Berichtigung - Änderung - Bindung an Angebote

In der UVgO sowie der VgV ist die Frage der Bindung an das abgegebene Angebot nicht geregelt. Anders ist dies in §§ 10a VOB/A bzw. VOB/A EU.

In der UVgO bzw der VgV finden sich lediglich Regelungen für die Fristen, auch für die Angebotsdfrist (vgl. §§ UVgO, 20 VgV.  Gleichwohl ist davon auszugehen, dass der Bieter erst nach Ablauf der Angebotsfrist an sein Angebot gebunden ist. Er darf also ein neues Angebot abgeben, Änderungen vornehmen oder das Angebot zurückziehen. Der Auftraggeber sollte dies in den Vergabeunterlagen sicherheitshalber verdeutlichen. Nach Ablauf der Angebotsfrist ist  der Bieter an sein Angebot gebunden. Wird der Zuschlag rechtzeitig erteilt, ist der Vertrag zu erfüllen. Andernfalls stehen dem Auftraggeber Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu. Auch die Kündigung bzw. der Rücktritt vom  Vertrag sind möglich.

Vor Ablauf der Angebotsfrist ist die Berichtigung, Änderung und Rücknahme des Angebotes zulässig.

Änderungen der Vergabeunterlagen sind unzulässig - sie führen zum Ausschluss nach § 42 I Nr. 4 UVgO, 57INr. 4 VgV.

Die"Nachforderung" zur Berichtigung etc. nach § 42 II UVgO, 56II VgV ist in den engen Grenzen der Vorchriften zulässig.

Auswahl –„Änderungen“

AGB-Beifügung als Änderung Noch, Rainer, AGB im Angebot, Vergabe Navigator 2020,26

Änderung – AGB - Stanko, Max, AGB und die Änderung der Vergabeunterlagen – Wertungswandel in der Rechtsprechung?, NZBau 2020, 632

Änderung - Hettich, Lars, Kein Angebotsausschluss trotz Beifügung von Bieter-AGB, NZBau 2020,80

Änderung der Vergabeunterlagen - Gröning, Jochem, Grenzen des Angebotsausschlusses wegen Änderungen an den  Vergabeunterlagen, NZBau 5/2020, 275

Änderung während der Vergabe - Gröning, Jochem, Die Anpassung der Bauzeit im laufenden Vergabeverfahren, VergabeR 2020,  25

Änderung des Vertrags nach  Zuschlag – EuGH, Beschl. v. 26.03.2020 - C - 496 - 18 und C - 497 – 18 - Änderung von vergebenen Aufträge geschlossenen Verträgen während deren Ausführung – Ausschlussfrist für Nachprüfungsverfahren - Art. 1 Abs. 1, Abs. 3 RL 89/665/EWG – RmRL – Tenor: „1. Die Erwägungsgründe 25 und 27 der Richtlinie 2007/66/EG ... vom 11.12.2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG .... im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge etc. ... sind dahin auszulegen, dass sie den Mitgliedstaaten weder vorschreiben noch verbieten, eine Regelung zu erlassen, auf deren Grundlage eine Überwachungsbehörde ein Nachprüfungsverfahren von Amts wegen aus Gründen des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union veranlassen kann, um Verstöße gegen das Vergaberecht zu kontrollieren. Ist dieses Nachprüfungsverfahren von Amts wegen vorgesehen, fällt es jedoch in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, da öffentliche Aufträge, die Gegenstand eines solchen Nachprüfungsverfahrens sind, in den sachlichen Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien fallen, so dass es das Unionsrecht einschließlich seiner allgemeinen Rechtsgrundsätze, zu denen der allgemeine Grundsatz der Rechtssicherheit gehört, beachten muss. 2. Im Rahmen eines vom Amts wegen durch eine Überwachungsbehörde aus Gründen des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union veranlassten Nachprüfungsverfahrens lässt es der allgemeine Grundsatz der Rechtssicherheit nicht zu, dass eine neue nationale Regelung die Einleitung eines solchen Verfahrens zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Vertragsänderungen eines öffentlichen Auftrags innerhalb der in ihr festgelegten Ausschlussfrist vorsieht, obwohl die in der früheren Regelung vorgesehene Ausschlussfrist, die auf den Zeitpunkt dieser Änderungen anwendbar war, abgelaufen ist.

