Aktualisierung vom 11.6.2010: VgV 2010 in Kraft am 11.6.2010 - vgl. VOLaktuell 4-5
Wichtig: Schulung unumgänglich: Reform des Vergaberechts 2010 - Bundeskabinett hat am 28.4.2010 die Abänderungen des Bundesrats zur VgV 2010 akzeptiert; nunmehr steht lediglich die Verkündung der VgV 2010 im BGBl aus (Mitte Mai 2010) – sämtliche Bestimmungen sind neu gefasst (GWB, VgV, VOL/A, VOB/A, VOF, SektVO) – Überraschungen ausschließen!
Wichtig: Vorsicht bei der Zurückweisung von Rügen ohne Hinweis auf Rechtsbehelfe (Vergabekammer Sachsen)
Wichtig: Schlussanträge des EU-Generalanwalts zur Frage der Grundstücksgeschäfte und Vergaberecht- EuGH-Entscheidung vom 25.3.2010 - C-451/08 - liegt bereits vor - vgl. curia.eu – Vorlage OLG Düsseldorf
Wichtig: Öffentlich-rechtliche Einrichtungen als Bieter vom EuGH grundsätzlich zugelassen
Wichtig: Vier Entscheidungen des BGH zu den unterschiedlichen Folgen bei Zuschlagsverspätung
- Aktuelles
- Vergaberecht – Rechtsprechung
- Vergaberecht – Literatur
- Baurecht - Rechtsprechung
- Baurecht – Literatur
- EDV-IT-Literatur
- AGB-Rechtsprechung
- AGB-Recht
- Schuldrecht
Anhang: BGH, Beschl. v. 10.11.2009
- Aktuelles:
Reform des Vergaberechts 2010 im März 2010 abgeschlossen - VgV 2010 – die neue VgV wurde von der Bundesregierung am 27.1.2010 dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet. Der Bundesrat (BRDr 40/10/B vom) hat am 26.3.2010 mit einigen Änderugngsvorschlägen zugestimmt. Die Bundesregierung befasst derzeit mit den Vorschlägen, so dass mit dem Inkrafttreten der VgV 2010 kurzfristig zu rechnen ist. Die Beratung im Bundesrat ist für den 26.03.2010 erwartet. Die bekannt gemachte VgV wird die novellierten Vergabe- und Vertragsordnungen für Bau-, Liefer- und freiberufliche Dienstleistungen (VOB/A, VOL/A, VOF) in Kraft setzen. Zu diesem Paket gehört auch eine weitere kleinere Änderung der SektVO 2009. Wenn die VgV in Kraft tritt (am Tag der Verkündung im BGBl) sind die neuen erheblich geänderten Bestimmungen für alle danach begonnenen Vergabeverfahren anzuwenden.
Postmindestlohnverordnung – Tariftreue - Vergaben von Briefdienstleistungen – BverwG, Urt. v. 28.01.2010 - Az: 8 C 19.09 - Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen (Postmindestlohnverordnung) rechtswidrig ergangen - nicht berücksichtigte Mitwirkungsrechte der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 3a S. 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetz – vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.07.2009 - Az: Verg 18/09 : keine Anwendung der genannten Verordnung.
Bremen – Entwurf für Bremische Vergabeverordnung – vgl. auch Bremisches Tariftreue- und Vergabegesetz (Ermächtigung für Verordnung) - Entwurf der „Verordnung zur Durchführung des Bremischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (Bremische Vergabeverordnung – BremVergV)" - Feststellung von repräsentativen Tarifverträgen – vgl. bremisches Tarifregister – Datenübermittlung – Pflicht zur Abfrage durch Auftraggeber –
Hessen - Leitfaden zur VO 1370/2007 – ÖPNV - „Leitfaden für die Erteilung von Liniengenehmigungen in Hessen nach dem 3. Dezember 2009" vom 29.12.2009 –
Niedersachsen – Landesvergabegesetz geändert - Änderung in § 13 des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) v. 17.12.2009 - Nds. GVBl. Nr. 29 vom 30.12.2009, S. 493 ff..
Niedersachsen - Kommunen an Vergaberecht gebunden - neu § 26a Gemeindehaushalts- und –kassenverordnung: öffentliche Ausschreibung grundsätzlich – Ausnahmen Rechtfertigung durch Natur des Geschäfts oder besondere Umstände – Pflicht zur Anwendung der VOB/A und der VOL/A - Verordnung zur Änderung der Gemeindehaushalts- und -kassenverordnung vom 18.12.2009 - Nds. GVBl. Nr. 29 vom 30.12.2009, S. 490 –
- Vergaberecht – Rechtsprechung
EuGH, Urt. v. 23.12.2009 – C-305/0820 – Conisma - (Italien) – Zulässigkeit der Beteiligung „öffentlich-rechtliche Bieter bzw. Bewerber" an Vergabeverfahren vom EuGH grundsätzlich bejaht - „Wirtschaftsteilnehmer" i. S. d. Richtlinie 2004/18/EG: natürliche und juristische Personen sowie auch öffentliche Einrichtungen - „öffentliche Einrichtung" = auch Universitäten, Forschungsinstitute, Gruppen von Universitäten und Behörden, auch wenn sie nicht in erster Linie Gewinnerzielung anstrebten, nicht unternehmerisch strukturiert und ständig auf dem Markt tätig seien – Berechtigung nach nationalem Recht zur Auftragsausführung
EuGH, Urt. v. 23.12.2009 - C-376/0821 – Doppelbewerbung – kein automatischer Ausschluss des Angebots einer Bietergemeinschaft und des weiteren Angebots eines Mitglieds der Bietergemeinschaft - Italien – Unverhältnismäßigkeit des generellen Ausschlusses in nationaler italienischer Vorschrift - Beschränkung i. S. der Art. 43 und 49 EG – Hinweis: In Deutschland treffen wir eine entsprechende Vorschrift nicht an. Allerdings war in früheren Entscheidungen bei entsprechenden „Doppelbewerbungen" zunächst der Ausschluss vorgesehen (Geheimwettbewerb, Absprache etc.). Dieser rigide Ausgangspunkt wurde aber in späteren Entscheidungen nicht mehr vertreten. Vielmehr entschied man sich für die eine Einzelfallprüfung. Betroffenen Bieter ist damit grundsätzlich die Möglichkeit einzuräumen, nachzuweisen, dass Wettbewerbsverfälschungen nicht gegeben sind. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde damit allmählich auch in den nationalen Entscheidungen berücksichtigt (Zulassung von Generalübernehmern, keine überzogenen Anforderungen an Nachweise etc.). Speziell das OLG Düsseldorf musste sich bereits einige Male korrigieren.
EuGH – Schlussanträge des Generalanwalts Paola Mengozzi v. 17. 11.2009 - C-451/08 – curia.europa.eu = ZfBR 2010, 182 - Ahlhorn-Kaserne – Vorlage OLG Düsseldorf - Vergabepflichtigkeit von Grundstücksgeschäften (Helmut Müller GmbH ./. Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) „Öffentliche Bauaufträge – Öffentliche Baukonzessionen – Verkauf einer Liegenschaft durch die öffentliche Verwaltung – Später zu erbringende Bauleistungen" - Ergebnis 108. Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Oberlandesgerichts Düsseldorf wie folgt zu beantworten: Das Vorliegen eines öffentlichen Bauauftrags oder einer öffentlichen Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge setzt eine unmittelbare Verbindung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den zu realisierenden Arbeiten oder Werken voraus. Diese unmittelbare Verbindung kann insbesondere darin bestehen, dass das Bauwerk von der öffentlichen Verwaltung erworben werden soll oder ihr unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt, oder aber darin, dass die Initiative für die Realisierung beim öffentlichen Auftraggeber liegt oder dieser zumindest teilweise deren Kosten trägt. Die Begriffe des öffentlichen Bauauftrags und der öffentlichen Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 setzen eine vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers gegenüber der öffentlichen Verwaltung zur Erbringung der vereinbarten Leistung voraus. Die Folgen einer etwaigen Nichterfüllung von Seiten des Auftragnehmers richten sich nach dem nationalen Recht. Mit einer öffentlichen Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 kann nie vorgesehen werden, dass dem Konzessionär ein unbefristetes Recht an der Sache, die Gegenstand der Konzession ist, eingeräumt wird. Wenn es klare Hinweise darauf gibt, dass die Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Aufträge und Konzessionen umgangen werden sollten, können bei der rechtlichen Würdigung eines Sachverhalts die beiden – auch in zeitlicher Hinsicht – förmlich voneinander getrennten Handlungen der Veräußerung eines Grundstücks und der Vergabe eines Auftrags oder einer Konzession für dieses Grundstück als eine einzige Rechtshandlung angesehen werden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, auf der Grundlage aller Fallumstände zu prüfen, ob eine solche Umgehungsabsicht vorliegt.
EuGH, Urt. v. 21.1.2010 – C-17/09 – Biomüll und Grünabfälle der Stadt Bonn – Vergabe durch die Stadt Bonn und die Müllverwertungsanlage Bonn GmbH (MVA) ohne Vergabeverfahren - öffentlichen Dienstleistungsauftrag - Verhältnis zwischen Vergabe- und Abfallrecht – keine Befreiung von den Verpflichtungen der Richtlinie 92/50 – Unterlassen eines nationalen Nachprüfungsverfahren nach dem EuGH nicht erheblich – Zuständigkeit der Kommission zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahren auch bei Verträgen, gegen die national kein Rechtsbehelf infolge Fristablaufs mehr eingelegt werden könne, weil die entsprechenden Fristen abgelaufen seien – so schon frühere Entscheidungen des EuGH.
EuGH, Urt. v. 28.1.2010 – C-406/08 – Hämostatika - Richtlinie 89/665/- EWG - Frist für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens unklar in nationalen Vorschriften – in Deutschland, soweit ersichtlich, nicht relevant.
EuGH, Urt. v. 28.1.2010 – C-456/08 – SIAC – Komm../.Irland - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 93/37/EWG – Öffentliche Bauaufträge – Bekanntgabe von Entscheidungen bezüglich der Auftragsvergabe an die Bewerber und Bieter – Richtlinie 89/665/EWG – Nachprüfungsverfahren im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge – Frist für den Nachprüfungsantrag – Fristbeginn – Urteilstenor: Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Irland hat dadurch, dass – die National Roads Authority dem nicht berücksichtigten Bieter ihre Entscheidung zur Vergabe des Auftrags für die Planung, den Bau, die Finanzierung und den Betrieb der Westumgehung von Dundalk nicht mitgeteilt hat und – Order 84A(4) der Rules of the Superior Courts in der Fassung des Statutory Instrument Nr. 374/1998 beibehalten worden ist, soweit sie zu einer Ungewissheit darüber führt, gegen welche Entscheidung der Rechtsbehelf zu richten ist und wie die Fristen für die Einreichung des Rechtsbehelfs zu bestimmen sind, gegen seine Verpflichtungen – hinsichtlich der ersten Rüge – aus Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 geänderten Fassung sowie Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 geänderten Fassung und – hinsichtlich der zweiten Rüge – aus Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 92/50 geänderten Fassung verstoßen.
