Unterlassen von Vergabeverfahren - de-facto-Vergaben
Vgl. auch die jeweils neuen Hinweise in VOLaktuell - www.vergabetip.de

  1. Auftragsvergabe ohne Vergabeverfahren

    Nicht wenige Fälle der Rechtsprechung beziehen sich darauf, daß Aufträge vergeben wurden, ohne daß dies in Vergabeverfahren erfolgte. Vielfach wurde noch nicht einmal eine Freihändige Vergabe (vgl. § 3 Nr. 4 VOL/A) oder ein "stilles" Verhandlungsverfahren nach § 3 a Nr. 2 VOL/A durchgeführt. Der öffentliche Auftraggeber beschaffte sich vielmehr die Leistungen gewissermaßen wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen.

  2. Ursachen

    Die Ursachen für diese Vorgehensweise können auf vielerlei Ursachen beruhen. Zum einen kann es sein, daß der Auftraggeber sich nicht als "öffentlicher Auftraggeber" nach § 98 GWB einstuft. Ferner mag man an eine Ausnahme nach § 100 GWB - also an eine Befreiung von der Pflicht zur Vergabe - gedacht haben. Daneben hinaus nahm man vielleicht an, daß der Vorgang keine "Beschaffung", sondern z. B. ein Verkauf etwa von Altpapier sei. Auch kann man den Fall antreffen, daß man von einer "inhouse-Vergabe", also eine Übertragung auf eine andere "Verwaltungseinheit" irrigerweise ausgeht. Schließlich sind noch die Fälle zu nennen, in denen man sich als berechtigt ansah, einen bestehenden Vertrag zu verlängern, obwohl die Änderung wesentliche Umstände wie Zeitdauer, Pflichten und Rechte etc. betraf. Denkbar ist auch der Fall, daß die Vergabestelle irrigerweise z. B. infolge nicht durchgeführter oder fehlerhafter Markterkundung (vgl. § 4 VOL/A) annimmt, es sei lediglich ein Unternehmen zur Leistung in der Lage. Allerdings müsste diese Vergabestelle in diesen Fällen zumindest ein "stilles Vergabeverfahren" ohne vorherige Bekanntmachung (Teilnehmerwettbewerb) nach § 3 a Nr. 2 VOL/A durchführen. Denkbar ist schließlich, daß die Unterlassung des Verfahrens aus Gründen des Zeitdrucks erfolgt (vgl. die Fristen des § 18 a VOL/A). Nicht auszuschließen ist ferner, daß mangelnde Erfahrung oder fehlende Ausbildung/Qualifikation den Grund bilden. In manchen Vergabestellen kann das neuere Vergaberecht auch noch nicht angekommen sein.

  3. Die möglichen Abläufe Im wesentlichen sind hier vor allem zwei Gestaltungen zu unterscheiden:
    1. Kenntnis der potenziellen Bieter

      Zum einen geht es um die Fällen, in denen z.B. ein Konkurrent von laufenden "Verhandlungen" der Vergabestelle mit einem Konkurrenten oder einer konkreten Vergabeabsicht Kenntnis erhält. Dann kann der Weg vor die Vergabekammer gewählt werden (vorbeugender "Primärrechtsschutz). Die Vergabekammer wird in diesen Fällen bei Überschreiten der Schwellenwerte durch entsprechende Vorgaben dafür sorgen, daß ein EU-weites Verfahren durchgeführt wird und der übergangene Bewerber/Bieter seine Chance erhält. Auch vorläufige Maßnahmen der Vergabekammer sind möglich - z. B. die Anordnung der Verhandlungs- bzw. Zuschlagssperre.

    2. Unkenntnis der potenziellen Bieter

      Zum anderen aber sind die Gestaltungen zu nennen, bei denen ein Vertrag - welcher Art auch immer - bereits geschlossen wird, ohne daß der potenzielle Bewerber/Bieter von den Verhandlungen etc. Kenntnis erhält. In diesen Fällen ist die Rechtsfolge sehr strittig. Denkbar ist eine entsprechende Anwendung des § 13 VgV auf die faktische Vergabe. Wenn schon der Zuschlag - Vertrag - nichtig ist, sofern bei Durchführung eines wie auch immer gearteten Vergabeverfahren die nach § 13 VgV erforderliche Information nicht erfolgt, so muß dies - so die Stimmen in der Literatur - auch für den viel schwereren Verstoßes der totalen Unterlassung einer Vergabe gelten. Allerdings ist in der Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 3.12.2003 - VII - Verg 37/03 - NJW 2004, 1331 - vgl. Raabe, Marius, NJW 2004, 1284 - Müllverbrennungsanlage Weisweiler) deutlich geworden, daß nach abgeschlossenen Verhältnissen, insbesondere nach Abschluß der Verträge etc., ein Primärrechtsschutz nach den §§ 102 ff GWB nicht mehr in Betracht kommen soll. Eine Nichtigkeit des Vertrags soll in diesen Fällen auch nur in Ausnahmefällen z. B. bei Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB in Betracht kommen. Der übergangene potenzielle Bieter kann folglich nur in einem zivilrechtlichen Verfahren Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn er einen entsprechenden Verletzungstatbestand nachweist (§§ 311 II, III, 241 II, 280; § 138 BGB, § 823 II BGB i. V. m. §§ 263, 298 StGB, § 826 BGB). Insbesondere die m. E. unzutreffende Entscheidung des KG Berlin (Urt. v. 27.11.2003 - 2 U 174/02 - VergabeR 2004, 490, m. zutreffend krit. Anm. von Diercks, Gritt - Auftragsvergabe ohne Ausschreibung), die dem potenziellen Auftragnehmer auch keine Möglichkeit eine Auskunft über den geschlossenen Vertrag zu erhalten, zeigt, daß der potenzielle Auftragnehmer bei "abgeschlossenen Verhältnissen" wenig Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner theoretisch nicht bestrittenen, aber praktisch kaum durchsetzbaren Schadensersatzansprüche hat. Man kann ja noch der Ansicht des OLG Düsseldorf, aaO; sein. Dann aber müsste es doch eine nicht mit derartigen Hürden, wie dies das KG Berlin, aaO, annimmt, belegte rechtliche Möglichkeit geben, dem "ausgeschalteten Bieter" den entgangenen Gewinn zu ersetzen.

