Verdingungsordnung für Leistungen ausgenommen Bauleistungen (VOL)
Kommentierung - neue VOL/A 2006 beachten - Text siehe "Stichwort" bzw. "Texte"

VOL/A 2002/3
Text der a-§§ mit basis-§§"

Text b-§§ und SKR-§§ VOL/A-2003
Bekanntmachung der Neufassung der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) Ausgabe 2002/3 vom 17. September 2003


Verdingungsordnung für Leistungen
ausgenommen Bauleistungen
(VOL)

 

Teil A (VOL/A)
Abschnitt II
a-§§ mit Basis-§§

Ausgabe 2002/3

 

Verdingungsordnung für Leistungen
ausgenommen Bauleistungen
(VOL)



Nachstehend wird die vom Deutschen Verdingungsausschuß für Leistungen (DVAL)
erarbeitete Neufassung der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) bekannt gegeben. Sie dient ausschließlich der  Umsetzung der EG-Richtlinien 2001/78/EG der Kommission vom 13. September 2001 und des hierzu ergangenen Korrigendums der Kommission vom 9. August 2002 zur Anderung des Anhangs IV der Reichtlinie 83/35/EWG des Rates, der Anhänge IV, V und VI der Richtlinie 93/37/EWG, der Anhänge III und IV der Richtlinie 92/50 EWG des Rates in der durch die Richtlinie 97/52/EG geänderten Fassung sowie der Anhänge XII bis XV, XVII und XVIII der Richtlinie 93/38/EWG des Rates in der durch die 98/4/EG geänderten Fassung (Richtlinie über die Verwendung von Standardformularen für die Bekanntmachung öffentlicher Aufträge) in deutsches Recht und löst die Ausgabe 2000 der VOL ab.
Die nunmehr zu verwendenden Standardformulare sind im Internet unter http://simap.eu.int aufrufbar.
Die Änderung in jeweils § 9 der Abschnitte 1 - 3 sowie 13 ist redaktioneller Art und lediglich eine Anpassung dieser Vorschrift an die geänderte Zivilprozessordnung (ZPO) bzw. an das neue Schuldrecht des BGB. Des weiteren wurden zur Klarstellung die Erläuterungen zur VOL/A ergänzt.

Berlin, den 17. September 2002
IB3 - 265000/12
Bundesministeriem für Wirtschaft und Technologie
Im Auftrag
Dr. Marx

Weitergeltende Hinweise aus der Fassung der VOL 2000
Der Abschnitt 1 des Teiles A der VOL (VOL/A) gilt unterhalb der Schwellenwerte der
EG-Vergaberichtlinien für die Auftraggeber, die durch Bundeshaushaltsordnung, Landeshaushaltsordnungen und Gemeindehaushaltsordnungen zur Anwendung der VOL/A verpflichtet sind.

Die Abschnitte 2 bis 4 der VOL/A sind oberhalb dieser Schwellenwerte erst mit dem
Inkrafttreten der gemäß § 97 Abs. 6 und § 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erlassenen Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV-) von öffentlichen Auftraggebern nach § 98 GWB anzuwenden. Die bisherige Vergabeverordnung mit der Verpflichtung zur Anwendung der Ausgabe 1997 der VOL/A wird zu diesen Zeitpunkt aufgehoben.
Die Neufassung der VOL/A ermöglicht die Zulassung elektronischer Angebote durch
die öffentlichen Auftraggeber. Unterhalb der Schwellenwerte geschieht dies durch eine explizite Regelung in § 21 des Abschnitts 1 der VOL/A. Oberhalb der EG-Schwellenwerte bestehen in den Abschnitten 2 bis 4 VOL/A keine ausdrücklichen Regelungen über das Zulassen elektronischer Angebot. Dies wird allein in § 15 Vergabeverordnung geregelt.
Im Teil B der VOL (VOL/B) wurde lediglich der § 8 Nr. 1 an das neue Insolvenzrecht angepaßt.

Geltung neuer Vorschriften 2003 - Durch die 2. Änderung der Vergabeverordnung gelten ab dem 15. Februar 2003 die Vergabeverordnung 2003 – die VOL/A 2002 vom 17.9.2002 – Ausgabe 2002 – Bundesanzeiger 2002, Nr. 216 v. 20.11.2002, S. 25.145, Beilage Nr. 216a; VOF 2002 v. vom 26. 8 2002, Bundesanzeiger 2002, Nr. 203 v. 30.10.2002, S.24.077, Beilage Nr. 203a; VOB 2002 vom 12.9.2002 - - Ausgabe 2002 – Bundesanzeiger 2002, Nr. 202 v. 29.10.2002, S. 24.077, Beilage Nr. 202a; Die Neufassungen sind anzuwenden, wenn die 2. Änderung der Vergabeverordnung (§§ 4 – 6 VgV) in Kraft tritt – 1.2.2003 – sehr bedenklich; denn die neuen Bekanntmachungstexte sind im Grunde bereits seit dem Mai 2002 anzuwenden.  - Text VOB/B 2002: NZBau 2002, 661 – auch www.vergabetip.de. Neue VOL/B 2003 – Bundesanzeiger v. 5.8.2003 – Beilage Nr. 178 a – zahlreiche Änderungen, vor allem im Bereich der Mängelhaftung – www.vergabetip.de

 


Hinweis: Änderungen der VOL/A 2003 in Fettdruck
VOL Teil A
Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A)
Abschnitt 1: Basisparagraphen
(in dem Abschnitt 2 < siehe folgend > enthalten)


Abschnitt 2: Bestimmungen nach der EG-Lieferkoordinierungsrichtlinie und der EG-Dienstleistungsrichtlinie

