Sind Sie immer auf dem neuesten Stand? Mit unserem Newsletter sind Sie es garantiert! Abonnieren Sie ihn einfach hier:

Antworten auf die Fragen aus dem Seminarprospekt für das Jahr 2009
(Antworten zu den älteren Fragen finden Sie hier)

 

  1. zu Frage 1
    Antwort:

    Das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts trat am 24.4.2009 in Kraft und ist ab diesem Zeitpunkt auf neu begonnene Verfahren anzuwenden.
    Die maßgeblichen Änderungen finden sich in folgenden Bestimmungen:
    • § 97 III GWB: Berücksichtigung mittelständischer Interessen grundsätzlich durch Losvergabe
    • § 97 IV GWB: Auftragserteilung an „geeignete“ Unternehmen mit möglichen zusätzlichen Anforderungen („insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte“)
    • §§ 98 („ausschließliche Rechte“), 99 GWB: („öffentliche Aufträge“, „Bauaufträge“, „Dienstleistungsaufträge“, „Baukonzessionen“ und „gemischte Leistungen“)
    • § 100 II GWB: Ausnahmen vom Vergaberegime
    • § 101 IV GWB: Zulässigkeit „Elektronischer Auktionen“ und „dynamischer elektronischer Verfahren“
    • § 101a I GWB: Informations- und Wartepflicht“ vor dem Zuschlag – Wartepflicht von 15 Kalendertagen nach Information (Verkürzung auf 10 Kalendertage bei Übersendung der Information durch Fax oder auf elektronischem Weg (E-Mail) – keine Informationspflicht bei Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wegen besonderer Dringlichkeit (vgl. bisheriger § 3a Nr. 2 d) VOL/A)
    • § 101b I GWB: Unwirksamkeit des Vertrags von Anfang an bei Verstoß gegen § 101a GWB sowie bei unzulässiger Direktvergabe - § 101b II GWB: Feststellung der Unwirksamkeit im Nachprüfungsverfahren nur innerhalb der Frist von 30 Kalendertagen nach Kenntnis des Verstoßes, Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Vertragsschluss – nach Bekanntmachung der Auftragsvergabe im Amtsblatt Geltendmachungsfrist von 30 Kalendertagen
    • § 104 II, III GWB: ausschließliche Zuständigkeit der Vergabekammern und Beschwerdegerichte – Unberührtheit der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Schadensersatzansprüche und Befugnisse der Kartellbehörden nach den §§ 19, 20 GWB
    • § 106a GWB: Zuständigkeitsregelungen für die Vergabekammern
    • § 107 III GWB: Unzulässigkeit des Antrags („unverzügliche Rüge“ nach Bekanntmachung etc. (Verschärfung der Rügepflichten)
    • § 110 GWB: Einschränkung der Amtsermittlungspflicht der Vergabekammern – Prüfung auf offensichtliche Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit – Zulässigkeit einer Schutzschrift des Auftraggebers
    • § 113 I GWB: Verlängerungsfrist für Entscheidung der Vergabekammer von fünf Wochen „nicht länger als zwei Wochen“
    • § 114 II S. 1 GWB: keine Aufhebung eines wirksam erteilten Zuschlags
    • § 115 I GWB: Zuschlagssperre nach Information in Textform über Antrag auf Nachprüfung bis zur Entscheidung der Vergabekammer bzw. Ablauf der Beschwerdefrist – weitere Änderungen in § 115 II, III und IV GWB
    • § 115a GWB: Ausschluss von abweichendem Landesrecht
    • Weitere Änderungen in den §§ 118 II, 120 II, 121 I, 124 II (Beschwerdeverfahren und Divergenzvorlage) sowie 127 (Ermächtigungen), 128 II (Gebühren und Kostenentscheidung), 129 (Korrekturmechanismus der Kommission), 129a (Unterrichtungspflichten der Nachprüfungsinstanzen), 129b (Regelung für Auftraggeber nach Bundesberggesetz).

    Auch die Vergabeverordnung ist geändert worden (vgl. § 127 GWB 2009), aber noch bekannt zu machen. Insbesondere wurde u. a. § 13 VgV (Informationspflicht) gestrichen, weil diese Fragen nunmehr in §§ 101a) und 101b) GWB 2009 geregelt sind.
    VOL/A, VOB/A sowie VOF sind in der Diskussion. Die vorliegenden Entwürfe sind allerdings Gegenstand teils heftiger Kritik. Insofern ist noch abzuwarten. Jedenfalls sind die erwähnten Entwürfe nicht der „Weisheit letzter Schluss“.
  2. zu Frage 2

    Antwort:

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften nur im nationalen Vergabeverfahren anzuwenden sind. Angeblich sollen die im EU-Verfahren geltenden Grundsätze (vgl. z. B. § 97 I - V GWB) im nationalen Verfahren nicht anzuwenden sein. Allerdings sind die Grundsätze des Wettbewerbs, des Diskriminierungsverbots und der Transparenz auch unterhalb der Schwellenwerte zu beachten, zumindest dann, wenn es sich um einen „grenzüberschreitenden Auftrag“ handelt.
    Insofern liegen bereits erste Entscheidungen vor, die das Vergabeverfahren aufspalten.
    Während im EU-Verfahren der Zuschlag nach Art 53 Richtlinie 2004/18/EG entweder auf das wirtschaftlichste günstigste Angebot oder auf den niedrigsten – zulässigen – Preis zu erteilen ist, heißt es in § 25 Nr. 3 VOL/A, dass die Gesamtumstände maßgeblich sind und weiter: „Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend.“ Das ist eindeutig auch nach den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung falsch. Denn der Preis ist allein entscheidend, solange keine anderen Wertungskriterien bekannt gemacht sind. Anderenfalls könnte man „weg vom Preis“ beim Zuschlag manipulieren.
    Weiter ergeben sich Widersprüche zwischen § 21 Nr. 1 VOL/A, wonach die Angebote die angeforderten Erklärungen und Angaben enthalten „müssen“, während in § 25 Nr. 1 II VOL/A davon die Rede ist, dass insofern unvollständige Angebote ausgeschlossen werden „können“. Das führt zu erheblichen Unsicherheiten. Richtigerweise ist zu empfehlen, diese Unklarheit in den Verdingungsunterlagen zu klären, insbesondere welche Erklärungen mit Angebotsabgabe und welche auf Anforderung einzureichen sind.
    Nicht zuletzt ist auch § 17 Nr. 3 V VOL/A zumindest im EU-Verfahren irreführend, da es nicht dem Auftraggeber überlassen ist, die entsprechenden Voraussetzungen für Nebenangebote bzw. Änderungsvorschläge „offen zu lassen“. Auch im nationalen Verfahren sollte hier für Transparenz gesorgt werden und der potenzielle Bieter unterrichtet sein, damit er beurteilen kann, ob sich die Arbeit zur Erstellung eines Nebenangebots lohnt.
  3. zu Frage 3
    Antwort:

    Für zwei Jahre sollen für Auftragsvergaben des Bundes neue Wertgrenzen eingeführt werden, unterhalb derer die Vergabestellen ohne Nachweis eines Ausnahmetatbestandes freihändige Vergaben oder beschränkte Ausschreibungen (jeweils ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb) durchführen können. Folgende Wertgrenzen sind vorgesehen:
  4. für Bauleistungen: - freihändige Vergaben bis 100.000 € - Beschränkte Ausschreibungen bis 1 Mio. €;
    • für Liefer- und Dienstleistungen freihändige Vergaben und beschränkte Ausschreibungen bis 100.000 €.

    Die Umsetzung erfolgte für den Bund bereits durch Erlasse des BMWi und des BMVBS. Die Länder haben weitgehend identische, aber teils abgeänderte Vorschriften erlassen.
    Grundlagen:
    1. Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland
      Bundestag Drucksache 16/11740
      16. Wahlperiode - 27. 01. 2009 - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
    2. Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des Gesetzes zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder
    3. Ländervorschriften

    Wenn auch vorgesehen ist, dass die Beschränkte Ausschreibung bzw. die Freihändige Vergabe bis zu den genannten Auftragswerten „ohne weitere Begründung“ gewählt werden kann, so ist doch zu empfehlen, die Wahl zwischen Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe zu begründen und zu dokumentieren. Insofern steht den Vergabestellen ein Ermessensspielraum zu, der auch belegt werden muss. Es wird empfohlen, insofern die §§ 3 Nr. 3 bzw. 3 Nr. 4 VOL/A (entsprechend die VOB/A-Bestimmungen) analog anzuwenden. Ferner ist zu beachten, dass nur förderungsfähige Beschaffungen in Betracht kommen (wenn auch Gegenteiliges vertreten wird). Der Haken der Sache besteht darin, dass Rückforderungen nach den o. g. Vorschriften vorgesehen sind, wenn die Voraussetzungen für die Förderung nicht bestehen oder schwere Pflichtverletzungen z. B. gegen Haushalts- und /oder Vergaberecht vorliegen.
  5. zu Frage 4
    Antwort:

    Das war lange Zeit sehr strittig, ist aber geklärt. Hier haben sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass unterhalb der Schwellenwerte von 206.000 € („Bund“ 133.000 €) bzw. 5.150.000 € (Baubereich) kein sog. Primärrechtsschutz (d.h. Anrufung der Vergabekammer) in Betracht kommt. Die Teilnehmer und Bieter haben „nur“ die Möglichkeit, eventuelle Schadensersatzansprüche nach dem Zuschlag vor den Zivilgerichten geltend zu machen. Vor den höchstrichterlichen Entscheidungen hatten mehrere Gerichte teils anders entschieden. Aber auch Oberlandesgerichte hielten und halten den Rechtsweg vor den Zivilgerichten für zulässig – allerdings sind die Anträge auf Erlass einstweiliger Verfügungen zur Unterlassung des Zuschlags im Ergebnis regelmäßig zurückgewiesen worden. Nach dem Zuschlag sind die nicht berücksichtigten Bieter auf Antrag nach § 27 VOL/A zu informieren. Denkbar sind Schadensersatzklagen bei Zuschlag „an den Falschen“ – in der Regel finden sich entsprechende Verfahren nur im Bereich der VOB/A (Schwellenwert 5.150.000 €), nicht jedoch bei Verfahren nach der VOL/A, da hier die Schadensersatzansprüche lediglich z. B. ca. 20.000 € betragen können. Daher unterlassen die nicht berücksichtigten Bieter insofern entsprechende Klagen, zumal das Prozessrisiko (Nachweis, dass der Bieter gewonnen hätte?) hoch ist und die Verfahren meist mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
  6. zu Frage 5
    Antwort:

    In diesen Fällen kann ein Verstoß gegen das Abspracheverbot und den Grundsatz des „Geheimwettbewerbs“ vorliegen, der zum Ausschluss sowohl der Bietergemeinschaft wie des „Loseinzelbieters“ führen kann. Vorreiter sind hier Entscheidungen des OLG Düsseldorf, das allerdings seine grundsätzliche Auffassung – Ausschluss wegen Verstoßes gegen den Geheimwettbewerb – in seiner nachfolgenden Entscheidung „korrigiert“ hat. Danach müssen „verflochtene“ oder durch Bietergemeinschaft „verbundene“ Bieter bei mehreren Angeboten bei Angebotsabgabe nachweisen, „dass und auf Grund welcher besonderen Vorkehrungen der Geheimwettbewerb bei der Angebotserstellung ausnahmsweise gewährleistet war. Sprechen die äußeren Umstände dafür, dass ein Geheimwettbewerb bei der Angebotserstellung nicht stattgefunden hat, sind die Bedenken vom Bieter unaufgefordert lückenlos auszuräumen. Kommt der Bieter dieser Obliegenheit nicht nach, sind die betroffenen Angebote ohne weiteres auszuschließen.
    (Vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 7.2006 — Verg 23/06 – VergabeR 2007, 229, m. Anm. v. Hertwig, Stefan)
  7. zu Frage 6
    Antwort:

    Nach neueren Entscheidungen wird grundsätzlich allein wegen der Insolvenz eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft ein Ausschluss nicht angenommen. Vielmehr wird diese Frage im Zusammenhang mit der „Eignung“ im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 25 Nr. 2 I VOB/A bzw. § 25 Nr. 2 I VOL/A – zu prüfen sein. Ob dann die fehlende Eignung angenommen wird, ist eine Frage des Einzelfalls. Vergabestellen müssen daher stufenmäßig bei der Wertung zutreffend vorgehen. Die Nichtberücksichtigung erfolgt durch Ermessensentscheidung nach den §§ 25 Nr. 2 I VOL/A, 25 Nr. 2 I VOB/A. Das hat zur Folge, dass ein Ausschluss nicht nach § 25 Nr. 1 I VOL/A bzw. § 25 Nr. 1 I VOB/A in der ersten Wertungsstufe eintritt. Wird dies dennoch so vorgenommen, kommt es im Überprüfungsverfahren in der Regel dazu, dass die Wertung in der zweiten Stufe nach §§ 25 Nr. 2 I VOL/A bzw. 25 Nr. 2 I VOB/A nachgeholt werden muss. Immerhin wird das Vergabeverfahren in diesen Fällen regelmäßig nicht aufgehoben, sondern „zurückversetzt“. Hieraus folgen erheblicher Zeitverlust sowie zusätzliche Kosten z. B. durch den verspäteten Beginn der auszuführenden arbeiten.
  8. zu Frage 7
    Antwort:

    Projektanten – weitere „vorbefasste“ Personen wie Berater etc. – wurden von der nationalen Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich wegen des unterstellten Wettbewerbsvorsprungs nicht als Bieter im (nachfolgenden) Vergabeverfahren - entgegen EG-Vergaberecht - zugelassen. Der EuGH hat hingegen bereits 2005 entschieden, dass Projektanten nicht per se ausgeschlossen werden dürfen, da dem Bewerber/Bieter dadurch die Möglichkeiten genommen werden, nachzuweisen, dass durch ihre Vorbeteiligung infolge ihrer Erfahrung der Wettbewerb nicht verfälscht wird.
    Dem ist der nationale Gesetzgeber 2006 gefolgt und hat diese Frage in den §§ 4 V, 6 III VgV 2006 geregelt: § 4 V VgV 2006 lautet:
    „(5) Hat ein Bieter oder Bewerber vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt, so hat der Auftraggeber sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme des Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird.“
    Wie diese Sicherstellung im Einzelnen zu erfolgen hat, wird nicht weiter ausgeführt. Auch aus der Begründung zu diesem Entwurf ist nichts Weiterführendes zu entnehmen.
    Hieraus ergeben sich folgende Grundsätze:
    • Personen und Unternehmen, die z. B. im Rahmen der Entwicklung, Planung etc. eingeschaltet werden, können durch diese Tätigkeit Wettbewerbsvorsprünge erhalten und folglich im Vergleich zu anderen Bewerbern bevorteilt sein, wenn es etwa um die Vergabe der Realisierungsstufe geht.
    • Die 2. Stufe ist für die Planungsunternehmen meist volumenmäßig interessanter als die Planungsstufe. Dennoch will der EuGH mit guten Gründen diese Unternehmen, die an zwei Stufen im Wettbewerb teilnehmen wollen, nicht von vornherein ausschließen. Vielmehr verlangt das Gericht, dass den betroffenen Unternehmen der Nachweis gestattet wird, es habe durch die „Vorbefassung“ keinen Wettbewerbsvorteil bzw. seine Teilnahme verfälsche den Wettbewerb nicht. Das ist grundsätzlich nicht anzuzweifeln.


