Ergänzende Besondere Vertragsbedingungen IT - EVB-IT (BVB-Planung)
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I. Entwicklung
Die teils sehr alten BVB und die späteren EVB-IT wurden mehrfach geändert und aktualisiert.
Neben den EVB-IT-Mustern sind derzeit noch BVB-Planung und BVB-Miete maßgeblich.
Ausgangpunkt der ursprünglichen Änderungen und Neufassungen waren zwei Entscheidungen des BGH zu den BVB-Überlassung.
Weiterer Grund für die Neufassungen war die Schuldrechtsmodernisierung - BGB 2002 - vgl. insofern Schuldrechtsreform und EVB-IT - BVB.
Derzeit liegen 12 Vertragsmuster vor, die als "Besondere" oder Ergänzende Vertragsbedingungen" - vgl. §§ 21 I Nr. 3 UVgO, 29 I Nr. 3 VgV einbezogen werden können. Die EVB-IT und BVB befassen sich nicht mit dem Vergaberecht. Allerdings dienen sie als Hilfe z. B. für die Leistungsbeschreibung etc.
Die BVB und EBVB-IT sind AGB der öffentlichen Hand. Grundsätzlich unterliegen sie damit auch derInhaltskontrolle nach den §§ 305, 310, 310 BGB. Allerdings ist das nicht Gegenstand des verrgaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens - so die neuere Rechtsprechung. Angeblich handelt es sich bei dem BGB um "außervergaberechtliche Vorschriften", die von § 97 IV GWB nicht erfasst sein sollen - s. hierzu Stichwort AGB.
II. Übersicht
Aktuelle EVB-IT
III. Einordnung der EVB-IT Verträge und der BVB-Planung
EVB-IT - Vertragsmuster |
Leistung Vergaberecht |
Vergabevorschriften früher auch – FB*) - VOL/A (freiberuflich)*) – VOF**) |
Zivilrecht |
Leistung |
EVB-IT Erstellung |
Dienstleistung (FB*?) |
§ 1 UVgO - §§ 103 IV GWB***, VgV**** |
Werkvertrag - §§ 631 ff BGB |
Individualsoftware |
EVB-IT Service |
Dienstleistung (FB*?) |
§ 1 UVgO - §§ 103 IV GWB***, VgV**** |
Werkvertrag - §§ 631 ff BGB |
Pflege Individualsoftware |
EVB-IT System |
Dienstleistung (FB*?) |
§ 1 UVgO - §§ 103 IV GWB***, VgV**** |
Werkvertrag - §§ 631 ff BGB |
Erstellung eines Gesamtsystems mit Individualsoftware, Herbeiführung der Betriebsbereitschaft etc. |
EVB-IT Systemlieferung |
Lieferung |
§ 1 UVgO - §§ 103 II GWB***, VgV**** |
Kauf (?) - §§ 433 ff BGB |
Hardware, Standardsoftware, Herbeiführung der Betriebsbereitschaft etc. |
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EVB-IT Kauf |
Lieferung |
§ 1 UVgO - §§ 103 II GWB***, VgV**** |
Kauf (?) - §§ 433 ff BGB |
Hardware |
EVB-IT Dienstleistung |
Dienstleistung (FB*?) |
§ 1 UVgO - §§ 103 IV GWB***, VgV**** |
Dienstvertrag - §§ 611 ff BGB |
Beratung etc. |
EVB-IT Überlassung Typ A |
Lieferung |
§ 1 UVgO - §§ 103 II GWB***, VgV**** |
Kauf - §§ 433 ff BGB |
Standardsoftware |
EVB-IT Überlassung Typ B |
Lieferung |
§ 1 UVgO - §§ 103 II GWB***, VgV**** |
Miete - §§ 535 ff BGB |
Standardsoftware |
EVB-IT Instandhaltung |
Dienstleistung (FB*?) |
§ 1 UVgO - §§ 103 IV GWB***, VgV**** |
Werkvertrag - §§ 611 ff BGB |
Instandhaltung - Hardware |
EVB-IT Pflege S |
Dienstleistung (FB*?) |
§ 1 UVgO - §§ 103 IV GWB***, VgV**** |
Werkvertrag - §§ 611 ff BGB |
Pflege - Standardsoftware |
*) Freiberufliche Tätigkeit (vgl. § 18 EStG – § 50 UVgO unterhalb der Schwellenwerte)
