Kommt das Vergaberecht niemals zur Ruhe?
Es muss kein schlechtes Zeichen sein, wenn die EU-Kommission Anfang 2011 die vom Vergaberecht Betroffenen mit dem Ziel einer Reform des Vergaberechts „konsultiert“. Bislang aber waren alle diese Schritte die Basis für so genannte „Reformen“, die in der Regel zu weiteren Belastungen führten. Vor allem aber kam es erneut zu Änderungen. Das führte ebenfalls zu neuem Aufwand für Schulungen, Texten, Änderungen etc. – Beteiligung an dieser Konsultation ist möglich unter http://ec.europa.eu
Der DVA hat für eine Mitgliederbefragung eine Entwurfsfassung der VOB/A, 2. Abschnitt, vorgelegt.
Schnellschuss: Vergabeverordnung 2011 und Sektorenverordnung 2011
Vielfach überrascht wurden die Praktiker durch die Reform der Vergabeverordnung sowie der Sektorenverordnung. Die beiden geänderten Verordnungen sind am 12.5.2011 in Kraft getreten (BGBl 2011, Teil I, Nr. 21 v. 11.5.2011, S. 800). Den Hintergrund bildet die Umsetzung der Richtlinie 2009/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.April 2009 über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeug (Abl. L 120 vom 15.5.2009, S. 5). Nach dieser Richtlinie und § 5 VII – X VgV 2011 und § 7 V, VI SektVO 2011 müssen Auftraggeber bei der Beschaffung von Straßenverkehrsfahrzeugen Energieverbrauch und Umweltauswirkungen berücksichtigen. Die Verpflichtung ist durch entsprechende Vorgaben in der Leistungsbeschreibung oder den technischen Spezifikationen zu erfüllen und bei der Zuschlagsentscheidung zu berücksichtigen. Man wird gegen die angestrebten Ziele (Energieeinsparung, Umweltschutz) wenig einzuwenden haben. Ob allerdings das in den Anlagen bzw. Anhängen enthaltene System sowie die „Methode zur Berechnung der über die Lebensdauer von Straßenverkehrsfahrzeugen anfallenden Betriebskosten“ das Vergabeverfahren auch unter Berücksichtigung der hehren Ziele effektiver gestaltet, darf bezweifelt werden.
Noch ´ne Reform: VOB/A
Der DVA hat für eine Mitgliederbefragung eine Entwurfsfassung der VOB/A, 2. Abschnitt, vorgelegt. Ziel ist es u.a., die VOB/A, 2. Abschnitt, an die VOL/A EG anzupassen. Man muss abwarten, wie sich die Sache weiterentwickelt. Allerdings sollte auch dieser Schritt nochmals bedacht werden; denn die Reform der VOB/A 2009/2010 ist noch nicht verdaut.
Noch ´ne Reform – GWB?
Wenn es richtig ist, dass es sich z. B. bei § 107 III Nr. 1 GWB um eine europarechtswidrige Vorschrift handelt, weil der Begriff „unverzüglich“ – obwohl seit mehr als 100 Jahren im BGB (§ 121 I BGB) – nicht hinreichend klar ist, so muss das GWB geändert werden. Das gilt ferner für § 107 III Nr. 4 GWB, der die Unzulässigkeit des Antrags auf Überprüfung an die Vergabekammer vorsieht. Wenn diese Bestimmung mit ihrer Ausschlusswirkung nicht eingreifen kann, weil nach europäischem Vergaberecht eindeutig auf Rechtsbehelfe hinzuweisen oder die Auskunftsstelle im Standardbekanntmachungsformular zu nennen ist, europarechtswidrig ist, so sollte dies auch in § 107 III Nr. 4 GWB verdeutlicht werden.
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