EuGH - Entscheidungen
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Neuere Entscheidungen 2004 - 2006

8. Juni 2006 – C-430/04 – Feuerbestattung – Eisleben – Auskunftsverlangen über Umsatzsteuerpflicht gegenüber Finanzamt über Feuerbestattungseinrichtung der Stadt Eisleben- Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Möglichkeit der Berufung auf Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 – Von einem privaten Steuerpflichtigen im Wettbewerb mit einer Behörde ausgeübte Tätigkeiten – Einrichtung des öffentlichen Rechts – Behandlung als Nichtsteuerpflichtige für die im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeübten Tätigkeiten - Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) Urteil 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie). – Tenor der Entscheidung: „Ein Einzelner, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht und der geltend macht, diese Einrichtung werde für die Tätigkeiten, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübe, nicht oder zu niedrig zur Mehrwertsteuer herangezogen, kann sich im Rahmen eines Rechtsstreits gegen die nationale Steuerverwaltung wie des Ausgangsrechtsstreits auf Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage berufen.“ - Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Finanzamt Eisleben (im Folgenden: Finanzamt) und dem Feuerbestattungsverein Halle e.V. (im Folgenden: Feuerbestattungsverein) wegen der Weigerung des Finanzamts, Steuerauskünfte über die Lutherstadt Eisleben, Beigeladene im Verfahren vor dem vorlegenden Gericht, zu erteilen. - Artikel 4 Absatz 5 Unterabsätze 1 und 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt: „Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.“ § 2 Absätze 1 und 3 des Umsatzsteuergesetzes bestimmt: „(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. … (3) Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art … und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. …“ § 30 der Abgabenordnung (AO) 1977 sieht vor: „(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren. (2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er 1.Verhältnisse eines anderen, die ihm a) in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,… bekannt geworden sind, oder 2. ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist, unbefugt offenbart oder verwertet …(4) Die Offenbarung der nach Absatz 2 erlangten Kenntnisse ist zulässig, soweit 1. sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a … dient …“ 7 § 40 der Finanzgerichtsordnung bestimmt: „(1) Durch Klage kann die Aufhebung … eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.“ Ausgangsverfahren und Vorlagefrage 8 Der Feuerbestattungsverein ist ein gemeinnütziger Verein, der in Halle ein Krematorium betreibt. Er beantragte beim Finanzamt, ihm Auskunft darüber zu erteilen, wann und unter welcher Steuernummer gegenüber der Lutherstadt Eisleben, die ebenfalls ein Krematorium betreibt, der letzte Umsatzsteuerbescheid ergangen sei. Mit diesem Antrag machte der Verein geltend, dass die eventuelle Nichtheranziehung der Lutherstadt Eisleben zur Umsatzsteuer es dieser ermögliche, Feuerbestattungsleistungen günstiger anzubieten, als er dies könne. 9 Das Finanzamt lehnte die Erteilung der beantragten Auskunft mit Bescheid vom 25. Juni 1998 unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses ab. 10 Da sein Einspruch gegen diese ablehnende Entscheidung erfolglos blieb, erhob der Feuerbestattungsverein Klage beim Finanzgericht, das das Finanzamt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen verpflichtete, erneut über das Auskunftsbegehren zu entscheiden. Das Gericht verwies u.a. auf § 30 Absätze 4 Nummer 1 und 2 Nummer 1 Buchstabe a AO, wonach die Offenbarung der in einem Verwaltungsverfahren erlangten Kenntnisse zulässig sei, soweit sie der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens in Steuersachen diene. Das Gericht stellte außerdem fest, dass eine Klage des Feuerbestattungsvereins gegen die gegenüber der Lutherstadt Eisleben ergangenen Bescheide zulässig wäre, denn der Verein könne geltend machen, dass die Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung der Gemeinde ihn in seinen Rechten verletze. 