Inhaltsübersicht

§ 1 Leistungen
§ 1a Verpflichtung zur Anwendung der a-Paragraphen
§ 2 Grundsätze der Vergabe
§ 3 Arten der Vergabe
§ 3a Arten der Vergabe
§ 4 Erkundung des Bewerberkreises
§ 5 Vergabe nach Losen
§ 6 F von Sachverständigen
§ 7 Teilnehmer am Wettbewerb
§ 7a Teilnehmer am Wettbewerb
§ 8 Leistungsbeschreibung
§ 8a Leistungsbeschreibung
§ 9 Vergabeunterlagen, Vertragsbedingungen
§ 9a Angabe der Zuschlagskriterien
§ 10 Unteraufträge
§ 11 Ausführungsfristen
§ 12 Vertragsstrafen
§ 13 Verjährung der Mängelansprüche
§ 14 Sicherheitsleistungen
§ 15 Preise
§ 16 Grundsätze der Ausschreibung
§ 17 Bekanntmachung, Aufforderung der Angebotsabgabe
§ 17a Bekanntmachung, Aufforderung zur Angebotsabgabe
§ 18 Form und Frist der Angebote
§ 18a Formen und Fristen
§ 19 Zuschlags- und Bindefrist
§ 20 Kosten
§ 21 Inhalt der Angebote
§ 22 Öffnung der Angebote bei Ausschreibungen; Vertraulichkeit
§ 23 Prüfung der Angebote
§ 24 Verhandlung mit Bietern bei Ausschreibungen
§ 25 Wertung der Angebote
§ 26 Aufhebung der Ausschreibung
§ 26a Mitteilung über den Verzicht auf die Vergabe
§ 27 Nicht berücksichtigte Angebote
§ 27a Nicht berücksichtigte Bewerbungen und Angebote
§ 28 Zuschlag
§ 28a Bekanntmachung über die Auftragserteilung
§ 29 Vertragsurkunde
§ 30 Vergabevermerk
§ 30a Melde- und Berichtspflichten
§ 31a Wettbewerbe
§ 32a Nachprüfungsbehörden


Die neuen Standardformulare waren bereits ab Mai 2002 zu benutzen.
Die nunmehr zu verwendenden Standardformulare sind im Internet unter http://simap.eu.int aufrufbar. Vgl. auch www.vergabetip.de


Kommentierung

Die VOL/A bezieht sich auf die Beschaffung von Lieferungen und Leistungen - ausgenommen
Bauleistungen, die nach der VOB/A zu vergeben sind,
Freiberufler-Leistungen unterhalb der Schwellenwerte, hier sind lediglich die Bestimmungen der Haushaltsordnungen zu beachten,
Freiberufler-Leistungen oberhalb der Schwellenwerte, die nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden können - insofern gilt die VOF, im übrigen die VOL/A (a-§§) bei eindeutiger und erschöpfender Beschreibbarkeit .

Dies folgt aus § 1 VOL/A . Die Entstehungsgeschichte ist seit 1932/1936 durch zahlreiche Änderungen gekennzeichnet. Zu nennen sind die Fassungen von 1984, 1990/1991, 1993, 1997 und die  Fassung 2000 (Bundesanzeiger Nr. 200a v. 24.10.2000 - www.bundesanzeiger.de) sowie die Letztfassung 2002, anzuwenden mit Inkrafttreten der Vergabeverordnung 2003 (1.2.2003).
Vgl. hierzu Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., 2000, Einführung, Rdnr. 45a zur Fassung 2000; ferner Müller-Wrede, Malte, Hrsg., VOL/A, 2001, § 1 Rdnr. 1 f.

Speziell die letzten Fassungen waren durch die Umsetzung der diversen EG-Richtlinien geprägt. Hierbei handelt es sich vor allem um folgende Richtlinien:
Sektorenrichtlinie vom 17.9.1990 - ABlEG L 297 vom 29.10.1990, S. 1;
Allgemeine Überwachungsrichtlinie vom 21.12.1989 - ABlEG L 395, 1989, S. 33;
SKR-Überwachungsrichtlinie vom 25.2.1992 - ABlEG L 76 vom 23.3.1992, S. 14;
Dienstleistungsrichtlinie vom 18.6.1992 - ABlEG L 209 vom 24.7.1992, S. 1:
Kodifizierungsrichtlinie LKR vom 14.6.1993 - ABlEG L 199 vom 9.8.1993, S. 1;
Kodifizierungsrichtlinie SKR vom 14.6.1993 - ABlEG L 199 vom 9.8.1993, S. 84.

Von der VOB/A und der VOF unterscheidet sich die VOL/A nicht unerheblich - wobei allerdings zahlreiche gemeinsame Bezüge festzustellen sind. Das gilt auch hinsichtlich eines gewissen Gleichlaufs in der Rechtsprechung. Die wesentlichen Grundsätze des Vergabeverfahrens sind neben den Bestimmungen der VOL/A in § 97 I GWB zu sehen. Allerdings ist strikt zwischen den Basis-Paragraphen und den a-§§ zu unterscheiden. Letztere gelten für EU-weite Verfahren bei Überschreiten der Schwellenwerte.
Im nationalen Bereich also unterhalb der Schwellenwerte sind die Bestimmungen der VOL/A als Verwaltungsrichtlinie anzusehen. Die Abschnitte 2, 3 und 4 der VOL/A hingegen haben Verordnungscharakter.
Das Vergabeverfahren stellt in folgendem Überblick wie folgt dar:

Schaubild I
Ablauf und Vergabevorbereitung

Beschaffungsplanung
Bedarfsermittlung
Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit  - Haushaltsrecht
Markterkundung und Markt-, Produkt- sowie Preisübersicht  - § 4 VOL/A
Leistungsbeschreibung - neutral, vollständige, eindeutig, wettbewerbsgeeignet - § 8 VOL/A
Zeitrahmen - Fristen Termine - §§ 11, 18, 19 VOL/A
Kostenschätzung - Schwellenwertschätzung  - §§ 2, 3 VgV 2003
Wirtschaftlichkeitsrechnungen, Kosten-Nutzen-Analysen etc. - Haushaltsrecht
Wertungskriterien - §§ 97 V GWB, 25 Nr. 3 VOL/A
Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Fachkunde - §§ 97  IV GWB,  2 Nr. 3, 7 Nr. 2, 4, 25 Nr. 2 I VOL/A
Risikoanalyse und Festlegung von verschärfenden Individualrechtskonditionen - § 9 Nr. 2, 3 VOL/A
(Vertragsstrafen, Schadenspauschalierungen, vereinbarte Beschafffenheiten,
Mängelhaftung und Verjährungsfrist, Bürgschaften etc.) - §§ 12 - 15 VOL/A
Bekanntmachung/Aufforderung zur Angebotsabgabe - §§ 17, 17 a VOL/A
Eingang der Angebote - § 22 Nr. 1 VOL/A



