Ohne Vergabeverfahren - die "echte In-house-Vergabe"
In-house-Vergaben unterfallen nicht dem Vergaberecht.
Eine In-house-Vergabe liegt bei der Beauftragung „einer eigenen Dienststelle“ vor. Ferner dann, wenn eine juristische Person betroffen ist, an der etwa eine Stadt alleiniger Gesellschafter ist.
Keine In-house-Vergaben sind betroffen, wenn z. B. an der GmbH der öffentliche Auftraggeber (Stadt) und ein Privatunternehmen (AG X) beteiligt sind.
Handelt es sich um zwei öffentliche Auftraggeber, so kommt eine „Direktvergabe“ nicht in Betracht, wenn die Betroffenen unterschiedliche Aufgaben erfüllen und im Übrigen der beauftragte im Wettbewerb mit privaten Anbietern steht. Die Gemeinnützigkeit ist insofern irrelevant.
Entscheidungen:
Kein In-house-Geschäft – EuGH, Urt. v. 19.06.2014, C - 574 / 12 – Centro Hospitalar – Such – Eurest
EuGH, Urt. v. 8.5.2014 – C-15/13 – HIS – rechtwidrige direkte Auftragsvergabe an HIS-GmbH (Gesellschafter Bund und Länder)
Gruneberg, Ralf/Wilden-Beck, Anke, Möglichkeiten interkommunaler Kooperation nach der Piepenbrock-Entscheidung des EuGH, VergabeR 2014, 99
Dierkes, Jan-Michael/Scharf, Jan Peter, Die interkommunale Zusammenarbeit – zum nachträglichen Wegfall ihrer Privilegierungsvoraussetzungen sowie zu den Folgen bei der Einbindung Dritter im Rahmen der Leistungserfüllung, VergabeR 2014, 752
Brockhoff, Sven, Öffentlich-rechtliche Zusammenarbeit nach den neuen Vergaberichtlinien, VergabeR 2014, 625
Einzelfragen:
Kein In-house-Geschäft – EuGH, Urt. v. 19.06.2014, C - 574 / 12 – Centro Hospitalar – Such – Eurest – Anhang IB (Gastronomie) - Verpflegungsleistungen - Art. 1 RL 2004/18/EG – VKR – „Die „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ als Voraussetzung für ein „In-House“-Geschäft, ist nicht gegeben, wenn der Auftragnehmer eine gemeinnützige Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht ist, zu deren Mitgliedern bei der Erteilung dieses Auftrags nicht nur Einrichtungen des öffentlichen Sektors, sondern auch private Sozialträger, die ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig sind, zählen. 33 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es für die Frage, ob die unionsrechtlichen Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und folglich die Rechtsprechung des Gerichtshofs über die Ausnahme von „In-House“-Geschäften anzuwenden sind, unerheblich ist, dass es sich um einen Auftragnehmer in der Rechtsform einer privatrechtlichen Vereinigung handelt und er keine Gewinnerzielung anstrebt. Dies schließt nämlich nicht aus, dass die in Rede stehende beauftragte Einrichtung eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Sea, C-573/07, EU:C:2009:532, Rn. 41, und CoNISMa, C-305/08, EU:C:2009:807, Rn. 45). 34 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass sich im vorliegenden Fall im Wesentlichen die Frage stellt, ob die sich aus dem Urteil Stadt Halle und RPL Lochau (EU:C:2005:5) ergebende Rechtsprechung anwendbar ist, da der SUCH nicht die Rechtsform einer Gesellschaft hat und somit kein Gesellschaftskapital besitzt, und seine Mitglieder, die dem sozialen Sektor angehören, keine Unternehmen im Sinne der in dem genannten Urteil verwendeten Terminologie sind. 35 Hierzu ist festzustellen, dass die Ausnahme für „In-House“-Vergaben auf der Erwägung beruht, dass in diesen Fällen angenommen werden kann, dass der öffentliche Auftraggeber seine im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben mit seinen eigenen Mitteln erfüllt. 36 Einer der Gründe, die den Gerichtshof zu den Schlussfolgerungen im Urteil Stadt Halle und RPL Lochau (EU:C:2005:5) veranlasst haben, lag nicht in der Rechtsform der privatrechtlichen Einrichtungen, die an der beauftragten Einrichtung beteiligt waren, oder deren kommerziellem Zweck, sondern in dem Umstand, dass diese privatrechtlichen Einrichtungen Überlegungen folgten, die mit ihren privaten Interessen zusammenhängen, die anderer Art als die im öffentlichen Interesse liegenden Ziele des öffentlichen Auftraggebers waren. Aus diesem Grund konnte der öffentliche Auftraggeber über den Auftragnehmer keine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausüben (vgl. in diesem Sinne Urteil Stadt Halle und RPL Lochau, EU:C:2005:5, Rn. 49 und 50). 