11 Das Finanzamt legte gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision beim Bundesfinanzhof ein. Dieser ist der Auffassung, dass die Beantwortung der Frage, ob sich der Feuerbestattungsverein als privater Unternehmer darauf berufen könne, dass die von ihm vermutete Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung der Lutherstadt Eisleben rechtswidrig sei, eine Auslegung des Artikels 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie erfordere. 12 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 30 Absatz 4 Nummer 1 AO für die Möglichkeit einer Offenbarung von Kenntnissen, die grundsätzlich dem Steuergeheimnis unterliegen, erfüllt. 13 Das Gericht führt außerdem aus, dass die in § 40 Absatz 1 der Finanzgerichtsordnung bezeichnete Klage, die der Feuerbestattungsverein als Konkurrentenklage erheben wolle, nur zulässig sei, wenn der Kläger den Beweis erbringe, dass er durch einen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt sei. Eine Verletzung der Rechte eines an dem Steuerschuldverhältnis nicht beteiligten Dritten komme nur in Betracht, wenn die Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung gegen eine Norm verstoße, die nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen worden sei, sondern auch dem Schutz der Interessen einzelner an dem Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter diene.14 Im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofes, der bereits entschieden habe, dass sich Einrichtungen des öffentlichen Rechts zur Wahrung ihrer Rechte auf Artikel 4 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie berufen könnten, erscheine es nicht ausgeschlossen, dass diese Bestimmung auch dem Schutz privater Wettbewerber zu dienen bestimmt sei, da eine Behandlung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Es sei jedoch auch ein anderes Verständnis dieser Rechtsprechung möglich, wonach Artikel 4 Absatz 5 lediglich bezwecke, die objektive Steuerneutralität zu gewährleisten, ohne dass private Wettbewerber hieraus eigene Rechte herleiten könnten. 15 Unter diesen Umständen hat der Bundesfinanzhof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Kann sich ein privater Steuerpflichtiger, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht und geltend macht, deren Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung sei rechtswidrig, auf Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen? Zur Vorlagefrage Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen 16 Nach Auffassung des Feuerbestattungsvereins ist die Frage des vorlegenden Gerichts zu bejahen. 17 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt vor, dass für die Nichtbesteuerung einer Einrichtung des öffentlichen Rechts zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssten, nämlich die Ausübung von Tätigkeiten durch eine solche Einrichtung und die Tatsache, dass diese Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeübt würden (Urteil vom 14. Dezember 2000 in der Rechtssache C 446/98, Fazenda Pública, Slg. 2000, I 11435, Randnr. 15). Für die Beantwortung der Vorlagefrage erkenne sie die implizite Annahme des vorlegenden Gerichts an, dass im Ausgangsverfahren die Lutherstadt Eisleben, soweit sie ein Krematorium betreibe, hoheitlich handele und dass Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie anwendbar sei. 18 Die Kommission macht unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu den Grundsätzen für die Möglichkeit einer Berufung auf die Gemeinschaftsrichtlinien (Urteile vom 16. Juni 1966 in der Rechtssache 57/65, Lütticke, Slg. 1966, 258, vom 4. Dezember 1974 in der Rechtssache 41/74, Van Duyn, Slg. 1974, 1337, und vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 103/88, Fratelli Costanzo, Slg. 1989, 1839) geltend, wenn eine Steuervorschrift unmittelbare Wirkungen erzeuge, sollte sie nicht nur vom Steuergläubiger oder von der besteuerten Person, sondern – über das zwischen ihr und der Steuerverwaltung bestehende bipolare Verhältnis hinaus – auch von Dritten, die von der Anwendung einer solchen Vorschrift betroffen seien, herangezogen werden können. 19 Insoweit müsse eine dem gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzprinzip entsprechende Klage zulässig sein, selbst wenn die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften dies in einem solchen Fall nicht vorsähen (Urteil vom 3. Dezember 1992 in der Rechtssache C 97/91, Oleificio Borelli, Slg. 1992, I 6313, Randnr. 