EuGH, Urt. v. 12.11.2009 - C-199/07 – ZfBR 2010, 98 = NZBau 2010, 120 = VergabeR 2010, 203 - Studie über Bauvorhaben und elektromechanische Arbeiten im Rahmen der Errichtung einer Bahnstation - Vertragsverletzung (Griechenland) – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 93/38/EWG – Zulässigkeit der Klage - Vergabebekanntmachung – Kriterien für automatischen Ausschluss – strikte Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien nicht beachtet – Tenor - 1. Die Hellenische Republik hat zum einen wegen des in Abschnitt III Nr. 2.1.3 Buchst. b Abs. 2 der am 16. Oktober 2003 von der ERGA OSE AE veröffentlichten Vergabebekanntmachung mit den Nrn. 2003/S 205?185214 und 2003/S 206?186119 vorgesehenen Ausschlusses von ausländischen Beratungsfirmen und Beratern, die in den sechs Monaten vor der Bekundung ihres Interesses an der Teilnahme an dem in der streitigen Vergabebekanntmachung genannten Wettbewerb ihr Interesse an der Teilnahme an Ausschreibungsverfahren der ERGA OSE AE bekundet und Qualifikationen angegeben haben, die anderen als den im vorliegenden Wettbewerb verlangten Zeugniskategorien entsprechen, und zum anderen wegen der fehlenden Unterscheidung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien in Abschnitt IV Nr. 2 dieser Vergabebekanntmachung gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 4 Abs. 2 und 34 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor verstoßen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Hellenische Republik tragen jeweils ihre eigenen Kosten. Hinweise: Die Entscheidung befasst sich zunächst mit der Frage der Zulässigkeit der Klage. Wiederum stellt der EuGH fest, dass vorgängige nationale Überprüfungsverfahren nicht dazu führen, dass die EU-Kommission Verstöße nicht aufgreift. Insofern führen die in § 101b GWB enthaltenen Grundsätze (z. B. Ausschlussfrist) nicht dazu, dass die Kommission nicht vor dem EuGH Klage erheben kann. Daneben enthält das Urteil des EuGH wiederum wichtige Hinweise in der Frage, wie Eignungs- und Zuschlagskriterien von einander abzugrenzen sind. Insofern ist größte Vorsicht geboten, z. B. die fachliche Eignung (vorgängige Stufe vor der Zuschlagswertung) in die Zuschlagskriterien aufzunehmen. Es wird immer kritischer, Preis und daneben weitere Kriterien mit Punktewertung etc. zu konzipieren, die nicht beanstandet werden können. Ferner ist zu fragen, wie sich die unterlassene Rüge (§ 107 III GWB) auswirkt, was allerdings nicht Gegenstand der Entscheidung war – Entscheidung s. Anhang – VOLaktuell 1/2010
EuGH, Urt. v. 29.10.2009 – C-536/07 – ZfBR 2010, 178 = VergabeR 2010, 188 m. Anm. v. Losch , Alexandra = www.curia.eu - Messebau und Vermietung Köln - „Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Öffentliche Bauaufträge – Richtlinie 93/37/EWG – Vertrag zwischen einer Körperschaft öffentlichen Rechts und einem privaten Unternehmen über die Vermietung von Messehallen, die das Unternehmen zu errichten hat, an die Körperschaft – Vergütung des privaten Unternehmens durch monatliche Mietzahlungen über einen Zeitraum von 30 Jahren" – Urteil: „1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 in Verbindung mit Art. 11 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) verstoßen hat, dass die Stadt Köln mit der Grundstücksgesellschaft Köln Messe 15 bis 18 GbR, jetzt Grundstücksgesellschaft Köln Messe 8?11 GbR (im Folgenden: GKM-GbR) am 6. August 2004 einen Vertrag mit der Bezeichnung „Mietvertrag über die Anmietung eines Grundstücks mit vier Messehallen" geschlossen hat, ohne ein Vergabeverfahren mit europaweiter Ausschreibung nach den genannten Bestimmungen durchzuführen."
EuGH, Urt. v. 15.10.2009 - C-138/08 – NZBau 2010, 59 = VergabeR 2010, VergabeR 2010, 196, m. Anm. v. Steiff, Jacob – Ungarn - Hochtief AG etc. – Bauauftrag - Interessenbekundungsverfahren – Auswahl und Fortsetzung des Verfahrens mit zwei „als geeignet" eingestuften Bewerbern – Verhandlungsverfahren – Entscheidung über Vorlagefragen liegt bei nationalen Gerichten, nicht bei den Parteien - Mindestanzahl geeigneter Bewerber für Verhandlungsverfahren unter Mindestgrenze (3) – dennoch Fortsetzung des Verhandlungsverfahrens möglich – bereits VOLaktuell 11/2009
BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - X ZB 8/09 – NZBau 2010, 124 = VergabeR 2010, 210, m. Anm. v. Greb, Klaus - Endoskopiesystem – Verhandlungsverfahren und Vergabeüberprüfungsverfahren – Antragsbefugnis – Voraussetzungen des Verhandlungsverfahrens – Leistungsbeschreibung - Aufhebung (einschränkende Auslegung des § 26 Nr. 1 d) VOL/A – kein Anspruch des Bieters auf Aufhebung) - Beschwerdefrist – Zustellung per Fax („vorab") ersetzt erforderliche förmliche Zustellung grundsätzlich nicht (anders bei Eindeutigkeit – „drohender Schaden" – Verschlechterung durch Verhandlungsverfahren – eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung im entschiedenen Fall möglich – Bewertungsmatrix – Zuschlagssperre – Zuschlagsverbot - §§ 101 VI 1, 107 Abs. 2 Satz 2, 117 Abs. 1 GWB, § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b), 26 Nr. 1 d) VOL/A – Leitsätze: - a) Die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB wird nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass die Vergabekammer eine Beschlussabschrift "vorab" per Telefax übersendet, wenn für den Empfänger zu erkennen ist, dass die Übermittlung per Telefax nur zur Information und nicht zum Zwecke der Zustellung erfolgt. - b) Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn zu Unrecht das Verhandlungsverfahren statt des offenen Verfahrens gewählt worden ist, deshalb das Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. - c) Zur Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens nach § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006 – Entscheidung s.u. Anlage 1
BGH, Urt. v. 26.11.2009 - VII ZR 131/08 – Brücke BAB A 6 - NZBau 2010, 102 - Folgen für Vergütung bei Änderung des Baubeginns durch Zeitablauf – „Verschobener Zuschlag IV” – §§ 2 Nr. 5 VOB/B, § 19 Nr. 3 VOB/A, § 148 BGB – Baubeginn einvernehmlich verschoben – keine Regelung der Vergütung – Anpassung in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VOB/B – Klage grundsätzlich erfolgreich - hierzu zuletzt Leinemann, Ralf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko, NJW 2010, 471
BGH, Urt. v. 10.9.2009 – VII ZR 82//08 – NJW 2010, 519 – Sanierung Braunkohletageflächen - Zuschlagsverspätung nach Verlängerung der Bindefristen- VOB/A - Angebot nach einverständlicher Bindefristverlängerung und darauf basierendem verspäteten Zuschlag – keine Vergütungserhöhung trotz Veränderung der Kalkulationsgrundlagen (BGH NJW 2009, 2443 = NZBau 2009, 370 = BauR 2009, 1131 – Kalkulationsgrundlagen keine Geschäftsgrundlage der später geschlossenen Verträge - §§ 133, 157, 313 BGB - § 2 Nr. 5 VOB/B - § 126 GWB – Schadensersatzanspruch bei missbräuchlich initiiertem Nachprüfungsverfahren durch Bieter – Klage auf Preiserhöhung abgewiesen - hierzu zuletzt Leinemann, Ralf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko, NJW 2010, 471
BGH, Urt. v. 10.9.2009 – VII ZR 152/08 – NJW 2010, 522 – Ausbau BAB 1 – Zuschlagstermin und Arbeitsbeginn 12 Tage danach – verspäteter Zuschlag und Mehrvergütung nicht allein infolge der Änderung der Kalkulationsgrundlagen - Voraussetzungen des § 2 Nr. 5 VOB/B (Änderung der Leistungspflichten) – kein Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB – analoge Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B – Klage grundsätzlich erfolgreich - hierzu zuletzt Leinemann, Ralf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko, NJW 2010, 471
BGH, Urt. v. 10.9.2009 – VII ZR 255/08 – NJW 2010, 527 - Tieferlegung von Bahnanlagen – Stahlpreiserhöhung - mehrfache zeitlich verschobener Zuschlag im Verhandlungsverfahren nach § 3b Nr. 1 c VOB/A (2002) – Verhandlungen zulässig, das Verhandlungsverfahren (vgl. § 24 VOL/A) – Modifizierungen ders Angebots – Abgabe eines ergänzenden Angebots ohne Abschluss – Zusage über zusätzliche Vergütung wegen Beschleunigungsmaßnahmen – Ankündigung von stahlpreisabhängiger Mehrkosten durch Auftragnehmer nicht relevant – Auslegung der Erklärungen im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen – keine Regelungslücke – keine Preisanpassung – Klage auf Mehrkosten nicht erfolgreich - §§133, 157, 313 BGB, 3b I Nr. 1c VOB/A, 2 Nr. 5 VOB/A - hierzu zuletzt Leinemann, Ralf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko, NJW 2010, 471
BGH, Urt. v. 11.5.2009 — VII ZR 11/08 – VergabeR 2009, 595 m. Anm. v. Dobmann, Volker = NJW 2009, 2443 = NZBau 2009, 370 = BauR 2009, 1131 - Verzögerung des Zuschlags - Überholung der Vertragsfristen – Nachverhandlungsverbot – Vertragsauslegung – Mehrvergütung – hierzu zuletzt Leinemann, Ralf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko, NJW 2010, 471
BGH, Beschl. v. 29. 9. 2009 - X ZB 1/09 – NZBau 2010,129 = ZfBR 2010, 193 - §§ 15a I, II 3. Alt., VV Vorb. 3 IV - § 124 II GWB entsprechend – Vorlagepflicht auch bei Beschwerden im Kostenfestsetzungsverfahren - § 3 IV RVG ist anzuwenden - Gebührenanrechnung im Nachprüfungsverfahren hierzu zuletzt Leinemann, Ralf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko, NJW 2010, 471
KG Berlin, Beschl. v. 28.9.2009 – 2 Verg 8/09 – VergabeR 2010, 289, m. Anm. v. Goede, Matthias – Schulverpflegung - §§ 107 III, 114 I, 117, 118 II, 123 II GWB, 25a Nr. 2, 26 VOL/A – Zulässigkeit der Beschwerde – Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – keine besondere Anforderungen der Beschwerde über Rechtsschutzziel hinaus – keine Erforderlichkeit eines konkreten Beschwerdeantrags – formale Anforderungen an Beschwerdeschrift des § 117 GWB (lediglich Vortrag streitiger Tatsachen, Widerspruch zur Vergabekammer in Rechtsfragen – ausreichend für Begründungspflicht) – Bietergemeinschaft als Antragsteller – Rechtzeitigkeit der konkreten Rüge nach § 107 III GWB – Berücksichtigung nur der Kriterien, die sich in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen finden (§ 25a Nr. 1 II VOL/A) – (Kriterien. Preis und „Qualität" des Essens – abhängig von Einschätzung des „Probeessens" der Vertreter von Schule, Lehrerschaft, Eltern und Schülern entsprechend bekannt gemachter Kriterien, an denen festzuhalten ist – Neubesetzung der Essenskommission, erneute Durchführung des Probeessens und Bewertung der Angebote auf dieser Grundlage („Befangenheit der Erstkommission") – keine Verwirkung, kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers
KG Berlin , Beschl. v. 31. 8.2009 —2 Verg 6/09 – VergabeR 2010, 112, m. Anm. v. Gulich = ZfBR 2010, 202 = NZBau 2010, 131 – Wartung von Beleuchtung und Verkehrsampeln – §§ 118 GWB, 17 Nr. 1 II m), 25 Nr. 1 II a) VOL/A – Eignung – Zulässigkeit der Heilung durch Modifizierung Vergabeunterlagen (Ausnahme: Ausmaß der Änderung so stark, dass „sich einzelne potenzielle Bieter allein wegen der ursprünglich strengeren Anforderungen nicht am Vergabeverfahren beteiligt haben." – fehlende Mindestzahlangabe für Referenzen in Vergabeunterlagen (ausreichend Angabe eines Referenzauftrags) – Unvollständigkeit wegen Fehlens der Namen und der beruflichen Qualifikation: zweifelhaft (Unterschiede zwischen den Anforderungen in der Bekanntmachung sowie einem Schreiben der Vergabestelle) –Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde nach Abwägung der Interessen bejaht – (nicht bereits Ausschluss wegen Unvollständigkeit wegen Unklarheiten der Unterlagen hinsichtlich Versicherungsbestätigung – auch infolge nachträglicher (zulässiger) Abmilderung der Anforderungen – ferner kein Ausmaß der Herabsetzung der Nachweise der Eignung mit der Folge dass sich bei entsprechender Kenntnis weitere Bieter am Verfahren beteiligt hätten – teilweise fehlender jährlicher Auftragswert in der Referenzliste führt nicht zur Unvollständigkeit (Vergleichbarkeit nicht ausgeschlossen) – keine Unübersichtlichkeit der Angaben – kein Ausschluss wegen Unvollständigkeit infolge fehlender Angabe der Namen und der beruflichen Qualifikation wegen Fehlens dieser Anforderung im Anschreiben (Aufforderung zur Angebotsabgabe) – Unverzüglichkeit der Rüge (Rechtsberatung) – überwiegend Wahrscheinlichkeit des Nachprüfungsantrags – Hinweise: Die „summarische" Entscheidung des KG, aaO, ist mit Blick auf die diversen Unklarheiten der Äußerungen der Vergabestelle vertretbar und wohl auch geboten. Allerdings ist das Argument, dass potenzielle Bieter durch Anforderungen von einer Teilnahme abgeschreckt werden könnten, nicht zutreffend, wenn es auch immer wieder in der Rechtsprechung anzutreffen ist (OLG Frankfurt/M etc.). Zum einen haben die Betroffenen es immer in der Hand, Verstöße zu rügen oder aber die Angebotsabgabe zu unterlassen. Zum anderen dürfte es schwierig sein, das „Ausmaß" eines Verstoßes festzulegen, das zu einer Nichtteilnahme führt. Ferner steht bekanntlich den Vergabestellen die Möglichkeit der „Heilung" von Verstößen offen, wenn gerügt wird. Auch dies ist jedenfalls einem durchschnittlichen Bewerber bekannt. Die Entscheidung zeigt im Übrigen sehr deutlich auf, wie sich Unstimmigkeiten von Bekanntmachung und Verdingungsunterlagen auswirken, ferner welche Folgen sich ergeben, wenn darüber hinaus nach der Einholung von Auskünften die entsprechenden Informationen wiederum nicht eindeutig sind. Unklarheiten und Widersprüche sollten darum durch eine entsprechende Prüfung der Verfahrensunterlagen eindeutig ausgeschlossen werden.