    In der Praxis ergeben sich indessen insofern Schwierigkeiten.
    • Zum einen stellt sich die Frage, ob dieser Nachweis vom Bewerber in allen Fällen erbracht werden muss, ohne dass eine Aufforderung durch den Auftraggeber erfolgt, oder ob der Nachweis nur dann erbracht werden muss, wenn der Auftraggeber den Bewerber dazu auffordert.
    • Damit ist die Frage verbunden, ob der Auftraggeber in solchen Fällen von Amts wegen die Zulässigkeit der Teilnahme am Wettbewerb oder nur bei Anhaltspunkten zu prüfen hat. Ferner ist nicht unproblematisch, ob der Bewerber die Nachweise z. B. mit Abgabe des Angebots etc. zu erbringen hat.
    • Darüber hinaus ist die klären, wie der Bewerber beweisen kann, dass er keinen Vorteil durch seine Vorbefassung erlangt hat bzw. seine Teilnahme den Wettbewerb nicht verfälscht.
    • Wenn Auftraggeber einerseits und Auftragnehmer andererseits sichergehen wollen, so sollte beachtet werden:
      • Auftraggeber sollten diese Frage in der Bekanntmachung bzw. den Verdingungsunterlagen klarstellen.
      • Auftragnehmer sollten z. B. durch eine Auskunft nach § 17 Nr. 6 VOL/A klären lassen, ob und wann ein entsprechender Nachweis zu führen ist – auf Anforderung oder mit Abgabe der Bewerbung bzw. des Angebots.


    Es dürfte dem Transparenzgebot widersprechen, wenn diese Frage nicht in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen geklärt ist und ein Bieter gleichwohl ohne die Einräumung einer Möglichkeit zum Nachweis ausgeschlossen wird.
    Wenn diese Fragen nicht geklärt sind, so stellen sich die bisherigen Probleme (unvollständiges Angebot, unzulässige Nachforderung, Verstoß gegen Verhandlungsverbot etc.).
    Generell wird man die Planer etc. darauf hinweisen müssen, dass sie die Planungsarbeiten z. B. besonders ausführlich aufbereiten sollten, damit jeder Dritte auf der Basis der Planungsleistungen vollständig informiert ist und Informationsvorsprünge des Planers ausgeräumt sind. Maßgeblich ist insofern der Blick des fachkundigen Bieters, der die Verdingungsunterlagen prüft.

    Diese Grundsätze gelten auch, wenn das vorbefasste Unternehmen als Sachverständiger (vgl. § 6 VOL/A) oder Berater eingeschaltet ist.
  9. zu Frage 8
    Antwort:

    Hier hat die nationale Rechtsprechung und Literatur im Bereich oberhalb der Schwellenwerte jahrelang eine rechtsfehlerhafte Auffassung (Selbstausführungsgebot – „gewerbsmäßig“) vertreten und Generalübernehmer generell ausgeschlossen. Erst durch eine Entscheidung des EuGH wurde dies „korrigiert“. Grundlage der Entscheidung bildeten insofern die Art. 47, 25 (Unteraufträge) der Richtlinie 2004/18/EG.
    Nach dem EuGH-Urteil darf ein Subunternehmer einsetzender Bieter nur ausgeschlossen werden, „wenn er nicht den Nachweis erbringen kann, dass er tatsächlich über diese Leistungsfähigkeit verfügt.“
    Dem hat der nationale Gesetzeber in der VgV 2006 in § 4 IV nunmehr entsprochen:
    ..„(4) Bei der Anwendung des Absatzes 1 ist § 7 Nr. 2 Abs. 1 des Abschnittes 2 des Teiles A der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Auftragnehmer sich bei der Erfüllung der Leistung der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen kann.“
    Das gilt auch im Baubereich. § 6 II Nr. 2 VgV 2006 lautet:
    „2. § 8 Nr. 2 Abs. 1 und § 25 Nr.6 VOB/A finden mit der Maßgabe Anwendung, dass der Auftragnehmer sich bei der Erfüllung der Leistung der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen kann.“
    In der Praxis sollten die Anforderungen (Nachweise, Erklärungen, Subunternehmerangabe, abgeschlossene Verträge mit Subunternehmern etc.) in den Verdingungsunterlagen klar und eindeutig bezeichnet werden – einschließlich des Zeitpunkts der Vorlage.
  10. zu Frage 9
    Antwort:

    Die Aufträge über sog. „Baumischeinzelleistungen“ überschreiten häufig zwar nicht den Schwellenwert für Bauleistungen in Höhe von 5.150.000 €, weisen aber im Einzelfall die Besonderheit auf, dass es sich nicht um „Bauleistungen“, sondern um Lieferungen oder „Dienstleistungen“ handelt, für die die Schwellenwerte von 206.000 € oder 133.000 € („Bund“) maßgeblich sind. Bei deren Überschreiten sind EU-Verfahren durchzuführen, womit auch gleichzeitig der Primärrechtsschutz nach den §§ 102 ff GWB durch das Vergabeüberprüfungsverfahren (Vergabekammer, OLGe) zulässig ist.
    Die Bestimmung des § 1 a Nr. 2 VOB/A verhindert, dass durch einen „Trick“ (Einbauschrank statt Schrank, verklebter Teppichboden etc.) das EU-Verfahren umgangen werden kann, indem man eine Lieferung mit einer „geringwertigen Bauleistung“ „verknüpft“ und so den Schwellenwert von 5,278 Mill. € unterschreitet.
    Die Vorschrift der VOB/A in dem maßgeblichen Passus lautet:
    § 1a Verpflichtung zur Anwendung der a-Paragraphen
    1. (1) …
    2. Die Bestimmungen der a-Paragraphen sind auch anzuwenden,
      • von den im Anhang I der Richtlinie 93/36/EWG genannten Beschaffungsstellen, wenn eine Baumaßnahme aus nur einem Bauauftrag mit einem Auftragswert von mindestens 137.000 Euro ohne Umsatzsteuer besteht,
      • von allen übrigen Auftraggebern, wenn eine Baumaßnahme aus nur einem Bauauftrag mit einem Auftragswert von mindestens 211.000 Euro ohne Umsatzsteuer besteht, und bei dem die Lieferung so überwiegt, dass das Verlegen und Anbringen lediglich eine Nebenarbeit darstellt.“


