Wichtig: Neue Vergabeverordnung – neue Sektorenverordnung
Wichtig: Neues zum Nebenangebot und Preis als alleinigem Zuschlagskriterien (OLG Schleswig)
Wichtig: Entscheidung über Lose und Losgrößen bei Reinigungsleistungen (OLG Karlsruhe)
Anhang 1 VgV 2010 – Änderung 2011
Anhang 2 Losgrößen – Mittelstand – Losaufteilung als Ermessensentscheidung
Anhang 3 fehlender Nachweis der zwingend vorgegebenen Ortsbesichtigung als Ausschlussgrund
Anhang 4 Nebenangebote und niedrigster Preis – Zulässigkeit – kein Verstoß gegen EU-Recht
- Aktuelles
Boeing - "WTO-Bericht stellt unzulässige Subventionen für Boeing fest" – Pressebericht des BMWI - Datum: 31.3.2011 - Das WTO-Panel hat heute einen fundierten Bericht vorgelegt. Er bestätigt, dass Boeing in den Jahren 1989 bis 2006 unzulässige Subventionen in Höhe von mindestens 5,3 Milliarden US-Dollar erhalten hat. Hinzu kommen bis zu 4 Milliarden US-Dollar geplante Subventionen des US-Bundesstaates Washington für die Jahre 2006 bis 2024. Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, begrüßt den Endbericht der WTO zu den US-Subventionen für Boeing: "Die WTO bestätigt, dass die europäische Flugzeugindustrie, insbesondere Airbus, durch die US-Subventionen erheblich geschädigt wurden. Wir unterstützen die EU Kommission bei ihren Bestrebungen, das Boeing-Verfahren zeitlich näher an das laufende Airbus-Verfahren heranzubringen, um beide Verfahren gleichzeitig bewerten zu können. Dazu werden alle rechtlich möglichen Schritte geprüft. Trotz der Ergebnisse im WTO-Bericht zu Boeing müssen wir weiter auf eine politische Verhandlungslösung ohne Vorbedingungen hinarbeiten. Das ist gerade auch aus wirtschaftspolitischer Sicht in der veränderten globalen Wettbewerbssituation für die Zukunft der Flugzeugindustrien auf beiden Seiten des Atlantiks notwendig." Hierzu auch weiterführende Informationen <http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/branchenfokus,did=196198.html>
Vergabeverordnung 2011 – Beschaffung von Kfz – EG-Richtlinie 2009/33/EG – Energieverbrauch und Schadstoffausstoß – Bundesrat hatte der Novellierung zugestimmt – Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung im BGBl. (2011, Teil I, Nr. 21 v. 11.5.2011, damit in Kraft getreten am 12.5.2011 – Umsetzung der Richtlinie war verfristet). Ebenso ist die SektVO durch diese ÄnderungsVO auf den Stand der genannten Richtlinie gebracht worden.
EU-Datenbank E-CERTIS – die Datenbank enthält die wichtigsten Nachweise und Bescheinigungen, die von Bewerbern/Bietern in insbesondere auch von ausländischen Vergabestellen durchgeführten Vergabeverfahren vorzulegen sind. Die Datenbank ist in 21 Amtssprachen abrufbar und soll die Teilnahme an Vergabeverfahren erleichtern. Am besten erreicht man die Datenbank, indem in google „ecertis" eingibt und sich dann weiterverlinken lässt.