OLG Celle, Beschl. v. 3.12.2009 – 13 Verg 14/09 – VergabeR 2010, 230, m. Anm. v. Otting, Olaf – Großleitstelle der Polizei – Nichtoffenes Verfahren mit Teilnahmewettbewerb – Einwand der Vergabefreiheit durch Vergabestelle erstmals im Nachprüfungsverfahren - Berufung auf § 100 Ii d) 2. Alt. GWB – Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer und Ablehnung der Zurückverweisung an die Vergabekammer – Auftrag erfordert zwar besondere Sicherheitsmaßnahmen, erforderlich allerdings eine Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen des Staates und den Interessen des Bieters – „Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin statthaft. Die Voraussetzungen des §100 Abs.2 lit.d GWB sind vorliegend nicht gegeben. 1. Der Senat folgt der Vergabekammer darin, dass vorliegend die Voraussetzungen des §100 Abs.2 lit. d 1. Alt. GWB nicht erfüllt sind. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen der Vergabekammer in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Auch der Antragsgegner beruft sich nicht darauf, dass die Voraussetzungen dieser Norm vorliegend gegeben sind. 2. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer liegen aber auch die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d 2. Alt. GWB nicht vor. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift gilt der 4. Teil des GWB nicht für Aufträge, deren Ausführung nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert. a) Allerdings erfordert der von dem Antragsgegner ausgeschriebene Auftrag nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland besondere Sicherheitsmaßnahmen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die entsprechenden Ausführungen der Vergabekammer in dem angefochtenen Beschluss. Dass diese Voraussetzungen als solche gegeben sind, nimmt auch die Antragstellerin nicht in Abrede. b) Über ihren Wortlaut hinaus erfordert die Vorschrift des §100 Abs.2 lit.d 2. Alt. GWB eine Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen des Antragsgegners und den Interessen des Bieters an der Durchführung eines förmlichen und mit subjektivem Rechtsschutz ausgestatteten Vergabeverfahrens. Von der Durchführung eines Vergabeverfahrens abzusehen, kommt danach nur in Betracht, wenn die gerade durch die Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu besorgende Beeinträchtigung der staatlichen Sicherheitsbelange so schwerwiegend ist, dass demgegenüber die Bieterinteressen an einem förmlichen und mit subjektivem Rechtsschutz ausgestatteten Vergabeverfahren zurückzutreten haben ……. Auch in einem Fall, in dem die Sicherheitsbelange des Antragsgegners dem Grunde nach schwerer wiegen als die Bieterinteressen, hat der öffentliche Antragsgegner allerdings diejenige Art der Vergabe zu wählen, die die geringstmöglichen Einschränkungen für die Bieter mit sich bringt, gleichwohl aber das staatliche Sicherheitsinteresse wahrt …. aa) Von einem Teil der Literatur sowie der Vergabekammern wird ein Verständnis des § 100 Abs. 2 lit. d 2. Alt. GWB in dem eben genannten Sinn abgelehnt. § 100 Abs. 2 lit. d 2. Alt. GWB biete im Gegensatz zur 3. Alternative dieser Vorschrift schon vom Wortlaut her keinen Raum für eine Abwägung …. bb) Der Senat hält die genannte Auffassung des OLG Düsseldorf für zutreffend und schließt sich ihr an. Allerdings ist der Gegenauffassung zuzugestehen, dass allein dem Wortlaut der Norm das Erfordernis einer Abwägung nicht zu entnehmen ist. Jedoch gebieten dies Sinn und Zweck der Vorschrift des §100 Abs.2 lit.d 2. Alt. GWB: In dem Fall, dass die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d 2. Alt. GWB gegeben sind, finden der 4. Teil des GWB und mithin die Bestimmungen über das Nachprüfungsverfahren keine Anwendung. Der Auftrag als solcher wird allerdings — zwangsläufig — auch in einem solchen Fall vergeben; er wird lediglich nicht öffentlich ausgeschrieben. Dem gemäß kann die Notwendigkeit, von dem Erfordernis, den Auftrag öffentlich auszuschreiben, abzusehen, nicht bereits dann bejaht werden, wenn nur die Ausführung des Auftrags besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Denn diese findet, wie ausgeführt, in jedem Fall statt. Ein Grund, von einem Vergabeverfahren abzusehen, kann vielmehr nur dann bestehen, wenn zusätzlich gerade durch die Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung staatlicher Sicherheitsinteressen droht. Nur eine solche Auslegung der Vorschrift des §100 Abs.2 lit.d 2. Alt. GWB dürfte im Übrigen auch europarechtskonform sein. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind nämlich derartige Ausnahmen von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der im Vertrag niedergelegten Rechte im Bereich der öffentlichen Aufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen…..cc) Dass die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall vorliegend gegeben sind, hat der - insoweit darlegungs- und beweispflichtige - Antragsgegner nicht hinreichend dargelegt. (1) Wie bereits oben ausgeführt, kann von einem überwiegenden Interesse des öffentlichen Auftraggebers, ein Vergabeverfahren nicht durchzuführen, nur dann ausgegangen werden, wenn den Gefahren für die Sicherheitsbelange des Staates, die im Falle einer Ausschreibung des Auftrages drohen, auch nicht durch eine hierauf ausgerichtete Ausgestaltung des Vergabeverfahrens und de konkreten Ausschreibung entgegengewirkt werden kann." Vgl. insofern OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.9.2009 - VII-Verg 12/09 - ; ferner. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 — VII-Verg 61/02; auch Vergabekammer Bund, Beschl. v. 30.5.2008 — Vk 1- 48/08 ; Beschl. v. 12.12.2006 - VK 1-136/06 - ; VK Bund, Beschluss v. 3.2.2006 - VK 1-01/06 - ; im Übrigen EuGH, Urt. v. 2.10.2008 –C-157/06 – sowie Urt. v. 8.4. 2008 - 0-337/05 – s. auch die Anm. v. Otting, aaO.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14. 10.2009 — Verg 9/09 – VergabeR 2010, 277, m. Anm. v. Herrmann, Alexander – Drehstrom-Trockentransformatoren - §§ 107 III, 113 GWB, 133 BGB, 21 II Nr. 1, 9 Nr. 10, 21, 24, 25, 26 VOB/A – erneute Wertung – Leistungsbeschreibung nicht produktneutral – Zurückversetzung in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe – beeinigtes Leistungsverzeichnis – Rüge – Kenntnis erst im Nachprüfungsverfahren (keine Rüge mehr erforderlich) – Ausschluss wegen unzulässiger Änderungen der Leistungsbeschreibung – Abänderung in unzulässigen Nachverhandlungen nicht zulässig – Auslegung des Angebots – Ausschlussgründe des § 25 Nr. 1 VOL/A und VOB/A: restriktiv – Geheimhaltung – Absprache – Nichterweislichkeit wettbewerbswidrigen Verhaltens – kein Ausschluss des Angebots des Antragstellers wegen fehlender Typenangaben wegen nicht produktneutraler gerügter keine Aufhebung, sondern erneute Wertung
OLG Dresden, Beschl. v. 8.10.2009 – Wverg 5/09 – VergabeR 2010, 226, m. Anm. v. Meißner, Barbara (vgl. hierzu auch Losch, Alexandra, VergabeR 2010, 163 – Kita-Essen als Dienstleistungskonzession – Unzulässigkeit des Antrags - § 99 IV GWB – „1. Die von der Antragsgegnerin beabsichtigten Verträge beinhalten Dienstleistungskonzessionen. Dienstleistungskonzessionen sind der Nachprüfung nach Maßgabe der §§ 102 ff. GWB entzogen. [1]. Denn es handelt sich bei ihnen nicht um Dienstleistungsaufträge i. S. der Richtlinie 2004/18/ EG und des § 99 Abs. 4 GWB. Art.1 Abs.4 der Richtlinie 2004/18/EG definiert Dienstleistungskonzessionen als Verträge, die von Öffentlichen Dienstleistungsaufträgen (nur) insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Für eine Dienstleistungskonzessionen ist danach eine Lage kennzeichnend, in der ein Auftraggeber ein Recht zur Nutzung einer bestimmten Dienstleistung an einen Konzessionär überträgt, wobei der Letztere im Rahmen des geschlossenen Vertrages über eine bestimmte wirtschaftliche Freiheit verfügt, um die Bedingungen zur Nutzung dieses Rechtes zu bestimmen und somit parallel dazu weitgehend den mit dieser Nutzung verbundenen Risiken ausgesetzt ist [2]. Ein Öffentlicher Dienstleistungsauftrag ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass die Gegenleistung von dem Öffentlichen Auftraggeber unmittelbar an den Dienstleistungserbringer gezahlt wird [3]. Wird die Zahlung von einem Dritten erbracht, so bringt dies mit sich, dass der Dienstleistungserbringer das Betriebsrisiko der fraglichen Dienstleistung übernimmt. Bei Abschluss eines Vertrages entsprechend den Entwürfen in ihrer letzten Fassung erlangt der Dienstleister nur das Recht, die Essensversorgung für bestimmte Kindertagesstätten und Schulen zu übernehmen. Er hat gemäß §5 Nr.5 der Vertragsentwürfe mit den Sorgeberechtigten der Kinder privatrechtliche Verträge abzuschließen. Von den Sorgeberechtigten und nur von ihnen erhält er die Gegenleistung für die Zubereitung und Lieferung des Essens. Die Antragsgegnerin als Öffentliche Auftraggeberin ist damit nicht Schuldnerin des Vergütungsanspruches. Bei der hiernach gegebenen Sachlage sind alle Voraussetzungen erfüllt, die das Vertragsverhältnis als Dienstleistungskonzession erscheinen lassen. Dies gilt erkennbar nicht nur für den Umstand, dass die Leistungserbringer die Gegenleistung von dritter Seite erhalten. Vielmehr sind sie auch mit dem Betriebsrisiko behaftet. Allerdings ist der Antragsteller auch bei der vormaligen Vertragsgestaltung, bei der er sein Entgelt von der Antragsgegnerin erhielt, dem Risiko des Absatzes der von ihm angebotenen Speisen ausgesetzt gewesen. Denn es blieb und bleibt den Sorgeberechtigten unbenommen, das (Essens-)Angebot des Antragstellers anzunehmen oder abzulehnen. Da der Umfang des ausgereichten Essens da rüber entscheidet, in welcher Höhe der Leistungserbringer Umsätze macht, war auch sein Ertrag seit jeher eine variable Größe. Daran vermag weder die dem Leistungserbringer eingeräumte faktische Monopolstellung noch der Umstand etwas zu ändern, dass die Portionspreise fest vorgegeben sind. Aus der Monopolstellung folgt lediglich, dass es an der Konkurrenz anderer Anbieter fehlt, nicht aber, dass die Sorgeberechtigten das Speisenangebot auch tatsächlich annehmen. Die Festpreise verstärken das Ertragsrisiko sogar noch. Denn sie nehmen dem Leistungserbringer die Möglichkeit, auf einen als unzureichend empfundenen Umsatz durch Preisveränderungen flexibel zu reagieren und so etwa die Attraktivität seines Angebots für die Sorgeberechtigten zu erhöhen. Zugleich trägt er das Risiko von Preissteigerungen beim Einkauf seiner Waren und bei der Herstellung des Essens. Zu dem vorbezeichneten Risiko ist als Folge der nunmehr beabsichtigten Vertragsgestaltung (nur) noch das Risiko hinzugekommen die Forderung bei den Sorgeberechtigten als neuen Leistungsschuldnern nicht beitreiben zu können. Das hindert die Annahme einer Dienstleistungskonzession aber nicht. Denn für diese kommt es bei im Übrigen unveränderter Risikolage nur darauf an, von wem der Leistungserbring0r seine Gegenleistung erhält. Sind dies Dritte und nicht der öffentliche Auftraggeber, so liegt eine Dienstleistungskonzessionen auch dann vor, wenn sich das Betriebsrisiko nicht oder nicht wesentlich verändert hat, solange nur der Betreiber der Gefahr einer gewinnbringenden Verwertung seiner Leistung ausgesetzt ist. So verhält es sich nach dem oben Gesagten hier. Der Leistungserbringer verfügt auch über das notwendige Maß an Wirtschaftlicher Freiheit, um die Bedingungen zur Nutzung seiner Leistung zu bestimmen. Denn er kann durch ein gutes Speisenangebot und durch einen effiziente,, Einsatz der Mittel zur Essensherstellung durchaus maßgeblich Einfluss auf die Zahl seiner Kunden nehmen. Der Senat vermag in der von der Antragsgegnerin beabsichtigten Änderung der Vertragsgestaltung - weg vom Dienstleistungsauftrag und hin zur Dienstleistungskonzessionen - auch keine unzulässige Umgehung vergaberechtlicher Regelungen zu sehen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin lediglich von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht, die Essensversorgung rechtlich anders zu gestalten…"
OLG Frankfurt, Beschl. v. 2009 — Verg 2/09 – VergabeR 2009, 964 = NZBau 2010, 134 - Türdrückergarnituren - §§ 21 II Nr. 1, 24, 25 Ib) Nr. 1 VOB/A – zwingender Ausschluss (BGH NZBau 2003, 293) - fehlende/unzutreffende Typenangaben - Änderung der Verdingungsunterlagen – keine Pflicht zum Aufklärungsgespräch für Auftraggeber – Antragsbefugnis - Angebotsausschluss bei unklaren Typenangaben – Grenzen der Aufklärung - - vgl. auch OLG Frankfurt ZfBR 2004, 292 – Angebotsausschluss bei fehlenden Herstellerangaben; auch Maier NZBau 2005, 374.
