Interimsvergabe als Notlösung!

Unter bestimmten Umständen können „Interimsvergaben“ in Betracht kommen (z. B. bei Ablaufen von Verträgen, Nachprüfungsverfahren und Zuschlagssperre etc.).

Neue Verträge können oder werden nicht vergeben.

Diese Interimsvergaben kommen grundsätzlich nur in Betracht, soweit sie zeitlich und sachlich erforderlich sind. Sie werden daher nur befristet oder bedingt vergeben.

Auch die Freihändige Vergabe kann durchgeführt werden, sofern z. B. „zwingende Dringlichkeit“ vorliegt. Ferner in den Fällen, in denen die Versorgung der Bürger sicher zu stellen ist (Verkehr, Energie, Trinkwasser etc.). Hier kann eine Interimsvergabe auch dann durchgeführt werden, wenn die Umstände vom Auftraggeber zu vertreten sind.

Interimsvergaben können Gegenstand von Nachprüfungsverfahren sein.

Problematisch ist die Berechnung des Auftragswerts (nur „Interimsauftragswert“ oder Addition dieses Wertes und des „Gesamtauftragswerts“). Das könnte in den Fällen dahinstehen, in denen ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb für den Interimsauftrag in Betracht kommt (vgl. § 3 IV EG VOL/A).

Maßgeblich ist der Auftragswert des Interimsauftrags. Liegt dieser unterhalb des Schwellenwerts, so darf ein nationales Vergabeverfahren durchgeführt werden – mit der Folge, dass die Anrufung der Vergabekammer infolge Nichterreichens des Schwellenwerts unzulässig ist.

Entscheidungen:

OLG Celle, Beschl. v. 30.10.2014 – 13 Verg 8/14 – NZBau 2014, 780 – Rettungsdienst Emsland –

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.08.2014, VII - Verg 15/14 – Interimsauftrag – Auftragswert

OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 30.01.2014 - 11 Verg 15/13 – Interimsvergabe im ÖPNV-Bereich

Vergabekammer Südbayern, Beschl. v. 29.10.2013 - Z 3 - 3 - 3194 - 1 - 25 - 08/13 – Schülerbeförderung – Interimsvergabe – Auftragswertberechnung – Additionsgebot

Einzelfragen

Auftragswert des Interimsvergabe - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.08.2014, VII - Verg 15/14 – Interimsauftrag – Krankentransport – Auftragswert – Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Auftrags und Auftragswerts: Antragsteller (Bieter) – Interimsauftragswert unterhalb des Schwellenwerts – Unzulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens – Anhang IB - §§ 2 VgV, 102 GWB – „Der dem Beigeladenen erteilte Interimsauftrag ... hat am 31. Mai 2014 geendet. Seit dem 1. Juni 2014 führt die Antragsgegnerin die streitigen Leistungen mit eigenen Mitteln durch. ... Unabhängig davon: Für sein gegenteiliges Vorbringen hat der Antragsteller keinen Beweis angetreten. Der Antragsteller ist dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass und in welchem (den maßgebenden Schwellenwert erreichenden) Umfang der öffentliche Auftraggeber einen der Nachprüfung nach dem GWB zu unterziehenden Auftrag erteilt hat. Die dafür vorgetragenen Indizien sind nicht so zu bewerten, dass die Antragsgegnerin einen Vortrag des Antragstellers zu widerlegen hat. ... Bei diesem Verständnis des Gegenstands und des zeitlichen Umfangs des dem Beigeladenen erteilten Auftrags ist der nach § 2 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 VgV maßgebende Schwellenwert 200.000 Euro nicht erreicht (die Auftragsvergabe betrifft im Übrigen nicht-prioritäre Dienstleistungen nach Anlage 1, Teil B, Kategorie 25 der VgV). Infolgedessen ist das GWB-Vergaberecht nicht anzuwenden und ist der Nachprüfungsantrag unzulässig (§ 100 Abs. 1 GWB). .... Der Nachprüfungsantrag hat sich allein auf Auftragsvergaben seit dem 1. Januar 2014 bezogen.“

Frist nach § 101b II GWB – OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 30.01.2014 - 11 Verg 15/13 – Interimsvergabe im ÖPNV-Bereich - § 6 SektVO, § 101 b Abs. 2 GWB, § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB, § 98 Nr. 4 GWB (VK Hessen vom 15.10.2013, 69 d VK 22 – 2013) - Amtliche Leitsätze: 1. Die 30 Tage-Frist gem. § 101b Abs. 2 GWB, binnen derer die Unwirksamkeit einer Auftragsvergabe im Sinne von § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB festgestellt werden kann, beginnt nicht, solange ein schwebend unwirksamer Vertrag noch nicht durch Genehmigung des Vertretenen wirksam geworden ist. Zweifel an der Wirksamkeit gehen zu Lasten des Auftraggebers.

Beginn des Vergabeverfahrens - OLG Celle, Beschl. v. 30.10.2014 – 13 Verg 8/14 – NZBau 2014, 780 – Rettungsdienst Emsland – interne Vorbereitung der Leistungsbeschreibung etc. – Erledigungserklärung nach Aufforderung zur Interessenbekundung für eine Interimsvergabe – spätere EU-weite Bekanntmachung hinsichtlich der Rettungsdienste -

Daseinsvorsorge - Verschulden – besondere Dringlichkeit – notwendige Beschaffung - OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 30.01.2014 - 11 Verg 15/13 – Interimsvergabe im ÖPNV-Bereich - § 6 SektVO, § 101 b Abs. 2 GWB, § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB, § 98 Nr. 4 GWB (VK Hessen vom 15.10.2013, 69 d VK 22 – 2013) - Amtliche Leitsätze: 1. Die 30 Tage-Frist gem. § 101b Abs. 2 GWB, binnen derer die Unwirksamkeit einer Auftragsvergabe im Sinne von § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB festgestellt werden kann, beginnt nicht, solange ein schwebend unwirksamer Vertrag noch nicht durch Genehmigung des Vertretenen wirksam geworden ist. Zweifel an der Wirksamkeit gehen zu Lasten des Auftraggebers. 2. Im Bereich der Daseinsvorsorge (hier: öffentlicher Personenverkehr) kann Dringlichkeit einer Interimsvergabe auch dann gegeben sein, wenn sie auf vom Auftraggeber zu vertretenden Umständen beruht. 3. Auch bei besonderer Dringlichkeit einer Interimsvergabe kommt eine Direktvergabe in der Regel allenfalls solange in Betracht, bis über eine endgültige Interimsvergabe in einem wettbewerblichen Verfahren entschieden werden kann.

Auftragswert bei Interimsvergabe – Vergabekammer Südbayern, Beschl. v. 29.10.2013 - Z 3 - 3 - 3194 - 1 - 25 - 08/13 – Schülerbeförderung – Interimsvergabe – Auftragswertberechnung – Additionsgebot -  amtliche Leitsätze: 1. Verringert sich der Leistungszeitraum und damit auch der Leistungsumfang eines europaweit auszuschreibenden Vergabeverfahrens durch eine im geplanten Leistungszeitraum durchgeführte Interimsvergabe, ist für die Schwellenwertberechnung der Auftragswert der Interimsvergabe mit dem - um den Zeitraum der Interimsvergabe geminderten - Auftragswert der europaweiten Vergabe zusammenzurechnen. In diesen Fällen ist auch die Interimsvergabe nach den Grundsätzen der Vergabe von Leistungen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG durchzuführen.