene/ Pustal, Alexander. Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Vergabeverfahren, NZBau 2022, 3
- Nachhaltigkeit - Rhein, Kay-Uwe, Nachhaltigkeit in der Vergabe, Vergabe Navigator 2022, 11
- Nachhaltigkeit - Siegel, Thorsten, Das Berücksichtigungsgebot des Bundes-Klimaschutzgesetzes und seine Relevanz im Vergaberecht, NZBau 2022, 315
- Nachlass - Beckmann-Oehmen, Katrin, Rechenaufgabe Nachlässe und Skonti, Vergabe Navigator 2022, 15
- Nachprüfungsantrag – Rücknahme - BayObLG, Beschl. v. 25.07.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung – Wirkungslosigkeit der Vergabekammerentscheidung infolge der Rücknahme der sofortigen Beschwerde (ausgenommen Kostenentscheidung) – „Durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags, die in der freien Disposition des Antragstellers steht und auch im Beschwerdeverfahren ohne Zustimmung der übrigen Beteiligten erklärt werden kann (BGH, Beschl. v. 24. März 2009, X ZB 29/08, NZBau 2009, 466 Rn. 12), ist das Verfahren beendet. Der Beschluss der Vergabekammer ist - abgesehen von der Gebührenfestsetzung - hinfällig und damit gegenstandslos...“ – Kostenentscheidung bezüglich des Beschwerdeverfahrens nach § 175 Abs. 2 i. V. m. § 71 GWB. Aus den dargelegten Gründen entspricht es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der durch den erfolglosen Antrag nach § 173 GWB verursachten Kosten aufzuerlegen. ... Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene notwendig ... Festsetzung des Streitwerts ... gemäß § 50 Abs. 2 GKG (5 % des Bruttoauftragswerts).
- Nachprüfungsverfahren - Steck, Matthias, Aktuelle Entwicklungen und ungeklärte Fragen zum vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, VergabeR 2a/2022, 300
- Nachträge - Rhein, Kay-Uwe, Update Nachträge, Vergabe Navigator 2022, 5 - a. zum Erlass des Bundesbauministeriums v. 25.03.2022 - BWI7-70437/9 – Preisänderungen - vgl. auch §§ 313, 315 BGB
- Nebenangebote – Mindestanforderung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.03.2022 - 11 Verg 10 – 21 – Infrastrukturerrichtung und Erschließung“ in Wohnviertel – Rüge – Präklusion - Nebenangebote – Mindestanforderung - amtlicher Leitsatz: Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist. 2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. 3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.
- Netzbetreiber - Müller, Hans-Peter, EuGH: Beschaffung netztechnischer Betriebsmittel durch Übertragungsnetzbetreiber, NZBau 2022, 265
- Netztechnik - Müller, Hans-Pete, EuGH: Beschaffung netztechnischer Betriebsmittel durch Übertragungsnetzbetreiber, NZBau 2022, 265
- Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Neuvergabe – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Newcomer - Noch, Rainer, Die Eignung des Start-up, Vergabe Navigator 2022, 26
- Noch, Rainer, Was im Auge des Betrachters liegt, Vergabe Navigator 2022, 21
- Noten - OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.07.2022 - 11 Verg 4 – 22 – Lichtsignalsteuerungszentrale (Anbindung an vorhandene Lichtanlagen) – Verhandlungsverfahren - §§ 57, 60 VgV, 97 GWB - Voraussetzung nach § 60 I VgV „ungewöhnlich niedriger Preis“ – Missverhältnis von Endpreis zum Wert der Leistung („erscheint“). – unterschiedliche Wahl der Bezugs- und Anknüpfungspunkte B. Vergleich mit Konkurrenzangeboten, Grobkalkulationen von Beratern, Kostenschätzungen des – maßgeblich Umstände des Einzelfalles – offengelassen, ob Entscheidungsspielraum lediglich durch Kontrolle der Nachvollziehbar-, Vertretbarkeit und Willkürfreiheit oder Pflicht zur Aufklärung ( Aufklärung verlangt, rechtmäßige Entscheidung) – mehrere Gründe für die Preisprüfung (Abstand zwischen dem Angebotspreis de Preisen der Mitbewerber, Abweichungen von der eigenen Kostenschätzung und eine eklatante Preisreduktion des finalen Angebots gegenüber dem ersten Angebot (ausführliche Darlegung – Aufgreifschwelle erreicht – u. a. ca. 16 % zwischen dem nächsthöherer Preis = € 912.561,56 und Antragsteller-Angebot € 767.024,48 im Verhältnis von 100 % - zulässige Wahl eines anderen Bezugspunkts und darauf beruhende Annahme des Überschreitens der Aufgreifschwelle – Beurteilungsspielraum („rechtsähnlicher Wertungsspielraum“) bei Prognose für zuverlässige Auftragsausführung – sorgfältige Prüfung des vorliegenden Unterkostenangebots (Erwartung einer ordnungs- und vertragsgemäße Leistungserbringung? Gefahr des Versuchs der Auftragsausführung so unaufwändig wie möglich und damit auch nicht vertragsgerecht?, Eignung“? etc.) – Nachweise nachvollziehbarer günstigerer Kalkulation durch effizientere Arbeitsmethoden oder Betriebsabläufe, preisgünstigere Bezugsquellen, bloße Erzielung eines Deckungsbeitrags oder Vorstoßes in neuen Markt – grundsätzlich Erläuterung des Gesamtangebotspreises (für Einordnung des Gesamtangebotspreises jedoch auch Bedeutung Einzelpreise bzw. Positionspreise): „Der Antragsgegner hat ersichtlich zunächst den Gesamtpreis bewertet und die ... Einzelpreise aufgeklärt. Diese Vorgehensweise erscheint naheliegend und unbedenklich.“ – Synergien etc. nicht näher dargelegt – „Verbleiben wie dargestellt für den Antragsgegner Fragen, d.h. wird die Aufklärung von ihm nicht als zufriedenstellend empfunden, ist er im Rahmen eines gebundenen Ermessens gehalten, das Angebot auszuschließen ...“ - unerhebliche Ausgliederung der Verkehrssparte und darauf gestützter weiterer Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV – „Ebenfalls ohne Bedeutung sind die Rügen ... hinsichtlich der Wertung ihres Angebots, insbesondere in Bezug auf die Zusammensetzung des Bewertungsgremiums, der Bewertung im Assessment, der Frage der Bekanntgabe der Wertungskriterien und der vergleichenden Wertung.“
- OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.07.2022 - 11 Verg 4 – 22 – Lichtsignalsteuerungszentrale (Anbindung an vorhandene Lichtanlagen) – Verhandlungsverfahren - §§ 57, 60 VgV, 97 GWB - Voraussetzung nach § 60 I VgV „ungewöhnlich niedriger Preis“ – Missverhältnis von Endpreis zum Wert der Leistung („erscheint“). – unterschiedliche Wahl der Bezugs- und Anknüpfungspunkte B. Vergleich mit Konkurrenzangeboten, Grobkalkulationen von Beratern, Kostenschätzungen des – maßgeblich Umstände des Einzelfalles – offengelassen, ob Entscheidungsspielraum lediglich durch Kontrolle der Nachvollziehbar-, Vertretbarkeit und Willkürfreiheit oder Pflicht zur Aufklärung ( Aufklärung verlangt, rechtmäßige Entscheidung) – mehrere Gründe für die Preisprüfung (Abstand zwischen dem Angebotspreis de Preisen der Mitbewerber, Abweichungen von der eigenen Kostenschätzung und eine eklatante Preisreduktion des finalen Angebots gegenüber dem ersten Angebot (ausführliche Darlegung – Aufgreifschwelle erreicht – u. a. ca. 16 % zwischen dem nächsthöherer Preis = € 912.561,56 und Antragsteller-Angebot € 767.024,48 im Verhältnis von 100 % - zulässige Wahl eines anderen Bezugspunkts und darauf beruhende Annahme des Überschreitens der Aufgreifschwelle – Beurteilungsspielraum („rechtsähnlicher Wertungsspielraum“) bei Prognose für zuverlässige Auftragsausführung – sorgfältige Prüfung des vorliegenden Unterkostenangebots (Erwartung einer ordnungs- und vertragsgemäße Leistungserbringung? Gefahr des Versuchs der Auftragsausführung so unaufwändig wie möglich und damit auch nicht vertragsgerecht?, Eignung“? etc.) – Nachweise nachvollziehbarer günstigerer Kalkulation durch effizientere Arbeitsmethoden oder Betriebsabläufe, preisgünstigere Bezugsquellen, bloße Erzielung eines Deckungsbeitrags oder Vorstoßes in neuen Markt – grundsätzlich Erläuterung des Gesamtangebotspreises (für Einordnung des Gesamtangebotspreises jedoch auch Bedeutung Einzelpreise bzw. Positionspreise): „Der Antragsgegner hat ersichtlich zunächst den Gesamtpreis bewertet und die ... Einzelpreise aufgeklärt. Diese Vorgehensweise erscheint naheliegend und unbedenklich.“ – Synergien etc. nicht näher dargelegt – „Verbleiben wie dargestellt für den Antragsgegner Fragen, d.h. wird die Aufklärung von ihm nicht als zufriedenstellend empfunden, ist er im Rahmen eines gebundenen Ermessens gehalten, das Angebot auszuschließen ...“ - unerhebliche Ausgliederung der Verkehrssparte und darauf gestützter weiterer Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV – „Ebenfalls ohne Bedeutung sind die Rügen ... hinsichtlich der Wertung ihres Angebots, insbesondere in Bezug auf die Zusammensetzung des Bewertungsgremiums, der Bewertung im Assessment, der Frage der Bekanntgabe der Wertungskriterien und der vergleichenden Wertung.“
- OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.07.2022 - 11 Verg 4 – 22 – Lichtsignalsteuerungszentrale (Anbindung an vorhandene Lichtanlagen) – Verhandlungsverfahren - §§ 57, 60 VgV, 97 GWB - Voraussetzung nach § 60 I VgV „ungewöhnlich niedriger Preis“ – Missverhältnis von Endpreis zum Wert der Leistung („erscheint“). – unterschiedliche Wahl der Bezugs- und Anknüpfungspunkte B. Vergleich mit Konkurrenzangeboten, Grobkalkulationen von Beratern, Kostenschätzungen des – maßgeblich Umstände des Einzelfalles – offengelassen, ob Entscheidungsspielraum lediglich durch Kontrolle der Nachvollziehbar-, Vertretbarkeit und Willkürfreiheit oder Pflicht zur Aufklärung ( Aufklärung verlangt, rechtmäßige Entscheidung) – mehrere Gründe für die Preisprüfung (Abstand zwischen dem Angebotspreis de Preisen der Mitbewerber, Abweichungen von der eigenen Kostenschätzung und eine eklatante Preisreduktion des finalen Angebots gegenüber dem ersten Angebot (ausführliche Darlegung – Aufgreifschwelle erreicht – u. a. ca. 16 % zwischen dem nächsthöherer Preis = € 912.561,56 und Antragsteller-Angebot € 767.024,48 im Verhältnis von 100 % - zulässige Wahl eines anderen Bezugspunkts und darauf beruhende Annahme des Überschreitens der Aufgreifschwelle – Beurteilungsspielraum („rechtsähnlicher Wertungsspielraum“) bei Prognose für zuverlässige Auftragsausführung – sorgfältige Prüfung des vorliegenden Unterkostenangebots (Erwartung einer ordnungs- und vertragsgemäße Leistungserbringung? Gefahr des Versuchs der Auftragsausführung so unaufwändig wie möglich und damit auch nicht vertragsgerecht?, Eignung“? etc.) – Nachweise nachvollziehbarer günstigerer Kalkulation durch effizientere Arbeitsmethoden oder Betriebsabläufe, preisgünstigere Bezugsquellen, bloße Erzielung eines Deckungsbeitrags oder Vorstoßes in neuen Markt – grundsätzlich Erläuterung des Gesamtangebotspreises (für Einordnung des Gesamtangebotspreises jedoch auch Bedeutung Einzelpreise bzw. Positionspreise): „Der Antragsgegner hat ersichtlich zunächst den Gesamtpreis bewertet und die ... Einzelpreise aufgeklärt. Diese Vorgehensweise erscheint naheliegend und unbedenklich.“ – Synergien etc. nicht näher dargelegt – „Verbleiben wie dargestellt für den Antragsgegner Fragen, d.h. wird die Aufklärung von ihm nicht als zufriedenstellend empfunden, ist er im Rahmen eines gebundenen Ermessens gehalten, das Angebot auszuschließen ...“ - unerhebliche Ausgliederung der Verkehrssparte und darauf gestützter weiterer Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV – „Ebenfalls ohne Bedeutung sind die Rügen ... hinsichtlich der Wertung ihres Angebots, insbesondere in Bezug auf die Zusammensetzung des Bewertungsgremiums, der Bewertung im Assessment, der Frage der Bekanntgabe der Wertungskriterien und der vergleichenden Wertung.“
- OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- OLG Schleswig, Beschl. v. 13.07.2022 - 54 Verg 2 – 22 - Verschwiegenheitserklärung - Neubau I., hier Leitstellentechnik - Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz – Absichtserklärung - Sprachvermittlungsprogramm ASGARD - Zu den Teilnahmeunterlagen gehört auch eine gegenüber dem Antragsgegner abzugebende Verschwiegenheitserklärung zum Vergabeverfahren: „Im Rahmen des oben genannten Vergabeverfahrens, sowie im Rahmen einer weiteren Zusammenarbeit zwischen dem Kreis S., (im folgenden „Auftraggeber“ genannt) und oben genanntem Empfänger (im Folgenden „Empfänger“ genannt) wird der Kreis S. dem Empfänger Informationen zur Verfügung stellen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und nicht allgemein zugänglich sind (im Folgenden „Vertrauliche Informationen“). Bezüglich dieser Informationen und eines potentiellen Engagements (im Folgenden „Engagement“) werden folgende Vereinbarungen geschlossen: ...“ – „Die dort vereinbarte bzw. zum Gegenstand des Angebots gemachte Geheimhaltungsverpflichtung der Bieter dürfte nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB wegen unangemessener, gegen Treu und Glauben verstoßender Benachteiligung der Bieter unwirksam sein, insbesondere wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des abzuschließenden Vertrages ergeben, so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.“
- OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 03.2022 - 54 Verg 1 – 22 – Rettungsdienst – Katstrophenschutz etc. (CPV) - § 107 I Nr. 4 GWB – Erledigung – Kostenentscheidung – mündliche Verhandlung – Aufhebung des Verfahrens - keine Aussicht auf Erfolg – Entscheidung nach summarischer Prüfung
- OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.03.2022 - 16 U 166 - 21 Kart - Konzessionsverträge - Strom- und das Gasnetz - §§ 1 I, 46 EnWG – einstweilige Verfügung auf Unterlassung des Verfahrens zum Abschluss neuer Wegenutzungsverträge mit den Kriterium „Versorgungssicherheit allein anhand der Reaktionszeiten bei einer einzigen bestimmten Störung abgebildet wird mit den Unter-Kriterien „Reaktionszeit bei Störungen“ und den Unter-Unter-Kriterium „Wiederherstellung der Versorgung“
- Open-House-Modell – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.2022 - 11 Verg 8 – 21 – private Vermittlung von Abschleppaufträgen auf der Grundlage eines Vermittlungsregisters im „Reih-um-Verfahren – §§ 97 I, 165, 168 GWB; §§ 6, 63 VgV - unzulässige vollständige Weitergabe der einzelnen Abschleppaufträge durch „Vermittlungszentrale“ ohne Zulassungsprüfung durch den öffentliche Auftraggeber selbst – kein „Open House - Modell“ - amtliche Leitsätze: Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss. 2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden
- Open-House-Vergabe - VK Bund , Beschl. 25.5.2022 - VK 2 – 56/22 – Open-House-Vergabe – Rabattverträge - offensichtliche Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages- fehlende Statthaftigkeit auch bei möglicher diskriminierender Zugangsvoraussetzungen zum Open-House-Verfahren – Open-House-Verfahren ohne Auswahlentscheidung - Zuständigkeit der Sozialgerichte - zwei mögliche Wege: entweder wettbewerbliches Verfahren gemäß § 103 V GWB oder Vergabe von Rabattverträgen im Open-house-Verfahren (vergaberechtsfrei) – aus der Entscheidung: „Es ist danach zu differenzieren zwischen dem Open-house-Verfahrens und dessen Rechtmäßigkeit; selbst wenn es nicht rechtskonform ausgestaltet ist, nimmt ihm dieser Umstand nicht den grundlegenden Charakter als Open-house-Verfahren, sondern es handelt sich dann um ein rechtswidrig ausgestaltetes Open-house-Verfahren, das sich dadurch aber nicht zum öffentlichen Auftrag wandelt. Anders formuliert, sind eine diskriminierungsfreie Ausgestaltung und verhältnismäßige Vorgaben keine Tatbestandsmerkmale des Open-house-Modells, sondern Anforderungen an dessen Rechtmäßigkeit. Für die Rechtmäßigkeitsüberprüfung sind indes die Sozialgerichte zuständig.“ - grundlegend EuGH, Urt. v. 11. 2009 – C-300/07, „Oymanns“ - Grundsatzentscheidung des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. 10. 2018 – VII Verg 37/18 m. Hinw. auf EuGH Urt. v. 2. 6. 2016 – C 410/14 „Dr. Falk Pharma GmbH“ und v. 1. 3. 2018 – C 9/17 „Tirkkonen“).
- ÖPNV – EuGH, Urt. v. 10.11.2022, C - 631 – 21 - Taxi Horn Tours - Busbeförderung- Europäische Eigenerklärung - amtlicher Leitsatz: Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU ... in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 und Art. 63 dieser Richtlinie sowie Anhang 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 der Kommission vom 05.01.2016 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung ist dahin auszulegen, dass ein Gemeinschaftsunternehmen, das – ohne eine juristische Person zu sein – die Form einer Gesellschaft hat, die dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats unterliegt, in dessen Handelsregister eingetragen ist, sowohl vorübergehender als auch dauerhafter Natur sein kann und deren Gesellschafter auf dem gleichen Markt tätig sind wie das Unternehmen und gesamtschuldnerisch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vom Unternehmen eingegangenen Verpflichtungen haften, dem öffentlichen Auftraggeber ausschließlich seine eigene Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) vorlegen muss, wenn es in eigenem Namen an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilnehmen oder ein Angebot abgeben möchte und den Nachweis erbringt, dass es den in Rede stehenden Auftrag ausschließlich mit eigenem Personal und Material ausführen kann. Meint das Gemeinschaftsunternehmen hingegen, für die Ausführung eines öffentlichen Auftrags auf die Mittel bestimmter Gesellschafter zurückgreifen zu müssen, ist dies als eine Inanspruchnahme der Kapazitäten anderer Unternehmen gemäß Art. 63 der Richtlinie 2014/24 zu betrachten, und das Unternehmen muss dann nicht nur seine eigene EEE, sondern auch eine EEE für jeden Gesellschafter vorlegen, dessen Kapazitäten es in Anspruch nehmen möchte.
- ÖPNV - EuGH, Urt. v. 15.9.2022 - C - 416 - 21 - Busverkehrsdienstleistungen – ÖPNV – Ausschlusstatbestände - amtlicher Leitsatz: Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24/EU .... in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25/EU ... vom 26.02.2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2364 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der in diesem Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d genannte fakultative Ausschlussgrund Situationen, in denen hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Wirtschaftsteilnehmer eine gegen Art. 101 AEUV verstoßende Vereinbarung geschlossen haben, erfasst, aber nicht auf die in diesem Artikel angeführten Vereinbarungen beschränkt ist. 2. Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2365 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass dieser Art. 57 Abs. 4 die fakultativen Ausschlussgründe abschließend regelt, mit denen der Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus Gründen gerechtfertigt werden kann, die sich, gestützt auf objektive Anhaltspunkte, auf seine berufliche Eignung sowie auf einen Interessenkonflikt oder eine aus seiner Einbeziehung in dieses Verfahren resultierende Wettbewerbsverzerrung beziehen. Aus diesem Art. 57 Abs. 4 ergibt sich jedoch nicht, dass der in Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung vorgesehene Gleichbehandlungsgrundsatz der Vergabe des in Rede stehenden Auftrags an Wirtschaftsteilnehmer, die eine wirtschaftliche Einheit bilden und deren Angebote trotz getrennter Abgabe weder eigenständig noch unabhängig sind, nicht entgegenstehen könnte.
- ÖPNV - Meyer, Michael, Tariftreue im ÖPNV, öAT 2022, 8
- ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- ÖPNV – OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- ÖPNV – Schnellfährdienst - EuGH, Urt. v. 13.10.2022, C - 437 – 21 - Direktvergabe des Schnellfährdienstes für den Personenverkehr – amtlicher Leitsatz: Die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage), insbesondere ihr Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1, ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Gleichstellung von Fährdiensten mit Eisenbahnverkehrsdiensten zum Gegenstand hat, wenn diese Gleichstellung zur Folge hat, dass die betreffende Dienstleistung von der Anwendung der Regelung über die Vergabe öffentlicher Aufträge, die für sie gilt, ausgenommen wird.
- Option - Kräber, Wolfgang, Greift der 48-Monats-Deckel des § 3 Abs. 11 VgV auch bei Verlängerungsoptionen? VergabeFokus 2/2022, 9
- Option – OLG Schleswig, Beschl. v. 15.07.2022 - 54 Verg 12 – 21 - Kostenentscheidung nach Erledigung - Sicherheitsdienstleistung (Objekt- und Personenschutz) – Kostenentscheidung nach Erledigung – summarische Prüfung – Abstellung auf den mutmaßlichen Ausgang – Unterliegen in der Hauptsache –dann auch volle Kostenbelastung trotz zunächst erfolgreichem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Aufhebung und nicht aktive Beteiligung einer Beigeladenen an Beschwerde: Beigeladene trägt außergerichtliche Kosten selbst – Streitwert bei Option nur mit 25 % des voraussichtlichen Auftragswertes
- Ortsbesichtigung - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung Unbegründetheit: keine widersprüchlichen oder missverständlichen Vorgaben - eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung (Verpflegung) – strittige Äußerungen bei Ortsbesichtigung durch Mitarbeiter des Auftraggebers: „Die Vergabestelle hat die Antragstellerin vorab eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Ortstermin rein der Besichtigung dient, Fragen weder erörtert noch beantwortet werden und ein Bieter ausschließlich über die Vergabeplattform verbindliche Informationen zum Vergabeverfahren erhalten kann. Die Antragstellerin konnte damit Erklärungen vor Ort keine Relevanz für das Vergabeverfahren, insbesondere für das Verständnis der Vergabeunterlagen, beimessen.“ –
- Pandemie - BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - keine Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Antragstellers – erforderliches Weiterbestehen des Interesses des Antragstellers am Auftrag (Aufforderung zur Erklärung über Weiterführung des Geschäfts und weitere Beteiligung AN Ausschreibung) – nach der Leistungsbeschreibung erforderlich: SORMAS-Schnittstelle – in der Software der Antragstellerin im Frühjahr 2021 nicht installiert – vorhandene Installation in Angebot des Wettbewerbers - Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb – bejahte Antragsbefugnis – Bestimmungsrecht des Auftraggebers (zulässige Forderung der SORMAS-Schnittstelle als Mindestanforderung) – keine Pflicht zur Einräumung der Programmierung nach Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung – kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot – keine Pflicht zum Ausgleich von Wettbewerbsvorteilen eines Bieters mit aussschreibungsgemäßer Software – keine unberechtigte Bevorzugung – kein Verstoß gegen § 31 VI VgV (keine offene oder verdeckte Produktvorgabe: SORMAS Open-Source-Software und allgemein zugänglich für Programmierung) – infolge der Nichterfüllung der Mindestkriterien weitere behauptete Verstöße nicht relevant (Dringlichkeit, Durchführung der Markterkundung) – Zuschlag hätte in keinem Fall auf Antragsteller-Angebot erteilt werden können: “Die Software der Antragstellerin verfügte über keine SORMAS-Schnittstelle und wäre daher mangels Erfüllung des - zulässigen - Mindestkriteriums für einen Zuschlag auf keinen Fall in Betracht gekommen. .... Der Nachprüfungsantrag ist daher unabhängig davon unbegründet, ob weitere Rechtsverletzungen tatsächlich vorlagen. .... Anhaltspunkte dafür, dass auch die Angebote der Beigeladenen und des weiteren zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerbers hätten ausgeschlossen werden müssen, der Antragsgegner sodann das Mindestkriterium einer SORMAS-Schnittstelle aufgehoben und die Antragstellerin infolgedessen eine Chance auf den Auftrag erhalten hätte (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 1. September 2021, 17 Verg 2/21 - LUCA-App I, juris Rn. 57; OLG München, Beschl. v. 5. November 2009, Verg 15/09, juris Rn. 67), sind nicht erkennbar.“ – Kostenentscheidung nach § 175 II, 71 S. 1 und 2 Alt. 1 GWB - Streitwert (5 % der Auftragssumme)
- Pandemie - EuGH, Urt. v. 14.7.2022, C - 274 - 21 und C - 275 – 21 - EPIC - Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (COVID-19) in Österreich – Einstweilige Verfügung wie im Zivilrecht – Gebühren - amtlicher Leitsatz: Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG ... in der durch die Richtlinie 2014/23/EU ... geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer gemäß Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU ... in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung genannten Vertrags entspricht. 2. Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber für die Vergabe eines neuen Auftrags nicht mehr auf eine Rahmenvereinbarung, bei der die darin festgelegte Höchstmenge und/oder der darin festgelegte Höchstwert der betreffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen bereits erreicht worden ist bzw. sind, stützen kann, es sei denn, die Vergabe dieses Auftrags führt zu keiner wesentlichen Änderung der Rahmenvereinbarung im Sinne von Art. 72 Abs. 1 Buchst. e dieser Richtlinie. 3. Der Äquivalenzgrundsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsanträge in Vergabeverfahren Verfahrensvorschriften vorsieht, die sich von denjenigen unterscheiden, die u. a. für Zivilverfahren gelten. 4. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es dem Rechtsuchenden obliegt, in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder in seinem Nachprüfungsantrag das betreffende Vergabeverfahren und die von ihm beanstandete gesondert anfechtbare Entscheidung zu benennen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung noch nicht veröffentlicht worden ist. 5. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, - dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers verhindert werden sollen, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung im Zusammenhang mit diesem Verfahren noch nicht veröffentlicht worden ist; - dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Nachprüfungsantrag, der auf die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers gerichtet ist, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss. 6. Art. 47 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Rechtsuchende, der einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, so dass der Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, der öffentliche Auftraggeber erlassen hat.“
- Pandemie - Hattig, Oliver/ Oest, Tobias, Corona = gestörte Geschäftsgrundlage?, (Vergabe Navigator 2022, 10
- Pandemie - KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg – 22 – Corona-Testzentren – Interimsvergabe (Direktvergabe) – Verstoß durch Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb infolge fehlender Dringlichkeit nach § 14 IV Nr. 3 VgV – Umstände vom Auftraggeber zu vertreten – im vorliegenden Fall zwar Daseinsvorsorge, aber dennoch kein Eingreifen des Ausnahmetatbestandes - Erledigung des auf Unwirksamkeit nach § 135 I GWB gerichteten Nachprüfungsverfahrens – Zulässigkeit und Begründetheit der Feststellung der Rechtsverletzung durch Vertragsschluss nach §§ 168 II S. 2, 178 S. 3 GWB – unstatthafter Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit vorläufiger Maßnahmen der Vergabekammer
- Pandemie - OLG Bremen, Beschl. v. 01.04.2022 - 2 Verg 1- 21 - Antigen-Schnelltests für Schulen - zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie – besondere Dringlichkeit (bejaht) - Aufforderung von insgesamt 9 verschiedene Unternehmen ohne vorherige Ausschreibung und Durchführung eines Teilnehmerwettbewerbs zur Abgabe von Angeboten - Zulässigkeit – Unbegründetheit (nicht ausreichende Information nach § 135 I GWB – fehlende Eigenschaft eines Produkts – aber Wegfall des Interesses an der Feststellung der Unwirksamkeit infolge vollständiger Bedarfsdeckung und Wegfall einer weiteren Vergabe – Entwicklung neuer Schnelltests als Dringlichkeitsgrund – keine Verzögerung der Beschaffung – keine Pflicht zur Beschaffung des Höchstbedarfes – berechtigte Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch öffentlichen Auftraggeber
- Parkraumbewirtschaftung - Weng, Nils-Alexander, Die Ausschreibung der Parkraumbewirtschaftung–Dienstleistungsauftrag oder - konzession?, VergabeFokus 2021, 2
- Patent - Csaki, Alexande/ Goffart, Patrick, Patentrechtliche Besichtigung während vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens, NZBau 2022, 644-647
- Patent - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.6.2022 – VII-Verg 36-21 – Sturmgewehr – Ausschluss wegen schwerer beruflicher Verfehlung wegen vorwerfbarer Patentverletzung (Frage der Patentnichtigkeit im Nachprüfungsverfahren nicht durch Antragstellerin belegt) – kein Ausschluss der Beigeladenen wegen schwerer beruflicher Verfehlung durch Lieferung von Sturmgewehren nach Mexico wegen Ablaufs der Ausschlussfrist von drei Jahren
- Patent - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.03.2022 - 15 W 14 – 21 – Sturmgewehr – Patent für Waffenverschlusssystem -§ 9 S. 2 Nr. 1, 140c PatG, 155, 156, 122, 124 GWB, 6 VSVgV - Einholung eines Sachverständigengutachtens – Beweiserhebung darüber darüber, ob die der Antragsgegnerin zu 2) im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens „System Sturmgewehr Basiswaffe“ ... zur Verfügung gestellten Sturmgewehre des Typs MK 556 gleich mit denen sind, die im Rahmen der Besichtigung bei der im Dezember 2020 aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Düsseldorf vom 20.11.2020 vorgefunden worden sind.“ – amtlicher Leitsatz: 1. Ein Besichtigungsanspruch gemäß § 140c PatG, der prozessual mit Hilfe eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß §§ 485 ff. ZPO kombiniert mit einer einstweiligen Duldungsverfügung gemäß § 140c Abs. 3 PatG geltend gemacht wird, unterfällt nicht den §§ 155, 156 Abs. 2 GWB. Die Zivilgerichte sind deshalb auch während eines laufenden Vergabeverfahrens zuständig. 2. Die Durchführung einer Vergleichserprobung und Bemusterung eines im Laufe des Vergabeverfahrens überreichten Gegenstandes (Waffe) stellt ein Gebrauchen im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG dar. Ein späterer Erwerb und/oder bestimmungsgemäßer Einsatz des überreichten Gegenstandes ist hierfür nicht erforderlich. 3. Dienen mit dem überreichten Gegenstand (Waffe) durchgeführte Versuche nicht dem technischen Fortschritt, greift das Versuchsprivileg des § 11 Nr. 2 PatG nicht ein. 4. Eine Weitergabe im Sinn des § 6 Abs. 2 VSVgV liegt nicht vor bei der gerichtlichen Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens kombiniert mit einer einstweiligen Duldungsverfügung. 5. Objekt einer Besichtigung ist allein eine Sache gemäß § 90 BGB. Urkunden können deshalb bei alleiniger Geltendmachung eines Besichtigungsanspruchs entsprechend § 140c PatG nicht herausverlangt werden. Konstruktionszeichnungen sind Sachen
- Personal - KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg 2 – 21 – Sicherheitsdienst – berufliche Qualifikation nach § 46 III Nr. 2 VgV – rechtswidriger Ausschluss trotz „höherwertigem Abschluss“ (Ausbildungsabschluss als „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“) – berechtigte Forderung des Nachweises einer beruflichen Mindestqualifikation des Objektleiters und seines Stellvertreters nach § 46 III Nr. 2 VgV - geforderte Qualifikation: „Fachkraft für Schutz und Sicherheit“ oder „geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft“ oder „höherwertiger Abschluss“) – Angebot mit „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ als „höherwertiger Abschluss“ bejaht und wertbar – rechtswidriger Ausschluss entgegen § 57 I VgV – Zurückversetzung in das Stadium vor Angebotswertung - „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ ist ein gegenüber den ausdrücklich in der Auftragsbekanntmachung genannten Abschlüssen „höherwertiger Berufsabschluss“ .