OLG Jena, Beschl. v. 11.12.2009 – 9 Verg 2/08 - Vergabe von Dienstleistungen für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung - Dienstleistungskonzession oder Dienstleistungsauftrag – öffentlich-rechtliche Zulässigkeit der Übertragung der Dienstleistung als Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand auf Dritte – OLG Jena nimmt Dienstkonzession an (im Anschluss an Rechtsprechung des EuGH)
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27. 7.2009 — 15 Verg 3/09 – VergabeR 2010, 96, m. teils krit. Anm. v. Hartung = ZfBR 2010, 196 – Sanierung Laborgebäude – Beanstandung der Aufhebung der Ausschreibung und des nachfolgend eingeleiteten Verhandlungsverfahrens – Aufhebung wegen unangemessen hoher Preise nach § 25 Nr. 3 VOB/A – Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde – Antragsbefugnis – Darlegungs- und Beweislast für die Aufhebung: Auftraggeber - Ermittlung des angemessenen Preises auf Grund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls – Aufhebung berechtigt: infolge eines Abstands von 16 bis 18 % über dem Durchschnittswert der zum Vergleich herangezogenen Angebote aus dem Verhandlungsverfahren – wirksame Aufhebung lässt nachfolgendes Verhandlungsverfahren zu – vgl. hierzu auch OLG Koblenz, Beschl. v. 23.12.2004 – 1 Verg 8/03 - VergabeR 2004, 2244, 264 – Hinweis: So verständlich es ist, dass Bieter sich in einer guten Situation befinden, gegen eine Aufhebung vorgehen, so ist es doch zu empfehlen, von einer Überprüfung der Aufhebung abzusehen, sofern das eigene Angebot sich vom Durchschnittswert 10 % und mehr entfernt. Zwar zeigt die Entscheidung des OLG Karlsruhe, aaO, wie schwierig es für den Auftraggeber ist, die „Unangemessenheit" des Preises zu belegen (Marktpreis? Durchschnittspreis? Eigene Schätzung? Etc.). Aber letztlich ist doch zu beachten, dass kein Auftraggeber den Zuschlag verweigern wird, der auf einem noch vertretbaren Preis beruht. Schließlich führt jede Aufhebung dazu, dass Zeitverluste und häufig auch Preissteigerungen anzutreffen sind. Wichtig erscheint freilich, dass gerade auch im Baubereich fachlich richtige Schätzungen nach aller Erfahrung möglich sind, die dann die entsprechenden Anhaltspunkte für die Beurteilung der Angebotspreise – neben den Preisspannen – ergeben. Schließlich sind jedenfalls bei größeren Aufträgen bereits haushaltsrechtlich entsprechende Maßnahmen erforderlich sind (vgl. § 24 BHO). Auch sachverständiger Rat kann eingeholt werden. Im Bereich der VOL/A kann demgegenüber wiederum mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass die Schätzung des Auftragswerts (vgl. §§ 1 – 3 VgV) auf der Basis einer belegten Markterkundung/Marktübersicht durchzuführen ist (vgl. derzeit § 4 VOL/A – in der Neufassung der VOL/A unverständlicherweise entfallen – als Kernstück des gesamten Vergabeverfahrens). Es wäre im Übrigen mehr als interessant geworden, wenn die Aufhebung der Aufhebung erfolgt wäre. Hatte dann das Verhandlungsverfahren aufgehoben werden müssen – vom OLG Karlsruhe oder von der Verabestelle? Hätte der Antragsteller dann den Zuschlag erhalten müssen? Bekanntlich besteht kein Zuschlagszwang. Hätte statt des Verhandlungsverfahrens eine öffentliche oder beschränkte Ausschreibung erfolgen können. Insofern fragt man sich ohnehin, weshalb bei dem Auftragswert unter 5.150.000 € ein EU-Verfahren durchgeführt wurde – und im Übrigen die Vergabekammer das Verfahren wegen Nichterreichens des Schwellenwerts nicht als unzulässig abgewiesen hat.
OLG Koblenz, Beschl. v. 28. 10.2009 — 1 Verg 8/09 – VergabeR 2010, 284, m. zust. Anm. v. Reidt, Olaf – Schülerbeförderung – ÖPNV - gemeinnütziges Unternehmen mit Steuerbefreiung als Bieter: kein Ausschluss nach § 7 Nr. 6 VOL/A – kein ungewöhnliches Wagnis durch Leistungsbeschreibung mit durchschnittlicher täglicher Gesamtkilometerzahl der letzten drei Jahre sowie Anzahl der Schultage bei weiteren detaillierten Angaben – Preis je „Besetztkilometer" als taugliches Zuschlagskriterium - Steuervergünstigung und europarechtliche Beihilfe: keine Prüfung durch Auftraggeber oder Nachprüfungsbehörde, anders bei Verdacht (vgl. § 25a Nr. 2 VOL/A – kein ungewöhnlich niedriger Preis im Einzefall (Kalkulationen, „welche nach menschlichem Ermessen eine Kostendeckung gewährleisten. Einen Gewinn strebt die Beigeladene nicht an.")
OLG München, Beschl. v. 10. 9.2009 - Verg 10/09 – VergabeR 2010, 266, m. Anm. v. Willenbruch, Klaus – Restabfall etc. - §§ 25 Nr. 1, Nr. 2 VOL/A – Nachweise und Erklärungen – Vorlage von testierten Jahresabschlüssen – Unklarheiten hinsichtlich des Vorlagezeitpunktes (Bekanntmachung und Verdingungsunterlagen variieren „geringfügig") – keine zwingende Anforderung mit Angebot – Nachreichen auf Anforderung – zulässig – Vorlage der geforderten Steuerbescheinigung in unbeglaubigter Form mit Aufdruck „nur gültig im Original…." (ebenfalls kein zwingender Ausschluss infolge eindeutigen fehlenden Verlangens der Unterlage mit Angebot – Unterlassung des Nachunternehmers in Anlage D (kein Ausschluss wegen Nichtverlangens entsprechender Nachweise) – Auslegung der Verdingungsunterlagen und der Bekanntmachung: objektive Betrachtungsweise -
OLG München, Beschl. v. 27.8.2009 - Verg 4/09 – VergabeR 2010, 294 – Abfallentsorgung – Gebührenbestimmung - Anwaltsgebühren im Vergabenachprüfungsverfahren - §§ 14 I RVG, RVG-VV Nr. 2300 – angemessene Bestimmung der Gebühr – Grundlage objektiver Maßstab – überdurchschnittlich umfangreiches und schwieriges Nachprüfungsverfahren
OLG Naumburg, Beschl. v. 8.10.2009 – 1 Verg 9/09 – VergabeR 2010, 219, m. Anm. v. Deckers, Stefan – Ersatzneubau Fußballstadion – Verhandlungsverfahren mit Teilnehmerwettbewerb – Beginn des Verfahrens (ausführlich) mit Absendung der Bekanntmachung etc., nicht durch Maßnahmen der Markterkundung etc. – Rüge nach § 107 III S. 1 GWB n. F. - Eignungsnachweise (steuerliche Unbedenklichkeit des Finanzamts) – Eigenerklärung – bei ausdrücklichem Verlangen der Vorlage des Originals Kopievorlage nicht ausreichend – zwingender Ausschluss wegen Unvollständigkeit - §§ 107 III, 118 I, 131 VIII GWB n. F., 2,3, 23 VgV 16 II, 17, 17a VOB/A
Vergabekammer Bund, Beschluss vom 12.11.2009 – VK 3-193/0926 – Hilfsmittel – Krankenkasse - Ausschreibungspflicht für Hilfsmittelverträge gemäß § 127 II 2 SGB V - Bekanntmachung auf kasseneigenen Homepage – Abschluss von Verträgen mit über 60 Leistungserbringern – Nichtigkeit nach § 101b GWB – Auflage: Durchführung des Vergabeverfahrens - gesetzliche Krankenkassen als öffentliche Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 2 GWB – Rahmenverträge über Hilfsmittel zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse öffentliche Lieferaufträge nach § 99 I, II GWB oberhalb der Schwellenwerte – richtlinienkonforme Auslegung des § 127 I, II 2 SGB V – Erforderlichkeit einer europaweiten Bekanntmachung
Vergabekammer Düsseldorf, Beschl. v. 28.1.2010 – VK-37/2009-B – Grundstücksgeschäft einer Kommune mit Auflage (Entwicklung eines Bebauungs- und Nutzungskonzepts – Abschluss eines städtebaulichen Vertrags und dessen fristgemäßer Verwirklichung - § 99 GWB, §§ 9 Nr. 2, 25a Nr. 1 VOB/A – amtliche Leitsätze: 1. Auch nach der Neufassung des § 99 GWB erfüllt die Ausschreibung eines Einzelhandelsprojekts den Tatbestand des öffentlichen Auftrags, weil das wirtschaftliche Interesse der Stadt dadurch belegt wird, dass die Übereignung der angebotenen städtischen Grundstücke deutlich unter dem Verkehrswert liegt und damit auch eine Entgeltfunktion hat. 2. Die Stadt muss zunächst die Ausschreibungsreife herstellen, bevor sie ein Vergabeverfahren einleitet. Dem Bewerber wird ein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet, wenn für ein erfolgversprechendes Angebot zwingend die Einbeziehung privater Flächen, auf die die Stadt keinen Zugriff hat, zur Voraussetzung gemacht wird. 3. Zu der Frage, wann eine Ausschreibung aufzuheben und anschließend in ein formloses Verhandlungsverfahren - unter Einbeziehung weiterer Bieter - überzuleiten ist. – „Bei dem streitgegenständlichen Beschaffungsvorgang handelt es sich um einen öffentlichen Bauauftrag gemäß § 99 Abs. 3 GWB in der Form einer Baukonzession. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, dem Vertragspartner eine Bauverpflichtung aufzuerlegen, die über die bloße Beachtung von Bauplanungsrecht hinausgeht, wobei auch die Ausführungsplanung vom Auftragnehmer übernommen werden soll. Als Gegenleistung sollen dem Vertragspartner städtische Grundstücke übereignet werden, die er anschließend zur Realisierung des Bauvorhabens und damit zur Refinanzierung nutzen kann. Nach mehrfach bestätigter Entscheidungspraxis des OLG Düsseldorf Ist es dabei nicht von Belang, dass das Eigentum am Grundstück und damit auch an den späteren Bauwerken auf den Auftragnehmer und nicht den Auftraggeber übergeht. Ebenfalls ist nicht erforderlich, dass die Baukonzession das Element einer zeitlichen Befristung aufweist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2008, Verg 37/07).Für die Einordnung als öffentlicher Bauauftrag ist es unter Zugrundlegung der vorgenannten Aussagen nicht von entscheidender Bedeutung, dass die Vorschriften in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 gegebenenfalls auf das derzeit betriebene Verhandlungsverfahren der Antragsgegnerin Anwendung finden. Das nunmehr erforderliche Merkmal gier dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommenden Bauleistung wird dadurch erfüllt, dass der Auftragnehmer die Parkkapazitäten ersetzen soll, die derzeit durch ein von den Stadtwerken der Antragsgegnerin betriebenes Parkhaus der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, Das wirtschaftliche Interesse des Antragsgegners wird dadurch belegt, dass die Obereignung der Grundstücke der Stadt und der Stadtwerke (auch) eine Entgeltfunktion hat. Der fixe Verkaufspreis von 230 Euro für die städtischen Grundstücke bzw. ca. 183 Euro für die Grundstücke der Stadtwerke (Festpreis von 885.670 Euro für 4.829 qm, Bl. 57 VA) liegt deutlich unter den vom Oberen Gutachterausschuss für diesen Bereich veröffentlichten Bodenwerten von 305 - 410 Euro (Internetveröffentlichung)."