- Vergaberecht – Entscheidungen
EuGH, Urt. v. 17. März 2011 – C-95/10 – Strong Seguranca - Wach? und Sicherheitsdienste – Anhang I Teil B - Dienstleistungsaufträge i. S. d. Anhang Teil B: Anwendung nur der Art. 23 (Technische Spezifikationen) und Art. 35 IV (Bekanntmachung vergebener Aufträge) Richtlinie 2004/18/EG – Art. 47 Abs. 2 der Richtlinie auch nicht über Transparenzgrundsatz bzw. Diskriminierungsverbot anwendbar – Art. 47 II der Rechtlinie 2004/18/EG folglich nicht auf in Anhang II Teil B der Richtlinie aufgeführten Dienstleistungen anwendbar - Vorabentscheidungsersuchen (Portugal) – Tenor: Die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, Art. 47 Abs. 2 dieser Richtlinie auch auf Aufträge über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil B dieser Richtlinie anzuwenden. Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten und unter Umständen die öffentlichen Auftraggeber jedoch nicht daran, in ihren Rechtsvorschriften bzw. in den Auftragsunterlagen eine solche Anwendung vorzusehen. – Hinweis: Vereinfacht gesagt bleibt es dabei, dass – wie auch in §§ 1 III EG VOL/A, 4 IV VgV enthalten – für die sog. nicht prioritären Dienstleistungen nur die §§ 1 – 20 VOL/A und von den VOL/A-EG-Vorschriften die §§ 8, 15 X und 23 maßgeblich sind. Eine weitergehende Anwendung der Art. der Richtlinie 2004/18/EG bzw. der insoweit umgesetzten VOL/A-EG kommt nicht in Betracht. Das würde dem von der EU-Kommission für die Übergangszeit vorgesehenem Rechtszustand eindeutig widersprechen. Damit scheidet eine Anwendung des Art. 47 II der Richtlinie 2004/18/EG (= § 7 IX VOL/A EG) aus. Die Ermessensentscheidung der Vergabestelle über die Eignung kann sich daher im Rahmen des § 6 III, IV VOL/A bewegen und ist nicht durch in § 7 IX S. 2 VOL/A enthaltene Grenze eingeschränkt, wonach der Bieter bei Einschaltung weiterer Unternehmen „nachweisen muss", dass ihm die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Eine andere Frage ist es, ob die Vergabestelle mit entsprechender Begründung auch bei diesen Aufträgen nach Anhang I Teil B über das hinausgehen kann, was in § 6 III, IV VOL/A vorgesehen ist und z. B. die Angabe der Nachunternehmer sowie entsprechende Verpflichtungserklärungen verlangt.
EuGH, Urt. v. 15.7.2010 – C-271/08 – Ausschreibungspflicht betrieblicher Altersversorgung kommunaler Einrichtungen – Auftragswert: Versicherungsprämien - Kirch, Thomas/Kues, Hendrik, Ausschreibungspflichten bei betrieblicher Altersvorsorge, VergabeNews 2011, 58 – Hinweise: Derartige hochvolumige Aufträge unterfallen eindeutig dem Vergaberegime. Es liegt wiederum ein Beispiel dafür vor, dass gerade auch in diesen Fällen das Risiko eines Verstoßes nicht eingegangen werden sollte. Zwar ist es in vielen Fällen – vor allem auch in Grenzfällen – sehr aufwändig, ein Vergabeverfahren durchzuführen. Dies ist aber immer noch der bessere Weg, als dann möglicherweise später vom EuGH festgestellte und fortwirkende Verstöße beseitigen zu müssen. Angesichts der strengen Rechtsprechung nicht nur des EuGH haben viele Vergabestellen letztlich im Einzelfall nur Glück, dass der eine oder andere Vertragsschluss Bestand hat. Im Übrigen darf nur darauf hingewiesen werden, dass es kaum abschätzbar ist, wie ein Vergabeüberprüfungsverfahren jeweils ausgeht. Überraschungsentscheidungen, abweichende Entscheidungen auch von OLG ohne Vorlage an den BGH oder auch EuGH sind nicht auszuschließen
BGH, Beschl. v. 8.2.2011 - X ZB 4/10 vom 08.02.2011 – Ausschreibungspflicht von gemeinwirtschaftlichen Schienenverkehrsunternehmen – Dienstleistungskonzession und Voraussetzungen – Divergenzvorlage des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.7.2010 - VII-Verg 19/10 - amtl. Leits.: 1. Die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen ist nicht vom Anwendungsbereich der Vergabevorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen. 2. Die Prüfung, ob die für eine Dienstleistungskonzession charakteristische Übernahme zumindest eines wesentlichen Teils des Betriebsrisikos vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der für den Vertragsgegenstand maßgeblichen Marktbedingungen und der gesamten vertraglichen Vereinbarungen. Ist neben dem Nutzungsrecht eine Zuzahlung vorgesehen, hängt die Einordnung als Dienstleistungskonzession auch davon ab, ob die Zuzahlung bloßen Zuschusscharakter hat oder die aus dem Nutzungsrecht möglichen Einkünfte als alleiniges Entgelt bei weitem keine äquivalente Gegenleistung darstellten.