**) Freiberufliche Leistung – vgl. jetzt § 50 UVgO, VgV.
***) GWB
****) VgV
VI. Probleme der BVB und EVB-IT-Vertragsmuster:
1. Sie behandeln die Frage der Vergabe nicht. Es wird so getan, als ob diese Verträge freihändig bzw. im Verhandlungsverfahren vergeben werden könnten. Dass "nur ein Unternehmen" in Betracht kommt, kann vorkommen, ist aber zu begründen.
2. Die Frage der Gesamtvergabe wegen technischer Gründe kommt sicherlich im Einzelfall in Betracht. Insbesondere bei EVB-IT-System, EVB-IT-Systemlieferung und EVB-IT-Erstellung wird sehr häufig auf eine Losvergabe mit entsprechenden Gründen in der Dokuentation verzichtet werden können. Es handelt sich in der Regel um Leistungsbündel, die möglichst aus einer Hand erbracht werden sollten (Kompatibilität, technische Risiken etc.).
3. In den EBV-IT und BVB sind zivilrechtlich unwirksame Klauseln (§ 307 BGB) enthalten und vergaberechtliche Verstöße gegen § 9 II VOL/A etc. anzutreffen(fehlende Begründung für Vertragsstafe - s. hierzu u.).
4. Vergaben dieser Leistungen sollten nur durch geschulte und erfahrene Kräfte durchgeführt werden. Auf die Techniker darf sich die Beschaffungsstelle ohne weitere Prüfung m. E. nicht verlassen - gegebenenfalls sind externe Berater für die Leistungsbeschreibung etc. einzuschalten. Die Abwicklung wirft häufig zusätzliche Probleme auf (Verzug, Mängelhaftung, Innovationen, Änderungserfordernisse, Zusatzaufträge und Nachträge etc.).
Der Besuch von Seminaren mit Vergaberecht ist dringend zu empfehlen - siehe Seminarangebot.
VI. Bestimmungsfreiheit – Grenzen – keine Überflüssigkeit der Markterkundung?
Besondere Bedeutung erhalten im IT-Bereich das "Bestimmungsrecht" (s. dort) des Auftraggebers und die insofern zu beachtenden Grenzen (Nachweis wirtschaftlicher und/oder technischer Gründe für eine bestimmte Software etc.) - Entscheidungen:
1. Software - Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 27.01.2014 - 2 VK 15 / 13 – Software - kamerale Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen („HKR“) - Weiterentwicklung der bisherigen Software statt Beschaffung der Konkurrenzsoftware – Wirtschaftlichkeitsrechnung durch externen Berater ( Variantenvergleich) - § 107 II, III Nr. 3 GWB - „Bei der Beschaffungsentscheidung ist der Auftraggeber vergaberechtlich grundsätzlich ungebunden. Vergaberechtliche Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers bestehen nur insoweit, als dieser grundsätzlich gehalten ist, den Marktzugang für alle potentiellen Bieter offen zu halten, indem er nach Möglichkeit Beschränkungen des Wettbewerbs durch zu enge, auf bestimmte Produkte oder Bieter zugeschnittene Leistungsbeschreibungen unterlässt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2013, 15 Verg 5/13, vpr-online; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.05.2013, Verg 16/12, Rdnr. 33, juris). Diese Grenzen sind indes eingehalten, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind, und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert (OLG Düsseldorf, OLG Karlsruhe, jeweils a.a.O.).Dabei bleibt die Überprüfung im Nachprüfungsverfahren aber auf die Frage beschränkt, ob nach dem Erkenntnishorizont des öffentlichen Auftraggebers zur Zeit der Entscheidung über die Festlegung des Beschaffungsbedarfs sachliche und auftragsbezogene Gründe für die Festlegung des Beschaffungsgegenstands vorhanden waren und der Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Die vergaberechtlichen Prüfungs- und Untersuchungspflichten des Auftraggebers unterliegen nämlich Zumutbarkeitsgrenzen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2013, 15 Verg 5/13, vpr-online, unter Berufung auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 10/12 - vpr-online). Dies begründet sich