HOAI - Architekt - Ingenieure

 

HOAI-Reform

Übersicht

  1. HOAI-Änderung -  Gesetze zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen und anderer Gesetze – Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Dr. 19/2182 – 31.8.2020
  2. Zustimmung des Bundesrats

Bundesrat Drucksache 539/20 (Beschluss) 06.11.20

  1. Verordnung der Bundesregierung

Erste Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vom ...

  1. Rechtsprechung
  2. Literatur – Auswahl

 

  1. HOAI-Änderung - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen und anderer Gesetze – Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Dr. 19/2182 – 31.8.2020

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen

Das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745, 1749), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. November 1984 (BGBl. I S. 1337) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

  1. § 1 wird wie folgt gefasst:

„§ 1 Ermächtigung zum Erlass einer Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistungen

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistun­gen zu erlassen und Folgendes zu regeln:

  1. die Grundlagen und Maßstäbe zur Berechnung von Honoraren,
  2. Honorartafeln zur Honorarorientierung für Grundleistungen, auch in Abgrenzung zu besonderen Leistungen,
  3. eine Regelung, wonach bestimmte in den Honorartafeln angegebene Honorars­ätze für Grundleistungen für den Fall als vereinbart gelten, dass keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen wurde,
  4. die bei der Honorarvereinbarung einzuhaltende Form und die zu beachtenden Hinweispflichten.

Bei der Bestimmung der Honorartafeln zur Honorarorientierung nach Satz 1 Nummer 2 ist den berechtigten Interessen der Ingenieure und Architekten und der zur Zahlung Verpflichteten Rechnung zu tragen. Diese sind an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Ingenieurs oder Architekten auszurichten.

(2) Grundleistungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 und 3 sind Leistungen, die regelmäßig im Rahmen von Flächen-, Objekt- oder Fachplanungen auszuführen sind. Sie umfassen insbesondere auch Leis­tungen der Beratung, Planung, Maßnahmendurchführung sowie Leistungen im Zusammenhang mit Verga­beverfahren.“

  1. § 2 wird aufgehoben.
  2. § 3 wird § 2.

Artikel 2

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches

In § 650q Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1245) geändert worden ist, werden die Sätze 2 und 3 durch folgenden Satz ersetzt:

„Im Übrigen gilt § 650c entsprechend.“

Artikel 3

Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

  • 114 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 25. Juni 2020 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
  1. Die Wörter „alle drei Jahre jeweils bis zum 15. Februar“ werden durch die Wörter „auf Anforderung“ ersetzt.
  2. Folgender Satz wird angefügt:

„Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegan­gen sind.“

Artikel 4

Änderung der Vergabeverordnung

Die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 674) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

  1. § 17 wird wie folgt geändert:
  2. In Absatz 6 werden nach dem Wort „beträgt“ die Wörter „beim Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb“ eingefügt.
  3. Folgender Absatz 15 wird angefügt:

„(15) In einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach § 14 Absatz 4 Nummer 3 ist der öffentliche Auftraggeber von den Verpflichtungen der §§ 9 bis 13, des § 53 Absatz 1 sowie der §§ 54 und 55 befreit.“

  1. In § 73 Absatz 2 Nummer 1 werden die Wörter „vom 10. Juli 2013 (BGBl. I S. 2276)“ gestrichen.
  2. § 76 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Auf die zu erbringende Leistung anwendbare Gebühren- oder Honorarordnungen bleiben unberührt.“

Artikel 5

Änderung der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit

Dem § 12 der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit vom 12. Juli 2012 (BGBl. I S. 1509), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 674) geändert worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe b ist der öffentliche Auftraggeber von den Verpflichtungen des § 30 Absatz 1 und 2 befreit.“

Artikel 6

Änderung der Sektorenverordnung

  • 9 der Sektorenverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624, 657), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 674) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
  1. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

„(3) In einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach § 13 Absatz 2 Nummer 4 darf die Kommunikation im Vergabeverfahren auch mit anderen als elektronischen Mitteln erfolgen.“

  1. Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.

Artikel 7

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Hinweis: Gesetzesänderung soll zum 1.1.2021 in Kraft treten.

 

 

  1. Zustimmung des Bundesrats

Bundesrat Drucksache 539/20 (Beschluss) 06.11.20

Beschluss des Bundesrates Erste Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure Der Bundesrat hat in seiner 995. Sitzung am 6. November 2020 beschlossen, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.