13). 20 Die Kommission schlägt daher vor, die Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass sich ein privater Steuerpflichtiger, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb stehe und geltend mache, deren Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung sei rechtswidrig, auf Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie berufen könne. Antwort des Gerichtshofes 21 Vorab ist festzustellen, dass der Feuerbestattungsverein, wie sich aus dem Vorlagebeschluss ergibt, mit einer Gemeinde im Wettbewerb steht, die als Einrichtung des öffentlichen Rechts eine wirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübt. 22 Da der Feuerbestattungsverein davon ausging, dass die Lutherstadt Eisleben, da sie nicht zur Mehrwertsteuer herangezogen werde, ihre Leistungen günstiger anbieten könne als er, wandte er sich dazu mit einem Auskunftsbegehren an die Steuerverwaltung, d. h. an das Finanzamt. Im Ausgangsverfahren geht es um die Weigerung des Finanzamts, einem Privaten, hier dem Feuerbestattungsverein, Auskünfte über diese Gemeinde, die dem Steuergeheimnis unterliegen, zu erteilen. 23 Das vorlegende Gericht möchte daher im Wesentlichen wissen, ob sich ein privater Steuerpflichtiger, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht, auf Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie berufen kann, um geltend zu machen, dass die von ihm vermutete Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung dieser Einrichtung ihn in seinen Rechten verletze. 24 Insoweit ist erstens daran zu erinnern, dass Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie den Grundsatz der steuerlichen Neutralität gewährleisten soll, der es insbesondere verbietet, dass gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (Urteil vom 26. Mai 2005 in der Rechtssache C 498/03, Kingscrest Associates und Montecello, Slg. 2005, I 4427, Randnr. 41), und dass diese Bestimmung den Fall betrifft, dass die Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, d. h. im Rahmen der eigens für sie geltenden rechtlichen Regelung, Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die – im Wettbewerb mit ihnen – auch von Privaten nach einer privatrechtlichen Regelung oder auf der Grundlage einer behördlichen Genehmigung ausgeübt oder erbracht werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Oktober 1989 in den Rechtssachen 231/87 und 129/88, Comune di Carpaneto Piacentino u. a., Slg. 1989, 3233, Randnr. 22). 25 Diese Bestimmung sieht eine Ausnahme von der Regel, dass die Einrichtungen des öffentlichen Rechts für die Tätigkeiten oder Leistungen, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausüben oder erbringen, als Nichtsteuerpflichtige behandelt werden, vor, sofern eine solche Behandlung zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Urteil Comune di Carpaneto Piacentino u. a., Randnr. 22). 26 Falls also die Nichtbesteuerung der fraglichen wirtschaftlichen Betätigung zu Wettbewerbsverzerrungen im Sinne von Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie führen würde, wäre der Betrieb eines Krematoriums durch die Lutherstadt Eisleben nach dieser Bestimmung steuerbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. März 2001 in der Rechtssache C 276/98, Kommission/Portugal, Slg. 2001, I 1699, Randnr. 28). 27 Es ist Sache des nationalen Gerichts, die wirtschaftlichen Umstände zu beurteilen, die gegebenenfalls eine Ausnahme von der Regel der Behandlung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige rechtfertigen können. 28 Zweitens entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass sich der Einzelne in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer Richtlinie gegenüber jeder nicht richtlinienkonformen nationalen Vorschrift berufen kann; er kann sich auf diese Bestimmungen auch berufen, soweit sie Rechte festlegen, die der Einzelne dem betreffenden Mitgliedstaat gegenüber geltend machen kann (vgl. u. a. Urteile vom 19. Januar 1982 in der Rechtssache 8/81, Becker, Slg. 1982, 53, Randnr. 25, und vom 20. Mai 2003 in den Rechtssachen C 465/00, C 138/01 und C 139/01, Österreichischer Rundfunk u. a., Slg. 2003, I 4989, Randnr. 98). 