Verhandlungsverfahren ohne Vergabebekanntmachung
Insbesondere sind die Voraussetzungen des Verhandlungsverfahrens = Freihändige Vergabe ohne vorherige Bekanntmachung = Teilnehmerwettbewerb nach § 3 IV d) EG VOL/A (ähnlich § 3 a Nr. 5 d) VOB/A) wie folgt festzustellen:
- das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Vergabebekanntmachung muß unbedingt erforderlich sein;
- es müssen für den Auftraggeber unvorhersehbare zwingende Gründe vorliegen, die die Einhaltung der Fristen des § 15 EG VOL/A nicht zulassen;
- die Umstände, die die zwingende Dringlichkeit begründen, dürfen auf keinen Fall dem Verhalten des Auftragnehmers zuzuschreiben sein. Unbedingte Erforderlichkeit
Unvorhersehbarkeit
Kein zuzuschreibendes Verhalten
Katastrophe
Verhandlungsverfahren ohne Vergabebekanntmachung
Insbesondere sind die Voraussetzungen des Verhandlungsverfahrens = Freihändige Vergabe ohne vorherige Bekanntmachung = Teilnehmerwettbewerb nach § 3 IV d) EG VOL/A (ähnlich § 3 a Nr. 5 d) VOB/A) wie folgt festzustellen: - das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Vergabebekanntmachung muß unbedingt erforderlich sein;
- es müssen für den Auftraggeber unvorhersehbare zwingende Gründe vorliegen, die die Einhaltung der Fristen des § 15 EG VOL/A nicht zulassen;
- die Umstände, die die zwingende Dringlichkeit begründen, dürfen auf keinen Fall dem Verhalten des Auftragnehmers zuzuschreiben sein.
Diese Voraussetzungen gehen über die "besondere Dringlichkeit" des § 3 V g) VOL/A erheblich hinaus. Es handelt sich im Grunde um die "vom Auftraggeber unverschuldete Katastrophe" .
Die Merkmale der "Unvorsehbarkeit" sowie der ausgeschlossenen Zurechenbarkeit der Umstände zeigen eindeutig, daß es sich hier um einen absoluten Ausnahmefall handelt, den der Auftraggeber nur bei extremer Gestaltung und insbesondere absoluter Schuldlosigkeit hinsichtlich der Vorhersehbarkeit wählen darf.
Das Merkmal der "unbedingten Erforderlichkeit" verlangt, daß es keinen anderen Weg gibt, das Problem zu lösen, insbesondere keine Ersatzlösungen möglich sind, sondern eine Lösung nur über das betroffene Vergabeverfahren erfolgen kann.
"Zwingende Gründe" beziehen ebenfalls darauf, daß unverzüglich etwas geschehen muß und keine anderen Alternativen gegeben sind.
Diese zwingenden Gründe, d.h. die erhebliche Situation muß so gestaltet sein, daß die in § 18 a VOL/A vorgesehenen Fristen nicht eingehalten werden können, ohne daß erhebliche Nachteile entstehen.
Ferner ist erforderlich - das subjektive Element - der Unvorhersehbarkeit der betroffenen Situation und der Unmöglichkeit der Fristeinhaltung des § 15 EG VOL/A. Hierbei sind die für die anzuwendende Sorgfalt maßgeblichen Anforderungen zu erfüllen. Leichte Fahrlässigkeit schließt insofern die Unvorhersehbarkeit aus.
Sofern die die zwingende Dringlichkeit begründenden Umstände ursächlich auf das Verhalten des Auftraggebers zurückzuführen sind, rettet ihn lediglich die Unvorhersehbarkeit der zwingenden Gründe. Mit Recht wird im allgemeinen angenommen, daß für diesen Anwendungsbereich lediglich Eingriffe von Dritten, Fälle der höheren Gewalt sowie sonstige unvorhersehbare Umstände in Betracht kommen.
Wählt der Auftraggeber dieses Verhandlungsverfahren, so trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen des § 3 IV d) EGVOL/A.
Die falsche Auslegung der Merkmale und die damit verbunden falsche Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung, mithin eine Freihändige Vergabe ohne Information des Marktes, bedarf der eindeutigen Begründung (vgl. § 3 IV d) EG VOL/A).