  4. Untätigkeit trotz Kenntnis - Voraussetzungen erfolgreichen Vorgehens

    Anders ist dies natürlich in dem Fall, in dem der potenzielle Bieter trotz Kenntnis nichts unternimmt. Der Bieter kann nicht zusehen, wie die Vergabestelle rechtswidrigerweise vorgeht. Erhält er nachweisbar Informationen, indem er etwa ebenfalls eingeschaltet wird, so wird sein weiteres Vorgehen z. B. "kurz" vor Vertragsschluß schon möglicherweise an der Rügepflicht nach § 107 III GWB oder auch der fehlenden Antragsbefugnis nach § 107 II GWB scheitern. Man könnte auch an einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB - widersprüchliches Verhalten) denken.

  5. Kenntniserlangen nach Vertragsschluß und Folgen - Information und Auskunft?

    Hat der Bieter keine Kenntnis vor dem unzulässigen Vertragsschluß, so muß er doch zumindest nach Kenntnis von dem rechtswidrigen Vorgang die entsprechende Auskunft über die Einzelheiten des Vertragsschlusses erhalten, um seine möglichen Ansprüche aufbauen und realisieren zu können. Gegen eine "Popularklage" ist die Vergabestelle schon durch die Darlegungs- und Beweislast des "Bieters" hinreichend geschützt. Immerhin muß er ja nachweisen, daß er eine echte Chance gehabt hätte, den Zuschlag zu erhalten, wenn ein Vergabeverfahren durchgeführt worden wäre.

  6. Unbefriedigende Ergebnisse im Einklang mit EG-Recht?

    Es ist im übrigen durchaus zu fragen, ob diese Konzeption mit den weitgehenden Auswirkungen für die Bieter mit der Entscheidung des EuGH konform geht, nach der Bieter die Möglichkeit haben muß, nicht nur die Aufhebung, sondern auch die weiteren Maßnahmen der Vergabestelle überprüfen zu lassen. Hier scheint eine Verkürzung der europarechtlichen Vorgaben im Ergebnis anzutreffen zu sein. Man wird die Entwicklung gespannt beobachten.


De-facto-Vergabe - Entscheidungen:

EuGH, Urt. v. 9.9.2004 - C-125/03 - Vergabe von Müllentsorgung ohne öffentliche Aufträge - de-facto-Vergabe - Bundesrepublik hat gegen die Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50/EWG v. 18.6.1992 dadurch verstoßen, " dass die von den Städten Lüdinghausen und Olfen sowie den Gemeinden Nordkirchen, Senden und Ascheberg abgeschlossenen Müllentsorgungsverträge ohne Einhaltung der ...... vorgesehenen Bekanntmachungsvorschriften vergeben wurden." "12. Wenngleich der Gerichtshof im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge entschieden hat, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission gesetzten Frist ein Verstoß dann nicht mehr besteht, wenn alle Wirkungen der fraglichen Ausschreibung zu diesem Zeitpunkt schon erschöpft waren (in diesem Sinne Urteil Kommission/Italien, Randnrn. 11 und 13), ergibt sich jedoch ebenfalls aus der Rechtsprechung, dass ein Verstoß zu diesem Zeitpunkt fortbesteht, wenn die unter Verletzung der Gemeinschaftsbestimmungen über öffentliche Aufträge geschlossenen Verträge weiter fortwirken (in diesem Sinne Urteile Kommission/Österreich, Randnr. 44, und Kommission/Deutschland, Randnrn. 34 bis 37). 13. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Erfüllung der nach Ansicht der Kommission unter Verstoß gegen die Bestimmungen der Richtlinie 92/50 geschlossenen Müllentsorgungsverträge zum Zeitpunkt des Ablaufs der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht abgeschlossen war. Folglich bestand der vermeintliche Verstoß zu diesem Zeitpunkt noch fort und wurde erst zum Zeitpunkt des Ablaufs dieser Verträge beendet.14. In diesem Zusammenhang kann dem gegen die Zulässigkeit der Vertragsverletzungsklage gerichteten Vorbringen der deutschen Regierung nicht gefolgt werden. 15. Nach Ansicht der deutschen Regierung ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 6 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33), dass das Prinzip pacta sunt servanda einer Pflicht zur Beendigung dieser Verträge entgegenstehe und auch den Bestand solcher Verträge schütze, die unter Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen zustande gekommen seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung zwar die Mitgliedstaaten ermächtigt, nach Vertragsabschluss den nationalen Rechtsschutz auf Schadensersatz für die durch einen solchen Verstoß geschädigten Personen zu begrenzen, dass sie aber nicht dazu führt, dass das Verhalten eines öffentlichen Auftraggebers in jedem Fall im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage als gemeinschaftsrechtskonform anzusehen ist (in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, Randnrn. 38 und 39). 16. Zum Argument, dass die Bundesrepublik Deutschland die Fehlerhaftigkeit der fraglichen Vergabeverfahren eingeräumt habe, ist festzustellen, dass es im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage Sache des Gerichtshofes ist, festzustellen, ob die beanstandete Vertragsverletzung vorliegt oder nicht, auch wenn der beklagte Mitgliedstaat die Vertragsverletzung nicht mehr bestreitet. Andernfalls könnten die Mitgliedstaaten allein dadurch, dass sie die Vertragsverletzung einräumen und die sich daraus möglicherweise ergebende Haftung anerkennen, ein beim Gerichtshof anhängiges Vertragsverletzungsverfahren jederzeit beenden, ohne dass das Vorliegen der Vertragsverletzung und der Grund für ihre Haftung jemals gerichtlich festgestellt worden wären (in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 1993 in der Rechtssache C-243/89, Kommission/Dänemark, Slg. 1993, I 3353, Randnr. 30, und Kommission/Deutschland, Randnrn. 40 und 41)." - Hinweis: Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für die Praxis. Nationale Gerichte (vgl. z. B. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.12.2003 - VII - Verg 37/03 - NJW 2004, 1331 (vgl. Raabe, Marius, NJW 2004, 1284 - Müllverbrennungsanlage Weisweiler) gehen davon aus, daß in den Fällen der de-facto-Vergabe die Rechtsfolge des § 13 VgV (Nichtigkeit) sowie grundsätzlich auch andere Nichtigkeitsgründe (etwa nach § 138 BGB) nicht eingreifen. Daran dürften sich nach der Entscheidung des EuGH, aaO, erhebliche Zweifel infolge des Fortbestehens des rechtswidrigen Zustands ergeben. Dies bedeutet möglicherweise, daß die unter Verstoß gegen EU-Vergaberecht geschlossene Verträge gekündigt, rückabgewickelt und in Vergabeverfahren ausgeschrieben werden müssen. Der durch die unterlassene Bekanntmachung der Vergabe bestehende rechtswidrige Zustand besteht nämlich bis zu seiner Beseitigung fort und bedarf der Beseitigung. Das es sich bei der Abfallentsorgung regelmäßig um Werkverträge handeln dürfte, wird die vorzeitige Vertragsbeendigung nach den §§ 649 bzw. 326 II BGB zu beurteilen sein (Kurzformel: Vergütung ./. ersparte Aufwendungen ./. anderweitige Erlöse. Jedenfalls sind die Fälle, in denen derartige Verträge ohne Vergabeverfahren durchgeführt worden, extrem gefährdet.