29 Daher kann sich der Einzelne vor dem nationalen Gericht gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat immer dann auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen, die ihrem Inhalt nach unbedingt und hinreichend genau erscheinen, wenn ihre vollständige Anwendung nicht tatsächlich gewährleistet ist, d. h. nicht nur im Fall der unterbliebenen oder unzureichenden Umsetzung der Richtlinie, sondern auch dann, wenn die nationalen Maßnahmen, mit denen die Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt wird, nicht so angewandt werden, dass das mit der Richtlinie verfolgte Ziel erreicht wird (Urteil vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C 62/00, Marks & Spencer, Slg. 2002, I 6325, Randnr. 27). 30 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, entspricht Artikel 4 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie den Kriterien der unmittelbaren Wirkung, da darin die Einrichtungen und Tätigkeiten, für die die Regel der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige gilt, klar bezeichnet sind (Urteil Comune di Carpaneto Piacentino u. a., Randnrn. 31 und 33). 31 Da die in den Randnummern 28 und 29 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann sich ein Einzelner, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht und der geltend macht, diese Einrichtung werde für die Tätigkeiten, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübe, nicht oder zu niedrig zur Mehrwertsteuer herangezogen, vor dem nationalen Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits gegen die nationale Steuerverwaltung wie des Ausgangsrechtsstreits auf Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie berufen. 32 Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass sich ein Einzelner, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht und der geltend macht, diese Einrichtung werde für die Tätigkeiten, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübe, nicht oder zu niedrig zur Mehrwertsteuer herangezogen, im Rahmen eines Rechtsstreits gegen die nationale Steuerverwaltung wie des Ausgangsrechtsstreits auf Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie berufen kann. Kosten …..“

 

11.05.2006 - Rs. C-340/04 – Carbotermo - vergabefreies In-House-Geschäft – Vergabe eines öffentlichen Auftrag direkt an ein Unternehmen, dessen Anteile sie innehat, wenn das Unternehmen hauptsächlich für die Kommune tätig wird. Zu berücksichtigen sind hierbei alle Tätigkeiten, die das jeweilige Unternehmen aufgrund einer Vergabe durch den öffentlichen Auftraggeber verrichtet, unabhängig davon, wer diese Tätigkeit vergütet und wo sie räumlich ausgeübt wird.

 

5. 04. 2006 – T-351/02 – Mehrwertsteuerfreiheit für Flugbenzin – Klagabweisung der Klage der Deutschen Bahn gegen die Mehrwertsteuerfreiheit von Flugbenzin - Staatliche Beihilfen – Beschwerde eines Wettbewerbers – Richtlinie 92/81/EWG– Verbrauchsteuern auf Mineralöle – Mineralöle, die als Kraftstoff für die Luftfahrt verwendet werden – Befreiung von der Verbrauchsteuer – Schreiben der Kommission an einen Beschwerdeführer – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Anfechtbarer Rechtsakt – Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Begriff der Beihilfe – Zurechenbarkeit zum Staat – keine Ungleichbehandlung etc.

 

6. 4. 2006 - C 410/04 - www.curia.eu.int = – NZBau 2006, 326 – ANAV - ÖPNV - In-house-Vergabe im ÖPNV-Bereich – Freier Dienstleistungsverkehr – Öffentlicher Nahverkehrsdienst – Vergabe ohne Ausschreibung – Vergabe durch eine öffentliche Körperschaft an ein Unternehmen, dessen Kapital sie hält - Auslegung der Art. 43 EG, 49 EG und 86 EG – Aktiengesellschaft. Kapital vollständig von der Gemeinde Bari gehalten mit der einzigen Tätigkeit: Betreiben eines öffentlichen Verkehrsdienstes in Bari – vollständige Kontrolle durch die Gemeinde - Vergabeverfahren zur Vergabe des öffentlichen Verkehrsdienstes in ihrem Gebiet – Einstellung des Verfahrens/Aufhebung – freihändige Vergabe des Auftrags an die Aktiengesellschaft ohne Vergabeverfahren – kein Verstoß gegen EG-Recht – zulässige In-house-Vergabe – Entscheidung des EuGH: „Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt: Die Artikel 43 EG, 49 EG und 86 EG sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und der Grundsatz der Transparenz stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es einer öffentlichen Körperschaft erlaubt, eine öffentliche Dienstleistung freihändig an eine Gesellschaft zu vergeben, deren Kapital sie vollständig hält, sofern die öffentliche Körperschaft über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die Gesellschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaft verrichtet, die ihre Anteile innehat.