OLG Schleswig, Beschl. v. 15.04.2011 - 1 Verg 10/10 – Nebenangebote und niedrigster Preis – Zulässigkeit – kein Verstoß gegen EU-Recht – keine Vorlage an BGH oder EuGH - Vergabe eines Auftrages für Straßenbauarbeiten

OLG Schleswig, Beschl. v. 15.04.2011 - 1 Verg 10/10 – Nebenangebote und niedrigster Preis – Zulässigkeit – kein Verstoß gegen EU-Recht – keine Vorlage an BGH oder EuGH - Vergabe eines Auftrages für Straßenbauarbeiten – 2. Bauabschnitt der Bundesstraße B - Preis einziges Zuschlagskriterium auch bei Zulassung von Nebenangeboten – Unklarheiten der Leistungsbeschreibung bzw. von Mindestbedingungen für Nebenangebote: Zurückversetzung mit Auflage der Klarstellung und sodann erfolgender Wertung - Varianten waren nach Ziffer II.1.9 zugelassen; in Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung waren für Nebenangebote Mindestanforderungen zur Gründung der Straße benannt; es heißt dort: "... Mit den ausgeschriebenen Bauleistungen soll eine beschleunigte Fertigstellung der Ausbaustrecke in dem durch die anstehenden setzungsempfindlichen organischen Weichschichten gekennzeichneten Streckenabschnitt erreicht werden. Nebenangebote müssen daher besonders auf die Baugrundverhältnisse Rücksicht nehmen und die Einhaltung der ... Fertigstellungsfristen inklusiv der Liegezeiten gewährleisten. Nebenangebote, für deren Ausführung längere Ausführungs- und Liegezeiten benötigt werden, werden nicht gewertet. Nebenangebote können nur dann gewertet werden, wenn folgende Mindestbedingungen eingehalten werden und entsprechende Nachweise dem Nebenangebot beifügt sind: - Säulenförmige Gründungselemente müssen ummantelt sein. Es muss sichergestellt sein, dass das eingebrachte Material sich nicht seitlich in den umgebenden Boden ausbreiten kann. Mit Nebenangeboten für eine von der Ausschreibung abweichende Gründung sind Referenzen über die erfolgreiche Ausführung in vergleichbaren Vorhaben beizulegen. - Für das angebotene Gründungssystem ist eine prüffähige Vorstatik einschließlich der Wechselwirkung auf das Gründungspolster ... mit Angabe der Säulenraster und Säulendurchmesser ... beizulegen. - Die bauzeitliche und dauerhafte Gesamtstandsicherheit des Straßenkörpers ist mit entsprechenden Berechnungen nachzuweisen.- ..." Eingang von fünf Angeboten - ein Hauptangebot eines Bieters, ein Nebenangebot eines weiteren Bieters sowie weitere drei Nebenangebote eines anderen Bieters - Die Vergabekammer erteilte vor ihrer Entscheidung einen rechtlichen Hinweis, der die Zulässigkeit von Nebenangeboten betraf, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist. Nach zweimaliger Verlängerung der Entscheidungsfrist verpflichtete die Vergabekammer die Beschwerdegegnerin durch Beschlüsse vom 8. Oktober 2010, die Ausschreibung aufzuheben. Zur Begründung führte sie aus: Nebenangebote hätten von vornherein nicht zugelassen werden dürfen, wenn - wie hier - einziges Zuschlagskriterium der Preis sei. Das ergebe sich aus Art. 24 Abs. 1 und Art. 53 Abs. 1 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG. Diese Vorschriften seien im deutschen Recht nicht umgesetzt worden und deshalb direkt anwendbar. Die rechtswidrige Zulassung von Nebenangeboten stelle einen "anderen schwerwiegenden Grund" im Sinne des § 26 Nr. 1 c VOB/A dar und führe zur Aufhebung der (gesamten) Ausschreibung. Eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens in ein vorheriges Verfahrensstadium bleibe außer Betracht. Es sei unerheblich, dass der Aufhebungsgrund dem Verantwortungsbereich der Vergabestelle zuzuordnen sei. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB sei der Ausspruch der Aufhebung der Ausschreibung als einziges Mittel zur Fehlerbehebung zulässig. Die Verdingungsunterlagen seien im Übrigen in mehreren Punkten missverständlich, insbesondere im Hinblick auf unklare Formulierungen in den Mindestbedingungen. – Zulässigkeit von Beschwerde und Anschlussbeschwerde - Begründetheit wegen unberechtigter Aufhebung durch die Vergabekammer - Die Vergabekammer hat diese Entscheidung auf § 26 Nr. 1 c der hier noch anzuwendenden VOB/A in der Fassung vom 20. März 2006 (BAnz. Nr. 94 a S. 9) gestützt und den - danach geforderten - "schwerwiegenden" Grund darin gesehen, dass in unzulässiger Weise gleichzeitig Nebenangebote zugelassen und der Preis als einziges Vergabekriterium bestimmt worden sind. Dem ist nicht zu folgen. Die Vergabekammer ist - zwar - grundsätzlich befugt, die Vergabestelle zur Aufhebung der Ausschreibung zu verpflichten (unten a.). Der Senat folgt auch nicht der Annahme der Beteiligten, die Vergabekammer habe die ihr zustehende Prüfungskompetenz überschritten (b.). Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Ausschreibung liegen indes nicht vor, weil der von der Vergabekammer angenommene "schwerwiegende" Verstoß gegen europäisches Vergaberecht nicht gegeben ist (c. und d.). a. Die Vergabekammer ist im Rahmen des § 114 Abs. 1 GWB befugt, die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Aufhebung der Ausschreibung auszusprechen. Sie ist dabei nicht an die Anträge der Verfahrensbeteiligten gebunden. Im Rahmen ihres Entscheidungsermessens kann sie die Vergabestelle unabhängig von diesen Anträgen zur Aufhebung der Ausschreibung verpflichten, wenn (insoweit) keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, um einen festgestellten Vergabefehler zu beseitigen und auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken (§ 114 Abs. 1 Satz 2 GWB; vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2003, Verg 64/02, ZfBR 2003, 721 f.). b. Der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Ansicht, der zur Aufhebung der Ausschreibung - maßgeblich - herangezogene Grund der Unzulässigkeit von Nebenangeboten bei dem einzigen Zuschlagskriterium "Preis" habe - da weder "thematisiert" noch (im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB) rechtzeitig gerügt - von der Vergabekammer nicht (mehr) berücksichtigt werden dürfen, ist entgegenzuhalten, dass die Vergabekammer nach § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB frei darin ist, wie sie auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken will. Sie kann dies in der von den Antragstellern des Nachprüfungsverfahrens gewünschten Weise vornehmen, aber auch auf andere Art, wenn dadurch das gesetzlich geforderte Ziel erreicht wird (vgl. Reidt, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht 2003, § 114 Rn. 12). Die Möglichkeit des Einwirkens auf ein rechtmäßiges Vergabeverfahren schließt die Berücksichtigung von Umständen ein, die die Verfahrensbeteiligten infolge der Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 GWB nicht mehr geltend machen können (so ausdrücklich Maier, in: Kulartz u.a., Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2009, § 114 Rn. 24 m.w.N.; a. A.: Gause, in Willenbruch/Wieddekind, a.a.O., § 114 Rn. 7: "grundsätzlich nicht"). Sind Vergabeverstöße nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert, bedeutet dies nur, dass ein Nachprüfungsantrag von Seiten der Beteiligten auf diese Verstöße - in zulässiger Weise - nicht mehr gestützt werden kann, also unzulässig ist. Ein davon betroffener Bieter verliert in diesem Umfang seinen individuellen Rechtsschutzanspruch. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der von der Präklusion betroffene Rechtsverstoß für das weitere Nachprüfungsverfahren gleichsam "aus der Welt" ist. Zum einen kann die Vergabestelle selbst - auch - präkludierte Vergabeverstöße aufgreifen und diese unter Beachtung der Gleichbehandlung und Transparenz auch noch während des Nachprüfungsverfahrens korrigieren. Zum anderen kann die Vergabekammer im Rahmen ihres "Einwirkens" auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB auch präkludierte Vergabeverstöße korrigieren. Sie darf - im Falle einer Präklusion - dem davon betroffenen Bieter keinen (individuellen) Rechtsschutz mehr gewähren, im Rahmen einer (ansonsten) nach § 107 Abs. 3 GWB zulässigen Nachprüfung einem Vergabefehler aber gleichwohl - auf der Rechtsfolgenseite - dadurch abhelfen, dass sie (auch) nicht "thematisierte" oder gerügte Umstände einbezieht. Im Rahmen ihres Entscheidungsermessens hat sie insoweit den Wettbewerbs-, Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 1, Abs. 2 GWB) sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten; sie hat unter mehreren Möglichkeiten, auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken, diejenige zu wählen, welche die o.g. Vergabegrundsätze am wenigsten beeinträchtigt. Eine Einschränkung mag in Fällen eingreifen, in denen die Korrektur präkludierter Fehler sich einseitig zu Lasten bestimmter Wettbewerbsteilnehmer auswirkt. Das ist vorliegend indes nicht der Fall. Eine abschließende Klärung der Frage, ob - wie die Beschwerdeführerinnen und die Beteiligte meinen - eine Überschreitung der Prüfungskompetenz der Vergabekammer vorliegt, kann vorliegend unterbleiben, weil - jedenfalls - kein "schwerwiegender" Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 c VOB/A vorliegt. c. Es ist bereits fraglich, ob der von der Vergabekammer angenommene Verstoß gegen die europäische Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG - läge er vor - als ein "schwerwiegender Grund" für die Aufhebung der (gesamten) Ausschreibung anzusehen ist. Ein Verstoß gegen die Richtlinie kann - je nach Sachlage - mehr oder weniger gravierend ausfallen. Es ist allgemein anerkannt, dass eine Aufhebung der Ausschreibung nur als "ultima ratio" in Betracht kommt, wenn das konkret durchgeführte Vergabeverfahren mit derart schwerwiegenden Mängeln behaftet ist, dass diese innerhalb des Verfahrens nicht mehr heilbar sind (vgl. Beschluss des Senats vom 30. Juni 2005, 6 Verg 5/05, OLGR 2005, 573 ff. [Tn. 31] m.w.N.). Das schließt es aus, bereits "abstrakt" in einem Verstoß gegen Einzelbestimmungen der europäischen Vergabekoordinierungsrichtlinie einen "schwerwiegenden" Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung zu sehen. In Betracht käme insoweit - abmildernd - auch eine richtlinienkonforme Fortbildung von § 10 Nr. 5 Abs. 4, § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A 2006 (jetzt § 8 Abs. 2 Nr. 3, § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A 2009; vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2008, VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 [Ls. 1]) sowie - auf der Ebene des Einzelfalls – eine Auslegung bzw. Anwendung der Vergabebedingungen in dem Sinne, dass dem Preiskriterium die die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung beeinflussenden Elemente der Mindestanforderungen für Nebenangebote hinzugefügt werden. Alternativ zur Aufhebung der gesamten Ausschreibung käme allenfalls eine Teilaufhebung des Vergabeverfahrens bis zum Stand vor Angebotsabgabe in Betracht, um den Bietern Gelegenheit zur Überprüfung ihrer Angebote zu geben. d. Unabhängig von diesen Bedenken liegt der von der Vergabekammer angenommene Verstoß gegen die europäische Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG nicht vor. Die genannte Richtlinie bedarf gemäß Art. 288 AEUV der Umsetzung in innerstaatliches Recht; sie wäre - folglich - als direkter Prüfungsmaßstab im Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren nur anzuwenden, wenn sie nicht oder (im hier interessierenden Punkt) unvollständig umgesetzt worden wäre und wenn sie unmittelbar anwendbare (self executive) Vorgaben enthielte (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994, C-91/92, NJW 1994, 2473). Eine - in diesem Sinne - defizitäre Umsetzung liegt nicht vor. Eine Vorgabe expressis verbis, die die Zulassung von Nebenangeboten beim alleinigen Zuschlagkriterium "Preis" verbietet, ist der Richtlinie an keiner Stelle zu entnehmen. Eine solche Vorgabe leitet die Vergabekammer - im Anschluss an Entscheidungen des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23. März 2010, Verg 61/09, ZfBR 2011, 103 [zu 1.] sowie Beschluss vom 18. Oktober 2010, Verg 39/10, NZBau 2011, 57 [II a]: zur Sektorenrichtlinie; offen gelassen von OLG Brandenburg, Beschluss vom 7. Dezember 2010, VergW 16/10, NZBau 2011, 126 [zu B 1]) - schlussfolgernd aus Art. 24 Abs. 1 und Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG ab; ergänzend wird auch auf Erwägungsgrund 46 verwiesen, wonach nur die zwei Zuschlagskriterien "niedrigster Preis" und "wirtschaftlich günstigstes Angebot" zuzulassen sind. Diese Ableitung überzeugt nicht. Die Vergabekoordinierungsrichtlinie ist in Deutschland in den §§ 97 ff. GWB sowie in den Vergabeordnungen umgesetzt worden, die gemäß § 127 GWB i.V.m. § 6 Abs. 1 VgV (in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 20. April 2009) oberhalb der Schwellenwerte den Rang von Rechtsverordnungen des Bundes haben. Die beiden Zuschlagskriterien nach Art. 53 Abs. 1 a und b Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG sind in § 97 Abs. 5 GWB ("wirtschaftlichstes Angebot") und in § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A 2006 umgesetzt worden. Das deutsche Vergaberecht hat die in den Richtlinien enthaltene Unterscheidung zwischen dem "wirtschaftlich günstigsten Angebot" und dem "niedrigsten Preis" nicht wörtlich übernommen, sondern mit der in § 97 Abs. 5 GWB bestimmten Verpflichtung zur Zuschlagerteilung auf das "wirtschaftlichste Angebot" zum Ausdruck gebracht, dass sich "unter den zur Wertung zuzulassenden Angeboten" dasjenige durchsetzen soll, das "unter Berücksichtigung aller im konkreten Fall wesentlichen und zuvor angegebenen Aspekte das beste Preis-/ Leistungsverhältnis bietet" (BT-Drs. 13/9340, S. 14). Für die Zuschlagsentscheidung kommt es danach - entscheidend - auf die "zuvor angegebenen Aspekte", also darauf an, was in der konkreten Ausschreibung vorgegeben und als maßgeblich bestimmt worden ist. Der Begriff des "wirtschaftlichsten Angebots" in § 97 Abs. 5 GWB ist insoweit - zwanglos - als Oberbegriff für die beiden in Art. 53 der Richtlinie 2004/18/EG genannten Kriterien anzusehen. In § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A wird - als Soll-Bestimmung - die in Art. 53 Abs. 1 lit. a Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG bestimmte Formulierung als Zuschlagskriterium übernommen, ohne damit allerdings der Vergabestelle die Möglichkeit zu nehmen, den niedrigsten Preis als ausschließliches Vergabekriterium zu bestimmen (OLG Naumburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008, 1 Verg 9/08, VergabeR 2009, 486; vgl. Kulartz, in: Kulartz u.a., Kommentar zur VOB/A, 2010, § 16 Rn. 261; Stolz, in Willenbruch/Wieddekind, a.a.O., § 16 VOB/A Rn. 157). Ein Umsetzungsdefizit, das einen direkten "Rückgriff" auf die Regelungen in der europäischen Vergabekoordinierungsrichtlinie erlauben würde, ist nach alledem nicht festzustellen. Im Rahmen der - europarechtskonformen - Vorgaben des § 97 Abs. 5 GWB bzw. des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A (jetzt: § 16 Abs. 6 Nr. 3 Satz 2 VOB/A 2009) ist es Sache des - jeweiligen - Auftraggebers, in den konkreten Ausschreibungsbedingungen