BGH, Urt. v. 9.12.2010 – 3 StR 312/10 – NJW 2011, 1374 – Amtsträgerschaft eines leitenden Angestellten der DB Netz AG (öffentlicher Auftraggeber) - §§ 11 I Nr. 2 c), 331 StGB – Vergabe von Grünpflegearbeiten an Gleisanlagen – 16-fache Vorteilsannahme (14 Mittagessen mit Werten zwischen 66 bis 147 DM innerhalb von ca. 2 Jahren, ein Weihnachtsessen mit einem Wert von mehreren hundert DM, Buchpräsent im Wert 191 DM)
BGH, Urt. v. 25.11.2011 - VII ZR 201/08 vom 25.11.2010 – Brückenbau – Verzögerung des Zuschlag durch Planfeststellungsverfahren – Voraussetzung eines Mehrvergütungsanspruchs – im Einzelfall bejaht - amtl. Leits.: Ein Zuschlag in einem durch ein Planfeststellungsverfahren verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen erfolgt im Zweifel auch dann zu den ausgeschriebenen Fristen und Terminen, wenn diese nicht mehr eingehalten werden können und das Zuschlagsschreiben des Auftraggebers den Hinweis auf später "noch mitzuteilende exakte Fristen" enthält (Anschluss an BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 -VII ZR 213/08).
OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.03.2011 - Verg W 5/11 – Holzeinschlag etc. nach Kampfmittelräumung – fehlender Nachweis der zwingend vorgegebenen Ortsbesichtigung als Ausschlussgrund – ergänzender Bestandteil der Leistungsbeschreibung - Lose – Anhang 1 Teil B – eingeschränktes Vergaberegime – „Sammeltermine" – kein Verstoß gegen Vertraulichkeit – Eignungsnachweise - Bestandteil der Leistungsbeschreibung mit Fettdruckweise: "eine Vorortbesichtigung der Bestände zu den Losen 1 bis 9 zwingend erforderlich" – Besichtigungstermine für jedes Los – Erforderlichkeit der Dokumentation der Vorortbesichtigung durch vorzulegendes Formblatt – Bekanntmachung und Nachweisliste ohne Hinweis auf Bescheinigung der Vorortbesichtigung – Angebote teils vollständig mit, teils ohne Bescheinigungen über Vorortbesichtigung – statt Bescheinigung über Vorortbesichtigung Vorlage einer von der zuständigen Oberförsterei abgezeichnete "Bestätigung zur Vorlage bei der Vergabestelle" durch Bieter über hinreichende Bekanntheit der örtlichen Bedingungen infolge Durchführung Leistungen im Jahr 2010 – Ausschluss nach § 16 III a) VOL/A – Anlage 2
OLG Brandenburg, Urt. v. 14.12.2010 – 11 U 37/10 – ZfBR 2011, 300 – Schadensersatz - unterschwelliger Auftrag – Straßen- und Brückenbau - §§ 280, 241 II BGB – Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs: verschuldeter Verstoß gegen Vergabevorschriften, Kausalität für den Schaden – hier verneint – Voraussetzung der Beachtung von Preisnachlässen (5 %) – „viertplatzierter Bieter" – zulässige Wertung eines Nebenangebots
OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.7.2010 – Verg W 4/09 – Rettungsdienste – keine wesentlichen Vertragsänderungen und Zulässigkeit der Änderung auch bei Änderungen mit Auftragswerten oberhalb des Schwellenwertes bei Ermächtigung im Vertrag (Volumen nicht entscheidend) – Freiheit vom Vergaberegime und Voraussetzungen – ursprünglicher Vertrag mit Ermächtigung zur Anpassung - § 99 I GWB – vgl. EuGH, Urt. v. 19.6.2008 – C-454/06 – pressetext – ferner OLG Celle NZBau 2010, 194 – auch Anfechtbarkeit des ursprünglichen Vertrags steht dem Ergebnis nicht entgegen (Vertrauensschutz – auch EuGH, aaO)
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.2.2010 – Verg 36/09 – ZfBR 2010, 298 – nur noch betroffen Grundreinigung – einmal jährlich sowie gesonderte Beauftragung der Grundreinigung bei Bedarf – Bedarfsleistungen – Zuschlagskriterien (Preis: 65 %, Ausführungskonzept: 30 %, Stundenverrechnungssatz: 5 %) - Zulässigkeit der Bedarfspositionen im Ausnahmefall (keine Vorhersehbarkeit und Aufklärbarkeit im Voraus sowie Unzumutbarkeit der Aufklärung der Voraussetzungen im Einzelnen –vergaberechtlich zulässige Bedarfspositionen „müssen vom Auftraggeber auch nicht bereits in die Vergabebekanntmachung aufgenommen und darin angegeben werden." – „Die für die Bedarfspositionen (Grundreinigungen) abgefragten und angegebenen