Schaubild II
Prüfungs- und Wertungspyramide

Eingang der Angebote nach § 22 Nr. 1 VOL/A
Öffnung der Angebote und Erfassen in der Niederschrift nach § 22 Nr. 2 ff VOL/A
Prüfung der Angebote - formell  nach § 23 Nr. 1 VOL/A - Unterlassung der Prüfung von Angeboten mit Abänderungen oder Ergänzungen etc.
Prüfung der zu prüfbaren Angebote" nach § 23 Nr. 2 VOL/A
Aufklärungsverhandlungen nach § 24 VOL/A im Ausnahmefall - Ausschluß der nicht "auf geklärten Angebote"
Wertung nach § 25 Nr. 1 VOL/A  - zwingender  Ausschluß ("ist") der Abänderungsangebote etc. -  fehlende Nachweise und Erklärungen etc.
Fakultativer Ausschluss ("können") nach § 25 Nr. 1 II VOL/A
Wertung nach § 25 Nr. 2 I VOL/A  -  Zuverlässigkeit, Fachkunde und Leistungsfähigkeit Ja- oder Nein-Prinzip
Wertung nach § 25 Nr. 2 II VOL/A - Ausschluß von "Dumpingpreisen" - derzeit kaum möglich, da kein betriebswirtschaftlich auskömmlicher Preis" verlangt werden kann - Prüfung nach den Grundsätzen des EuGH
Wertung nach § 25 Nr. 2 III VOL/A - Ausschluß von "Mondpreisen"
Eigentliche Wertung nach § 25 Nr. 3 VOL/A: "wirtschaftlichstes Angebot" = im Regelfall "niedrigster Preis" Zuschlag




Die Vergabearten zeigt folgende Übersicht:

Nationale Vergabearten:
1.Freihändige Vergabe ohne Teilnehmerwettbewerb - §§ 3 Nr. 4 VOL/A
2. Freihändige Vergabe mit Teilnehmerwettbewerb - §§ 3 Nr. 4, 4 VOL/A
3. Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnehmerwettbewerb - § 3 Nr. 3 VOLA
4.Beschränkte Ausschreibung mit Teilnehmerwettbewerb - §§ 3 Nr. 3, 4 VOL/A
5.Öffentliche Ausschreibung - § 3 Nr. 1 VOL/A

§ 1a
Verpflichtung zur Anwendung der a-Paragraphen
In dieser Reihenfolge -  von der Ausnahme (Freihändige Vergabe oder Beschränkte Auschreibung - zum Allgemeinen = Öffentliche Ausschbreiung -  ist die stufenmäßige Prüfung durchzuführen und die jeweilige Vergabeart zu begründen.

EU-weite Vergabearten:
1. Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung - § 3a Nr. 2 VOL/A
2. Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung - § 3 a Nr. 1 IV VOL/A
3. Nichtoffenes Verfahren immer mit vorheriger Bekanntmachung - § 3 a Nr. 1 I VOL/A
4. Offenes Verfahren - § 3 a Nr. 1 VOL/A.

Auch im EU-weiten Verfahren sind die Vergabearten von der Ausnahme -  Verhandlungsverfahren bzw. Nichtoffenes Verfahren - zum Regelfall des Offenen Verfahrens zu prüfen und zu begründen.
Die Entscheidung über die jeweilige Vergabeart kann nicht erfolgen, ohne daß folgende Schritte erledigt sind:
Bedarfsplanung
Bedarfsermittlung
grobe Leistungsbeschreibung Markterkundung und Marktübersicht
Preiserkundung und Preisübersicht
Kostenschätzung - Schwellenwertermittlung
Zeitrahmen - Fristen
Individualrechtskonditionen
Fertigstellung der Leistungsbeschreibung
Wertungskriterien
Entscheidung über Vergabeart
Bekanntmachung Aufforderung zur Angebotsabgabe
Anschreiben
Fertigstellungsgebot  = Vergabereife

Fehler die Stadium der Vergabevorbereitung bis zur Bekanntmachung bzw. Aufforderung zur Abgabe eines Angebots gemacht werden, können im Nachhinein in der Regel nicht mehr korrigiert werden.

Die größten Probleme sind regelmäßig in folgenden Punkten zu sehen:
Bedarfsermittlung
Nowendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Leistungsbeschreibung
Zeitrahmen und Fristen
Preisübersicht
Marktübersicht
Kostenschätzung

Die Entscheidungen über die Vergabeart, die Wertungskriterien oder die Bekanntmachung sind Folgeentscheidungen.

Für Eingang, Prüfung, Zweifelsverhandlungen , die Wertungsstufen sowie die Zuschlagsentscheidung sind die Muster zu nutzen. Nach der Bekanntmachung bzw. dem Eingang der Angebote ist Stufe für Stufe vorzugehen, um Fehler zu vermeiden.

Wenn die Beschaffungsstelle nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt, sind Sachverständige einzuschalten  - vgl. § 6 VOL/A.

Im übrigen empfiehlt es sich, die Vorgaben für die organisatorischen Entscheidungen und Kompetenzen in einer Dienstanweisung klar zu regeln. Dienstanweisungen sollten sich auf die organisatorischen Fragen, Kompetenzen/Zuständigkeit (Beschaffungsstelle, Abteilungen der Beschaffungsstelle, einzuschaltende Beteiligte (Haushalt, Rechtsabteilung, Bedarfsstellen, Gremien, Leitung der Vergabestelle etc.), Wert für die Freihändige Vergabe (mindestens ca. 15.000 - 20.000 Euro) etc. Eine Aufblähung durch die Wiederholung z.B. der Bestimmungen der VOL/A ist überflüssige Bürokratie. Das gilt auch für die meist umfangreichen, aber wenig weiterführenden "Vergabehandbücher", soweit diese nicht brauchbare Muster für die einzelnen Abläufe bieten - vgl. Muster.