Ferner gilt auch hier, daß der Auftraggeber nach § 23 EG VOL/A auch über diesen Auftrag innerhalb von 48 Tagen nach Auftragsvergabe eine entsprechende Bekanntmachung nach Muster vorzunehmen hat. Ferner hat der Auftraggeber nach § 24 EG VOL/A auf Verlangen der EU-Kommission die Gründe für die Wahl des Verfahrens mitzuteilen. Schließlich ist die statistische Aufstellung über vergebene Aufträge zu erwähnen, die zur Angabe des gewählten Vergabeverfahrens zwingt (vgl. § 24 EG VOL/A). Das zeigt hinreichend, in welche Transparenz das genannte Ausnahme-Verhandlungsverfahren eingebettet ist. Gleichzeitig ergeben sich insofern die Gefahren für den Auftraggeber; denn er muß mit der Anrufung der Vergabekammer bzw. mit Schadensersatzansprüchen der übergangenen und nicht informierten Bewerber rechnen (vgl. §§ 97 ff, 125, auch 101b) GWB).
Welche Fälle neben den Fällen der "höheren Gewalt" hier betroffen sind, ist fraglich; zum einen ist zunächst vom Einfluß- und Einsichtsbereich der konkreten Vergabestelle auszugehen, der z.B. Schritte des Gesetzgebers nicht zuzurechnen sind. Wenn Vergabeverfahren aufgehoben werden, so kommt es darauf an, ob die Aufhebung in Einklang mit § 17 VOL/A steht, mithin bei Bekanntmachung bzw. Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht vorhersehbar war. Das wird man zumindest in den Fällen nicht annehmen können, in denen die Aufhebung infolge Fehlerhaftigkeit des Verfahrens von der Vergabekammer aufgehoben wird. Denn diese "Umstände" sind m.E. der Vergabestelle zuzurechnen.
Hier stellt sich natürlich auch die Frage, was eine Vergabestelle in einem verschuldeten "Notfall" unternehmen kann, um z.B. zwingend gebotene staatliche Aufgaben z. B. der Daseinsvorsorge zu erfüllen. Wählt sie fälschlicherweise das falsche Vergabeverfahren, so können Ansprüche auf die Vergabestelle der nicht berücksichtigten Bieter zukommen. Wählt sie das richtige Vergabeverfahren mit Bekanntmachung, so können durch die Verzögerung der Leistung erhebliche Schäden entstehen. Unvorhersehbar ist in diesem Zusammenhang das Verschulden eines Mitarbeiters, das zur Zerstörung wichtiger Versorgungseinrichtungen führt. Hinsichtlich der Erfüllung der Pflichten nach der VOL/A kommt in erster Linie die Bedarfsstelle (zu späte Bedarfsmeldung) oder die Beschaffungsstelle (verzögerte, nicht ordnungsgemäße Bearbeitung des Vorgangs) in Betracht. Es ist zwar vom Auftraggeber die Rede - allerdings können diesem nicht alle Umstände außerhalb des Vergabeverfahrens zugerechnet werden. Vielmehr müssen sich die entsprechenden Gründe auf das Vergabeverfahren und seine Durchführung beziehen (Haushaltsmittel, Bedarfsanmeldung, zügige Bearbeitung der Vorgänge, ordnungsgemäße Organisation im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen etc.). Sind Beschaffungsstellen infolge fehlender Mittel nicht ausreichend besetzt, so liegt zwar möglicherweise Vorhersehbarkeit, nicht jedoch Zurechenbarbeit vor (Vergabestelle ist in insofern von Dritten abhängig). Auch bei der Einschaltung Dritter kommt es darauf an, ob der Auftraggeber insbesondere seine Kontrollpflichten ausreichend erfüllt hat und dies auch nachweisen kann. Ausfälle sind dann zwar "vorhersehbar", aber nicht zurechenbar, sofern der Auftraggeber in der Tat alles unternommen hat, um den Engpaß zu vermeiden. Es handelt sich erkennbar damit nicht um eine uferlose Zurechnung. Die Merkmale des § 3 IV d) EG VOL/A müssen kumulativ erfüllt sein.
Auf die Informationspflicht nach 101a GWB wird hingewisen - vgl. auch ndie Ausnahme in § 101a II GWB.
Ist das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb unbrechtigterwqeise gewählt, so kann darin eine unzulässige Direktvergabe gesehen werden - Folge: Unwirksamkeit des Vertrags nach § 101b I GWB, mögliches Einschreiten der EU-Kommision und Anrufung des EuGH - Messehallen Köln -.
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