damit, dass die Zielsetzung des Vergaberechts darin liegt, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten und Vergabeentscheidungen aus sachfremden, diskriminierenden Gründen zu verhindern, nicht jedoch, dem öffentlichen Auftraggeber das vergaberechtliche Risiko einer unverschuldeten Fehlbeurteilung seines Beschaffungsbedarfs oder einer Fehleinschätzung von wirtschaftlichen oder technischen Entscheidungsgrundlagen zuzuweisen. Der öffentliche Auftraggeber verhält sich daher jedenfalls dann vergaberechtskonform, wenn er ihm zumutbare Ermittlungen zur Feststellung und Festlegung seines Beschaffungsbedarfs anstellt, insbesondere - wenn ihm selbst die erforderliche Sachkunde fehlt - die Beratung durch ein Beratungsunternehmen in Anspruch nimmt und die für die Festlegung des Beschaffungsgegenstands maßgeblichen Umstände gewissenhaft prüft und auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis gelangt, dass sachliche Gründe vorliegen, die die konkrete Festlegung seines Beschaffungsbedarfs rechtfertigen. Der Vergabestelle kommt hierbei ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Fortentwicklung des bereits eingesetzten HKR-Systems XXX zu beschaffen und nicht auf eine alternative Software „umzusatteln“, vergaberechtlich nicht zu beanstanden, denn sie beruht auf zutreffenden, sachlichen und auftragsbezogenen Erwägungen. .....
2. EuGH, Urt. v. 15.10.2009 - C - 275/08 – Kraftfahrzeugzulassungssoftware – keine europäische „Markterkundung“ – keine zwingende Dringlichkeit - Normen: Art. 6 Abs. 3 lit. d RL 93/36/EWG; Art. 6 Abs. 2 RL 93/36/EWG – nationale Entscheidungen und EU-Kommission – EU-Kommission hat Recht („Hüterin der Verfassung“) zum Aufgreifen von Verstößen – Voraussetzungen des Verhandlungsverfahrens nach § 3 IV c) EG VOL/A (vgl. frühere Fassung) – Beweislast für „Alleinstellungsmerkmale“ bzw. Produkte trifft Auftraggeber – Erforderlichkeit des Nachweises ernsthafter Nachforschungen auf dem EG-Markt - ... Randnr. 23). 56 Außerdem trägt die Beweislast dafür, dass die eine Ausnahme rechtfertigenden außergewöhnlichen Umstände tatsächlich vorliegen, wer sich auf diese Ausnahme berufen will (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Mai 1994, Kommission/Spanien, C-328/92, Slg. 1994, I-1569, Randnrn. 15 und 16, vom 18. Mai 1995, Kommission/Italien, Randnr. 23, vom 10. April 2003, Kommission/Deutschland, Randnr. 58, vom 14. September 2004, Kommission/Italien, Randnr. 19, und vom 2. Oktober 2008, Kommission/Italien, Randnr. 23). 57 Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Bundesrepublik Deutschland den Nachweis erbracht hat, dass der in Rede stehende Auftrag nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. c und d der Richtlinie 93/36 im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung vergeben werden konnte. 58 Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 93/36 die öffentlichen Auftraggeber Lieferaufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung vergeben können, wenn der Gegenstand der Lieferung wegen seiner technischen Besonderheiten nur von einem bestimmten Lieferanten hergestellt oder geliefert werden kann. 59 Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland konnte wegen der technischen Besonderheiten des in Rede stehenden Lieferauftrags, nämlich der Lieferung einer Software zur zentralen Verwaltung der Kraftfahrzeugzulassung, nur ein bestimmter Lieferant damit beauftragt werden. 60 Diese Argumentation greift nicht durch. 61 Ohne auch nur im Entferntesten darzutun, dass die DZBW nach ihrer Entscheidung, die fragliche Software zu ersetzen, ernsthafte Nachforschungen auf europäischer Ebene angestellt hätte, um Unternehmen zu ermitteln, die zur Lieferung einer geeigneten Software in der Lage gewesen wären, hat sich die Bundesrepublik Deutschland nämlich damit begnügt, die Funktionsfähigkeit des Erzeugnisses eines mit der AKDB auf nationaler Ebene im Wettbewerb stehenden Unternehmens zu verneinen. 