Abschnitt 2: Basisparagraphen mit zusätzlichen Bestimmungen nach der EG-Lieferkoordinierungsrichtlinie (Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, ABl. EG Nr. L 199, in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997, ABl. EG Nr. L 328) und der EG-Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 92/50 EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge , ABl. EG Nr. L 209, in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997, ABl. EG Nr. L 328). Insofern ist die Fassung 2002/2003 zu beachten (wenige Änderungen: lediglich die §§ § 9 Nr. 4 v, Nr. 5, 13 (Mängelhaftung statt Gewährleistung) sowie neue überbürokratisierte Bekanntmachungsmuster. Die Standardformulare sind im Internet unter http://simap.eu.int aufrufbar.

Abschnitt 1 und Abschnitt 2 sind im Folgenden zusammgefaßt. Die a-§§ sind als spezielle Bestimmungen für die EU-Verfahren oberhallb der Schwellenwerte vor den ergeänzend anzuwendenden Basis-§§ zu prüfen. Beispiel: § 3 a Nr. 1 VOL/A: "in begründeten Fällen" kann das Nichtoffene Verfahren = Beschränkte Ausschreibung mit vorherigem Teilnehmerwettbewerb (zwingend im EU-Verfahren) gewählt werden. Da die a-§§ des Abschnitts 2 insofern keine Gestaltungen nennen, ist auf § 3 Nr. 3 VOL/A und die dortigen Gestaltungen zurückzugreifen.

§ 1
Leistungen
Leistungen im Sinne der VOL sind alle Lieferungen und Leistungen, ausgenommen

- Leistungen, die unter die Verdingungsordnung für Bauleistungen - VOB - fallen (VOB/A § 1)
- Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit1) erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen von Gewerbebetrieben angeboten werden, soweit deren Auftragswerte die in der Vergabeverordnung festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen;
- Leistungen ab der in der Vergabeverordnung festgelegten Schwellenwerte, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden und deren Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann; diese Leistungen fallen unter die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen - VOF .


1) Vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG:
(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind:
1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerisch, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe. Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, daß er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;...

§ 1a Verpflichtung zur Anwendung der a-Paragraphen

1. (1) Bei der Vergabe von Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen gelten die Bestimmungen der a-Paragraphen zusätzlich zu den Basis-Paragraphen dieses Abschnitts. Soweit die Bestimmungen der a-Paragraphen nicht entgegenstehen, bleiben die Basisparagraphen dieses Abschnitts unberührt.
  (2) Aufträge, deren Gegenstand Lieferungen und Dienstleistungen sind, werden nach Regelungen über diejenigen Aufträge vergeben, deren Wert überwiegt.
  (3) Soweit keine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen erfolgt, gelten die Regelungen sowohl für Liefer- als auch für Dienstleistungsaufträge.
2. (1) Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen nach Anhang I A sind, werden nach den Bestimmungen dieses Abschnitts vergeben.
  (2) Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen nach Anhang I B sind, werden nach den Bestimmungen der Basisparagraphen dieses Abschnitts und der §§ 8 a und 28 a vergeben.
  (3) Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs I A und des Anhangs I B sind, werden nach den Regelungen für diejenigen Dienstleistungen vergeben, deren Wert überwiegt.




Kommentierung
Literatur :

Freiberufler-Leistungen - VOF
Caspers, Anne Die Besteuerung freiberuflicher Einkünfte. Steuerrecht als Folge der Berufs- und Standesordnungen, 1999, Otto Schmidt
Eisermann, Stefan Rechtliche Grundlagen der Vergabe von Forschungs- und Entwicklungsverträgen in der Bundesrepublik Deutschland, ZVgR 1997, 201
Franke/Höfler Anwendungsbereich und Kernvorschriften der VOF, ZVgR 1997, 277
Kaufhold/Mayerhofer/Reichl Die VOF im Vergaberecht, 1999
Müller/Wrede, Malte Die Bedeutung der Mindestsatzregelung der HOAI für die Vergabe von Planungsleistungen im Rahmen der VOF, ZVgR 1999, 375
Müller/Wrede, Male(Hrsg.) Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen - VOF, 1999
Neuenfels, Klaus Einige Zweifelsfragen bei der Anwendung der VOF auf Fachingenieure, ZVgR 1998, 508

 Caspers, Anne, Die Besteuerung freiberuflicher Einkünfte. Steuerrecht als Folge der Berufs- und Standesordnungen, 1999, Otto Schmidt
Bachmann, G., Juristische Person und freier Beruf, NJW 2001, 3385

BFH, Urt. v. 19.9.2002 – IV R 70/00 - NJW 2003, 775 –Freiberufler - Personalberater – Diplom-Kaufmann – Honorar für Vermittlung: gewerbliche Tätigkeit – keine freiberufliche Tätigkeit


Freiberufler - BFH, Urt. v. 22.5.2002 – IV R 4/01 – NJW 2002, 3655 – Freiberuflerbegriff nach § 18 EStG technischer Redakteur – Bedienungsanleitungen – „schriftstellerische Tätigkeit“ (? – Aufhebung und Zurückverweisung)

 

Freiberufler – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.11.2002 – Verg 45/02 – VergabeR 2003, 342 – Botschaftssanierung – VOF – Architektenleistung - Bedeutung des § 16 III VOF– keine Unterscheidung zwischen den Auftragskriterien – Pflicht zur Angabe sämtlicher Kriterien – Unterlassung der Angabe von Auftragskriterien: keine alleinige Maßgeblichkeit des Preises im VOF-Verfahren, das sich freiberufliche Leistungen in der Regel preislich weitgehend dem Wettbewerb entziehen – vgl. hierzu auch Höß, Stefan, Die Ausschreibung nach VOF, VergabeR 2003, 261.