Preise sind vom Auftraggeber in die Angebotswertung grundsätzlich einzustellen. Dies hat jedenfalls dann zu gelten, wenn ein Bedarf im Zeitpunkt der Angebotswertung weiterhin nicht voraussehbar ist und die Notwendigkeit einer Beschaffung auch bei sorgsamer Ausschöpfung der dem Auftraggeber bis dahin zumutbaren Erkenntnismöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden kann. Dies ist der Fall……Fordert der Auftraggeber Preisangaben bei vergaberechtlich nicht zu beanstandenden Bedarfspositionen, so sind diese jedenfalls dann, wenn der Bedarf inzwischen nicht entfallen ist, bei der Angebotswertung zu berücksichtigen (genauso: BGH, Urt. v. 6.2.2012 – V ZR 185/99, VergabeR 2002, 369, 372;……." – Hinweise: Bedarfspositionen werden von der Rechtsprechung kritisch gesehen. Die Vergabestellen müssen sich darauf einstellen, dass die Sache in Vergabeüberprüfungsverfahren im Einzelfall auch anders gesehen werden können. Der Nachweis der „sorgsamer Ausschöpfung der zumutbaren Erkenntnismöglichkeiten" wird von der Rechtsprechung im Einzelfall streng überprüft. Obwohl anders als in der § 7 I Nr. 4 VOB/A enthält § 7 VOL/A keine vergleichbare Bestimmung. Die strikte Schranke, Bedarfspositionen nur im Ausnahmefall zuzulassen, beruht darauf, dass sie dem Grundsatz widersprechen, nach dem die Leistungsbeschreibung eindeutig und erschöpfend zu sein hat (vgl. hierzu knapp und zutreffend Weyand, Rudolf, Vergaberecht, 3. Aufl., 2011, Rdnrn. 9337 m. w. Nachw. – Grundsatzentscheidung BGH, Urt. v. 23.1.2003 – VII ZR 10/01).
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.4.2011 - Verg 4/11 – Arzneimittelrabattverträge – Rahmenverträge mit mehreren Unternehmen pro Los – keine Verletzung des Geheimwettbewerb bzw. Vertraulichkeitsgrundsatzes – nicht ausreichend Vorliegen von zwei konzernverbundenen Unternehmen i. S. d. § 15, 18 AktG als Bieter – kein Automatismus in diesen Fällen (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – Maßgeblichkeit des sich aus der Verbundenheit ergebenden fehlenden Einflusses auf die Angebote – widerlegliche Vermutung - Nachweis fehlenden Einflusses etc. durch Bieter erforderlich – „Die Beigeladenen haben durch umfängliche schriftsätzliche Ausführungen im Verfahren vor der Vergabekammer wie auch im Beschwerdeverfahren sowie durch Einlassungen und Erläuterungen auf entsprechende Fragen des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass die bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge vollkommen unabhängig voneinander agieren und ihr Ausschreibungsverhalten weder ausdrücklich noch mittelbar durch eine entsprechende Konzernstrategie miteinander abgestimmt ist. Sie haben zudem konkret dargetan, dass bei der Ausarbeitung von Angeboten keine Schnittstellen und Berührungspunkte in personeller, organisatorischer und räumlicher Hinsicht bestehen, sondern die Angebote von unabhängig voneinander arbeiten Teams erstellt werden. Genau das hat auch die Vernehmung der Zeugin Moriz erbracht. Zweifel an der Richtigkeit ihrer Ausführungen ergeben sich nicht. Die gegen die Beigeladenen sprechende Vermutung ist widerlegt. Es ist davon auszugehen, dass sie wirtschaftlich eigenständig agieeren und ihr Verhalten bei Ausschreibungen durch die Konzernverbundenheit nicht beeinflusst wird." – Hinweise: Die grundsätzlichen Ausgangspunkte beruhen auf der zutreffenden Rechtsprechung des EuGH, Urt. v. 19.5.2009 – C-538/07 – Assitur. Hieraus folgt, dass es nicht nur in diesen Fällen (vgl. z. B. auch Insolvenz) keinen Automatismus gibt, sondern dass Einzelfallentscheidungen vorliegen müssen. Zur Widerlegung der Vermutung müssen die betroffenen Bieter konkrete Umstände vortragen. Ob das das jeweilige OLG überzeugt, ist eine zuvor schwer abschätzbare Frage. Da scheint es doch sinnvoller zu sein, im Konzern durch entsprechende organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass jeweils nur ein Angebot einer Tochter abgegeben wird. Damit bringt man sich allerdings um die Chance einer „Doppelbewerbung".