62 Die bloße Behauptung jedoch, mit der fraglichen Lieferung habe nur ein bestimmter Lieferant beauftragt werden können, weil der auf nationaler Ebene vorhandene Wettbewerber kein Erzeugnis angeboten habe, das den notwendigen technischen Anforderungen entsprochen habe, kann nicht für den Nachweis genügen, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die in Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 93/36 vorgesehenen Ausnahmen rechtfertigen, tatsächlich vorlagen. 63 Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Unternehmen, die zur Lieferung einer geeigneten Software in der Lage gewesen wären, hätten ermittelt werden können, wenn ernsthafte Nachforschungen auf europäischer Ebene angestellt worden wären. 64 Die Bundesrepublik Deutschland kann sich daher nicht mit Erfolg auf Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 93/36 berufen, um hinsichtlich des in Rede stehenden Auftrags die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung zu rechtfertigen. ... zwingenden Dringlichkeit.... . ..... 70 Angesichts der in der vorliegenden Rechtssache gegebenen Umstände ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht bestreitet, dass zwischen der Entscheidung, die verwendete Software zu ersetzen, der Aufnahme von Verhandlungen und dem Abschluss des betreffenden Vertrags mehrere Monate verstrichen sind. 71 Demnach hat dieser Mitgliedstaat nicht nachgewiesen, dass bei der Ersetzung dieser Software ein Fall der zwingenden Dringlichkeit gegeben war, der ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung gerechtfertigt hätte. ....“
V. Vergabeunterlagen nach §§ 21 I Nr. 3 UVgO, 29 I Nr. 3 VgV
V. I. Individueller Vertragsteil – „im einzelnen ausgehandelt“ - §§ 305 I S. 2, 305 c BGB
- grundsätzlich findet im Vergabeverfahren kein Verhandeln statt – vgl. z. B. § 9 II S. 2 UVgO –
- BGH, Urt. v. 26.9.1996 - VII ZR 318/95 (Düsseldorf)- NJW 1997, 135 = BB 1996, 2535: Individualteil der Vergabeunterlagen unterfallen nicht dem AGB-Begriff (Verwendung zwar gegenüber mehreren Bewerbern, aber nur für ein Vergabeverfahren und folglich nur für einen Vertrag) – ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 24.11.2008 – 10 U 97/08 - VergabeR 2009, 514, m. Anm. v. Herrmann, Alexander – Bahnhofsanlage –– Überprüfung der in der Ausschreibung vorgegebenen Binde- und Zuschlagsfristen nach den §§ 307, 308 Nr. 1 BGB, „wenn der Auftraggeber formularmäßig eine unangemessene lange Zuschlags- (und damit Binde-)frist verlangt. Es ist hier jedoch weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass die Vorgabe der Zuschlags- und Bindefrist in der Ausschreibung formularmäßig erfolgt wäre. Dass die Beklagte die Klausel gleichermaßen gegenüber allen Bietern verwendet hat, ist unerheblich. Nach § 305 Abs. 1 BGB ergibt sich die Eigenschaft als Allgemeine Geschäftsbedingungen aus der Vorformulierung für viele Verträge, nicht für die Ausschreibung gegenüber mehreren Bietern, die auf den Abschluss nur eines Vertrages abzielt.“ (BGH NJW 1997, 135).“
V. I.1. Leistungsbeschreibung - Leistungsschein - §§ 23 UVgO, 31 VgV
Leistungsbeschreibungen unterliegen grundsätzlich schon generell keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 307 f BGB – mit der Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit hat dies nichts zu tun – hier ist §§ 23UVgO, 31VGV maßgeblich: vergaberechtliche Verstöße (keine Dokumentation der Maßnahmen und Begründungen – vgl. §§ 6 UVgO, 20 VgV). Für die Leistungsbeschreibung sind die EVB-IT- und BVB-Vertragsformulare zu nutzen.