  1. Verordnung der Bundesregierung

Erste Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - Die vollständige Verordnung finden Sie hier (PDF, 206 KB).

Auf Grund des § 1Absatz 1 des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur-und Architektenleistungen vom 4. November 1971(BGBl. I S. 1745, 1749), der durch Artikel 1 Nummer 1 des Gesetzes vom XX. XX 2020 (BGBl. I S. XXXX) neugefasst worden ist, verordnet die Bundesregierung:

Artikel 1

Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vom 10. Juli 2013 (BGBl. I S. 2276) wird wie folgt geändert:1

  • 1 wird wie folgt gefasst:

„§ 1 Anwendungsbereich

Diese Verordnung gilt für Honorare für Ingenieur-und Architektenleistungen, soweit diese Leistungen durch diese Verordnung erfasst sind. Die Regelungen dieser Verordnung können zum Zwecke der Honorarberechnung einer Honorarvereinbarung zugrunde gelegt werden.“

  1. Nach § 2 wird der folgende § 2a eingefügt:

„§ 2a Honorartafeln und Basishonorarsatz

(1) Die Honorartafeln dieser Verordnung weisen Orientierungswerte aus, die an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung ausgerichtet sind. Die Honorartafeln enthalten für jeden Leistungsbereich Honorarspannen vom Basishonorarsatz bis zum oberen Honorarsatz, gegliedert nach den einzelnen Honorarzonen und den zugrundeliegenden Ansätzen für Flächen, anrechenbare Kosten oder Verrechnungseinheiten.

(2) Basishonorarsatz ist der jeweils untere in den Honorartafeln dieser Verordnung enthaltene Honorarsatz.“

  1. § 3 wird wie folgt gefasst: .....

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.



 

  1. Rechtsprechung

EuGH Urt. v. 04.07.2019 - C-377/17 - zur Unvereinbarkeit der Honorarmindestsätze der HOAI: grundsätzlich nicht nach § 63 Abs. 1 S. 1 VgV gerechtfertigt, kann aber als freie, ggf. zum Schadenersatz verpflichtende Aufhebung nach § 63 Abs. 1 S. 2 VgV wirksam sein.

BGH, Beschl. v. 14.5.2020 – VII ZR 174/19 – Streitfall: Honorarvereinbarung (Ingenieur, Wirksamkeit der Mindestsätze, Pauschalvertragsvergütung unwirksam?) -  Unwirksamkeit bei Unterschreitung der Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung – Niederlassungsfreiheit – Vorlage an EuGH

KG, Urt. v. 12.05.2020 - 21 U 125-19 – Tragwerksplanung – mündliche Verhandlung und Corona – HOAI – Anwendung unter Privaten – amtliche Leitsätze: 1. Zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 128a Abs. 1 ZPO bei zur Eindämmung des Coronavirus eingeschränktem Betrieb des Gerichts 2. Das Mindestpreisgebot gem. § 7 Abs. 6 Satz 1 HOAI 2009 ist nach dem Urteil des EuGH vom 4. Juli 2019 (C-377/17) weiterhin anzuwenden (Fortführung Senatsbeschluss vom 19. August 2019 - 21 U 20/19, Rn. 18 ff.). Die Richtlinie 2006/123 EG vom 12. Dezember 2006 (Dienstleistungsrichtlinie) ist innerhalb eines privaten Rechtsverhältnisses nicht unmittelbar zulasten des Architekten oder Ingenieurs anwendbar. Art. 49 AEUV ist auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht anwendbar.3. Der Tragwerkplaner hat keine eigenen Kostenermittlungen zu erstellen. Zur Berechnung seines Honorars muss ihm der Auftraggeber die Kostenberechnung des Objektplaners vorlegen.4. Geschieht dies nicht, kann der Tragwerkplaner selbst eine Kostenberechnung erstellen, die seiner Honorarberechnung zugrunde zu legen ist, soweit der Auftraggeber sie nicht konkret bestreitet.“ – zur Corona-Problematik: „1. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif, insbesondere hat der Senat am 5. Mai 2020 eine ordnungsgemäße mündliche Verhandlung durchgeführt. Bei dieser waren nur die drei Mitglieder des Senats im Sitzungssaal des Kammergerichts anwesend, haben dort aber eine Videokonferenz mit den Prozessbevollmächtigten beider Parteien abgehalten, die über eine Webkonferenz-Software zugeschaltet waren. Diese Vorgehensweise ist von § 128a Abs. 1 ZPO gedeckt. Dass die von den Senatsmitgliedern genutzten Notebooks und die verwendete Webkonferenz-Software nicht vom Gericht, sondern von den Senatsmitgliedern privat gestellt waren, ist unerheblich. § 128a Abs. 1 ZPO ist insoweit keine Einschränkung zu entnehmen. Die Verhandlung war auch öffentlich, da das Kammergericht zur Zeit der Verhandlung unbeschadet der Einschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus für die Öffentlichkeit zugänglich und der Saal, in dem die drei Senatsmitglieder saßen, ebenfalls geöffnet war.“