Vergabekammer Sachsen, Beschl. v. 11.12.2009 – 1/SVK/054-09 – Antragsfrist des § 107 III S. 1 Nr., 4 GWB (Unzulässigkeit des Antrags nach Ablauf der 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung der Nichtabhilfe auf eine Rüge) – echte Rechtsbehelfsfrist (15 Kalendertage) – Richtlinie 2004/18/EG – Anhang VII Teil A (Bekanntmachung Nr. 24 „Genaue Hinweise in Bezug auf Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen…..") – Fehlende Hinweise auf Fristen etc. verhindern Fristenlauf (vgl. §§ 58 I VwGO i. V. m. 79 VwVfG: statt 15 Kalendertage die Jahresfrist nach § 79 VwVfG – vgl. hierzu Gass, Janka/Willenbruch, Klaus, Neue Fristen: Chancen und Risiken, Behördenspiegel 2/2010, S. 21 – Hinweise: Wenn diese Entscheidung der VK Sachsen zutrifft, führt dies dazu, dass in den Fällen, in denen dem Bewerber/Bieter die Nichtabhilfe der Rüge mitgeteilt wird, diese Frist von 15 Kalendertagen nicht eingreift. Das bedeutet, dass in allen Fällen der Rüge (klar als solche erkennbar und gerichtet auf mögliche Anrufung der Vergabekammer) eine Rechtsbehelfsbelehrung vorgesehen werden muss. Bei de-facto-Vergaben muss im übrigen eine Bekanntmachung nach dem Muster der VO (EG) 1150/2009 „Auftrag fällt nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie" (gemeint ist die Richtlinie 2004/18/EG) an das Amt für amtliche Bekanntmachungen (Luxemburg) gesendet werden, wenn man in Zweifelsfällen (Vergabepflicht? Vergabefreiheit?) von § 101b II Satz 2 GWB (Feststellung der Unwirksamkeit innerhalb von 30 Kalendertagen) profitieren will.
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Diringer, Julia, Die Beteiligung sog. Projektanten am Vergabeverfahren, VergabeR 2010, 361
Fliss, Michael, Keine Erweiterung der Haftung des Betriebsinhabers beim Betriebsübergang anlässlich Vergabeverfahrens (BGH NZA 2009, 848 = NJW 2010, 539 L)
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Kerkmann, Anja, Die Übertragung der Pflicht zur Beseitigung von tierischen Nebenprodukten nach § 3 Abs.2 TierNebG - ein vergaberechtliches Problem? VergabeR 2010, 181
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Leinemann, Ralf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko, NJW 2010, 471
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Lux, Johannes, Bietergemeinschaften im Schnittfeld von Gesellschafts- und Vergaberecht, 2009, Nomos-Verlag
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Trautner, Wolfgang/Schäffer, Sarina: Privat — und doch öffentlicher Auftraggeber? Zur Anwendung des Vergaberechts auf private Ersatzschulen, VergabeR 2010, 172
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Willenbruch, Klaus, Das Vergaberecht im Bereich sozialer Dienstleistungen, dargestellt am Beispiel der Schuldnerberatung, VergabeR 2010, 395
- Baurecht - Rechtsprechung
EuGH, Urt. v. 29. 10. 2009 - C-174/08 – NZBau 2010, 40 - Kein Vorsteuerabzug des Verkäufers auf eigene Bauleistungen – „NCC Construction Danmark A/S”- keine Hilfsumsätze im Bereich der Grundstücksgeschäfte – Art. 234 WG, Art. 19 II S. 2 Sechste Richtlinie 77/388/EWG
BGH, Beschl. v. 10. 9. 2009 - VII ZR 153/08 – NZBau 2010, 105 - Revisionsbeschränkung auf Aufrechnung mit Kosten im selbstständigen Beweisverfahren - § 543 ZPO
BGH, Beschl. v. 8. 10. 2009 - V ZB 84/09 – NZBau 2010, 108 = ZfBR 2010, 129 - Erkennbarkeit von Bauschäden und Gebäudemängeln als Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens - § 485 II ZPO
BGH, Urt. v. 15. 10. 2009 - IX ZR 201/08 – NZBau 2010, 103 – rückständige Lohnforderungen im Insolvenzverfahren - Kenntnis eines Bauleiters von Zahlungseinstellung des Arbeitgebers - §§ 17 II 2, 130 II InsO
BGH, Urt. v. 18. 6. 2009 - VII ZR 167/08 – NZBau 2010, 43 – „Friedhofsmauer" – Architektenhaftung – Haftpflichtversicherer des Architekten gegen Bauunternehmer Verjährungsbeginn für Ausgleichsanspruch gegen Gesamtschuldner – Entstehung mit der Begründung der Gesamtschuld – Kenntnis aller Umstände nach § 426 I BGB - §§ 426 I, 199 BGB -
BGH, Urt. v. 20. 8. 2009 - VII ZR 212/07 – NZBau 2010, 47 - – Wärmedämmverbundsystem – Leistungsteile innerhalb eines Gewerks kein in sich abgeschlossener Teil der Leistung i. S. d. § 8 Nr. 3 I 2 VOB/B (unberechtigte Entziehung des Auftrags) – unzulässige Teilkündigung des Auftraggebers: Berechtigung des Auftragnehmers zur außerordentlichen Kündigung, Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers und § 254 BGB bei Anlass des Auftragnehmers für Teilkündigung - § 16 Nr. 5 VOB/B: Unwirksamkeit nach § 307 I BGB bei fehlender Übernahme der VOB/B als Ganzes
BGH, Urt. v. 26. 11. 2009 - VII ZR 131/08 – Brücke BAB A 6 - NZBau 2010, 102 - Folgen für Vergütung bei Änderung des Baubeginns durch Zeitablauf – „Verschobener Zuschlag IV” – §§ 2 Nr. 5 VOB/B, § 19 Nr. 3 VOB/A, § 148 BGB
BGH, Urt. v. 9. 7. 2009 - VII ZR 109/08 – NZBau 2010, 45 – Dachdeckerarbeiten – Selbständigkeit der Verjährung der Ausgleichsansprüche - § 426 I BGB
OLG Brandenburg, Urt. v. 1. 7. 2009 - 4 U 168/08 – NZBau 2010, 54 (Leits.) – Annahmefrist bei Fertighauslieferungsvertrag durch den Besteller – vertragliche Bindung auch bei fehlender Festlegung des Grundstücks etc. - Kündigung eines Fertighausliefervertrags durch Besteller – Anspruchs aus § 649 2 BGB - §§ 147 II, 154 BGB
OLG Brandenburg, Urt. v. 23. 4. 2009 - 12 U 111/04 – NZBau 2010,51 – Lüftungsanlage - Änderungen der Raumaufteilung – Leistungsverweigerung des Auftragnehmers - Pauschalpreisanpassung bei funktionaler Beschreibung einer Bistroentlüftung - § 2 Nr. 2 VOB/B
OLG Celle, Urt. v. 15. 6. 2009 - 14 U 60/09 – NZBau 2010, 58 – fehlende Schlüssigkeit der Architektenhonorarforderung nach verspäteter Prüfungsrüge - § 8 I HOAI, § 242 BGB
OLG Celle, Urt. v. 19. 8. 2009 - 7 U 257/08 – NZBau 2010, 114 – Mobilfunksendeanlage – Spannringe nicht haltend – Schaden - gesamtschuldnerische Haftung von Architekt und Statiker - §§ 634 Nr. 4, 421, 254 BGB, 319 ZPO
OLG Celle, Urt. v. 29. 7. 2009 - 14 U 67/09 – NZBau 2010, 118 - Unwirksame Koppelung der Subplanerzahlung an Zahlung für Hauptplaner – AGB – Inhaltskontrolle – Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 II Nr. 1 BGB - § 641 BGB
OLG Düsseldorf, Urt. v. 14. 5. 2009 - I-5 U 131/08 – NZBau 2010, 54 – Umbau Einfamilienheim - Architektenhonorarklage mit unzureichender Angabe der anrechenbaren Kosten - §§ 8, 10 HOAI – DIN 276 (1981) – Klagabweisung hinsichtlich Restschuld
OLG Hamm, Urt. v. 8. 7. 2009 - 21 U 46/09 NZBau 2010, 109 – Glasvorbau - Optischer Mangel einer Glasfassade wegen fehlerhafter Vorarbeit eines Dritten – § 631 BGB - § 4 Nr. 3 VOB/B -
OLG Rostock, Urt. v. 11. 6. 2009 - 3 U 213/08 – NZBau 2010, 110 – Statik – Falltorträger – Mängel - Prüfpflicht des Werkunternehmers für Vorarbeiten – §§ 31 I 1, 640 II, 641 I, 254 BGB
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Hammacher, Peter, Beweislastverteilung bei Mangel der Funktionstauglichkeit, NZBau 2010, 91
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Schröer, Thomas, Mehr Öffentlichkeit in der Bauleitplanung!, NZBAU 2010, 36
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Stammkötter, Andreas, Patrick, Bauforderungssicherungsgesetz, 3. Aufl., 2009, C. F. Müller Verlag
Sterzinger, Christian, Umsatzsteuerliche Beurteilung vorzeitig aufgelöster Werkverträge, NZBAU 2010, 10
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BGH, Urt. v. 30.9.2009 – VI ZR 47/09 – NJW 2010, 294 – Wirksamkeit einer Klausel in Neuwertversicherungen (Zeitwert der versicherten Sache) §§ 305c, 307 BGB
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Berger, Klaus Peter, Für eine Reform des AGB-Rechts im Unternehmerverkehr, NJW 2010, 465
Lembke, Mark, Die Gestaltung von Vergütungsvereinbarungen, NJW 2010, 257, 321
- Schuldrecht
Skamle, Frank, Nacherfüllungsverlangen in der Berufungsinstanz (BGH NJW 2009, 2532), NJW 2010, 271
Anhang
BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - X ZB 8/09 – NZBau 2010, 124 - Endoskopiesystem - §§ 107 Abs. 2 Satz 2, 117 Abs. 1 GWB, § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A – Leitsätze: a) Die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB wird nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass die Vergabekammer eine Beschlussabschrift "vorab" per Telefax übersendet, wenn für den Empfänger zu erkennen ist, dass die Übermittlung per Telefax nur zur Information und nicht zum Zwecke der Zustellung erfolgt. b) Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn zu Unrecht das Verhandlungsverfahren statt des offenen Verfahrens gewählt worden ist, deshalb das Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. c) Zur Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens nach § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006. Gründe: 1 A. I. Die Antragstellerin vertreibt medizinische Produkte aus unterschiedlichen optischen Bereichen. Die Antragsgegnerin ist Betreiberin des Städtischen Klinikums L. . Unter dem 23. Juli 2008 schrieb die Antragsgegnerin die Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit aus. Ein bereits vorangegangenes offenes Verfahren hatte sie im Hinblick auf Rügen und ein Nachprüfungsverfahren (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2008 - 13 Verg 1/08, OLGR Celle 2008, 663) aufgehoben. 2 In der Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin werden die einzelnen gewünschten Komponenten jeweils mit vorgegebenen und weiteren Merkmalen beschrieben, über deren Vorhandensein und Beschaffenheit der Bieter Angaben zu machen hat. So heißt es beispielsweise bei der Position "01.01.004 Absaugpumpe" (gekürzt): "Allg. Merkmale - Das Gerät muss den Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG entsprechen und mit CE-Kennzeichnung versehen sein. - Das Gerät muss die EMC-Norm für Medizingeräte (IEC 60601-1-2: 2001) erfüllen, wenn es in Kombination mit CE-Zeichen gekennzeichneten MP’s erfolgt. - Erfüllt Emissionsanforderungen n. EN 55011: Gruppe , Klasse Leistungsmerkmale - Pumpentyp: - Kennzeichnung der Pumpe mit 'High Vaccuum, High Flow' gem. ISO 10079-1: ja/nein - Vakuumnennwert kPa +/. % - Vakuumleistung kPa in 10 sek - Betriebsart 'Dauerbetrieb' ja/nein wenn nein, welche ununterbrochene Betriebszeit Std - Thermoschutz des Pumpenmotors ja/nein - Verwendung von Mehrweg-/Einwegsekretbehältern/beides ? wenn Mehrwegbehälter, therm. sterilisierbar (137º C) ja/nein Techn. Merkmale - Spannungsversorgung VAC - Netzfrequenz Hz - Leistungsaufnahme VA" 3 Bereits während der Frist zur Teilnahme am Wettbewerb rügte die Antragstellerin verschiedene Punkte der Ausschreibung. Sie bemängelte insbesondere die Absicht der Antragsgegnerin, den Auftrag im Verhandlungsverfahren zu vergeben. 4 Die Antragsgegnerin half den Rügen im Wesentlichen nicht ab, sondern informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 gemäß § 13 VgV, dass die Beigeladene die höchste Punktzahl erhalten habe und ihr der Zuschlag erteilt werden solle. Daraufhin leitete die Antragstellerin das Nachprüfungsverfahren ein. 5 Die Antragsgegnerin macht geltend, sie habe nicht von vorneherein festlegen können, welche Systemkomponenten die Leistung beinhalten solle, ohne ein Unternehmen zu diskriminieren. Insoweit sei es nicht möglich gewesen, eine feste, unveränderbare Leistungsbeschreibung zu erstellen, die eine vergleichende Wertung der Angebote im Rahmen eines offenen Verfahrens ermöglicht hätte. Sie habe sich daher für ein Verhandlungsverfahren entschieden. 