    Wer also glaubt, einen Bauauftrag annehmen zu können, obwohl objektiv die Lieferung oder die Dienstleistungen überwiegen, läuft Gefahr, dass ein Bieter ein Vergabeüberprüfungsverfahren einleitet. Das muss natürlich gerügt werden – und zwar „unverzüglich“ (§ 107 III GWB). Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 18.10.2007 - VII-Verg 35/06) hat indessen nicht unzutreffend ausgeführt, dass dieses „Überwiegen“ der Dienstleistungen nicht einfach zu erkennen ist. Vielmehr wird sich dies auch erst im Überprüfungsverfahren herausstellen, wenn die entsprechenden Fakten dem Bieter bekannt werden. Mit einer solchen Vorgehensweise läuft die Vergabestelle also Gefahr, für die Manipulation bestraft zu werden.
  11. zu Frage 10
    Antwort:

    Zunächst ist zu klären, was unter Bauleistungen zu verstehen ist. Das folgt aus § 99 III GWB 2009. Dort heißt es:
    ….. (3) Bauaufträge sind Verträge entweder über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerks, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen. …..
    Ferner ist die VOB/A maßgeblich. Nach § 1 VOB/B sind „Bauleistungen …. Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird.“
    Speziell bei der Schätzung des Auftragswerts bei Neubauten ist die Besonderheit zu beachten, dass alle Gegenstände in den Auftragswert einzurechnen sind, die zur Funktion des Gebäudes gehören, also z. B. Büroeinrichtungen, Werkbänke etc. Maßgeblich ist hier der funktionale Begriff des Bauauftrags im Vergaberecht. Das zeigt die nachfolgende Entscheidung:

    OLG Dresden, Beschl. v. 2.11.2004 – WVerg 11/04 – VergabeR 2005, 258, m. Anm. v. Herrmann, Alexander (zustimmend) – „Bauauftrag“ – Funktionstheorie - Berufsschulzentrum - §§ 97, 99 II GWB, §3 2, 3 VgV – Lieferung und Montage der Erstausstattung eines Werkstatt- und Laborgebäudes als Bauauftrag ausgeschrieben – Schwellenwert nicht erreicht für Gesamtbaumaßnahme – unter 5.0 Mio. € – keine Ausschreibung nach VOL/A, da Bauauftrag (Wert der konkreten Leistung ca. 500.000 €) – Voraussetzungen des „Bauauftrags“: „Für den vergaberechtlichen Begriff des Bauauftrags kommt es mithin nicht darauf an, dass die Leistung nach deutschem Zivilrecht als Werkvertragsleistung einzustufen wäre; auch eine Werklieferung oder ein schlichter Kauf kann wegen des funktionsbedingten Zusammenhangs der zu beschaffenden Gegenstände mit dem damit auszustattenden Gebäude als Bestandteil der Bauleistung anzusehen sein....Es ist auch irrelevant, ob der Ausstattungsgegenstand wesentlicher Bestandteil des Gebäudes zu werden bestimmt ist; selbst die Beschaffung bloßer Zubehörteile i. S. des §§ 90 ff BGB kann vergaberechtlich zur Ausführung eines Bauwerks gehören...sofern sie zur Herbeiführung von dessen Funktionsfähigkeit erforderlich ist; irgendwelche Einbaumaßnahmen, mit denen eine feste Verbindung zwischen den Ausstattungsgegenständen und Gebäude geschaffen wird, sind zur Bejahung einer Bauleistung mithin nicht zwingend.... Der Gesichtspunkt der des – notwendigen – Funktionszusammenhangs macht daher auch solche Beschaffungen, die sich bei isolierter Betrachtung als Lieferauftrag darstellen mögen, zum Bestandteil einer Bauleistung....mit der Folge, dass die entsprechende Ausschreibung auf der Grundlage der VOB/A, wie auch hier, vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist.“ im Einzelfall: Unterrichtsgebäude (Berufsschulzentrum) mit kompletter Lehrwerkstatt führt die bestimmungsgemäße Nutzbarkeit des Werkstatt- und Laborgebäudes erst herbei – weitgehende Herstellung des Gebäudes steht dem nicht entgegen, „weil die Errichtung eines „leeren“ Gebäudes ohne seine funktionsspezifische Ausstattung das Bauwerk eben nicht vollendet hat.“ – Unzulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens wegen Nichterreichens des Schwellenwerts von 5.0 Mio. € - offen gelassen: Rechtzeitigkeit der Rüge des VOB/A-Verfahrens nach § 107 III GWB –
  12. zu Frage 11
    Antwort:

    Während Freiberufler-Leistungen, die nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar sind und bei denen der Auftragswert 211.000 € („Bund“ 137.000 €) überschreitet, nach der VOF zu vergeben sind, folgt aus § 1 a 2. Spiegelstrich VOL/A, dass die VOL/A nicht anzuwenden, sondern lediglich die Haushaltsordnungen zu beachten sind.
    Insofern gilt z. B. § 55 BHO (und die vergleichbaren LHO und kommunalen Vorschriften), wonach grundsätzlich öffentlich auszuschreiben und beim Abschluss von Verträgen nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren ist.
    Damit ist wenig gewonnen.
    Daher wird empfohlen, unterhalb der Schwellenwerte eine Freihändige Vergabe analog § 3 Nr. 4 VOL/A durchzuführen, um wenigstens einen „Dokumentationsrahmen“ Verfügung zu haben. Denkbar sind als Begründung die Fälle des § 3 Nr. 4 h) (fehlende Beschreibbarkeit) oder i) (Erfordernis „besonderer schöpferischer Fähigkeiten“) VOL/A.
    Was unter die Freiberufler-Leistungen zu verstehen, ergibt sich aus den „Anhaltspunkten“ in der Fußnote 1) zu § 1 a VOL/A.
    Im Übrigen führt diese analoge Anwendung der Freihändigen Vergabe dazu, dass die gesamte VOL/A zu beachten ist, soweit sich nicht aus Text und/oder Überschrift (vgl. § 24 VOL/A) Abweichendes ergibt. Die Freihändige Vergabe ist damit nach § 3 Nr. 1 III VOL/A zwar ein „nichtförmliches Verfahren“ (z. B. Textform, also Fax etc.), gleichwohl ein dokumentierter nachvollziehbarer Vorgang, bei dem im Wettbewerb etc. vergeben wird.
  13. zu Frage 12
    Antwort:

    Nach § 17 Nr. 3 V VOL/A war (und ist es) dem Ermessen des Auftraggebers im nationalen Vergabeverfahren überlassen, ob er Nebenangebote oder Änderungsvorschläge zulässt.
    Erfolgte insofern keine Angabe in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen, so waren Nebenangebote grundsätzlich nicht ausgeschlossen (vgl. insofern auch §§ 21 Nr. 2, 25 Nr. 4 VOL/A).
    Diese Rechtslage führte zur Intransparenz, da die Bieter nicht abschätzen konnten, ob sich ein Nebenangebot bzw. Änderungsvorschlag lohnen würde.
    Eigentlich hätten zumindest im EU-Vergabeverfahren seit 1993 (Richtlinie 92/50/EG - vgl. jetzt Art. 24 der Richtlinie 2004/18/EG) für „Varianten“ = Nebenangebote bzw. Änderungsvorschläge die Zulässigkeit der Varianten, die Mindestanforderungen und die Einreichungsart in der Bekanntmachung bzw. in den Verdingungsunterlagen enthalten sein müssen. Fehlen diese Angaben, „so sind keine Varianten zugelassen“ – so die Richtlinie 2004/18/EG (Art. 24 II) eindeutig.
    Das bedeutet, dass dann, wenn entsprechende Angaben der Mindestanforderungen etc. fehlen, keine Nebenangebote oder Änderungsvorschläge zugelassen sind.
    Folglich ist es zumindest im EU-Verfahren gewissermaßen umgekehrt wie bisher: fehlt die Bekanntmachung der Mindestbedingungen sind keine Änderungsvorschläge bzw. Nebenangebote zugelassen.
    Auch dies ist eine „Falle“ für Auftraggeber, da das Fehlen der Mindestanforderungen ohne entsprechende Begründung und Dokumentation Überprüfungsverfahren vor der Vergabekammer provoziert (vor allem bei interessanten Innovationsangeboten).
    Lediglich für das EU-Vergabeverfahren hat man in § 9 a Nr. 2 und § 25 a Nr. 3 VOL/A Ergänzungen vorgesehen.
    Fraglich ist freilich, ob nicht das auch im nationalen Vergabeverfahren geltende Transparenzgebot verlangt, dass wie in EU-Vergabeverfahren vorgegangen wird. Eine „Beliebigkeit“ der Zulassung, Offenheit etc. für Nebenangebote ist sachwidrig.
    Wenn also Nebenangebote etc. nicht ausgeschlossen sein sollen, so ist zumindest in EU-Verfahren nachfolgende Formulierung in die Bekanntmachung aufzunehmen:
    „Nebenangebote und Änderungsvorschläge sind entsprechend den Anforderungen in den Verdingungsunterlagen zugelassen.“
    In die Verdingungsunterlagen ist ferner zumindest aufzunehmen:
    „Nebenangebote und/oder Änderungsvorschläge sind zugelassen, wenn mit Angebotsabgabe ein nachvollziehbarer und geeigneter Gleichwertigkeitsnachweis (z. B. Sachverständigengutachten) vorgelegt wird. Die Nebenangebote und/oder Änderungsvorschläge sind getrennt vom Hauptangebot auf besonderer Anlage und als Nebenangebot und/oder Änderungsvorschlag ausdrücklich gekennzeichnet vorzulegen.“
    Hinweis:
    Wer Nebenangebote etc. erstellt, muss sich in die Situation des Auftraggebers (vgl. §§ 8 Nr. 1 VOL/A, 9 Nr. 1 VOB/A) versetzen – Eindeutigkeit, Vollständigkeit und Gleichwertigkeit mit der Leistungsbeschreibung des Auftraggebers.
    Bei funktionaler Leistungsbeschreibung sowie etwa bei der Angabe von Mindestwerten stellen „ausfüllende Angebote“ keine Nebenangebote, sondern Hauptangebote dar, die zu werten sind, wenn sie sich im „Rahmen“ der Vorgaben halten.
    Fraglich ist, ob im nationalen Vergabeverfahren nach wie vor Hauptangebote mit Änderungen (zwingender Ausschluss) in einer zweiten bzw. weiteren Wertungsstufe als „als solche nicht gekennzeichnete und nicht auf besondere Anlage gemachte Nebenangebote/Änderungsvorschläge“ der Wertung zugänglich sind – abgesehen einmal von dem Nachweis der Gleichwertigkeit.
    Jedenfalls prüfte die frühere Rechtsprechung insofern zweimal (1. Ausschluss Hauptangebot nach § 25 Nr. 1 I d VOL/A; 2. „Nebenangebote“ etc. nach § 25 Nr. 1 II c) VOL/A). In der Regel brachte das dem Bieter des Nebenangebots nichts, weil die Gleichwertigkeit fehlte.
    Unterlassen wurde dies nur, wenn Nebenangebote nach § 25 Nr. 1 I g) VOL/A ausdrücklich vom Auftraggeber ausgeschlossen wurden. Fehlten entsprechende Hinweise in der Bekanntmachung, so waren Nebenangebote etc. zugelassen. Zumindest im EU-Verfahren gilt nunmehr nach der Richtlinie 2004/18/EG Gegenteiliges.
    § 25 Nr. 1 II VOL/A enthält einen fakultativen Ausschlussgrund („kann“), soweit es sich um Angebote handelt, die nicht in besonderer Anlage und als solche gekennzeichnet sind. In diesen Fällen muss aber die Gleichwertigkeit dieses „Nebenangebots“ anzutreffen sein (bei Angebotsabgabe), was im Grunde bei entsprechendem Nachweis grundsätzlich nur bei technischen Änderungen, nicht bei den übrigen Konditionen (wie z.B. Individualrechtskonditionen wie Vertragsstrafe etc.) in Betracht kommen kann.
  14. zu Frage 13
    Antwort:

    Die Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer sind festzulegen (meist eine Matrix mit Punktesystem, welches geeignet und nachvollziehbar sein muss). Die Auswahl ist zu dokumentieren. Verspätete Teilnehmeranträge führen zur Nichtberücksichtigung.
    Auch der Teilnehmerwettbewerb unterliegt insbesondere dem Diskriminierungsverbot und Transparenzgebot.
    Die Kriterien sind in der Bekanntmachung für den Teilnehmerwettbewerb bzw. in den Vergabeunterlagen anzugeben
    Danach richtet sich die Auswahl.
    Es ist zu beachten und zu unterscheiden:
    1. Teilnehmerauswahlkriterien – nicht Eignungs- oder Zuschlagskriterien
    2. Eignungsvoraussetzungen (vgl. §§ 7, 7a VOL/A) – Grundlagen für die Ausübung des Auswahlermessens (§ 25 Nr. 2 I VOL/A)
    3. Zuschlagskriterien (Preis allein oder Preis + Wertungsmatrix - § 25 Nr. 3, 9a, 25a VOL/A).

    Grundsatz: Was „abgeprüft“ ist, kann nicht nochmals Gegenstand der Folgestufe sein (unzulässige „Doppel- oder Mehrfachwertung“).
    Informationspflicht auch für Teilnehmer?
    Fest stand lediglich, dass § 13 VgV 2006 nur die „Bieter“, nicht aber die „Bewerber“ (Teilnehmerwettbewerb) betraf. Allerdings wurde § 13 VgV auch auf Teilnehmer angewandt, so dass die Informationspflicht bereits früher bestand (war nicht unstr.)

    Klärung durch die Vergaberechtsreform 2009
    Dies ist nunmehr in § 101a) I GWB 2009 geklärt – auch Bewerber sind zu informieren
    In jedem Fall müssen die Kriterien und die Auswahl im Teilnehmerwettbewerb nachvollziehbar sein.
    Hinsichtlich der Kriterien finden sich Anhaltspunkte in § 16 VOF.
  15. zu Frage 14
    Antwort:

    Der Zugang und sein Nachweis ist nicht Gegenstand der Regelung des § 28 I VOL/A. Dort ist nur die „Schriftform“ vorgesehen, wenn freilich auch „ausnahmsweise“ die nicht schriftliche Zuschlagserteilung erwähnt und die umgehende schriftliche Bestätigung verlangt wird (§ 28 Nr. 1 I S.1 und 2 VOL/A).
    Der Zugang selbst wird in der VOL/A nicht geregelt. Insofern ist auf § 130 BGB zurückzugreifen, der für Willenserklärungen und ähnliche Äußerungen maßgeblich ist. Zugegangen ist eine Willenserklärung, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen – unter Beachtung der üblichen Büro- und Geschäftszeiten bzw. der üblichen Abholtermine (Briefkasten, Postfach, E-Mail, Anrufbeantworter, Fax etc.). Wer moderne Medien im Geschäftsverkehr benutzt (Angabe auf Briefbögen etc.), signalisiert damit auch gleichzeitig seine Bereitschaft, für das Funktionieren des jeweiligen Gerätes etc.
    Die Beweislast für den Zugang hat der Auftraggeber, der sich auf den Zugang des Zuschlags beruft – einschließlich des Beweises des Zugangszeitpunktes. Hieran ist nichts zu deuteln. Es besteht z. B. auch für Postsendungen kein Anscheinsbeweis, dass die Sendung den Empfänger auch erreicht. Auch für den Zugang eines Faxes ist kein Anscheinsbeweis anzunehmen. Skeptisch ist man auch hinsichtlich des Zugangs von E-Mails, auch wenn hier bei einer Eingangs- und Lesebestätigung ein Anscheinsbeweis eingreifen könnte.