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.2010 – Verg 24/10 – ZfBR 2011, 294 – Bewachungs- und Objektsschutzleistungen – „versteckt" Tariftreueerklärung in DIN und Zertifizierung – Rüge – keine Präklusion - DIN 77200 – Eignung – unberechtigte Zertifizierungsanforderung – Tariftreue – Vergaberechtswidrigkeit infolge mittelbar geforderte Tariftreue in DIN-Norm (Zertifizierungsprüfung beinhaltet auch die Beachtung der jeweils am Erfüllungsort geltenden Tarifverträge) - § 97 IV S. 2 GWB stützt die „versteckte" Tariftreuerklärung nicht - .
OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.10.2010 – 23 U 173/09 – Rückforderung nach Zuschüssen - § 49 VwVfG NRW – Allgemeine Nebenbestimmungen – ANBest – Nichtbeachtung der Nebenbestimmungen: Ermessensentscheidung über Rückforderung
OLG Frankfurt/M, Beschl. v. 5.10.2010 – 11 Verg 7/10 – Bekanntmachungspflichten – VOF – Unterkriterien – Gewichtung – Anwendung nur bekannt gemachter Kriterien – nach Aufforderung zur Angebotsabgabe nur noch ausnahmsweise Zulässigkeit der nachträglichen Festlegung von Kriterien und Gewichtung
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.04.2011 - 15 Verg 3/11 – Unterhalts- und Glasreinigungsleistungen – Entscheidung über Losgrößen im Einzelfall – Mittelstand – Losaufteilung als Ermessensentscheidung – Förderpflicht des Antragsstellers (Nachweis der fehlenden Mittelstandsberücksichtigung) – Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsbestands - § 97 III GWB - § 2 II EG VOL/A - Unterhalts- und Glasreinigungsleistungen - geschätzter Gesamtauftragswert: rund 6,7 Mio. Euro - 3 Lose: Los 1: 47 Gebäude mit 82.638 m² zu reinigender Fläche, Los 2: 32 Gebäude mit 90.056 m² zu reinigender Fläche, Los 3: 39 Gebäude mit 82.706 m² zu reinigender Fläche – Antragsbefugnis auch ohne Angebotsabgabe – rechtzeitige Rüge – Unbegründetheit bei sachlich begründeter Entscheidung über Lose – Hinweise: Die Vergabe von Reinigungsleistungen hat sich u. a. auch deshalb zu einem überkomplizierten Vergabeverfahren herausgebildet. Schon die Erarbeitung der Leistungsbeschreibung hat sich als aufwändiger, kostenintensiver und zeitraubender Faktor herausgestellt. Aber auch die Entscheidung über die Aufteilung oder Nichtaufteilung von Losen stellt den Auftraggeber vor erhebliche Risiken. Mit Recht stellt das OLG Karlsruhe fest, dass dies der Ermessensentscheidung des Auftraggebers unterliegt, die nur bedingt nachprüfbar ist. Mehrfach wurden und werden Vergabeverfahren durch Bewerber angegriffen, die von einer „Obergrenze" ausgehen wollen (35.000 m2 Reinigungsfläche – zusätzliche Reinigungsleistungen nach Aufwand?). Richtig weist das OLG Karlsruhe das zurück. Bei dieser Entscheidung können neben der Losgröße auch weitere wirtschaftliche Gründe bedeutsam werden (z. B. Kontrollkosten bei mehreren Losen etc.). Weitere kritische Punkte bei Vergabe von Reinigungsleistungen sind die Vergabeart (ca. 28000 Unternehmen – Nichtoffenes Verfahren nach § II b) oder d) EG VOL/A?), Vertragsvereinbarungen nach § 11 II – IV EG VOL/A: Sicherheiten, Vertragsstrafen, Gewährleistungsfristen?, Eignung nach § 7 EG VOL/A: Eigenerklärungen? Umsätze etc., Zuschlagskriterien (Preis allein, weitere Kriterien neben dem Preis?). Nach den vorliegenden Erfahrungen müssen die Auftraggeber damit rechnen, dass nahezu alle Punkte gerügt werden und zum Gegenstand eines Vergabeverfahrens gemacht werden können. Auch bei zeitlich korrekter Vorausplanung ist kein