Strittig war im EU-Verfahren, ob bei der Zulassung von Nebenangeboten der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium vorgesehen werden darf. In Art. 24 I Richtlinie 2004/18/EG und in Art. 36 I Richtlinie 2004/17/EG ist davon die Rede, dass „Varianten“ = Nebenangebote zugelassen werden dürfen, „die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergaben werden.“ Da Art. 53 Richtlinie 2004/18/EG und Art. 55 Richtlinie 2004/17/EG zwischen dem Zuschlag “auf das wirtschaftlichste Angebot“ oder dem Zuschlag „ausschließlich auf das Kriterium des niedrigsten Preises“ unterscheiden, nahmen die Oberlandesgerichte teils an, dass Nebenangebote nur „in der Kombination“ mit dem Zuschlagskriterium „wirtschaftlich günstigster Preis“ zugelassen und im hiervon abweichenden Fall (Zuschlag auf den niedrigsten Preis) nicht zugelassen bzw. dann auch nicht gewertet werden dürfen. Trotz der im Übrigen im Einzelfall ausdrücklich vorgesehenen Zulassung von Nebenangeboten ergab sich hier eine für viele Bieter von Nebenangeboten die (überraschende) Nichtberücksichtigung.
Entscheidung:
BGH, Beschl. v. 07.01.2014 - X ZB 15/13 – dahingehende Klärung, dass bei Anwendung des Zuschlagskriteriums des Preises als alleinigem Kriterium keine Zulassung und keine Wertung von Nebenangeboten in Betracht kommt. - Leitsätze: „1. a) Ist in einem in den Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fallenden Vergabeverfahren der Preis alleiniges Zuschlagskriterium, dürfen Nebenangebote grundsätzlich nicht zugelassen und gewertet werden.b) Die für Nebenangebote vorzugebenden Mindestanforderungen brauchen im Allgemeinen nicht alle Details der Ausführung zu erfassen, sondern dürfen Spielraum für eine hinreichend große Variationsbreite in der Ausarbeitung von Alternativvorschlägen lassen und sich darauf beschränken, den Bietern, abgesehen von technischen Spezifikationen, in allgemeinerer Form den Standard und die wesentlichen Merkmale zu vermitteln, die eine Alternativausführung aufweisen muss. c) Die vergaberechtskonforme Wertung von Nebenangeboten, die den vorgegebenen Mindestanforderungen genügen, ist durch Festlegung aussagekräftiger, auf den jeweiligen Auftragsgegenstand und den mit ihm zu deckenden Bedarf zugeschnittener Zuschlagskriterien zu gewährleisten, die es ermöglichen, das Qualitätsniveau von Nebenangeboten und ihren technisch-funktionellen und sonstigen sachlichen Wert über die Mindestanforderungen hinaus nachvollziehbar und überprüfbar mit dem für die Hauptangebote nach dem Amtsvorschlag vorausgesetzten Standard zu vergleichen.“ – Hinweise auf Art. EU-Richtlinien 2014/24/EU (Art. 45 <Varianten> und 67 <Zuschlagskriterien> und 2014/25/EU (Art. 64 <Varianten> und 82 <Zuschlagskriterien>): In den Vorschriften „Varianten“ ist kein Bezug mehr auf „das wirtschaftlich günstigste Angebot“ mehr enthalten. Die Bestimmungen über die Zuschlagskriterien sind in beiden Richtlinien geändert.