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.12.2003 - Verg 37/03 - NZBau 2004, Heft 1, VIII - Information = VergabeR 2004, 216, m. Anm. v. Rindtorff, Ermbrecht/Gabriel, Marc = NJW 2004, 1331 (vgl. Raabe, Marius, NJW 2004, 1284 - Müllverbrennungsanlage Weisweiler - de-facto-Vergabe - § 134 BGB - § 13 VgV - § 138 BGB - Abschluss von Verträgen des Landkreises ohne Vergabeverfahren (auf der Grundlage des Abfallwirtschaftsplanes des Regierungsbezirks) - Antragsbefugnis: nur bei Aussicht auf Erfolg; nicht bei Angebot, das keine Aussicht auf Erfolg hat, ferner bei fehlender Leistungsfähigkeit - nach Abfallwirtschaftsplan nicht möglich - ferner kein Erfolg im Überprüfungsverfahren, weil sämtliche Vereinbarungen im Zeitpunkt der Einreichung des Überprüfungsantrages bereits getroffen waren - Unstatthaftigkeit des Nachprüfungsverfahrens mit Zielrichtung der Überprüfung eines bereits beendeten Verfahrens - Unzulässigkeit bei rechtswirksam zustande gekommenen Verträgen - keine Nichtigkeit der Verträge nach den § 134 BGB - keine Nichtigkeit nach § 13 S. 6 VgV (keine Anwendung außerhalb des Vergabeverfahrens, setzt die Durchführung des Vergabeverfahrens voraus) - keine analoge Anwendung des § 13 VgV - keine Ausdehnung des § 13 VgV auf die de-facto-Vergabe (Ausnahme: bewusste Missachtung des Vergaberechts, Kenntnis von der Erforderlichkeit des Vergabeverfahrens - dann mögliche Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB (im Einzelfall nicht erfüllt) - keine Vorlage an den EuGH - Hinweis: offensichtlich will das OLG Düsseldorf, aaO, hier einen "Schnitt" machen und für die diskutierten Fragen eine Leitlinie vorgeben. De-facto-Vergabe - Literatur: Raabe, Marius, Verbindlichkeit "faktische" vergebener öffentlicher Aufträge? (OLG Düsseldorf, NJW 2004, 1331; Burgi, Martin, Rechtsschutz ohne Vergabeverfahren?, NZBau 2003, 16 (bejahend für de-facto-Verfahren); Hailbronner, Kay, Rechtsfolgen fehlender oder unterlassener Ausschreibung bei Vergabe öffentlicher Ausschreibung (§ 13 VgV), NZBau 2002, 474 (Nichtigkeit wegen Verletzung der Informationspflicht - Reichweite der Informationspflicht - analoge Anwendung des § 13 S. 4 VgV auf die Unterlassung eines Vergabeverfahrens (verneint), NZBau 2002, 474; Hertwig, Stefan, Ist der Zuschlag ohne Vergabeverfahren nichtig? NZBau 2001, 241; Jennert, Carsten, Rechtsschutz bei rechtswidrig unterlassener Ausschreibung, WRP 2002, 507; Lindenthal, Burkhard, Begründet § 13 Satz 6 VgV die Nichtigkeit von de-facto-Vergaben? - Zugleich Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 67/02, VergabeR 2003, 630; Noch, Rainer, Ausschreibungspflicht bei Verlängerung von Altverträgen nach de-facto-Vergabe, NZBau 2002, 86; Wagner, Olav/Wiegand, Franziska, Auftraggebereigenschaft gemischtwirtschaftlicher Gesellschaften und Nichtigkeit von De-facto-Vergaben, NZBau 2003, 369 - zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 67/02 - NZBau 2003, 400, und EuGH, Urt. v. 22.5.2003 - Rs. C-18/01 - Korhonen - NZBau 2003, 396 - Allgemeininteresse - Nichtgewerblichkeit - Beherrschender Einfluss - De- facto-Vergabe und § 13 VgV - Weitere De-facto-Vergabe - Entscheidungen: Vergabekammer Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2003 - VK 80/02 - ÖPNV - § 15 II AEG - § 4 Regionalisierungsgesetz - Keine Nachprüfung einer Vereinbarung einer gemeinwirtschaftlichen Leistung des regionalen Schienenpersonennahverkehrs § 15 II AEG verdrängt §§ 97 ff GWB - § 4 III VgV - Überprüfung der Vereinbarung: öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art: § 40 I 1 VwGO - Verwirkung des Antragsrechts: Hinweis durch Mitarbeiter des Auftraggebers auf laufendes bzw. kurz bevorstehendes De-facto-Verfahren - Fristsetzung durch Bewerber für Einleitung eines Vergabeverfahrens und Androhung des Nachprüfungsverfahrens: 4 ½ Monate danach keine Maßnahmen des Bewerbers: Verwirkung des Antragsrechts auf bei unterlassener Reaktion des Auftraggebers auf die Rüge des potenziellen Bewerbers; BayObLG, Beschl. v. 27.2.2003 - Verg 25/02 - Ausschreibungspflicht von Forschungsaufträgen: vertiefte historische Erkundung von Verdachtsstandorten von Rüstungsaltlasten - Gewährung des Primärrechtschutzes bei unterbliebenem Vergabeverfahren; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 67/02 - VergabeR 2003, 436, m. Anm. v. Prieß = NZBau 2003, 401 - Kampfschuhe - g.e.b.b. - Bundeswehr-Beschaffung - §§ 98 GWB, 97 VI GWB, 13 VgV - Gründung zum im Allgemeininteresse liegenden Zweck - Nichtgewerblichkeit - Einfluß des Bundes (Aufsicht, überwiegende Finanzierung