OLG Celle, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96-19 – HOAI (EuGH, Urt. v. 4.7.2019 – C-377/17) - Folgen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI für Pauschalpreisabrede

OLG Celle, Urt. v. 13.05.2020 - 14 U 71-19 – Architekten(pauschal)honorar – amtliche Leitsätze: 1. Eine Honorarvereinbarung ist nicht gem. § 7 Abs. 1 HOAI unwirksam, weil sie mündlich geschlossen wurde. 2. Eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI führt nicht (mehr) zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung. 3. Eine Pauschalhonorarvereinbarung kann wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein (hier verneint). 4. Der Auftragnehmer, der bis zur vorzeitigen Beendigung eines Pauschalpreisvertrages nur geringfügige Teilleistungen erbracht hat, kann die ihm zustehende Mindestvergütung in der Weise abrechnen, dass er die gesamte Leistung als nicht erbracht zugrunde legt und von dem Pauschalpreis die hinsichtlich der Gesamtleistung ersparten Aufwendungen absetzt (BGH, Urteil vom 25. November 2004 – VII ZR 394/02 –, juris). Es spricht nichts Durchgreifendes dagegen, eine solche Abrechnung auch in Fällen zuzulassen, in denen die beauftragte Leistung bis zur Kündigung nicht nur in ganz geringem Umfang erbracht worden ist, sondern der Anteil nicht erbrachter Leistungen den der erbrachten Leistungen nur erheblich überwiegt. 5. Wenn es dem Auftraggeber gestattet ist, Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung des Unternehmers zu erheben (vgl. nunmehr § 650g Abs. 4 S. 2 BGB), kann er erst recht nicht mit inhaltlichen Einwänden ausgeschlossen sein. Bei Vorlage einer neuen Abrechnung ist der Auftraggeber daher nicht – auch nicht im Hinblick auf § 531 Abs. 2 ZPO – gehindert, erstinstanzlich nicht geltend gemachte Einwände betreffend die ersparten Aufwendungen im Berufungsverfahren zu erheben. 6. Tritt der Auftraggeber dem substantiierten Vorbringen des Auftragnehmers zu den ersparten Aufwendungen nicht entgegen, so gilt gem. § 138 Abs. 3 ZPO der Vortrag des Auftragnehmers als zugestanden. 7. Kündigt der Auftraggeber gem. § 648 S. 1 BGB n.F., beauftragt einen anderen Architekten und reagiert auf Schreiben des Auftragnehmers nicht, gibt er zu erkennen, dass er das Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer als endgültig beendet ansieht und keine Leistungen mehr annehmen will. Macht der Auftraggeber bei seiner Inanspruchnahme Mängel geltend und stellt anderweitige Schadensersatzansprüche zur hilfsweisen Aufrechnung, gibt er zu erkennen, auch zu einer Abnahme der Leistungen des Auftragnehmers nicht willens zu sein. Eine Abnahme (§ 640 BGB) ist in diesem Fall entbehrlich, weil sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis gewandelt hat. 8. Die Zulässigkeit neuen Vorbringens und einer Hilfsaufrechnung im Berufungsverfahren bemisst sich nach den §§ 533, 529, 531 ZPO. Eine Hilfsaufrechnung ist nicht als sachdienlich gem. § 533 Nr. 1, 2. Alt. ZPO anzusehen, wenn ihre Zulassung den vorliegenden Prozess mit völlig neuem Streitstoff belastet, der zudem ein anderes Bauvorhaben betrifft, und zwischen der mit der Klage geltend gemachten Forderung und der Aufrechnungsforderung kein rechtlicher Zusammenhang besteht. Die Voraussetzungen des § 533 S. 2 ZPO liegen nicht vor, wenn das neue Vorbringen gem. § 531 abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen ist.