- Personal - Püstow, Moritz: Der „Faktor Mensch“ als Wertungskriterium, VergabeR 2a/2022, 311
- Personenbezgene Daten - Schippel, Robert, Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten bei der vergaberechtlichen Eignungsprüfung, ITRB 2021, 164
- Planungsleistungen - Kalte, Peter, Die Pflicht für ein neues Vergabeverfahren bei Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit bei Planungsleistungen , VergabeR 2022, 481
- Plattform - Noch, Rainer, Auf die Plattform kommt es an, Vergabe Navigator 2022, 30 – auch zu VK Saarland, Beschl. v. 03.2021 – 1 VK 6/20
- Platzierung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Postdienste - Greb, Klaus . Rechtskonforme Vergabe von Postdienstleistungen, NZBau 2022, 137
- PPP - Izebhor, Victor, Should Value for Money Be the Sole Criteria in Opting for PPP Option for Infrastructure Projects?, EPPPL 2022, 23
- PPP - Nwangwu, George, Re-Contextualising and Re-Defining Public-Private Partnerships , EPPPL 2021, 305
- Präklusion - - EuGH, Urt. v. 24.2.2022, C - 532 – 20 – Alstom – Bauauftrag (Bahnstrecke) – Fristbeginn für Nachprüfungsantrag nicht ab Zugang der Mitteilung über die Zulässigkeit des Angebots eines Mitbieters, „sondern ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der einschlägigen Gründe dieser Entscheidung an den Zuschlagsempfänger, womit sichergestellt wird, dass der Zuschlagsempfänger von etwaigen Verstößen gegen das Unionsrecht durch diese Entscheidung Kenntnis hatte oder haben konnte.“ - Urteilstenor: „Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Abs. 3 sowie Art. 2c der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 ... Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor ... sind dahin auszulegen, dass die Frist, innerhalb deren der Zuschlagsempfänger eines Auftrags einen Antrag auf Nachprüfung einer Entscheidung der Vergabestelle, mit der im Rahmen der Entscheidung über die Vergabe dieses Auftrags das Angebot eines abgelehnten Bieters für zulässig erklärt wurde, stellen kann, in Bezug auf den Zeitpunkt des Eingangs dieser Vergabeentscheidung beim Zuschlagsempfänger berechnet werden kann, auch wenn der Bieter zu diesem Zeitpunkt keinen oder noch keinen Antrag auf Nachprüfung dieser Entscheidung gestellt hatte. Wurde dem Zuschlagsempfänger bei der Mitteilung oder Veröffentlichung dieser Entscheidung eine Zusammenfassung ihrer einschlägigen Gründe – wie die Informationen über die Modalitäten der Bewertung dieses Angebots – nicht gemäß Art. 2c dieser Richtlinie zur Kenntnis gebracht, ist diese Frist hingegen in Bezug auf den Zeitpunkt der Mitteilung einer solchen Zusammenfassung an diesen Zuschlagsempfänger zu berechnen.“
- Präklusion - OLG Celle, Beschl. v. 07.2022 - 13 Verg 4 – 22 – Fahrkartenautomaten - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Lieferung, Installation und Wartung – Bejahung der Eignung der Antragstellerin, der Beigeladenen und weiterer Teilnehmer – nach erster Verhandlungsrunde erneute Angebotsaufforderung mit Bewertung des Angebots der Antragstellerin als wirtschaftlichstes Angebot - bei Bewertung der Lastenhefte allerdings nur auf dritten Platz - fachliche Gesamtauswertung zweiter Platz – Mitteilung der Vergabeabsicht an Antragstellerin – Information über Gesamtkennzahlen, die von der Beigeladenen erreichten Punktzahlen für die fachliche Gesamtauswertung, deren ca. 1/5 höherer Angebotspreis als der Preis der Antragstellerin und der Angabe der „Kapitel“, in denen die Beigeladene nicht die maximale Punktzahl erhielt – Zurückversetzung und erneute Aufforderung zur Angebotsabgabe mit bisherigem Zuschlagskriterium: „Wirtschaftlichstes Angebot: Berechnungsmethode: Freie Verhältniswahl Preis/Leistung - Gewichtung: 40 % : 60 %“ ohne Mitteilung der Formel zur Preisbewertung in den Vergabeunterlagen (vgl. Software „Deutsche eVergabe“- „Leitfaden Bewertungskriterien“ mit Aufführung und Erläuterung der Bewertungsmethoden und Beispiel für hyperbolische Preisbewertungsformel (P-Wert = günstigster Preis / zu wertender Preis x 100) – „neues Wertungsergebnis“: wirtschaftlichstes Angebot“: Beigeladene, Antragstellerin nur preislich günstigeres Angebot – Rügen der Antragstellerin u.a.: Eignungskriterien nicht in Auftragsbekanntmachung, sondern zu spät in den Vergabeunterlagen – Fehlen der Höchstmenge bzw. –wert, Verstoß gegen Geheimwettbewerb durch Informationen an die Mitbieter, fehlende Festlegung der Angebotswertung in Vergabeunterlagen, fehlerhafte und intransparente Wertung der Konzepte und Lastenhefte – fehlende Festlegung/Bekanntmachung der Preisbewertungsmethode – Beschwerdebefugnis der beschwerten Beigeladenen durch die Zurückversetzung - OLG Celle: Unzulässigkeit hinsichtlich der Rüge der fehlenden Bekanntgabe der Bewertungsformel (keine plausible und schlüssige Darstellung der Fehlvorstellung durch Nichtbekanntgabe der Umrechnungsformel und Erhöhung der Zuschlagschancen bei Kenntnis der Formel Zuschlagschancen – fehlende Schadensdarlegung) – Bekanntgabe auch nicht erforderlich, erforderlich nur Festlegung vor Öffnung der Angebote (hier gegeben) - „„Die verwendete Formel ist eine durchaus gängige und anerkannte Methode (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17, Rn. 32). Es würde die Anforderungen an die Ermessensausübung des Auftraggebers überspannen, wenn man von ihm verlangen würde, vor der Verwendung einer anerkannten Preisbewertungsformel die jeweiligen (mathematischen) Vor- und Nachteile gegenüber anderen Möglichkeiten der Preisbewertung explizit abzuwägen.“ – Anschlussbeschwerde statthaft , aber unbegründet – Rüge des fehlenden Informationsausgleiches präkludiert infolge Kenntnis vom gerügten Vergaberechtsverstoß – keine Antragsbefugnis wegen fehlender Bekanntmachung der Eignungskriterien, da Bejahung der Eignung – keine Beeinträchtigung der Zuschlagschancen durch fehlende Bekanntgabe der Höchstmenge etc. (Servicevertrag enthält „nur am Rande rahmenvertragliche Elemente“) – Relevanz von Dokumentationsfehlern etc. nur Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Bieters (verneint – auch nicht substantiiert) – keine Intransparenz der qualitativen Zuschlagskriterien und Bewertungsmethodik (ausführlich)
- Präklusion – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.04.2022 - Verg 25 – 21 - Telemedizinisches Versorgungsprogramm – Antragsbefugnis eines drittplatzierten Bewerbers für Antrag auf Ausschluss des Erstplatzierten (nur nach Überprüfung des Zuschlags an den Zweitplatzierten) - Präklusion der Rüge ungeeignete Konzeption zur Bestimmung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses (Erkennbarkeit) – rechtmäßige Einreichung der Verpflichtungserklärung des Eignungsleihgebers erst mit Angebot und nicht bereits mit Teilnahmeantrag – ausreichende Referenzen – zutreffende Bewertungspunktzahl auch hinsichtlich der persönlichen Präsentation: „Die zeitliche Staffelung der Präsentationen ist als systemimmanent hinzunehmen. Um vor dem Hintergrund der unvermeidbaren subjektiven Komponente jeder Bewertung eine Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten, muss die Beurteilung aller Angebote durch dasselbe Mitarbeiterteam erfolgen, was eine Gleichzeitigkeit der Präsentationen zwangsläufig ausschließt. Dabei erscheint auch eine Ansetzung für verschiedene Tage sachgerecht, um der bei mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden Präsentationen möglicherweise nachlassenden Aufmerksamkeit entgegenzuwirken.“ – keine Einsicht in Bewertungen der Angebot der Beigeladenen (berechtigte Geheinhaltungsinteressen)
- Präklusion - OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- Präklusion – s. Rüge – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Präqualifikation - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.06.2022 - Verg 19-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – Präqualifikation - Bieternachweise – Referenzen – Entscheidungstext liegt noch nicht vor- VK Bund, Beschl. v. 6.4.2022 - VK 2 – 26-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – rechtswidriger Ausschluss – Wiederholung der Wertung – ausreichend Präqualifikationsnachweis bei nicht geforderten Referenzen – amtliche Leitsätze: 1. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem dient der Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändert nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist. 2. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise müssen für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise, die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken. 3. Fordert der öffentliche Auftraggeber die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur der Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Leistungen hinterlegt sind. Die Eintragung ersetzt insoweit lediglich die Eintragung in der Eigenerklärung Eignung.
- Präsentation - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.04.2022 - Verg 25 – 21 - Telemedizinisches Versorgungsprogramm – Antragsbefugnis eines drittplatzierten Bewerbers für Antrag auf Ausschluss des Erstplatzierten (nur nach Überprüfung des Zuschlags an den Zweitplatzierten) - Präklusion der Rüge ungeeignete Konzeption zur Bestimmung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses (Erkennbarkeit) – rechtmäßige Einreichung der Verpflichtungserklärung des Eignungsleihgebers erst mit Angebot und nicht bereits mit Teilnahmeantrag – ausreichende Referenzen – zutreffende Bewertungspunktzahl auch hinsichtlich der persönlichen Präsentation: „Die zeitliche Staffelung der Präsentationen ist als systemimmanent hinzunehmen. Um vor dem Hintergrund der unvermeidbaren subjektiven Komponente jeder Bewertung eine Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten, muss die Beurteilung aller Angebote durch dasselbe Mitarbeiterteam erfolgen, was eine Gleichzeitigkeit der Präsentationen zwangsläufig ausschließt. Dabei erscheint auch eine Ansetzung für verschiedene Tage sachgerecht, um der bei mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden Präsentationen möglicherweise nachlassenden Aufmerksamkeit entgegenzuwirken.“ – keine Einsicht in Bewertungen der Angebot der Beigeladenen (berechtigte Geheinhaltungsinteressen)
- Preis –
- Preisänderungen - Rhein, Kay-Uwe, Update Nachträge, Vergabe Navigator 2022, 5 - a. zum Erlass des Bundesbauministeriums v. 25.03.2022 - BWI7-70437/9 – Preisänderungen - vgl. auch §§ 313, 315 BGB
- Preisangabe - BGH, Beschl. v. 13.09.2022 - XIII ZR 9 – 20 – Schadensersatz (verneint) - Bodenaushub - Rohbauarbeiten - Leistungsverzeichnis – §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 16 Abs. 1 Nr. 3, 15 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A amtlicher Leitsatz: „a) Versteht der Bieter die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses falsch und gibt daher den deutlich höheren Preis einer Leistung an, die nach dem Leistungsverzeichnis gar nicht zu erbringen ist, enthält sein Angebot nicht den geforderten Preis, so dass es gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016 auszuschließen ist. b) Aufklärung über die Preiskalkulation eines Nachunternehmers kann jedenfalls dann verlangt werden, wenn zu klären ist, ob das Angebot den Vorgaben im Leistungsverzeichnis entspricht.“
- Preisanpassung - Lührmann, Christian/ Egle, Philip/ Heider, Thomas, Störung der Geschäftsgrundlage, Preisanpassung durch Ukraine-Krieg?, NZBau 2022, 251
- Preisgleitklausel - Hattig, Oliver Oest, Tobias, Die Preisgleitklausel im Praxistest – Teil 2, Vergabe Navigator 2022, 5
- Preisgleitklausel - Hattig, Oliver/ Himmel, Wulf/ Oest, Tobias/ Welter, Ulrich, Die Preisgleitklausel im
Praxistest , Vergabe Navigator 2022, 1 - Preisgleitklausel - Himmel, Wulf, Die Preisgleitklausel in der Praxis – Teil 2, Vergabe Navigator 2022, 5
- Preisgleitung - Fuchs, Heiko, Mehraufwand des Architekten infolge Preisgleitung, NZBau 2022,
563 - Preisprüfung –
- Preisprüfung - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung - – keine Unauskömmlichkeit des Preises
- Preisprüfung - EuGH, Schlussantrag v. 24.2.2022, C - 669 - 20 – SchlussA – Ausweisdokumente - ungewöhnlich niedriges Angebot - Vorliegen von mindestens drei Angeboten - Urteilstenor: Die Art. 38 und 49 der Richtlinie 2009/81/EG ... sind dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber in jedem Fall verpflichtet ist, eine Prüfung durchzuführen, ob ein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliegt. Unerheblich ist insoweit die Zahl der eingereichten Angebote oder der Umstand, dass es nicht möglich ist, die hierzu im nationalen Recht aufgestellten Kriterien anzuwenden. In diesem Fall muss der öffentliche Auftraggeber Art. 49 der Richtlinie 2009/81 aufgrund seiner unmittelbaren Wirkung beachten. 2. Art. 55 Abs. 2 der Richtlinie 2009/81 in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass, wenn für den öffentlichen Auftraggeber kein Anlass besteht, ein Verfahren zur Prüfung der Seriosität eines Angebots einzuleiten, seine Bewertung Gegenstand einer gerichtlichen Nachprüfung im Rahmen der Beschwerde gegen die im Zuschlag liegende Endentscheidung sein kann.
- Preisprüfung - EuGH, Urt. v. 15.9.2022, C - 669 – 20 - Veridos – ungewöhnlich niedriges Angebot - „nicht offenes“ Vergabeverfahren für die Planung, den Aufbau und die Verwaltung eines Systems zur Ausstellung bulgarischer Ausweisdokumente - Hilfsausschuss für die Vorauswahl der Bewerber sowie die Prüfung, Bewertung und Reihung der Angebote – amtlicher Leitsatz: Die Art. 38 und 49 der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 ... und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG sind wie folgt auszulegen: Ein öffentlicher Auftraggeber muss im Fall des Verdachts, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Aspekte der Ausschreibung und der Verdingungsunterlagen prüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist, ohne dass es insoweit auf die Nichtanwendbarkeit der in nationalen Rechtsvorschriften hierfür vorgesehenen Kriterien und die Zahl der eingereichten Angebote ankäme. 2. Art. 55 Abs. 2 der Richtlinie 2009/81 in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist wie folgt auszulegen: Die Beurteilung eines öffentlichen Auftraggebers kann, wenn dieser kein Überprüfungsverfahren im Hinblick darauf eingeleitet hat, ob möglicherweise ein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliegt, weil er davon ausgegangen ist, dass keines der bei ihm eingereichten Angebote ungewöhnlich niedrig sei, im Rahmen der Anfechtung der Entscheidung über die Vergabe des betreffenden Auftrags einer gerichtlichen Nachprüfung unterliegen.
- Preisprüfung - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Preisprüfung – VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - § 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- Preisrecht - Brüning, Christoph, Die unendliche Geschichte der Novellierung des öffentlichen Preisrechts, ZfBR 2022, 344
- Preisrecht - Deelmann, Thomas, Anreizorientierte Beschaffungsverträge und das Preisrecht, Vergabe Navigator 2022, 14
- Preisrecht - Lutz-Bachmann, Sebastian/Liedtke, Marcus, Anreizorientierte Beschaffungsverträge und das Preisrecht , Vergabe Navigator 2022, 7
- Preisrecht - Müller, Hans-Peter, Das neue Preisrecht - Auswirkungen auf die Praxis im öffentlichen Auftragswesen , Vergabe Navigator 2022, 11
- Preisrecht - Roth, Frank, Was weiß das Recht vom Markt? Die neue Definition des Marktpreises in der Preisverordnung VO PR 30/53, VergabeR 2022, 372 – zu BVerwG v. 14.04.2016 - 22 B 16.1447
- Preisrecht - Zimmermann, Patrick, Anreizorientierte Beschaffungsverträge und das Preisrecht , Vergabe Navigator 2022, 7
- Produktvorgabe - BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - nach der Leistungsbeschreibung erforderlich: SORMAS-Schnittstelle – in der Software der Antragstellerin im Frühjahr 2021 nicht installiert – vorhandene Installation in Angebot des Wettbewerbers - Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb – bejahte Antragsbefugnis – Bestimmungsrecht des Auftraggebers (zulässige Forderung der SORMAS-Schnittstelle als Mindestanforderung) – keine Pflicht zur Einräumung der Programmierung nach Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung – kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot – keine Pflicht zum Ausgleich von Wettbewerbsvorteilen eines Bieters mit ausschreibungsgemäßer Software – keine unberechtigte Bevorzugung – kein Verstoß gegen § 31 VI VgV (keine offene oder verdeckte Produktvorgabe: SORMAS Open-Source-Software und allgemein zugänglich für Programmierung) – infolge der Nichterfüllung der Mindestkriterien weitere behauptete Verstöße nicht relevant (Dringlichkeit, Durchführung der Markterkundung) – Zuschlag hätte in keinem Fall auf Antragsteller-Angebot erteilt werden können: “Die Software der Antragstellerin verfügte über keine SORMAS-Schnittstelle und wäre daher mangels Erfüllung des - zulässigen - Mindestkriteriums für einen Zuschlag auf keinen Fall in Betracht gekommen. .... Der Nachprüfungsantrag ist daher unabhängig davon unbegründet, ob weitere Rechtsverletzungen tatsächlich vorlagen. .... Anhaltspunkte dafür, dass auch die Angebote der Beigeladenen und des weiteren zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerbers hätten ausgeschlossen werden müssen, der Antragsgegner sodann das Mindestkriterium einer SORMAS-Schnittstelle aufgehoben und die Antragstellerin infolgedessen eine Chance auf den Auftrag erhalten hätte (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 1. September 2021, 17 Verg 2/21 - LUCA-App I, juris Rn. 57; OLG München, Beschl. v. 5. November 2009, Verg 15/09, juris Rn. 67), sind nicht erkennbar.“ – Kostenentscheidung nach § 175 II, 71 S. 1 und 2 Alt. 1 GWB - Streitwert (5 % der Auftragssumme)
- Qualifikation – berufliche - KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg 2 – 21 – Sicherheitsdienst – berufliche Qualifikation nach § 46 III Nr. 2 VgV – rechtswidriger Ausschluss trotz „höherwertigem Abschluss“ (Ausbildungsabschluss als „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“) – berechtigte Forderung des Nachweises einer beruflichen Mindestqualifikation des Objektleiters und seines Stellvertreters nach § 46 III Nr. 2 VgV - geforderte Qualifikation: „Fachkraft für Schutz und Sicherheit“ oder „geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft“ oder „höherwertiger Abschluss“) – Angebot mit „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ als „höherwertiger Abschluss“ bejaht und wertbar – rechtswidriger Ausschluss entgegen § 57 I VgV – Zurückversetzung in das Stadium vor Angebotswertung - „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ ist ein gegenüber den ausdrücklich in der Auftragsbekanntmachung genannten Abschlüssen „höherwertiger Berufsabschluss“
- Rahmenvereinbarung - EuGH, Urt. v. 3.2.2022 - C - 461 – 20 - Advania – Übertragung nach Insolvenz des Auftragnehmers „Misco“ (vier noch laufende Rahmenvereinbarungen ohne neues Vergabeverfahren) – zuvor durchgeführte Vergabe ohne Aufforderung des Bewerbers Advania nach Teilnahmewettbewerb und Zuschlag der Rahmenvereinbarungen an Mitbewerber „Misco“ (vier) und „Dustin“ (zwei) – Insolvenz von „Misco“ im Dez. 2017 – Vertragsschluss im Jan. 2018 durch Insolvenzverwalter (vier Rahmenverträge) an zuvor im Vergabeverfahren nicht zum Angebot aufgeforderte Advania, nicht an den im Vergabeverfahren zum Angebot aufgeforderten und bezuschlagten Bieter „Dustin“ (zwei), der beantragt, die durch den Insolvenzverwalter vereinbarten „vier“ Rahmenvereinbarungen für ungültig zu erklären – Begriff der „Umstrukturierung“ i. S. d. Art. 72 I d) II Richtlinie 2014/24/EU – Ersatz des Insolvenzunternehmens durch Advania („Umstrukturierung“ nach Insolvenz) ohne „wesentliche Änderung“ etc. zulässig – Urteilstenor: Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der – nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde – lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.
- Rahmenvereinbarung - Fabian Winters, Weßling, Alexander-Marius, Höchstgrenze bei Rahmenvereinbarungen – wie weit darf diese vom Schätzwert abweichen?, ZfBR 2022, 13
- Rahmenvereinbarung - Müller, Hans-Peter. Darf’s ein bisschen mehr sein?, Vergabe Navigator 2021, 9
- Rahmenvereinbarung – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.03.2022 - Verg 28 – 21 – Rahmenvereinbarung - Räumung von Kampfmitteln – Absprache – strenge Voraussetzungen für ausreichende Anhaltspunkte (Vorliegen eines Verstoßes „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ - § 124 I Nr. 4 GWB) – keine hinreichenden Anhaltspunkte: zwei Gesellschaften mit demselben Geschäftsführer – Erforderlichkeit vielmehr weitere Tatsachen (z. B. Auffälligkeiten in den Angeboten) – „Allein der Umstand, dass die Antragstellerin und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, begründet für sich genommen demnach keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kartellrecht im Sinne des 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Das gilt auch unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass hinter der Antragstellerin und der L. dieselben natürlichen Personen als Gesellschafter stehen – nämlich G. und P., die jeweils 45 Prozent der Gesellschaftsanteile der Antragstellerin halten, und die zugleich Kommanditisten der L. sowie Gesellschafter der U. sind, der Komplementär-GmbH der L.. Weitere Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass die personelle Verflechtung beider Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit die erstellten Angebote beeinflusst hat, liegen nicht vor. (1) Auffälligkeiten aus den Angeboten selbst ergeben sich nicht und werden von dem Antragsgegner im vorliegenden Nachprüfungsverfahren auch nicht vorgetragen. (2) Dass die Antragstellerin nicht von sich aus darauf hingewiesen hat, dass sie und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, lässt keine belastbaren Rückschlüsse zu. Die Antragstellerin war hierzu nicht verpflichtet. Bieter sind nicht von sich aus verpflichtet, gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber ihre Verbindungen zueinander offenzulegen, es sei denn, dass in den Vergabeunterlagen entsprechende Offenlegungsverpflichtungen geregelt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 15.05.2018 – C-531-16 ..), was vorliegend nicht der Fall ist.“
- Rahmenvereinbarung – OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- Rahmenvereinbarung - Schröck, Tassilo, Kraus, Philipp. Das Instrument der Rahmenvereinbarung in der Rechtsprechung des EuGH, NZBau 2022, 12
- Rahmenvertrag - EuGH, Urt. v. 14.7.2022, C - 274 - 21 und C - 275 – 21 - EPIC - Lieferung von Antigen-Testungen SARS-Cov-2 (COVID-19) in Österreich – Einstweilige Verfügung wie im Zivilrecht – Gebühren - amtlicher Leitsatz: Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG ... in der durch die Richtlinie 2014/23/EU ... geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer gemäß Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU ... in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung genannten Vertrags entspricht. 2. Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber für die Vergabe eines neuen Auftrags nicht mehr auf eine Rahmenvereinbarung, bei der die darin festgelegte Höchstmenge und/oder der darin festgelegte Höchstwert der betreffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen bereits erreicht worden ist bzw. sind, stützen kann, es sei denn, die Vergabe dieses Auftrags führt zu keiner wesentlichen Änderung der Rahmenvereinbarung im Sinne von Art. 72 Abs. 1 Buchst. e dieser Richtlinie. 3. Der Äquivalenzgrundsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsanträge in Vergabeverfahren Verfahrensvorschriften vorsieht, die sich von denjenigen unterscheiden, die u. a. für Zivilverfahren gelten. 4. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es dem Rechtsuchenden obliegt, in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder in seinem Nachprüfungsantrag das betreffende Vergabeverfahren und die von ihm beanstandete gesondert anfechtbare Entscheidung zu benennen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung noch nicht veröffentlicht worden ist. 5. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, - dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers verhindert werden sollen, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung im Zusammenhang mit diesem Verfahren noch nicht veröffentlicht worden ist; - dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Nachprüfungsantrag, der auf die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers gerichtet ist, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren - die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte - vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw. allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss. 6. Art. 47 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Rechtsuchende, der einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, so dass der Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, der öffentliche Auftraggeber erlassen hat.“
- Rahmenvertrag - EuGH, Urt. v. 22.12.2022 - C – 383- 21 und C – 384- 21 - Asbestinventurleistungen – In-house-Vergabe - Sambre & Biesme - Rahmenvertrag über gemeinsame Aufträge – amtlicher Leitsatz: Art. 12 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass er im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts über die Direktvergabe öffentlicher Aufträge unmittelbare Wirkungen entfaltet, wenn der betreffende Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt hat. 2. Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Ziff. i der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, dass ein öffentlicher Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die den Zuschlag erhaltende juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt, das in dieser Bestimmung genannte Erfordernis, dass ein öffentlicher Auftraggeber in den beschlussfassenden Organen der kontrollierten juristischen Person vertreten sein muss, nicht allein deswegen erfüllt ist, weil im Verwaltungsrat dieser juristischen Person der Vertreter eines anderen öffentlichen Auftraggebers sitzt, der auch dem Verwaltungsrat des ersten öffentlichen Auftraggebers angehört. 3. Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftrag, durch den einem öffentlichen Auftraggeber öffentliche Aufgaben übertragen werden, die Teil eines Verhältnisses der Zusammenarbeit zwischen anderen öffentlichen Auftraggebern sind, nicht vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen ist, wenn der öffentliche Auftraggeber, dem diese Aufgaben übertragen wurden, bei der Erfüllung solcher Aufgaben nicht die Erreichung von Zielen anstrebt, die er mit den anderen öffentlichen Auftraggebern teilt, sondern sich darauf beschränkt, zur Erreichung von Zielen beizutragen, die nur diesen anderen öffentlichen Auftraggebern gemeinsam sind.
- Rahmenvertrag - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2022 - Verg 5 – 22 - Rahmenvertrag an mehrere Unternehmen zur Lieferung von Startbahnkehrmaschinen - Einzelauftragsvergabe über 62 Startbahnkehrmaschinen – Kostenentscheidung der Vergabekammer (90 % zu 10 %) unzutreffend, da vollständiges Unterliegen der Antragsgegnerin und Beigeladenen (Untersagung des Einzelzuschlags als vollständiges Unterliegen) – 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB - Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner – „.. entscheidend materielle Betrachtung der verfolgten Ziele und des Verfahrensausgangs .... Im Vergabenachprüfungsverfahren haben die Anträge anders als im Zivilprozess keine den Streitgegenstand vergleichbar umgrenzende Funktion, weil die Vergabekammer nach § 168 Abs. 1 S. 2 GWB an die Anträge nicht gebunden ist .... Doch auch unter Zugrundelegung einer materiellen oder wirtschaftlichen Betrachtung der Verfahrensziele, hat die Antragstellerin vorliegend ihr Verfahrensziel vor der Vergabekammer vollumfänglich erreicht, indem ... die Zuschlagserteilung an die Beigeladene untersagt und aufgegeben worden ist, das Angebot der Antragstellerin ... zu berücksichtigen. Das war das erklärte Verfahrensziel der Antragstellerin ... Auf die Frage, ob die Antragstellerin mit allen ihren Rügen durchgedrungen ist, oder nur eine einzelne Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat, kommt es für die Frage des Obsiegens und Unterliegens nicht an. Sie hat mit ihrem Begehren obsiegt, wenn nur eine Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat (BGH, Beschl. v. 26.09.2006 – X ZB 14/06, Rn 57 ...; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 58 ...). Weitere Verfahrensziele hat die Antragstellerin nicht verfolgt.“ - „Solche ergeben sich auch nicht aus dem Nachprüfungsantrag zu Ziff. 1., mit dem sie beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Verfahren vergaberechtlich fortzuführen. Die Antragstellerin hat weder die Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Angebotsabgabe verlangt, noch hat sie beantragt, die Beigeladene von der Angebotswertung auszuschließen. Ihre Rügen bezogen sich allesamt auf die Angebotswertung. Damit bedeutet die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, welches eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben (vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 60 ...).
- Rahmenvertrag – Vermittlungszentrale - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.2022 - 11 Verg 8 – 21 – private Vermittlung von Abschleppaufträgen auf der Grundlage eines Vermittlungsregisters im „Reih-um-Verfahren – §§ 97 I, 165, 168 GWB; §§ 6, 63 VgV - unzulässige vollständige Weitergabe der einzelnen Abschleppaufträge durch „Vermittlungszentrale“ ohne Zulassungsprüfung durch den öffentliche Auftraggeber selbst – kein „Open House - Modell“ - amtliche Leitsätze: Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss. 2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden
- Rechtmäßigkeitskontrolle – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Rechtmäßigkeitskontrolle – OLG Koblenz, Beschl. v. 22.06.2022 - Verg 1 – 22 – Gewässerrenaturierung – Behauptung ins Blaue – Antragsbefugnis: Schlüssige, konkrete (hinreichend begründet) Darlegung der Tatsachen für mögliche bessere bzw. verschlechterte Zuschlagschancen (hier behauptete Überbewertung zumindest 2 Punkte bei einer Punktwertung von 96 bzw. 95 Punkten) – „... muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen .... Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus Dem ist das Antragsvorbringen hier gerecht geworden.“ – keine „Behauptung ins Blaue“ – fristgerechte Rüge - positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen – Auslegung des Begriffs „Gesamtprojektleitung“ (keine Unklarheit) – keine Ermächtigung der Vergabekammer zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle – kein Ausschluss nach § 124 I Nr. 8, 9a), b) und c) GWB (Ermessensentscheidung – kein gerechtfertigter Schluss für Nichterfüllung) – Kostenentscheidung - Gebühren
- Rechtsberatung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.05.2022 - Verg 33 – 21 – Vergabeberatung – Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei Durchführung von Vergabeverfahren - kein Verstoß gegen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) durch Unterlassung der Aufteilung in Lose (Rechtsberatung und „kaufmännische Vergabeberatung“) - §§ 97 II S. 2, 97 IV GWB – „Samtagsfristablauf“ führt zur Fristverlängerung auf nächsten Werktag – Rechtdienstleistungen: Vergabevermerk, Auswertung der Angebote, Entwurf des Aufklärungsschreibens – keine Rechtdienstleistungen: stichprobenartige Überprüfung übersandter Vertragsunterlagen auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit Musterunterlagen, Dokumentation, technische Gründe für die Zusammenfassung von Leistungen, „rechtsberatende Anteile“ nur Nebendienstleistungen nach § 5 I RPG – Leistungen: „Vorbereitungsphase“ - Erstellung des Vergabevermerks auf vorgegebenem Muster (Begründung zur Vergabeart, Losbildung, Eignungs- und Zuschlagskriterien, besondere Sicherheitsanforderungen usw.) – Durchführungsphase: Beantwortung von Bieterfragen etc., Auswertung der Angebote auf 1. und 2. Wertungsstufe (formale Prüfung + Eignungsprüfung), Prüfung Aufgreifschwelle (bei Bejahung Auskömmlichkeitsprüfung), Angemessenheit des Preises, Aufklärungsschreiben, Referenzen, Abstimmung des Wertungsergebnisses u. a. mit der Vergabestelle, Dokumentation der Angebotsprüfung, Entwurf des Auswertungsvermerks „Info-Schreiben“, Entwürfe für Zuschlagsschreiben Absageschreiben etc. – Antwort auf Anfrage der antragstellenden Anwaltskanzlei: „Es handelt sich nicht um Rechtsberatungsleistungen. Der Schwerpunkt liegt in der technischen Abwicklung des Vergabeverfahrens. Die Verfahrensregelungen ergeben sich aus dem nationalen und europäischen Vergaberecht. Dass der Schwerpunkt der Tätigkeit eindeutig in der Verfahrensdurchführung liegt, ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung und der Zielrichtung des zu erstellenden Konzepts. Eine Rechtsberatung wird von dem Dienstleister nicht erwartet – die Entscheidungen über die vergaberechtlichen Fragestellungen bleiben wie die Wertungsentscheidungen dem öffentlichen Auftraggeber vorbehalten.“
- Rechtsberatung - Stoye, Jörg/ Kopco, Jennifer, Und es gibt sie doch, Beschaffungsdienstleistung als „echte“ Rechtsberatung, NZBau 2022, 74
- Rechtschutz - Hau, Wolfgang, Einstweiliger Rechtsschutz gegen öffentliche Auftraggeber: Einordnung als Zivilsache, Koordination paralleler Verfahren und mitgliedstaatliche Verfahrensautonomie , IPRax 2022, 232
- Rechtsdienstleistung - Noch, Rainer, Zweierlei Rat, VergabeNavigator 2022, 25 - VK Bund vom 02.06.2021 - VK 2-47/21
- Rechtspfleger - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 26.09.2022 - 11 Verg 2 – 21 – Kostenentscheidung des Rechtspflegers – Erinnerung – amtlicher Leitsatz: Hat der Beschwerdesenat des Oberlandesgerichts die Entscheidung der Vergabekammer über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Zuge der Senatsentscheidung geprüft, liegt eine die gerichtliche Kostenfestsetzung durch das Oberlandesgericht tragende Kostengrundentscheidung im Rahmen eines vollstreckbaren Titels gem. § 103 Abs 1 ZPO auch dann vor, wenn die sofortige Beschwerde diesbezüglich zurückgewiesen worden ist und daher der Tenor der Beschwerdeentscheidung die Entscheidung über Kosten und Aufwendungen des Verfahrens vor der Vergabekammer nicht wiedergibt; zu einer solchen Prüfung besteht bei einer in der Sache zu bescheidenden sofortigen Beschwerde stets Anlass (Anschluss an OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.02.2015 - 2 Verg 2/14, juris, Rn 17). 2. In diesen Fällen ist das Oberlandesgericht im Kostenfestsetzungsverfahren zur Entscheidung über die festsetzbaren Aufwendungen des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (entgegen OLG München, Beschluss vom 30.12.2011 - Verg 9/11, juris). – vgl. hierzu OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25.11.2021, 11 Verg 2 / 21 – Brandsimulationsanlage –(Nachforderung - Ermessensentscheidung bei nur noch eines Bewerbers – Rüge)
- Referenzen - Kullack, Andrea, Überprüfung der Eignung der Bieter anhand von Referenzen und Erfahrungen , ZfBR 2022, 649
- Referenzen – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.06.2022 - Verg 19-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – Präqualifikation . Bieternachweise – Referenzen – Entscheidungstext liegt noch nicht vor- VK Bund, Beschl. v. 6.4.2022 - VK 2 – 26-22 – Fahrzeugrückhaltesysteme – rechtswidriger Ausschluss – Wiederholung der Wertung – ausreichend Präqualifikationsnachweis bei nicht geforderten Referenzen – amtliche Leitsätze: 1. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem dient der Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändert nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist. 2. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise müssen für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise, die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken. 3. Fordert der öffentliche Auftraggeber die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur der Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Leistungen hinterlegt sind. Die Eintragung ersetzt insoweit lediglich die Eintragung in der Eigenerklärung Eignung.“
- Reinigung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Reinigung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- Reinigung - VK Bund, Beschl. v. 7.6.22 - VK 2 – 40-22 – Reinigungsleistungen – ungewöhnlich niedriges Angebot (verneint) Rahmenvertrag - Berücksichtigung eines als Qualitätskriterium ausgestalteten Faktors bei der Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes - Aufgreifschwelle bei der Preisprüfung – Aufklärung nach 60 I VgV wegen zweifelhafter Auskömmlichkeit des Preises - lediglich pauschale Preisaufklärungsbitte des Auftraggebers und dem entsprechend ausreichende abstrakte Detaillierung der Bieterantwort - Zuschlagskriterien „Gesamtangebotspreis in Euro pro Jahr (brutto) für Raumreinigung“ (50 %), der „Preis in Euro pro Stunde (netto) für Sonderreinigung“ (5 %) sowie die „Durchschnittliche Leistung in m2 Fußbodenfläche pro Stunde“ (45 %).: „„der Bieter mit einem durchschnittlichen Leistungsansatz von 210 m2 [...] pro Stunde oder niedriger erhält 90 Punkte, Leistungsansätze über 210 m2 pro Stunde werden anteilig bewertet“ –kein ungewöhnlich niedriges Angebot – unzulässiger Ausschluss - fehlender „0-Punkteansatz“ (ausführlich) – Untersagung des Zuschlags - Wertungswiederholung.