Freiberufler - VOF - Freiberuflerbegriff – Steuerrecht - BFH, U. v. 12.12.2001 – XI R 56/00 – NJW 2002, 990 – Rechtsanwalt als Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren – keine freiberufliche, sondern gewerbliche Tätigkeit (vermögensverwaltende Tätigkeit nicht berufstypisch für einen Rechtsanwalt)  – Gewerbesteuerpflicht – Maßgeblichkeit: Umstände des Einzelfalls, insbesondere eingesetzte Mitarbeiter (Betriebswirte, andere Anwälte, Reno-Gehilfen etc.) – vgl. ferner BFH, Urt. v. 30.8.2001 – IV R 43/00 – NJW 2002, Heft 11, X – Personengesellschaft mit gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit insgesamt gewerblich

Freiberufler-Leistungen - BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 3 Z BR 57/02 – CR 2002, 483 – Eintragung in das Handelsregister (KG) – Zweck: u.a. Entwicklung und Vertrieb von Software - Abgrenzung von Freiberufler- und gewerblicher Tätigkeit – „Zu dieser Gruppe (erg. der Freiberufler) zählen auch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure...., nicht aber sonstige Ingenieure, insbesondere aus dem EDV-Bereich. Diese sind zwar nach § 18 ESTG, § 1 Abs. 2 PartGG den Freiberuflern zugeordnet. Diese offensichtlich auf steuerrechtlichen Aspekten beruhende bzw. von dorther übernommene Einordnung ist für den handelsrechtlichen Begriff nicht maßgebend....Was Ingenieure betrifft, so werden sie in der Literatur nach dem Kriterium der Verkehrsüblichkeit teilweise zu den freien Berufen gezählt....., überwiegend aber wohl heute eher dem gewerblichen Bereich zugeordnet.... Jedenfalls der hier maßgebende Bereich der Software-Entwicklung ist der gewerblichen Tätigkeit zuzuordnen, wie Maier (NJW 1986, 1909 ff.) überzeugend dargelegt hat.....“ --- Hinweis: Diese Entscheidung – bezogen auf die handelsregisterrechtliche („Handelsgewerbe“) Eintragungsfähigkeit von Firmen auf dem Gebiet der Softwareentwicklung (zu bejahen !) - ist auch für die Vergabeverfahren von Interesse – allerdings nur bedingt. Da sicherlich die Leistungen nach BVB-Planung tendenziell zur Freiberufler-Tätigkeit zu rechnen sein dürfte – mit den entsprechenden Konsequenzen (vgl. § 1 VOL/A bzw. § 5 VergVO und VOF).


1.Betroffen sind nur öffentliche Auftraggeber und öffentliche Aufträge.
2.Nicht betroffen sind Bauleistungen sowie "Freiberuflerleistungen".
Zu Bauleistungen Müller-Wrede, Hrsg., VOL/A, 2001, § 1 Rdnr. 23 ff. m. zahlr. Nachw. Zu Freiberuflerleistungen s.o. unter Literatur  und Entscheidungen.
3.Die Basisparagrafen - §§ 1 - 30 VOL/A sind nur anwendbar, wenn die Schwellenwerte (200.000 Euro bzw. 130.000 Euro ohne Umsatzsatzsteuer - vgl. §§ 2, 3 VgV) nicht erreicht sind.
4.Freiberuflerleistungen unterhalb der Schwellenwerte unterliegen den haushaltsrechtlichen Vorschriften. Damit ein Rahmen gegeben ist, an den sich die Vergabestellen halten können, wird die entsprechende Anwendung der VOL/A oder bei größeren Aufträgen mit nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbarer Freiberuflerleistung die entsprechende Anwendung der VO/F empfohlen. Beispielhaft sind insofern Leistungen nach EVB-IT-Dienstvertrag bzw-nach BVB-Planung - mithin vor allem Forschungs-, Entwicklungs-, Planungsleistungen sowie z.B. im Einzelfall Unternehmensberatung, möglicherweise auch Schulung und Seminar (hier ist allerdings eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung möglich). Von der "Freiberufler-Leistung" ist die gewerbliche Tätigkeit (planmäßige, in Absicht auf Gewinnerzielung vorgenommene, auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit -  ausgenommen Forst- und Landwirtschaft sowie die freberufliche Tätigkeit) zu unterscheiden.
In der Praxis empfihelt sich ein striktes schrittweises Vorgehen.
Die Streitpunkte beziehen sich vor allem auf die Abgrenzung von Lieferungen und Leistungen einerseits, Bau- und Freiberuflerleistungen andererseits.
Vgll zu diesen Fragen Müller-Wrede, Hrsg., VOL/A, 2001, § 1 Rdnr. 18 ff (Bauleistungen), 38 ff. (Freiberufler-Leistungen) sowie auf Misch- und Überschneidungsfälle (Randrn. 46 ff) andererseits.

Inwiefern die Vergabestelle im "nationalen Vergabeverfahren" mit Schadensersatzansprüchen bei Fehlern überzogen werden kann, ist mehr eine theoretische, denn eine praktische Frage. Denkbar sind immerhin Ansprüche bei "Zuschlag an den Falschen nach § 311 II BGB n.F. - früher culpa in contrahendo - ; allerdings sind entsprechende Verfahren aus dem Bereich der Basis-§§ der VOL/A, soweit ersichtlich, nicht bekannt. Anders ist dies bei Bauleistungen und den dort anzutreffenden höheren Auftragswerten. Man mag insofern mit Recht die "bieterschützende Wirkung" der Vorschrift bejahen.
Müller-Wrede, Hrsg., VOL/A, 2001, § 1 Rdnr. 52.
Zu beachten ist freilich auch, daß zumindest z.B. bei einer Öffentlichen Auschreibung oder einer Beschränkten Ausschreibung bzw. einer Freihändigen Vegabe mit Teilnehmerwettbewerb der Bewerber die Kenntnis von dem Vorgehen der Vergabestelle erlangen kann - trotz des Vertraulichkeitsgrundsatzes bzw. des "Geheimwettbewerbs" -.  Kritisch wird dies vor allem bei Verfahren ohne Teilnehmerwettbewerb, da der der nicht aufgeorderte Bewerber insofern auf § 27 VOL/A angewiesen ist und keine Kenntnis von dem Verfahren erhält. Das es bei einem "Zuschlag an den Falschen" vor allem um den entgangenen Gewinn gehen wird, wird schon die erforderliche Aufnahme eines Schadensersatzprozesses eine tatsächliche Schranke für viele unberücksichtige Bewerber bilden, Ansprüche geltend zu machen. Das sollte freilich die Vergabestellen nicht davon abhalten, die Vorschriften strikt einzuhalten. Immerhin kann es hier durchaus zu Schwierigkeiten kommen (Innenrevision, Rechnungshöfe, Fach- und Rechtsaufsicht etc.). Unterhalb der Schwellenwerte von 200.000 bzw. 130.000 Euro steht dem nichtberücksichtigten Bieter während des Vergabeverfahrens kein Primärrechtsschutz (anders teils in Landesgesetzen) nach den §§ 102 ff GWB zu.