“ – im Einzelnen: 15 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Verpflichtungen zur Transparenz und zum freien Wettbewerb im Sinne der Artikel 43 EG, 49 EG und 86 EG, einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens entgegensteht, die der Wahlfreiheit einer öffentlichen Körperschaft zwischen den verschiedenen Formen der Vergabe einer öffentlichen Dienstleistung und insbesondere zwischen der Vergabe durch öffentliche Ausschreibung und der freihändigen Vergabe an eine Gesellschaft, deren Kapital diese Körperschaft vollständig hält, keine Grenze setzt. 16 Aus den Akten des Ausgangsverfahrens geht hervor, dass der öffentliche Verkehrsdienst im Gebiet der Gemeinde Bari zumindest teilweise über den Kauf von Fahrkarten durch die Benutzer finanziert wird. Diese Art der Vergütung ist charakteristisch für eine öffentliche Dienstleistungskonzession (Urteil vom 13. Oktober 2005 in der Rechtssache C 458/03, Parking Brixen, Slg. 2005, I 0000, Randnr. 40). 17 Es steht fest, dass öffentliche Dienstleistungskonzessionen vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) ausgeschlossen sind (Urteil Parking Brixen, Randnr. 42). Diese Richtlinie ist durch die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114) ersetzt worden, deren Artikel 17 ausdrücklich ihre Unanwendbarkeit auf Dienstleistungskonzessionen vorsieht. 18 Auch wenn Verträge über öffentliche Dienstleistungskonzessionen vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50, die durch die Richtlinie 2004/18 ersetzt worden ist, ausgenommen sind, so haben die öffentlichen Stellen, die sie schließen, doch die Grundregeln des EG-Vertrags im Allgemeinen und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Besonderen zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Dezember 2000 in der Rechtssache C 324/98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000, I 10745, Randnr. 60, vom 21. Juli 2005 in der Rechtssache C 231/03, Coname, Slg. 2005, I 0000, Randnr. 16, und Parking Brixen, Randnr. 46). 19 Zu den Vertragsbestimmungen, die speziell auf öffentliche Dienstleistungskonzessionen anwendbar sind, gehören auch die Artikel 43 EG und 49 EG (Urteil Parking Brixen, Randnr. 47). 20 Außer dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist auch der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter auf öffentliche Dienstleistungskonzessionen anwendbar, und zwar auch dann, wenn keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit vorliegt (Urteil Parking Brixen, Randnr. 48). 21 Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit schließen insbesondere eine Verpflichtung zur Transparenz ein, damit die konzessionserteilende öffentliche Stelle feststellen kann, ob sie beachtet worden sind. Diese der genannten Stelle obliegende Transparenzpflicht besteht darin, dass zugunsten der potenziellen Bieter ein angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist, der die Dienstleistungskonzession dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile Telaustria und Telefonadress, Randnrn. 61 und 62, sowie Parking Brixen, Randnr. 49). 22 Grundsätzlich entspricht das völlige Fehlen einer Ausschreibung im Fall der Vergabe einer öffentlichen Dienstleistungskonzession wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden weder den Anforderungen der Artikel 43 EG und 49 EG noch den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz (Urteil Parking Brixen, Randnr. 50). 23 Aus Artikel 86 Absatz 1 EG folgt außerdem, dass die Mitgliedstaaten keine nationalen Rechtsvorschriften fortgelten lassen dürfen, die die Vergabe öffentlicher Dienstleistungskonzessionen ohne Ausschreibung ermöglichen, da eine solche Vergabe gegen die Artikel 43 EG oder 49 EG oder gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz verstößt (Urteil Parking Brixen, Randnr. 52). 