Nur in einem Punkt sind sich die Gerichte einig
Nicht ganz einig sind sich die Oberlandesgerichte, wenn es um die Losaufteilung nicht nur bei Reinigungsleistungen geht. Wenigstens in dem Punkt, dass die Glasreinigung ein spezielles Fachlos darstellt, ist man sich einig – anders, wenn es sich bei der Glasreinigung nur um ein kleines „Splitterlos“ handelt. Halbwegs geklärt wurden die Grenzen hinsichtlich der Losaufteilung. Hinsichtlich der Losaufteilung (§§ 97 III GWB, 2 II VOL/A etc.) greift der Ermessensspielraum des Auftraggebers ein (OLG Düsseldorf, OLG Koblenz und OLG Karlsruhe).
Maßgeblich ist der Einzelfall. Generelle Aussagen (z. B. Höchstquadratmeterzahl etc.) sind nicht möglich. Die Entscheidung unterliegt dem pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers. Bei entsprechender Größe (keine „Splitterlose“) ist die Glasreinigung als Los zu vergeben. Der Aufwand durch die Losaufteilung (Wertung, Kontrolle, Abrechnung etc.) spielt keine erhebliche Rolle. Bei Reinigungsleistungen sollte das Nichtoffene Verfahren vermieden werden. Es hat sich im Übrigen herausgestellt, dass die Bewerber das Auswahlrisiko des Teilnahmewettbewerbs nicht akzeptieren und die Vergabeart rügen. Teils wird sogar schon daran gedacht, die Reinigungsleistungen nicht mehr auszuschreiben, sondern selbst zu organisieren. Auch eine Folge der Rügen in diesen Verfahren? Im Übrigen sind Gesamtvergaben nur zulässig, wenn dies aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich ist (Dokumentation und Begründung). Maßgeblich ist auch hier der Einzelfall, wobei den öffentlichen Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast trifft.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.1.2012 – Verg 52/11 – ZfBR 2012, 389 = NZBau 2012, 324 = VergabeR 2012, 658, m. Anm. v. Schröder, Holger – Reinigungsleistungen für Rhein-Sieg-Kreis – Grund-, Unterhalts- (rund 87.0000 qm- Aufteilung in Teillose – räumlich) und kein gesondertes Los der Glasreinigung (rund 24.600 qm jährlich zweimal) – Glasreinigung als Fachlos („eigener Markt“) – kein Splitterlos (37.000 € pro Jahr = 6 % des Gesamtauftragswertes) – kein ausreichender zusätzlicher bzw. unverhältnismäßiger Aufwand durch Wertung des Loses, Vertragsschluss und gesonderte Abwicklung des Vertrages im Verhältnis zu einer Gesamtausschreibung hier nicht zu einem unverhältnismäßigem Aufwand und damit zu Unwirtschaftlichkeit i. S. d. § 97 III S. 2 GWB führt.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.3. 2012 – Verg 92/11 – ZfBR 2012, 703 – Abschleppleistungen – Fachlosvergabe die Regel – Gesamtvergabe nur in Ausnahmefällen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.3.2011 – VII-Verg 63/10 – NZBau 2011, 369 Reinigungsleistungen – Dokumentation und Nachschieben im Vergabeüberprüfungsverfahren – kein zusätzliches Los für „Glasreinigung" (Auftragswert höchstens 9000 € – geschätzter Gesamtauftragswert: 250.000 €) – Rüge der fehlenden Losbildung für „Glasreinigung" – Unterhalts-, Grund- und Glasreinigungsarbeiten in 18 Gebäuden, u. a. Schulgebäude, fünf Teillose nach räumlichen Gesichtspunkten, Glasreinigung nicht gesondert – „Gebietslose" in diesem Einzelfall ausreichend und nicht zu beanstanden
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.12.2011 – Verg 99/11 vom 07.12.2011 – Inkontinenzartikel – Loslimitierung und Voraussetzungen – im vorliegenden Einzelfall zur Absicherung der Lieferung bzw. des Lieferzeitpunktes zulässig.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.8.2012 – VII-Verg 10/12 – Modulares Warnsystem – Beschaffung bestimmter Produkte, Herkunft, Verfahren etc. ist Sache des Auftraggebers einschließlich der Auswahl des Beschaffungsgegenstands im Rahmen des Art. 23 VIII Richtlinie 2004/18/EG: durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt, nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe, Willkürfreiheit, Erweislichkeit der Gründe und keine Diskriminierung – Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen technischer Besonderheiten – Gesamtvergabe und Voraussetzungen.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.04.2011 – 15 Verg 3/11 NZBau 2011, 567 – Unterhalts- und Glasreinigungsleistungen – Entscheidung über Losgrößen im Einzelfall – Losaufteilung als Ermessensentscheidung – Förderpflicht des Antragsstellers (Nachweis der fehlenden Mittelstandsberücksichtigung) – § 97 III GWB – § 2 II EG VOL/A – Unterhalts- und Glasreinigungsleistungen – geschätzter Gesamtauftragswert: rund 6,7 Mio. Euro – 3 Lose: Los 1: 47 Gebäude mit 82.638 m² zu reinigender Fläche, Los 2: 32 Gebäude mit 90.056 m² zu reinigender Fläche, Los 3: 39 Gebäude mit 82.706 m² zu reinigender Fläche.