    Dies ist alles zu riskant, wenn man einmal daran denkt, dass es nicht wenige Bieter gibt, die den Auftrag trotz ihrer Bindung nach Ablauf der Angebotsfrist nicht mehr wollen – aus vielerlei Gründen (besseres Geschäft, Lieferengpass oder –unmöglichkeit etc.).
    Daher sollte man einen möglichst sicheren und schnellen Zuggangsweg wählen. Insofern kann auf das sog. „Doppelfax“ zurückgegriffen werden, dessen Erhalt der Bieter durch Rücksendung mit Unterschrift bestätigt. Wenn das „Rückfax“ innerhalb einer Stunde nach Absendung nicht eingeht, kann der Auftragnehmer ja durch einen Kontrollrückruf Aufklärung verlangen und gegebenenfalls sicherheitshalber nochmals faxen. Sicher ist sicher – das ist beim Nachweis des Zugangs die Devise. Hier sollte man sich auf nichts einlassen, was den Vertrag gefährdet.
  16. zu Frage 15
    Antwort:

    Infolge des Widerspruchs zwischen § 21 Nr. 1 VOL/A („müssen“) und der Ermessensvorschrift des § 25 Nr. 1 II a) VOL/A („können“) entsteht in der Regel die Unsicherheit, ob Angebote ohne geforderte Nachweise und Erklärungen als unvollständige Angebote auszuschließen sind. Kritisch ist auch, ob in „Verhandlungen“ unvollständige Angebote „gerettet werden können. Zu bedenken ist ferner, dass es der Bieter mit einem „unvollständigen Angebots“ in der Hand hätte, durch die Nichtvorlage der in den „Verhandlungen“ nachgeforderten Unterlagen sein Angebot nach Ablauf der Angebotsfrist entgegen § 18 Nr. 3 VOL/A „zurückzuziehen“ und die Bindung an das Angebot unterlaufen könnte.
    Insofern haben sich auch Entscheidungen ergeben, die einen Ausschluss wegen Unvollständigkeit – zwingend – oder einen Ermessensausschluss – fakultativer Ausschluss – angenommen haben. Daher wird empfohlen – entsprechend dem Transparenzgebot – in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen anzugeben, welche Erklärungen und Angaben sowie auch Nachweise mit Angebotsabgabe und welche auf Anforderung durch die Vergabestelle nach Ablauf der Angebotsfrist einzureichen sind.
    Das vermeidet den Streit und Überprüfungsverfahren vor der Vergabekammer. Im EU-Verfahren sind Nachforderungen bei unvollständigen Angeboten regelmäßig unzulässig – nicht zuletzt wegen des Verstoßes gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot.

    Grenzen für die Vorlage von Nachweisen mit Angebotsabgabe?
    Es ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. der Grundsatz der „Bieterschonung“ zu beachten. Beispielhaft ist eine Entscheidung des BGH, in der es um die Vorlage von Verpflichtungserklärungen mit Angebotsabgabe ging (Vielzahl von Nachunternehmern):
    BGH, Urt. v. 10.6.2008 - X ZR 78/07 – www.bgh.de = BeckRS 2008, 15904 – zu weitgehende Nachunternehmererklärung –: „….müssten sich alle Ausschreibungsteilnehmer die Ausführung der fraglichen Leistungen von den jeweils ins Auge gefassten Nachunternehmern bindend zusagen lassen. Eine solche Handhabung kann die Bieter insgesamt in Anbetracht des Umstands, dass der Zuschlag naturgemäß nur auf ein Angebot ergeht, in einem Maße belasten, das in der Regel nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen dieser Vorgehensweise für die Vergabestellen steht. Sie ersparen sich damit lediglich den zusätzlichen organisatorischen und zeitlichen Aufwand, zu gegebener Zeit nach Angebotseröffnung von einem engeren Kreis der Bieter - etwa von denjenigen, deren Angebote in die engere Wahl gelangt sind.“ ……„Zusätzlich ist zu bedenken, dass sich das Risiko der Auftraggeber, lukrative Angebote wegen unvollständiger Abgabe von geforderten Erklärungen ausschließen zu müssen, nach den Beobachtungen des Senats mit der steigenden Zahl dieser vorgesehenen Erklärungen und außerdem dann erhöht, wenn die Abgabe verbindlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also mit dem Angebot vor dem Eröffnungstermin verlangt wird.“
    Der Grundsatz der „Verhältnismäßigkeit“ durchzieht das ganze Vergaberecht. Es ist daher zu empfehlen, die Anforderungen an die Vorlage von Erklärungen etc. mit Angebotsabgabe nicht zu „überfrachten“, sondern zwischen den Anforderungen zu unterscheiden,
    • die mit Angebotsabgabe vorzulegen sind
    • und den Unterlagen, die auf Anforderung z. B. von den Bietern mit Rang 1 bis 3 einzureichen sind.

    ~1511