EVB-IT-Vertragsmuster als zivilrechtliche, nicht als vergaberechtliche Lösungen!
IT- und insbesondere Softwarebeschaffungen werfen erhebliche Probleme auf.
Immerhin stehen mit den EVB-IT-Vertragsmustern (vgl. www.cio.bund.de) zur Verfügung.
Üblicherweise ist zunächst ein Auftrag für die Erarbeitung Lasten- und Pflichthefts (BVB-Planung) zu erteilen, das sodann als Leistungsbeschreibung für die Realisierung dient.
In den EVB-IT-Vertragsmustern werden diese Fragen nicht behandelt (Gesamtvergabe, Losvergabe etc.).
Generell macht die Leistungsbeschreibung wegen der Innovation in diesem Bereich besondere Probleme (Zulassung von Nebenangeboten, Mindestbedingungen, Markterkundung, Marktübersicht etc.).
Das „Bestimmungsrecht“ steht dem Auftraggeber zu. Er muss jedoch die entsprechenden Grenzen auch und insbesondere hier beachten. Die Entscheidung für eine bestimmte Software, ein bestimmtes System etc. muss durch nachziehbare Gründe (technisch, wirtschaftlich) dokumentiert werden. Ohne nachgewiesene Markterkundung ist dieser Weg nicht zu empfehlen.
Entscheidungen:
OLG Naumburg, Beschl. v. 30.04.14 - 2 Verg 2/14 – Baumanagementsoftware
Vergabekammer Brandenburg, Beschl. v. 3. 9. 2014 – VK 14/14 – NZBau 2014, 793 - Landesverwaltungsnetzprojekt – technische und rechtliche Beratung
Vergabekammer Bund, Beschl. v. 27.05.2014 - VK 2 - 31/14 - §§ 101 b GWB – Erneuerung, Lieferung, Montage, Inbetriebnahme eines Systems mit IP-Netz und Softwareentwicklung (Los 1) und Lieferung, Montage, Inbetriebnahme der Beschallungsanlagen (Los 2) Software –
Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 27.01.2014 - 2 VK 15 / 13 – Software - kamerale Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen („HKR“) - Weiterentwicklung der bisherigen Software oder (statt) Beschaffung der Konkurrenzsoftware –Lisch, Karsten, Die produktbezogene Beschaffung von IT-Leistungen, CR 2013, 761
Röttgen, Klaus, Klauseln zur Vervollständigung der Leistungsbeschreibung in IT Verträgen (Vollständigkeitsklauseln), (CR 2013, 628
Noch, Rainer, Inkompatible Konkurrenz, Vergabe Navigator 2014, 28
Einzelfragen:
Bestimmungsfreiheit und –recht - Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 27.01.2014 - 2 VK 15 / 13 – Software - kamerale Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen („HKR“) - Weiterentwicklung der bisherigen Software statt Beschaffung der Konkurrenzsoftware – Wirtschaftlichkeitsrechnung durch externen Berater ( Variantenvergleich) - § 107 II, III Nr. 3 GWB - „Bei der Beschaffungsentscheidung ist der Auftraggeber vergaberechtlich grundsätzlich ungebunden. Vergaberechtliche Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers bestehen nur insoweit, als dieser grundsätzlich gehalten ist, den Marktzugang für alle potentiellen Bieter offen zu halten, indem er nach Möglichkeit Beschränkungen des Wettbewerbs durch zu enge, auf bestimmte Produkte oder Bieter zugeschnittene Leistungsbeschreibungen unterlässt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2013, 15 Verg 5/13, vpr-online; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.05.2013, Verg 16/12, Rdnr. 33, juris).