- Reinigungsleistungen - OLG Brandenburg, Urt. v. 23.02.2022 - 4 U 111 – 21 – Klage Vergütung – Reinigungsleistungen - Nachweis des Mindestlohns für Reinigungsarbeiten durch Nachunternehmer – nur Zug um Zug gegen Vorlage der namentlichen Auflistung der Arbeitnehmer, der Stundenachweise und Lohnabrechnungen – kein Entgegenstehen der datenschutzrechtlichen Vorschriften (vgl. Art. 6 I f) DSGVO) – berechtigtes Interesse des Generalunternehmers an Nachweis der Einhaltung des Mindestlohns durch Subunternehmer
- Rettungsdienst – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Rettungsfienst - VK Westfalen, Beschl. v. 15.06.2022 - VK 1 - 20 – 22 – Rettungsdienst – NRW – keine Ausnahme in NRW nach § 107 I Nr. 4 GWB (umfangreiche Darstellung der sonstigen Länderbestimmungen und VK-Entscheidungen) – unzulässiger Auftrag – Unwirksamkeit nach § 135 I GWB – amtliche Leitsätze: Maßgeblich für den Anwendungsbereich der Bereichsausnahme gemäß § 107 Absatz 1 Nummer 4 GWB die Ausgestaltung der landesrechtlichen Regelung zur Übertragung rettungsdienstlicher Leistungen. 2. Sofern die Regelung gemeinnützige Organisationen bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen privilegiert, ist der Anwendungsfall der Bereichsausnahme eröffnet. 3. Sieht die landesrechtliche Regelung dagegen eine Gleichrangigkeit zwischen gemeinnützigen Organisationen und privaten Akteuren vor, kann sich der Auftraggeber nicht auf die Bereichsausnahme berufen. 4. Die derzeitige Regelung in Nordrhein-Westfalen sieht keine Privilegierung vor, der Anwendungsbereich der Bereichsausnahme ist daher nicht eröffnet.
- Rückforderung - Gass, Georg, Zuwendungen und Vergaberecht – zu Rückforderungsrichtlinien und Ermessensausübung, ZfBR 2022, 33
- Rückforderung - Pilarski, Michael (Hrsg., Vergaberecht bei Zuwendungen – Fehlervermeidung - Rückforderung – Rechtsschutz, Schriftenreihe des forum vergabe e.V., 2020
- Rückwirkung - Kräber, Wolfgang, Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages ,VergabeFokus 2022, 2
- Rückwirkung - Walter, Otmar, Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages, VergabeR 2022, 609
- Rüge – Bieterfrage - OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Rüge - fehlende Höchstabnahmemenge – OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- Rüge – ins Blaue – OLG Koblenz, Beschl. v. 22.06.2022 - Verg 1 – 22 – Gewässerrenaturierung – Behauptung ins Blaue – Antragsbefugnis: Schlüssige, konkrete (hinreichend begründet) Darlegung der Tatsachen für mögliche bessere bzw. verschlechterte Zuschlagschancen (hier behauptete Überbewertung zumindest 2 Punkte bei einer Punktwertung von 96 bzw. 95 Punkten) – „... muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen .... Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus Dem ist das Antragsvorbringen hier gerecht geworden.“ – keine „Behauptung ins Blaue“ – fristgerechte Rüge - positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen – Auslegung des Begriffs „Gesamtprojektleitung“ (keine Unklarheit) – keine Ermächtigung der Vergabekammer zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle – kein Ausschluss nach § 124 I Nr. 8, 9a), b) und c) GWB (Ermessensentscheidung – kein gerechtfertigter Schluss für Nichterfüllung) – Kostenentscheidung - Gebühren
- Rüge - Kenntnis – OLG Koblenz, Beschl. v. 22.06.2022 - Verg 1 – 22 – Gewässerrenaturierung – Behauptung ins Blaue – Antragsbefugnis: Schlüssige, konkrete (hinreichend begründet) Darlegung der Tatsachen für mögliche bessere bzw. verschlechterte Zuschlagschancen (hier behauptete Überbewertung zumindest 2 Punkte bei einer Punktwertung von 96 bzw. 95 Punkten) – „... muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen .... Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus Dem ist das Antragsvorbringen hier gerecht geworden.“ – keine „Behauptung ins Blaue“ – fristgerechte Rüge - positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen – Auslegung des Begriffs „Gesamtprojektleitung“ (keine Unklarheit) – keine Ermächtigung der Vergabekammer zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle – kein Ausschluss nach § 124 I Nr. 8, 9a), b) und c) GWB (Ermessensentscheidung – kein gerechtfertigter Schluss für Nichterfüllung) – Kostenentscheidung - Gebühren
- Rüge – oder Bieterfrage - OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Rüge - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2022 - Verg 5 – 22 - Rahmenvertrag mehrere Unternehmen zur Lieferung von Startbahnkehrmaschinen - Einzelauftragsvergabe über 62 Startbahnkehrmaschinen – Kostenentscheidung der Vergabekammer (90 % zu 10 %) unzutreffend, da vollständiges Unterliegen der Antragsgegnerin und Beigeladenen (Untersagung des Einzelzuschlags als vollständiges Unterliegen) – 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB - Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner – „.. entscheidend materielle Betrachtung der verfolgten Ziele und des Verfahrensausgangs .... Im Vergabenachprüfungsverfahren haben die Anträge anders als im Zivilprozess keine den Streitgegenstand vergleichbar umgrenzende Funktion, weil die Vergabekammer nach § 168 Abs. 1 S. 2 GWB an die Anträge nicht gebunden ist .... Doch auch unter Zugrundelegung einer materiellen oder wirtschaftlichen Betrachtung der Verfahrensziele, hat die Antragstellerin vorliegend ihr Verfahrensziel vor der Vergabekammer vollumfänglich erreicht, indem ... die Zuschlagserteilung an die Beigeladene untersagt und aufgegeben worden ist, das Angebot der Antragstellerin ... zu berücksichtigen. Das war das erklärte Verfahrensziel der Antragstellerin ... Auf die Frage, ob die Antragstellerin mit allen ihren Rügen durchgedrungen ist, oder nur eine einzelne Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat, kommt es für die Frage des Obsiegens und Unterliegens nicht an. Sie hat mit ihrem Begehren obsiegt, wenn nur eine Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat (BGH, Beschl. v. 26.09.2006 – X ZB 14/06, Rn 57 ...; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 58 ...). Weitere Verfahrensziele hat die Antragstellerin nicht verfolgt.“ - „Solche ergeben sich auch nicht aus dem Nachprüfungsantrag zu Ziff. 1., mit dem sie beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Verfahren vergaberechtlich fortzuführen. Die Antragstellerin hat weder die Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Angebotsabgabe verlangt, noch hat sie beantragt, die Beigeladene von der Angebotswertung auszuschließen. Ihre Rügen bezogen sich allesamt auf die Angebotswertung. Damit bedeutet die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, welches eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben (vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, Rn 60 ...).
- Rüge - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Rüge – Präklusion – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.03.2022 - 11 Verg 10 – 21 – Infrastrukturerrichtung und Erschließung“ in Wohnviertel – Rüge – Präklusion - Nebenangebote – Mindestanforderung - amtlicher Leitsatz: Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist. 2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. 3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b) VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.
- Rüge – Präklusion – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Rüge - verfristete Rüge – VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Rüge – Verfristung – OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Rügen - ins Blaue - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Rügen – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Russland - Schröder, Holger, Russland-Sanktionen und Vergaberecht, UKuR 2022, 385
- Sanktionen – Schröder, Holger, Russland-Sanktionen und Vergaberecht, UKuR 2022, 385
- Saubere-Farheztug-Beschaffung - Schröder, Holger, Aktuelle Vergaberechtsfragen zum Saubere-FahrzeugeBeschaffungs-Gesetz , NZBau 2022, 379
- Schaden – drohender - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Schadensdarlegung – Antragsbefugnis - OLG Celle, Beschl. v. 07.2022 - 13 Verg 4 – 22 – Fahrkartenautomaten - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Lieferung, Installation und Wartung – Bejahung der Eignung der Antragstellerin, der Beigeladenen und weiterer Teilnehmer – nach erster Verhandlungsrunde erneute Angebotsaufforderung mit Bewertung des Angebots der Antragstellerin als wirtschaftlichstes Angebot - bei Bewertung der Lastenhefte allerdings nur auf dritten Platz - fachliche Gesamtauswertung zweiter Platz – Mitteilung der Vergabeabsicht an Antragstellerin – Information über Gesamtkennzahlen, die von der Beigeladenen erreichten Punktzahlen für die fachliche Gesamtauswertung, deren ca. 1/5 höherer Angebotspreis als der Preis der Antragstellerin und der Angabe der „Kapitel“, in denen die Beigeladene nicht die maximale Punktzahl erhielt – Zurückversetzung und erneute Aufforderung zur Angebotsabgabe mit bisherigem Zuschlagskriterium: „Wirtschaftlichstes Angebot: Berechnungsmethode: Freie Verhältniswahl Preis/Leistung - Gewichtung: 40 % : 60 %“ ohne Mitteilung der Formel zur Preisbewertung in den Vergabeunterlagen (vgl. Software „Deutsche eVergabe“- „Leitfaden Bewertungskriterien“ mit Aufführung und Erläuterung der Bewertungsmethoden und Beispiel für hyperbolische Preisbewertungsformel (P-Wert = günstigster Preis / zu wertender Preis x 100) – „neues Wertungsergebnis“: wirtschaftlichstes Angebot“: Beigeladene, Antragstellerin nur preislich günstigeres Angebot – Rügen der Antragstellerin u.a.: Eignungskriterien nicht in Auftragsbekanntmachung, sondern zu spät in den Vergabeunterlagen – Fehlen der Höchstmenge bzw. –wert, Verstoß gegen Geheimwettbewerb durch Informationen an die Mitbieter, fehlende Festlegung der Angebotswertung in Vergabeunterlagen, fehlerhafte und intransparente Wertung der Konzepte und Lastenhefte – fehlende Festlegung/Bekanntmachung der Preisbewertungsmethode – Beschwerdebefugnis der beschwerten Beigeladenen durch die Zurückversetzung - OLG Celle: Unzulässigkeit hinsichtlich der Rüge der fehlenden Bekanntgabe der Bewertungsformel (keine plausible und schlüssige Darstellung der Fehlvorstellung durch Nichtbekanntgabe der Umrechnungsformel und Erhöhung der Zuschlagschancen bei Kenntnis der Formel Zuschlagschancen – fehlende Schadensdarlegung) – Bekanntgabe auch nicht erforderlich, erforderlich nur Festlegung vor Öffnung der Angebote (hier gegeben) - „„Die verwendete Formel ist eine durchaus gängige und anerkannte Methode (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17, Rn. 32). Es würde die Anforderungen an die Ermessensausübung des Auftraggebers überspannen, wenn man von ihm verlangen würde, vor der Verwendung einer anerkannten Preisbewertungsformel die jeweiligen (mathematischen) Vor- und Nachteile gegenüber anderen Möglichkeiten der Preisbewertung explizit abzuwägen.“ – Anschlussbeschwerde statthaft , aber unbegründet – Rüge des fehlenden Informationsausgleiches präkludiert infolge Kenntnis vom gerügten Vergaberechtsverstoß – keine Antragsbefugnis wegen fehlender Bekanntmachung der Eignungskriterien, da Bejahung der Eignung – keine Beeinträchtigung der Zuschlagschancen durch fehlende Bekanntgabe der Höchstmenge etc. (Servicevertrag enthält „nur am Rande rahmenvertragliche Elemente“) – Relevanz von Dokumentationsfehlern etc. nur Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Bieters (verneint – auch nicht substantiiert) – keine Intransparenz der qualitativen Zuschlagskriterien und Bewertungsmethodik (ausführlich)
- Schadensersatz - Graevenitz, Albrecht von/Rabus, Jennifer, Ein frischer Blick auf die Anwendung der
i.c. im Unterschwellenbereich ,VergabeR 2022, 595 - Schadensersatz – OLG Celle, Urt. v. 29.12.2022 - 13 U 3 – 22 – Sicherheitskontrollen - Schadensersatz wegen Nichterfüllung (Abweisung) – Angebot einer Bietergemeinschaft – „Zuschlagsschreiben“ (vorab per Fax – sodann als Einschreiben) mit Aufforderung zum Arbeitsbeginn ab dem 01.04.2015 und mit „Bitte“ um Rücksendung übersandter Vertragsausfertigungen (kein Bestandteil der Vergabeunterlagen) – Unterlassung der geforderten Rücksendung der unterschriebenen der Vertragsausfertigung – ferner Unstimmigkeiten über einen von den Bietern gewünschten Vertragszusatz – nochmalige Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung des „Vertrags“ durch Auftraggeber mit E-Mail vom 26. März 2015 – Ablehnung durch beklagte „Bieter“ - §§ 145, 150 II, 152 II BGB - keine Annahme des Bieterangebots durch Zuschlagsschreiben mit „abändernden“ Vertragsentwurf und Anlagen = Abänderung = neues Angebot des Auftraggebers nach § 150 II BGB (keine Annahme) – Vorabübersendung durch E-Mail ohne Vertragsentwurf und Anlagen keine Annahme, sondern neues Angebot erst durch das „vollständige“ Einschreiben mit Vertragsentwurf und Anlagen (Zugang nach § 130 I S. 1 BGB) – Abweichen des Vertragsentwurfs von den Vergabeunterlagen und dem „Angebot“ der Bieter – Frage der „Geringfügigkeit“ der Änderungen irrelevant“ „Dass der Kläger die Abweichungen in den vom Senat beispielhaft aufgeführten Regelungen als geringfügig ansieht, ändert nichts an der Beurteilung. Soweit die Annahmeerklärung eine inhaltliche Änderung darstellt, ist deren Art und Ausmaß unerheblich ....“ – im Übrigen auch keine „geringfügigen“ Änderungen – ferner nicht nur „unverbindliche Äußerung von Änderungswünsche“ und davon unabhängiger Vertragsschluss (kein Ausnahmefall) – keine unveränderte Annahme durch Aufforderung zum Arbeitsbeginn zum 1.4.2015 – andere Fälle in BGH – Urteilen 3. 7. 2020 - VII ZR 144/19 - und vom 6. 9.2012 - VII ZR 193/10 (Zuschlagsverzögerungen) bzw. Urt. v. 11.5.2009 - VII ZR 11/08, Rn. 39 (Beachtung des Nachverhandlungsverbots) -- „Mit dem neuen Angebot des Klägers galt das Angebot der Beklagten (erg. Bieter) gemäß § 150 Abs. 2 BGB als abgelehnt. Daher erlosch es gemäß § 146 BGB, sodass es nicht mehr durch die nachfolgende Erklärung des Klägers, nach interner Abstimmung mit der Rechtsabteilung und der Geschäftsleitung sei eine Unterzeichnung des Vertrages nicht zwingend erforderlich, angenommen werden konnte. .... Es kann dahingestellt bleiben, ob außerdem das Unterbleiben der von dem Kläger verlangten Unterzeichnung des Vertrages in entsprechender Anwendung von § 154 Abs. 2 BGB zu einem Beurkundungsmangel geführt hätte ...Schließlich ändert es auch nichts an der Beurteilung, dass die Beklagte - nach der von dem Kläger erklärten Kündigung - mit Schreiben vom 24. August 2018 zwischenzeitlich die unzutreffende Rechtsansicht vertrat, es sei mit dem Zuschlag ein Vertrag zustande gekommen.“
- Schadensersatz BGH, Beschl. v. 13.09.2022 - XIII ZR 9 – 20 – Schadensersatz (verneint) - Bodenaushub - Rohbauarbeiten - Leistungsverzeichnis – §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 16 Abs. 1 Nr. 3, 15 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A amtlicher Leitsatz: „a) Versteht der Bieter die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses falsch und gibt daher den deutlich höheren Preis einer Leistung an, die nach dem Leistungsverzeichnis gar nicht zu erbringen ist, enthält sein Angebot nicht den geforderten Preis, so dass es gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016 auszuschließen ist. b) Aufklärung über die Preiskalkulation eines Nachunternehmers kann jedenfalls dann verlangt werden, wenn zu klären ist, ob das Angebot den Vorgaben im Leistungsverzeichnis entspricht.“
- Schätzung - Kräber, Wolfgang, Greift der 48-Monats-Deckel des § 3 Abs. 11 VgV auch bei Verlängerungsoptionen? VergabeFokus 2/2022, 9
- Schätzung – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
- Schätzwert – Fabian Winters, Weßling, Alexander-Marius, Höchstgrenze bei Rahmenvereinbarungen – wie weit darf diese vom Schätzwert abweichen?, ZfBR 2022, 13
- Schätzwert - Klein, Quirin, Zusammen oder getrennt? Die Auftragswertberechnung bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen, VergabeR 2a/2022, 327
- Schienenverkehr – s. ÖPNV – ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- Schlüssigkeit – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Schlüssigkeit – OLG Koblenz, Beschl. v. 22.06.2022 - Verg 1 – 22 – Gewässerrenaturierung – Behauptung ins Blaue – Antragsbefugnis: Schlüssige, konkrete (hinreichend begründet) Darlegung der Tatsachen für mögliche bessere bzw. verschlechterte Zuschlagschancen (hier behauptete Überbewertung zumindest 2 Punkte bei einer Punktwertung von 96 bzw. 95 Punkten) – „... muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen .... Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus Dem ist das Antragsvorbringen hier gerecht geworden.“ – keine „Behauptung ins Blaue“ – fristgerechte Rüge - positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen – Auslegung des Begriffs „Gesamtprojektleitung“ (keine Unklarheit) – keine Ermächtigung der Vergabekammer zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle – kein Ausschluss nach § 124 I Nr. 8, 9a), b) und c) GWB (Ermessensentscheidung – kein gerechtfertigter Schluss für Nichterfüllung) – Kostenentscheidung - Gebühren
- Schmidt, Til; Kirch, Thomas, Das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz –
- Schoof, Timm / Leinemann, Eva-Dorothee, Vergaberechtliche Instrumente zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit patentfreien Arzneimitteln in Europa, VergabeR 2022, 149
- Schoof, Timm/Hohensee, Marco, Kriterium Preis, Oder darf es etwas anderes sein? , Vergabe News 2022, 166
- Schriftform - Funke, Marcus/Quarch, Benedikt, Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form, NJW 2022, 569
· Schriftform – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail—amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Vertragsverlängerung - Schwellenwerterreichung 6. Interimsaufträge. 7. Unvorhersehbarkeit 8. mögliche Behinderungen des Vergabeverfahrens 9. Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Schulnoten – s. Noten - OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Schwellenwert – EuGH, Urt. v. 10.11.2022 - C‑486 - 21 - Konzession für die Einrichtung und Verwaltung einer Dienstleistung Carsharing - des Vermietens und der gemeinschaftlichen Nutzung (Carsharing) von Elektrofahrzeugen – amtlicher Leitsatz: Dienstleistungskonzession .... 2. Art. 8 der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 ist dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Feststellung, ob der Schwellenwert für die Anwendbarkeit dieser Richtlinie erreicht ist, den „Gesamtumsatz ohne Mehrwertsteuer, den der Konzessionsnehmer während der Vertragslaufzeit erzielt“ unter Berücksichtigung der Gebühren, die die Nutzer an den Konzessionsnehmer entrichten werden, sowie der Beiträge und Kosten, die der öffentliche Auftraggeber tragen wird, zu schätzen hat. Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch auch davon ausgehen, dass der für die Anwendung der Richtlinie 2014/23 in der Fassung der Delegierten Verordnung 2019/1827 vorgesehene Schwellenwert erreicht ist, wenn die Investitionen und Kosten, die vom Konzessionsnehmer allein oder zusammen mit dem öffentlichen Auftraggeber während der gesamten Laufzeit des Konzessionsvertrags zu tragen sind, diesen Schwellenwert offensichtlich überschreiten.
- Schwellenwert – Altauftrag – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
· Schwellenwert – Interimsvergabe - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Schwellenwert – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
· Schwellenwert – Vertragsverlängerung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Schwere Verfehlung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.6.2022 – VII-Verg 36-21 – Sturmgewehr – Ausschluss wegen schwerer beruflicher Verfehlung wegen vorwerfbarer Patentverletzung (Frage der Patentnichtigkeit im Nachprüfungsverfahren nicht durch Antragstellerin belegt) – kein Ausschluss der Beigeladenen wegen schwerer beruflicher Verfehlung durch Lieferung von Sturmgewehren nach Mexico wegen Ablaufs der Ausschlussfrist von drei Jahren
- Selbstreinigung - Asgodom, Jonas, Die Selbstreinigung – (noch immer) ein unbekanntes Wesen?, Vergabe News 2022, 22
- Selbstreinigung - Herrlinger, Justus/Ahlenstiel, Enno: Durch Selbstreinigung aus dem
Wettbewerbsregister ,WuW 2022, 396 - Selbstreinigung - Ingerowski, Boris, Selbstreinigung im Vergaberecht, NZBau 2022, 30
- Selbstreinigung Jauch, Oliver, Röttger, Theresa, Die neuen Leitlinien und Hinweise zur vorzeitigen Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung, Newsdienst Compliance 2022, 2200
- SGB - v. Westphalen, Friedrich, SGB-Recht im zweiten Halbjahr 2021, NJW 20222, 288
- Sicherheit – OLG Schleswig, Beschl. v. 03.2022 - 54 Verg 11 – 21 - Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen – aufschiebende Wirkung – fehlende Transparenz der Vergabeunterlagen und nachfolgender „Klarstellungen“ – Unklarheit über Tarifvertrag und Mindestlohn
- Sicherheitsdienst - KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg 2 – 21 – Sicherheitsdienst – berufliche Qualifikation nach § 46 III Nr. 2 VgV – rechtswidriger Ausschluss trotz „höherwertigem Abschluss“ (Ausbildungsabschluss als „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“) – berechtigte Forderung des Nachweises einer beruflichen Mindestqualifikation des Objektleiters und seines Stellvertreters nach § 46 III Nr. 2 VgV - geforderte Qualifikation: „Fachkraft für Schutz und Sicherheit“ oder „geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft“ oder „höherwertiger Abschluss“) – Angebot mit „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ als „höherwertiger Abschluss“ bejaht und wertbar – rechtswidriger Ausschluss entgegen § 57 I VgV – Zurückversetzung in das Stadium vor Angebotswertung - „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ ist ein gegenüber den ausdrücklich in der Auftragsbekanntmachung genannten Abschlüssen „höherwertiger Berufsabschluss“ .
· Sicherheitsleistung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Siegel, Thorsten, Das Haushaltsvergaberecht: Vergaberecht oder doch Haushaltsrecht?, VergabeR 2a/2022, 283
- Skonto - Beckmann-Oehmen, Katrin, Rechenaufgabe Nachlässe und Skonti, Vergabe
Navigator 2022, 15 - Software - BayObLG, Beschl. v. 03.06.2022 - Verg – 7 - 22 – Therapieplanungssoftware – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung
- Software - BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - keine Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Antragstellers – erforderliches Weiterbestehen des Interesses des Antragstellers am Auftrag (Aufforderung zur Erklärung über Weiterführung des Geschäfts und weitere Beteiligung AN Ausschreibung) – nach der Leistungsbeschreibung erforderlich: SORMAS-Schnittstelle – in der Software der Antragstellerin im Frühjahr 2021 nicht installiert – vorhandene Installation in Angebot des Wettbewerbers - Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb – bejahte Antragsbefugnis – Bestimmungsrecht des Auftraggebers (zulässige Forderung der SORMAS-Schnittstelle als Mindestanforderung) – keine Pflicht zur Einräumung der Programmierung nach Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung – kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot – keine Pflicht zum Ausgleich von Wettbewerbsvorteilen eines Bieters mit aussschreibungsgemäßer Software – keine unberechtigte Bevorzugung – kein Verstoß gegen § 31 VI VgV (keine offene oder verdeckte Produktvorgabe: SORMAS Open-Source-Software und allgemein zugänglich für Programmierung) – infolge der Nichterfüllung der Mindestkriterien weitere behauptete Verstöße nicht relevant (Dringlichkeit, Durchführung der Markterkundung) – Zuschlag hätte in keinem Fall auf Antragsteller-Angebot erteilt werden können: “Die Software der Antragstellerin verfügte über keine SORMAS-Schnittstelle und wäre daher mangels Erfüllung des - zulässigen - Mindestkriteriums für einen Zuschlag auf keinen Fall in Betracht gekommen. .... Der Nachprüfungsantrag ist daher unabhängig davon unbegründet, ob weitere Rechtsverletzungen tatsächlich vorlagen. .... Anhaltspunkte dafür, dass auch die Angebote der Beigeladenen und des weiteren zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerbers hätten ausgeschlossen werden müssen, der Antragsgegner sodann das Mindestkriterium einer SORMAS-Schnittstelle aufgehoben und die Antragstellerin infolgedessen eine Chance auf den Auftrag erhalten hätte (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 1. September 2021, 17 Verg 2/21 - LUCA-App I, juris Rn. 57; OLG München, Beschl. v. 5. November 2009, Verg 15/09, juris Rn. 67), sind nicht erkennbar.“ – Kostenentscheidung nach § 175 II, 71 S. 1 und 2 Alt. 1 GWB - Streitwert (5 % der Auftragssumme)
- Software – Benutzerfreundlichkeit - OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Software – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Software - Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - BayObLG, Beschl. v. 03.06.2022 - Verg – 7- 22 – Therapieplanungssoftware – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung
- Softwareimplementierung – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Sorgfaltspflichten - Helck, Thomas, Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten. Worauf sich Unternehmer zukünftig vorbereiten müssen, BB 2021, 1603
- Soziale Dienstleistungen - Schäffer, Rebecca, Die Vergabe sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen, VergabeFokus 2022, 1
- Soziale Leistung – EuGH, Beschl. v. 7.7.2022 - C‑213 - 21 und C‑214 – 21 - Italy Emergenza – Notfallkrankentransportdienste – unzulässig: Vergabe nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber Sozialgenossenschaften mit Ausschüttung von Rückvergütungen an ihre Mitglieder – Beschluss: „Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach Notfallkrankentransportdienste vorrangig durch Vereinbarung nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber an Sozialgenossenschaften vergeben werden dürfen, die an ihre Mitglieder Rückvergütungen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit ausschütten können.
- Soziale Leistungen – EuGH, Beschl. v. 14.7.2022, C - 436 – 20 – Ausschluss von Einrichtungen mit Erwerbszweck für bestimmte personenbezogene soziale Unterstützungsleistungen im Rahmen einer konzertierten Aktion und gleichzeitig Zulassung von Einrichtungen ohne Erwerbszweck nicht nur Freiwilligenorganisationen zum Erbringen der Dienstleistungen gegen Entgelt transparentes Wettbewerbsverfahren und Gleichstellung der interessierten Wirtschaftsteilnehmer – amtlicher Leitsatz: Die Art. 76 und 77 der Richtlinie 2014/24/EU ... sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die privaten Einrichtungen ohne Erwerbszweck die Möglichkeit vorbehält, im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens Vereinbarungen zu schließen, gemäß denen sie gegen Erstattung ihrer Kosten soziale personenbezogene Unterstützungsleistungen erbringen, und zwar unabhängig vom geschätzten Wert dieser Dienstleistungen und selbst wenn sie nicht die Anforderungen in Art. 77 dieser Richtlinie erfüllen, nicht entgegenstehen, sofern zum einen der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Einrichtungen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt, auf denen diese Regelung beruht, und zum anderen der Transparenzgrundsatz gewahrt ist, wie er insbesondere in Art. 75 der Richtlinie konkretisiert ist. 2. Art. 76 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Ansässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers an dem Ort, an dem die Dienstleistungen zu erbringen sind, im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags über soziale Dienstleistungen im Sinne von Anhang XIV dieser Richtlinie ein Kriterium für die Auswahl der Wirtschaftsteilnehmer vor der Prüfung ihrer Angebote darstellt.
- Sozialgenossenschaft - EuGH, Beschl. v. 7.7.2022 - C‑213 - 21 und C‑214 – 21 - Italy Emergenza – Notfallkrankentransportdienste – unzulässig: Vergabe nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber Sozialgenossenschaften mit Ausschüttung von Rückvergütungen an ihre Mitglieder – Beschluss: „Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach Notfallkrankentransportdienste vorrangig durch Vereinbarung nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber an Sozialgenossenschaften vergeben werden dürfen, die an ihre Mitglieder Rückvergütungen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit ausschütten können.