Auftragnehmer vor den durch ein Vergabeverfahren verursachten Nachteilen gefeit. In besonderer Weise wirken sich hier im Einzelfall die Zuschlagssperre nach Eingang und Übermittlung des Antrags aus. Vielfach kann der Zuschlag nicht rechtzeitig erteilt werden. Es müssen Interimsbeschaffungen vorgenommen werden, die ihrerseits wiederum spezielle Probleme aufweisen. Aber auch dann, wenn bestimmte Punkte nicht gerügt werden, kann es zu erheblichen Überraschungen kommen, da Vergabekammern und OLG sich nicht an die in § 110 I GWB Einschränkung des Untersuchungsgrundsatz halten müssen und z. B. nicht gerügte Kriterien aufgreifen können. Vor Überraschungen ist sich der öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Reinigungsleistungen nicht sicher. Wünschenswert wäre es, wenn dies alle OLGe bei ihren Entscheidungen berücksichtigen würden. Das OLG Karlsruhe hat nicht nur in der hier betroffenen Entscheidung aufgezeigt, dass es auch riskant ist, Überprüfungsverfahren ungesichert einzuleiten. – Anlage 1
OLG Koblenz, Beschl. v. 2.2.2011 – 1 Verg 1/11 – Nebenangebot – Anforderungen an Nebenangebote – anzutreffende Nachprüfungsmöglichkeit für den Auftraggeber – Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten der Angaben zum Nebenangebot treffen den Bieter – keine Pflicht zur Aufklärung durch Auftraggeber
OLG München, Beschl. v. 12.11.2010 - Verg 21/10 – Verfahrensbeginn und Frage der Anwendung der VOB/A 2006 bzw. VOB/A 2009
OLG München, Beschl. v. 25.3.2011 - Verg 4/11 – Dienstleistungsauftrag oder Dienstleistungskonzession
OLG München, Beschl. v. 7.4.2011 – Verg 5/11 – Betreibermodell BAB A 8 Ulm-Augsburg (A-Modell) – PPP-Projekt – Baukonzession nach § 99 VI GWB, §§ 32 Nr. 1, 32a (1-32 VOBA) – VOB/A 2006 – Rechtzeitigkeit der Rüge – ordnungsgemäße Wertung – kein Ausschluss infolge der Abänderungen: statt „2011 bis 2040" im vorgegebenem Formular: „2011 bis 14.1.2041" – zwingender Ausschluss nur bei unmissverständlichem Verlangen der beanstandeten oder fehlenden Position durch Auftraggeber (BGH, Beschl. v. 10.6.2008 – X ZR 78/07; OLG München, Beschl. v. 10.9.2009 – Verg 10/09 sowie v. 21.8.2008 – Verg 13/08): hier Widerspruch zwischen Verlängerung des Konzessionszeitraums ohne Formularanpassung – zwingender Ausschluss wegen Fehlens geforderter Erklärungen (BGH, Beschl. v. 18.2.2003 – X ZB 44/02) - hier kein unmissverständliches Fordern der Erklärung (Formblatt über Verpflichtungserklärung - Ausfüllung und Unterschrift jedes Mitglieds der Bietergemeinschaft (Bereitstellung von Eigenkapital) – Widersprüchlichkeit des Formblatts – kein Ausschluss – Abweichung von der (unverbindlichen) Referenzplanung ohne Gleichwertigkeitsnachweis (dieser nicht verlangt) kein Ausschlussgrund etc. – Aufklärung ist nicht Vervollständigung – Dokumentationsfehler nur bei Verletzung von Bieterrechten relevant -
OLG München, Beschl. v. 23.12.2010 – Verg 21/10 – Aufhebung – Antragsbefugnis – Aufgabe der Vergabeabsicht: keine zulässige Anweisung, das Vergabeverfahren fortzuführen -
OLG Naumburg, Urt. v. 30.9.2010 – 1 U 50/10 – Eignung – Nachweise für Nachunternehmer Pflicht zur Vorlage bereits mit Angebotsabgabe nicht generell unzulässig bzw. unzumutbar – Maßgeblichkeit der Vergabeunterlagen (Wortlaut, Auslegung)
OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.11.2010 – 4 U 548/09 – Beraterhaftung – Vergabehelfer – Ingenieurbüro schadensersatzpflichtig – unberechtigte Aufhebung durch Ingenieur – Zweitausschreibung – Erstgewinner im Zweitverfahren preislich Rang 2 – Schadensersatz wie bereits BGH -
