VOL/A und Internet - Einsatzmöglichkeiten
Vorbemerkung
Die neuen Medien werden in kurzer auch im Beschaffungswesen eine bedeutende Rolle spielen. Der nachfolgende Überblick soll eine frühzeitige Einstellung auf die Veränderungen ermöglichen. Weitere Informationen sind z.B. über die Website des BMWT über den aktuellen Gang der Dinge ersichtlich. Mit dem Inkrafttreten der Vergabeverordnung 2000 ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Mit dem Inkrafttreten der neuen Vergabeverordnung werden auch die VOL/A 2000 (liegt noch nicht vor), die VOB/A 2000 und die VOF 2000 anzuwenden.
Übersicht:
1. Digitale Angebote
2. Einsatz von Internet in Vergabeverfahren
3. Versteigerungen von Aufträgen
4. Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen
5.EG-Richtlinien für elektronischen Rechtsverkehr und für elektronische Signaturen
1. Digitale Angebote
1. Vergabeverfahren mit digitaler Signatur
Entwurf der Vergabeverordnung 2000
Text: § 15 Elektronische Angebotsabgabe
Soweit die Bestimmungen, auf die die §§ 4 bis 7 verweisen, keine Regelungen über die elektronische Angebotsabgabe enthalten, können die Auftraggeber zulassen, dass die Abgabe der Angebote in anderer Form als schriftlich per Post oder direkt erfolgen kann, sofern sie sicherstellen, dass die Vertraulichkeit der Angebote gewahrt ist. Digitale Angebote sind mit Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu versehen und zu verschlüsseln; die Verschlüsselung ist bis zum Ablauf der für die Einreichung der Angebote festgelegten Frist aufrechtzuerhalten.
Begründung zu § 15 Vergabeverordnung:
Die enormen Fortschritte bei der elektronischen Übermittlung von Informationen erfordern auch eine Anpassung der Vergabevorschriften. Die Richtlinien 97/52/EG und 98/4/EG eröffnen den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Möglichkeit, davon Gebrauch zu machen. § 15 ermöglicht daher den Auftraggebern, außer der traditionellen Übermittlung der Angebote per Post andere Formen, wie z.B. Online oder per Fax, zuzulassen. Der Auftraggeber hat zu gewährleisten, dass die Vertraulichkeit der Angebote gewahrt bleibt. Sofern die Verdingungsordnungen Regelungen über die elektronische Angebotsabgabe enthalten, richtet sich die Angebotsabgabe nach diesen Vorschriften.
Hinweise:
- Es ist davon auszugehen, dass die Abgabe von digitalen Angeboten aller Voraussicht in den nächsten Jahren noch der Normalfall sein wird; denn die Einschränkung auf eine der beiden Möglichkeiten, traditionelle schriftliche Angebote z.B. im Sinn der §§ 21 ff VOL/A oder digitale Angebote, läßt sich mit Sicherheit nicht vertreten - natürlich dürfte ein Ausschluß von digitalen Angeboten keinen Bedenken begegnen, wenn etwa die Vergabestelle nicht über die entsprechenden Einrichtungen verfügt; anders dürfte es sein, wenn die Vergabestelle vorhaben sollte (was allerdings ziemlich unwahrscheinlich sein dürfte), nur digitale Angebote zuzulassen; damit würden unzulässige Anforderungen gestellt werden, da über diesen Weg der Bieter- und Bewerberkreis de facto eingeschränkt werden wird. Im übrigen dürfte dies auch in der näheren Zukunft unzweckmäßig sein.
- Einzelheiten ergeben sich aus der VOB/A 2000, der VOF 2000 sowie der kommenden VOL/A 2000. Im Grunde handelt es sich um keine große Änderung, sondern lediglich um die Erweiterung des traditionellen Weges um einen zusätzlichen Weg für die Einreichung von Angeboten.
- In der Verordnung ist nur von Angeboten, nicht von Teilnehmeranträgen die Rede.
- Im übrigen ist die Bestimmung auf der Linie der Vergabegrundsätze wie
- Vertraulichkeitsgrundsatz
- Verschlüsselung der Angebote als Ersatz für den "verschlossenen Umschlag" - "unter Verschlüsselung zu halten"
- "Öffnung" durch Entschlüsselung" im Öffnungs- bzw. Eröffnungstermin
- Wahrung der Vertraulichkeit durch zusätzliche Maßnahmen technischer Art
- (Verschlüsselte - nicht erforderlich, da insofern nicht genannt) Aufbewahrung der digitalen Angebote
- Geeignete Beweissicherung hinsichtlich des Eingangs der digitalen Angebote etc.
Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen beschlossen - Entwurf des Bundeskabinetts vom 16.8.2000 - Neue Juristische Wochenschrift 2000, Heft 37, LIII - EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, veröffentlicht als Beilage zur Neuen Juristischen Wochenschrift 2000, Heft 36.
2. Einsatz von Internet und neuen Medien in Vergabeverfahren
- Internet wird derzeit bereits genutzt
- für die Markterkundung (z.B. www.warentest.de, www.wlw.de etc. Im übrigen bieten zahlreiche Konkurrenten für den Einkauf unterstützende Maßnahmen an (vgl. z.B. www.oracle.de ), die sich allerdings vor allem auf die Hilfe bei der Markterkundung beziehen und daneben entsprechende Tipps für die Abwicklung erschöpfen. Das Vergabeverfahren selbst ist, soweit ersichtlich, nicht Gegenstand entsprechender Hilfen.
- Vgl. insofern Hahn/Kaufmann, Handbuch Industrielles Beschaffungsmanagement, 2000, Reinelt, Günther R., Multimediale Beschaffungsmarktforschung, S. 451 ff.: Deutsche Suchmaschinen, Internationale Suchmaschinen, Deutsche Web-Kataloge, Internationale Web-Kataloge, Metasuchdienste, Datembanken, Adressenverzeichnisse
- für die Bekanntmachung im nationalen Bereich sowie die zusätzliche Bekanntmachung im EU-Verfahren (vgl. § 17 a Nr. 1 VOL/A). Auch hier gehen bereits einige Vergabestellen dazu über, ihre Bekanntmachungen im Internet zu platzieren.
- Denkbar ist der Einsatz von Internet auch für andere Bereiche
- Email für Mitteilungen, Zuschlagserteilung, Teilnehmeranträge (? - keine bestimmte Form vorgeschrieben)
- Rücknahme von Angeboten (vgl. § 18 Nr. 3 VOL/A: dort allerdings: schriftlich, fernschriftlich und telegraphisch - E-Mail ?)
- sachliche Auskünfte auf Auskunftsersuchen nach § 17 Nr. 6 I VOL/A etc.
Allerdings entsteht hier - ähnlich wie bei Fax - das Problem der Beweissicherung - Zugangsbeweis ? Manipulationsmöglichkeiten - technische Probleme ?
Vg. Bartl, Harald, Moderne Dienstleistungen und Recht, 1998
Wichtig erscheint noch der Hinweis, dass in den Fällen, in denen Angebote via Internet, sofern man sie etwa im Bereich der Freihändigen Vergabe zulassen sollte, zu Problemen im Bereich der Sicherheit führen können (Virus via "getürkte Angebote" etc.)
Denkbar ist der Einsatz von Internet schließlich noch auf folgenden Feldern:
- Einsatz zur Ermöglichung der Einsicht in Unterlagen
- Geeignete Unterlagen, auf die durch Internet Zugriff genommen werden kann
- Instrument, um Einsicht in Unterlagen zu gewähren, soweit für Unterlagen geeignet - vgl. § 17 Nr. 4 S. 2 VOL/A: Einsicht in Unterlagen
- Übermittlung von Ansichten von Mustern und Proben, soweit geeignet - vgl. § 17 Nr. 4 S. 2 VOL/A
Schranken für die Internet-Nutzung - Keine Einsatzmöglichkeit derzeit - anders bei der vorgesehenen Möglichkeit digitaler Angebote - für
- Angebote im Rahmen Beschränkter Ausschreibungen
- vgl. verschlossener Umschlag nach § 22 Nr. 3 a) VOL/A
- vgl. "rechtsverbindliche" Unterschrift nach §§ 21 Nr. 1 II, 23 Nr. 1 b), 25 Nr. 1 b) VOL/A
- Angebote bei öffentlichen Ausschreibungen
- vgl. die Ausführungen zur Beschränkten Ausschreibung
- Angebote im Rahmen Beschränkter Ausschreibungen
- Einsatzmöglichkeit bei Freihändiger Vergabe - kein förmliches Verfahren - allerdings gilt auch hier die VOL/A, soweit sich nicht aus der Überschrift (vgl. § 24 VOL/A) oder aus dem Text (entsprechende Anwendung etc.) Abweichendes ergibt.
- Die §§ 21, 23 und 25 VOL/A sehen allerdings für die Freihändige Vergabe keine Ausnahme vor.
- Gleichwohl wird man bei entsprechender Absicherung "Internet-Angebote" wie etwa auch Fax-Angebote zulassen können, soweit die Identität des Bieters eindeutig feststeht - ganz sicher ist dies allerdings nicht.