- Sportverband - Hattig, Oliver/Oest, Tobias, Sportverbände als öffentliche Auftraggeber, NZBau 2021, 774
- Stand: März 2023 -
- Streitwert - KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2022 - Verg 7 – 21 – Verweigerung der Einsicht in Anlagen mit geheimhaltungsbedürftigen Inhalten (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) - § 165 GWB – Beschwerde der Beigeladenen gegen Offenlegung der Anlagen durch Vergabekammer– Rücknahme des Nachprüfungsantrages durch Antragstellerin – Erledigungserklärung – Kostenentscheidung – Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Vergabekammer über Gewährung von Akteneinsicht in als geheimhaltungsbedürftige Anlagen durch betroffene Beigeladene – Kostenentscheidung gemäß § 175 II, 71 S. 1 GWB nach billigem Ermessen - summarische Prüfung des voraussichtlichen Erfolges der Beschwerde - kein Anspruch auf Zugang zu Unterlagen und Sachvortrag, „der ihm (Antragsteller) nach dem Willen des Beteiligten, der ihn zu den Akten des Nachprüfungsverfahrens gereicht hat, nicht zugänglich gemacht werden soll. Insbesondere folgt aus dem Akteneinsichtsrecht des § 165 GWB nichts anderes. Dieses Recht bezieht sich in erster Linie auf die Vergabeakten und auf die Akten der Vergabekammer nur, soweit Vorbringen der Beteiligten überhaupt berücksichtigungsfähiger Gegenstand dieser Akten geworden ist, was bei Vorbringen 1 das einem Teil der Beteiligten nicht zugänglich gemacht werden darf, .... von vornherein nicht der Fall ist.“ – Streitwert 1/10 des nach § 50 II GKG für das Beschwerdeverfahren über den Nachprüfungsantrag selbst maßgeblichen Streitwertes ... „Eine Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG kommt bei einem Beschwerdeverfahren, das sich auf einen lediglich Fragen der Akteneinsicht betreffenden Beschluss der Vergabekammer in einem Zwischenverfahren bezieht, nicht in Betracht ..., weil die Entscheidung nicht die Auftragsvergabe als solche zum Gegenstand hat und die Anknüpfung an den Wertansatz als pauschaliertem Gewinn nicht passend erscheint ... Von den gemäß § 50 Abs. 2 GKG maßgeblichen 5% des Bruttoauftragswertes nach Maßgabe des Angebotes der Antragstellerin - das sind ... Euro - entsprach es vorliegend billigem Ermessen im Sinne des § 3 ZPO ein Zehntel als Streitwert für das auf die Akteneinsicht bezogene Beschwerdeverfahren anzusetzen...“
- Streitwert - KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2022 - Verg 7 – 21 – Verweigerung der Einsicht in Anlagen mit geheimhaltungsbedürftigen Inhalten (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) – Streitwert 1/10 des nach § 50 II GKG für das Beschwerdeverfahren über den Nachprüfungsantrag selbst maßgeblichen Streitwertes ... „Eine Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG kommt bei einem Beschwerdeverfahren, das sich auf einen lediglich Fragen der Akteneinsicht betreffenden Beschluss der Vergabekammer in einem Zwischenverfahren bezieht, nicht in Betracht ..., weil die Entscheidung nicht die Auftragsvergabe als solche zum Gegenstand hat und die Anknüpfung an den Wertansatz als pauschaliertem Gewinn nicht passend erscheint ... Von den gemäß § 50 Abs. 2 GKG maßgeblichen 5% des Bruttoauftragswertes nach Maßgabe des Angebotes der Antragstellerin - das sind ... Euro - entsprach es vorliegend billigem Ermessen im Sinne des § 3 ZPO ein Zehntel als Streitwert für das auf die Akteneinsicht bezogene Beschwerdeverfahren anzusetzen...“
- Streitwert – Option - OLG Schleswig, Beschl. v. 15.07.2022 - 54 Verg 12 – 21 - Kostenentscheidung nach Erledigung - Sicherheitsdienstleistung (Objekt- und Personenschutz) – Kostenentscheidung nach Erledigung – summarische Prüfung – Abstellung auf den mutmaßlichen Ausgang – Unterliegen in der Hauptsache –dann auch volle Kostenbelastung trotz zunächst erfolgreichem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Aufhebung und nicht aktive Beteiligung einer Beigeladenen an Beschwerde: Beigeladene trägt außergerichtliche Kosten selbst – Streitwert bei Option nur mit 25 % des voraussichtlichen Auftragswertes
- Sturmgewehr - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.03.2022 - 15 W 14 – 21 – Sturmgewehr – Patent für Waffenverschlusssystem -§ 9 S. 2 Nr. 1, 140c PatG, 155, 156, 122, 124 GWB, 6 VSVgV - Einholung eines Sachverständigengutachtens – Beweiserhebung darüber darüber, ob die der Antragsgegnerin zu 2) im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens „System Sturmgewehr Basiswaffe“ ... zur Verfügung gestellten Sturmgewehre des Typs MK 556 gleich mit denen sind, die im Rahmen der Besichtigung bei der im Dezember 2020 aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Düsseldorf vom 20.11.2020 vorgefunden worden sind.“ – amtlicher Leitsatz: 1. Ein Besichtigungsanspruch gemäß § 140c PatG, der prozessual mit Hilfe eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß §§ 485 ff. ZPO kombiniert mit einer einstweiligen Duldungsverfügung gemäß § 140c Abs. 3 PatG geltend gemacht wird, unterfällt nicht den §§ 155, 156 Abs. 2 GWB. Die Zivilgerichte sind deshalb auch während eines laufenden Vergabeverfahrens zuständig. 2. Die Durchführung einer Vergleichserprobung und Bemusterung eines im Laufe des Vergabeverfahrens überreichten Gegenstandes (Waffe) stellt ein Gebrauchen im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG dar. Ein späterer Erwerb und/oder bestimmungsgemäßer Einsatz des überreichten Gegenstandes ist hierfür nicht erforderlich. 3. Dienen mit dem überreichten Gegenstand (Waffe) durchgeführte Versuche nicht dem technischen Fortschritt, greift das Versuchsprivileg des § 11 Nr. 2 PatG nicht ein. 4. Eine Weitergabe im Sinn des § 6 Abs. 2 VSVgV liegt nicht vor bei der gerichtlichen Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens kombiniert mit einer einstweiligen Duldungsverfügung. 5. Objekt einer Besichtigung ist allein eine Sache gemäß § 90 BGB. Urkunden können deshalb bei alleiniger Geltendmachung eines Besichtigungsanspruchs entsprechend § 140c PatG nicht herausverlangt werden. Konstruktionszeichnungen sind Sachen
- Substantiierung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Substantiierung – OLG Koblenz, Beschl. v. 22.06.2022 - Verg 1 – 22 – Gewässerrenaturierung – Behauptung ins Blaue – Antragsbefugnis: Schlüssige, konkrete (hinreichend begründet) Darlegung der Tatsachen für mögliche bessere bzw. verschlechterte Zuschlagschancen (hier behauptete Überbewertung zumindest 2 Punkte bei einer Punktwertung von 96 bzw. 95 Punkten) – „... muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen .... Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus Dem ist das Antragsvorbringen hier gerecht geworden.“ – keine „Behauptung ins Blaue“ – fristgerechte Rüge - positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen – Auslegung des Begriffs „Gesamtprojektleitung“ (keine Unklarheit) – keine Ermächtigung der Vergabekammer zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle – kein Ausschluss nach § 124 I Nr. 8, 9a), b) und c) GWB (Ermessensentscheidung – kein gerechtfertigter Schluss für Nichterfüllung) – Kostenentscheidung - Gebühren
- Summarische Prüfung – OLG Koblenz, Beschl. v. 05.2022 - Verg 2 – 22 – Transport-Entsorgung von Reststoffen der Abfallverbrennung – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - Abwägung der betroffenen Interessen nach § 173 II GWB – Berücksichtigung der Erfolgsausschichten (verneint) – „Wenn nämlich die Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg führen kann, kann das Interesse des Beschwerdeführers an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung von vornherein die Interessen der Vergabestelle bzw. der Allgemeinheit nicht überwiegen ... Danach kann dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben werden. Denn die sofortige Beschwerde hat bei der gebotenen und im Verfahren nach § 173 II GWB allein möglichen summarischen Prüfung ... auf der Grundlage der bis zum heutigen Tage eingegangenen Schriftsätze keine Aussicht auf Erfolg.“ - keine Mehrdeutigkeit der Eignungskriterien – auch für Bieter erkennbar (Rüge verfristet) – Bieterfrage keine Rüge -
- Summarische Prüfung – OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Summarische Prüfung – OLG Schleswig, Beschl. v. 15.07.2022 - 54 Verg 12 – 21 - Kostenentscheidung nach Erledigung - Sicherheitsdienstleistung (Objekt- und Personenschutz) – Kostenentscheidung nach Erledigung – summarische Prüfung – Abstellung auf den mutmaßlichen Ausgang – Unterliegen in der Hauptsache –dann auch volle Kostenbelastung trotz zunächst erfolgreichem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Aufhebung und nicht aktive Beteiligung einer Beigeladenen an Beschwerde: Beigeladene trägt außergerichtliche Kosten selbst – Streitwert bei Option nur mit 25 % des voraussichtlichen Auftragswertes
- Summarisches Verfahren - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Tariftreue - Meyer, Michael, Tariftreue im ÖPNV, öAT 2022, 8
- Tarifvertrag – OLG Schleswig, Beschl. v. 03.2022 - 54 Verg 11 – 21 - Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen – aufschiebende Wirkung – fehlende Transparenz der Vergabeunterlagen und nachfolgender „Klarstellungen“ – Unklarheit über Tarifvertrag und Mindestlohn
- Teststellung – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Trennungsgebot - Hofmann, Heiko/Güldenstein, Lena, Kontrahierungszwang und Trennungsgebot in Energiekonzessionsverfahren , NZBau 2022, 454
- Übermittlung - Noch, Rainer, Auf die Plattform kommt es an, Vergabe Navigator 2022, 30 – auch zu VK Saarland , Beschl. v. 03.2021 – 1 VK 6/20
- Ukraine – Lührmann, Christian/ Egle, Philip/ Heider, Thomas, Störung der Geschäftsgrundlage, Preisanpassung durch Ukraine-Krieg?, NZBau 2022, 251
- Ukraine – Müller, Anne, Vergaben in Kriegszeiten, Vergabe News 2022, 106 – vgl. §§ 313 BGB, 132 GWB
- Ukraine - Rhein, Kay-Uwe, Update Nachträge, Vergabe Navigator 2022, 5 - a. zum Erlass des Bundesbauministeriums v. 25.03.2022 - BWI7-70437/9 – Preisänderungen - vgl. auch §§ 313, 315 BGB
- Ukraine - Schröder, Holger, Russland-Sanktionen und Vergaberecht, UKuR 2022, 385
- Ukraine-Krieg - Bartetzky-Olbermann, Katharina/Pauka, Marc, Vergaberechtliche
Herausforderungen des Ukraine-Krieges , UKuR 2022, 215 - Ukraine-Krieg - Leinemann, Ralf, Der Ukraine-Krieg als ein auf (Bau-)Verträge einwirkendes Ereignis höherer Gewalt im Vertrags- und Vergaberecht, UKuR 2/2022, 53
- Umstrukturierung - EuGH, Urt. v. 3.2.2022 - C - 461 – 20 - Advania – Übertragung nach Insolvenz des Auftragnehmers „Misco“ (vier noch laufende Rahmenvereinbarungen ohne neues Vergabeverfahren) – zuvor durchgeführte Vergabe ohne Aufforderung des Bewerbers Advania nach Teilnahmewettbewerb und Zuschlag der Rahmenvereinbarungen an Mitbewerber „Misco“ (vier) und „Dustin“ (zwei) – Insolvenz von „Misco“ im Dez. 2017 – Vertragsschluss im Jan. 2018 durch Insolvenzverwalter (vier Rahmenverträge) an zuvor im Vergabeverfahren nicht zum Angebot aufgeforderte Advania, nicht an den im Vergabeverfahren zum Angebot aufgeforderten und bezuschlagten Bieter „Dustin“ (zwei), der beantragt, die durchn den Insolvenzverwalter vereinbarten „vier“ Rahmenvereinbarungen für ungültig zu erklären – Begriff der „Umstrukturierung“ i. S. d. Art. 72 I d) II Richtlinie 2014/24/EU – Ersatz des Insolvenzunternehmens durch Advania („Umstrukturierung“ nach Insolvenz) ohne „wesentliche Änderung“ etc. zulässig – Urteilstenor: Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der – nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde – lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.
- Umwelt – EuGH, Urt. v. 17.11.2022 - C‑54 – 21 – Entwicklung von Projekten für die Umwelt- Bewirtschaftung von Einzugsgebieten in Polen – Geschäftsgeheimnisse – Informationszugang – amtlicher Leitsatz: Geschäftsgeheimnisse 2. Zugang zu den Informationen 3. Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU ist im Licht ihres Art. 67 Abs. 4 dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass die Zuschlagskriterien das „Arbeitskonzept“ für die Entwicklung der Projekte, die im Rahmen des betreffenden öffentlichen Auftrags durchgeführt werden sollen, und die „Beschreibung der Art und Weise der Auftragsausführung“ umfassen, sofern diese Kriterien mit Präzisierungen versehen sind, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglichen, die eingereichten Angebote konkret und objektiv zu beurteilen. 4. Rechtsbehelf und Pflicht zur Offenlegung von Informationen
- Umweltkriterien - Rosenauer, Andreas/Steinthal, Jonathan, Der Umgang mit Klima- und Umweltschutzkriterien im Vergaberecht ,KlimR 2022, 202
- Umweltschutz - Siegel, Thorsten, Das Berücksichtigungsgebot des Bundes-Klimaschutzgesetzes und seine Relevanz im Vergaberecht, NZBau 2022, 315
- Ungewöhnlich niedriger Preis –
- Ungewöhnlich niedriger Preis – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Ungewöhnlich niedriger Preis – ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- Ungewöhnlich niedriger Preis- OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Ungewöhnlich niedriges Angebot - EuGH, Schlussantrag v. 24.2.2022, C - 669 - 20 – SchlussA – Ausweisdokumente - ungewöhnlich niedriges Angebot - Vorliegen von mindestens drei Angeboten - Urteilstenor: Die Art. 38 und 49 der Richtlinie 2009/81/EG ... sind dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber in jedem Fall verpflichtet ist, eine Prüfung durchzuführen, ob ein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliegt. Unerheblich ist insoweit die Zahl der eingereichten Angebote oder der Umstand, dass es nicht möglich ist, die hierzu im nationalen Recht aufgestellten Kriterien anzuwenden. In diesem Fall muss der öffentliche Auftraggeber Art. 49 der Richtlinie 2009/81 aufgrund seiner unmittelbaren Wirkung beachten. 2. Art. 55 Abs. 2 der Richtlinie 2009/81 in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass, wenn für den öffentlichen Auftraggeber kein Anlass besteht, ein Verfahren zur Prüfung der Seriosität eines Angebots einzuleiten, seine Bewertung Gegenstand einer gerichtlichen Nachprüfung im Rahmen der Beschwerde gegen die im Zuschlag liegende Endentscheidung sein kann.
· Ungewöhnlich niedriges Angebot – s. Preisprüfung
- Ungewöhnlich niedriges Angebot – VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - § 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- Ungewöhnliche niedriger Preis - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Unklarheit – KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Zulässigkeit (Antragsbefugnis – Interesse – Rechtsverletzung – rechtzeitige Rüge) - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....De Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Unterauftragnehmer - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Unterhalb des Schwellenwerts – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.05.2022 - 15 Verg 1 – 22 - Ingenieurleistung für Küchenneubau einer JVA – Aufhebung des EU-Verfahrens und neues nationales Vergabeverfahren infolge „neuen Schwellenwerts“ – Rüge der nationalen Ausschreibung und der Zuschlagskriterien – fehlerhafte Schätzung der Vergabestelle ersetzt durch Vergabekammer infolge eigener Schätzung (Grundlage Preise der im aufgehobenen EU-Verfahren eingegangenen Angebote – sämtlich unterhalb des Schwellenwerts) – Schwellenwert nicht erreicht – zutreffende Zuordnung zur Honorarzone II, im Übrigen auch als Vereinbarung möglich – keine Bindung an HOAI (zulässige Vereinbarung unterhalb der Basishonorarsätze) – keine Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner (lediglich Fragen, die die Fachleute des Amtes eigenständig zu beantworten und zu beachten hatten) – Kostenentscheidung .
- Unterkostenangebot – s. ungewöhnlich niedriger Preis –
- Unterschwellenvergabe - Graevenitz, Albrecht von/Rabus, Jennifer, Ein frischer Blick auf die Anwendung der c.i.c. im Unterschwellenbereich ,VergabeR 2022, 595
- Unterschwellenvergabe – Meckler, Markus, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen unterhalb der EU-
Schwellenwerte am Beispiel der Rechtslage in Bayern , NZBau 2021, 768 - Untersuchungsgrundsatz - Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Unwirksamkeit - OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- Update Nachträge - Rhein, Kay-Uwe, Update Nachträge, Vergabe Navigator 2022, 5 - a. zum Erlass des Bundesbauministeriums v. 25.03.2022 - BWI7-70437/9 – Preisänderungen - vgl. auch §§ 313, 315 BGB
- UVgO - Dieckmann, Martin/ Scharf, Jan-Peter/ Wagner-Cardenal, Kersten, VgV - UVgO.
Vergabeverordnung, Unterschwellenvergabeordnung ,3. Aulf., C.H. Beck 2023 - UVgO - Meckler, Markus, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen unterhalb der EU-
Schwellenwerte am Beispiel der Rechtslage in Bayern , NZBau 2021, 768 - Veranstaltungsmanagement - Orf Lucas, Kirch, Thomas, Let’s meet again – die Beauftragung von Veranstaltungen , VergabeNews 2022, 186
- Verbotsbeteiligung – ÖPNV - OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr – Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (teils bejaht) – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufgreifschwelle nicht erreicht (20 % des Gesamtpreises) – Selbstbringungsquote von 70 % ermessensfehlerfrei – Eignungsleihe (mehrere Eignungsleiher zulässig) – Reichweite von Verbotsbeteiligungen – Akteneinsicht bei Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit - § 60 VgV; Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007; Art. 5 Abs. 2b VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 160, 173 GWB – vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. 28.10.2021 - 54 Verg 5 / 21 (Bieter unterliegt)
- Verbundene Unternehmen - EuGH, Urt. v. 8.12.2022, C - 769 – 21 – Krankenversicherungsleistungen – Konkurrenzangebote zweier „verbundener“ Unternehmen – Zuschlag sollte an einen der beiden „Bieter“ erfolgen, wurde aber von diesem abgelehnt – daher sollte Zuschlag an den „anderen Bieter“ des „verbundenen Unternehmens“ erfolgen, statt dessen wurde das Vergabeverfahren beendet (Absprache) ohne die Möglichkeit zur Stellungnahme des „zweiten Bieters“ – unzulässiger „quasi-automatischer Ausschluss“ durch gesetzliche Regelung in Litauen – Verstoß gegen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Entscheidungstenor: „Unter diesen Umständen ist die Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 einer nationalen Regelung entgegensteht, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, im Fall eines Rücktritts des ursprünglich wegen des wirtschaftlich günstigsten Angebots ausgewählten Bieters ein öffentliches Vergabeverfahren zu beenden, wenn es sich bei dem das zweitwirtschaftlichste Angebot einreichenden nachfolgenden Bieter um denselben Wirtschaftsteilnehmer wie beim ersten Bieter handelt.“
- Verbundene Unternehmen – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.03.2022 - Verg 28 – 21 – Rahmenvereinbarung - Räumung von Kampfmitteln – Absprache – strenge Voraussetzungen für ausreichende Anhaltspunkte (Vorliegen eines Verstoßes „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ - § 124 I Nr. 4 GWB) – keine hinreichenden Anhaltspunkte: zwei Gesellschaften mit demselben Geschäftsführer – Erforderlichkeit vielmehr weitere Tatsachen (z. B. Auffälligkeiten in den Angeboten) – „Allein der Umstand, dass die Antragstellerin und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, begründet für sich genommen demnach keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kartellrecht im Sinne des 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Das gilt auch unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass hinter der Antragstellerin und der L. dieselben natürlichen Personen als Gesellschafter stehen – nämlich G. und P., die jeweils 45 Prozent der Gesellschaftsanteile der Antragstellerin halten, und die zugleich Kommanditisten der L. sowie Gesellschafter der U. sind, der Komplementär-GmbH der L.. Weitere Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass die personelle Verflechtung beider Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit die erstellten Angebote beeinflusst hat, liegen nicht vor. (1) Auffälligkeiten aus den Angeboten selbst ergeben sich nicht und werden von dem Antragsgegner im vorliegenden Nachprüfungsverfahren auch nicht vorgetragen. (2) Dass die Antragstellerin nicht von sich aus darauf hingewiesen hat, dass sie und die L. über denselben Geschäftsführer verfügen, lässt keine belastbaren Rückschlüsse zu. Die Antragstellerin war hierzu nicht verpflichtet. Bieter sind nicht von sich aus verpflichtet, gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber ihre Verbindungen zueinander offenzulegen, es sei denn, dass in den Vergabeunterlagen entsprechende Offenlegungsverpflichtungen geregelt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 15.05.2018 – C-531-16 ..), was vorliegend nicht der Fall ist.“
- Verfristung – s. Frist – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Vergabeart - Butzert, Clemens, Dringlichkeitsvergabe nur in engen Grenzen , NZBau 2021, 720
- Vergabeberatung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.05.2022 - Verg 33 – 21 – Vergabeberatung – Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei Durchführung von Vergabeverfahren - kein Verstoß gegen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) durch Unterlassung der Aufteilung in Lose (Rechtsberatung und „kaufmännische Vergabeberatung“) - §§ 97 II S. 2, 97 IV GWB – „Samtagsfristablauf“ führt zur Fristverlängerung auf nächsten Werktag – Rechtdienstleistungen: Vergabevermerk, Auswertung der Angebote, Entwurf des Aufklärungsschreibens – keine Rechtdienstleistungen: stichprobenartige Überprüfung übersandter Vertragsunterlagen auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit Musterunterlagen, Dokumentation, technische Gründe für die Zusammenfassung von Leistungen, „rechtsberatende Anteile“ nur Nebendienstleistungen nach § 5 I RPG – Leistungen: „Vorbereitungsphase“ - Erstellung des Vergabevermerks auf vorgegebenem Muster (Begründung zur Vergabeart, Losbildung, Eignungs- und Zuschlagskriterien, besondere Sicherheitsanforderungen usw.) – Durchführungsphase: Beantwortung von Bieterfragen etc., Auswertung der Angebote auf 1. und 2. Wertungsstufe (formale Prüfung + Eignungsprüfung), Prüfung Aufgreifschwelle (bei Bejahung Auskömmlichkeitsprüfung), Angemessenheit des Preises, Aufklärungsschreiben, Referenzen, Abstimmung des Wertungsergebnisses u. a. mit der Vergabestelle, Dokumentation der Angebotsprüfung, Entwurf des Auswertungsvermerks „Info-Schreiben“, Entwürfe für Zuschlagsschreiben Absageschreiben etc. – Antwort auf Anfrage der antragstellenden Anwaltskanzlei: „Es handelt sich nicht um Rechtsberatungsleistungen. Der Schwerpunkt liegt in der technischen Abwicklung des Vergabeverfahrens. Die Verfahrensregelungen ergeben sich aus dem nationalen und europäischen Vergaberecht. Dass der Schwerpunkt der Tätigkeit eindeutig in der Verfahrensdurchführung liegt, ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung und der Zielrichtung des zu erstellenden Konzepts. Eine Rechtsberatung wird von dem Dienstleister nicht erwartet – die Entscheidungen über die vergaberechtlichen Fragestellungen bleiben wie die Wertungsentscheidungen dem öffentlichen Auftraggeber vorbehalten.“
- Vergabefreiheit - Eisentraut, Nikolas, Der Grundsatz der Ausschreibungsfreiheit der Eigenerledigung, EuZW 2022, 981
- Vergabeunterlagen – Änderung - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8 – 22 - Software für digitales Entlassungsmanagement (3 Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils einem Jahr) - § 134 GWB, 57 VgV - verfristete Rüge (behauptete unzulässige Berücksichtigung der Einmalkosten für Softwareimplementierung – Erkennbarkeit für durchschnittlichen Bieter („Ein Unternehmer, der an einem EU-weiten Vergabeverfahren teilnimmt, muss zumindest den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen; Ungereimtheiten oder Widersprüchlichkeiten der Vergabeunterlagen muss er nachgehen, auch wenn er die genaue Rechtslage nicht kennt...... Dass die Einmalkosten für die Implementierung der Software digitales Entlassmanagement nicht bei der Preiswertung Berücksichtigung finden würden, ergab sich durch Lesen der Angaben zur Preiswertung in den Vergabeunterlagen (Stand 23.02.2022) und dem Preisblatt (Stand der 23.02.2022), in dem dies in Rot hervorgehoben wurde. Die rechtliche Wertung, ob eine solche Preisvorgabe möglicherweise intransparent und diskriminierend ist, kann jeder Bieter selbst vornehmen. Ergänzend wird auf die hierzu gemachten zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen.“ – Rügen ins Blaue prozessual unbeachtlich – kein Einfließen der „verifizierenden Teststellung“ in Wertung – Rüge des Bieterinformationsschreibens ohne Darlegung eines Schadens (fehlende Antragsbefugnis) – Informationsschreiben auch zutreffend – unzulässige Rüge unzureichender Dokumentation („Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben, die Dokumentation ist kein Selbstzweck.“) - im Übrigen unbegründet: unsubstantiierte Rüge des Einsatzes eines anderen Unterauftragnehmers – keine Änderung der Vergabeunterlagen durch falsche Benennung eines Unterauftragsnehmers sowie kein Abweichen von den datenschutzrechtlichen IT-sicherheits-Vorschriften – ferner keine Zweifel an den Angaben des Bieters hinsichtlich Erfüllung des Leistungsversprechens (US-Tochter – Datenverarbeitung ausschließlich in Deutschland) – verspäteter Vortrag erstmals in der mündlichen Verhandlung (Beschleunigungsinteresse) – kein Verstoß gegen Aufklärungspflicht nach § 60 I VgV infolge vorgenommener Preisprüfung.
- Vergabeunterlagen - Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen - VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Vergabeunterlagen – Auslegung – OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- Vergabeunterlagen – KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Zulässigkeit (Antragsbefugnis – Interesse – Rechtsverletzung – rechtzeitige Rüge) - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....De Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Vergabeunterlagen – Netzteil - OLG Schleswig, Beschl. v. 28.04.2021 - 54 Verg 2 – 21 – Gebäudeautomation - . Kanalrauchmelder „mit integriertem Netzteil“ (Kanalrauchauslöseeinrichtung) - Zurückweisung des Antrags auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde - Zuschlagskriterium: Preis – Ausschluss wegen Änderung (ohne integriertem Netzteil) -– weitere Ausschlussgründe – Ausschlussgründe zwingend – Produktangaben - §§ 13, 16 EU VOBA – „.... Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht ... Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen . Die Vergabekammer war nicht gehindert, ... eine andere Begründung für den Ausschluss anzunehmen als die Antragsgegnerin. Der von ihr in den Vordergrund gestellte Ausschließungsgrund drängte sich bei der Prüfung der Rüge der Antragstellerin auf und steht überdies mit dem von der Antragstellerin angegebenen Ausschlussgrund in engem, wenn nicht gar untrennbaren Zusammenhang. ... . Die Vergabekammer kann so auch Vergaberechtsverstöße aufgreifen, auf die sich die Antragstellerin nicht stützt, selbst wenn sie sich zu deren Gunsten auswirken ... Eine Antragstellerin, die zwingend auszuschließen wäre, kann kein Interesse an der Feststellung sogar eines gegebenen Vergaberechtsverstoßes haben, weil sie den Auftrag ohnehin nicht erhalten könnte. Jedenfalls Vergaberechtsverstöße, die sich bei der Prüfung der geltend gemachten Rügen aufdrängen, dürfen bei der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt werden ... Soweit einschränkend gefordert wird, die von der Vergabekammer amtswegig herangezogenen Vergaberechtsverstöße müssten die Antragstellerin betreffen und in ihren Rechten verletzen ...., soll dadurch nur eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Bezug zu dem aufgrund der erhobenen Rügen zu beurteilenden Sachverhalt ausgeschlossen werden.... Auch die Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes in § 160 Abs. 2 S. 2 - 4 GWB zwingt sie nicht dazu, vor solchen Mängeln die Augen zu verschließen.“ - Änderung der Vergabeunterlagen durch Angebot eines nicht bauartzugelassenen Rauchmelders ohne Netzteil, der eine Versorgungsspannung von 24 V benötigt. Er bedarf eines Steuergeräts, von dem fraglich ist, an welcher Stelle es angeboten worden ist. ... Das von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete Fabrikat verfügt nicht über eine Bauartzulassung. Das Fabrikat mit der Bauartzulassung ist durch einen Zusatz „Z“ gekennzeichnet. Das Angebot der Antragstellerin war nicht der Auslegung dahin zugänglich, dass tatsächlich der Zusatz „Z“ hätte aufgeführt werden sollen. Es war nicht unklar, sodass eine Aufklärung nicht in Betracht kam.“
- Vergabeunterlagen – Verlinkung - OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2022 - Verg 3 – 22 – Rahmenvereinbarung – Rüge fehlender Höchstabnahmemenge – Ablehnung der Divergenzvorlage - Rüge – Präklusion - keine Erkennbarkeit des Verstoßes für durchschnittlichen Bieter (fehlende Höchstmengenangabe für Rahmenvertrag) – „Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist jedoch auf den - objektiven - Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters abzustellen, der die übliche Sorgfalt....Auf die Erkenntnisse beziehungsweise Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Unternehmens - hier diejenigen der Antragstellerin - kommt es insoweit nicht an ... Das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bezieht sich zudem nicht ausschließlich auf die den Vergabeverstoß begründenden Tatsachen, sondern zudem auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstöße ... Erkennbar in diesem Sinne sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen ... Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter im oben dargestellten Sinne weder umfassend die vergaberechtlichen Literatur und Rechtsprechung noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss ... Danach war der hier in Rede stehende Vergaberechtsverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Denn er gründet gerade auf der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der das Gleichheits- und des Transparenzgebot normierenden europarechtlichen Vorschriften. Gegenstand der hier verfahrensgegenständlichen Rüge der Antragstellerin ist nämlich ausschließlich die (Rechts-)Behauptung, die Vergabeunterlagen genügten nicht den seitens des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 17. Juni 2021 - C-23/20 - postulierten - vergaberechtlichen Normen bei deren bloßer Lektüre nicht ohne Weiteres zu entnehmenden - Anforderungen. Ohne vorherige anwaltliche Beratung konnte ein durchschnittlich fachkundiger Bieter die hier in Rede stehende Vergaberechtswidrigkeit der verlinkten Vergabeunterlagen in rechtlicher Hinsicht mithin nicht erkennen ...“ - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz und Transparenzgebot: „Diesen Anforderungen sind die hier maßgeblichen Vergabeunterlagen nicht gerecht geworden. Denn ihre Auslegung ergibt eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Dienstleistungen nach der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führen soll. Vielmehr wird dem öffentlichen Auftraggeber - der Antragsgegnerin - die Möglichkeit eröffnet sich über die „Höchstmenge“ der Dienstleistungen hinwegzusetzen.“
- Vergabevorgang – OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- Verhandlungsverfahren – BayObLG, Beschl. v. 29.07.2022 - Verg 13 – 21 – digitale Besucher-Kontakterfassung („Luca- App“) - keine Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Antragstellers – erforderliches Weiterbestehen des Interesses des Antragstellers am Auftrag (Aufforderung zur Erklärung über Weiterführung des Geschäfts und weitere Beteiligung AN Ausschreibung) – nach der Leistungsbeschreibung erforderlich: SORMAS-Schnittstelle – in der Software der Antragstellerin im Frühjahr 2021 nicht installiert – vorhandene Installation in Angebot des Wettbewerbers - Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb – bejahte Antragsbefugnis – Bestimmungsrecht des Auftraggebers (zulässige Forderung der SORMAS-Schnittstelle als Mindestanforderung) – keine Pflicht zur Einräumung der Programmierung nach Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung – kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot – keine Pflicht zum Ausgleich von Wettbewerbsvorteilen eines Bieters mit aussschreibungsgemäßer Software – keine unberechtigte Bevorzugung – kein Verstoß gegen § 31 VI VgV (keine offene oder verdeckte Produktvorgabe: SORMAS Open-Source-Software und allgemein zugänglich für Programmierung) – infolge der Nichterfüllung der Mindestkriterien weitere behauptete Verstöße nicht relevant (Dringlichkeit, Durchführung der Markterkundung) – Zuschlag hätte in keinem Fall auf Antragsteller-Angebot erteilt werden können: “Die Software der Antragstellerin verfügte über keine SORMAS-Schnittstelle und wäre daher mangels Erfüllung des - zulässigen - Mindestkriteriums für einen Zuschlag auf keinen Fall in Betracht gekommen. .... Der Nachprüfungsantrag ist daher unabhängig davon unbegründet, ob weitere Rechtsverletzungen tatsächlich vorlagen. .... Anhaltspunkte dafür, dass auch die Angebote der Beigeladenen und des weiteren zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerbers hätten ausgeschlossen werden müssen, der Antragsgegner sodann das Mindestkriterium einer SORMAS-Schnittstelle aufgehoben und die Antragstellerin infolgedessen eine Chance auf den Auftrag erhalten hätte (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 1. September 2021, 17 Verg 2/21 - LUCA-App I, juris Rn. 57; OLG München, Beschl. v. 5. November 2009, Verg 15/09, juris Rn. 67), sind nicht erkennbar.“ – Kostenentscheidung nach § 175 II, 71 S. 1 und 2 Alt. 1 GWB - Streitwert (5 % der Auftragssumme)
- Verhandlungsverfahren – KG Berlin, Beschl. v. 10.05.2022 - Verg – 22 – Corona-Testzentren – Interimsvergabe (Direktvergabe) – Verstoß durch Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb infolge fehlender Dringlichkeit nach § 14 IV Nr. 3 VgV – Umstände vom Auftraggeber zu vertreten – im vorliegenden Fall zwar Daseinsvorsorge, aber dennoch kein Eingreifen des Ausnahmetatbestandes - Erledigung des auf Unwirksamkeit nach § 135 I GWB gerichteten Nachprüfungsverfahrens – Zulässigkeit und Begründetheit der Feststellung der Rechtsverletzung durch Vertragsschluss nach §§ 168 II S. 2, 178 S. 3 GWB – unstatthafter Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit vorläufiger Maßnahmen der Vergabekammer
- Verhandlungsverfahren - OLG Celle, Beschl. v. 07.2022 - 13 Verg 4 – 22 – Fahrkartenautomaten - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Lieferung, Installation und Wartung – Bejahung der Eignung der Antragstellerin, der Beigeladenen und weiterer Teilnehmer – nach erster Verhandlungsrunde erneute Angebotsaufforderung mit Bewertung des Angebots der Antragstellerin als wirtschaftlichstes Angebot - bei Bewertung der Lastenhefte allerdings nur auf dritten Platz - fachliche Gesamtauswertung zweiter Platz – Mitteilung der Vergabeabsicht an Antragstellerin – Information über Gesamtkennzahlen, die von der Beigeladenen erreichten Punktzahlen für die fachliche Gesamtauswertung, deren ca. 1/5 höherer Angebotspreis als der Preis der Antragstellerin und der Angabe der „Kapitel“, in denen die Beigeladene nicht die maximale Punktzahl erhielt – Zurückversetzung und erneute Aufforderung zur Angebotsabgabe mit bisherigem Zuschlagskriterium: „Wirtschaftlichstes Angebot: Berechnungsmethode: Freie Verhältniswahl Preis/Leistung - Gewichtung: 40 % : 60 %“ ohne Mitteilung der Formel zur Preisbewertung in den Vergabeunterlagen (vgl. Software „Deutsche eVergabe“- „Leitfaden Bewertungskriterien“ mit Aufführung und Erläuterung der Bewertungsmethoden und Beispiel für hyperbolische Preisbewertungsformel (P-Wert = günstigster Preis / zu wertender Preis x 100) – „neues Wertungsergebnis“: wirtschaftlichstes Angebot“: Beigeladene, Antragstellerin nur preislich günstigeres Angebot – Rügen der Antragstellerin u.a.: Eignungskriterien nicht in Auftragsbekanntmachung, sondern zu spät in den Vergabeunterlagen – Fehlen der Höchstmenge bzw. –wert, Verstoß gegen Geheimwettbewerb durch Informationen an die Mitbieter, fehlende Festlegung der Angebotswertung in Vergabeunterlagen, fehlerhafte und intransparente Wertung der Konzepte und Lastenhefte – fehlende Festlegung/Bekanntmachung der Preisbewertungsmethode – Beschwerdebefugnis der beschwerten Beigeladenen durch die Zurückversetzung - OLG Celle: Unzulässigkeit hinsichtlich der Rüge der fehlenden Bekanntgabe der Bewertungsformel (keine plausible und schlüssige Darstellung der Fehlvorstellung durch Nichtbekanntgabe der Umrechnungsformel und Erhöhung der Zuschlagschancen bei Kenntnis der Formel Zuschlagschancen – fehlende Schadensdarlegung) – Bekanntgabe auch nicht erforderlich, erforderlich nur Festlegung vor Öffnung der Angebote (hier gegeben) - „„Die verwendete Formel ist eine durchaus gängige und anerkannte Methode (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17, Rn. 32). Es würde die Anforderungen an die Ermessensausübung des Auftraggebers überspannen, wenn man von ihm verlangen würde, vor der Verwendung einer anerkannten Preisbewertungsformel die jeweiligen (mathematischen) Vor- und Nachteile gegenüber anderen Möglichkeiten der Preisbewertung explizit abzuwägen.“ – Anschlussbeschwerde statthaft , aber unbegründet – Rüge des fehlenden Informationsausgleiches präkludiert infolge Kenntnis vom gerügten Vergaberechtsverstoß – keine Antragsbefugnis wegen fehlender Bekanntmachung der Eignungskriterien, da Bejahung der Eignung – keine Beeinträchtigung der Zuschlagschancen durch fehlende Bekanntgabe der Höchstmenge etc. (Servicevertrag enthält „nur am Rande rahmenvertragliche Elemente“) – Relevanz von Dokumentationsfehlern etc. nur Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Bieters (verneint – auch nicht substantiiert) – keine Intransparenz der qualitativen Zuschlagskriterien und Bewertungsmethodik (ausführlich)
· Verhandlungsverfahren - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: .... 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
· Verhandlungsverfahren – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Verhandlungsverfahren - Teilnahmewettbewerb – VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Verhandlungsverfahren - Zinger, Christoph, Verhandlungsverfahren ohne Verhandlungen?, NZBau 2022, 510
- Verhandlungsverfahren ohne TNWB – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.06.2022 - 11 Verg 12 – 21 - Zuschlag für 11 Aufzüge – Ausführung von 2 Aufzügen - Kündigung des Vertrages (Mängel etc.) – erneute Vergabe von 9 Aufzügen in Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (unzulässig: fehlende äußerste Dringlichkeit) – Berufung auf § 135 GWB - § 71, 106, 135 II Nr. 2, 160 II Nr. 2 GWB - amtlicher Leitsatz: 1. Die Beschwerde ist nur dann wegen eines Begründungsmangels unzulässig, wenn das Beschwerdegericht ihr nicht entnehmen kann, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers falsch sein soll. Fehlende Beweisantritte führen daher nur insoweit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, als ausschließlich die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln gerügt, diese aber gleichwohl nicht hinreichend bezeichnet werden. Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit der Beschwerdebegründung werden hinsichtlich der formalen Mindestanforderungen nicht verlangt. 2. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen. 3. Bei Kündigung des Altaufrags und neuer Vergabe der noch nicht fertiggestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den nach § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen. 4. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren kann nicht mit der Begründung verwehrt werden, das Angebot des Antragsstellers sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, weshalb dem Antragssteller wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe ( Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, „Mischkalkulationen“, juris, Rn. 21 = BGHZ 159, 186). Die Frage, ob das Angebot aus irgendwelchen Gründen (zwingend) auszuschließen ist, ist daher eine Frage der Begründetheit, allerdings nur, sofern es für diese hierauf ankommt. 5. Die Berufung auf § 135 GWB kann jedenfalls dann nicht nach Treu und Glauben eingeschränkt werden, wenn das Vorgehen der Vergabestelle offensichtlich rechtswidrig war und die Grenze zur Willkür überschritten hat. 6. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt weder einen bereits entstandenen, noch einen drohenden Schaden voraus. 7. Eine äußerste Dringlichkeit im Sinne des § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A setzt voraus, dass der Beschaffungsbedarf bei Einhaltung auch der verkürzten Mindestfristen der § 10a, 10b und 10c EU VOB/A nicht gedeckt werden kann. Allein wirtschaftliche Interessen können die äußerste Dringlichkeit dabei nicht begründen. 8. Im Zuge der das Beschwerdeverfahren nach §§ 171 ff. GWB betreffenden Kostenzugrundeentscheidung bedarf es keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten.
- Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung - EuGH, Urt. v. 16.6.2022 - C - 376 – 21 - Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 v. 10. 2012 – Verhandlungsverfahren - Programm „Regionen im Wachstum“ 2014-2020 - Auslegung von Art. 102 und 104 Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 v. 25. Oktober 2012 (Haushaltsordnung) - Verstöße gegen Vergaberecht - Verwendung von zugewiesenen europäischen Mitteln durch Gemeinde – Auflage einer „Finanzkorrektur“ durch Ministerium – Tenor: „1. Art. 160 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan ... sind dahin auszulegen, dass sie auf von öffentlichen Auftraggebern der Mitgliedstaaten durchgeführte Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge selbst dann keine Anwendung finden, wenn diese Aufträge aus Mitteln der europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert werden. 2. Art. 32 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung an einen einzigen Wirtschaftsteilnehmer wenden darf, wenn dieses Verfahren die ursprünglichen Auftragsbedingungen, die in einem zuvor eingeleiteten Verfahren genannt waren, das eingestellt worden ist, weil das einzige abgegebene Angebot ungeeignet war, ohne grundlegende Änderungen übernimmt, auch wenn der Gegenstand des fraglichen Auftrags objektiv keine Besonderheiten aufweist, die es rechtfertigen, seine Ausführung nur diesem Wirtschaftsteilnehmer anzuvertrauen.“
- Verlagsleistungen - Schäffer, Rebecca, Die Vergabe von Druck- und Verlagsleistungen, VergabeFokus 2022, 2
- Verlängerung – s. aufschiebende Wirkung – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Ablehnung - BayObLG, Beschl. v. 13.06.2022 - Verg 6 – 22 – Verpflegung - Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – „Unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen überwiegen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die mit einer weiteren Verzögerung verbundenen Vorteile. Dies gilt namentlich bei Berücksichtigung des Interesses der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Antragsgegners entsprechend § 173 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GWB sowie der in § 173 Abs. 2 Satz 4 GWB genannten Gesichtspunkte, darunter insbesondere der Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde. ... Das auf Aufhebung und Korrektur des Vergabeverfahrens gerichtete primäre Beschwerdeziel der Antragstellerin bleibt aller Voraussicht nach erfolglos.“
- Verlängerung der aufschiebenden Wirkung - BayObLG, Beschl. v. 03.06.2022 - Verg – 7- 22 – Therapieplanungssoftware – Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung
- Vermittlung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.2022 - 11 Verg 8 – 21 – private Vermittlung von Abschleppaufträgen auf der Grundlage eines Vermittlungsregisters im „Reih-um-Verfahren – §§ 97 I, 165, 168 GWB; §§ 6, 63 VgV - unzulässige vollständige Weitergabe der einzelnen Abschleppaufträge durch „Vermittlungszentrale“ ohne Zulassungsprüfung durch den öffentliche Auftraggeber selbst – kein „Open House - Modell“ - amtliche Leitsätze: Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss. 2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden
- Verteidigung - Eisenhut, Dominik, Das Vergaberecht der Verteidigungsgüterbeschaffung, NJW 2022, 3270
- Vertragsänderung - EuGH, Urt. v. 3.2.2022 - C - 461 – 20 - Advania – Übertragung nach Insolvenz des Auftragnehmers „Misco“ (vier noch laufende Rahmenvereinbarungen ohne neues Vergabeverfahren) – zuvor durchgeführte Vergabe ohne Aufforderung des Bewerbers Advania nach Teilnahmewettbewerb und Zuschlag der Rahmenvereinbarungen an Mitbewerber „Misco“ (vier) und „Dustin“ (zwei) – Insolvenz von „Misco“ im Dez. 2017 – Vertragsschluss im Jan. 2018 durch Insolvenzverwalter (vier Rahmenverträge) an zuvor im Vergabeverfahren nicht zum Angebot aufgeforderte Advania, nicht an den im Vergabeverfahren zum Angebot aufgeforderten und bezuschlagten Bieter „Dustin“ (zwei), der beantragt, die durchn den Insolvenzverwalter vereinbarten „vier“ Rahmenvereinbarungen für ungültig zu erklären – Begriff der „Umstrukturierung“ i. S. d. Art. 72 I d) II Richtlinie 2014/24/EU – Ersatz des Insolvenzunternehmens durch Advania („Umstrukturierung“ nach Insolvenz) ohne „wesentliche Änderung“ etc. zulässig – Urteilstenor: Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der – nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde – lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.
- Vertragsänderung - Müller, Anne, Vergaben in Kriegszeiten, Vergabe News 2022, 106 – vgl. §§ 313 BGB, 132 GWB
· Vertragsänderung – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Vertragsgestaltung - Fries, Martin, Vertragsgestaltung, NJW 2022, 33, Buchbesprechung
- Vertragsmanagement - Hartung, Markus, Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement, 2022, 138 – Besprechung
- Vertragsschluss – OLG Celle, Urt. v. 29.12.2022 - 13 U 3 – 22 – Sicherheitskontrollen - Schadensersatz wegen Nichterfüllung (Abweisung) – Angebot einer Bietergemeinschaft – „Zuschlagsschreiben“ (vorab per Fax – sodann als Einschreiben) mit Aufforderung zum Arbeitsbeginn ab dem 01.04.2015 und mit „Bitte“ um Rücksendung übersandter Vertragsausfertigungen (kein Bestandteil der Vergabeunterlagen) – Unterlassung der geforderten Rücksendung der unterschriebenen der Vertragsausfertigung – ferner Unstimmigkeiten über einen von den Bietern gewünschten Vertragszusatz – nochmalige Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung des „Vertrags“ durch Auftraggeber mit E-Mail vom 26. März 2015 – Ablehnung durch beklagte „Bieter“ - §§ 145, 150 II, 152 II BGB - keine Annahme des Bieterangebots durch Zuschlagsschreiben mit „abändernden“ Vertragsentwurf und Anlagen = Abänderung = neues Angebot des Auftraggebers nach § 150 II BGB (keine Annahme) – Vorabübersendung durch E-Mail ohne Vertragsentwurf und Anlagen keine Annahme, sondern neues Angebot erst durch das „vollständige“ Einschreiben mit Vertragsentwurf und Anlagen (Zugang nach § 130 I S. 1 BGB) – Abweichen des Vertragsentwurfs von den Vergabeunterlagen und dem „Angebot“ der Bieter – Frage der „Geringfügigkeit“ der Änderungen irrelevant“ „Dass der Kläger die Abweichungen in den vom Senat beispielhaft aufgeführten Regelungen als geringfügig ansieht, ändert nichts an der Beurteilung. Soweit die Annahmeerklärung eine inhaltliche Änderung darstellt, ist deren Art und Ausmaß unerheblich ....“ – im Übrigen auch keine „geringfügigen“ Änderungen – ferner nicht nur „unverbindliche Äußerung von Änderungswünsche“ und davon unabhängiger Vertragsschluss (kein Ausnahmefall) – keine unveränderte Annahme durch Aufforderung zum Arbeitsbeginn zum 1.4.2015 – andere Fälle in BGH – Urteilen 3. 7. 2020 - VII ZR 144/19 - und vom 6. 9.2012 - VII ZR 193/10 (Zuschlagsverzögerungen) bzw. Urt. v. 11.5.2009 - VII ZR 11/08, Rn. 39 (Beachtung des Nachverhandlungsverbots) -- „Mit dem neuen Angebot des Klägers galt das Angebot der Beklagten (erg. Bieter) gemäß § 150 Abs. 2 BGB als abgelehnt. Daher erlosch es gemäß § 146 BGB, sodass es nicht mehr durch die nachfolgende Erklärung des Klägers, nach interner Abstimmung mit der Rechtsabteilung und der Geschäftsleitung sei eine Unterzeichnung des Vertrages nicht zwingend erforderlich, angenommen werden konnte. .... Es kann dahingestellt bleiben, ob außerdem das Unterbleiben der von dem Kläger verlangten Unterzeichnung des Vertrages in entsprechender Anwendung von § 154 Abs. 2 BGB zu einem Beurkundungsmangel geführt hätte ...Schließlich ändert es auch nichts an der Beurteilung, dass die Beklagte - nach der von dem Kläger erklärten Kündigung - mit Schreiben vom 24. August 2018 zwischenzeitlich die unzutreffende Rechtsansicht vertrat, es sei mit dem Zuschlag ein Vertrag zustande gekommen.“
- Vertragsstrafe - OLG Celle, Urt. v. 16.06.2022 - 13 U 67-21 (Kart) - Neuvergabe von Wegerechtskonzessionen – vorläufige Unterlassung des Abschlusses des Konzessionsvertrages (Stromversorgungsnetz - Marktbeherrschung - unbilligen Behinderung - Kausalität von Wertungsfehlern in - Vergabeentscheidung - Amtlicher Leitsatz: „Angebote im Verfahren zur Neuvergabe von Wegerechtskonzessionen sind von der ausschreibenden Gemeinde näher auf ihre Plausibilität zu prüfen, wenn sich aus ihnen selbst, aus zur Plausibilisierung mit eingereichten Unterlagen oder aus naheliegenden Überlegungen Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten oder die mangelnde Umsetzbarkeit von Zusagen ergeben. Die Plausibilitätsprüfung ist nicht grundsätzlich zu dokumentieren. Das Fehlen einer solchen Dokumentation indiziert daher nicht, dass eine Plausibilitätsprüfung unterblieben wäre. 2. Vertragsstrafen unterfallen grundsätzlich nicht dem Nebenleistungsverbot nach § 3 Abs. 2 KAV. 3. Zur Einsicht in die Angebote - hier: Erforderlichkeit der substantiierten Darlegung eines Einsichtsinteresses. 4. Zur Beurteilung der Kausalität von Wertungsfehlern für die Vergabeentscheidung (Anschluss an OLG Koblenz, Urteil vom 22. August 2019 - U 678/19 Kart - und OLG Schleswig, Urteil vom 18. Mai 2020 - 16 U 66/19 Kart).“ – u. a. „Vertragsstrafedeckelung“ im Angebot
- Vertragsübertragung - EuGH, Urt. v. 3.2.2022 - C - 461 – 20 - Advania – Übertragung nach Insolvenz des Auftragnehmers „Misco“ (vier noch laufende Rahmenvereinbarungen ohne neues Vergabeverfahren) – zuvor durchgeführte Vergabe ohne Aufforderung des Bewerbers Advania nach Teilnahmewettbewerb und Zuschlag der Rahmenvereinbarungen an Mitbewerber „Misco“ (vier) und „Dustin“ (zwei) – Insolvenz von „Misco“ im Dez. 2017 – Vertragsschluss im Jan. 2018 durch Insolvenzverwalter (vier Rahmenverträge) an zuvor im Vergabeverfahren nicht zum Angebot aufgeforderte Advania, nicht an den im Vergabeverfahren zum Angebot aufgeforderten und bezuschlagten Bieter „Dustin“ (zwei), der beantragt, die durchn den Insolvenzverwalter vereinbarten „vier“ Rahmenvereinbarungen für ungültig zu erklären – Begriff der „Umstrukturierung“ i. S. d. Art. 72 I d) II Richtlinie 2014/24/EU – Ersatz des Insolvenzunternehmens durch Advania („Umstrukturierung“ nach Insolvenz) ohne „wesentliche Änderung“ etc. zulässig – Urteilstenor: Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der – nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde – lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.
- Vertragsverhandlung - Hartung, Markus, Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement, 2022, 138 – Besprechung
- Vertragsverlängerung - OLG Schleswig, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – ÖNPV – erhebliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre (20 %) – Auslegung des Vertragsinhalts etc. – Frist nach § 135 II GWB - Statthaftigkeit verlangt „Vergabevorgang“ vor Abschluss eines wirksamen Vertrags - Beginn eines Vergabeverfahrens: 1. Entscheidung für Deckung des Bedarfs und Ergreifen von Maßnahmen zur Ermittlung oder Bestimmung des Auftragnehmers mit Ziel eines Vertragsabschlusses (Entscheidung für Leistung der Beförderung durch Auftragnehmer und Mitteilung der Verlängerung) – Antragsbefugnis - Unwirksamkeit nach § 135 II 2 GWB wegen erheblicher Vertragsänderung um zwei Jahre ohne Vergabeverfahren (20 %): „ausreichender selbständiger vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang, wobei eine mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung ausreicht ...“ – Auslegung der Vergabeunterlagen und Vertragsbestimmungen nach den §§ 133, 157 BGB – Vertragsschluss mit Zuschlag (Doppelnatur identisch mit Annahme nach §§147 ff BGB) – Vergabeunterlagen: objektiver Empfängerhorizont der potenziellen Bieter – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 II GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss
- Vertrauliche Unterlagen - EuGH, Urt. v. 17.11.2022 - C‑54 – 21 – Entwicklung von Projekten für die Umwelt- Bewirtschaftung von Einzugsgebieten in Polen – Geschäftsgeheimnisse – Informationszugang – amtlicher Leitsatz: Art. 18 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 50 Abs. 4 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge, nach denen die den öffentlichen Auftraggebern von den Bietern übermittelten Informationen – mit Ausnahme allein der Geschäftsgeheimnisse – vollständig zu veröffentlichen oder den anderen Bietern mitzuteilen sind, sowie einer Praxis der öffentlichen Auftraggeber, die darin besteht, Anträgen auf vertrauliche Behandlung wegen Geschäftsgeheimnissen systematisch stattzugeben, entgegenstehen. 2. Art. 18 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU sind dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber - bei der Entscheidung darüber, ob er einem Bieter, dessen ordnungsgemäßes Angebot abgelehnt wurde, den Zugang zu den Informationen verweigert, die die anderen Bieter zu ihrer einschlägigen Erfahrung und den entsprechenden Referenzen, zur Identität und zu den beruflichen Qualifikationen der für die Ausführung des Auftrags vorgeschlagenen Personen oder von Unterauftragnehmern, zur Konzeption der Projekte, die im Rahmen des öffentlichen Auftrags durchgeführt werden sollen, und zur Art und Weise seiner Ausführung vorgelegt haben, zu beurteilen hat, ob diese Informationen einen wirtschaftlichen Wert haben, der sich nicht auf den fraglichen öffentlichen Auftrag beschränkt, so dass ihre Offenlegung berechtigte geschäftliche Interessen oder den lauteren Wettbewerb beeinträchtigen kann; - im Übrigen den Zugang zu diesen Informationen verweigern kann, wenn ihre Offenlegung, selbst wenn sie keinen solchen wirtschaftlichen Wert haben, den Gesetzesvollzug behindern würde oder sonst einem öffentlichen Interesse zuwiderliefe; - dem Bieter, wenn der vollständige Zugang zu den Informationen verweigert wird, Zugang zum wesentlichen Inhalt der betreffenden Informationen gewähren muss, damit die Wahrung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gewährleistet ist. 3. Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU ist im Licht ihres Art. 67 Abs. 4 dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass die Zuschlagskriterien das „Arbeitskonzept“ für die Entwicklung der Projekte, die im Rahmen des betreffenden öffentlichen Auftrags durchgeführt werden sollen, und die „Beschreibung der Art und Weise der Auftragsausführung“ umfassen, sofern diese Kriterien mit Präzisierungen versehen sind, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglichen, die eingereichten Angebote konkret und objektiv zu beurteilen. 4. Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass dann, wenn bei der Behandlung eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags festgestellt wird, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, dem Rechtsbehelfsführer Informationen offenzulegen, die zu Unrecht als vertraulich behandelt wurden, und dass aufgrund der fehlenden Offenlegung dieser Informationen gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verstoßen wurde, diese Feststellung nicht zwingend zum Erlass einer neuen Entscheidung über die Vergabe des Auftrags durch diesen Auftraggeber führen muss, sofern es das nationale Verfahrensrecht dem angerufenen Gericht erlaubt, während des Verfahrens Maßnahmen zu ergreifen, durch die das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wieder gewahrt wird, oder davon auszugehen, dass der Rechtsbehelfsführer gegen die bereits ergangene Vergabeentscheidung einen neuen Rechtsbehelf einlegen kann. Die Frist für die Einlegung eines solchen Rechtsbehelfs darf erst ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnen, zu dem der Rechtsbehelfsführer Zugang zu allen Informationen hat, die zu Unrecht als vertraulich eingestuft worden waren.
- Vertraulichkeit - EuGH, SchlussA v. 12.5.2022, C - 54 / 21 – Antea – Vertraulichkeit - „Entwürfe einer Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne einschließlich Methoden“ – Wasserwirtschaft – Kriterien: Preis (40 %), Arbeitskonzept (42 %) und Beschreibung von Art und Weise der Auftragsausführung (18 %) – 4 Bewerber – Zuschlag an Bieter CDM Smith - Beschwerde der zweitplatzierten Antea Polska gegen Erteilung des Zuschlag u. a. mit Antrag auf Zugang zu als Geschäftsgeheimnisse eingestuften Informationen - Leitsatz: „ 21 der Richtlinie 2014/24/EU .... ist wie folgt auszulegen: - Der öffentliche Auftraggeber ist an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers, dass die mit seinem Angebot übermittelten Informationen vertraulich seien, nicht gebunden. - Ein Mitgliedstaat kann die Vertraulichkeit auf Geschäftsgeheimnisse beschränken, solange das Unionsrecht beachtet wird und die Informationen, die offengelegt werden, weil sie nicht unter diesen Begriff fallen, nicht verwendet werden können, um berechtigte Interessen eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers zu beeinträchtigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen zu verfälschen. - Der öffentliche Auftraggeber, bei dem ein Wirtschaftsteilnehmer beantragt hat, Informationen als vertraulich zu behandeln, muss prüfen und eingehend begründen, ob es unerlässlich ist, dem Recht dieses Wirtschaftsteilnehmers auf Schutz seiner Informationen Vorrang vor dem Recht der Wettbewerber einzuräumen, von ihnen Kenntnis zu erlangen, um gegebenenfalls die Zuschlagsentscheidung anzufechten.“
- VgV - Dieckmann, Martin/ Scharf, Jan-Peter/ Wagner-Cardenal, Kersten, VgV - UVgO.
Vergabeverordnung, Unterschwellenvergabeordnung ,3. Aulf., C.H. Beck 2023 - VO PR 30/53 – Roth, Frank, Was weiß das Recht vom Markt? Die neue Definition des Marktpreises in der Preisverordnung VO PR 30/53, VergabeR 2022, 372 – zu BVerwG v. 14.04.2016 - 22 B 16.1447
- VOB/B - Finck, Stephan/Sieberg, Friedrike, Die Entwicklung des privaten Baurechts (BGB und VOB/B) seit Ende Mai 2021, NJW 2022, 20
· Vorhersehbarkeit – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Vorinformation – s. Information – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.10.2022 - 54 Verg 7 – 22 - digitale Technik zur Einsatzdokumentation im Rettungsdienst (3. Ausschreibung nach vorherigen Aufhebungen) - Preis mit 35 % und die Leistung mit 65 % Dokumentationskonzept etc.) – Zurückweisung der Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sowie der Akteneinsicht - fehlende Erfolgsaussicht (nur teilweise zulässig und unbegründet) – präkludierte Rügen (Fehlen der Losaufteilung und Preisgleitklausel, keine Intransparenz der Gewichtung und Untergewichtung der Leistungskriterien und des Preises etc – sämtlich erkennbar von „durchschnittlichem Bieter) – keine unzureichende Vorinformation – keine Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Preis (Aufgreifschwelle von 20 % nicht erreicht) – Dokumentationsfehler nicht relevant - Zusammensetzung der Jury und Bewertung der Teststellung ordnungsgemäß – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Anspruch auf (weitere) Einsicht in die Dokumentation infolge des Fehlens der Erfolgsaussicht
- Vorkenntnisse - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- Wachdienste – OLG Schleswig, Beschl. v. 03.2022 - 54 Verg 11 – 21 - Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen – aufschiebende Wirkung – fehlende Transparenz der Vergabeunterlagen und nachfolgender „Klarstellungen“ – Unklarheit über Tarifvertrag und Mindestlohn
· Wachdienstleistung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.11.2022 - 1 Verg 5 – 22 - Wach- und Sicherheitsdienstleistungen – Beiladungsbeschluss – Erledigung und Fortsetzungsfeststellungsantrag - Schriftform nicht durch einfache E-Mail – Schwellenwert bei Vertragsverlängerungen – Schwellenwert der Interimsaufträge selbstständig neben Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen – selbständige Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich – Umgehungs- und Aufspaltungsverbot - Unvorhersehbarkeit der Vertragsverlängerung - Vergabeverfahren auch mit Blick auf Folgevergabe – mögliches Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb auch bei Dringlichkeit durch Versäumnisse der Vergabestelle - besondere Dringlichkeit der (Interims-) Vergabe nicht ausreichend: Einbeziehung nur eines einzigen Bieters in Verhandlungen – erforderliche Beteiligung der anderen Bieter – anders in Ausnahmefällen und Dringlichkeit im Einzelfall - Vergabe ohne Bekanntmachung und Pflicht zur Einhaltung der für das Verfahren geltenden Regelung - §§ 97 I, 97 VI, 106, 132 I, 132 II Nr. 1, 161 I S. 1GWB – amtlicher Leitsatz: 1. Der von der vollständig besetzten Vergabekammer zu treffende Beiladungsbeschluss kann in einer konkludenten Billigung der vom Vorsitzenden allein veranlassten Hinzuziehung als Beigeladenem in einem späteren Kammerbeschluss (hier: der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag) liegen .... 2. Der vergaberechtiche Erledigungsbegriff setzt im Gegensatz zum Erledigungsbegriff des Zivilverfahrensrechts nicht voraus, dass durch das erledigende Ereignis ein bisher zulässiger und begründeter Antrag unzulässig oder unbegründet geworden ist; es reicht insoweit vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag gegenstandslos geworden ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht der Zulässigkeit des ursprünglichen, auf Primärrechtsschutz gerichteten Nachprüfungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigung bedürfte. Die Feststellung einer Rechtsverletzung dient der Fortsetzung des Primärrechtsschutzes. Einem Antragsteller soll kein Vorteil daraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist .... 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB durch elektronische Übersendung gewahrt werden kann. Eine einfache E-Mail wahrt die Schriftform des § 161 Abs. 1 S. 1 GWB jedenfalls nicht. 4. Der Mangel der Schriftform kann in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer auch ohne Nachholen der Unterschrift geheilt werden, wenn sich der Antragsteller dort den zuvor nur in Textform gestellten Antrag zu eigen macht. 5. Bei Vertragsverlängerungen ist für die Frage der Schwellenwerterreichung auf den ursprünglichen Auftrag abzustellen. Solche Vertragsverlängerungen sind nur während der Laufzeit des bisherigen Vertrages möglich. Danach erfolgende „Verlängerungen“ stellen sich als neue (Interims-)Aufträge dar. 6. Interimsaufträge stehen grundsätzlich selbstständig neben den Hauptverträgen und früheren Interimsaufträgen und sind in ihrer Zuordnung zum Unterschwellen- bzw. Oberschwellenbereich selbstständig zu beurteilen. Sie sind im Hinblick auf das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 S. 1, 2 VgV jedoch zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird. 7. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.8. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann. 9. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück ... 10. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben .... 11. Für die Annahme der Gestattung einer Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB muss die Vergabestelle auch die für das gestattete Verfahren geltenden Regeln und Beschränkungen einhalten, wobei allein eine fehlerhafte Auswahlentscheidung noch nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlags führt.
- Wartung/Reparatur – VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Wegfall der Geschäftsgrundlage - Hattig, Oliver/ Oest, Tobias, Corona = gestörte Geschäftsgrundlage?, (Vergabe Navigator 2022, 10
- Wertung – OLG Celle, Beschl. v. 07.2022 - 13 Verg 4 – 22 – Fahrkartenautomaten - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Lieferung, Installation und Wartung – Bejahung der Eignung der Antragstellerin, der Beigeladenen und weiterer Teilnehmer – nach erster Verhandlungsrunde erneute Angebotsaufforderung mit Bewertung des Angebots der Antragstellerin als wirtschaftlichstes Angebot - bei Bewertung der Lastenhefte allerdings nur auf dritten Platz - fachliche Gesamtauswertung zweiter Platz – Mitteilung der Vergabeabsicht an Antragstellerin – Information über Gesamtkennzahlen, die von der Beigeladenen erreichten Punktzahlen für die fachliche Gesamtauswertung, deren ca. 1/5 höherer Angebotspreis als der Preis der Antragstellerin und der Angabe der „Kapitel“, in denen die Beigeladene nicht die maximale Punktzahl erhielt – Zurückversetzung und erneute Aufforderung zur Angebotsabgabe mit bisherigem Zuschlagskriterium: „Wirtschaftlichstes Angebot: Berechnungsmethode: Freie Verhältniswahl Preis/Leistung - Gewichtung: 40 % : 60 %“ ohne Mitteilung der Formel zur Preisbewertung in den Vergabeunterlagen (vgl. Software „Deutsche eVergabe“- „Leitfaden Bewertungskriterien“ mit Aufführung und Erläuterung der Bewertungsmethoden und Beispiel für hyperbolische Preisbewertungsformel (P-Wert = günstigster Preis / zu wertender Preis x 100) – „neues Wertungsergebnis“: wirtschaftlichstes Angebot“: Beigeladene, Antragstellerin nur preislich günstigeres Angebot – Rügen der Antragstellerin u.a.: Eignungskriterien nicht in Auftragsbekanntmachung, sondern zu spät in den Vergabeunterlagen – Fehlen der Höchstmenge bzw. –wert, Verstoß gegen Geheimwettbewerb durch Informationen an die Mitbieter, fehlende Festlegung der Angebotswertung in Vergabeunterlagen, fehlerhafte und intransparente Wertung der Konzepte und Lastenhefte – fehlende Festlegung/Bekanntmachung der Preisbewertungsmethode – Beschwerdebefugnis der beschwerten Beigeladenen durch die Zurückversetzung - OLG Celle: Unzulässigkeit hinsichtlich der Rüge der fehlenden Bekanntgabe der Bewertungsformel (keine plausible und schlüssige Darstellung der Fehlvorstellung durch Nichtbekanntgabe der Umrechnungsformel und Erhöhung der Zuschlagschancen bei Kenntnis der Formel Zuschlagschancen – fehlende Schadensdarlegung) – Bekanntgabe auch nicht erforderlich, erforderlich nur Festlegung vor Öffnung der Angebote (hier gegeben) - „„Die verwendete Formel ist eine durchaus gängige und anerkannte Methode (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17, Rn. 32). Es würde die Anforderungen an die Ermessensausübung des Auftraggebers überspannen, wenn man von ihm verlangen würde, vor der Verwendung einer anerkannten Preisbewertungsformel die jeweiligen (mathematischen) Vor- und Nachteile gegenüber anderen Möglichkeiten der Preisbewertung explizit abzuwägen.“ – Anschlussbeschwerde statthaft , aber unbegründet – Rüge des fehlenden Informationsausgleiches präkludiert infolge Kenntnis vom gerügten Vergaberechtsverstoß – keine Antragsbefugnis wegen fehlender Bekanntmachung der Eignungskriterien, da Bejahung der Eignung – keine Beeinträchtigung der Zuschlagschancen durch fehlende Bekanntgabe der Höchstmenge etc. (Servicevertrag enthält „nur am Rande rahmenvertragliche Elemente“) – Relevanz von Dokumentationsfehlern etc. nur Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Bieters (verneint – auch nicht substantiiert) – keine Intransparenz der qualitativen Zuschlagskriterien und Bewertungsmethodik (ausführlich)
- Wertung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.04.2022 - Verg 25 – 21 - Telemedizinisches Versorgungsprogramm – Antragsbefugnis eines drittplatzierten Bewerbers für Antrag auf Ausschluss des Erstplatzierten (nur nach Überprüfung des Zuschlags an den Zweitplatzierten) - Präklusion der Rüge ungeeignete Konzeption zur Bestimmung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses (Erkennbarkeit) – rechtmäßige Einreichung der Verpflichtungserklärung des Eignungsleihgebers erst mit Angebot und nicht bereits mit Teilnahmeantrag – ausreichende Referenzen – zutreffende Bewertungspunktzahl auch hinsichtlich der persönlichen Präsentation: „Die zeitliche Staffelung der Präsentationen ist als systemimmanent hinzunehmen. Um vor dem Hintergrund der unvermeidbaren subjektiven Komponente jeder Bewertung eine Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten, muss die Beurteilung aller Angebote durch dasselbe Mitarbeiterteam erfolgen, was eine Gleichzeitigkeit der Präsentationen zwangsläufig ausschließt. Dabei erscheint auch eine Ansetzung für verschiedene Tage sachgerecht, um der bei mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden Präsentationen möglicherweise nachlassenden Aufmerksamkeit entgegenzuwirken.“ – keine Einsicht in Bewertungen des Angebots der Beigeladenen (berechtigte Geheinhaltungsinteressen)
- Wertung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- Wertung – OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Wettbewerblicher Dialog - VK Nordbayern, Beschl. v. 05.06.2022 - RMF - SG 21 - 3194 - 6 – 20 – Wartung/Reparatur – medizinische Geräte – Antragsbefugnis – verfristete Rüge – keine Berücksichtigung von Amts wegen – Ausschluss wegen Änderung/ergänzung der Vergabeunterlagen – Teilnahmewettbewerb – Übergang vom Verhandlungsverfahren in wettbewerblichen Dialog – Ausschluss bei der noch verbliebenen Angebote wegen Abänderung etc. – amtliche Leitsätze: Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. 2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht. 3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. 4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
- Wettbewerbsregister - Bischof, Elke, Das Wettbewerbsregister – ein Überblick?, ITRB 2021, 284
- Wettbewerbsregister - Bothe, Sebastian, Rodatz, Arndt, Armbrust, Greta, Das Wettbewerbsregister aus
steuerstrafrechtlicher Perspektive , CCZ 2022, 273 - Wettbewerbsregister - Herrlinger, Justus/Ahlenstiel, Enno: Durch Selbstreinigung aus dem Wettbewerbsregister ,WuW 2022, 396
- Wettbewerbsregister - Jauch, Oliver, Röttger, Theresa, Die neuen Leitlinien und Hinweise zur vorzeitigen Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung, Newsdienst Compliance 2022, 2200
- Wiedereinsetzung – Ablehnung – BayObLG, Einstweilige Anordnung vom 13.06.2022 - Verg 4 – 22 – keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Fristversäumnis – Generalplanerleistungen - Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb - Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Rechtsmittelbelehrung in VK-Entscheidung: Beschwerde an BayOLG – Beschwerde stattdessen unzutreffend an OLG München – Weiterleitung durch OLG München an BayObLG – Hinweis des BayObLG auf verfristeten Eingang der Beschwerde – Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – verschuldete Fristversäumung (Mitarbeiter Korrespondenzanwaltsbüro) – „Nach § 175 Abs. 2, 72 Nr. 2 GWB i. V. m. §§ 233 ff. ZPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt allerdings voraus, dass die Fristversäumung unverschuldet ist; die Beteiligten müssen sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 13. August 2004, Verg 017/04, juris Rn. 6; Vavra/Willner in Burgi/Dreher/Opitz, Beck‘scher Vergaberechtskommentar, GWB § 172 Rn. 11).“ – ausführliche Auseinandersetzung mit Anwalts- und Mitarbeiterpflichten
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - BayObLG, Beschl. v. 26.07.2022 - Verg 4 – 22 - Gegenvorstellung - Generalplanerleistungen für Hallenbad – fehlerhafte Beschwerde an OLG München statt an BayObLG - Zustellung des VK-Beschlusses am 28. 3. 2022 mit Rechtsmittelbelehrung und Hinweis auf BayObLG - sofortige Beschwerde adressiert an das Oberlandesgericht München in Schriftsatz vom 6. 4. 2022 - Weiterleitung der Beschwerde vom OLG München an das BayObLG (Eingang dort am 12. 4. 2022 – Hinweis des BayObLG auf Fristablauf (§172 GWB) - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Schriftsatz vom 27. 4. 2022 – Ablehnung durch Beschluss des BayObLG vom 13.6.2022 – Gegenvorstellung mit Schriftsatz vom 28.6.2022 – Zurückweisung durch BayObLG: „Eine Ablehnung der Wiedereinsetzung durch den Vergabesenat ist nicht anfechtbar, da im Gesetz keine weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Vergabesenats vorgesehen ist ... Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Senat befugt wäre, seine Entscheidung aufgrund einer Gegenvorstellung abzuändern (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2020, IV ZR 122/20, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 11. November 2021, 17 Verg 5/21, juris Rn. 9) bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da die Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 28. Juni 2022 zu keiner anderen Beurteilung durch den Senat führen. ... Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 175 Abs. 2, § 72 Nr. 2 GWB i. V. m. §§ 233 ff. ZPO setzt voraus, dass die Fristversäumung unverschuldet ist. Daran fehlt es hier. Den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin trifft ein Verschulden an der Fristversäumung, das diese sich in entsprechender Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Denn ihr Verfahrensverfahrensbevollmächtigter hat die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts nicht selbst sorgfältig überprüft, sondern lediglich den angestellten Rechtsanwalt angewiesen, zu überprüfen, welches Gericht Beschwerdegericht im Sinne des § 172 Abs. 1 GWB ist. Dass eine fristgerechte Weiterleitung der sofortigen Beschwerde im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs des angegangenen Oberlandesgerichts München möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2017, VI ZB 37/16, juris Rn. 5 m. w. N.), hat die Antragstellerin nicht dargelegt.“
- Wirtschaftliche Einheit - EuGH, Urt. v. 15.9.2022 - C - 416 - 21 - Busverkehrsdienstleistungen – ÖPNV – Ausschlusstatbestände - amtlicher Leitsatz: Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24/EU .... in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25/EU ... vom 26.02.2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2364 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der in diesem Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d genannte fakultative Ausschlussgrund Situationen, in denen hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Wirtschaftsteilnehmer eine gegen Art. 101 AEUV verstoßende Vereinbarung geschlossen haben, erfasst, aber nicht auf die in diesem Artikel angeführten Vereinbarungen beschränkt ist. 2. Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2365 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass dieser Art. 57 Abs. 4 die fakultativen Ausschlussgründe abschließend regelt, mit denen der Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus Gründen gerechtfertigt werden kann, die sich, gestützt auf objektive Anhaltspunkte, auf seine berufliche Eignung sowie auf einen Interessenkonflikt oder eine aus seiner Einbeziehung in dieses Verfahren resultierende Wettbewerbsverzerrung beziehen. Aus diesem Art. 57 Abs. 4 ergibt sich jedoch nicht, dass der in Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2014/25 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/2364 geänderten Fassung vorgesehene Gleichbehandlungsgrundsatz der Vergabe des in Rede stehenden Auftrags an Wirtschaftsteilnehmer, die eine wirtschaftliche Einheit bilden und deren Angebote trotz getrennter Abgabe weder eigenständig noch unabhängig sind, nicht entgegenstehen könnte.