OLG München, Beschl. v. 10.04.2019 - Verg 8 – 18 - Architektenleistungen der Objektplanung – unangemessene (-) Aufwandsentschädigung in Höhe von 5. 000,- € netto inkl. Nebenkosten für Lösungsvorschlag – Rüge - ermessensfehlerhafte Vergabekammerkostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärungen und der Rücknahme des Fortsetzungsfeststellungsantrags entgegen § 182 III s. 5, IV S. 2, 3 GWB nach Billigkeitsgesichtspunkten

OLG Rostock, Beschl. v.02.10.2019 - 17 Verg 3-19 – kommunale Wohnungsbaugesellschaft als öffentlicher Auftraggeber – pauschale Bezugnahme auf HOAI – Gewichtung des Honorarparameters 10 % - unberechtigte Aufhebung infolge der Entscheidung des EuGH Urt. v. 04.07.2019 - C-377/17 – Verstoß durch verbindliche Honorare der HOAI gegen Unionsrecht - § 63 I S. 1, I S. 2 VgV, 99 Nr 2 GWB - Nichtgewerblichkeit - Allgemeininteresse - Vergaberechtswegs - Gewinnerzielung - Aufhebung wegen Urteil des EuGH vom 04.07.2019 - C-377/17 - zur Unvereinbarkeit der Honorarmindestsätze der HOAI: grundsätzlich nicht nach § 63 Abs. 1 S. 1 VgV gerechtfertigt, kann aber als freie, ggf. zum Schadenersatz verpflichtende Aufhebung nach § 63 Abs. 1 S. 2 VgV wirksam sein.

OLG Stuttgart, Urt. v. 16.01.2018 – 10 U 80 - 17 – HOAI – Planungsleistungen – Vertragsschluss – amtliche Leitsätze: 1. Für die Frage der Anwendbarkeit der HOAI ist nicht maßgeblich, wer Vertragspartner des Architekten ist. Die HOAI knüpft nicht an die Qualifikation der Personen des Vertrags an, sondern an den Leistungsinhalt, so dass nicht maßgeblich ist, ob die zu den Grundleistungen der HOAI gehörenden Leistungen nicht gegenüber einem Bauherrn, sondern gegenüber einer Bauunternehmung zur Angebotserstellung und zur Abwicklung von Bauaufträgen erbracht wurden. 2. Ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille zur Beauftragung vergütungspflichtiger Architektenleistungen kann sich aus dem späteren Verhalten des Leistungsempfängers ergeben, wobei vom Grundsatz auszugehen ist, dass jeder Architekt grundsätzlich nur für eine begrenzte Zeit und nur in begrenztem Umfang bereit sein wird, unentgeltlich Leistungen in vertragslosem Zustand für einen Auftraggeber zu erbringen. Eine derartige schlüssige Willensäußerung kann angenommen werden, wenn sich ein Auftraggeber die Leistungen des Architekten zunutze macht. 3. Ergibt sich aus vorgelegten Unterlagen, dass der Kläger in den abgerechneten Bauvorhaben tätig war, genügt ein einfaches Bestreiten der behaupteten Leistungserbringung nicht, sondern ein substantiiertes Bestreiten erfordert dann den Vortrag, wer - wenn nicht der Kläger - diese Leistungen erbracht haben soll. 4. Soweit durch weiter substantiierte Ausführungen und die weitere Vorlage neuer Urkunden neuer Vortrag zur Leistungserbringung erstmals in zweiter Instanz gehalten wird, steht dessen Berücksichtigung § 531 Abs. 2 ZPO nicht entgegen, wenn dieser Vortrag nicht substantiiert bestritten wurde. 5. Wird bei gleichbleibendem Klagantrag und Lebenssachverhalt ein Honoraranspruch einmal auf eine Pauschalhonorarrechnung und einmal auf eine Abrechnung nach HOAI-Mindestsätzen gestützt, liegt keine doppelte Rechtshängigkeit vor, sondern ein einziger Honoraranspruch wird lediglich auf verschiedene Weise rechtlich begründet.

 

  1. Literatur – Auswahl

Portz, Norbert, HOAI-Mindestsätze sind EU-rechtswidrig, Vergabe Navigator 2019, 5

Tiede, Rudolf, Bedarfsoptimierte Vergütung nach HOAI mit Preiswettbewerb, NZBau 2020, 231

Wessel, Markus, Die Unvereinbarkeit des Preisrechts für Architekten und Ingenieure mit dem EU-Recht, MDR 2019, 1349

 

 

 




~0644