V. I.2. Rechtliche Individualvereinbarungen - §§ 21 I Nr. 3 UVgO, 29 I Nr. 3 VgV
Individualvereinbarungen unterliegenscon generell grundsätzlich keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 307 f BGB – mit der Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit hat dies nichts zu tun – hier sind die §§ 21 I Nr. 3UVgO, 29 INr. 3 VgV maßgeblich: vergaberechtliche Verstöße können zu Rügen etc. führen (keine Dokumentation der Maßnahmen und Begründungen – vgl. §§ 6 UVgO, 8 VgV). Insofern sind Leistungsscheine der EVB-IT und BVB zu nutzen. Ferner ist zu prüfen, ob die jeweiligen Vetrags-AGB der EVB-IT und BVB "stehen bleiben können" oder zu mit vergaberechtlicher Begründung zu "verschärfen" bzw. abzuändern sind.
Hinweis: Im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren werden die AGB-rechtlichen Fragen nach neuererRechtsprechungnicht geprüft -s. auch ausführlich Stichwort AGB.
VI. Anerkannte Richtlinien und Fachnormen – vgl. BVB – jeweils § 1
Auch technische Vorgaben können als AGB einzuordnen sein (vgl. z. B. DIN etc. – dann kann auch die Inhaltskontrolle eingreifen – Einbeziehung in den Vertrag ist erforderlich – vgl. § 31 II, 32 VgV - auch § 16 2. e) VOL/B - zu verweisen.
Problematisch ist die Änderung des Standes von Wissenschaft und Technik z. B. während der Erstellung der Indiviualsoftware bzw. das Bekanngtwerden neuer Produkte. Nicht alle EVB-IT und BVB enthalten insofern Konflkiktregelungen. Hier ist auch auf die Informationspflicht des fachkundigen Auftragnehmers zu verweisen, der den Markt und die Entwicklung der Technik zu verfolgen hat. Änderungen der Leistungsbeschreibung etc. sind häufig die Folge, was zu vergaberechtlichen Problemen führen kann (Neuvergabe bei wesentlichen Änderungen?). Die Probleme sollten durch entsprechende "Besondere Individualvereinbarungen" vermieden werden (Konfliktregelung für den Fall der nolwendigen Innovationsanpassung etc.).
VII. AGB – Begriffsbestimmungen der BVB und EVB-IT – BVB-AGB – EVB-IT-AGB – auch Klauseln im sog. Vertragsdeckblatt der BVB
Hier müssen Zivil- und Vergaberecht unterschieden werden.
1. Zivilrecht: Die AGB – einseitig gestellt und vorformuliert für eine Vielzahl von Fällen (§ 305 I BGB) gedacht unterliegen der AGB-Inhaltskontrolle nach §§ 307, 310 BGB. "Unangemessene Klauseln" sind unwirksam. Zumindest bedenklich sind Vertragsstrafen und Schadenspauschalierungen in AGB, also z. B. in EVB-IT und BVB. Diese gehören grundsätzlich in die "Besonderen Vertragsbedingungen" = Individualvereinbarungen des Vertrags - regelmäßig also in den jeweiligen Leistungsschein. Individualvereinbarungen unterliegen nicht der AGB-Inhaltskontrolle, sondern lediglich den ziuvilrechtlichen Schranken (vgl. §§ 138 <Sittenwidrigkeit>, 134 <Gesetzwidrigkeit>, 242 <Verstoß gegen Treu und Glauben> etc.).