durch Personal- und Sachmittel - § 97 VI GWB: gesetzliche Ermächtigung für § 13 VgV - § 13 VgV gilt auch für Verhandlungsverfahren - Pflicht zur Einräumung des Bieterstatus für Unternehmen unter den hier anzutreffenden bestimmten Voraussetzungen des Einzelfalls (Verhandlungen etc.) - Vertragsabschluss und Nichtigkeit nach § 13 VgV -Inhalt der Information (hier nicht ausreichend) - Rüge - Unverzüglichkeit - vgl. auch die "Vorinstanz" Vergabekammer des Bundes, Beschl. v. 12.12.2002 - Vk 1 - 83/02 - NZBau 2003, 406 (Ls.). Zu allem Wagner, Olav/Wiegand, Franziska, Auftraggebereigenschaft gemischtwirtschaftlicher Gesellschaften und Nichtigkeit von De-facto-Vergaben, NZBau 2003, 369; Vergabekammer Stuttgart, Beschl. v. 6.6.2001 - 1 VK 6/01 - NZBau 2002, 173 - Verpflichtung zur Ausschreibung/Bekanntmachung zukünftiger Vergabe von Planungsleistungen - vorläufiger Rechtsschutz gegen beabsichtigte weitere Vergaben ohne Vergabeverfahren- öffentlich-rechtliche Förderbank - Anstalt des öffentlichen Rechts als öffentlicher Auftraggeber - funktioneller Auftraggeber - vgl. Noch, NVerwZ 1999, 1083, auch Dietlein, Johannes, Der Begriff des "funktionalen" Auftraggebers nach § 98 Nr. 2 GWB, NZBau 2002, 136 - Gründungszweck, Aufgaben im Allgemeininteresse, "besondere Staatsnähe" (Finanzierung, Aufsicht, Bestimmung der Aufsichts- und Leitungsorgane) - kritische Bereiche u.a.: kommunale Sparkassen - öffentliche Aufgabe - gemeinnützig Anstaltslast des Landes Baden-Württemberg - Landesaufsicht - Unabhängigkeit von Gewinnerzielung - 100-%-iges Tochterunternehmen (GmbH) der Förderbank als öffentlicher Auftraggeber - Eingreifen des Vergaberegimes - de-facto-Vergabe - Antrag als vorläufiger Rechtsschutz - pflichtwidrige Absicht der Auftragserteilung ohne ein Vergabeverfahren - Einleitung des Vergabeverfahrens - Wille zur Durchführung einer bestimmten Maßnahme und Vergabe hinreichend konkret bestimmter Aufträge an Dritte - nach Entscheidung für die Leistung durch einen Dritten: Zulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens - Erforderlichkeit eines besonderen Rechtsschutzinteresses: Erklärung der GmbH, weitere Aufträge ohne Anwendung der VOF und der VOB vergeben zu wollen - Beteiligungswille am Vergabeverfahren des Antragstellers glaubhaft vorgetragen - Rügeverpflichtung bei de-facto-Vergaben "nur rudimentär" - Begründetheit des Antrags: Verpflichtung des Antragsgegners zur Durchführung von Vergabeverfahren bei weiteren Aufträgen - Vergleich vor dem OLG Stuttgart zur rechtsverbindlichen Auforderung des Antragstellers zur Abgabe von Angeboten Hinweis: Es wird mit Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass sog. "de-facto-Vergaben" gefährlich sind - insbesondere dann, wenn auf eine Auftragserteilung weitere Auftragserteilungen ohne Vergabeverfahren konkret beabsichtigt sind. Bei weiteren Auftragsvergaben wird der nichtberücksichtigte bzw. tatsächlich übergangene Bewerber/Bieter seine Möglichkeiten - trotz der nicht unerheblichen Rechtsunsicherheiten - zu wahren versuchen. Insofern ist der Entscheidung der Vergabekammer Stuttgart trotz der mit diesem Komplex strittigen Fragen durchaus zuzustimmen. Für die Vergabestellen handelt es sich um einen schwerwiegenden "Warnschuß" - vor allem auch für all diejenigen, die sich unberechtigterweise nicht als "öffentlich-rechtlicher Auftraggeber" einstufen lassen wollen. Auf die o. zitierte Literatur wird hingewiesen. Auf unsichere "Experimente" sollte man in diesem Zusammenhang verzichten; denn die Folgen sind schwerwiegend. Der Weg über die Gründung von Tochterunternehmen stellt sich in diesem Bereich regelmässig als gefährlicher "Holzweg" dar; Vergabekammer Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2003 - VK 80/02 - ÖPNV - § 15 II AEG - § 4 Regionalisierungsgesetz - Keine Nachprüfung einer Vereinbarung einer gemeinwirtschaftlichen Leistung des regionalen Schienenpersonennahverkehrs § 15 II AEG verdrängt §§ 97 ff GWB - § 4 III VgV - Überprüfung der Vereinbarung: öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art: § 40 I 1 VwGO - Verwirkung des Antragsrechts: Hinweis durch Mitarbeiter des Auftraggebers auf laufendes bzw. kurz bevorstehendes De-facto-Verfahren - Fristsetzung durch Bewerber für Einleitung eines Vergabeverfahrens und Androhung des Nachprüfungsverfahrens: 4 ½ Monate danach keine Maßnahmen des Bewerbers: Verwirkung des Antragsrechts auf bei unterlassener Reaktion des Auftraggebers auf die Rüge des potenziellen Bewerbers; De-facto-Vergabe - BayObLG, Beschl. v. 27.2.2003 - Verg 25/02 - Ausschreibungspflicht von Forschungsaufträgen: vertiefte historische Erkundung von Verdachtsstandorten von Rüstungsaltlasten - Gewährung des Primärrechtschutzes bei unterbliebenem Vergabeverfahren -

