Archteikt- Ingenieur- Dienstleistung - §§ 78 f VgV, § 50 UVgO (Freiberufliche Leistungen) - HOAI

Architekt – Ingenieur

Übersicht

  1. Zivilrechtlich
  2. Vergaberechtlich
  • 2.1. Unterhalb der Schwellenwerte
  • 2.2. Oberhalb der Schellenwerte
  1. Entscheidungen –Auswahl
  2. Auswahl Literatur

 

1. Zivilrechtlich

  • § 650p,650b, 650e – 650h BGB – Unterart des Werkvertrags

 

2. Vergaberechtlich

2.1. Unterhalb der Schwellenwerte

  • 50 UVgO –Freiberufliche Leistung

2.2. Oberhalb der Schellenwerte

  • § 73 – 77 sowie für Planungswettbewerbe §§ 78-80 VgV

 

3. Entscheidungen –Auswahl

  • Mindestsätze nach HOAI -EuGH, Urt. v. 4.7.2019 - C - 377 – 17 – HOAI – unzulässige Beibehaltung der Mindestsätze – Höchstsätze zulässig – Leistungen von Architekten und Ingenieure – Planungsleistungen mit Mindestsätzen und Beratungsleistungen ohne Mindestsätze – Eignung, Erforderlichkeit bejaht, Verhältnismäßigkeit verneint - Art. 15 RL 2006/123/EG; Art. 49 AEUV - amtlicher Leitsatz: Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßen, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat. – Auszug: „93 Daher ist festzustellen, dass es der Bundesrepublik Deutschland nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass die in der HOAI vorgesehenen Mindestsätze geeignet sind, die Erreichung des Ziels einer hohen Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten und den Verbraucherschutz sicherzustellen. 94 Demgegenüber können die Höchstsätze – wie die Bundesrepublik Deutschland geltend macht – zum Verbraucherschutz beitragen, indem die Transparenz der von den Dienstleistungserbringern angebotenen Preise erhöht wird und diese daran gehindert werden, überhöhte Honorare zu fordern. 95 Jedoch hat die Bundesrepublik Deutschland – wie der Generalanwalt in Nr. 111 seiner Schlussanträge festgestellt hat – nicht begründet, weshalb die von der Kommission als weniger einschneidend vorgeschlagene Maßnahme, Kunden Preisorientierungen für die verschiedenen von der HOAI genannten Kategorien von Leistungen zur Verfügung zu stellen, nicht ausreichen würde, um dieses Ziel in angemessener Weise zu erreichen. Folglich kann das Erfordernis, Höchstsätze festzulegen, im Hinblick auf dieses Ziel nicht als verhältnismäßig angesehen werden.
  • Mindestsätze-BGH, Beschl. v. 14.5.2020 – VII ZR 174/19 – HOAI – Mindestsätze – Wirksamkeit (?) - Vorlage an EuGH - folgende Fragen: 1. Folgt aus dem Unionsrecht, insbesondere aus Art. 4 Abs. 3 EUV, Art. 288 Abs. 3 AEUV und Art. 260 Abs. 1 AEUV, dass Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG ...  im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen in der Weise unmittelbare Wirkung entfaltet, dass die dieser Richtlinie entgegenstehenden nationalen Regelungen in § 7 der deutschen ... HOAI, wonach die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen der Architekten und Ingenieure ­ abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen ­ verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist, nicht mehr anzuwenden sind? 2. Sofern Frage 1 verneint wird: a) Liegt in der Regelung verbindlicher Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen von Architekten und Ingenieuren in § 7 HOAI durch die Bundesrepublik Deutschland ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV oder gegen sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts? b) Sofern Frage 2 a) bejaht wird: Folgt aus einem solchen Verstoß, dass in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen die nationalen Regelungen über verbindliche Mindestsätze (hier: § 7 HOAI) nicht mehr anzuwenden sind? - Sachverhalt: Honorarklage eines Ingenieurs, bei der die Anwendung der in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) festgeschriebenen Mindestsätze im Streit steht - Zahlungsanspruch nach den Mindestsätzen gemäß § 56 HOAI (2013) – im Ingenieurvertrag getroffene Pauschalpreisvereinbarung wegen Verstoßes gegen den Mindestpreischarakter der HOAI als zwingendes Preisrecht unwirksam (?) – so OLG Hamm - vgl. hierzu etwa Seifert, Werner, Das honorarrechtliche Interregnum – Zur Anwendbarkeit der Mindestsatzfiktion der HOAI nach der Entscheidung des EuGH, NZBau 2020, 207; auch Fuchs, Heiko, HOAI 2020 –Eine nicht verbindliche Regelung?, NZBau, Heft 3/2020, Editorial.