- Wissensvorsprung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- Zuachuss - Derksen, Roland, Infrastrukturprojekte im Fokus des Europäischen Beihilferechts, EuZW 2021, 589
- Zusammenarbeit - Knauff, Matthias: Die vergaberechtsfreie öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit im
Lichte aktueller Entscheidungspraxis ,NZBau 2022, 379 - Zusammenarbeit - Siebler, Felix/Hamm, Sebastian/Möller, Jonathan, Inhousevergabe und interkommunale Zusammenarbeit , VergabeR 2022, 162
- Zusammenarbeit -Wenzel, Michael [Hrsg.] / Dreher, Meinrad [Hrsg.] / Opitz, Martin [Hrsg.], Aktuelle Entscheidungen zur ausschreibungsfreien öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit, VergabeR 2a/2022, 354
- Zuschlag - Noch, Rainer, Angst um die Finanzierung, Vergabe Navigator 2022, 28 – auch zu OLG Rostock, Beschl. v. 01.11.2021 – 17 Verg 8/21
- Zuschlag - Walter, Otmar, Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages, VergabeR 2022, 609
- Zuschlagskriterien – Anforderung von Konzepten – OLG Schleswig, Beschl. v. 04.02.2022 - 54 Verg 9 – 21 - System zur digitalen Dokumentation – Rüge - Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis wegen konkludentem Zuschlagsverbots durch VK – Wiederholung in den Stand vor der Aufforderung zur Übersendung der Hard- und Software für die Teststellung) - entscheidendes Gewicht für Verlängerung: hohe Erfolgsaussichten (bejaht – summarische Prüfung) – Überwiegen der Allgemeinwohlgründe nur in Ausnahmefällen - rechtzeitige und ausreichende Rüge, keine bloße Bieterfrage – teilweise zu beanstandende Anforderung von Konzepten als Zuschlagskriterium – Ermessen bei Festlegung der Zuschlagskriterien – Transparenzgebot – Nichtberücksichtigung missverständlicher Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots - grundsätzlich zulässige Konzeptanforderungen als Zuschlagskriterium – Digitalisierungskonzept unbedenklich, nicht aber Konzept mit nur allgemeiner Beschreibung der Vorteile der digitalen Dokumentation, da nach der Entscheidung des Aufragebers für Digitalisierung überflüssig und ungeeignet für Ermittlung des besten Angebots - Wertungsschema für die Konzepte zum Teil nicht hinreichend geeignet. - begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum – Tauglichkeit zur Bewertung der Angebote mit Möglichkeit der willkürfreien, überprüfbaren Bewertung – Bemühen um Objektivität der Zuschlagskriterien, wenn auch nicht gänzlich frei von subjektiven Wertungen ausreichend - Transparenzgebot für Bewertungssystem mit Abstufungen und Punkteverteilung - ausreichend Erkennbarkeit, „worauf es dem Auftraggeber ankommt“ – näherer Angaben über konkrete Punkteverteilung bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17, Rn. 39 ff.) – Nachvollziehbarkeit der Punktzahl für die jeweilige Darstellung – allgemeines Digitalisierungskonzept mit der Darstellung der Vorteile der digitalen Dokumentation gegenüber der Papierdokumentation nicht weiterführend und ohne notwendigen Zusammenhang mit der erstrebten Lösung – auch kein Zusammenhang zwischen dem geforderten Innovationskonzept und den Kriterien des Bewertungsschemas: „Lösungsansätze für Probleme“ (5 Punkte), „Lösungswege für technische Möglichkeiten“ (7 Punkte) oder „besondere Praxistauglichkeit und Effizienz“ (10 Punkte) – Intransparenz des Wertungsschemas für die Teststellung: Benutzerfreundlichkeit der Software in dem Bewertungsschema nicht mehr erwähnt, sondern nur noch nur Punkte für Ergonomie und Haptik der Tablets - drei Gegenstände: Haptik und Ergonomie der Tablets und auch die Benutzerfreundlichkeit der Software. ... Notenstufen ohne sinnvolles Wertungssystem. ... teilweise nicht hinreichend eindeutig beschriebene Leistung – Unklarheit der Verteilung abgefragter Pauschalen auf die Auftraggeber - weitere Unklarheiten: Abschluss von Einzelverträgen statt eines Rahmenvertrags - fehlende Vorgaben der Preisbildung für Wartung und Serverzugang – fehlende Erkennbarkeit von Kündigungsfolgen
- Zuschlagskriterien – Bekanntmachung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.04.2022 - 11 Verg 11 – 21 – Reinigung - Unterhaltsreinigung – Bekanntmachung – Wertung und Dokumentation - Zurückversetzung in Stand vor Angebotswertung - , Kriterienkatalog anhand des Preises (50 %) sowie der Leistungsbewertung gemäß dem Kriterienkatalog (ebenfalls 50 %) – fehlende Bekanntmachung des Punktevergabeschemas – Präklusion verneint (fehlende Kenntnis, keine Erkennbarkeit <ausführlich>) – Erkennen der tatsächlich verwendeten Unterkriterien und Gewichtung erst nach Akteneinsicht – transparente und zutreffende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung einschließlich der Unterkriterien – Bekanntmachung der Bewertungsmethode „Gewichtungskoeffizienten (die Bewertungsmethoden) nicht erforderlich: „... sie können auch später festgelegt werden, sofern sie die Zuschlagskriterien nicht ändern, sie nichts enthalten, was bei der Vorbereitung des Angebots die Vorbereitung hätte beeinflussen können und keine Diskriminierung zu besorgen ist.“ – ohne Relevanz Art der Ausschreibung (funktional oder eindeutig, erschöpfend) – Keine Bekanntmachungspflicht über die Zuschlagskriterien, Unter- und Unterkriterien sowie deren Gewichtung hinaus auch zur Bekanntmachung des Schemas für die Bewertung der Fragebögen“ – Anschlussbeschwerde - Rügen (fehlender Ausschluss von Angeboten unterhalb des Mindestpreises bzw. fehlerhafter Wertung und Dokumentation – Antragsbefugnis (aussichtsreicher Angebotsplatz) - „Der ... Wertungsspielraum muss sich in einer auf die jeweiligen Angebote bezogenen, individuellen Stellungnahme wiederfinden, aus der hervorgeht, warum bestimmte Punktzahlen vergeben wurden ... Die Wertung muss nachvollziehbar Grundsätzlich sind ... die einzelnen Bewertungsschritte, dass der Bieter das Ergebnis nachvollziehen und ggf. überprüfen lassen kann. ... Gerade wenn die Angebotswertung nicht ausschließlich auf Basis des Preises erfolgt ... sondern auch qualitative Elemente enthält, ist eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und des Wertungsprozesses geboten.“ – Heilung des Dokumentationsmangels nur teilweise im Nachprüfungsverfahrens – Verstoß durch unrichtige Sachverhaltsannahme zu Nachunternehmereinsatz - Vorkenntnisse des Bestandsbieters und Wissensvorsprünge keine Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz: „Sachlich vorhandene unterschiedliche Kenntnisstände - etwa infolge der Eigenschaft als Bestandsunternehmen - führen jedoch notwendig zu Vorkenntnissen und/oder Vorteilen, die in die Ausgestaltung des Angebots auf eine Folgeausschreibung einfließen.“
- Zuschlagskriterien - KG Berlin, Beschl. v. 17.10.2022 - Verg 7 - 22 - Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 - Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb - Zulässigkeit (Antragsbefugnis – Interesse – Rechtsverletzung – rechtzeitige Rüge) - Unbegründetheit: Einhaltung des Leistungsbestimmungsrechts - „Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. ... Ein Vergaberechtsverstoß folgt auch nicht daraus, dass die Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die vom Antragsgegner gestellten konkreten Einzelanforderungen einerseits und andererseits dem allgemeinen Hinweis darauf, dass die Erstellung „gemäß § 558d BGB (sowie ergänzend MsV) nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ zu erfolgen habe, entgegen 121 Abs. 1 Satz 1 GWB unklar oder mehrdeutig wäre. ... Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. ....De Frage ... ist durch ... Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ... Die Vergabeunterlagen enthalten betreffend die Ausschreibung Berliner Mietspiegel 2023 und 2025 hinreichend klare und eindeutige Angaben.“ – keine unverhältnismäßige Haftungsaufbürdung ......“Denn der Auftraggeber trägt das Risiko der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Vergabeunterlagen. Unklarheiten, Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten und andere Fehler dürfen sich daher bereits im Vergabeverfahren bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote nicht zum Nachteil der Bieter auswirken. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung wirkt nach Vertragsschluss bei der Vertragsausführung fort. Der Auftraggeber muss sich als Verfasser der Leistungsbeschreibung ihre Fehler entgegenhalten halten lassen und trägt das aus ihnen folgende finanzielle Risiko ... Damit trägt der Antragsteller kein Risiko, durch den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, sollte die Befolgung der vom Antragsgegner aufgestellten Vorgaben tatsächlich dazu führen, dass der Mietspiegel nicht die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Entsprechendes gilt für die Besorgnis des Antragstellers, dass ihm ein Imageschaden drohe...“ – Präklusion hinsichtlich der Rüge der Unklarheit „vollgültige Datensätze“ - zulässige Gewichtung der Zuschlagskriterien (Qualität des eingereichten Konzepts zu 80 % und Preis zu 20 %) – „Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und keine offensichtlichen Beurteilungsfehler vorliegen. .... ist ein Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Bestimmung der Vergabekriterien nicht zu erkennen. Insbesondere die starke Gewichtung der Qualität des eingereichten Konzepts ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass der Berliner Mietenspiegel insbesondere im Zusammenspiel mit den §§ 558 ff. BGB enorme Bedeutung für die Entwicklung der Mieten und damit auch für soziale und quartierspolitische Entwicklungen in Berlin hat. Damit kommt einer qualitativ hochwertigen Ausarbeitung des Berliner Mietenspiegels überaus hohe Bedeutung zu, so dass nichts dagegen zu erinnern ist, qualitative Aspekte besonders stark bei der Auswahlentscheidung mit 80 % zu gewichten.“ – Kostenentscheidung je zur Hälfte Streitwert 5 % nach § 50 II GKG für Hauptsacheverfahren und für das Verfahren über den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB (40.000 Euro).
- Zuschlagskriterien – Preis und Qualität – Punkte - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots -
- Zuschlagslimitierung -Mager, Stefan, Angebots- und Zuschlagslimitierung im Spannungsfeld des Transparenzgrundsatzes, VergabeR 2a/2022, 331
- Zuschuss - EuGH, Urt. v. 31.3.2022, C - 195 – 21 – LB - Bauauftrag unter Schwellenwert - Zuschuss etwa 331 000 Euro - für Finanzierung zur Stabilisierung (Erdrutsch) - 58 I, IV RL 2014/24/EU – amtlicher Tenor: 1. Art. 58 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Auswahlkriterien zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer strengere Anforderungen als die insoweit von den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Mindestanforderungen aufstellen darf, soweit mit den Anforderungen sichergestellt werden kann, dass ein Bewerber oder ein Bieter über die für die Ausführung des zu vergebenden Auftrags erforderliche technische und berufliche Eignung verfügt, und die Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. 2. Art. 8 Abs. 3 der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ... dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einer unterschiedlichen Beurteilung derselben Tatsachen durch die zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union berufenen nationalen Behörden nicht entgegensteht.“ - Geltung der in Bulgarien umgesetzten Richtlinie 2014/24 unabhängig vom Wert der Aufträge für alle bezuschussten Aufträge aus Europäischen Fonds – zulässige zweckmäßige Mindestanforderungen mit Bezug auf Befähigung zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. die technische und berufliche Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung der rechtlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die technischen und beruflichen Fähigkeiten zur Ausführung des zu vergebenden Auftrags: „Alle Anforderungen müssen zudem mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.“ – Beachtung von Gleichbehandlung, Transparenz, Verhältnismäßigkeit – zulässige Festlegung der Auswahlkriterien über das von den nationalen Rechtsvorschriften hinausgehende Niveau der Mindestanforderungen, „sofern sie durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist, zu diesem verhältnismäßig“ etc. sind (Sache der Prüfung durch vorlegendes Gericht – Auslegung von Art. 4 und 5 der VO Nr. 2988/95: Zulässigkeit unterschiedlicher Folgen für schuldlose, vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes und Geldbuße von 2 % des Vertragswerts und Höchstwert von etwa 5 100 Euro ohne Feststellung der Schwere des Verstoßes und seiner tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Interessen der Union - Auslegung von Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 i. Verb. mit den Erwägungsgründen 43 und 122 der VO Nr. 1303/2013 (sektorbezogene Regelungen keine Relevanz) – zulässige Prüfungen durch Verwaltungsbehörde und weitere Behörde mit unterschiedlichen Zielsetzungen - kein Vertrauensschutz bei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen unabhängiger Prüfungsinstanzen mit unterschiedlichen Zielrichtungen) -
- Zuschuss - Gass, Georg, Zuwendungen und Vergaberecht – zu Rückforderungsrichtlinien und Ermessensausübung, ZfBR 2022, 33
- Zuschuss - Kreutzer, Mario, IT-Beschaffungen im Schnittfeld zwischen Fördermittel- & Vergaberecht, VergabeR 2a/2022, 338
- Zuschuss - Pilarski, Michael (Hrsg., Vergaberecht bei Zuwendungen – Fehlervermeidung - Rückforderung – Rechtsschutz, Schriftenreihe des forum vergabe e.V., 2020
- Zuschuss – Prüfung - EuGH, Urt. v. 31.3.2022, C - 195 – 21 – LB - Bauauftrag unter Schwellenwert - Zuschuss etwa 331 000 Euro - für Finanzierung zur Stabilisierung (Erdrutsch) - 58 I, IV RL 2014/24/EU – amtlicher Tenor: 1. Art. 58 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Auswahlkriterien zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer strengere Anforderungen als die insoweit von den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Mindestanforderungen aufstellen darf, soweit mit den Anforderungen sichergestellt werden kann, dass ein Bewerber oder ein Bieter über die für die Ausführung des zu vergebenden Auftrags erforderliche technische und berufliche Eignung verfügt, und die Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. 2. Art. 8 Abs. 3 der VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ... dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einer unterschiedlichen Beurteilung derselben Tatsachen durch die zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union berufenen nationalen Behörden nicht entgegensteht.“ - Geltung der in Bulgarien umgesetzten Richtlinie 2014/24 unabhängig vom Wert der Aufträge für alle bezuschussten Aufträge aus Europäischen Fonds – zulässige zweckmäßige Mindestanforderungen mit Bezug auf Befähigung zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. die technische und berufliche Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung der rechtlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die technischen und beruflichen Fähigkeiten zur Ausführung des zu vergebenden Auftrags: „Alle Anforderungen müssen zudem mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.“ – Beachtung von Gleichbehandlung, Transparenz, Verhältnismäßigkeit – zulässige Festlegung der Auswahlkriterien über das von den nationalen Rechtsvorschriften hinausgehende Niveau der Mindestanforderungen, „sofern sie durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist, zu diesem verhältnismäßig“ etc. sind (Sache der Prüfung durch vorlegendes Gericht – Auslegung von Art. 4 und 5 der VO Nr. 2988/95: Zulässigkeit unterschiedlicher Folgen für schuldlose, vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes und Geldbuße von 2 % des Vertragswerts und Höchstwert von etwa 5 100 Euro ohne Feststellung der Schwere des Verstoßes und seiner tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Interessen der Union - Auslegung von Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 i. Verb. mit den Erwägungsgründen 43 und 122 der VO Nr. 1303/2013 (sektorbezogene Regelungen keine Relevanz) – zulässige Prüfungen durch Verwaltungsbehörde und weitere Behörde mit unterschiedlichen Zielsetzungen - kein Vertrauensschutz bei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen unabhängiger Prüfungsinstanzen mit unterschiedlichen Zielrichtungen) -
- Zuschuss - Ünal, Tolga/ Kirch, Thomas, Fördermittel und Vergaberecht ,am Beispiel des KHZG ,Vergabe News 2022, 2
- Zuschuss – VK Berlin, Beschl. v. 25.03.2022 - VK - B 2 - 53 – 21 – Erdarbeiten-Tiefbau – Fördermittel - § 99 Nr. 4, 182 GWB, § 16d I1 Nr. 2 VOB/A – Maßgeblichkeit des Zuwendungsbescheids – Aufgreifschwelle grundsätzlich 20 % Preisabstand (Pflicht zur Aufklärung) – hier 10 % Preisabstand: Recht, aber keine Pflicht zur Aufklärung des Angebotspreises - nicht ausreichende Behauptung der „Auskömmlichkeit“ - Präklusion: „Von einem durchschnittlichen Bieter ist zu erwarten, dass er insbesondere das Leistungsverzeichnis, dass das von ihn zu erbringende Leistungssoll definiert, intensiv betrachtet. Dementsprechend ist für einen solchen fachkundigen Bieter auch erkennbar, wenn die darin enthaltenen Vorgaben zu unbestimmt oder unzutreffend sind. Gleiches gilt nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Bekanntmachung von Eignungskriterien im Hinblick auf die Laborakkreditierung. Die vorstehenden Aspekte waren erkennbar und hätten – was hier nicht erfolgt ist – bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.“
- Zuschusss - BVerwG, Beschl. v. 04.01.2022 - BVerwG 3 B 14 . 21 – Stahlsilos - Rückforderung von Zuschuss (287.796,78 €) als Projektforderung im ländlichen Raum – Widerruf wegen fahrlässig nicht erfolgter Informationen durch den Zuschussbegünstigten auch ohne Schadenseintritt (Schaden nicht vorausgesetzt) – Nichtzulassung der Revision - Art. 35 Abs. 6 S. 1 VO (EU) Nr. 640/2014
- Zuwendung - Kräber, Wolfgang, Zuwendungen und Vergaberecht, VergabeFokus 2021, 11
· Zuwendung – s. auch Zuschuss
- Zweifel – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.04.2022 - 11 Verg 1 – 22 - Reinigungsleistungen – Ausschluss nach § 60 VgV – Zuschlagskriterien: Qualität mit 30.00 und Preis mit 70.00 ( niedrigster Preis volle Punktzahl - übrige Angebote dazu ins Verhältnis) – Qualität: Bemessung der Qualität durch Ermittlung des Mittelwerts aller Wochenstunden: ab dem Mittelwert und darüber volle Punktzahl von 30 - unterhalb des Mittelwertes lineare Reduzierung der Punktezahl bei Unterschreitung um über 20 % = Punktzahl 1 - Leistungsverzeichnis mit 21 Einzelpositionen für unterschiedliche Raumarten (Unterrichtsräume etc. – teils von den Bietern zu ergänzen) – Flächenleistung in m²/h- Stundensatz in Euro – bei weiteren Positionen 19 und 20 Nettopreis der Bieterkalkulation - Leistungsverzeichnis mit Berechnungsformel zur Preisermittlung des jeweiligen Positionsbetrages ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) und Errechnung des Netto-Gesamtbetrags für die 21 Positionen – sodann der jeweilige Netto-Gesamtbetrag in Euro. – Berechnungsformel zur Preisermittlung im Leistungsverzeichnis: ((Fläche * Häufigkeit (Woche) / Flächenleistung) * Stundensatz) / 7 Tage * 365 Tage / 12 Monate * Laufzeit (Monate) – Berechnung der wöchentlichen Reinigungsstunden nach dieser Formel Divisor von 4.34 - Angebot der Antragstellerin 25 % unter ihrer eigenen Kostenschätzung – Aufforderung der Aufklärung der Antragstellerin an Antragstellerin – Einreichen einer ausführlichen Stellungnahme durch Antragstellerin - keine Beseitigung der Zweifel und Information über Zuschlagsabsicht an anderes Unternehmen – nach Rüge der Antragstellerin ergänzende Mittelung der Antragsgegnerin: auch im Fall des Nichtausschlusses kein Zuschlag mit Hinweis auf „Platz 5“ – nochmalige Rüge – fehlende Auskömmlichkeit nach § 60 VgV – fehlende Antragsbefugnis im summarischen Eilverfahren (keine Aussicht auf Erfolg – Vorrücken von Platz 5 auf Platz 4 nicht ausreichend) – im Übrigen ca. 19 % unterhalb des nächsthöheren Angebots.
6. Autoren - Fachbeiträge 20223-2022
- Antweiler, Clemens, EU-Arzneimittelstrategie, Auswirkungen auf Vergabeverfahren , AuR 2022, 237
- Antweiler, Clemens, Wann Grundstücksgeschäfte dem Vergaberecht unterliegen – Nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache „Wiener Wohnen“, VergabeR 2a/2022, 293 – zu EuGH, Urt. v. 22.04.2021 - C-537/19
- Asgodom, Jonas, Die Selbstreinigung – (noch immer) ein unbekanntes Wesen?, Vergabe News 2022, 22
- Auer, Ádám, Is the Authorisation of the Conclusion of a Contract an Interim or a
Permanent Measure? , EPPPL 2021, 295 - Bartetzky-Olbermann,Katharina/Pauka,Marc, Vergaberechtliche Herausforderungen des Ukraine-Krieges , UKuR 2022, 215
- Baudis, Ricarda, Zum Konzernprivileg im Kartellvergaberecht, VergabeR 2022, 360
- Baudis, Ricarda, Zur Frage der Anwendung des Kartellvergaberechts bei der
Beschaffung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Deutsche Rentenversicherung, VergabeR 2022, 1 - Beckmann-Oehmen, Katrin, Auftragsänderung ohne Vergabe, Vergabe Navigator 2022, 7
- Beckmann-Oehmen, Katrin, Rechenaufgabe Nachlässe und Skonti, Vergabe
Navigator 2022, 15 - Behr, Volker, Das sanktionsrechtliche Zuschlags- und Erfüllungsverbot ,VergabeR
2022, 603 - Bergt, Matthias, Datenschutzrechtliche Anforderungen an den Einsatz von USCloud- Anbietern - nicht nur in Vergabeverfahren, CR 2022, 629
- Birk, Tobias, Vergaberecht als Mittel zur Verfolgung der Klimaschutzbelange des Art. 20 a GG , NZBau 2022, 572
- Bischof, Elke, Das Wettbewerbsregister – ein Überblick?, ITRB 2021, 284
- Bischof, Elke, Intveen, Michael, Die neuen EVB-IT Cloud aus Anwendersicht , ITRB
2022, 157 - Blomeyer, Fabian/ Zimmermann, Eric, Nachprüfen erlaubt, Setzen erlaubt – Hinweise zum Architektenwettbewerb, WuW 2020, 363 – zu OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.08.2021 - 15 Verg 10/21,
- Bolz, Stephan, Wer trägt das Kontaminationsrisiko bei funktionaler
Leistungsbeschreibung?, ZfBR 2022, 12 - Bothe, Sebastian, Rodatz, Arndt, Armbrust, Greta, Das Wettbewerbsregister aus
steuerstrafrechtlicher Perspektive , CCZ 2022, 273 - Brüning, Christoph, Die unendliche Geschichte der Novellierung des öffentlichen Preisrechts, ZfBR 2022, 344
- Brüning, Christoph, Die unendliche Geschichte der Novellierung des öffentlichen Preisrechts, ZfBR 2022, 344
- Bühs, Jacob, Begrenzung des Teilnehmerkreises auf im Katastrophenschutz tätige gemeinnützige Organisationen bei Rettungsdienstvergaben zulässig? EuZW 2021, 183
- Burgi, Martin, Nischwitz, Malin, Zimmermann, Patrick, Zehn Thesen für ein
ambitionierteres Sofortprogramm – Klima-Infrastruktur und Bundeswehr , NVWZ 2022, 1321 - Butzert, Clemens, Dringlichkeitsvergabe nur in engen Grenzen , NZBau 2021, 720
- Coen, Martin, Beschaffung von Hilfsmitteln im EU-Binnenmarkt, GesR 2021, 749
- Csaki, Alexande/ Goffart, Patrick, Patentrechtliche Besichtigung während vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens, NZBau 2022, 644-647
- Csaki, Alexander, Die Entwicklung des Vergaberechts seit 2021, NJW 2022, 1502
- Deckers, Stefan, EuGH und HOAI, Folgen des Urteils vom 18. Januar 2022 Teil 2 , ZfBR 2022, 419
- Deelmann, Thomas, Anreizorientierte Beschaffungsverträge und das Preisrecht, Vergabe Navigator 2022, 14
- Denta, Sarah, Public-Private Partnership for the Climate, From a Plastic Pollution
Perspective , EPPPL 2021, 318 - Derksen, Roland, Infrastrukturprojekte im Fokus des Europäischen Beihilferechts, EuZW 2021, 589
- Dieckmann, Martin/ Scharf, Jan-Peter/ Wagner-Cardenal, Kersten, VgV - UVgO.