OLG Schleswig, Beschl. v. 15.04.2011 - 1 Verg 10/10 – Nebenangebote und niedrigster Preis – Zulässigkeit – kein Verstoß gegen EU-Recht – keine Vorlage an BGH oder EuGH - Vergabe eines Auftrages für Straßenbauarbeiten – 2. Bauabschnitt der Bundesstraße B - Preis einziges Zuschlagskriterium auch bei Zulassung von Nebenangeboten – Unklarheiten der Leistungsbeschreibung bzw. von Mindestbedingungen für Nebenangebote: Zurückversetzung mit Auflage der Klarstellung und sodann erfolgender Wertung – Hinweise: Wie bereits in VOLaktuell 1/2001 ausgeführt, bestehen gegen die von dem OLG Schleswig abweichenden Entscheidungen erhebliche Bedenken, speziell gegen die vom OLG Düsseldorf und OLG Celle vertretenen Auffassungen. Es wurde schon früher angemerkt, dass die von den Gerichten als unzulässig angesehene „Kombination" von Nebenangeboten und niedrigem Preis in der Richtlinie 2004/18/EG (Art. 24) keine Stütze findet. Das OLG Schleswig behandelt diese Frage zutreffend und legt die entsprechenden EG-Bestimmungen richtigerweise nicht nur dem Wortlaut nach aus, sondern unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, der sich für die jeweiligen Bestimmungen ergibt. Natürlich sind auch die vorgängigen vom OLG Schleswig abweichenden Entscheidungen in dieser Frage mehr als misslich bei der Erarbeitung der Vergabeunterlagen. In vielen Fällen will der Auftraggeber nämlich keine weiteren Kriterien neben dem Preis – oder aber es ist dem Auftraggeber zu riskant, neben dem Preis weitere Zuschlagskriterien in die Vergabeunterlagen aufzunehmen. Das gilt speziell dann, wenn der Auftraggeber Vergabeüberprüfungsverfahren und Rügen vermeiden will. Würde man dem OLG Düsseldorf etc. folgen, so könnte der Bieter auf einfache und nicht riskante Weise rügen und das Überprüfungsverfahren einleiten. In einigen Fällen besteht ohnehin der Eindruck, dass es um alles andere geht als darum, seine Chancen als Bieter zu wahren. Ähnlich ist dies, wenn die Mindestbedingungen nicht eindeutig und vollständig formuliert oder nicht angegeben sind. Natürlich sind die zuletzt genannten Fälle Verstöße – aber schließt dies die Wertungsmöglichkeit in allen Fällen aus? Auftraggeber müssen sich, ob sie wollen oder nicht, eindeutig absichern, wenn sie nicht in die „Rügemühle" und in das Vergabeüberprüfungsverfahren geraten wollen. Davon können aber selbst erfahrene Vergaberechtler überrascht werden. Vor allem dann, wenn alles wie nicht selten unter Zeitdruck geschieht und für die erforderliche genaue Prüfung die erforderliche Zeit nicht zur Verfügung steht. Das interessiert die Vergabekammern oder OLGe wenig. Wie in dem Streit um die EU-Rechtswidrigkeit des § 107 III GWB kann es vorkommen, dass gleichzeitig Verfahren vor den Vergabekammern oder OLGe laufen, die unterschiedlichen Ergebnissen führen. Das macht Prognosen über Zulässigkeit oder Unzulässigkeit z. B. der o. genannten Vorgehensweisen teils nicht nur schwierig, sondern auch nicht selten absolut unmöglich. Beispielhaft seien hier auch die Entscheidungen zur Frage der Pflicht zur Losaufteilung genannt (OLG Karlsruhe und Vergabekammer Bund). Es ist immer wieder von Beurteilungsspielraum bzw. Ermessen die Rede. Die Ansichten scheinen aber hier teils weit zu differieren. Das gilt natürlich auch für Vertragsbedingungen nach § 9 II – IV VOL/A, etwa die Zulässigkeit von Vertragsstrafen als Druckmittel etc.