Unklarheiten der Bekanntmachung - Software - OLG Naumburg, Beschl. v. 30.04.14 - 2 Verg 2/14 – Baumanagementsoftware – Unklarheiten der Bekanntmachung – Verhandlungs-verfahren mit Teilnahmewettbewerb – unberechtigtes Verlangen von „fünf Referenzen“ – Mitteilung des Auftraggebers (Zahl der Referenzen nicht maßgeblich) – Heilung verlangt insbesondere erneute Bekanntmachung mit einer angemessenen Bewerbungsfrist - Leitsätze: 1. Eine im Vergabeverfahren verwendete Bekanntmachung ist dahin auszulegen, wie der Text von einem fachkundigen Unternehmen, welches die Gepflogenheiten des konkreten Auftraggebers nicht kennt, verstanden werden muss (hier: bezüglich der Forderung nach Vorlage von fünf Referenzen). 2. Die wirksame Heilung eines Fehlers im Bekanntmachungstext setzt eine Veröffentlichung der Berichtigung in dem Pflichtmedium, d.h. hier im Supplement des Amtsblatts der EU, voraus. 3. Für die Angemessenheit einer (verbleibenden) Bewerbungsfrist nach der gebotenen Herstellung der Transparenz der Bewerbungsbedingungen kommt es nicht allein darauf an, ob in dieser Zeit die Erstellung eines Teilnahmeantrags und dessen Übermittlung an die Vergabestelle in rein „technischer“ Hinsicht noch möglich gewesen wäre, sondern darauf, ob die verbleibende Zeit auch genügt, einen Teilnahmeantrag in hoher Qualität mit echten Auswahlchancen im Teilnahmewettbewerb zu erstellen.
Unzulässige Gesamtvergabe der technischen und rechtlichen Beratung bei der Vergabe von IT-Leistungen und Software - Vergabekammer Brandenburg, Beschl. v. 3.9.2014 – VK 14/14 – NZBau 2014, 793 - Landesverwaltungsnetzprojekt – technische und rechtliche Beratung ohne Losaufteilung – Basis EVB-IT-Dienstvertrag – umfangreicher Kriterienkatalog – Rüge der Gesamtvergabe, Vermischung der technischen Beratung mit der rechtlichen – Nichtbeachtung anwaltlicher Standesrechts, ungewöhnliches Wagnis infolge Verlangens eines einheitlichen Tagesberatungssatzes für Technik und Recht – Antragsbefugnis auch ohne Abgabe eines Angebots, da durch Vergabefehler verhindert – Begründetheit: unzulässige Gesamtvergabe – gebotene Losaufteilung (ausführlichere rechtstheoretische Begründung des Verzichts auf Losaufteilung und Prüfungsweise) – zwar Heilung von Dokumentationsmängeln, aber Vergaberechtswidrigkeit der Gesamtvergabe (Abgrenzung zu den Entscheidungen des OLG Celle, NZBau 2010, 715 – Landeskriminalamt Niedersachsen, und OLG Jena NZBau 2007, 730 – ÖPP-Projekt-Schulen) – Aufteilung im konkreten Fall sinnvoll und möglich – Problematisierung des Projektmanagements wegen Verstoßes gegen § 5 I RDG – auch problematisch anwaltliche Tätigkeit als „Erfüllungsgehilfe“ eines Unternehmers infolge erforderlicher Selbstvornahmepflicht und –verantwortlichkeit – intransparente und ungeeignete Wertungskriterien (abgesehen von fehlender Bekanntmachung) – Präsentationsbewertung grundsätzlich zulässig, aber Offenlegung der grundsätzlichen Erwartungen an den Inhalt der Präsentation - Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien – fehlender Bezug der Bewertungsmaßstäbe zur konkreten Leistung
Software - Vergabekammer Bund, Beschl. v. 27.05.2014 - VK 2 - 31/14 - §§ 101 b GWB – Erneuerung, Lieferung, Montage, Inbetriebnahme eines Systems mit IP-Netz und Softwareentwicklung (Los 1) und Lieferung, Montage, Inbetriebnahme der Beschallungsanlagen (Los 2)
IT – Leistungen - Lisch, Karsten, Die produktbezogene Beschaffung von IT-Leistungen, CR 2013, 761
IT – Leistungsbeschreibung - Röttgen, Klaus, Klauseln zur Vervollständigung der Leistungsbeschreibung in IT Verträgen (Vollständigkeitsklauseln), (CR 2013, 628
IT - Lisch, Karsten, Die produktbezogene Beschaffung von IT- Leistungen, CR 2013, 761
IT - Noch, Rainer, Inkompatible Konkurrenz, Vergabe Navigator 2014, 28
IT - Röttgen, Klaus, Klauseln zur Vervollständigung der Leistungsbeschreibung in IT Verträgen (Vollständigkeitsklauseln), CR 2013, 628