Nur die Linken waren dagegen:
Gegen die Stimmen der Linken hat der Bundestag am 27. September 2012 die PBefG-Novelle angenommen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drs. 17/8233) wurde in der von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen im Verkehrsausschuss verabredeten Fassung (Drs. 17/10857) angenommen. Das Gesetz wird nun nach der Zustimmungidurch den den Bundesrat vom 2. November 2012 um 1. Januar 2013 in Kraft treten könnte.
Die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist in § 8a IV – VII sowie in § 8b (vgl. auch § 12 VI) PBefGE geregelt. Diese Bestimmungen sind den bisher geltenden Grundsätzen insbesondere des § 97 GWB nachgebildet. Ob der bisherige Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit in der Tat „erhalten und konkretisiert“ wird, ist zu hinterfragen. Die Auswirkungen der Novellierung sind derzeit noch nicht abzuschätzen. Neuere Entscheidungen wie die des OLG Karlsruhe vom 9.10.2012 (Aktenzeichen 15 Verg 12/11) zeigen im Übrigen, dass in diesem Bereich große Rechtsunsicherheit herrscht. Es ist fraglich, ob diese durch die Novellierung des PBefG beseitigt wird.
Rechtsprechung
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.10.2012 – 15 Verg 12/11 – rechtswidrige Vergabe von ÖPNV-Leistungen als „Konzessionsvertrag“ – kein (Dienstleistungs-) Konzessionsvertrag (kein Einnahmerisiko), sondern Dienstleistungsauftrag i. S. des § 99 IV GWB – Anwendung der §§ 97 ff GWB sowie der SektVO – nicht maßgeblich VO 1370/07 (zwar ab dem 3.9.2009 in Kraft), sondern Richtlinie 2004/17/EG sowie SektVO – Art. 5 VO 1370/07 noch nicht anwendbar – Verstoß gegen §§ 101a, 101b, 14 GWB – unzulässige Vergabeart entgegen der Richtlinie 2004/17/EG und § 6 I SektVO: Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Aufforderung zur Teilnahme – Feststellung der Unwirksamkeit nach § 101b GWB – vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 8.2.2011 – X ZB 4/10 (allerdings zum SPNV).
OLG München, Beschl. v. 22.6.2011 – Verg 6/11 – NZBau 2011, 701 = VergabeR 2011,848 – vgl. hierzu Hübner/Frosch VergabeR 2011, 811 – Voraussetzungen für zulässige ÖPNV-Direktvergabe verneint – Stadtbusverkehr L“ – auch Kirch, Thomas, Direktvergabe von Busverkehrsdienstleistungen - VergabeNavigator 11/2011, 27 ‑ PNV – Direktvergabe – analoge Anwendung der §§ 102 ff GWB – Abgrenzung von Dienstleistungsauftrag, Dienstleistungsauftrag und Direktvergabe – Antragsbefugnis - Rüge ‑ Art. 5 Abs. 2 VO EG Nr. 1370/2007 ‑ speziell für die „Inhouse-Vergabe“ von ÖPNV - Leistungen – „Hier enthält Art. 5 Abs. 2 VO Regelungen zur Vertragsgestaltung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem internen Betreiber. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Es ist nicht gewährleistet, dass die Beigeladene den überwiegenden Teil des Busverkehrs selbst erbringt. In der Betrauungsanweisung heißt es vielmehr unter § 7, dass die Beigeladene die ihr obliegenden Leistungen teilweise von Dritten ausführen lassen kann. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Prozentanteil ist aus dieser Klausel nicht zu ersehen. Damit ist eine korrekte Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 VO nicht möglich; die Direktvergabe ist aus diesem Grund unwirksam.“
Beschluss: I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 25.3.2011 aufgehoben. II. Es wird festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin bisher durchgeführte Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 VO EG Nr. 1370/2007 wegen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2e VO EG Nr. 1370/2007 unwirksam ist und die Antragstellerin insoweit in ihren Rechten verletzt ist. III. Der Antragsgegnerin wird vorbehaltlich einer dauerhaften Aufgabe der geplanten Direktvergabe, welche im Supplement zum EU-Amtsblatt unter dem Aktenzeichen 2009/S 201-289432 vom 17.10.2009 bekannt gemacht worden ist, aufgegeben, die Anforderungen des Art. 5 Abs. 2e VO EG Nr. 1370/2007 durch entsprechende vertragliche Regelungen sicherzustellen. IV. Im Übrigen werden der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin und die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Thüringer OLG, Beschl. v. 23.12.2011 – 9 Verg 3/11 – VergabeR 2012 461, m. teils krit. Anm. und weiteren Hinweisen v. Hübner, Alexander – offenes Verfahren zur Ausschreibung von ÖPNV-Leistungen – Prüfung der „Vorfrage“ des Vorrangs eigenwirtschaftlicher Verkehrsleistung im Nachprüfungsverfahren nach den §§ 102 f GWB: diese Frage ist nicht Gegenstand vergaberechtlicher Nachprüfung – vgl. insofern die Regelung in § 8a PbefGE 2012 (s.o.); insofern auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.3 .2011 – VII Verg 48/10; zum Vorrang der eigenwirtschaftlichen/kommerziellen Verkehre vor gemeinschaftlichen/nicht kommerziellen Verkehren BVerwG, Urt. v. 19.10.2006 – 3 C 33/05; Urt. v. 29.10.2009 – 3 C 1/09; Urt. v. 29.10.2009 – 3 C 1/09.
Literatur-Auswahl
Diemon-Wies, Ingeborg/Hesse, Katharina, Präzisierte Kriterien zur Abgrenzung von Dienstleistungsauftrag und Dienstleistungskonzession, NZBau 2012, 341
Heinze, Christian, Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften, ZRP 2012, 84
Hübner, Alexander/Frosch, Christian, Die Vergabe öffentlicher Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen gemäß VO (EG) Nr. 1370/2007 im Übergangszeitraum bis 03.12.2019, VergabeR 2011, 811
Kirch, Thomas, Direktvergabe von Busverkehrsdienstleistungen ‑ VergabeNavigator 11/2011, 27 -
Knauff, Matthias, Das wettbewerbliche Vergabeverfahren nach Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 i. V. mit § 8 b PbefG-E, NZBau 2011, 655
Knauff, Matthias, Möglichkeiten der Direktvergabe im ÖPNV (Scheine und Straße), NZBau 2012, 65
Linke, Benjamin, Die Vergabe von Subunternehmerleistungen im öffentlichen Personenverkehr, NZBau 2012, 338
Roth, Hans-Peter, Neues Vergaberecht für den ÖPNV, Vergabe Navigator 2012, 15
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