Vergabeverordnung, Unterschwellenvergabeordnung ,3. Aulf., C.H. Beck 2023 - Eisenhut, Dominik, Das Vergaberecht der Verteidigungsgüterbeschaffung, NJW 2022, 3270
- Eisentraut, Nikolas, Der Grundsatz der Ausschreibungsfreiheit der Eigenerledigung, EuZW 2022, 981
- Els, Jörg, Die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen , Vergabe Navigator 2022,
12 - Fabian Winters, Weßling, Alexander-Marius, Höchstgrenze bei Rahmenvereinbarungen – wie weit darf diese vom Schätzwert abweichen?, ZfBR 2022, 13
- Finck, Stephan/Sieberg, Friedrike, Die Entwicklung des privaten Baurechts (BGB und VOB/B) seit Ende Mai 2021, NJW 2022, 20
- Freiberg, Tobias / Vogt, Victor, Entscheidungsspielraum und Grenzen bei Festlegung von Eignungskriterien, NZBau 2022, 642
- Fries, Martin, Vertragsgestaltung, NJW 2022, 33, Buchbesprechung
- Fritz, Aline/ Klaedtke, Jonatan, Lieferketten im Vergabeverfahren, NZBau 2022, 131 – zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.12.2021 - VII - Verg 53 – 20 – unberechtigter Nachweis einer geschlossenen Lieferkette
- Fuchs, Heiko, Hout, Robin van der, Die Wiederbelebung des Mindestsatz-Zombies, NZBau 2022, 78
- Fuchs, Heiko, Mehraufwand des Architekten infolge Preisgleitung, NZBau 2022,
563 - Funke, Marcus/Quarch, Benedikt, Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form, NJW 2022, 569
- Gass, Georg, Zuwendungen und Vergaberecht – zu Rückforderungsrichtlinien und Ermessensausübung, ZfBR 2022, 33
- Götz, Torben: Private Krankenhausträger als Regelungsadressaten des
Vergaberechts , MedR 2022, 466 - Graevenitz, Albrecht von/Rabus, Jennifer, Ein frischer Blick auf die Anwendung der
i.c. im Unterschwellenbereich ,VergabeR 2022, 595 - Greb, Klaus . Rechtskonforme Vergabe von Postdienstleistungen, NZBau 2022, 137
- Hartung, Markus, Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement, 2022, 138 – Besprechung
- Hattig, Oliver Oest, Tobias, Die Preisgleitklausel im Praxistest – Teil 2, Vergabe Navigator 2022, 5
- Hattig, Oliver/ Oest, Tobias, Corona = gestörte Geschäftsgrundlage?, (Vergabe Navigator 2022, 10
- Hattig, Oliver/ Himmel, Wulf/ Oest, Tobias/ Welter, Ulrich, Die Preisgleitklausel im
Praxistest , Vergabe Navigator 2022, 1 - Hattig, Oliver/Oest, Tobias, Mindestumsätze und Arbeitsgemeinschaften , NZBau 2022, 393
- Hattig, Oliver/Oest, Tobias, Sportverbände als öffentliche Auftraggeber, NZBau 2021, 774
- Hau, Wolfgang, Einstweiliger Rechtsschutz gegen öffentliche Auftraggeber:
Einordnung als Zivilsache, Koordination paralleler Verfahren und mitgliedstaatliche Verfahrensautonomie , IPRax 2022, 232 - Helck, Thomas, Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in
Worauf sich Unternehmer zukünftig vorbereiten müssen, BB 2021, 1603 - Herrlinger, Justus/Ahlenstiel, Enno: Durch Selbstreinigung aus dem
Wettbewerbsregister ,WuW 2022, 396 - Herrmann, Alexander, Chancen und Risiken von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen für öffentliche Auftraggeber ,NZBau 2022, 443
- Himmel, Wulf, Die Preisgleitklausel in der Praxis – Teil 2, Vergabe Navigator 2022, 5
- Hoffmann, Jens, Erfordernis dokumentierter Sorgfalt bei ex anteTransparenzbekanntmachung, NZBau 2022, 581
- Hofmann, Heiko/Güldenstein, Lena, Kontrahierungszwang und Trennungsgebot in Energiekonzessionsverfahren , NZBau 2022, 454
- Hohensee, Marco/Leinemann, Eva-Dorothee, Innovationen einkaufen , Vergabe News 2021, 218
- Homann, Oliver/Büdenbender, Martin, Die Beschaffung von Bussen mit innovativen Antrieben , Der Nahverkehr 2021, 46
- Ingerowski, Boris, Selbstreinigung im Vergaberecht, NZBau 2022, 30
- Irmscher, Philipp. Lobbyregistergesetz – weit anwendbares Neuland auch für die Anwälte, NJW 2022, 273
- Izebhor, Victor, Should Value for Money Be the Sole Criteria in Opting for PPP Option for Infrastructure Projects?, EPPPL 2022, 23
- Jäger, Johannes, Rückkehr des „bösen Scheins“ ,NZBau 2022, 515
- Jasper, Ute, Nachhaltige Vergaben - Green Procurement , Beck 2022
- Jauch, Oliver, Röttger, Theresa, Die neuen Leitlinien und Hinweise zur vorzeitigen Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung, Newsdienst Compliance 2022, 2200
- Kalte, Peter, Die Pflicht für ein neues Vergabeverfahren bei Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit bei Planungsleistungen , VergabeR 2022, 481
- Kappel, Jan/Bader, Jutta, Hat die "unendliche Haftung" des Unternehmens bei Submissionsabsprachen doch ein Ende? , ZWH 2021, 231
- Klein, Quirin, Zusammen oder getrennt? Die Auftragswertberechnung bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen, VergabeR 2a/2022, 327
- Knauff, Matthias/ Pfeifer, Friederike, Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität, JM 2021, 456
- Knauff, Matthias: Die vergaberechtsfreie öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit im
Lichte aktueller Entscheidungspraxis ,NZBau 2022, 379 - Koch, Moritz, EVB-IT Cloud, Neue Standards und wertvolle Basis für CloudBeschaffungen der öffentlichen Hand , MMR 2022 440
- Koch, Philipp Moritz/Siegmund, Gabriela, Siegmund, Reinhard, Erfolgreiche
Erstellung der Leistungsbeschreibung bei IT-Vergaben , MMR 2022, 731 - Kräber, Wolfgang, Greift der 48-Monats-Deckel des § 3 Abs. 11 VgV auch bei Verlängerungsoptionen? VergabeFokus 2/2022, 9
- Kräber, Wolfgang, Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss
eines Aufhebungsvertrages ,VergabeFokus 2022, 2 - Kräber, Wolfgang, Zuwendungen und Vergaberecht , VergabeFokus 2021, 11
- Kreutzer, Mario, IT-Beschaffungen im Schnittfeld zwischen Fördermittel- & Vergaberecht, VergabeR 2a/2022, 338
- Kullack, Andrea, Überprüfung der Eignung der Bieter anhand von Referenzen und
Erfahrungen , ZfBR 2022, 649 - Lausen, Irene/ Pustal, Alexander. Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Vergabeverfahren, NZBau 2022, 3
- Leinemann, Ralf, Der Ukraine-Krieg als ein auf (Bau-)Verträge einwirkendes Ereignis höherer Gewalt im Vertrags- und Vergaberecht, UKuR 2/2022, 53
- Lieb, Nicole, Beschaffungsdienstleister im Vergabeverfahren, Nomos Verlag 2022
- Lührmann, Christian/ Egle, Philip/ Heider, Thomas, Störung der Geschäftsgrundlage, Preisanpassung durch Ukraine-Krieg?, NZBau 2022, 251
- Lutz-Bachmann, Sebastian, Liedtke, Marcus, Anreizorientierte Beschaffungsverträge und das Preisrecht , Vergabe Navigator 2022, 7
- Mager, Stefan, Angebots- und Zuschlagslimitierung im Spannungsfeld des Transparenzgrundsatzes, VergabeR 2a/2022, 331
- Mantz, Reto, Die Entwicklung des Internetrechts, NJW 2022, 446
- Meckler, Markus, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen unterhalb der EU-
Schwellenwerte am Beispiel der Rechtslage in Bayern , NZBau 2021, 768 - Meyer, Michael, Tariftreue im ÖPNV, öAT 2022, 8
- Müller, Anne, Vergaben in Kriegszeiten, Vergabe News 2022, 106 – vgl. §§ 313 BGB, 132 GWB
- Müller, Anne/Kirch, Thomas, Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand: Wettbewerb oder nicht? Vergabe News 4/2022, 62
- Müller, Hans-Pete, EuGH: Beschaffung netztechnischer Betriebsmittel durch Übertragungsnetzbetreiber, NZBau 2022, 265
- Müller, Hans-Peter, EuGH: Beschaffung netztechnischer Betriebsmittel durch Übertragungsnetzbetreiber, NZBau 2022, 265
- Müller, Hans-Peter, Das neue Preisrecht - Auswirkungen auf die Praxis im öffentlichen Auftragswesen , Vergabe Navigator 2022, 11
- Müller, Hans-Peter. Darf’s ein bisschen mehr sein?, Vergabe Navigator 2021, 9
- Neun, Andreas, Otting, Olaf, Die Entwicklung des europäischen Vergaberechts in
den Jahren 2021/2022 , EuZW 2022, 842 - Nietsch, Michael/Wiedmann, Michael, Adressatenkreis und sachlicher Anwendungsbereich des neuen Lieferkettengesetz, NJW 2022, 1
- Noch, Rainer, Zweierlei Rat, VergabeNavigator 2022, 25
- Noch, Rainer, Angst um die Finanzierung, Vergabe Navigator 2022, 28 – auch zu OLG Rostock, Beschl. v. 01.11.2021 – 17 Verg 8/21
- Noch, Rainer, Auf die Plattform kommt es an, Vergabe Navigator 2022, 30 – auch zu VK Saarland, Beschl. v. 03.2021 – 1 VK 6/20
- Noch, Rainer, Die Eignung des Start-up, Vergabe Navigator 2022, 26
- Noch, Rainer, Was im Auge des Betrachters liegt, Vergabe Navigator 2022, 21
- Noch, Rainer. Manipulierte Vergabe, Vergabe Navigator 2021, 28
- Noch, Rainer. Vergabe ohne Wettbewerb ,Vergabe Navigator 2021, 30
- Noch, Rainer: Das lange Wochenende ,Vergabe Navigator 2022, 33
- Nwangwu, George, Re-Contextualising and Re-Defining Public-Private Partnerships , EPPPL 2021, 305
- Orf Lucas, Kirch, Thomas, Let’s meet again – die Beauftragung von Veranstaltungen , VergabeNews 2022, 186
- Osseforth, Tobias [Hrsg.], Handbuch IT-Vergabe, Verlag C.H. Beck 2022
- Pankratz, Rüdiger. Die vier A’s in der Angebotsprüfung ,Vergabe Navigator 2022, 5
- Pfeuffer, Julian, Ein Schlankheitsmittel für Vergabeverfahren, Vergabe Navigator 2022, 8
- Pilarski, Michael (Hrsg., Vergaberecht bei Zuwendungen – Fehlervermeidung - Rückforderung – Rechtsschutz, Schriftenreihe des forum vergabe e.V., 2020
- Püstow, Moritz: Der „Faktor Mensch“ als Wertungskriterium, VergabeR 2a/2022, 311
- Rath, Michael , Keller, Lutz, US Cloud-Anbieter, der „Risikofaktor US CLOUD Act“,
das Vergaberecht und die Nachfrage nach sicheren Sovereign Clouds , CR 2022, 682 - Rhein, Kay-Uwe, Nachhaltigkeit in der Vergabe, Vergabe Navigator 2022, 11
- Rhein, Kay-Uwe, Update Nachträge, Vergabe Navigator 2022, 5 - a. zum Erlass des Bundesbauministeriums v. 25.03.2022 - BWI7-70437/9 – Preisänderungen - vgl. auch §§ 313, 315 BGB
- Rosenauer, Andreas/Steinthal, Jonathan, Der Umgang mit Klima- und
Umweltschutzkriterien im Vergaberecht ,KlimR 2022, 202 - Roth, Frank, Was weiß das Recht vom Markt? Die neue Definition des Marktpreises in der Preisverordnung VO PR 30/53, VergabeR 2022, 372 – zu BVerwG v. 14.04.2016 - 22 B 16.1447
- Säcker, Franz Jürgen [Hrsg.]/ Ganske, Matthias [Hrsg.]/ Knauff, Matthias [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht Band. 3, VergabeR I, C.H. Beck 2022
- Säcker, Franz Jürgen [Hrsg.]/ Ganske, Matthias [Hrsg.]/ Knauff, Matthias [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht Band. 4, VergabeR II, C.H. Beck 2022
- Schäffer, Rebecca, Die Vergabe sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen, VergabeFokus 2022, 1
- Schäffer, Rebecca, Die Vergabe von Druck- und Verlagsleistungen, VergabeFokus 2022, 2
- Schäffer, Rebecca, Die Vergabe von Druck- und Verlagsleistungen, VergabeFokus 2022, 2
- Schippel, Robert, Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten bei der vergaberechtlichen Eignungsprüfung, ITRB 2021, 164
- Schmidt, Til; Kirch, Thomas, Das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz –
- Schoof, Timm / Leinemann, Eva-Dorothee, Vergaberechtliche Instrumente zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit patentfreien Arzneimitteln in Europa, VergabeR 2022, 149
- Schoof, Timm/Hohensee, Marco, Kriterium Preis, Oder darf es etwas anderes sein? , Vergabe News 2022, 166
- Schoof, Timm/ Leinemann, Eva-Dorothee, Das Bieterinformationsschreiben nach § 134 GWB, Vergabe News 2022, 42
- Schröck, Tassilo, Kraus, Philipp. Das Instrument der Rahmenvereinbarung in der Rechtsprechung des EuGH, NZBau 2022, 12
- Schröder, Holger, Aktuelle Vergaberechtsfragen zum Saubere-FahrzeugeBeschaffungs-Gesetz , NZBau 2022, 379
- Schröder, Holger, Russland-Sanktionen und Vergaberecht, UKuR 2022, 385
- Si, Tongle, Opportunities and Challenges for Foreign Undertakings in China’s PPPs Market , EPPPL 2022, 33
- Siebler, Felix/Hamm, Sebastian/Möller, Jonathan, Inhousevergabe und interkommunale Zusammenarbeit , VergabeR 2022, 162
- Siegel, Thorsten, Das Berücksichtigungsgebot des Bundes-Klimaschutzgesetzes und seine Relevanz im Vergaberecht, NZBau 2022, 315
- Siegel, Thorsten, Das Haushaltsvergaberecht: Vergaberecht oder doch Haushaltsrecht?, VergabeR 2a/2022, 283
- Siegel, Thorsten, Das Haushaltsvergaberecht: Vergaberecht oder doch Haushaltsrecht?, VergabeR 2a/2022, 283
- Siegel, Thorsten. Neue Ziele im Vergaberecht, VergabeR 2022, 14
- Sinn und Wirkweise, Vergabe News 2022, 146
- Sitz, Helena, Ausschreibungspflichtige Auftragsänderungen und das
Kündigungsrecht nach § 133 Ab 1 Nr. 1 GWB , Verlag Dr. Kovaĉ 2022 - Steck, Matthias, Aktuelle Entwicklungen und ungeklärte Fragen zum vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, VergabeR 2a/2022, 300
- Stoye, Jörg/ Kopco, Jennifer, Und es gibt sie doch, Beschaffungsdienstleistung als „echte“ Rechtsberatung, NZBau 2022, 74
- Theis, Christopher, Vergaberechtswidrigkeit überzogener Eignungskriterien?, NZBau 2022, 143
- Timmermann, Daniel/Gelbrich, Katharina, Können Algorithmen subsumieren?, NJW 2022, 35
- Turudić, Marko, Locus Standi and the Interpretation of ‘Interest to Obtain a Particular Contract’ in Public Procurement Remedies , EPPPL 2022, 14
- Turudić, Marko, Locus Standi and the Interpretation of ‘Interest to Obtain a Particular Contract’ in Public Procurement Remedies , EPPPL 2022, 14
- Ünal, Tolga/ Kirch, Thomas, Fördermittel und Vergaberecht ,am Beispiel des KHZG ,Vergabe News 2022, 2
- Westphalen, Friedrich, SGB-Recht im zweiten Halbjahr 2021, NJW 20222, 288
- Vodă, Oana/ Dragoș, Dacian, Public Land Lease vs Works Concession, In Seach of a Silver Lining in the Case Law of the European Courts , EPPPL 2021, 270-283
- Walter, Otmar, Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss
eines Aufhebungsvertrages, VergabeR 2022, 609 - Weng, Nils-Alexander, Die Ausschreibung der Parkraumbewirtschaftung –
Dienstleistungsauftrag oder - konzession? , VergabeFokus 2021, 2 - Weng, Nils-Alexander, Unterauftragnehmer, Nach- und Subunternehmer – Was gilt es, bei ihrem Einsatz zu beachten?, VergabeFokus 2022, 19
- Wenzel, Michael [Hrsg.] / Dreher, Meinrad [Hrsg.] / Opitz, Martin [Hrsg.], Aktuelle Entscheidungen zur ausschreibungsfreien öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit, VergabeR 2a/2022, 354
- Zimmermann, Patrick, Anreizorientierte Beschaffungsverträge und das Preisrecht , Vergabe Navigator 2022, 7
- Zinger, Christoph, Verhandlungsverfahren ohne Verhandlungen?, NZBau 2022,
510
7. Literatur – IT-Bereich – Fachbeiträge
- Ahlers, M./ Böhme, J. B., Die Inhouse-Fähigkeit von Konstellationen mittelbarer gemeinsamer Kontrolle am Beispiel interkommunaler IT-Dienstleister NZBau 2021,433
- Ahlers, Moritz/ Böhme, Jonas Benedikt, Die Inhouse-Fähigkeit von Konstellationen mittelbarer gemeinsamer Kontrolle am Beispiel interkommunaler IT-Dienstleister, NZBau 2021, 433
- Auer-Reinsdorff / Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, Aufl., 2019, §§ 41 ff, S. 2537, zu BVB und EVB-IT; Hoeren/Pinelli, IT-Vertragsrecht, 3. Aufl., 2022, S. 49 ff; Kilian/Heussen/Müglich, Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand EVB-IT, Rn. 38 f (teils kritisch).
- Auer-Reinsdorff/Conrad, 3. Aufl., 2019, C.H. Beck Handbuch IT- und Datenschutzrecht, zu BVB und EVB-IT, § 41
- Bachgrund, Richard/Nesum, Lonk/ Bernstein, Max/Burchard, Christpoph, Das Pro und Contra für Chatpots in Rechtspraxis und Rechtdogmatik, Ein kritischer Beitrag zum Auftrag des Rechts und der (Rechts-)Wissenschaft: ArgumentierenSie noch, oder chatten Sie schom?, CR 2023, 132
- Borges, Georg Haftung für KI-Systeme, Konzepte und Adressaten der Haftung, CR 2022, 554
- Borges, Georg, Liability für AI-Systems Under Current und Future Law, CRI 2023, 1
- Butzert, Clemens/Meyer, Victoria, Besondere Methoden und Instrumente im Vergabeverfahren im Sinne von § 120 GWB ZfBR 2020, 636-645;
- Eufert, Julia, Cybersicherheitsrechtliche Anforderungen an die Automobilindustrie, Überblick und Umsetzungsempfehlung der UN-Regelung Nr. 155 für Cybersicherheit in Fahrzeugen, CR 2023, 73
- Flechsig, Norbert P., Cloudcomputing und Privatkopieabgabe, JurPC Web-Dok. 61/2022, Abs. 1 - 14
- Frenz, Walter [Hrsg.], Handbuch Industrie 4.0, Recht, Technik Gesellschaft, Springer Verlag 2020
- Geiger, Inke, Agile Projekte – lässt sich Flexibilität ausschreiben?, VergabeFokus 5/2020, 7
- Hacker, Philipp, Europäische und nationale Regulierung von Künstlicher Intelligenz, NJW 2020, 2142
- Herberger, Maximilian, „Künstliche Intelligenz“ und Recht – ein Orientierungsversuch – NJW 2018, 2825
- Hofmann, Franz, Der Einfluss von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz auf das Haftungsrecht, CR 2020, 282
- Hofmann, Franz/Raue, Benjamin [Hrsg.], Digital Services Act – Gesetz über digitale Dienste, 2023, Nomos
- Käde, Lisa/v. Maltzan, Stephanie, Die Erklärbarkeit von Künstlicher Intelligenz (KI), CR 2020, 66
- Keber, Thomas, Digitale Ethik, politberatende Gremien und „Ethics by Design“, Eine kritische Bestandsaufnahme, CR 2020, 276.
- Koch, Moritz Philipp, Flexibilität von Rahmenvereinbarungen bei IT-Beschaffungen, MMR 2020, 213
- Koch, Moritz Philipp, Praxisempfehlungen zur IT-Beschaffung durch öffentliche Auftraggeber, MMR 5/2020, 279
- Koch, Moritz Philipp/Kunzmann, Luise/ Müller, Norman, EVB-IT Erstellung, Gestaltungshinweise für agile Softwareentwicklungsverträge, MMR 2020, 8 (AGB)
- Koch, Moritz Philipp/Siegmund, Gabriela/ Siegmund, Reinhard, Bedeutung von Change Requests in IT-Projekten, MMR 2/2021, 107
- Kräber, Wolfgang, Die Vergabe von Datenverarbeitungsleistungen, VergabeFokus 2019, 2
- Kraul, Torsten, [Hrsg.], Das neue Recht der digitalen Dienste – Digital Services Act, 2023, Nomos
- Leinemann, Eva-Dorothee/Hohensee, Marco, Umstellungsaufwand als Wertungskriterium, Vergabe News 2020,34
- Miercke, Christian, Auswirkungen des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes auf den geförderten NGA Next-Generation-Access – Breitbandausbau, Verlag Dr. Kovač 2020.
- Opelt, Andreas/Gloger, Boris/Pfarl, Wolfgang/Mittermayr, Ralf, Der agile Festpreis: Leitfaden für wirklich erfolgreiche IT-Projektverträge, 2012, Hanser
- Roth, Frank, Neue Verpflichtungserklärung zur sozialen Nachhaltigkeit im IT-Einkauf der öffentlichen Hand, CCZ 2020, 217
- Sarre, Frank, Kritische Schnittstellen zwischen der Projektmethodik „SRUM“ und juristischer Vertragsgestaltung – Welche Themen werdeen in komplexen IT-Projekten durch den Ein satz der agilen Projektmethode „SCRUM“ aufgeworfen und welche Lösungsansätze müssen für die juristische Vertragsgestaltung ausgearbeitet werden?, CR 2018, 198
- Schäffer, Rebecca/Tarampouskas, Demis, Was ist beim Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrags zu beachten? VergabeFokus 2019, 11
- Schäffer, Rebecca/Voß, Jörg, Die Vergabe agiler Softwareprojekte unter Verwendung, von EVB-IT Vertragsmustern, Teil 1, VergabeFokus 6/2020, 2
- Schippel, Robert, Leistungsbeschreibung 2.0 am Beispiel der agilen Entwicklung von Micro-Services, ITRB 1/2021,19
- Schulz, Sönke, Der FIT-Store, Die Nachnutzung von Online-Diensten als Ausnahme vom Vergaberecht , VergabeR 5/2021, 544-551
- Sosnitza/Pache/Hilgendorf/Reinbacher/Schenke/Schuster/Schwarz/Suerbaum/Teichmann [Hrsg], Digitalisierung im Europäischen Recht, Inhalte, Referate und Ergebnisse der 26. Würzburger Europarechtstage, 2022, Nomos
- Steinrötter, Björn [Hrsg.], Europäische Plattformregulierung, DAS/DMA/P2B-VO/DGA/DA/AI act/DSML-RL, 2023, Nomos
- Tarampouskas, Demis, Open-Source-Anbindung kann technisches Alleinstellungsmerkmal begründen!, VergabeFokus 3/2020, 7
- Zech, Herbert, Entscheidungen digitaler autonomer System: Empfehlen sich Regelungen zur Verantwortung und Haftung?, Gutachten 73. djt/Gutachten, A113-A132, sowie hierzu die Thesen von Ebert, Ina, Brüngger, Renata Juno, Riehm, Thomas, S. 5;
VERGABERECHT aktuell 2021
CitoExpert
Prof. Dr. Harald Bartl
Rechtsanwalt
Vergaberecht aktuell 2021/2022
- Wichtige Punkte des Vergaberechts 2021
- Stichworte von A - Z
- Übersicht EuGH-Rechtsprechung
- Übersicht BGH-Rechtsprechung
- Übersicht OLG-Rechtsprechung
- Literatur 2021/2022
- Kommentierungen
- Stand: 15. Februar 2022 -
_______________________________
Die Veröffentlichung ist urheberechtlich geschützt. Sie darf weder teilweise noch vollständig ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verfassers in welcher Form auch immer vervielfältigt oder auf sonstigem Wege veröffentlicht werden.
Übersicht
- Dringliche Beschaffung - Corona-Pandemie
- Vergabe im Unterschwellenbereich
- AGB und Vergaberecht
- Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren
- HOAI und Architekt
- Ausschluss
- Bau, Bauauftrag, Konzession, PPP
- Bestimmungsrecht und Markterkundung
- Eignung – Eignungskriterien - Referenzen
- IT-Beschaffungsfragen
- Leistungsbeschreibung
- Lose - Gesamtvergabe
- Nachforderung – Aufklärung
- Rüge – Antragsbefugnis – Interesse
- Schadensersatz
- Vertragsschluss – Vertragsänderung
- Auftragswert – Schätzung
- Antragsbefugnis – Erkennbarkeit
- Beurteilungsspielraum – Anforderungen – Referenzen – herstellerbezogene Leistungsbeschreibung – Lose oder Gesamtvergabe
- Konzession – Dienstleistung
Hinweis: Entscheidungen und Literatur werden hier nur verkürzt und schlagwortartig wiedergegeben. Weitere Einzelheiten sind nachfolgend unter „2. Stichworte von A-Z“ anzutreffen.
___________________________________________________________________________
1. Dringliche Beschaffung - Corona-Pandemie
Entscheidungen
OLG Rostock, Beschl. v. 11.11.2021 - 17 Verg 6 – 21 - LUCA-System – zulässige Direktvergabe ohne Einholung weiterer Angebote
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.02.2021 - Verg 23 – 20 - „Individuelles Förderzentrum“ (SGB) – Aufhebung wegen Aufgabe des Beschaffungsbedarfes –
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.06.2021 - Verg 43 – 20 – Betriebsführung- bzw. Beratung zur „Pandemie-Abwicklung“ –
Literatur
Herrmann, Alexander, Ausnahmslosigkeit der Unwirksamkeitsfeststellung gem. § 135 Ab 1 GWB in der Corona-Pandemie?, VergabeR 2021, 13
Kühl, Christoph/ Wollert, Philipp, Öffentliches Auftragswesen und Covid-19 in Frankreich, VergabeR 6/2021, 666
Lausen, Irene / Müller, Jan Peter, Vergaberechtliche Möglichkeiten für Auftraggeber, Bieter und Auftragnehmer (bei Insolvenz des Auftragnehmers), NZBau 3/2021, 147
Müller, Jan Peter/ Schmitz, Daniel, Öffentliches Auftragswesen und Vergaberecht in der Krise, NZI 19/2021, 811-816
Noch, Rainer, DNA gesucht, Vergabe Navigator 2/2021, 30 (Direktvergabe von Covid-19-Reihentests)
Roth, Frank/ Landwehr, Charlotte, 1 Kein „Freibrief“ für Direktvergaben bei pandemiebedingtem Dringlichkeitsbedarf, NZBau 2021, 441
Knauff, Matthias, Ausnahmslosigkeit der Unwirksamkeitsfeststellung gem. § 135 Abs. 1 GWB in der Corona-Pandemie?, ZUR 4/2021, 218
Roth, Frank/ Landwehr, Charlotte, 1 Kein „Freibrief“ für Direktvergaben bei pandemiebedingtem Dringlichkeitsbedarf, NZBau 2021, 441
Strömer, Jens, Vergaberechtliche Rahmenbedingungen bei der Beschaffung von Masken als Schutz vor Infektionen, GPR 2021, 178
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
2. Vergabe im Unterschwellenbereich
Rechtsprechung
KG Berlin, Beschl. v. 07.01.2020 - 9 U 79 – 19 - Erd- und Abbrucharbeiten – Rechtsschutz unter Schwellenwert (im Streitfall verneint) – „zeitliche Reichweite“ vergabe- und zivilrechtlicher Beginn und Ende des Vergabeverfahrens (Aufhebung oder hier Zuschlag) – Mitteilungs- und Wartepflicht nach § 134 GWB unterhalb der Schwellenwerte in Berlin (anders im Landesrecht z. B. in Thüringen) und entsprechende Anwendung des § 135 GWB bzw. Unwirksamkeit im unterschwelligen Vergabeverfahren (Ausnahme bei hier nicht vorliegender Binnenmarktrelevanz) sowie Nichtigkeit –
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.01.2021 - 54 Verg 6 – 20 – mobile Trennwände – Auftragswert nicht erreicht – Zeitpunkt der Schätzung: Tag der Absendung der Bekanntmachung und Wert des einzelnen Auftrags – Hinzurechnung anderer Aufträge nur nach § 3 Abs. 6 u. 7 VgV (aber keine Zusammenfassung zu Gesamtauftrag und Vorverlegung des Schätzungszeitpunktes) – Zweifel am Erreichen des Schwellenwerts treffen Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens –
Literatur
Meckler, Markus, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte am Beispiel der Rechtslage in Bayern, NZBau 2021, 768
Csaki, Alexander/Kniha, Karoline, Ein Petitum für mehr effektiven Rechtsschutz bei Vergaben unterhalb des Schwellenwertes, ZfBR 2/2021, 138
Bühs, Jacob:, Geltung des Vergabeprimärrechts auch für Rettungsdienstvergaben!, NZBau 2021, 312
Schäffer, Rebecca/Voß, Jörg, Die Vergabe agiler Softwareprojekte unter Verwendung, von EVB-IT Vertragsmustern, Teil 1, VergabeFokus 6/2020, 2020, 2
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
Hattig, Oliver/ Oest, Tobias, Die Preisgleitklausel in der Praxis, Vergabe Navigator 5/2021, 5
OLG Celle, Beschl. v. 02.02.2021 - 13 Verg 8 – 20 – Postdienste –– fehlende Preisanpassungsklausel kein Verstoß gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestimmungsrecht auch für Vertragsgestaltung):
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
4. Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren
Rechtsprechung
BVerwG ,Urt. v. 15.12.2020 -10 C 24.19 OVG 12 B 8.17 – Zugang zu Vergabeunterlagen nach Zuschlag (verneint) - Anspruch auf Information trotz Vielzahl von Anträgen grundsätzlich bejaht – rechtswidrige Ablehnung der Information durch Auftraggeber (frühere Auskunftserteilungen, Rechtsmissbrauch und unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand) – aber kein Zugang zu Unterlagen über Ausschreibung und Vergabe eines Förderprogramms für die Luftfahrtforschung –- amtlicher Leitsatz: Das Informationsfreiheitsgesetz wird nach Abschluss des Vergabeverfahrens nicht durch Vorschriften der Vergabeverordnung verdrängt. § 5 Abs. 2 Satz 2 VgV ist eine Vertraulichkeitsregelung im Sinne von § 3 Nr. 4 IFG.
EuGH Urt. v. 07.09.2021 – C-927-19 - Vertraulichkeit von Bieterinformationen – Aktieneinsicht
OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Schienenpersonennahverkehr im X-Netz – Akteneinsicht nur bei Entscheidungserheblichkeit – siehe auch OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2021 - 54 Verg 5 – 21 – Schienenpersonennahverkehr – SPNV –
VK Berlin, Beschl. v. 06.01.2021- VK - B 2 - 53 – 20 – Akteneinsicht – rechtliches Gehör (umfassende grundsätzliche Entscheidung) – Offenlegung und Geheimhaltungsinteresse – Abwägung (Beurteilungsspielraum) – „in camera-Verfahren“ – „multipolarer Konflikt“ - § 165 II GWB – Anordnung der eingeschränkten Akteneinsicht auf bestimmte Teile – grundsätzliche und ausführliche Auseinandersetzung zur Akteneinsicht
Literatur
Opheys, Sascha/ Tmimi, Selina, Das Recht auf Akteneinsicht im Vergabeverfahren ,VergabeR 2021, 426
Radu, Magnus, Akteneinsicht und Transparenz, VergabeFokus 5/2021, 18
Rosenkötter, Annette, Wissen ist Macht – Akteneinsicht bei der Überprüfung von Vergabeentscheidungen, NZBau 2/2021, 96
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
Literatur
Ritter, Thomas, HOAI 2021 und laufende Architektenverträge, NZBau 3/2021, 161
Dörr, Alexander, Die Vergabe von Planungsleistungen unter der neuen HOAI; ZfBR 2021, 360
Hattig, Oliver/ Oest, Tobias, Die Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise durch den Auftraggeber nach Wegfall der verbindlichen Preisspannen in der HOAI, ZfBR 2021, 364
Fuchs, Heiko/Berger, Andreas/ Seifert, Werner HOAI 2021 – Orientierendes zur Preisorientierung, NZBau 2021, 3
Portz, Norbert, HOAI-Mindestsätze sind EU-rechtswidrig, Vergabe Navigator 2019, 5
Seifert, Werner, Zu den verschiedenen Facetten der Textform in der HOAI 2021, ZfBR 2021, 354
Stoye, Jörg/Schrammel, Florian, Die HOAI 2021 als flexibler Rechtsrahmen im Preis- und Leistungswettbewerb um öffentliche Planungsaufträge, NJW 2021, 197
Dörr, Alexander, Die Vergabe von Planungsleistungen unter der neuen HOAI; ZfBR 2021, 360
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
Entscheidungen
EuGH, Beschl. v. 24.03.2021, C - 771 – 19 – Nama – Architekt - technische Beratungsdienste für die Erweiterung der Athener Metro - Ausschluss vor der Vergabe – Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
EuGH, Schlussantrag v. 28.01.2021 - C - 6 - 20 – SchlussA - Lieferung von Lebensmitteln für benachteiligte Personen in Estland – Tätigkeitsnachweis – berufliche Befähigung – ausländische Anbieter mit Zulassung in ihrem Mitgliedsstaat -
EuGH, Urt. v. 03.06.2021, C - 210 – 20 – Rad Service – Italien – automatischer Ausschluss (unzulässig) – Tenor: Art. 63 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen der öffentliche Auftraggeber einen Bieter automatisch von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auszuschließen hat, wenn ein Hilfsunternehmen, dessen Kapazitäten er in Anspruch nehmen möchte, eine wahrheitswidrige Erklärung zum Vorliegen rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen vorgelegt hat, ohne dem Bieter in einem solchen Fall vorschreiben oder zumindest gestatten zu dürfen, dieses Unternehmen zu ersetzen.
EuGH, Urt. v. 08.07.2021 - C - 295 – 20 – Abfallverbringung in andere Mitgliedsstaat - Unzulässigkeit der Ablehnung eines Angebots wegen fehlenden Nachweises der Erfüllung der Bedingung für die Ausführung des Auftrags zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots
BayObLG, Beschl. v. 09.04.2021 - Verg 3 – 21 – Objektschutz-, Revier-, Alarm- und Interventionsdiensten - fakultative Ausschlussgründe nach § 124 I Nr. 3 GWB müssen einer „schweren Verfehlung“ i.S.d. § 124 GWB nahe kommen - Abwerbungsversuche von Mitarbeitern nicht ausreichend
BayObLG, Beschl. v.24.06.2021 - Verg 2 – 21 – OPNV – Angebotsausschluss - Regionalbuslinienverkehr – Linienbündel – Vorlage an EuGH - Fragen: 1. Ist Art. 57 Abs. 4 Buchst. d) der Richtlinie 2014/24/EU dahingehend auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber über hinreichend plausible Anhaltspunkte für einen Verstoß der Wirtschaftsteilnehmer gegen Art. 101 AEUV verfügen muss? 2. Ist Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU in dem Sinn als abschließende Regelung der fakultativen Ausschlussgründe auszulegen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie) – bei Abgabe weder eigenständiger noch unabhängiger Angebote – einer Zuschlagserteilung nicht entgegenstehen kann? 3. Ist Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU dahingehend auszulegen, dass er einer Erteilung des Zuschlags an Unternehmen entgegensteht, die eine wirtschaftliche Einheit bilden und jeweils ein Angebot abgegeben haben?
OLG Celle, Beschl. v. 18.11.2021 - 13 Verg 6 - 21 - interaktive Tafeln für Schulen – kein Ausschluss - keine Änderung der VU - Auslegung der Vergabeunterlagen- keine Änderung der Vergabeunterlagen nach § 57 I Nr. 4 VgV
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.06.2021 - Verg 43 – 20 – Betriebsführung- bzw. Beratung zur „Pandemie-Abwicklung“ - § 178 S. 3 und 4 i. V. m. § 168 II GWB - fehlendes Feststellungsinteresse bzw. fehlende Antragsbefugnis (Interesse am Auftrag
OLG München, Beschl. v. 29.01.2021- Verg 11 – 20 - Reinigungsleistungen für Gymnasien - Ausschlussentscheidung ohne vorherige Anhörung entgegen § 127 I Nr. 7 GWB
OLG Rostock, Beschl. v. 30.09.2021 - 17 Verg 3 – 21 – Abfalllogistikleistungen – ÖPP – Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV kann nicht ohne Weiteres erfolgen, wenn die Abweichung letztlich durch die Vergabestelle verursacht ist.