- EU-Verfahren
- Für EU-Verfahren z.B. nach den a-§§ gelten die Basis-§§ ergänzend, also grundsätzlich auch die vorherigen Ausführungen hinsichtlich der Angebote.
- Die Bekanntmachungen des Amtes für amtliche Veröffentlichungen liegen nicht nur im traditionellem Supplement in gedruckter Form, sondern auch auf CD-Rom vor.
3. "Versteigerungen" von Aufträgen im Internet
Diese Form der Auftragsvergabe (vgl. z.B. `Versteigerung` eines Großbauauftrags etc.) durch die Privatwirtschaft kommt in dieser Form für die öffentliche Hand derzeit nicht in Betracht, wenngleich z.B. die Öffentliche Ausschreibung bzw. das Offene Verfahren durchaus auch eine Art "Versteigerung" der Aufträge im Wettbewerb in einem allerdings sehr formalisierten Verfahren darstellen. Das gilt selbst für die Freihändige Vergabe, bei der nach § 7 Nr. 2 III VOL/A die Angebote "möglichst" im Wettbewerb eingeholt werden sollen.
Allerdings läuft in allen Fällen der Öffentlichen/Beschränkten Ausschreibung und im Freihändigen Verfahren das Verfahren wie folgt ab:
Bedarfsmeldung/Bearbeitung durch die Beschaffungsstelle mit Markt- und Preisübersicht, Kostenschätzung/Haushaltsmittel, vollständige, eindeutige und wettbewerbsgeeignete Leistungsbeschreibung, Zeitrahmen/Ausführungsfristen, Festlegung der individuellen Rechtskonditionen, Ergänzende Anwendung der VOL/B oder sonstiger" Allgemeiner Geschäftsbedingungen" der öffentlichen Hand, Festlegung der Wertungskriterien, Entscheidung über die Vergabeart, Beachtung des "Fertigstellungsgebots" der Verdingungsunterlagen, Bekanntmachung oder Aufforderung zur Angebotsabgabe - Eingang, Prüfung, Öffnung, Aufklärungs- bzw. Zweifelsverhandlungen, Wertung, Zuschlagsvorbereitung, Erfüllung der Informationspflichten über Zuschlagsabsicht im EU-Verfahren und Abwarten der "Überprüfungsfrist" durch die Bewerber/Anbieter, eventuelles Vergabeüberprüfungsverfahren, Zuschlag oder Aufhebung, Vergabevermerk, Erfüllung der Melde- und Berichtspflichten.
Eine "Versteigerung" von Aufträgen wie in der Privatwirtschaft scheidet daher aus. Das gilt auch bei den ausnahmsweise zugelassenen Verhandlungen nach § 24 VOL/A/§ 24 VOB/A oder der VOF. Das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot sorgen insofern neben dem Vertraulichkeitsgrundsatz (Durchbrechung im Eröffnungstermin nach § 22 VOB/A: Anwesenheit der Bieter und der Bevollmächtigten) für entsprechende Schranken, an denen nicht gerüttelt werden sollte und derzeit auch nicht gerüttelt werden kann.
4. Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen beschlossen
Am 16.8.2000 hat das Bundeskabinett einen entsprechenden Entwurf beschlossen und insofern für einen Rahmen für den zeitlichen Ablauf gesetzt, um eine fristgemäße Umsetzung der EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr in Deutschland sicherzustellen.
Daneben sollen die Formvorschriften des BGB (vgl. § 126 BGB: "eigenhändige Unterschrift") der erforderlichen Rechtslage bedingt durch die Einkehr der neuen Medien angepasst werden.
Der genannte Gesetzentwurf über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen sieht die "qualifizierte digitale Unterschrift" als Gegenstück zur Unterschrift vor. Im übrigen muß dieser Gesetzentwurf die EG-Richtlinien beachten: Wegfall der Genehmigungspflicht für Zertifizierungsstellen, Einführung einer Allgemeinen Aufsichtspflicht, Erhaltung des Sicherheitsniveaus, Haftungsregelung, Datenschutz etc.)
5. Richtlinien für elektronischen Rechtsverkehr und für elektronische Signaturen
Vgl. Beilage NJW 2000, Heft 36
- 5.1. Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Rates vom 8.6. 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (,,Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr")
- Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 12.1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen in der Form ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften wiedergegeben.
- Amtliche Veröffentlichungen
- Richtlinie 2000/31/EG: ABIEG Nr. L 178 v. 17.7.2000, S.1 - Umsetzungsfrist: bis zum 17.1. 2002
- Richtlinie 1999/93/EG: ABlEG Nr. L 13 v. 19.1.2000 S.12 - Umsetzung: bis zum 19.7.2001
Texte: 1. RICHTLINIE 2000/31/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
~0089, ~1180