II. Vergaberecht: Sämtliche Klauseln können daneben Gegenstand der vergaberechtlichen Rügen sein, sofern z. B. die Dokumentation der Maßnahmen und Begründungen fehlt. Das gilt auch z. B. für die Aufnahme einer Vertragsstrafe in den "individuellen Teil" der Vergabeunterlagen. So können Vertragsstrafen, Schadenspauschalierungen, Sicherheiten wettbewerbsbeschränkend sein. Potenzielle Bewerber könnten von der Teilnahme am Wettbewerb abgehalten werden. Insofern sind die Vereinbarungen in der Dokumentation zu begründen (vgl. §§ 21 II - V UVgO, 29 II VgV ).
Im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren werden die AGB-rechtlichen Fragen nach neuererRechtsprechungnicht geprüft -s. auch ausführlich Stichwort AGB.
Anders früher BGH, Urteil vom 27.11.1990 - NJW 1991, 1076 = BB 1991, 373 - BVB I. - BGH - Urteil vom 4. März 1997 - X ZR 141/95 (OLG Frankfurt/M., LG Frankfurt/M.) - CR 1997, 470 – BVB II. Ausführlich Schmitt, Michaela, Vertragsstrafen und Schadenspauschalierungen in AGB der öffentlichen Hand, insbesondere in BVB und EVB-IT, CR 2010, 693;
VIII. Bewerbungsbedingungen
- "Besondere Bewerbungsbedingungen" – „Eignung“ - §§ 21 I Nr. 3 UVgO, 29 I Nr. 3 VgV
- Allgemeine Bewerbungsbedingungen - §§ 21 Nr. 2 UVgO, 29 INr. 2 VgV - hier liegen AGB vor, die der Inhaltskontrolle unterliegen, allerdings wird diesenach neuerer Rechtsprechung nicht im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren durchgeführt (vgl.Stichwort AGB) .
VII. Zuschlagskriterien - §§ 43 UVGO, 58 VgV
Niedrigster Preis oder wirtschaftliche Angebot - §§ 127, GWB, 43 UVgO, 58 VgV.
Speziell im IT-Bereich wird es vielfach auf besondere Ausführungsanforderungen (Personal, Arbeitsmethoden, Konzepte etc.) ankommen. Insofern sind Ausführungen der UFAB zu beachten. Preis (z. B. 60 %) und weitere Kriterien (z. B. 40 %: Projektleiter, übrige Personalqualifikation, Vorgehensweisen und Konzepte, Präsentation etc.) sind nachvollziehbar zu gewichten, zu dokumentieren und den Bewerbern bekannt zu machen.
VIII. Nebenangebote - §§ 25 UVgO, 35 VgV
Ob Nebenangebote zugelassen werden, hängt von der nachvollziehbaren und sachlich begründeten Einzelfallentscheidung des Auftraggebers ab. Handelt es sich um eine EU-Vergabe oberhalb der Schwellenwerte sind - allerdings nicht "zu enge" - Mindestanforderungen vorzusehen, die dem Bewerber einen entsprechenden Spielraum einräumen (BGH). Unterhalb der Schwellenwerte müssen keine Mindestanforderungen festgelegt werden (vgl. § 25 UVgO). In beiden Vergabeverfahren, oberhalb wie unterhalb, sind dann keine Nebenangebote zugelassen, wenn entsprechende Angaben in der Bekanntmachung etc. fehlen.