  • Baukostenobergrenze - BGH, Urt. v. 11.07.2019 - VII ZR 266 – 17 – Baukostenobergrenze - Vertragsmuster des Bundes für Verträge mit Architekten mit Baukostenobergrenze <Beschaffenheitsvereinbarung> betreffend "Objektplanung - Gebäude und Innenräume", "Fachplanung Technische Ausrüstung", "Tragwerksplanung" und "Freianlagen" - jeweils mit identischer Baukosten-Obergrenze-Klause wie folgt. "Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der ES­Bau/KVM-Bau/HU-Bau/AA-Bau erfasst sind."  - §§ 305 I S. 1, 307 III S. 1, 651p I BGB, 1, 3 UKlaG – Klagebefugnis eines Architektenverbands -  bei Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen keine AGB-Inhaltskontrolle - Baukosten-Klausel und AGB-Recht im Übrigen –keine Transparenz oder Unklarheit – Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen (keine Inhaltskontrolle) - Amtlicher Leitsatz:1. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Die Freistellung von der Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten, d.h. den Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann. Zu den Leistungsbestimmungen, von denen die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Leistungspflichten des Architekten abhängig ist und die damit den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten bilden, gehören sämtliche Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Beschaffenheit der von dem Architekten zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele. 2. Zur Frage, ob die in Vertragsmustern des Bundes für Verträge mit Architekten vorgesehenen Regelungen "Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276­1: 2008­12, soweit diese Kostengruppen in der ES-Bau/KVM-Bau/HU-Bau/AA-Bau erfasst sind." als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind (verneint).
  • Form – Architektenvertrag  – OLG Celle, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96-19 – HOAI (EuGH, Urt. v. 4.7.2019 – C-377/17) - Folgen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI für Pauschalpreisabrede
  • Wertung - Architekt – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 23.06.2020 - 11 Verg 2 – 20 – Domplatzgestaltung – Architektenwettbewerb – Zuschlagserteilung - Feststellungsantrag und -interesse – Rügen – teils Präklusion (Ausschlussgrund etc.) - Nichtoffenes Verfahren mit folgendem Verhandlungsverfahren - RPW 2013 – Preisgericht: 1. Preis Antragstellerin, 2. Preis Beigeladene, 3. Preis Dritter – Aufforderung zu indikativen Angeboten mit Wertung/Gewichtung (für Auswahl des Preisgerichts: 60%; Stellungnahme zum Preisgericht /Konkretisierung 15%, Personaleinsatzkonzept 10%, Projektorganisation 10% und - Honorarangebot 5% - Bewertungsskala: null Punkte (schlechteste Bewertung) und bis 5 Punkte (beste Bewertung) – Wertung: Antragstellerin (Ast) Rang 1 mit 5 Punkten (300 der 500 Gesamtpunkte), Beigeladene 4 Punkte (insgesamt 240 Punkte), Dritte 3 Punkte (insgesamt 180 Punkte) – VerhandlungsverfahrenAufforderung von Angeboten (mit bereits übersandtem Vertragsentwurf und Ablehnung der Änderungswünsche der Antragstellerin) – höhere Bewertung des Angebots der Beigeladenen (Punktzahl) als dem der Ast – Information über Zuschlagsabsicht „frühestens“ Montag (3.6.2019) – Rügen der Ast v. 23.5.2019 (Zuschlagsmatrix  nicht nach § 8 Abs. 2 RPW 2013; Punktevorsprung und Gewichtung; ohne Anmerkungen des Preisgerichts - Bewertung nur mit 0 Punkten; Honorar und Gesamtangebotssummenvergleich: Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes; Fehlen ausreichender Erläuterungen – Stellungnahme der Antragsgegnerin zu Rügen: Abhilfeablehnung und im Übrigen Ausschluss wegen Mehrdeutigkeit des Angebots – Nachprüfungsverfahren: Einsicht in Vergabeakten – Rüge weiterer Verstöße (Verstoß gegen „eigenständige Verfahrensführung“ etc.) – OLG: fehlende Antragsbefugnis für Ausschluss bzw. Wertung und Zuschlagsvermeidung wegen Honorarforderung – keine Ungleichbehandlung – Versäumnis der 10-Tagesfrist für  (vgl., § 160 III Nr. 1 GWB; bedeutungslos: Feiertag vor Freitag (Fristablauf) und Wochenende) – keine Entbehrlichkeit der Rüge nach Treu und Glauben – wirksamer Ausschluss – wirksame „Eigenentscheidung“ – fehlende Voraussetzungen für „zweite Chance“ (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006 - X ZB 14/06 - Polizeianzüge und v. 10.11.2009 - X ZB 8/09 - Endoskopiesystem) – „zweite Chance“ nur, “wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann. Es genügt nicht, wenn lediglich diese Möglichkeit im Raum steht ...“ - fehlende Antragsbefugnis, ohne dass es darauf ankommt, ob die Mindest- und Höchstsätze der HOAI ... noch als zwingende Preisvorgaben anzusehen sind ...“ – Rüge der Wertungsmatrix (präkludiert wegen Erkennbarkeit bereits aus den Vergabeunterlagen bzw. Bieterinformation – jedenfalls unbegründete Rüge des Verstoße der Wertungsmatrix gegen § 8 Abs. 2 RPW 2013 - Preisgerichtsentscheidung und anschließendes Verhandlungsverfahren Berücksichtigung des Architektenwettbewerbs „in geeigneter Weise“ – „ Für die Zuschlagserteilung ist die Gesamtbewertung aller Leistungen, also neben derjenigen aus dem Planungswettbewerb auch derjenigen im nachfolgenden Verhandlungsverfahren entscheidend ...“
  • Aufwandsentschädigung -Architekt – OLG München, Beschl. v. 10.04.2019 - Verg 8 – 18 - Architektenleistungen der Objektplanung – unangemessene (-) Aufwandsentschädigung in Höhe von 5.000,- € netto inkl. Nebenkosten für Lösungsvorschlag – Rüge - ermessensfehlerhafte Vergabekammerkostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärungen und der Rücknahme des Fortsetzungsfeststellungsantrags entgegen § 182 III s. 5, IV S. 2, 3 GWB nach Billigkeitsgesichtspunkten