OLG Koblenz, Beschl. v. 4.2.2012 – 1 Verg 2/11 – VergabeR 2012, , 778, m. Anm. Köhler, Karsten – 1. Bei Gebäudereinigungsleistungen ist die Glasreinigung ein eigenständiges Fachlos, das grundsätzlich gesondert vergeben werden muss. 2. Eine Teillosvergabe macht eine mögliche Fachlosvergabe nicht entbehrlich. 3. Zweckmäßigkeitserwägungen können ein Absehen von einer Losvergabe nicht rechtfertigen. 4. Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden sind, muss der Auftraggeber nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich hinnehmen. 5. Ist es wegen zahlreicher Unwägbarkeiten (nahezu) unmöglich, eine tatsachengestützte, halbwegs plausible Prognose über mögliche Zusatzkosten einer Losvergabe zu erstellen, gilt der gesetzliche Regelfall.
OLG Schleswig, Beschl. v. 30.10.2012 – 1 Verg 5 / 12 – Postdienste – §§ 97 III S. 2, 118 II S. 3, 118 I S. 3 GWB – Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde – Regionallos 3: 45 Dienststellen für Pakete mit Volumen von bis zu 49.000 Stück – gemeinsame Vergabe von acht Dienststellen durch eine zentrale Beschaffungsstelle – Rüge der Größe des Regionalloses und der gemeinsamen Vergabe von Brief- und Paket-Dienstleistungen – fehlende hinreichende Beachtung der Berücksichtigung mittelständischer Interessen durch Teil- und Fachlosvergabe (?) – Unbedenklichkeit der Bündelung der Bedarfe mehrerer Auftraggeber in von einer gemeinsamen Stelle im Namen und auf Rechnung der Auftrageber durchgeführten Vergabeverfahren = ähnlich einer Einkaufsgemeinschaft – öffentliche Auftraggeber als Vertragspartner – keine Anhaltspunkte für bedenkliche Marktmacht (Prüfung ohnehin außerhalb des Vergaberechtsweges) – grundsätzliche Erforderlichkeit der Losvergabe nach § 97 III GWB – Abweichung nur bei wirtschaftlichen oder technischen Gründen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.12.2011 – Verg 99/11 vom 07.12.2011 – Inkontinenzartikel – Loslimitierung und Voraussetzungen – im vorliegenden Einzelfall zur Absicherung der Lieferung bzw. des Lieferzeitpunktes zulässig.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.8.2012 – VII-Verg 10/12 – Modulares Warnsystem – Beschaffung bestimmter Produkte, Herkunft, Verfahren etc. ist Sache des Auftraggebers einschließlich der Auswahl des Beschaffungsgegenstands im Rahmen des Art. 23 VIII Richtlinie 2004/18/EG: durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt, nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe, Willkürfreiheit, Erweislichkeit der Gründe und keine Diskriminierung – Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen technischer Besonderheiten – Gesamtvergabe und Voraussetzungen.
Horn, Lutz, Losweise Vergabe – neue Spielregel auch für die Gesamtvergabe?, NZBau 2011, 601
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