6 II. Die Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung L. - hat in dem angefochtenen Beschluss vom 6. März 2009 festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt sei, soweit die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots auch das von der Beigeladenen angebotene Skonto berücksichtigt habe. Im Übrigen hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Insbesondere sei die Antragstellerin durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht in ihren Rechten verletzt. 7 III. Gegen diese Zurückweisung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt weiterhin die Unzulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens und hält auch ihre weiteren Rügen aufrecht, soweit die Vergabekammer ihnen nicht stattgegeben hat. 8 Die Antragstellerin beantragt: 1. die Entscheidung der Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung L. -, Az. VgK-59/2008 vom 6. März 2009 aufzuheben, soweit der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wurde; 2. festzustellen, dass die Beschwerdeführerin (= Antragstellerin) durch die Gestaltung des Vergabeverfahrens insgesamt und nicht nur durch die Wertung des Skontos im Angebot der Beigeladenen verletzt wurde; 3. der Beschwerdegegnerin (= Antragsgegnerin) aufzugeben, das Vergabeverfahren zur "Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie" aufzuheben; 4. hilfsweise, der Beschwerdegegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts weiterzuführen; 5. hilfsweise, andere geeignete Maßnahmen zu treffen und 6. im Rahmen der das Verfahren vor der Vergabekammer betreffenden Kostenentscheidung die Hinzuziehung eines Prozess-bevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären. 9 Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladene treten diesen Anträgen entgegen. 10 Das angerufene Oberlandesgericht Celle hat mit Beschluss vom 8. April 2009 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin antragsgemäß verlängert (Bl. 79 f. GA). 11 Die Antragsgegnerin hat bereits mit Schreiben vom 7. April 2009 den Zuschlag an die Beigeladene erteilt. Sie ist der Ansicht, für den Fristbeginn sei die am 9. März 2009 erfolgte Faxübermittlung des Beschlusses vom 6. März 2009 durch die Vergabekammer maßgebend und nicht die nachfolgende Zustellung vom 11. März 2009. 12 Die Antragstellerin stellt hilfsweise für den Fall, dass dem gefolgt werden sollte, einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB. 13 Das Oberlandesgericht Celle hält die Rüge der Wahl des Verhandlungsverfahrens für zulässig und in der Sache auch für begründet, ist jedoch der Ansicht, ihr nicht stattgeben zu können, weil es damit jedenfalls von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Februar 2009 (1 Verg 4/08, ZfBR 2009, 292) abwiche. Es hat die Sache deshalb mit Beschluss vom 17. Juli 2009 (13 Verg 3/09, VergabeR 2009, 898) gemäß § 124 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. 14 B. Am 24. April 2009 ist das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts in Kraft getreten. Nach dem durch dieses Gesetz neu angefügten § 131 Abs. 8 GWB ist für das vorliegende Verfahren das Gesetz in der bis zum 24. April 2009 geltenden Fassung maßgeblich. 15 I. Die Vorlage ist zulässig. Das vorlegende Oberlandesgericht will als tragende Begründung seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde legen, dass einem Bieter regelmäßig auch dann ein Schaden durch die Verletzung von Vergabevorschriften droht, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt (vgl. auch OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2008 - 13 Verg 1/08, OLGR Celle 2008, 663; OLG München, Beschl. v. 28.4.2006 - Verg 06/06, VergabeR 2006, 914 - "Juristische Beratung"; VK Bund, Beschl. v. 19.11.2008 - VK 1-135/08, Juris; VK Sachsen, Beschl. v. 20.8.2004 - 1/SVK/067-04, Juris; VK Südbayern, Beschl. v. 25.10.2006 - Z3-3-3194-1-28, Juris). 16 Hiermit würde das vorlegende Oberlandesgericht jedenfalls von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz (Beschl. v. 4.2.2009 - 1 Verg 4/08, ZfBR 2009, 292) abweichen, weil dieses ausweislich der Ausführungen unter Ziffer V des zitierten Beschlusses den Rechtssatz anwendet, dass zur Darlegung der Antragsbefugnis im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Sachvortrag erforderlich sei, aus dem sich schlüssig und nachvollziehbar ergebe, dass die Aussichten des Antragstellers auf eine Berücksichtigung seiner Bewerbung oder die Erteilung des Zuschlags gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß beeinträchtigt worden seien, was einem Antragsteller, der sich an dem von ihm als falsch gerügten Verfahren durch Abgabe eines Gebots beteiligt habe, nicht gelingen könne. Die Weigerung der Vergabestelle, die Ausschreibung aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart - im entschiedenen Fall nationale statt europaweite Ausschreibung - aufzuheben, sei kein selbständiger Vergabeverstoß, der zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden könne (vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 12.4.2000 - Verg 1/00, BayObLGZ 2000, 109; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.7.2002 - Verg 22/02, NZBau 2002, 634; Beschl. v. 16.2.2006 - VII-Verg 6/06, IBR 2006, 356; Beschl. v. 8.5.2002 - VII-Verg 5/02, Juris; Beschl. v. 25.3.2002 - Verg 5/02, ZfBR 2002, 514; Beschl. v. 22.11.1999 - Verg 2/99, Juris; OLG Jena, Beschl. v. 8.5.2008 - 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653; VK Sachsen, Beschl. v. 11.8.2006 - 1/SVK/073-06, Juris; VK Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.1.2009 - VK-SH 18/08, Juris; Beschl. v. 28.11.2006 - VK-SH 25/06, ZfBR 2007, 206). 17 Das Oberlandesgericht Koblenz begründet seine Entscheidung, die Fortsetzungsfeststellungsklage abzuweisen, zum einen damit, dass die Klägerin nicht schlüssig dargelegt habe, dass sie durch die Wahl des falschen Verfah-rens, an dem sie sich mit einem nicht wertbaren Angebot beteiligt habe, einen Schaden erlitten habe. Zum anderen führt das Oberlandesgericht aus, dass dem Erfolg des Feststellungsantrags auch entgegenstehe, dass der ursprüngliche Nachprüfungsantrag unzulässig gewesen sei, weil der Klägerin aus den oben bereits geschilderten Gründen die Antragsbefugnis gefehlt habe. Beide Begründungen stehen gleichberechtigt nebeneinander. 18 Damit hat das Oberlandesgericht Koblenz einen Rechtssatz als tragende Begründung zugrunde gelegt, der von demjenigen Rechtssatz abweicht, den das vorlegende Oberlandesgericht Celle nunmehr anwenden möchte. Angesichts dieser Divergenz führt die Vorlage dazu, dass grundsätzlich nunmehr der Bundesgerichtshof über die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu entscheiden hat (§ 124 Abs. 2 Satz 2 GWB; BGHZ 146, 202, 205; 169, 131, 135). 19 II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 116 Abs. 2 GWB statthaft und in rechter Frist und Form eingelegt. 20 III. Das Begehren der Antragstellerin, das von der Antragsgegnerin ein-geleitete Vergabeverfahren der Nachprüfung zu unterziehen, ist ebenfalls zulässig. 21 1. Das Nachprüfungsverfahren ist nicht durch den der Beigeladenen erteilten Zuschlag erledigt. Dieser Zuschlag ist gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 115 Abs. 1 GWB nichtig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. April 2009 bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde verlängert worden (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB). Zu Unrecht meint die Antragsgegnerin, die Beschwerdefrist sei schon durch die Übersendung der angegriffenen Entscheidung per Telefax am 9. März 2009 in Lauf gesetzt worden, weshalb die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bereits zum Zeitpunkt des Zuschlags und vor Erlass des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. April 2009 beendet gewesen sei. Zwar kann eine Zustellung gemäß § 114 Abs. 3 GWB in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB, § 1 Abs. 1 NVwZG in Verbindung mit § 5 Abs. 4 VwZG auch per Telefax erfolgen. Es muss dann allerdings eindeutig sein, dass die Übermittlung per Telefax zum Zwecke der Zustellung erfolgt (Reidt, in: Reidt/Stickler/Glahs, VergR, 2. Aufl., § 114 Rdn. 70 c). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben: 22 Die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB wird nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass die Vergabekammer eine Beschlussabschrift "vorab" per Telefax übersendet, wenn für den Empfänger zu erkennen ist, dass die Übermittlung per Telefax nur zur Information und nicht zum Zwecke der Zustellung erfolgt. 23 Dem Telefax vom 9. März 2009 war zwar ein Anschreiben, nicht aber das nach § 5 Abs. 4 VwZG erforderliche Empfangsbekenntnis beigefügt (§ 5 Abs. 4 VwZG: "... kann auch auf andere Weise ... gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden."; vgl. hierzu BayObLG, Beschl. v. 10.10.2000 - Verg 5/00, VergabeR 2001, 55 ff.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.7.2000 - 2 Verg 5/00, NZBau 2000, 462, 463). Insbesondere betraf die Bitte um sofortige Bestätigung nur den Eingang des Telefax und nicht die Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses. Bei der gewünschten "sofortigen" Bestätigung konnte es daher nur um den Erhalt des Schreibens als solchen gehen. Nicht zuletzt enthielt das Telefax vom 9. März 2009 den ausdrücklichen Zusatz "Wegen der Eilbedürftigkeit erfolgt der Versand vorab per Telefax", wobei das Wort "vorab" fett gedruckt und unterstrichen war. Dies macht nach dem objektiven Empfängerhorizont nur dann Sinn, wenn der Übermittlung per Fax noch etwas nachfolgen sollte. Dies wiederum konnte ersichtlich nur die formelle Zustellung sein. Bestätigt wird diese Sicht dadurch, dass die Vorgehensweise der üblichen Handhabung bei der Vergabekammer entsprach und sämtlichen Beteiligten aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren bekannt war. 24 2. Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. 25 a) Die Antragstellerin hat ein Interesse an dem Auftrag, dessentwegen die Antragsgegnerin das zur Nachprüfung gestellte Vergabeverfahren durchführt. Dies bedarf keiner weiteren Darlegung, weil die Antragstellerin Bieterin in dem eingeleiteten Vergabeverfahren ist und bereits der Umstand der Angebotsabgabe regelmäßig das erforderliche Interesse belegt (BVerfG, Beschl. v. 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564; BGHZ 169, 131, 135). Dafür, dass im Streitfall ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist nichts er-sichtlich. Hierfür wird auch weder von der Antragsgegnerin noch von der Beigeladenen etwas dargetan. 26 b) Die weitere Voraussetzung des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB (Geltendmachung einer Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften) ist ebenfalls erfüllt. 27 Insoweit reicht es aus, dass nach der Darstellung des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Unternehmens eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, der im Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 GWB durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ermöglicht werden soll, kann die Antragsbefugnis nämlich nur einem Unternehmen fehlen, bei dem offensichtlich eine Rechtsbeeinträchtigung nicht vorliegt (BVerfG, Beschl. v. 