Primärrechtsschutz
Literaturauswahl

Dreher, Meinrad, Vergaberechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte, NZBau 2002,419 - eindeutig befürwortend - EU-rechtliche und nationale Vorgaben und Möglichkeiten bejahend - a.A. OLG Stuttgart, Urt. v. 11.4.2002 - 2 U 240/01 - NZBau 2002, 395 = VergabeR 2002, 374, m. Anm. v. Prieß:"eine enttäuschende Entscheidung" - kein Primärrechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte –Weinbergmauer

Freitag, Martin, Vergaberechtsschutz unterhalb der europäischen "Schwellenwerte", NZBau 2002, 204 - Erforderlichkeit der Information der unterlegenen Bieter/Bewerber auch im nationalen Verfahren

Meier, Achim, Primärrechtsschutz bei der Aufhebung einer Ausschreibung? Rechtsentwicklung nach der EuGH-Entscheidung vom 18.6.2002 - NZBau 2003, 137 – Vorlage an den BGH durch OLG Dresden gegen OLG Hamburg (Zulässigkeit).

Entscheidungen

BayObLG, Beschl. v. 27.2.2003 – Verg 25/02 – Ausschreibungspflicht von Forschungsaufträgen: vertiefte historische Erkundung von Verdachtsstandorten von Rüstungsaltlasten – Gewährung des Primärrechtschutzes bei unterbliebenem Vergabeverfahren -

OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18.10.2000 – Verg 2/00 – NZBau 2001, 156 – Durchführung eines Vergabeverfahrens für Versicherungen - Auftrag zur weitgehend vollständigen Durchführung des Vergabeverfahrens an Makler – Rechtsschutzinteresse: ausreichend das „Interesse am Auftrag“ neben anderen z.B.„geschäftspolitischen Interessen“ – Drohen des Entstehens eines Schadens: „Der „Schaden“, der unter dem Blickwinkel des Primärrechtsschutzes begriffen werden muß, besteht darin, dass durch den einzelnen beanstandeten Vergaberechtsverstoß die Aussichten des Antragstellers auf den Zuschlag beeinträchtigt worden sind oder dass die Zuschlagschancen zumindest  verschlechtert worden sein können ... Die Eignung der gerügten Vergaberechtsverstöße, eine solche Chancenbeeinträchtigung zu verursachen, ist ohne weiteres zu bejahen. Das gilt sowohl für die beanstandete Vergabeart des Verhandlungsverfahrens, zumal dann, wenn der Antragsteller sich konsequent weigert, an derartigen Vergabeverhandlungen teilzunehmen, als auch für die gerügte Übertragung der Gestaltung und Durchführung des Vergabeverfahrens   auf einen Versicherungsmakler, der eigene, vergabefremde Geschäftsinteressen mit dieser Auftragsdurchführung verbindet oder zumindest – als Gefahrenpotenzial für die nicht mit Versicherungsmaklern zusammenarbeitenden Anbieter – verbinden kann. Dass der Antragsteller dennoch mit seinen Angeboten für drei der vier Versicherungssparten Erfolg haben sollte, war zu Beginn des Nachprüfungsverfahrens nicht vorhersehbar. Einer solchen Entwicklung des Vergabeverfahrens kann und muss nach den Regeln über die Erledigung der Hauptsache Rechnung getragen werden.“ – Nichterforderlichkeit der Abgabe eines Angebots für die Antragsbefugnis: „Es ist einem Unternehmen im Allgemeinen nicht zumutbar, sich unter den von ihm für vergaberechtswidrig gehaltenen Bedingungen mit einem Angebot am Vergabeverfahren zu beteiligen, so dass die Antragsbefugnis nicht von einer(technisch und kalkulatorisch an sich möglichen) Angebotsabgabe abhängig gemacht werden darf (vgl. KG, Beschl. V. 5.1.2000, BauR 2000, 1579). Zwar wird vom OLG Koblenz (NZBau 2000, 445 [446]) die Ansicht vertreten, bei unterlassener Angebotsabgabe im Vergabeverfahren erfordere die Darlegung der Antragsbefugnis den Vortrag des Antragstellers, welches Angebot er in einem fehlerfrei durchgeführten Vergabeverfahren abgegeben hätte. Unter den Umständen des vorliegenden Falls gilt dies jedoch nicht. Bei einer erneuten Ausschreibung für eine Vergabe im offenen Verfahren kann und darf der Antragsteller damit rechnen, dass der Antragsgegner (eventuell mit gutachterlicher Hilfe Dritter) für die anzubietende Sachversicherung genauere vertragliche Spezifikationen vorschreiben wird, was er im jetzigen Vergabeverfahren – wie er vorträgt – gerade unterlassen hat, weil es ihm mit hinreichender Genauigkeit nicht möglich gewesen sei. Solange der Antragsteller aber die zu erwartenden vertraglichen Spezifikationen nicht genau kennt, ist ihm eine verlässliche Angebotskalkulation nicht möglich. Folglich steht der gerügte Rechtsverstoß derzeit einer sinnvollen Angebotskalkulation entgegen. Für diesen Fall verlangt auch das OLG Koblenz .... im Rahmen der Prüfung der Antragsbefugnis keinen Vortrag des Antragstellers, welches Angebot er in einem fehlerfrei durchgeführten Vergabeverfahren abgegeben hätte. Unter diesen Umständen reicht es aus, dass der Antragsteller am 25.4. 2000 – unter Mitwirkung seines Vorstandsvorsitzenden – unzweideutig erklärt hat, er werde im Falle der Neuausschreibung auch ein Alternativangebot für eine Allgefahrenversicherung abgeben. ..... - Eine Rügeobliegenheit besteht aber nur im Vergabe-, nicht im Nachprüfungsverfahren. Eine Obliegenheit zur (unverzüglichen Rüge) „außergerichtlichen“ Erklärung einer Rüge entsteht somit nicht mehr, wenn der Antragsteller während des Nachprüfungsverfahrens , das er wegen einem anderen Vergaberechtsverstoß beantragt hat, von einem weiteren Verstoß Kenntnis erlangt, den – zulässigerweise – in das Verfahren einbringen will....“ - Vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 20001, 106 – Restabfallbehandlungsanlage II; OLG Celle NZBau 2000, 105 = NJW 1999, 3497 = NVwZ 1999, 1257 – Bio-Tonnen. Begründetheit: Verhandlungsverfahren bei Versicherungsleistungen nicht das Regelverfahren – „Es bleibt aber auch für Versicherungsleistungen dabei, dass die Abweichung von der öffentlichen Ausschreibung, also dem Offenen Verfahren, die Ausnahme von der Regel ist (Dreher, NVersZ 1999, 10 [14] und VersR 2000, 666 [668 f.]. Das bedeutet, dass in jedem Einzelfall genau und eher streng zu prüfen ist, ob die vertraglichen Spezifikationen des vom Auftraggeber benötigten und/oder gewünschten  Versicherungsschutzes nicht doch vom Auftraggeber selbst, eventuell mit Hilfe externer Fachspezialisten (vgl. § 6 Nr. 1 VOL/A), hinreichend genau festgelegt und beschrieben werden können, ohne das Ziel (im Offenen oder Nichtoffenen Verfahren) zu verfehlen, den Auftrag auf das beste Angebot zu vergeben.  Eine andere, das Verhandlungsverfahren bevorzugende Auslegung des § 3 a Nr. 1 IV lit. C VOL/A (und das gilt auch für Art. 11 II lit. C DLR) stünde mit den übergeordneten vergaberechtlichen Grundsätzen, insbesondere mit dem Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz, nicht im Einklang. ..... Das bedeutet, dass für die Vergabe von Versicherungsaufträgen, die bekannt oder gar schon bisher versicherte Risiken decken sollen, oder bei deren Ausschreibung auf weitgehende bereits vorhandenen Deckungskonzepten – eventuell mit einer Überarbeitung und Anpassung an den sich ändernden Versicherungsbedarf – aufgebaut werden kann, eine Abweichung vom Offenen Verfahren in der Regel nicht in Betracht kommt (vgl. Dreher, NVersZ 1999, 10 [14] und VersR 2000, 666 [669.]; vgl. auch Müller-Stüler, VersR 1999, 1060 [1064 re. Sp.]). Sollte die Bedarfssituation im Einzelfall anders beschaffen sein, so dass sie für die Neuvergabe von Versicherungsaufträgen das Offene und das Nichtoffene Verfahren als ungeeignet erscheinen lässt und die Wahl des Verhandlungsverfahrens rechtfertigt, ist es Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers, die hierfür maßgebenden tatsächlichen Umstände darzulegen. Denn ihn trifft die Beweislast für die Tatsachen, die die Ausnahme(des Verhandlungsverfahrens gegenüber den vorrangigen Vergabearten) rechtfertigen....“ Ergebnis: Keine Erfüllung der Voraussetzungen des Verhandlungsverfahrens – Pflicht zur Durchführung des Offenen Verfahrens – völlige Aufhebung des Vergabeverfahrens - Weitere Rüge – nahezu Übertragung des Vergabeverfahrens auf einen Versicherungsmakler: Unzulässigkeit wegen Interessenkollision – „Da aber die Gefahr, dass Bieter durch die Übertagung zahlreicher und für das Vergabeverfahren wesentlicher Befugnisse auf Dritte trotz deren eigenen wirtschaftlichen Interesse an bestimmten Vergabeergebnissen benachteiligt werden, aus der Sphäre des Auftraggebers stammt, die Entstehung der Gefahr also ihm zuzurechnen ist, ist eine Beweislastumkehr gerechtfertigt (im Ergebnis ebenso: OLG Rostock, NZBau 2000, 479 [481] = VersR 1999, 1511 [1512  f.]; BayOLG, NZBau 2000, 259 [261] = EWiR § 97 GWB 1/2000, 531 f).“ –  Verstoß im übrigen gegen § 2 Nr. 3 VOL/A – Aufhebung des Vergabeverfahrens – kein Feststellungsinteresse für den Fall/trotz des Zuschlags wegen eventueller Verstöße – keine Wiederholungsgefahr

OLG Naumburg, Beschl. v. 16.3.2003 – 1 Verg 10/02 – VergabeR 2003, 360, m. Anm. v. Stickler, Thomas (teils krit.) – Wirksamkeit des Zuschlags nach Ablauf der Frist des § 115 I GWB bei fehlender Information durch Beschwerdeführer und sonstiger fehlender Kenntnis der Vergabestelle von der Einlegung der Beschwerde - § 118 I GWB enthält kein gesetzliches Verbot, nur § 115 I GWB – Verbotswirkung des § 118 I GWB abhängig von einem vorherigen Zuschlagsverbot nach § 115 I GWB – Voraussetzungen des Primärrechtsschutz nur bei eigenverantwortlichem Bemühen des Bieters auch im Beschwerdeverfahren – Erforderlichkeit der Übermittlung der Beschwerdeschrift an Vergabestelle nach § 118 GWB – Tariftreuerklärung abgegeben (Rüge des Erfordernisses der Abgabe der Tariftreueerklärung nicht durchgreifend bei Abgabe der Erklärung) – Rüge des Verhandlungsverfahrens verspätet, da nicht vor Angebotsabgabe und im übrigen lediglich „höchst vorsorglich“- Rüge ist bedingungsfeindlich – bewusstes Einlassen auf verhandlungsverfahren: danach erfolgende Rüge verspätet – Anforderung der Erklärungen: Bescheinigung der Sozialkasse des Baugewerbes über die vollständige Entrichtung der Abgaben und Auszug aus dem Gewerbezentralregister nicht älter als sechs Monate – auch insofern keine rechtzeitige Rüge – keine Vorlage innerhalb der gesetzten Frist – keine Ungleichbehandlung, da von allen verlangt.