BayObLG, Beschl. v. 27.2.2003 - Verg 25/02 - Ausschreibungspflicht von Forschungsaufträgen: vertiefte historische Erkundung von Verdachtsstandorten von Rüstungsaltlasten - Gewährung des Primärrechtschutzes bei unterbliebenem Vergabeverfahren -

KG Berlin, Urt. v. 27.11.2003 - 2 U 174/02 - VergabeR 2004, 490, m. zutreffend krit. Anm. von Diercks, Gritt - Auftragsvergabe ohne Ausschreibung - Büromöbel - Schadensersatzansprüche abgelehnt (keine c.i.c., kein Anspruch aus § 126 GWB) - Ansprüche aus §§ 823 II BGB i. V. m. den § 97 V, VII GWB (Schutzgesetz - letztlich offen gelassen): Verstoß durch rechtswidrige Erteilung des Auftrags ohne Vergabeverfahren zwar grundsätzlich gegeben, aber kein Anspruch auf Schadensersatz infolge fehlenden Nachweises eines entsprechenden Angebots, dem der Zuschlag hätte erteilt werden müssen - keine Basis für Auskunftsklage über vergebenen Auftrag, folglich auch keine Möglichkeit der Vorlage eines Gewinner-Angebots gegeben - Hinweis: Nach der von dem KG, aaO dargelegten Rechtslage ist es für den Auftraggeber "am besten", wenn er kein Vergabeverfahren durchführt, den Auftrag erteilt, sich über den Inhalt des vergebenen Auftrags ausschweigt und so sämtliche Auskünfte verweigert. Das kann nicht zutreffend sein. Vgl. zum Auskunftsanspruch - Informationspflicht - BVerwG, Urt. v. 2.7.2003 - 3 C 46/02 - NZBau 2003, 571 = NJW 2003, 2696 - ÖPNV - Linienverkehr - Informationsanspruch des interessierten Bieters über Laufzeiten etc. der Linienverkehre - Anspruch unmittelbar aus Verfassung (Art. 12 bzw. Art. 19 IV GG) - Grenzen des Informations- und Auskunftsanspruchs; nach hier vertretener Ansicht ist die öffentliche Hand in einem Fall der de-facto-Vergabe zur Auskunft verpflichtet. Der öffentliche Auftraggeber hat im übrigen seine Berichtspflichten auch bei Durchführung "begründeter Verhandlungsverfahren" gegenüber der Kommission der EG nach § 30 a Nr. 1 g) VOL/a zu erfüllen. Das Urteil ist folglich aus mehreren Gründen unbefriedigend und rechtlich im Ergebnis nicht vertretbar.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 67/02 - VergabeR 2003, 436, m. Anm. v. Prieß = NZBau 2003, 401 - Kampfschuhe - g.e.b.b. - Bundeswehr-Beschaffung - §§ 98 GWB, 97 VI GWB, 13 VgV - Gründung zum im Allgemeininteresse liegenden Zweck - Nichtgewerblichkeit - Einfluß des Bundes (Aufsicht, überwiegende Finanzierung durch Personal- und Sachmittel - § 97 VI GWB: gesetzliche Ermächtigung für § 13 VgV - § 13 VgV gilt auch für Verhandlungsverfahren - Pflicht zur Einräumung des Bieterstatus für Unternehmen unter den hier anzutreffenden bestimmten Voraussetzungen des Einzelfalls (Verhandlungen etc.) - Vertragsabschluss und Nichtigkeit nach § 13 VgV - Inhalt der Information (hier nicht ausreichend) - Rüge - Unverzüglichkeit - vgl. auch die "Vorinstanz" Vergabekammer des Bundes, Beschl. v. 12.12.2002 - Vk 1 - 83/02 - NZBau 2003, 406 (Ls.). Zu allem Wagner, Olav/Wiegand, Franziska, Auftraggebereigenschaft gemischtwirtschaftlicher Gesellschaften und Nichtigkeit von De-facto-Vergaben, NZBau 2003, 369.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.5.2004 - VII - Verg 78/03 - NZBau 2004, 398 - Altpapier - Abfallbeseitigung - Durchführung der Abfallbeseitigung durch Nachbarstadt - Erforderlichkeit des Vergabevergabeverfahrens - vgl. auch Behördenspiegel, Nr. VI/2003, S. 26 (Bericht) - bisheriger Auftragnehmer verlangt Durchführung des Vergabeverfahrens infolge beabsichtigten Abschlusses einer "öffentlich-rechtlicher Vereinbarung" für die zukünftige Entsorgung durch Nachbarkommune - öffentlicher Auftaggeber - Entgeltlichkeit - kein Inhouse-Geschäft - keine Rekommunalisierung - auch die "öffentlich-rechtliche Vereinbarung" nicht relevant, da § 99 I GWB auch öffentlich-rechtliche Verträge erfaßt (EuGH NZBau 2001, 512 = VergabeR 2001, 380; BayObLGZ 2003, 129 = VergabeR 2003, 563; Graef, VergabeR 2004, 166) - keine Erfüllung des Ausnahmetatbestands des § 100 II g) GWB (Voraussetzungen des ausschließlichen Rechts für Nachbargemeinde nicht erfüllt).