OLG Schleswig, Beschl. v. 8.12.2010 - 1 Verg 12/10 – Angebot mit unzutreffender Menge im Kurz-Leistungsverzeichnis – kein genereller Ausschlussgrund
OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2010 – 2 W 37/10 – Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte - Einstweilige Verfügung unterhalb der Schwellenwerte zulässig - im Einzelfall kein Anspruch
- Vergaberecht – Literatur
Antweiler, Clemens, Bieterrechtsschutz unter Zumutbarkeitsvorbehalt?, VergabeR 2011, 306
Boesen, Arnold, Getrennt oder zusammen? - Losaufteilung und Gesamtvergabe nach der Reform des GWB in der Rechtsprechung, VergabeR 2011,364
Braun, Christian, Vergabe von Rettungsdienstleistungen, VergabeR 2011, 384
Bungenberg, Marc, Schnittstellen von Vergabeverfahren und Beihilfenaufsicht, in Forum Vergabe Jahrbuch 2010, S. 91
Dann, Matthias/Dann, Runhild, Vergaberegister – viel Bewegung, wenig Fortschritt?, ZRP 2010, 256 (auch Bericht über den Rechtszustand in den Ländern)
Frister, Anne-Christin, Entrechtlichung und Vereinfachung des Vergaberechts, VergabeR 2011,295
Gabriel, Marc, Krankenkassenausschreibungen nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), VergabeR 2011, 372
Haak, Sandra, Jenseits von »Ahlhorn« - die vergaberechtliche Beurteilung kommunaler Grundstücksgeschäfte, VergabeR 2011, 351
Kilian, Wolfgang, Subventionstransparenz und Datenschutz (EuGH, Urt. v. 9.11.2010 – C-92-93/09 – EuZW 2010, 939 = NJW 2011, 1338 Leits.), NJW 2011, 1325
Kirch, Thomas/Kues, Hendrik, Ausschreibungspflichten bei betrieblicher Altersvorsorge, VergabeNews 2011, 58 – zu EuGH, Urt. v. 15.7.2010 – C-271/08
Klinke, Ulrich, Der EuGH von Innen: Ein Bericht, in Forum Vergabe Jahrbuch 2010, S. 103
Lin, Ming-HsinDas Vergaberecht in Taiwan und seine Praxis, VergabeR 2011, 333
Losch, Alexandra, Zulässigkeit von horizontalen Vergaben, Zusammenarbeit im Konzern Kommune. in Forum Vergabe Jahrbuch 2010, S. 73
Lux, Johannes, Bietergemeinschaften im Schnittfeld von Gesellschafts- und Vergaberecht, 2009, Nomos Verlag
Meiß, Ernst, Vergaberechtliche Probleme bei Lichtlieferungsverträgen, VergabeR 2011, 398
Müller, Bernhard, Bundesvergabegesetz-Novelle 2009, VergabeR 2011, 242 (Österreich)
Müller, Julia/Leinemann, Eva-Dorothee, Teststellungen, Vergabenews 2011, S14 – unzutreffend wie Dreher – Teststellungen gehören nicht in das Vergabeverfahren, sondern in die Markterkundung - Tests – Teststellung – Markterkundung – Marktübersicht
Müller-Wrede, Hrsg., SektVO, 2010, BAnzV
Pooth, Stefan, »Muss man noch unverzüglich rügen?«, VergabeR 2011,358
Schäfer, Peter W., EU-Vergaberecht 2010/11 - zwischen Konsolidierung, Fragmentierung und Kohärenz, VergabeR 2011, 275
Segeth, Markus, Rahmenvereinbarungen, Rechtsentwicklung, systematische Entfaltung, Vergabe, 2010, Nomos Verlag
Steinbeiß-Winkelmann, Christine, Europäisierung des Verwaltungsrechtsschutzes, NJW 2010, 1233
Stolz, Bernhard, Die Vergabe von Architektenleistungen unter Berücksichtigung der HOAI 2009, VergabeR 2011,326
Summa, Hermann, EU-Recht und nationale Rechtsanwendung, in Forum Vergabe Jahrbuch 2010, S.81 (Rettungsdienstleistungen, Dienstleistungskonzession, Rechtsbehelfsprobleme etc.)
Trautner/Schwabe, Praxishandbuch SektVO, 2010, BAnzV
Wiedemann, Jörg, Entscheidungen der Oberlandesgerichte, des BGH und des EuGH 2009, in Forum Vergabe Jahrbuch 2010, S. 7
Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2011, Beck-Verlag
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