Literatur
Koch, Moritz; Siegmund, Gabriela; Siegmund, Reinhard, Potenziale und Grenzen von IT-Kooperationen in der öffentlichen Verwaltung, MMR 10/2021, 760
Noch, Rainer, (K)eine unlautere Abwerbung, Vergabe Navigator 5/2021, 26
Noch, Rainer, Der Ausschluss ist kein Automatismus, Vergabe Navigator 2/2021, 28 (VK Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26.08.2020- 3 VK LSA 44/20 – Mindestlohn – Auskömmlichkeit – ungewöhnlich niedriger Preis)
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
7. Bau, Bauauftrag, Konzession, PPP
Rechtsprechung
EuGH, Schlussantrag v. 21.01.2021, C - 721 - 19 und C - 722 – 19 – Sofortlotterien – wesentliche Änderung eines Konzessionsvertrags –
EuGH, Urt. v. 17.12.2020 - C‑475-19P und C‑688-19P - Vermarktung von Bauprodukten - Rechtsmittel – Rechtsangleichung – Verordnung (EU) Nr. 305/2011 –
BayObLG, Beschl. v. 09.11.2021 - Verg 5 – 21 – Dienstleistungskonzession (Rettungswagen) – rechtliches Gehör –
OLG Rostock, Beschl. v. 30.09.2021 - 17 Verg 3 – 21 – ÖPP – Gründung einer ÖPP-Gesellschaft – Ausschreibungspflicht - Abfalllogistikleistungen
OLG Schleswig, Beschl. v. 16.09.2021 - 54 Verg 1 – 21 – Pachtvertrag – Konzession – Abgrenzung - Dienstleistungskonzession zur Bewirtschaftung eines Café/Bistro
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – Statthaftigkeit – Antragsbefugnis - unzulässige Verlängerung
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.01.2021 - 54 Verg 6 – 20 – mobile Trennwände etc. für Messe Bauleistung – auch abzugrenzen von Planung – Planung und Bau keine zusammenzurechnenden Lose (nicht gleichartig) – kein einheitlicher Auftrag
Literatur
Bock, Yves /Zons, Jörn, Rechtshandbuch Anlagenbau, Praxisfragen deutscher und internationaler Anlagenbauprojekte, C.H. Beck 2020
Braun, Christian, Konzessionen und Klimaschutz, NZBau 11/2021, 707
Deutscher Städte- und Gemeindebund - Konzession - Auslaufende Konzessionsverträge - Leitfaden für die kommunale Praxis In seiner mittlerweile vierten Auflage bietet die Handreichung "Auslaufende Konzessionsverträge – Ein Leitfaden für die kommunale Praxis" des Deutschen Städte- und Gemeindebundes eine Hilfestellung für Kommunen
Gehling, Christian/ Ott, Nicolas/ Lüneborg, Cäcilie, E-Procurement for PPPs and Concessions , CCZ 5/2021, 230-240
Kues, Jarl-Hendrik/Simlesa, Gabriela, Bau- oder Lieferauftrag? – Das ist hier die Frage!, NZBau 12/2020, 765-768
Manzke, Simon, Die rechtlichen Kriterien für die Zuschlagsentscheidung im Konzessionsvergaberecht, ZfBR 7/2021, 724
Noch, Rainer, Bauwerk Gras, Wann der Grünschnitt eine Bauleistung darstellt – eine diffizile Abgrenzung, Vergabe Navigator 2021, 28
Vodă, Oana Dragoș, Dacian, Public Land Lease vs Works Concession, In Search of a Silver Lining in the Case Law of the European Courts, EPPPL 2021, 270 - Vermietung/Verpachtung öffentlicher Flächen und einer Dienstleistungs- bzw. Baukonzession
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
8. Bestimmungsrecht – Markerkundung
BayObLG, Beschl. v. 09.11.2021 - Verg 5 – 21 – Dienstleistungskonzession (Rettungswagen) – rechtliches Gehör - nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum
OLG Brandenburg, Beschl. v. 08.07.2021, 19 Verg 2 – 21 - Lieferung mobiler Endgeräte und Zubehör für Schulen – produktspezifische Ausschreibung ohne vorherige Markterkundung
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2021- 11 Verg 18 – 20 – IT – „ Besonders hohe Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit bzw. die berufliche Erfahrung Beurteilungsspielraum –
VK Bund, Beschl.v.15.07.2021 - VK 2 – 73 – 21 – Grenzen der Losvergabe - Fachlosvergabe - Abwägungsentscheidung - Markterkundung
Jentzsch, Laura/ Kirch, Thomas, Markterkundung – Raum für Erkenntnisse, Vergabe News 3/2021, 38
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
9. Eignung – Eignungskriterien – Referenzen
Eignung
Rechtsprechung
EuGH, Beschl. v. 20.05.2021, C - 6 - 20 – Lebensmittelhilfe (Estland) - Eignung – Eignungsanforderungen - Nachweiszeitpunkt - Auftragnehmer aus anderem Mitgliedstaat -
OLG Dresden, Beschl. v. 05.02.2021 - Verg 5 – 20 – Reinstgasversorgung – (vgl. auch OLG Dresden, Beschl. v. 5.02.2021 – Verg 4-20) - Eignung – Formblatt 124 – „0“-Umsatz – Geschäftsjahre -
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.06.2021 - Verg 43 – 20 – Betriebsführung- bzw. Beratung zur „Pandemie-Abwicklung“ - Eignung – Interesse am Auftrag
VK Bund, Beschl. v. 30.06.2021 - VK 1 - 58 – 21 – Planung Wehrersatzbauten – Eignung – versteckte Eignungskriterien -
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2021- 11 Verg 18 – 20 – IT - Einkauf und Implementierung von Software – SGB II – Verstoß durch unangemessen überhöhte Eignungsanforderungen
OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Schienenpersonennahverkehr im X-Netz – Eignungsleihe
OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2021 - 54 Verg 5 – 21 – Schienenpersonennahverkehr – SPNV – Eignungsleihe
Literatur
Schneevogl, Kai-Uwe, Eignungsprüfung bei „Newcomern“ – Mehr Gestaltungsmöglichkeiten für Auftraggeber , NZBau 8/2021, 588-592
Barth, Sibylle/ Bar, Hendrik von, Eigenerbringung als vergaberechtliche Anforderung im ÖPNV, NZBau 8/2021, 504-509
Referenzen
BayObLG, Beschl. v. 09.11.2021 - Verg 5 – 21 – Dienstleistungskonzession (Rettungswagen) – Referenz – vergleichbare Leistungen
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.06.2021 - Verg 43 – 20 – Betriebsführung- bzw. Beratung zur „Pandemie-Abwicklung“ – fehlende „Referenzen“ – Interesse am Auftrag
OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2021 - 54 Verg 5 – 21 – Schienenpersonennahverkehr – SPNV – Referenzen – Dienstleistungen –
VK Bund Beschl. v. 19.1.2021 - VK 2 - 109/20 – Büromaterial – Rahmenvertrag – Katalog - Referenzen – Punchout-Katalog
VK Lüneburg, Beschl. v. 13.10.2020 - VgK - 36 – 2020 – interaktive Display-Tafelsysteme - Rahmenvereinbarung für die Lieferung, die Installation und den Service von interaktiven Display-Tafelsystemen für Schulen - Abnahmemenge von 800 bis 1 200 Display-Tafelsystemen – intransparente Referenzanforderungen – Änderung der unzulässige Eignungsanforderungen – Grundsätze für die Vergleichbarkeit der Referenzen
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
Rechtsprechung
OLG Düsseldorf, Beschl. v.29.03.2021 - Verg 9 – 21 – IT - Programmierung von System- und Anwendersoftware – Fahrradabstellung – Eignung im Teilnahmewettbewerb – kein Ausschluss - Akteneinsicht in Referenzen – abgelehnt
OLG Rostock, Beschl. v. 11.11.2021 - 17 Verg 6 – 21 - LUCA-System – zulässige Direktvergabe ohne Einholung weiterer Angebote – Corona – Dringlichkeit
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2021- 11 Verg 18 – 20 – IT - Einkauf und Implementierung von Software – SGB II – unzulässige besonders hohe Eignungsanforderungen
OLG Düsseldorf, Beschl.v.03.02.2021 - Verg 25 – 18 – IT - Software für Einsatzleitsystem für Feuerwehr- und Rettungsleitstelle – Ausnahme nach § 108 VI GWB – Kooperation -– Entgelt
EuG, Urt. v. 01.12.2021 - T - 546 – 20 – Spezifikation etc. und 3.-Ebene-Unterstützung von IT-Plattformen – erfolgreiche Klage auf Nichtigerklärung nach Art. 263 AEUV – ungewöhnlich niedriger Preis – Aufklärungspflichten
OLG Brandenburg, Beschl. v. 08.07.2021, 19 Verg 2 – 21 - Lieferung mobiler Endgeräte und Zubehör für Schulen – Leistungsbeschreibung - produktspezifisch
OLG Celle, Beschl. v. 18.11.2021 - 13 Verg 6 - 21 – interaktive Tafeln für Schulen – Leistungsbeschreibung – Ausschluss - Änderung der Vergabeunterlagen
VK Lüneburg, Beschl. v. 13.10.2020 - VgK - 36 – 2020 – interaktive Display-Tafelsysteme - Rahmenvereinbarung für die Lieferung, die Installation und den Service von interaktiven Display-Tafelsystemen für Schulen - Abnahmemenge von 800 bis 1 200 Display-Tafelsystemen – intransparente Referenzanforderungen – Änderung der unzulässige Eignungsanforderungen – Grundsätze für die Vergleichbarkeit der Referenzen
Literatur
Ahlers, Moritz/ Böhme, Jonas Benedikt, Die Inhouse-Fähigkeit von Konstellationen mittelbarer gemeinsamer Kontrolle am Beispiel interkommunaler IT-Dienstleister, NZBau 2021, 433
Geiger, Inke, Agile Projekte – lässt sich Flexibilität ausschreiben?, VergabeFokus 5/2020, 7
Koch, Moritz Philipp/Siegmund, Gabriela/ Siegmund, Reinhard, Bedeutung von Change Requests in IT-Projekten, MMR 2/2021, 107
Schippel, Robert, Leistungsbeschreibung 2.0 am Beispiel der agilen Entwicklung von, Micro-Services, ITRB 1/2021,19
Schulz, Sönke, Der FIT-Store, Die Nachnutzung von Online-Diensten als Ausnahme vom Vergaberecht , VergabeR 5/2021, 544-551
Schäffer, Rebecca/Voß, Jörg, Die Vergabe agiler Softwareprojekte unter Verwendung, von EVB-IT Vertragsmustern, Teil 1, VergabeFokus 6/2020, 2
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
Rechtsprechung
OLG Celle, Beschl. v. 02.02.2021 - 13 Verg 8 – 20 – Postdienste – Leistungsbeschreibung - Funktionale Leistungsbeschreibung – Konzepte - Leistungsbeschreibung – produktspezifisch – Auslegung
OLG Brandenburg, Beschl. v. 08.07.2021, 19 Verg 2 – 21 - Lieferung mobiler Endgeräte und Zubehör für Schulen – zulässige produktspezifische Ausschreibung von iPads - Vorgabe eines Herstellers - Beurteilungsspielraum - Markterkundung nicht erforderlich - Darlegungslast
Literatur
Bolz, Stephan, Die kalkulatorisch unklare statt lückenhafte Leistungsbeschreibung - Ein Plädoyer für begriffliche Klarheit, NZBau 2/2021, 83
Kulartz, Hans-Peter/ Weidemann, Daniel, Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit funktionaler Ausschreibungen, NZBau 9/2021, 571-579
Noch, Rainer, Form follows function, Vergabe Navigator 2021, 26 – zu Merkmal „nutzerfreundliche Bedienung“ in Leistungsbeschreibung - Vergabekammer des Bundes (VK 1 84/20, vom 11.11.2020 und VK 1-47/15, vom 26.06.2015)
Pfannkuch, Benjamin, Zu den Anforderungen an den Vergabemerk bei einer produktscharfen Ausschreibung und der Möglichkeit der Heilung von Dokumentationsmängeln, ZfBR 1-2021, 39 (zu OLG Celle vom 31.03.2020 - 13 Verg 13/19 - digitale Meldeempfänger, DME, Feuerwehr)
Schippel, Robert, Leistungsbeschreibung 2.0 am Beispiel der agilen Entwicklung von Micro-Services, ITRB 1/2021,19
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
OLG Celle, Beschl. v. 02.02.2021 - 13 Verg 8 – 20 – Postdienste - Lose - Losaufteilung nicht von Amts wegen aufzugreifen, auch von Auftraggeber erläutert – Kostenentscheidung
VK Bund, Beschl.v.15.07.2021 - VK 2 – 73 – 21 – Grenzen der Losvergabe – Gesamtvergabe von Ingenieursprüfleistungen und Verkehrssicherungsdienstleistungen bei Bauwerksprüfleistungen Lose – OLG Celle, Beschl. v. 02.02.2021 - 13 Verg 8 – 20 – Postdienste - Lose -- Losaufteilung nicht von Amts wegen aufzugreifen, auch von Auftraggeber erläutert
VK Bund, Beschluss vom 02.06.2021, VK 2 - 47 - 21 – Beschaffungsberatung (ohne Rechtsberatung) keine Rechtdienstleistung (RDG) - Lose – technische und rechtliche Beratung
Delcuvé, Frederic, Remis im Vergabeverfahren – Losverfahren als Entscheidungsmittel? ,NZBau 10/2021, 649
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
13. Preise – Preisprüefung - Aufgreifschwell
Rechtsprechung
BayObLG, Beschl. v. 09.04.2021 - Verg 3 – 21 – Objektschutz-, Revier-, Alarm- und Interventionsdiensten - Preisprüfung – Nachforderung Preisblatt - Aufklärung bei ungewöhnlich niedrigem Angebot
OLG Celle, Beschl. v. 02.02.2021 - 13 Verg 8 – 20 – Postdienste –– Preisanpassungsklausel – Bestimmungsrecht - Verhältnismäßigkeit - fehlende Preisanpassungsklausel kein Verstoß gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestimmungsrecht auch für Vertragsgestaltung)
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.05.2021 - Verg 13 / 21 – Brückenbauauftrag – Preisprüfung – Zulässigkeit – Nachforderung -
OLG Rostock, Beschl. v. 03.02.2021 - 17 Verg 6 – 20 - Planungsleistungen für die Erschließung – Bekanntmachung der Zuschlagskriterien ohne Umrechnungsformel zulässig
OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2021 - 54 Verg 5 – 21 – Schienenpersonennahverkehr – SPNV – unzureichende Preisprüfung – Aufgreifschwelle nicht erreicht - Aufhebung der VK-Entscheidung - Zuschlagskriterien: „in Summe am wirtschaftlichsten“ = niedrigster Wertungspreis
EuG, Urt. v. 01.12.2021 - T - 546 – 20 – Spezifikation etc. und 3.-Ebene-Unterstützung von IT-Plattformen – erfolgreiche Klage auf Nichtigerklärung nach Art. 263 AEUV – ungewöhnlich niedriger Preis – Feststellung – Aufklärungspflichten etc.
VK Bund Beschl. v. 19.1.2021 - VK 2 - 109/20 – Büromaterial – Rahmenvertrag – Katalog - Wertungskriterium Preis: Schwerpunkt der Preisprüfung auf sog. Kernsortiment <63 „Highrunner“-Büroartikel> und „eher grobe Sichtung des Randsortiments“) –– kein spekulatives bzw. unauskömmliches Angebot (Aufgreifschwelle nicht erreicht)
VK Bund, Beschl. v. 30.06.2021 - VK 1 - 58 – 21 – Planung Wehrersatzbauten - Preis-Leistungsverhältnis – keine Aushebelung der Wertungsmethodik „Von einer „völligen“ Entwertung des Preisanteils von 30% im Verhältnis zur Qualitätsbewertung mit 70% kann vorliegend nicht gesprochen werden.“ –
Literatur
Preiswertung - Theis, Stefanie/ Strauß, Katharina, Preiswertung bei Planungsvergaben , ZfBR 6/2021, 631-634
Hattig, Oliver/ Oest, Tobias, Die Preisgleitklausel in der Praxis, Vergabe Navigator 5/2021, 5
Lindner, Markus, Ist es rechtlich zulässig, den Preis als Zuschlagskriterium bei der Vergabe von Architekten-und Ingenieurleistungen mit 50 oder mehr Prozent zu gewichten?, ZfBR 7/2021, 714
Noch, Rainer, Der Ausschluss ist kein Automatismus, Vergabe Navigator 2/2021, 28 (VK Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26.08.2020- 3 VK LSA 44/20 – Mindestlohn – Auskömmlichkeit – ungewöhnlich niedriger Preis)
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
14. Rüge – Antragsbefugnis – Interesse
OLG Celle, Beschl. v. 17.06.2021 - 13 Verg 2 - 21 – Postdienste – Bestandskraft von Entscheidungen der Vergabekammer - §§ 160 II, 168 I S. 1 Rüge – Bestandskraft der VK
OLG Rostock, Beschl. v. 30.09.2021 - 17 Verg 3 – 21 – Abfalllogistikleistungen – Rüge – Kenntnis – Präklusion - Antragsbefugnis wegen Nichteinhaltung des „Mindestmaßes an Substantiierung“ und fehlender Angabe der Herkunft der Erkenntnisse – reine Vermutungen, willkürlich, ins Blaue Behauptungen oder ohne weiteren Tatsachenvortrag
VK Bund Beschl. v. 19.1.2021 - VK 2 - 109/20 – Büromaterial – Rahmenvertrag – Katalog - Rüge – Erkennbarkeit- Antragsbefugnis – Präklusion
OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2021 - 54 Verg 5 – 21 – Schienenpersonennahverkehr – SPNV – Rüge – Substantiierung
VK Bund, Beschl. v. 30.06.2021 - VK 1 - 58 – 21 – Planung Wehrersatzbauten - Rügen – unberechtigte Rügen
Antweiler, Clemens, Neues zur Rügeobliegenheit und zu öffentlich-rechtlichen Marktzugangsbeschränkungen, NZBau 12/2020, 761 (zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.10. 2020 - Verg 36/19 – ÖPP)
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
Schadensersatz – Zivilrecht – Berechnung - OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.06.2021 - 1 U 203 – 20 – Schadensersatz der öffentlichen Hand nach Kfz-Unfall auf Autobahn - Beseitigung des Schadens durch Auftragnehmer des Auftraggebers entsprechend vergebenem Auftrag
Dreher, Meinrad/ Engel, Lasse, Vergaberechtliche Selbstreinigung und kartellrechtliche Schadensersatzklagen - Teil 2, WuW 2020, 457
Römling, Dominik, Zur unionsrechtskonformen Auslegung des § 280 I Satz 2 BGB in Bezug auf kartellvergaberechtliche Schadensersatzansprüche, VergabeR 2021, 34
Randhahn, Heiko, Vergabeverzögerung, Abschied vom vergaberechtlichen Ansatz, NZBau 2021, 14 (zu BGH, Urt. v. 3.7.2020 - VII ZR 144 – 19) - Schadensersatz – Vergabe an Dritten – Aufhebung -
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
16. Vertragsschluss – Vertragsänderung – Zuschlag
OLG Brandenburg, Urt. v. 16.06.2021 - 11 U 16 – 18 - Sicherheits- und Gesundheitskoordination eines Flughafens – Vertragswirksamkeit - §§ 134, 138 BGB - wirksame Auftragserteilung ohne wettbewerbliche Vergabe – kein Verstoß gegen §§ 134 bzw. 138 BGB –
Randhahn, Heiko, Vergabeverzögerung, Abschied vom vergaberechtlichen Ansatz, NZBau 2021, 14 (zu BGH, Urt. v. 3.7.2020 - VII ZR 144 – 19)
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
OLG Rostock, Beschl. v. 11.11.2021 - 17 Verg 5 – 21 – Verpflegungsleistungen – Gegenvorstellung etc.– Berichtigungsantrag – Anhörungsrüge - Auftragswertschätzung
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – Statthaftigkeit – Antragsbefugnis - unzulässige Verlängerung – Auftragswert - Begründetheit wegen nach § 135 II GWB unwirksamen Auftrags durch einvernehmliche Durchführung mit wesentlichen Vertragsänderungen ohne neues Vergabeverfahren nach § 132 GWB – unzulässige wesentliche Verlängerung der Verträge mit befristeter Laufzeit um zwei Jahre (20 % der bisherigen Vertragszeit von 10 Jahren als „erhebliche Ausweitung“ (vgl. § 132 III GWB) – Unwirksamkeit nach § 135 I GWB durch selbständigen vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang (ausreichend mündliche, konkludente oder nach einer überwiegenden Lebenswahrscheinlichkeit vorliegende Beauftragung auch dann, „wenn Auftraggeber und Auftragnehmer einen Beschaffungsvorgang übereinstimmend irrtümlich von einem früher abgeschlossenen und bei zutreffender Würdigung beendeten Vertrag für gedeckt halten und die Vertragsleistungen weiterhin erbringen.“ – umfangreiche Ausführungen zur Auslegung des Vertragsgegenstandes – Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 I, II GWB innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Vertragsschluss (hier gegeben) – Kostenentscheidung (Gesamtschuldner der unterliegenden Beteiligten nach §§ 175 II, 71 GWB.
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.01.2021 - 54 Verg 6 – 20 – mobile Trennwände – Auftragswert nicht erreicht – Unzulässigkeit - keine Einrechnung der Projektsteuerungs- und Planungsleistungen – Bauleistung - Planung und Bau keine Lose (nicht gleichartig) – mehrere Gebäude und unabhängige Nutzung – Auftragswert ohne Sicherheitszuschläge – ohne Kosten für Baustrom und – wasser – Zeitpunkt der Schätzung Tag der Absendung der Bekanntmachung und Wert des einzelnen Auftrags – Hinzurechnung anderer Aufträge nur nach § 3 Abs. 6 u. 7 VgV (aber keine Zusammenfassung zu Gesamtauftrag und Vorverlegung des Schätzungszeitpunktes) – Zweifel am Erreichen des Schwellenwerts treffen Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens - Modernisierung etc. des Messegeländes einerseits und Vorhaben Neubau etc. des Kongresszentrums andererseits (funktionale Betrachtung): „Ein einheitlicher Auftrag ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der eine Teil ohne den anderen keine sinnvolle Funktion zu erfüllen vermag.“ (hier verschiedene Aufträge) – Komplexe (Messe – Kongresszentrum) getrennt funktional nutzbar – Heilung der nicht ordnungsgemäßen Dokumentation im Beschwerdeverfahren durch die Übergabe von Unterlagen (Vorlage und Erstellung der Kostenberechnung vor Vergabeverfahren – Ausschluss der Manipulation – Prüfung durch Zuwendungsbehörde) – Unschädlichkeit der europaweiten Ausschreibung – eingeschränkte Prüfung der realistischen, vollständigen und objektiven Prognose durch im Nachprüfungsverfahren auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität: „Beurteilungsspielraum“ – bei fehlerhafter Schätzung eigene „Nachschätzung“ durch Prüfungsinstanz (VK, OLG) - Kostenberechnung durch Architekten: realistische Schätzung der voraussichtlichen Baukosten – keine Beurteilungsfehler (sachfremde Erwägungen, Überschreiten der Beurteilungsgrenzen nicht erkennbar) – fehlender Sicherheitszuschlag hier unschädlich – Berücksichtigung zu erwartender Preissteigerungen und bei nicht vollständigem Feststehen der Bauleistung wegen noch zu vergebender Planungsleistungen für den Bau (hier abgeschlossen) - Optionen nicht vereinbart – Aufnahme von Baustrom und –wasser in Kostenschätzung als Lieferung des Auftraggebers: Ergänzung durch Schätzung der nachprüfenden Stelle (Senat) – keine Berücksichtigung bei der Schätzung der für den Bauauftrag anfallenden Bauherrenkosten, Kosten für Projektplanung, sonstige Nebenkosten, Rechtsberatung, Planungsleistungen (hier getrennte Vergabe, keine Zusammenrechnung)
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.01.2021 - 54 Verg 6 – 20 – mobile Trennwände – Schätzung – Zeitpunkt – Auftragswert nicht erreicht – Zeitpunkt der Schätzung Tag der Absendung der Bekanntmachung und Wert des einzelnen Auftrags – Hinzurechnung anderer Aufträge nur nach § 3 Abs. 6 u. 7 VgV (aber keine Zusammenfassung zu Gesamtauftrag und Vorverlegung des Schätzungszeitpunktes) – Zweifel am Erreichen des Schwellenwerts treffen Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens –
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.01.2021 - 54 Verg 6 – 20 – mobile Trennwände – Auftragswert nicht erreicht – Schätzung durch VK oder OLG - bei fehlerhafter Schätzung eigene „Nachschätzung“ durch Prüfungsinstanz (VK, OLG) - Kostenberechnung durch Architekten: realistische Schätzung der voraussichtlichen Baukosten – keine Beurteilungsfehler (sachfremde Erwägungen, Überschreiten der Beurteilungsgrenzen nicht erkennbar) – fehlender Sicherheitszuschlag hier unschädlich – Berücksichtigung zu erwartender Preissteigerungen und bei nicht vollständigem Feststehen der Bauleistung wegen noch zu vergebender Planungsleistungen für den Bau (hier abgeschlossen) - Optionen nicht vereinbart – Aufnahme von Baustrom und –wasser in Kostenschätzung als Lieferung des Auftraggebers: Ergänzung durch Schätzung der nachprüfenden Stelle (Senat) – keine Berücksichtigung bei der Schätzung der für den Bauauftrag anfallenden Bauherrenkosten, Kosten für Projektplanung, sonstige Nebenkosten, Rechtsberatung, Planungsleistungen (hier getrennte Vergabe, keine Zusammenrechnung)
Auftragswert – Landesrecht - Müller, Anne/ Ünal, Tolga, Landesrechtliche Regelungen zu den vergaberechtlichen Wertgrenzen, VergabeNews 9/2021,150-155
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
18. Antragsbefugnis – Erkennbarkeit
OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 09.12.2021 - 54 Verg 8 – 21 – Busverkehr – Statthaftigkeit – Antragsbefugnis (Interesse am Auftrag, drohender Schaden durch de-facto-Vergabe)
OLG Schleswig, Beschl. v. 05.07.2021 - 54 Verg 4 - 21 u . 54 Verg 5 – 21 - Schienenpersonennahverkehr im X-Netz – Antragsbefugnis – Drittplatzierter – Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde – Aufgreifschwelle – Selbsterbringungsquote von 70 % - mehrere Eignungsverleiher – Antragsbefugnis eines Drittplatzierten – Dienstleistung als vergaberechtlicher Begriff – Akteneinsicht nur bei Entscheidungserheblichkeit – siehe auch OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2021 - 54 Verg 5 – 21 – Schienenpersonennahverkehr – SPNV –
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.02.2021 - Verg 23 – 20 - „Individuelles Förderzentrum“ (SGB) – bejahte Antragsbefugnis (Rüge - Verletzung der Begründungspflicht nach § 63 Abs. 2 S. 1 GWB und der Dokumentationspflicht nach § 8 Abs. 2 S. 1 und S. 2 Nr. 8 VgV) - Verschlechterung der Zuschlagschancen und Schaden nicht offensichtlich ausgeschlossen – Verletzung der Dokumentationspflicht (fehlend bzw. mangelhaft) - nur bei möglicher Auswirkung auf die Rechtsstellung der Bieter
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2021- 11 Verg 18 – 20 - Antragsbefugnis - Gewährung einer sog. zweiten Chance - Einkauf und Implementierung von Software – aus der Entscheidung: „... die Antragsbefugnis ist unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der Gewährung einer sog. zweiten Chance (vgl. grundlegend: BGH, Beschlüsse vom 26.9.2006 - X ZB 14/06 - Polizeianzüge und vom 10.11.2009 - X ZB 8/09 - Endoskopiesystem) für solche Rügen zu bejahen, deren Behebung eine (teilweise) Aufhebung des bisherigen Vergabeverfahrens oder die Untersagung der Zuschlagserteilung erforderten und damit der Antragstellerin die Möglichkeit eröffnete, sich - im Fall fortbestehender Beschaffungsabsicht des Antragsgegners - durch ein neues Angebot am Vergabeverfahren zu beteiligen. So liegt der Fall in Bezug auf die Rüge der Unverhältnismäßigkeit der Eignungsanforderungen. Denn deren Behebung setzt ein Zurückversetzen des bisherigen Vergabeverfahrens auf die (Neu-)Bestimmung der Eignungskriterien voraus und eröffnet der Antragstellerin damit die Möglichkeit, sich im Fall fortbestehender Beschaffungsabsicht des Antragsgegners durch ein neues Angebot am Vergabeverfahren zu beteiligen.“
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2021- 11 Verg 18 – 20 – IT - Einkauf und Implementierung von Software – SGB II – Antragsbefugnis – unzulässige besonders hohe Eignungsanforderungen und Wettbewerbsbeschränkung - §§ 160 III Nr. 3, 97 I S. 2, 122 IV S. 1 GWB - Antragsbefugnis („Gewährung einer sog. zweiten Chance“) - keine Präklusion (keine Erkennbarkeit): “Ein durchschnittlicher Bieter muss insbesondere nicht die Rechtsprechung der Vergabesenate und Vergabekammern kennen ... Es ergibt sich ... nicht, dass ... erkennbar war, dass die Eignungsanforderungen nicht nur hoch, sondern unangemessen hoch und daher rechtlich unverhältnismäßig sind. ... Auch kann ein Bieter aus der zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmung vorliegend die geltend gemachte Vergaberechtswidrigkeit nicht entnehmen.“
OLG Rostock, Beschl. v. 30.09.2021 - 17 Verg 3 – 21 – Abfalllogistikleistungen – ÖPP – verbunden mit Beteiligung des privaten Partners am gemeinsamen Unternehmen mit 49 % als ÖPP - Antragsbefugnis - amtliche Leitsätze: „1. Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Darlegung der Antragsbefugnis und zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags bei Behauptungen „ins Blaue hinein“. - erfolglose Rügen der Wertung (fehlende Antragsbefugnis wegen Nichteinhaltung des „Mindestmaßes an Substantiierung“ und fehlender Angabe der Herkunft der Erkenntnisse –reine Vermutungen, willkürlich, ins Blaue Behauptungen oder ohne weiteren Tatsachenvortrag nicht ausreichend: „ ... das Angebot des ... Konkurrenten sei nicht wertungsfähig oder diesem Bieter fehle die notwendige Eignung... “ - Antragsbefugnis hinsichtlich der Wertung nach Ergänzung nach Akteneinsicht in Angebot des Konkurrenten zum Fahrzeugverbrauch (unzulässiges Nachreichen und 0-Punkte Wertung) - allerdings Unbegründetheit (keine Änderung 2. verbindlichen Angebots oder unzulässiges Nachreichen sowie auch Erläuterung der Unklarheit in zulässigem Aufklärungsgespräch - Zulässigkeit der Rüge des Konzepts zum Aufbau von Gewerbegeschäft, aber Unbegründetheit infolge Auslegung der Vergabeunterlagen nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB (objektive Sicht der potentiellen Bieter - zulässige wirtschaftliche Betätigung außerhalb des Landkreises als Annextätigkeiten – Zulässigkeit, aber Unbegründetheit der Wertung (Fahrzeugverbrauch) sowie im Übrigen auch keine Änderung der Wertungsreihenfolge und damit kein Schaden – keine erfolgreiche Rüge von Verfahrensfehlern – keine Konzession - Errichtung eines Gemeinschaftsunternehmens als öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP beziehungsweise PPP) nur insoweit ausschreibungspflichtig bei Vorliegen eines unteilbaren Ganzes mit dem öffentlichen Auftrag – Präklusion der Rüge der Verhandlungsrunde nur unter Beteiligung der Beigeladenen“ wegen „(Folge-) Fehlers“ – auch keine Änderung der Wertungsreihenfolge –
OLG Schleswig, Beschl. v. 16.09.2021 - 54 Verg 1 – 21 – Antragsbefugnis –Pachtvertrag – Konzession – Abgrenzung öffentlicher Auftrag - Dienstleistungskonzession zur Bewirtschaftung eines Café/Bistro - Antragsbefugnis – Cafe-Bistro - Beschwerde zulässig und begründet - keine Dienstleistungskonzession, sondern reiner Miet- bzw. Pachtvertrag einschließlich der Verlängerung des Mietvertrags (keine „Beschaffung“ - im Einzelnen: keine Versorgung der Badegäste, sondern der Besucher mit Kaffee und Kuchen - reiner Pachtvertrag – umfangreiche Ausführungen) – wirksamer Abschluss der Verträge durch Bevollmächtigten – keine Leistungen für den Verpächter – im Übrigen auch fehlende Antragsbefugnis wegen fehlender schlüssiger Darlegung des Interesses an einer Dienstleistungskonzession sowie der erforderlichen eigenen Leistungsfähigkeit bzw. der eignungsleihenden Unternehmern (ausführliche Behandlung des „eigentlichen“ (?) Geschäftsbetriebs: “Vorratsgesellschaft“ – keine Tätigkeit in Gastronomie etc.) – ferner keine schlüssige Darlegung der Leistungswilligkeit
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2021- 11 Verg 18 – 20 - Einkauf und Implementierung von Software – Erkennbarkeit von Tatsache und Rechtsverstoß -aus der Entscheidung: „§ 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB setzt neben der Erkennbarkeit der Tatsache eine Erkennbarkeit des Rechtsverstoßes voraus. Diese ist auch auf die rechtliche Bewertung der Tatsachen als Vergaberechtsverstoß zu beziehen. "Erkennbar" i, S. v. § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen; übersteigerte tatsächliche und rechtliche Anforderungen dürfen diesbezüglich nicht an einen Bieter gestellt werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 - VII-Verg 30/11). Maßstab ist ein durchschnittlicher fachkundiger Bieter, der die übliche Sorgfalt anwendet. Ein durchschnittlicher Bieter muss insbesondere nicht die Rechtsprechung der Vergabesenate und Vergabekammern kennen (Senat, Beschluss vom 11.4.2017 - 11 Verg 4/17 Rn. 60; OLG Rostock, Beschluss vom 21.1.2019 - 17 Verg 8/18 Rn. 20, zit. nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.5.2019 - VII Verg 47/18 Rn. 68, zit. nach juris). - “Ein durchschnittlicher Bieter muss insbesondere nicht die Rechtsprechung der Vergabesenate und Vergabekammern kennen (Senat, Beschluss vom 11.4.2017 - 11 Verg 4/17 Rn. 60; OLG Rostock, Beschluss vom 21.1.2019 - 17 Verg 8/18 Rn. 20, ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.5.2019 - VII Verg 47/18 Rn. 68... Es ergibt sich ... nicht, dass für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter erkennbar war, dass die Eignungsanforderungen nicht nur hoch, sondern unangemessen hoch und daher rechtlich unverhältnismäßig sind. Diese Wertung ist keine solche, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fällt. Auch kann ein Bieter aus der zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmung vorliegend die geltend gemachte Vergaberechtswidrigkeit nicht entnehmen).“
VK Bund Beschl. v. 19.1.2021 - VK 2 - 109/20 – Büromaterial – Erkennbarkeit – Verstoß - Rahmenvertrag – Katalog - Antragsbefugnis – Präklusion (<nicht vorliegende> unzulässige de-facto-Vergabe des „Randsortiments“) - Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes durch „durchschnittlichen Bieter bei Durchsicht etc. der Vergabeunterlagen ohne anwaltliche Hilfe –
Vgl. Im Übrigen Bericht 2020 (Entscheidungen und Literatur)
19. Beurteilungsspielraum - Anforderungen – Referenzen – herstellerbezogene Leistungsbeschreibung – Lose oder Gesamtvergabe
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2021- 11 Verg 18 – 20 – IT Beurteilungsspielraum – Anforderungen - „Besonders hohe Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit bzw. die berufliche Erfahrung können ... insbesondere dann unangemessen sein, wenn sie wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten, weil nur ein oder wenige Unternehmen diese Anforderungen erfüllen. In einem solchen Fall ist es ... erforderlich, dass derartige Anforderungen durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sind. Je einschneidender der Wettbewerb beschränkt wird, desto höhere Anforderungen sind an das Vorliegen gewichtiger Gründe zu stellen .... Dies gilt umso mehr dann, wenn ... dem Teilnahmewettbewerb noch das Verhandlungsverfahren folgt, bei dem es darum geht, das Potenzial der Auftragsbewerber konkret an den Anforderungen der ausgeschriebenen Leistung zu messen. In dieser Phase soll aus den eingehenden Angeboten dann nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien das beste Angebot herausgefiltert werden. Dies darf nicht durch eine zu starke Spezifizierung der Eignungskriterien verhindert werden ... Allerdings ist dem Auftraggeber bei der Bestimmung ... ein Entscheidungsspielraum zuzuerkennen.“ – nur eingeschränkte Nachprüfung auf Einhaltung der Grenzen des Beurteilungsspielraums (zutreffend und vollständig ermittelter Sachverhalt, allgemeiner Wertungsgrundsätze, keine sachwidrigen Erwägungen) – „Auf dieser Grundlage ergibt sich, dass die einzelnen Eignungsanforderungen in Verbindung mit der vorgesehenen Mindestpunktzahl für die Bejahung der Eignung unverhältnismäßig sind.“ – ausführlich zur „Mindestpunktzahl“ sowie auch zur Bewertung der Projektleiter und -mitarbeiter - komplexes IT-Projekt - Berücksichtigung der Auswirkung auf den Wettbewerb bei kleinem Anbietermarkt (drei bzw. fünf Anbieter) – Erforderlichkeit der Zurückversetzung in das Stadium vor (Neu-) Aufstellung der Eignungsanforderungen
BayObLG, Beschl. v. 09.11.2021 - Verg 5 – 21 – Dienstleistungskonzession (Rettungswagen) – Beurteilungsspielraum Vergleichbarkeit – Referenzen („vergleichbare Leistungen“ – nur eingeschränkter Beurteilungsspielraum des Auftraggebers) – amtlicher Leitsatz: 1. Art. 103 Abs. 1 GG erfasst nicht das rechtliche Gehör im Verfahren vor der Vergabekammer. Maßgeblich ist insoweit das durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gewährleistete Grundrecht auf ein faires Verfahren. 2. Die aufschiebende Wirkung einer verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsklage steht der Berücksichtigung des angegriffenen Verwaltungsakts im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nicht entgegen. 3. Das Verlangen nach Referenzprojekten für „vergleichbare“ Leistungen bedeutet nicht, dass das Leistungsbild der herangezogenen Aufträge mit dem ausgeschriebenen Auftrag identisch sein müsste. Vielmehr genügt es, dass die Referenzleistung der ausgeschriebenen Leistung so weit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet. 4. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit der Referenz kommt der Vergabestelle ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 08.07.2021, 19 Verg 2 – 21 - Lieferung mobiler Endgeräte und Zubehör für Schulen – Beurteilungsspielraum – herstellerbezogene Leistungsbeschreibung - Ergebnis der summarischen Bewertung im Eilverfahren in der Sache ohne Erfolgsaussicht: „Der Senat hält die Ausführungen der Vergabekammer, mit der diese einen Verstoß des Auftraggebers gegen § 31 Abs. 6 VgV verneint hat, für überzeugend. ... Dem Interesse des Auftraggebers an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens ist deshalb der Vorrang zu gewähren. ... Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist voraussichtlich unbegründet. Nach dem vorliegenden Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin durch die produktspezifische Ausschreibung von iPads nicht in ihren Rechten verletzt ist, vielmehr die Ausschreibung aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt ist. .... Eine produktspezifische Ausschreibung ist deshalb nur dann gerechtfertigt, wenn vom Auftraggeber n