Vergabekammer Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2003 - VK 80/02 - ÖPNV - § 15 II AEG - § 4 Regionalisierungsgesetz - Keine Nachprüfung einer Vereinbarung einer gemeinwirtschaftlichen Leistung des regionalen Schienenpersonennahverkehrs - § 15 II AEG verdrängt §§ 97 ff GWB - § 4 III VgV - Überprüfung der Vereinbarung: öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art: § 40 I 1 VwGO - Verwirkung des Antragsrechts: Hinweis durch Mitarbeiter des Auftraggebers auf laufendes bzw. kurz bevorstehendes De-facto-Verfahren - Fristsetzung durch Bewerber für Einleitung eines Vergabeverfahrens und Androhung des Nachprüfungsverfahrens: 4 ½ Monate danach keine Maßnahmen des Bewerbers: Verwirkung des Antragsrechts auf bei unterlassener Reaktion des Auftraggebers auf die Rüge des potenziellen Bewerbers

Vergabekammer Stuttgart, Beschl. v. 18.3.2004 - 1 Verg 7/04 - NZBau 2004, (Ls.) - Inhouse-Vergabe - verspätete Anrufung der Vergabekammer - Hausmüllentsorgung - Abfallbeseitigung - §§ 97 I, VI, 107 II, III, 114 I GWB, 13 VgV - Gründung einer 100-%-igen Tochter eines Landkreises - weitere Gründung einer "privaten" GmbH mit Beteiligung der Kreistochter von 51 %, Beteiligung eines privaten Unternehmens zu 49 % - Kommunaltochter überträgt der "privaten GmbH" ohne eine förmliche Ausschreibung - Anfrage des Antragstellers (Interessent) nach Vertragsschluß der Kreistochter mit der "privaten GmbH" drei Wochen vor Vertragsbeginn und sodann 6 Wochen später Anrufung der Vergabekammer - kein Rechtsschutzbedürfnis für die Nachprüfung eines Inhouse-Geschäfts bei Anrufung der Vergabekammer 9 Wochen nach Erhalt der Information - keine Unwirksamkeit der Beauftragung - Erkennen des Verstosses und treuwidrige Unterlassung der Rüge: auch Unzulässigkeit wegen dieses Verhaltens - offengelassen: Frage der Unzulässigkeit der Vergabe bzw. fehlender Eignung - fehlendes Feststellungsinteresse bei Beauftragung und fehlendem Rechtsschutzinteresse für die Anrufung der Vergabekammer - keine Aussetzung des Nachprüfungsverfahrens - Hinweis: Zu diesem Komplex EuGH, Urt. v. 18.11.1999, NZBau 2000, 90 - Teckal; BGH, Urt. v. 9.2.2004, NZBau 2004, 229; Jäger NZBau 2001, 6; Jasper/Pooth, VergabeR 2003, 613; Braun, NVwZ 2004, 441; Maier, NZBau 2004, 196 (Inhalt der Rügepflicht); OLG Naumburg, Vorlagebeschl. V. 8.1.2003, NZBau 2003, 224, an EuGH; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.3.2002, VergabeR 2002, 404 (Aussetzungsvoraussetzungen); ferner Dreher, NZBau 2004, 14 (Inhousevergabe etc.) - im übrigen www.vergabetip.de (Vergabe von A -Z: de-facto-Vergabe).

Vergabekammer Stuttgart, Beschl. v. 6.6.2001 - 1 VK 6/01 - NZBau 2002, 173 - Verpflichtung zur Ausschreibung/Bekanntmachung zukünftiger Vergabe von Planungsleistungen - vorläufiger Rechtsschutz gegen beabsichtigte weitere Vergaben ohne Vergabeverfahren- öffentlich-rechtliche Förderbank - Anstalt des öffentlichen Rechts als öffentlicher Auftraggeber - funktioneller Auftraggeber - vgl. Noch, NVerwZ 1999, 1083, auch Dietlein, Johannes, Der Begriff des "funktionalen" Auftraggebers nach § 98 Nr. 2 GWB, NZBau 2002, 136 - Gründungszweck, Aufgaben im Allgemeininteresse, "besondere Staatsnähe" (Finanzierung, Aufsicht, Bestimmung der Aufsichts- und Leitungsorgane) - kritische Bereiche u.a.: kommunale Sparkassen - öffentliche Aufgabe - gemeinnützig Anstaltslast des Landes Baden-Württemberg - Landesaufsicht - Unabhängigkeit von Gewinnerzielung - 100-%-iges Tochterunternehmen (GmbH) der Förderbank als öffentlicher Auftraggeber - Eingreifen des Vergaberegimes - de-facto-Vergabe - Antrag als vorläufiger Rechtsschutz - pflichtwidrige Absicht der Auftragserteilung ohne ein Vergabeverfahren - Einleitung des Vergabeverfahrens - Wille zur Durchführung einer bestimmten Maßnahme und Vergabe hinreichend konkret bestimmter Aufträge an Dritte - nach Entscheidung für die Leistung durch einen Dritten: Zulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens - Erforderlichkeit eines besonderen Rechtsschutzinteresses: Erklärung der GmbH, weitere Aufträge ohne Anwendung der VOF und der VOB vergeben zu wollen - Beteiligungswille am Vergabeverfahren des Antragstellers glaubhaft vorgetragen - Rügeverpflichtung bei de-facto-Vergaben "nur rudimentär" - Begründetheit des Antrags: Verpflichtung des Antragsgegners zur Durchführung von Vergabeverfahren bei weiteren Aufträgen - Vergleich vor dem OLG Stuttgart zur rechtsverbindlichen Auforderung des Antragstellers zur Abgabe von Angeboten Hinweis: Es wird mit Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass sog. "de-facto-Vergaben" gefährlich sind - insbesondere dann, wenn auf eine Auftragserteilung weitere Auftragserteilungen ohne Vergabeverfahren konkret beabsichtigt sind. Bei weiteren Auftragsvergaben wird der nichtberücksichtigte bzw. tatsächlich übergangene Bewerber/Bieter seine Möglichkeiten - trotz der nicht unerheblichen Rechtsunsicherheiten - zu wahren versuchen. Insofern ist der Entscheidung der Vergabekammer Stuttgart trotz der mit diesem Komplex strittigen Fragen durchaus zuzustimmen. Für die Vergabestellen handelt es sich um einen schwerwiegenden "Warnschuß" - vor allem auch für all diejenigen, die sich unberechtigterweise nicht als "öffentlich-rechtlicher Auftraggeber" einstufen lassen wollen. Auf die o. zitierte Literatur wird hingewiesen. Auf unsichere "Experimente" sollte man in diesem Zusammenhang verzichten; denn die Folgen sind schwerwiegend. Der Weg über die Gründung von Tochterunternehmen stellt sich in diesem Bereich regelmässig als gefährlicher "Holzweg" dar.