37 Zu dem von dem vorlegenden Gericht geltend gemachten Umstand, der SUCH sei eine gemeinnützige Einrichtung und bei den privatrechtlichen Mitgliedern, die ihm zum Zeitpunkt der Erteilung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Auftrags angehört hätten, habe es sich um privatrechtliche - ebenfalls gemeinnützige - Sozialträger gehandelt, ist darauf hinzuweisen, dass es den konkreten Umständen des Falles geschuldet ist, dass der Gerichtshof im Urteil Stadt Halle und RPL Lochau (EU:C:2005:5) auf Begriffe wie „Unternehmen“ oder „Gesellschaftskapital“ Bezug genommen hat, was jedoch nicht bedeutet, dass der Gerichtshof seine Schlussfolgerungen nur auf die Fälle beschränken wollte, in denen gewerbliche Unternehmen, die eine Gewinnerzielung anstreben, an einer beauftragten Einrichtung beteiligt sind. 38 Ein anderer Grund, der den Gerichtshof zu den Schlussfolgerungen im Urteil Stadt Halle und RPL Lochau (EU:C:2005:5) veranlasst hat, besteht darin, dass die unmittelbare Vergabe eines Auftrags der privatrechtlichen Einrichtung innerhalb der beauftragten Einrichtung einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten verschaffen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil Stadt Halle und RPL Lochau, EU:C:2005:5, Rn. 51). 39 Im Ausgangsverfahren verfolgen die privatrechtlichen Mitglieder des SUCH Interessen und Ziele, die sich - so anerkennenswert sie in sozialer Hinsicht auch sein mögen - von den im öffentlichen Interesse liegenden Zielen unterscheiden, die von den öffentlichen Auftraggebern, die gleichzeitig Mitglieder des SUCH sind, verfolgt werden. 40 Im Übrigen ist es, wie der Generalanwalt in Nr. 37 seiner Schlussanträge festgestellt hat, nicht ausgeschlossen, dass die privatrechtlichen Mitglieder des SUCH, ungeachtet ihrer Stellung als Sozialträger, die ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig sind, wirtschaftliche Tätigkeiten im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern ausüben können. Die unmittelbare Erteilung eines Auftrags an den SUCH kann daher dessen privatrechtlichen Mitgliedern einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. 41 Folglich sind die Erwägungen, die den Gerichtshof zu den in den Rn. 36 und 38 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Schlussfolgerungen veranlasst haben, auch unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens gültig. 42 Der Umstand, dass privatrechtliche Mitglieder an der beauftragten Einrichtung nur eine minderheitliche Beteiligung innehaben, kann diese Schlussfolgerungen nicht in Frage stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Stadt Halle und RPL Lochau, EU:C:2005:5, Rn. 49). 43 Es ist schließlich festzustellen, dass es grundsätzlich ohne Belang ist, dass der SUCH nach seiner Satzung nur über die Möglichkeit verfügte, privatrechtliche Einrichtungen als Mitglieder zuzulassen. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass der SUCH bei der Erteilung des im Ausgangsverfahren fraglichen Auftrags tatsächlich nicht nur aus öffentlich-rechtlichen Mitgliedern, sondern auch aus privatwirtschaftlichen Einrichtungen bestand. 44 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Voraussetzung der „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellt worden ist, damit die Erteilung eines öffentlichen Auftrags als „In-House“-Geschäft gelten kann, nicht erfüllt und die Richtlinie 2004/18 daher anwendbar ist, wenn der Auftragnehmer eine gemeinnützige Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht ist, zu deren Mitgliedern bei der Erteilung dieses Auftrags nicht nur Einrichtungen des öffentlichen Sektors, sondern auch private Sozialträger, die ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig sind, zählen.