Sind Nebenangebote zugelassen, werden sie wie Hauptangebote behandelt und gewertet. Nicht zugelassene Nebenangebote werden ausgeschlossen (§§ 42 I Nr. 6 UVgO, 57 I Nr. 6 VgV).
Bermerkenswert ist, dass im EU-Vergabeverfahren Nebenangebote nicht berücksichtigt werden, wenn der Preis alleiniges Wertungskriterium ist (BGH).
IX. Lose oder Gesamtvergabe - §§ 22 UVgO, 30 VgV
Gesamtvergabe ist bei IT-Vergaben häufig anzutreffen, da die Losbildung z. B. aus technischen Gründen nicht in Betrac ht kommt. Das hat der Aufgtraggeber nachzuweisen (vgl. §§ 97 IV GWB, 22 UVgO, 30VGV).
XI. Grundsatzentscheidungen des BGH zu Indidivudalvereinbarungen und BVB-Klauseln
VIII.1. Bundesgerichtshof zu Vergabeunterlagen als „Individualvereinbarungen“:
BGH, Urt. v. 11.07.2019 - VII ZR 266 – 17 – Baukostenobergrenze - Vertragsmuster des Bundes für Verträge mit Architekten mit Baukostenobergrenze <Beschaffenheitsvereinbarung> betreffend "Objektplanung - Gebäude und Innenräume", "Fachplanung Technische Ausrüstung", "Tragwerksplanung" und "Freianlagen" - jeweils mit identischer Baukosten-Obergrenze-Klause wie folgt. "Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der ESBau/KVMBau/HUBau/AABau erfasst sind." - §§ 305 I S. 1, 307 III S. 1, 651p I BGB, 1, 3 UKlaG – Klagebefugnis eines Architektenverbands - bei Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen keine AGB-Inhaltskontrolle - Baukosten-Klausel und AGB-Recht im Übrigen –keine Transparenz oder Unklarheit – Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen (keine Inhaltskontrolle)
Vgl. auch bereits BGH, Urt. v. 26.9.1996 - VII ZR 318/95 (Düsseldorf)- NJW 1997, 135 = BB 1996, 2535 (auf anderer Ebene auch OLG Stuttgart, Urt. v. 24.11.2008 – 10 U 97/08 - VergabeR 2009, 514, m. Anm. v. Herrmann, Alexander – Bahnhofsanlage – Überprüfung der in der Ausschreibung vorgegebenen Binde- und Zuschlagsfristen nach den §§ 307, 308 Nr. 1 BGB, „wenn der Auftraggeber formularmäßig eine unangemessene lange Zuschlags- (und damit Binde-)frist verlangt. Es ist hier jedoch weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass die Vorgabe der Zuschlags- und Bindefrist in der Ausschreibung formularmäßig erfolgt wäre. Dass die Beklagte die Klausel gleichermaßen gegenüber allen Bietern verwendet hat, ist unerheblich. Nach § 305 Abs. 1 BGB ergibt sich die Eigenschaft als Allgemeine Geschäftsbedingungen aus der Vorformulierung für viele Verträge, nicht für die Ausschreibung gegenüber mehreren Bietern, die auf den Abschluss nur eines Vertrages abzielt.“ (BGH NJW 1997, 135).
XII. Ständige unveränderte Nutzung bestimmter Formulierungen ohne Risikoanalyse gefährlich
Fraglich ist insbesondere, ob von diesem Grundsatz auch dann noch ausgegangen werden kann, wenn eine Vergabestelle bestimmte Formulierungen immer wieder wiederholend gleichmäßig in mehreren Verfahren benutzt – dann werden keine Individualvereinbarungen, sondern AGB vorliegen, auch wenn sich die Vereinbarung im „Individualteil“ z.B. also in einem „Leistungsschein“ unter „Besondere Abreden“ findet.
Vgl. Schmitt, Michaela, Vertragsstrafen und Schadenspauschalierungen in AGB der öffentlichen Hand, CR 2010, 693.