Vgl. ferner BGH, Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02 - VergabeR 2004, 480, m. Anm. v. Horn, Lutz - Krankenhausversorgung - Blockheizkraftwerk - Aufhebung nach § 26 VOB/A - VOL/A - grundlose Aufhebung: Schadensersatz aus C.i.C.(vgl. jetzt die §§ 311 II, III, 241 II, 280, 282, 324, 325 BGB) und Voraussetzungen: Schadensersatz auf entgangenen Gewinn erfordert mögliche Zuschlagserteilung auf das Angebot des Bieters für den Fall der Fortsetzung des Vergabeverfahrens und tatsächliche Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags - im entschiedenen Einzelfall wurde die vorherige Praxis des Bundeswehrkrankenhauses fortgesetzt (Belieferung mit Elektro-Energie und Wärme) - Ausschreibung aber Elektroenergie, Wärme und Kälte, keine bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise vorhandene Identität von fortgesetzter Vertragspraxis nach Aufhebung und Ausschreibungsgegenstand - Konsequenz: Lediglich Anspruch auf das negative Interesse, nicht auf entgangenen Gewinn (positives Interesse), da der Gegenstand des Vergabeverfahrens und der nach Aufhebung geschlossene Vertrag (Fortsetzung der bisherigen Praxis) nicht identisch waren - Aufhebung und Zurückverweisung an OLG (Vorgabe: Prüfung des Inhalts der Nebenangebote - hilfsweiser Antrag auf Ersatz des negativen Interesses (Aufwand für Angebotsbearbeitung?) - vgl. BGHZ 120, 281 = NJW 1993, 520; NJW 2000, 661; 2002, 107 = ZfBR 2002, 184; ferner BGHZ 139, 259 = NJW 1998, 3636; BGHZ 139, 280 = NJW 1998, 3640) - Hinweise: Die Entscheidung betrifft einen Vorgang aus dem Jahr 1996 (Vergabekammer stellt Rechtswidrigkeit der Aufhebung 1997 fest - Aufhebung erfolgte am 11.9.1996 - Abschluss des neuen Vertrages "mit weitgehend altem Inhalt" am 9.1.1997 mit Änderung vom 23.1.1998, Abschluss eines weiteren mit der ursprünglichen Praxis identischen Vertrages am 17.9.1998 ohne Vergabeverfahren mit bisherigem Vertragspartner) - im Grunde handelte es sich bei dem weiteren Vertragsschluss um eine De-facto-Vergabe ohne Vergabeverfahren. Ein solches Vorgehen wäre heute sehr riskant - vgl. allerdings OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.12.2003 - VII - Verg 37/03 - NJW 2004, 1331 (vgl. Raabe, Marius, NJW 2004, 1284) - Müllverbrennungsanlage Weisweiler - de-facto-Vergabe - § 134 BGB - § 13 VgV - § 138 BGB - Abschluss von Verträgen des Landkreises ohne Vergabeverfahren (auf der Grundlage des Abfallwirtschaftsplanes des Regierungsbezirks) - eine bedenkliche Entscheidung - vgl. www.vergabetip.de (VOLaktuell 4/12004).

De-facto-Vergabe - neuere Literatur:

Burgi, Martin, Rechtsschutz ohne Vergabeverfahren?, NZBau 2003, 16 (bejahend für de-facto-Verfahren)

Hailbronner, Kay, Rechtsfolgen fehlender oder unterlassener Ausschreibung bei Vergabe öffentlicher Ausschreibung (§ 13 VgV), NZBau 2002, 474 (Nichtigkeit wegen Verletzung der Informationspflicht - Reichweite der Informationspflicht - analoge Anwendung des § 13 S. 4 VgV auf die Unterlassung eines Vergabeverfahrens (verneint), NZBau 2002, 474

Hertwig, Stefan, Ist der Zuschlag ohne Vergabeverfahren nichtig? NZBau 2001, 241 -

Jennert, Carsten, Rechtsschutz bei rechtswidrig unterlassener Ausschreibung, WRP 2002, 507

Lindenthal, Burkhard, Begründet § 13 Satz 6 VgV die Nichtigkeit von de-facto-Vergaben? - Zugleich Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 67/02, VergabeR 2003, 630

Lück, Dominik R./Oexle, Arno, Zur Nichtigkeit von de-facto-Vegaben ohne wettbewerbliches Verfahren - zugleich Anm. zum Beschl. des OLG Düsseldorf vom 3.12.2003 (VergabeR 2004, 216) , VergabeR 2004, 302 - teils zustimmend

Mager, Stefan, Kurzkommentar zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.12.2003 - VII-Verg 37/03 - EWiR § 114 GWB 1/4 605 - keine Nichtigkeit des Zuschlags bei sog. De-facto-Vergaben - § 13 VgV

Noch, Rainer, Ausschreibungspflicht bei Verlängerung von Altverträgen nach de-facto-Vergabe, NZBau 2002, 86

Raabe, Marius, Verbindlichkeit "faktische" vergebener öffentlicher Aufträge? (OLG Düsseldorf, NJW 2004, 1331

Rosenkötter, Annette, Kehrtwende oder konsequente Fortführung? - § 13 S. 5 VgV und das OLG Düsseldorf, NZBau 2004, 136 - de-facto-Vergabe etc.

Wagner, Olav/Wiegand, Franziska, Auftraggebereigenschaft gemischtwirtschaftlicher Gesellschaften und Nichtigkeit von De-facto-Vergaben, NZBau 2003, 369 - zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 67/02 - NZBau 2003, 400, und EuGH, Urt. v. 22.5.2003 - Rs. C-18/01 - Korhonen - NZBau 2003, 396 - Allgemeininteresse - Nichtgewerblichkeit - Beherrschender Einfluss - De- facto-Vergabe und § 13 VgV

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