anzugeben, welches Zuschlagskriterium gelten soll. Die Vergabekammer leitet ein Umsetzungsdefizit - im Sinne einer Regelungslücke innerhalb des deutschen Vergaberechts - aus der (weiteren) Überlegung ab, dass sich weder aus § 25 Nr. 3 Abs. 3 noch aus § 25 Nr. 5 VOB/A eine "explizite Aussage dazu ergebe, ob Nebenangebote zugelassen werden dürfen, wenn der Auftraggeber allein den Preis als Zuschlagskriterium wählt". Dem liegt die Annahme zugrunde, dass nach der Richtlinie 2004/18/EG "Varianten bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des niedrigsten Preises vergeben werden sollen, unzulässig" sind (s. S. 14 des Beschlusses der Vergabekammer, der insoweit auf den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 23. März 2010, a.a.O., verweist). Eine Begründung dafür, dass die Richtlinie eine Beschränkung dieses Inhalts enthält, fehlt; sie ist auch nicht ersichtlich. Es trifft - zwar - zu, dass Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG seinem Wortlaut gemäß Varianten nur bei solchen Aufträgen zulässt, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben werden. Daraus ist indes nicht abzuleiten, dass Varianten bei der Zuschlagsalternative "niedrigster Preis" nicht zugelassen werden dürfen. Die beiden Zuschlagsalternativen "wirtschaftlich günstigstes Angebot" und "niedrigster Preis" stehen nicht in einem konträren Verhältnis zueinander. Das lässt sich auch aus Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG nicht entnehmen. Soweit dort zwischen den Alternativen "wirtschaftlich günstigstes Angebot" bzw. "niedrigster Preis" unterschieden wird, hat dies erkennbar (nur) den Sinn, für die nähere Bestimmung des "wirtschaftlich günstigsten Angebots" weitere Vorgaben zu bestimmen, insbesondere das Erfordernis eines Zusammenhangs der Wirtschaftlichkeitskriterien mit dem Auftragsgegenstand. Dies führt zu einer Begrenzung der Auswahl zulässiger Kriterien, wie es in § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB für "zusätzliche Anforderungen" zum Ausdruck kommt. Einer solchen Begrenzung bedarf es bei einer Vergabe nach dem Kriterium des "niedrigsten Preises" von vornherein nicht. Die Überlegung, mit der Zulassung von Nebenangeboten und der damit erforderlichen Prüfung ihrer Gleichwertigkeit werde - beim Zuschlagskriterium "niedrigster Preis" - die Ausschließlichkeit dieses Zuschlagskriteriums beseitigt, vermag ein Verbot der Zulassung von Nebenangeboten beim Zuschlagskriterium "Preis" ebenfalls nicht zu begründen. Diese Überlegung übersieht, dass die Gleichwertigkeitsprüfung auf einer der Zuschlagsentscheidung (mit dem Kriterium "Preis") weit vorgelagerten Wertungsstufe erfolgt. Das kommt - schon – im systematischen Aufbau der Richtlinie 2004/18/EG zum Ausdruck: Die Zulassung von Varianten - mit dem Erfordernis, dafür Mindestanforderungen zu nennen – ist in Kapitel IV der Richtlinie geregelt, das Vorschriften über die Verdingungs- und die Auftragsunterlagen enthält. Werden danach Varianten (Nebenangebote) unter bestimmten Mindestanforderungen zugelassen, kann sich der öffentliche Auftraggeber für solche Varianten, die die genannten Mindestanforderungen erfüllen, im Rahmen des Vergabeverfahrens entscheiden. Trifft er eine solche Entscheidung, hat dies zur Folge, dass die Varianten (dann) mit dem Hauptangebot bzw. der vom Auftraggeber (vor-)formulierten Leistungsbeschreibung auf einer Stufe stehen und gleichberechtigt am weiteren Wertungsverfahren teilnehmen. Die Zulassung von Varianten (Nebenangeboten) unter Beachtung der vorab bekanntgegebenen Mindestanforderungen erfolgt vor Beginn des "eigentlichen" Wertungsverfahrens in der "vierten" Stufe, das - erst - in Kapitel VII der Richtlinie 2004/18/EG (Art. 44 ff.) geregelt ist. In diesem Kapitel finden sich auch die Vorgaben zu den Zuschlagskriterien in Art. 53 der Richtlinie 2004/18/EG. Der systematische Kontext der europäischen Vergabekoordinierungsrichtlinie belegt somit, dass die Zuschlagsentscheidung der Entscheidung über die Zulassung von Varianten (Nebenangeboten) folgt. Das gilt sowohl in dem Sinne, dass die Vergabestelle nach Kapitel IV der Richtlinie schon in den Verdingungs- und Auftragsunterlagen entscheiden kann, ob sie überhaupt Varianten zulässt, als auch in dem Sinne, dass sie die angebotenen Varianten auf die Erfüllung der Mindestanforderungen zu überprüfen hat und - für den Fall der Erfüllung derselben - die (dann zugelassenen) Varianten in die weitere Wertung nimmt. Aus Erwägungsgrund 29 der Richtlinie 2004/18/EG ergibt sich eine "Offenheit" der Richtlinie für die Zulassung von Varianten, weil diese den Wettbewerb erweitern, indem sie eine "Vielfalt technischer Lösungsmöglichkeiten" einbeziehen. Demgegenüber betreffen die Ausführungen in Erwägungsgrund 46 der Richtlinie nicht die Festlegung von Mindestanforderungen oder die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über die Zulassung von Varianten, auch nicht die Prüfung der angebotenen Varianten auf die Erfüllung der