Änderung durch abweichende Zahlungsbedingungen im Angebot – BGH Urt. v. 18.6.2019 - X ZR 86-17 – Straßenbauarbeiten – AGB (hier ZVBBau) mit qualifizierter Abwehrklausel und abweichende Zahlungsbedingungen im Angebot – kein Vertragsinhalt der Bieter-AGB – kein Ausschluss wegen Abänderung - Angebot kann ohne Verstoß § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ohne Geltung  § 1 Abs. 1.3 ZVBBau in der Wertung bleiben - §§ 13 EU Abs. 1 Nr. 5, 16 EU Nr. 2 EU VOB/A – amtliche Leitsätze: „a) Bedingt sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen (hier: § 1 Abs. 1.3 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für Bauleistungen [ZVBBau] Stand 10. Juni 2015) aus, dass etwaige Vorverträge, in den Vergabeunterlagen nicht als Vertragsbestandteile aufgeführte Unterlagen, Protokolle oder Klauselwerke oder sonstige Korrespondenz im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, insbesondere Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen des Auftragnehmers nicht Vertragsbestandteil werden, und stellt ein Bieter mit seinem Angebot abweichende Zahlungsbedingungen, können diese infolge der Abwehrklausel des Auftraggebers im Falle der Auftragserteilung keine rechtliche Wirkung entfalten. Ein Ausschluss des Angebots wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen ist deshalb nicht erforderlich und nicht zulässig. b) Auch ohne Geltung von § 1 Abs. 1.3 ZVBBau kann ein Angebot, dem der Bieter eigene Unterlagen wie namentlich Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen beigefügt hat, ohne Verstoß gegen § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A in der Wertung verbleiben, wenn nach bloßer Streichung des Hinzugefügten ein dem maßgeblichen Inhalt der Vergabeunterlagen voll­ständig entsprechendes Angebot vorliegt.“

Wesentliche Änderung des Vertrags – wesentliche - EuGH, Schlussantrag v. 21.01.2021, C - 721 - 19 und C - 722 – 19 – Sofortlotterien – wesentliche Änderung eines Konzessionsvertragsamtlicher Vorschlag:1. Sieht die ursprüngliche Konzession für die Veranstaltung nationaler Sofortlotterien die Fortsetzung des Konzessionsverhältnisses über einen zweiten Zeitraum von neun Jahren mit demselben Konzessionsnehmer vor, stehen diese Vorschriften dem nicht entgegen, dass diese Maßnahme durch eine Bestimmung mit Gesetzeskraft erlassen wird, nachdem die konzessionserteilende Verwaltung bestätigt hat, dass die Fortsetzung des Verhältnisses im öffentlichen Interesse liegt und der ursprünglichen Konzession entspricht. 2. Vorbehaltlich der Prüfung durch das vorlegende Gericht sind Änderungen der Konzessionsbedingungen, die sich unter Aufrechterhaltung des Konzessionsvertrags, des rechtlichen Gegenstands, der Höhe der Vergütung und ihrer Entrichtung in zwei Tranchen darauf beschränken, die Teilbeträge, in denen der Konzessionsnehmer diese Raten zu zahlen hat, zu ändern, nicht wesentlich im Sinne von Art. 43 der Richtlinie 2014/23. 3. Wirtschaftsteilnehmer, die an der Verwertung der Konzession interessiert sind, sind berechtigt, die Fortsetzung des Konzessionsverhältnisses mit dem Konzessionsnehmer mit der Begründung anzufechten, dass die Bedingungen für die Fortsetzung eine wesentliche Änderung der ursprünglichen Konzession darstellen. Insoweit ist es unerheblich, dass diese Wirtschaftsteilnehmer nicht an der ursprünglichen Ausschreibung teilgenommen haben.“

 


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