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 566; BGHZ 169, 131, 136). Mit ihrem das Nachprüfungsverfahren einleitenden Schriftsatz hat die Antragstellerin unter anderem unter Behauptung von Tatsachen vorgebracht, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens durch die Antragsgegnerin vergabewidrig sei. Die Antragstellerin hat damit Umstände vorgetragen, die - wenn sie zutreffen - ergeben, das die Antragsgegnerin Bestimmungen über das Vergabeverfahren missachtet hat. 28 c) Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen mangelt es auch nicht an der nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlichen Darlegung, dass der Antragstellerin durch die Wahl der angeblich falschen Verfahrensart ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. 29 aa) Die Antragstellerin hat insoweit ausgeführt, dass das Vergabeverfahren in der jetzigen Form nicht weiter geführt werden könne und mithin nur eine Aufhebung und Neuausschreibung in Betracht komme. Die Antragstellerin hat ferner dargelegt, dass auf Seiten der Antragsgegnerin weiterhin ein Beschaffungsbedarf bestehe, sie selbst weiterhin Interesse an der Erteilung des Zuschlags habe, und dass sie sich deswegen an einer neuen Ausschreibung beteiligen würde. Die Absicht der Antragsgegnerin, das Vergabeverfahren in der jetzigen Form fortzuführen, nehme ihr die Chance, sich erfolgreich an der in Betracht kommenden Neuausschreibung zu beteiligen. Ihr drohe damit ein Schaden. Anhaltspunkte dafür, dass ihre Teilnahme an einer Neuausschreibung keinen Erfolg haben könnte, seien weder dargetan noch sonst ersichtlich, zumal es ihr im Rahmen einer neuen Ausschreibung freistehe, ein verbessertes Angebot einzureichen. 30 bb) Dieses Vorbringen genügt im Ergebnis den gemäß § 107 Abs. 2 GWB zu stellenden Anforderungen: 31 Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. 32 Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB bereits dargetan, wenn der Vortrag des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren (BGHZ 169, 131, 141). Ein Schaden droht bereits dann, wenn die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (vgl. BVerfG NZBau 2004, 564, 565). Das ist nicht nur der Fall, wenn dies für den Zuschlag in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zutrifft. Denn es ist die tatsächliche Erteilung des Auftrags, welche die Vermögenslage von Bietern beeinflusst, nicht der Umstand, in welchem Vergabeverfahren sie erfolgt. § 107 Abs. 2 GWB lässt auch nicht erkennen, dass für die Antragsbefugnis allein auf die Möglichkeit abzustellen sein könnte, den ausgeschriebenen Auftrag gerade in dem ein-geleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zu erhalten. Nach seinem Wortlaut muss vielmehr ganz allgemein ein (drohender) Schaden dargelegt werden, für den die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften kausal ist. Es genügt deshalb, wenn es nach dem Vorbringen des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Bieters möglich erscheint, dass er ohne den behaupteten Vergaberechtsverstoß den Bedarf, dessentwegen die Ausschreibung erfolgt ist, gegen Entgelt befriedigen kann. Das ist regelmäßig auch der Fall, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. Dass im Voraus nicht abzusehen ist, ob die darin liegende Chance eine realistische Aussicht darstellt, den Auftrag zu erhalten, und sich eine solche Chance keinesfalls zwangsläufig für den betreffenden Bieter auftun muss, ist angesichts der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unerheblich. Denn hiernach reicht schon die Möglichkeit einer Verschlechterung der Aussichten des den Nachprüfungsantrag stellenden Bieters infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften aus. 33 Eine solche Verschlechterung kommt auch im Streitfall in Betracht. Das Verhandlungsverfahren unterscheidet sich grundsätzlich vom offenen Verfahren, weil der öffentliche Auftraggeber im offenen Verfahren den Auftrag nur gemäß dem Inhalt eines der innerhalb der Angebotsfrist abgegebenen Gebote erteilen darf, während im Verhandlungsverfahren der Inhalt der Gebote jeweils verhandelbar ist. Wird das Verhandlungsverfahren zu Unrecht gewählt, ist deshalb jeder Bieter der ansonsten nicht gegebenen Gefahr ausgesetzt, im Rahmen von Nachverhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden. Bereits dies kann seine Zuschlagschancen beeinträchtigen. 34 Ob dies auch in dem vom Oberlandesgericht Koblenz einerseits und vom Kammergericht andererseits (Beschl. v. 17.10.2002 - 2 KartVerg 13/02, VergabeR 2003, 50) unterschiedlich entschiedenen Fall der Teilnahme an einer fehlerhaften, weil nur nationalen statt europaweiten Ausschreibung bejaht werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. 35 Die Antragsbefugnis kann auch nicht mit der Begründung in Zweifel gezogen werden, die Antragstellerin handele widersprüchlich, weil sie ihre Chance auf Erhalt des Auftrags in dem Verhandlungsverfahren gesucht hat, obwohl sie erkannt hat, dass für die nachgefragten Leistungen diese Verfahrensart nicht hätte gewählt werden dürfen (vgl. VK Düsseldorf, Beschl. v. 30.9.2002 - VK-26/2002-L, Juris). Die Abgabe eines Angebots ist - wie bereits erwähnt - das Mittel, das ohne weiteres das für einen Nachprüfungsantrag erforderliche Interesse am Auftrag belegt. Von einem Angebot Abstand zu nehmen, hieße außerdem, darauf vertrauen zu müssen, dass die eigene rechtliche Beurteilung, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens vergaberechtswidrig sei, auch von der zuständigen Vergabekammer bzw. den nachgeordneten Gerichten geteilt wird. Das sind in Anbetracht des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 2004 (2 BvR 2248/03, VergabeR 2004, 597) Gründe, die dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens entgegenstehen. 36 Im Übrigen hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) die Zulässigkeitsanforderungen in § 107 Abs. 3 GWB zwar dahin verschärft, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung eines Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass ein nach altem Recht zu beurteilender Nachprüfungsantrag, bei dem diese Fristenzusammenhänge nicht gewahrt sind, auch schon auf der Grundlage bisherigen Rechts als unzulässig angesehen werden könnte. 37 Da die Antragstellerin mithin antragsbefugt ist, kann offen bleiben, ob die von der Vergabekammer Düsseldorf in dem zitierten Beschluss gezogene Schlussfolgerung, dass die Wahl der Vergabeart als Vergaberechtsverstoß auch ohne eine Beanstandung durch den Antragsteller gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB von Amts wegen zu beachten sei, zutrifft. 38 3. Die Antragstellerin hat die Wahl des Verhandlungsverfahrens auch unverzüglich bei der Antragsgegnerin gerügt und ist damit ihrer Obliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen. 39 IV. Das mithin zulässige Begehren um Nachprüfung des eingeleiteten Vergabeverfahrens ist jedenfalls in Bezug auf die Rüge, das Verhandlungsverfahren sei zu Unrecht gewählt worden, begründet. 40 1. Die Antragstellerin beanstandet zu Recht, dass die Antragsgegnerin bei der Wahl des Verhandlungsverfahrens gegen § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB verstoßen habe. Diese Vorschrift schreibt öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich das offene Verfahren vor, "es sei denn, aufgrund dieses Gesetzes ist etwas anderes gestattet." Die freie Wahl zwischen den Verfahrensarten steht gemäß § 101 Abs. 6 Satz 2 GWB nur Auftraggebern zu, die "unter § 98 Nr. 4 fallen" (Tätigkeit im Bereich der Trinkwasser- oder Energieversorgung, des Verkehrs, der Telekommunikation). Zu diesen gehört die Antragsgegnerin nicht. Maßgeblich ist daher der Grundsatz in § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB. Die Voraussetzungen, unter denen in den Fällen des Satzes 1 ausnahmsweise das Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb zulässig ist, sind in § 3 a Nr. 1 Abs. 5 VOL/A 2006 geregelt, weil der auf Grund § 97 Abs. 6 GWB erlassene § 4 Abs. 1 VGV hierauf verweist. 41 2. Die Voraussetzungen des § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006, auf die sich die Antragsgegnerin allein stützt, liegen nicht vor. 42 a) Die Vorschrift beinhaltet zwei Fallgruppen, weil sie voraussetzt, dass es sich um Liefer- oder Dienstleistungsaufträge handelt, "die ihrer Natur nach oder wegen der damit verbundenen Risiken eine vorherige Festlegung eines Gesamtpreises nicht zulassen". Entscheidend ist aber in beiden Fällen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung, welches Vergabeverfahren gewählt werden kann, den zukünftigen Bietern voraussichtlich die Bildung eines Gesamtpreises nicht möglich sein wird, weil der Bedarf, den der öffentliche Auftraggeber als gegeben ansieht und deshalb ausschreiben will, dessen Kalkulation nicht zulässt. Das kommt nur in ganz besonders gelagerten Beschaffungsfällen in Betracht. Der Ausnahmecharakter ergibt sich auch daraus, dass § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006 explizit von "Ausnahmefällen" spricht. Die Vorschrift ist demnach stets so auszulegen und anzuwenden, dass ihr Anwendungsbereich nicht zur Regel wird (vgl. auch EuGH, Urt. v. 13.1.2005 - Rs. C 84/03, EWS 2005, 125, 128; Urt. v. 10.4.2003 - Rs. C 20/01, EWS 2003, 240; Urt. v. 10.3.1987 - Rs. C 199/85, Slg. 1987, 1055; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.10.2008 - VII-Verg 46/08, VergabeR 2009, 173; Beschl. v. 27.10.2004 - VII-Verg 52/04, VergabeR 2005, 252; OLG Naumburg, Beschl. v. 10.11.2003 - 1 Verg 14/03, Juris). 43 aa) Bei der ersten Fallgruppe folgt die Unmöglichkeit, den Gesamtpreis vorher festzusetzen, aus der Natur der zu liefernden Sache oder Dienstleistung. 44 Dies betrifft Fallgestaltungen, bei denen eine vorherige exakte Festlegung der zu liefernden Sachen oder der auszuführenden Dienstleistungen und/oder deren Kalkulation aufgrund von Umständen, die in der Natur des zu Beschaffenden liegen, objektiv nicht möglich ist. Ein Fall der ersten Alternative kann etwa bei Reparaturleistungen angenommen werden, bei denen das Ausmaß der erforderlichen Reparaturen erst nach Beginn der Arbeiten deutlich wird (vgl. EG-Kommission, Leitfaden zu den Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Dienstleitungsaufträge, S. 22). Die zweite Alternative kommt etwa in Betracht bei der Ausschreibung eines mobilen Systems zum Einzug von Verwarnungsgeldern, wenn die Vergütung pro Zahlungsvorgang erfolgen soll, deren Anzahl aber nicht abschätzbar ist (vgl. Kaelble in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl., § 3 a Nr. 1-3 Rdn. 117 Fn. 143 unter Hinweis auf VK Düsseldorf, Beschl. v. 13.5.2002 - VK-7/2002-L). 45 Diese Auslegung von § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006 entspricht auch den Erwägungen zu Art. 30 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 v. 30.4.2004, S. 114, dort Erwägungsgrund 31). 