Mindestanforderungen, sondern die - spätere - Zuschlagsentscheidung, wie sie Art. 53 der Richtlinie vorsieht. Führt die Prüfung der Gleichwertigkeit von Nebenangeboten zu einem positiven Ergebnis und lässt der öffentliche Auftraggeber anschließend die Nebenangebote zur Wertung zu, so hat dies zur Folge, dass das Nebenangebot mit den anderen (noch) im Wertungsverfahren befindlichen Angeboten - seien es Haupt- oder (alternative) Nebenangebote - konkurriert und im Rahmen dieser Konkurrenz an den dann - noch - zu prüfenden Zuschlagskriterien zu messen ist. Bleibt insoweit - auf der letzten Wertungsstufe - nur noch das Zuschlagskriterium "niedrigster Preis" zu prüfen, setzt sich das Angebot durch, das dieses Kriterium erfüllt, und zwar auch dann, wenn es eine Variante enthält, die nach der vorherigen Prüfung und Entscheidung auf einer früheren Stufe des Entscheidungsprozesses positiv beurteilt worden ist. Der Systematik (auch) der Vergabekoordinierungsrichtlinie lässt sich damit ein "systematischer Kontext" in dem Sinne, dass bei dem Kriterium "niedrigster Preis" eine Zulassung von Nebenangeboten ausgeschlossen sei, nicht entnehmen. Der von der Vergabekammer angenommene Vergaberechtsverstoß liegt - somit - nicht vor. Damit entfällt zugleich ein "schwerwiegender" (rechtlicher) Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung. Der Beschluss der Vergabekammer ist insoweit zu ändern. 3. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 124 Abs. 2 GWB oder an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. a. Mit der obigen (zu II. 2. c.) begründeten Entscheidung weicht der Senat nicht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes ab. Soweit andere Vergabesenate in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB bzw. nach § 121 GWB eine Zulassung und Wertung von Nebenangeboten abgelehnt haben, wenn einziges Zuschlagskriterium der günstigste Preis ist (OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. Januar 2010, Verg 61/09, juris, [Tn. 4], vom 23. März 2010, Verg 61/09, ZfBR 2011, 103, vom 18. Oktober 2010, Verg 39/10, NZBau 2011, 57; vgl. auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 7. Dezember 2010, Verg W 16/10), wird dadurch eine Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB nicht begründet. Entscheidungen in jenen - vorläufigen - Verfahren ergehen nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung des wahrscheinlichen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens über eine sofortige Beschwerde (Kuhlig, a.a.O., § 118 GWB Rn. 52). Soweit nicht spezifische, den Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3, § 121 GWB zuzuordnende (prozessuale) Fragen betroffen sind, kann ein abschließender, einer Divergenz zugänglicher "Rechtssatz" in diesen Verfahren nicht entstehen. Damit sind Entscheidungen in diesen Verfahren für eine Vorlage nach § 124 Abs. 2 GWB nicht tragfähig (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Mai 2006, 1 Verg 5/06, NZBau 2007, 257, [Tn. 44] m.w.N.; OLG Celle, Beschluss vom 1. Juli 2004, 13 Verg 8/04, OLGR Celle 2004, 594; Röwekamp, in: Kulartz u.a., a.a.O., § 124 GWB Rn. 17; a.A.: Kuhlig, a.a.O., § 124 GWB Rn. 19 [bei Fn. 33]). Auch wenn man die o. g. Entscheidungen nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB bzw. nach § 121 GWB für "divergenzfähig" hielte, wäre daraus - inhaltlich – kein Ansatzpunkt für eine Divergenzvorlage zu entnehmen. Der Beschluss des OLG Brandenburg vom 7. Dezember 2010 (a.a.O.) enthält - abgesehen von einer Gegenüberstellung der (o.g.) Beschlüsse des OLG Düsseldorf mit Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte - keine eigenständige Aussage zu dem hier zu entscheidenden Problem. Alle Entscheidungen gehen thesenartig von einer Unvereinbarkeit der Zulassung von Nebenangeboten mit dem Kriterium "niedrigster Preis" aus. Ein begründeter und verallgemeinerungsfähiger Rechtssatz, der einer Divergenz zugänglich wäre, fehlt. Entsprechendes gilt auch für den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 28. Januar 2011 (Verg 62/10; Juris), der im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung über die Kosten analog § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nur auf die o.g. Entscheidungen nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB bzw. nach § 121 GWB Bezug nimmt, ohne eine eigenständige, der Divergenz überhaupt zugängliche Aussage zu treffen. Als Grundlage einer Divergenzvorlage käme demgegenüber der nach §§ 116, 123 GWB ergangene Beschluss des OLG Düsseldorf vom 9. März 2011 (Verg 52/10) in Betracht. Darin hat das Gericht unter Bezugnahme auf seine o.a. Rechtsprechung daran festgehalten, dass "Varianten" nicht zugelassen werden dürfen, wenn einziges Zuschlagskriterium der Preis ist (zu 1. a. bb der Gründe). Diese Aussage ist allerdings - zum einen - nicht näher begründet worden und trägt - zum anderen - nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Gründe ("... im Hinblick auf die fehlende Entscheidungsrelevanz...") den