In-house-Vergabe – EuGH, Urt. v. 8.5.2014 – C-15/13 – HIS – rechtwidrige direkte Auftragsvergabe an HIS-GmbH (Gesellschafter Bund und Länder) - keine In-house-Vergabe – rechtswidrige Auftragserteilung als ‚In-House‘-Vergabe – Fehlende ‚Kontrolle wie über eigene Dienststellen‘ – - keine Erledigung einer gemeinsamen öffentlichen Aufgabe (Uni – HIS) - kein ‚Horizontales In-House-Geschäft‘“ – „Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt: Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag über die Lieferung von Waren, der zwischen einer Universität, die ein öffentlicher Auftraggeber ist und die im Bereich der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen der Aufsicht eines deutschen Bundeslands unterliegt, und einem privatrechtlichen Unternehmen, das sich in der Hand des Bundes und der Bundesländer, darunter des genannten Bundeslands, befindet, geschlossen worden ist, einen öffentlichen Auftrag im Sinne dieser Vorschrift darstellt und somit den Vorschriften dieser Richtlinie über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterliegt.“ - - Vorliegen eines öffentlichen Auftrags (EuGH-Urt. Stadt Halle - C‑26/03) – enger Rahmen für direkte In-house-Vergaben - Voraussetzungen: entgeltlicher Vertrag zwischen einem Auftraggeber und von ihm rechtlich von verschiedener Person – Möglichkeit der Erfüllung im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben durch Auftraggeber mit eigenen Mitteln- – kein Zwang zur Einschaltung externer nicht zu seinen eigenen Dienststellen gehöriger Einrichtungen – ausnahmsweise Ausdehnung dieses Grundsatzes auf rechtlich vom Auftraggeber unterschiedliche Einrichtungen, „wenn der öffentliche Auftraggeber über die fragliche Einrichtung eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über seine eigenen Dienststellen und diese Einrichtung ihre Tätigkeit im Wesentlichen mit der oder den öffentlichen Stellen verrichtet, die ihre Anteile innehaben ...“ – Rückgriff auf seine eigenen Mittel – Vorliegen der „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ bei ausschlaggebendem Einfluss auf die strategischen Ziele und die wichtigen Entscheidungen der beauftragten Einrichtung sowie wirksame, strukturelle und funktionelle Ausübung der Kontrolle (vgl. in diesem Sinne Urteil Econord, C‑182/11 und C‑183/11...) – Möglichkeit der gemeinsamen „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ unter bestimmten Voraussetzungen auch durch mehrere öffentliche Stellen mit Anteilen an der beauftragten Körperschaft – hier aber kein Kontrollverhältnis zwischen der Universität als öffentlichem Auftraggeber und der beauftragten Gesellschaft HIS – keine Beteiligung am Kapital der HIS – kein Vertreter im Aufsichtsrat – kein Rechtfertigungsgrund für eine „In-House“-Vergabe: keine besondere interne Verbindung zwischen Auftraggeber (Uni) und der beauftragten Einrichtung (HIS) – ferner keine Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle der Stadt Hamburg über die Universität – Kontrolle der Stadt Hamburg nur im Beschaffungsbereich, nicht aber der Lehre und Forschung (Autonomie) – kein zulässiges „horizontales In-House“-Geschäfte ´(„Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ durch einen oder mehrere Auftraggeber über zwei unterschiedliche („verschiedene“) Wirtschaftsteilnehmer und Vergabe des Auftrags durch einen an den anderen – auch keine Zusammenarbeit der Universität und der HIS zur Erledigung einer gemeinsamen öffentlichen Aufgabe im Sinne der Rechtsprechung (vgl. Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a, EU:C:2012:817, Rn. 34 und 37) – Beauftragung der HIS daher vergaberechtspflichtiger Vorgang.“