46 bb) Bei der zweiten Fallgruppe ist eine vorherige Festlegung der zu liefernden Sachen oder der zur erbringenden Dienstleistungen durch die Vergabestelle zwar möglich; jedoch kann die Kalkulation eines Gesamtpreises durch die Bieter aufgrund dem Auftrag immanenter Umstände nicht ohne Spekulation erfolgen, so dass es unbillig erscheint, ihre Folgen ohne weiteres allein dem Bieter aufzubürden. Zu denken ist hierbei zum Beispiel an den Bau eines Tunnels, dessen Beschaffenheit zwar im Einzelnen beschrieben werden kann, bei dem aber bereits abzusehen ist, dass die Erfüllung des Auftrags durch unbekannte geologische Gegebenheiten beeinflusst wird (vgl. EG-Kommission, Grünbuch ÖPP, KOM(2004) 327 Rdn. 24; Arrowsmith, CML Rev. 37(2000), 709, 724), oder an die Entsorgung von Altlasten eines Grundstücks (vgl. Kaelble in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl., § 3 a Nr. 1-3 Rdn. 115; Müller in Daub/Eberstein, VOL/A, § 3 a Rdn. 18), wenn verhandelt werden muss, wer das Risiko von etwaigen Zusatzkosten trägt. 47 b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist es im vorliegenden Fall möglich, im offenen Verfahren die nachgefragten Sachen und Dienstleitungen eindeutig und abschließend zu beschreiben sowie einen vorherigen Gesamtpreis festzusetzen: 48 aa) Die Vergabestelle plant den Umbau und die Erneuerung der Endoskopie eines Krankenhauses zu einem modernen Gastroenterologiezentrum. Neben der Planung der Schaffung der baulichen Voraussetzungen soll auch die medizinische Geräteausstattung dem neuesten medizinischen Stand angepasst werden. Die gesamte Medizingeräteausstattung inkl. der Aufbereitungs- und EDV-Dokumentationssysteme soll untereinander kompatibel sein. Ferner sollen Wartungsarbeiten an dem System erbracht und gebrauchte Endoskope zurück-genommen werden. 49 bb) Die Antragsgegnerin hat in ihrem Vergabevermerk vom 1. Juli 2008 ausgeführt, dass auf dem Markt verschiedene Endoskopie-Systeme vorhanden seien, die sich in ihren einzelnen Komponenten unterschieden. Jeder Hersteller verfüge über Alleinstellungsmerkmale, die nicht in Form zwingender Kriterien in das Leistungsverzeichnis aufgenommen werden könnten. Würde sich die Vergabestelle auf ein konkretes System festlegen, so würde damit auch gleichzeitig eine Festlegung auf einen Anbieter erfolgen. Die anderen Bieter könnten die Merkmale nicht erfüllen, ein Wettbewerb wäre ausgeschlossen. Eine Bieterbenachteiligung könne demnach nur dadurch ausgeschlossen werden, dass im Rahmen von Verhandlungen einzelne technische Merkmale miteinander abgewogen und in Korrelation zum Preis gesetzt werden. 50 cc) Diese Ausführungen rechtfertigen die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht. Denn im Widerspruch hierzu hat sich die Antragsgegnerin in der Lage gesehen, von vornherein ein differenziertes Leistungsverzeichnis zu erstellen, in dem die nachgefragten Leistungen im Einzelnen beschrieben sind. Dabei hat sie die Eigenschaften eines jeden ihr bekannten marktgängigen Systems in allen Einzelheiten abgebildet und zusätzlich Raum für gleichwertige Alternativen gelassen. Dadurch ergab sich zwar zwangsläufig bei den einzelnen Positionen eine Vielzahl von unterschiedlichen Eintragungsmöglichkeiten. Deshalb handelte es sich aber noch nicht um Alternativpositionen, die es dem Bieter unmöglich machten, vergleichbare und bepreiste Angebote zu machen. Für die mit der Situation des - ohnehin begrenzten - Marktes ebenfalls vertrauten Bieter war vielmehr offensichtlich, was genau die Antragsgegnerin beschaffen wollte, nämlich eines der beschriebenen auf dem Markt befindlichen Systeme. Die unterschiedlichen Funktionsparameter in den Einzelpositionen dienten lediglich der produktneutralen Beschreibung und gleichzeitig der Vorbereitung einer ausdifferenzierten Bewertungsmatrix. Dass die verschiedenen Bieter - insbesondere die Antragstellerin und die Beigeladene - unterschiedliche Endoskopiesysteme vertreiben, kann nicht ausreichen, um ein Verhandlungsverfahren zuzulassen. Denn anderenfalls könnte wegen der Produktvielfalt in den meisten Bereichen bei vielen Ausschreibungen vom Grundsatz des offenen Verfahrens abgewichen werden. Die Ausnahme würde zur Regel. 51 Es ist auch nicht ersichtlich, dass es der Antragsgegnerin in irgendeiner Weise auf die Entwicklung einer Leistung im Laufe des Verfahrens angekommen wäre. Sie wusste vielmehr sehr genau, welche Anforderungen die Endoskopiesysteme erfüllen sollten und war daher auch in der Lage, die gewünschte Leistung von Beginn des Verfahrens an konkret zu beschreiben, wie eine Zusammenschau des Leistungsverzeichnisses mit der Bewertungstabelle ergibt. Die Antragsgegnerin hat jedem möglichen Ausstattungsmerkmal einen Punktwert zugeordnet, mit der Folge, dass dasjenige Angebot gewinnen sollte, das die meisten Ausstattungsmerkmale erfüllt. Die Bieter hatten daher die Möglichkeit, unter Nennung eines vorherigen Gesamtpreises ein Produkt anzubieten, das möglichst viele der Ausstattungsmerkmale aufweist, zu denen Angaben gefordert waren. Dementsprechend ist auch den Ausschreibungsunterlagen der Antragsgegnerin genauso wie den Angebotsunterlagen der Antragstellerin zu entnehmen, dass Einzel- und Gesamtpreise angeboten werden sollten und wurden. Auf der letzten Seite des Leistungsverzeichnisses der Antragsgegnerin ist bezeichnenderweise ein freies Feld zur Eintragung der Gesamtsumme inkl. Mehrwertsteuer vorgesehen. Keiner der beteiligten Bieter hat im Übrigen erklärt, dass dies nicht möglich sei. Auch die Existenz einer für alle Angebote gültige Bewertungstabelle setzt voraus, dass sachlich vergleichbare und preislich eindeutig zu bewertende Angebote zu erwarten waren. 52 dd) Unbestritten haben auch keine Verhandlungen über die Leistung im Sinne einer "Entwicklung" stattgefunden, sondern nur über Nachbesserungen im Preis. Auch dies ist ein Indiz für das Vorliegen einer beschreibbaren Leistung und der Möglichkeit einer vorherigen Festlegung des Gesamtpreises. 53 ee) Nicht zuletzt folgt die Möglichkeit der Wahl des offenen Verfahrens auch daraus, dass die Antragsgegnerin die Neubeschaffung der streitgegenständlichen Endoskopiesysteme bereits ein Jahr zuvor im offenen Verfahren ausgeschrieben hatte und sie dieses Verfahren nicht etwa wegen der Unmöglichkeit der Bildung eines Gesamtpreises, der Komplexität der Produkte oder wegen des Eingangs ausschließlich unwertbarer Angebote aufgehoben hat, sondern wegen eines erfolgreich gerügten anderweitigen Vergaberechtsverstoßes. 54 ff) Andere Gründe, die die Wahl des Verhandlungsverfahrens rechtfertigen könnten, sind nicht aktenkundig. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin vorliegend nicht geltend gemacht hat, dass mit dem Auftrag besondere Risiken verbunden seien (vgl. § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b Fallgruppe 2) oder der Bedarf aufgrund technischer Besonderheiten nur von einem Bieter befriedigt werden könne (vgl. § 3 a Nr. 2 lit. c VOL/A). 55 V. Da die zulässige Beschwerde begründet und die Antragstellerin durch den Vergabeverstoß in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist, ist die Entscheidung der Vergabekammer im Umfang der Anfechtung (§§ 114 Abs. 2, 123 Satz 1 GWB) teilweise aufzuheben. Ferner ist auszusprechen, dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage des bisherigen, fehlerhaften Vergabeverfahrens keinen Zuschlag erteilen darf und dass die Antragstellerin durch die Gestaltung des Vergabeverfahrens als Verhandlungsverfahren verletzt wurde. 56 Obwohl unter den hier gegebenen Umständen eine Korrektur des vorgekommenen Vergabefehlers kaum ohne Aufhebung der Ausschreibung möglich sein wird, ist die Aufhebung der Ausschreibung bzw. eine Verpflichtung zu derselben (vgl. Antrag 3) nicht auszusprechen (a.A. z.B. OLG Celle im Vorlagebeschluss sowie im Beschl. v. 8.4.2004 - 13 Verg 6/04, OLGR Celle 2004, 439). Dabei kann dahinstehen, ob eine falsche Art des Vergabeverfahrens in Anbetracht des Umstands, dass dessen Wahl allein im Verantwortungsbereich des öffentlichen Auftraggebers liegt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640), überhaupt einen der schwerwiegenden Gründe bildet, die nach § 26 Nr. 1 Buchst. d VOL/A 2006 Voraussetzung für eine vergaberechtsgemäße (vgl. dazu, dass ein gemäß § 26 Nr. 1 Buchst. d VOL/A zur Aufhebung berechtigender Grund nicht bereits dann gegeben ist, wenn der Ausschreibende bei der Einleitung des Verfahrens fehlerhaft gehandelt hat, Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 150/99, NJW 2001, 3698) und deshalb für den öffentlichen Auftraggeber nicht mit Schadensersatzpflichten bedrohte Aufhebung der Ausschreibung sind, die auszusprechen oder anzuordnen gemäß § 114 Abs. 1 GWB allein in der Kompetenz der Nachprüfungsinstanzen stehen könnte. Denn § 26 VOL/A 2006 verpflichtet nicht zur Aufhebung. Die Vorschrift beinhaltet lediglich als vergaberechtliches Gebot, ein Vergabeverfahren nur aus den dort genannten Gründen aufzuheben (Sen.Beschl. v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293, 294). Demgemäß kann ein Bieter auch keinen vergaberechtlichen Anspruch auf Aufhebung der Ausschreibung haben, wie das Oberlandesgericht Koblenz in dem zum Anlass dieser Divergenzvorlage genommenen Beschluss insoweit zutreffend ausgeführt hat. Verbietet es sich, das Vergabeverfahren mit dem Zuschlag an einen Bieter zu beenden, kann der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mithin nur einen entsprechenden Ausspruch, nicht aber auch die Aufhebung der Ausschreibung, sei es durch den öffentlichen Auftraggeber, sei es durch die Nachprüfungsinstanz, verlangen. Insoweit ist die Beschwerde deshalb zurückzuweisen. 57 Eine Zurückverweisung an die Vergabekammer kommt nicht in Betracht, da sie dem Beschleunigungsgebot in Vergabesachen zuwiderlaufen würde und eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist. 58 VI. Bezüglich der weiteren Rügen der Antragstellerin kann daher dahinstehen, ob diese Beanstandungen in einer § 107 Abs. 2 und 3 GWB genügender Weise geltend gemacht und ebenfalls berechtigt sind. 59 VII. Entsprechend § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist zu bestimmen, dass die Hinzuziehung des von der Antragstellerin mit der Vertretung im Nachprüfungs-verfahren vor der Vergabekammer betrauten Rechtsanwalts notwendig war. Da das Oberlandesgericht eine im Verfahren zu entscheidende Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat und auch sonst nichts dagegen spricht, ist diese Notwendigkeit zu bejahen (vgl. BGHZ 169, 131, 152). 60 Die Entscheidung des Senats bedeutet in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, der bei Anwendung der sich aus § 92 Abs. 2 ZPO ergebenden Grundsätze eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag im Verhandlungsverfahren an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben. 61 Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 50 Abs. 2 GKG. 62 VIII. Von einer mündlichen Verhandlung sieht der Senat ab, weil die Sache eilbedürftig ist, vor dem Oberlandesgericht bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und angesichts des unstreitigen Sachverhalts von einem Termin vor dem Senat eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist (vgl. BGHZ 146, 202, 217).
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