OLG Stuttgart, Urt. v. 11.4.2002 - 2 U 240/01 – NZBau 2002, 395 – kein Primärrechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte –Weinbergmauer – bei Verstössen gegen die VOB/A an sich kein Anspruch nach §§ 1 UWG, 823, 1004 BGB – Aufhebung der Entscheidung des LG Heilbronn – kein Anspruch des Bieters – kein Wettbewerbsverhältnis – anders bei Bevorzugungsabsicht (OLG Hamm NJW-WettbR 2000, 9) - Unterlassungsanspruch der Ast. aus § 1 UWG oder §§ 823 II, 1004 BGB analog nur dann, „wenn feststünde oder wenigstens glaubhaft gemacht wäre, dass die Antragsgegnerin (Ag.)bei der Vergabe vorsätzlich das Recht bricht oder sonst in unredlicher Absicht oder willkürlich vorzugehen droht. Davon kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein.“ – keine Ansprüche aus UWG – kein Wettbewerbsverhältnis - „Im vorliegenden Fall liegt auf der Hand, dass die Ag. nur deshalb und aus keinem anderen Grund die B. bevorzugen will, weil sie deren Angebot für das annehmbarste hält.“ – Nebenangebot gleichwertig – „Dem Senat erscheint es plausibel, dass die in der Ausschreibung zwar nicht vorgesehene, aus tatsächlichen Gründen aber wahrscheinlich auch gar nicht bedeutsame Vertragsgrundlage ,,frostfreie Gründung" der Ag. nicht Grund genug ist, das Nebenangebot der B zu opfern. Die Unsicherheit in diesem Punkt reicht jedenfalls nicht aus, der Ag. zu unterstellen, sie wolle die B unsachlich bevorzugen. Der Vorwurf des Doppelmandats ist abwegig.“ – keine Ansprüche nach GWB (keine marktstarke/markt-beherrschende Stellung) – keine Verfügungsansprüche aus § 823 II BGB i. V. mit VOB/A und § 1004 BGB analog  - VOB/A kein Schutzgesetz i. S. des § 823 II BGB – „Über dem Schwellenwert hat die VOB/A durch den Verweis in § 6 VgV (Ermächtigungsgrundlage: § 97 II GWB) Gesetzesqualität. Im Übrigen ist die VOB/A nach gefestigter Rechtsansicht kein Gesetz, sondern bloß eine interne Verwaltungsvorschrift (Gröning, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB, Teil A, Syst IV, Rdnr. 106 f., unter Hinw. auf die jahrzehntelange Rechtsprechung des BGH). Der ausdrückliche Hinweis in der Ausschreibung, ,,die VOB/A wird nicht Vertragsbestandteil - ein Rechtsanspruch des Bieters auf die Anwendung besteht nicht", hat insofern keine präkludierende, sondern nur deklaratorische Bedeutung. Für ihre gegenteilige Ansicht kann sich die Ast. nicht mit Erfolg auf das von ihr zitierte Urteil des BGH vom 8.9. 1998 (NJW 1998, 3636) berufen. .... Ist die Ag. nicht von Gesetzes wegen, sondern nur kraft Vertrags oder vorvertraglicher Verpflichtung an die VOB/A gebunden, ist § 823 II BGB nicht anwendbar.“ - Art. 3 GG als Schutzgesetz i. S. von § 823 II BGB - Bindung des Staats und der öffentlich-rechtlichen Körperschaften bei der Auftragsvergabe zumindest an Art. 3 GG (OLG Düsseldorf, NJW 1981, 587; OLG Brandenburg, NVwZ 1999, 1142; Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Vorb. §§ 97ff. Rdnrn. 88 bis 92 mw. Nachw.; a. A. BGHZ 36, 9 f.; offengelassen in BGH, NJW 2001, 1492 [1494]). – kein Verstoß gegen Art. 3 GG durch drohenden Zuschlag : „Die Ag. behandelt nicht Gleiches, sondern Ungleiches ungleich. Das Nebenangebot der B. unterscheidet sich von dem der Ast. unter anderem in einem wesentlichen Punkt: Es ist billiger und die Ag. hält es für gleichwertig und deshalb für das Annehmbarste. Die Ag. behandelt nicht etwa deshalb Gleiches ungleich, weil sie der B. etwas erlaubt, was der Ast. nicht erlaubt ist. Hätte die Ast. ihrerseits ein dem Hauptangebot oder dem Nebenangebot der B. gleichwertiges Nebenangebot abgegeben, so hätte die Ag. es ebensowenig ausgeschieden, wie das der B.“ – kein dem Nachprüfungsverfahren gem. §§ 97 ff. GWB vergleichbaren Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte - BGH, JZ 1996, 1022 [1024 f. m. insoweit zust. Anm.]; Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 5.1027; VGH Mannheim, NJW 1996, 72 [74]; a.A. bei gleicher Grundrechtslage: ÖstVerfGH, DB 1999, 2511 [2512]): „Entscheidend ist der vom ÖstVerfGH (im veröffentlichten Teil der Entscheidung) nicht gesehene Gesichtspunkt, dass die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis zwischen innerstaatlicher Gesetzgebung und Gemeinschaftsgesetzgebung eine Rechtsangleichung erzwingen könnte, für die der Gemeinschaft eine Kompetenz nicht zusteht.“ – kein Anspruch aus c. i. c. – vgl. Gröning, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, Syst IV Rdnr. 120 – ferner zum Rechtsschutz durch einstweilige Verfügung im Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte Gehrlein,  NZBau 2001,483.

Saarländisches OLG, Beschl. v. 29.4.2003 – 5 Verg 4/02 – VergabeR 2003, 429, m. Anm. v. Krist, Matthias = NZBau 2003, 462 – wie OLG Stuttgart NZBau 2002, 395 – Weinbergmauer - danach keine Vorlage an das BVerfG – keine verfassungsrechtlichen Bedenken - kein Primärrechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte

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