Ungewöhnliches Wagnis oder Unzumutbarkeit

 Bekanntlich ist in der VOL/A 2006 das Verbot des „ungewöhnlichen Wagnisses“ nicht mehr enthalten (früher § 8 I Nr. 2 VOL/A 2003, heute noch in § 7 I Nr. 3 VOB/A 2012).

Ein Teil der Rechtsprechung wendet die Grundsätze des § 8 I Nr. 2 VOL/A 2003 noch an.

Andere OLGe suchen die Lösung über das Merkmal der „Zumutbarkeit“.

Im Ergebnis werden hier regelmäßig übereinstimmende Lösungen gefunden, insbesondere wird auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt.

Maßgeblich ist letztlich, ob dem Bieter auf der Basis der Vergabeunterlagen eine kaufmännisch ordnungsgemäße Kalkulation „zumutbar“ bzw. nur ein übliches Unternehmerrisiko betroffen ist.

Wagnis - Dicks, Heinz-Peter, Ungewöhnliche und unzumutbare Wagnisse ,NZBau 2014, 731

Wagnis - Gruber, Thomas, Nichtigerklärung der Ausschreibung wegen Überwälzung nicht kalkulierbarer Risiken auf den AN, ZVB 2014, 426

Entscheidung:

Kein unzumutbares Wagnis – Vergabekammer Niedersachsen, Beschl. v. 28.05.2014 - VgK - 13/2014 – Schülerbeförderung – kein „ungewöhnliches Wagnis“ bzw. keine „Unzumutbarkeit“ - „Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit nach § 8 EG Abs. 1 VOL/A unzulässig oder unzumutbar ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung sowie unter Beachtung des Gesichtspunkt der Branchenüblichkeit zu klären (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.09.2004, 1 Verg 6/04; VK Bund, Beschluss vom 06.05.2005, VK III 28/05). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 8 EG Abs. 1 VOL/A nicht ausschließt, dass die Beteiligten den Rahmen des Zulässigen ausschöpfen. Jedem Vertrag wohnen gewisse Risiken inne, die der Auftragnehmer bei der Ausführung der Leistung zu tragen hat (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 15.01.2010, VgK-74/2009). Ob damit die Grenzen der Zumutbarkeit für eine vernünftige kaufmännische Kalkulation überschritten sind, kann nicht abstrakt anhand allgemeiner Grundsätze dargestellt werden, sondern ist aufgrund der branchenspezifischen Risiken im Einzelfall sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Der öffentliche Auftraggeber muss bestehende Mengenrisiken nicht zu seinen Lasten übernehmen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.04.2013, VII - Verg 50 / 12). Er wird die Überwälzung von Risiken möglicherweise mit Wagnisaufschlägen bezahlen müssen, aber es ist nicht Aufgabe der Vergabenachprüfungsinstanzen, ihm eine möglichst billige Kalkulation aufzudrängen (VK Rheinland-Pfalz, 20.09.2012 - VK 2-25/12). Andererseits ist die Vorgabe des zu vergebenden Auftragsvolumens eine nicht entbehrliche Grundlage jeder Kalkulation. Fehlt sie vollständig, so sind vergleichbare Angebote nicht mehr zu erwarten (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2011, 1 VK 25 / 11, zit. nach VERIS). – ausreichende Preisanpassung („Preisgleitklauseln oder Anpassungsklauseln sind ein probates Mittel des Auftraggebers, den Angebotspreis weitestmöglich zu senken. Dazu ist er aber nicht verpflichtet, insbesondere nicht gegenüber den Anbietern. Das gilt sowohl für die hier zugrunde gelegten allgemeinen Preissteigerungen als auch für die von der Antragstellerin geforderten spezifischen Preissteigerungen für Treibstoff und übrige Fahrzeugkosten, die konkret in Abteilung 7 „Verkehr“ des Verbraucherpreisindexes abgebildet werden http://www.destatis.de .Aus der Darstellung dort werden die vorgetragenen exorbitanten Schwankungen in den letzten Jahren nicht bestätigt.“).