Beschluss nicht: Es kam auf diese Frage überhaupt nicht an, weil die zur Beurteilung stehenden, vom Bieter lediglich als Nebenangebote deklarierten Offerten "inhaltlich" als Hauptangebote anzusehen waren (zu 1. a. cc der Gründe). Damit vermag die Aussage zur Unzulässigkeit von Nebenangeboten den erkennenden Senat im Rahmen des § 124 Abs. 2 GWB nicht zu binden (vgl. Kuhlig, a.a.O., § 124 GWB Rn. 16 m.w.N. bei Fn. 20). Andere gerichtliche Entscheidungen, die Grundlage einer Divergenz sein könnten, sind nicht ersichtlich. Die Vergabesenate des OLG Celle (Beschlüsse vom 11. Februar 2010, 13 Verg 16/09 und vom 3. Juni 2010, 13 Verg 6/10, VergabeR 2010, 1014) und des OLG Koblenz (Beschluss vom 26. Juli 2010, 1 Verg 6/10, NZBau 2011, 58) haben die Zulassung von Nebenangeboten beim einzigen Zuschlagskriterium "Preis" unbeanstandet gelassen; das OLG Koblenz hat in seinem Beschluss vom 2. Februar 2011 (1 Verg 1/11, juris, [Tn. 32]) ausdrücklich offen gelassen, ob es der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf folgen wird. Eine Veranlassung für eine Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 (1. Alt.) GWB besteht danach nicht. Die Voraussetzungen einer Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 (2. Alt.) GWB liegen offensichtlich nicht vor. b. Eine Veranlassung, die behandelte Frage im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens dem Europäischen Gerichtshof (Art. 267 Abs. 3 AEUV) vorzulegen, besteht nicht. Eine Vorlagepflicht nach dieser Vorschrift wäre nur gegeben, wenn die hier maßgeblichen Bestimmungen der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (Erwägungsgründe 29 und 46, Art. 24 und Art. 53) so auszulegen wären, dass damit die - an Mindestanforderungen gekoppelte - Zulassung von Nebenangeboten und die - spätere - Zuschlagsentscheidung, die sowohl zugelassene Nebenangebote wie auch Hauptangebote enthält und gemäß § 97 Abs. 5 GWB und § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 VOB/A 2006 allein nach dem Kriterium "niedrigster Preis" erfolgt, nicht vereinbar wäre. Das ist - wie ausgeführt - nicht der Fall. Bestätigt wird dies, wie die Beschwerdeführerin zu 1) zutreffend hervorhebt, dadurch, dass der Europäische Gerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung die Zulassung von Nebenangeboten beim alleinigen Zuschlagskriterium Preis unbeanstandet gelassen hat (Urteil vom 16. Oktober 2003, C-421/01, VergabeR 2004, 50 ff.). Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof besteht deshalb kein Anlass. 4. Die Anträge der Beschwerdeführerinnen zu 1) und zu 2), ihrem Angebot (jeweils) den Vorzug zu geben bzw. konkurrierende Angebote aus der weiteren Wertung auszuschließen, bleiben ebenso ohne Erfolg wie der - weitergehende - Antrag der Anschlussbeschwerde, die Beschwerdegegnerin zu einer Zuschlagerteilung auf das Angebot der Beteiligten zu verpflichten. a. Voraussetzung für den Erfolg eines dieser Anträge wäre, dass die Ausschreibungsunterlagen eine transparente und chancengleiche Entscheidungsgrundlage der Vergabestelle enthalten (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB). Die Vergabestelle kann eine rechtmäßige Zuschlagsentscheidung nur treffen, wenn die maßgeblichen Anforderungen an die nachgefragte Leistung bzw. an zugelassene Nebenangebote (Varianten) von allen beteiligten - fachkundigen - Bietern im gleichen Sinne verstanden und ihren Angeboten zugrunde gelegt werden konnten. Das wird im Regelfall durch den klaren und vollständigen Inhalt der Leistungsbeschreibung (§ 9 Nr. 1 VOB/A) bzw. durch die Angabe von transparenten Mindestanforderungen (Art. 24 Abs. 2 Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG) gewährleistet, die den Gegenstand und die mögliche Ausgestaltung eines Nebenangebots ergeben (vgl. Dittmann, in: Kulartz u.a., a.a.O., § 8a VOB/A Rn. 26 m.w.N.; Raufeisen, in: Willenbruch/Wieddeking, a.a.O., § 8 VOB/A Rn. 26). Die Kritik der Vergabekammer an der inhaltlichen Eindeutigkeit der in Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung angegebenen Mindestanforderungen zur Gründung der Straße erscheint - im Ergebnis – berechtigt. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob - abweichend von einer vertikalen Gründung der Straße im Bereich der "setzungsempfindlichen organischen Weichschichten" - auch eine Gründung ohne "säulenförmige" Elemente zugelassen werden sollte, ist aus dem Textzusammenhang der Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung nicht zweifelsfrei zu klären. Die Beteiligten vertreten - jeweils orientiert auf ihr Angebot - die Ansicht, der Inhalt der Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung sei (durch Auslegung) bestimmbar; daraus ergeben sich drei Varianten, wobei zwei vertikale und eine nicht-vertikale Lösung vertreten werden. Eine abschließende Vergabeentscheidung wäre nur möglich, wenn davon nur eine Auslegung - rechtlich eindeutig - in Betracht zu ziehen wäre. Die Beschwerdegegnerin hat darauf verwiesen, dass sich in Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung keine "Beschränkung auf säulenförmige Gründungsarten" finde. Das ist insoweit richtig, als es im dritten Satz des ersten Absatzes der "Mindestbedingungen" heißt, "Nebenangeboten für eine von der Ausschreibung abweichende Ausführungsart" seien Referenzen beizulegen. Als "abweichend" ist auch eine Gründung ohne vertikale Gründungselemente anzusehen. Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass der erste Satz in dem betreffenden Absatz von Ziffer 1.5 mit "Säulenförmige Gründungselemente ..." beginnt und es auch nach dem (folgenden) zweiten Satz naheliegend ist, dass solche Elemente in vertikaler Richtung angeordnet werden sollen ("... nicht seitlich in den umgebenden Boden ausbreiten ..."). Es kommt hinzu, dass die (für alle Bieter offenen) Erläuterungen der Beschwerdegegnerin zu den Mindestanforderungen, die die Beschwerdegegnerin in den Schreiben vom 1. und 9. Juni 2010 gegeben hat, ebenfalls auf vertikale Gründungselemente ("seitliches Eindringen des Gründungsmaterials ...", "seitlich auszuknicken", "Säulen") hinweisen. Die Erörterung dieser Textstellen in der mündlichen Verhandlung und die Erläuterung ihres Sinngehaltes durch die Vertreter der Vergabestelle haben dem Senat kein letztlich eindeutiges Bild in dem Sinne vermittelt, dass nur vertikale bzw. auch nicht-vertikale Gründungstechniken zugelassen werden sollten. Die Angabe, es sei im Kern um eine "Verbesserung der Tragfähigkeit des bestehenden Untergrundes" gegangen und man habe insoweit mögliche Bauverfahren nicht "einengen" und auch "nichts ausschließen" wollen, mag zutreffen; es mag auch sein, dass die Vergabestelle säulenförmige Tragelemente als eine Maßnahme der Boden- bzw. Baugrundverbesserung aufgefasst hat. Der in Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung und in den "Präzisierungen" vom 1. und 9. Juni 2010 an die Bieter gelangte Text bringt indes eine solche "Weite" der Mindestanforderungen nicht hinreichend klar zum Ausdruck. Ob "Gründung" im wörtlichen Verständnis den Einbau von vertikalen Gliedern erfordert, die auf die erste feste Bodenschicht unterhalb der "organischen Weichschichten" herunterreicht, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden; die Beschreibung der Anforderung (lediglich) als "Baugrundverbesserung" lässt ein solches Verständnis - jedenfalls - nicht als einzig Mögliches erscheinen. Die Mindestanforderungen sind damit nicht eindeutig. Unklarheiten in einer Leistungsbeschreibung führen - in erster Linie - dazu, dass sich die fachkundigen Bieter um eine Klärung bemühen müssen; die Vergabestelle ist gehalten, entsprechende Rückfragen der Bieter zu beantworten und die Antworten ggf. auch den anderen Wettbewerbsteilnehmern zugänglich zu machen (§ 17 Nr. 7 Abs. 1 VOB/A 2006). Das Gleiche gilt für Unklarheiten bei den Mindestanforderungen für Nebenangebote. Die "Erkundigungslast" der Bieter gilt allerdings nicht unbegrenzt. Das folgt bereits aus der allgemeinen Anforderung in § 9 Nr. 1 VOB/A, wonach die Angebotsbearbeitung auf der Grundlage der von der Vergabestelle übermittelten Angaben "ohne umfangreiche Vorarbeiten" möglich sein muss. Eine für fachkundige Bieter nicht ohne Weiteres erkennbare Unklarheit in der Leistungsbeschreibung oder in den angegebenen Mindestanforderungen für Nebenangebote führt dazu, dass diese ihrem Angebot ein fachlich vertretbares Verständnis der Ausschreibungsunterlagen zugrunde legen dürfen, ohne sich der Gefahr eines Angebotsausschlusses gem. § 21 Nr. 1 Abs. 3, § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A auszusetzen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 22. August 2001, KartVerg 3/01, NZBau 2002, 402; Prieß, in: Kulartz u.a., a.a.O., § 7 VOB/A Rn. 32 m.w.N.). Angesichts der textlichen Gestaltung der Ziffer 1.5, der Satzfolge und des Inhalts der den Bietern nachträglich "präzisierend" erteilten Antworten war die Unklarheit hinsichtlich einer vertikalen bzw. nicht-vertikalen Gründung der Straße für die fachkundigen Bieter nicht ohne Weiteres erkennbar; eine diesbezügliche Erkundigungslast erschiene überdehnt. Im Ergebnis kann sich aus einer solchen Entwicklung eine Wertungssituation ergeben, in der mehrere Angebote auf der Grundlage eines jeweils verschiedenen - fachlich vertretbaren - Verständnisses der Ausschreibungsbedingungen miteinander konkurrieren. Betreffen die Unterschiede Elemente, die für den Wettbewerb und für die Kalkulation der Bieter wesentlich sind, kann daraus eine dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechende Vergabeentscheidung nicht mehr abgeleitet werden. Eine Zuschlagsentscheidung kann dann - rechtmäßig - nicht erfolgen. b. Unterstellt man - den Beschwerdeführerinnen zu 1) und zu 2) folgend -, dass der Text der Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung nach dem objektiven Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters nur im Sinne der Mindestanforderung "vertikale Gründungselemente" ausgelegt werden kann, hätte sich die Vergabestelle