 

4. Literatur

Bitzer, Fabian/Wittig, Carola, Die Architektenvergütung nach der Mindestsatz-Entscheidung des EuGH, NZBau 2019, 683

Bulla, Simon, Die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen, VergabeR 2020,1

Zimmermann, Eric, Die Eignungsprüfung bei der Ausschreibung von Architektenleistungen, ZfBR 2020, 542

Halbritter, Max, Der billige Planer, Vergabe Navigator 2020,5

Petschulat, Alexander, Die Vergabe von Planungsleistungen unter dem Einfluss der Entscheidung des EuGH zu der Verbindlichkeit von Mindest- und Höchstsätzen  nach der HOAI, ZfBR 2020, 534

Tomerius, Stephan, Die Beauftragung von Architekten- und Ingenieurleistungen im  Unterschwellenbereich in der Praxis – Verfahrensgestaltungen und „bestmöglicher  Wettbewerb“ nach § 50 UVgO ZfBR 2020, 646-651

Wessel, Markus, Die Unvereinbarkeit des Preisrechts für Architekten und Ingenieure mit dem EU-Recht,  MDR 2019, 1349 (HOAI)

Waller, Marten, Vergleichbarkeit von Referenzobjekten gem. § 75 Abs. 5, S. 3 VgV – Ein „zahnloser Tiger“?, ZfBR 2019,  771