mit ihrer zu Gunsten der Beigeladenen ergangenen Vergabeentscheidung von den Vorgaben der Ausschreibung gelöst. Ein Anspruch auf Zuschlagserteilung zu Gunsten eines Angebots mit "vertikaler" Gründung wäre daraus indes nicht abzuleiten. Werden - wie hier - Nebenangebote zugelassen, kann der Fall eintreten, dass die Vergabestelle, "angestoßen" durch ein Nebenangebot, das in der (bisherigen) Leistungsbeschreibung konzipierte "Hauptangebot" in einem anderen Licht sieht und sich von dem im Nebenangebot enthaltenen "besseren" Weg zum (gewünschten) Beschaffungsziel überzeugen lässt. Ist dies der Fall, besteht allein wegen des einmal "anders" eingeleiteten Vergabeverfahrens kein Anspruch darauf, dieses unbeschadet einer veränderten Beschaffungsabsicht zu Ende zu führen; weder zivil- noch vergaberechtlich gibt es einen Anspruch auf "unveränderten" Zuschlag (Portz, in: Kulartz u.a., a.a.O., § 17 VOB/A Rn. 4). Vielmehr hat die Vergabestelle das Recht, die Leistungsanforderungen bzw. die Anforderungen an Nebenangebote zu ändern und - anschließend - eine neue Vergabeentscheidung zu treffen. Die Bieter können somit keinen Auftrag nach dem Inhalt ihres (jeweiligen) "Empfängerhorizonts" beanspruchen. Der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin Nebenangebote zugelassen hat, ferner ihre Erklärung, dass sie kein Bauverfahren "ausschließen" oder "einengen" wollte und ihre zu Gunsten eines nicht-vertikalen Gründungsverfahrens erfolgte Vergabeentscheidung können vor dem genannten Hintergrund als eine im Laufe des Angebotsprüfungs- und -wertungsprozesses entstandene Konkretisierung oder - wie es die Beschwerdeführerin zu 1) in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 5. April 2011 (S. 3, zu 2.) sieht - eine Änderung ihrer Beschaffungsabsicht verstanden werden. Als Grundlage für eine Zuschlagsentscheidung käme dies in Betracht, wenn - zugleich - die Anforderungen an die Transparenz des Vergabewettbewerbs und die Chancengleichheit der Bieter erfüllt wären. Das ist indes nicht der Fall, weil die geänderte Beschaffungsabsicht nicht allen Bietern bekannt war und damit eine Vergabeentscheidung entstanden ist, deren Grundlage nicht mehr für alle Angebote zutraf. Im Ergebnis ergibt sich dann - wie zu a. -, dass keine rechtmäßige Zuschlagsentscheidung erfolgen kann. c. Die von der Beschwerdeführerin zu 1) bzw. zu 2) mit dem Hauptantrag begehrte Wiederholung der Wertung kann nach dem Vorstehenden nur auf der Grundlage einer veränderten Vorgabe in Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung erfolgen, die für alle (noch) am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter klarstellt, welche Anforderungen an die Gründung der ausgeschriebenen Straße in dem "setzungsempfindlichen" Streckenabschnitt gelten sollen. Das Beschwerdegericht ordnet dies im Rahmen seiner nach § 123 Satz 1 und 2 GWB bestehenden Entscheidungsbefugnis an (vgl. Kuhlig, a.a.O., § 123 GWB Rn. 11). Es ist Sache der Beschwerdegegnerin, die erforderliche Klarstellung der Mindestanforderungen in Ziffer 1.5 der Leistungsbeschreibung herbeizuführen. Die Angebotswertung kann damit nicht - wie beantragt - auf der Grundlage der (bisher) vorliegenden Angebote der Beschwerdeführerin zu 1) bzw. zu 2) erfolgen. Daraus folgt zugleich, dass die Beteiligte eine (unmittelbare) Erteilung des Zuschlags auf ihr Angebot nicht beanspruchen kann. Nach der Klarstellung der Mindestanforderungen ist den noch am Vergabeverfahren teilnehmenden Bietern Gelegenheit zu geben, innerhalb einer angemessenen Frist ihre Angebote zu überprüfen und ggf. anzupassen oder zu erneuern. Auf dieser Grundlage ist die Angebotsprüfung und -wertung zu wiederholen. Mit dieser Anordnung entfällt zugleich der Bedarf, über den Beschwerdeantrag, die bisherigen konkurrierenden Nebenangebote bei der neu vorzunehmenden Wertung unberücksichtigt zu lassen, zu entscheiden. Der Antrag der Beschwerdeführerin zu 2), eine Verletzung in ihren Rechten festzustellen, ist wegen der angeordneten Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Angebotsabgabe und der (ihr) damit gegebenen Möglichkeit, ein neues Angebot abzugeben, hinfällig. Für den von der Beteiligten - hilfsweise - gestellten Antrag auf Wiederholung der Angebotswertung gelten die o.a. Ausführungen zu den inhaltsgleichen Anträgen der Beschwerdeführerin zu 1) bzw. zu 2) entsprechend. 5. Die Kostenentscheidung für die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus §§ 120 Abs. 2, 78 Abs. 1 GWB. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten und die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu einem Drittel der Beschwerdegegnerin und zu je zwei Neuntel der Beschwerdeführerin zu 1), der Beschwerdeführerin zu 2) und der Beteiligten aufzuerlegen, wobei der Berechnung der Gerichtskosten ein Streitwert von 560.000 Euro und der Berechnung der außergerichtlichen Kosten der aus dem Tenor ersichtliche Streitwert, der sich aus den Einzel-Auftragswerten ergibt, zugrundezulegen ist (§ 50 Abs. 2 GKG).

~1549