24 Jedoch ist die Anwendung der in Artikel 12 EG, 43 EG und 49 EG aufgestellten Regeln sowie der allgemeinen Grundsätze, deren spezielle Ausprägung sie darstellen, im Bereich der öffentlichen Dienstleistungskonzessionen dann ausgeschlossen, wenn die konzessionserteilende öffentliche Stelle über die konzessionsnehmende Einrichtung eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und wenn diese Einrichtung zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Stelle verrichtet, die ihre Anteile innehat (Urteil Parking Brixen, Randnr. 62). 25 Nationale Rechtsvorschriften, die die in vorstehender Randnummer genannten Voraussetzungen wörtlich übernehmen, wie es bei Artikel 113 Absatz 5 des Decreto legislativo Nr. 267/2000 in der Fassung des Artikels 14 des Decreto legge Nr. 269/2003 der Fall ist, entsprechen grundsätzlich dem Gemeinschaftsrecht, wobei klarzustellen ist, dass auch die Auslegung dieser Rechtsvorschriften den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts entsprechen muss. 26 Da es sich um eine Ausnahme von den allgemeinen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts handelt, sind die beiden in Randnummer 24 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen eng auszulegen, und die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme von diesen Vorschriften rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf sie berufen will (vgl. Urteile vom 11. Januar 2005 in der Rechtssache C 26/03, Stadt Halle und RPL Lochau, Slg. 2005, I 1, Randnr. 46, und Parking Brixen, Randnr. 63). 27 Nach den von der AMTAB Servizio beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen hat die Gemeinde Bari am 27. Dezember 2002 beschlossen, einen Anteil von 80 % der Aktien, die sie am Kapital dieser Gesellschaft hält, zu veräußern, und am 21. Mai 2004, dazu das öffentliche Ausschreibungsverfahren für die Auswahl des privaten Mehrheitsaktionärs einzuleiten. Diese Information ist von der ANAV in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof bestätigt worden. 28 Die Gemeinde Bari hat jedoch in der gleichen Verhandlung vorgetragen, dass sie die Absicht aufgegeben habe, einen Teil ihrer Aktien am Kapital der AMTAB Servizio zu veräußern. Sie habe am 13. Januar 2005 beschlossen, ihren vorhergehenden Beschluss nicht weiter zu verfolgen und diese Gesellschaft nicht zu privatisieren. Dieser Beschluss sei nicht zu den Akten des vorlegenden Gerichts gegeben worden, weil er nach dem Vorlagebeschluss ergangen sei. 29 Das vorlegende Gericht und nicht der Gerichtshof hat über die Frage zu entscheiden, ob die Gemeinde Bari beabsichtigt, das Kapital der AMTAB Servizio privaten Aktionären zu öffnen. Um diesem Gericht jedoch sachdienliche Hinweise für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu geben, ist Folgendes klarzustellen. 30 e Würde das Kapital der AMTAB Servizio während der Laufzeit des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrages privaten Aktionären geöffnet, so würde dies dazu führen, dass eine öffentliche Dienstleistungskonzession ohne Ausschreibung einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen erteilt würde, was die Ziele des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2005 in der Rechtssache C 29/04, Kommission/Österreich, Slg. 2005, I 0000, Randnr. 48). 31 Die – auch nur minderheitliche – Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft, an der auch die konzessionserteilende öffentliche Stelle beteiligt ist, schließt nämlich auf jeden Fall aus, dass diese öffentliche Stelle über eine solche Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausüben kann wie über ihre eigenen Dienststellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Stadt Halle und RPL Lochau, Randnr. 49). 32 Soweit also die konzessionsnehmende Gesellschaft, wenn auch nur teilweise, privatem Kapital geöffnet wäre, würde dieser Umstand es ausschließen, dass sie im Hinblick auf die Gebietskörperschaft, die ihre Anteile innehat, als eine Struktur der „internen“ Verwaltung einer öffentlichen Dienstleistung betrachtet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Coname, Randnr. 26). 33 Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Artikel 43 EG, 49 EG und 86 EG sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und der Grundsatz der Transparenz nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die es einer öffentlichen Körperschaft erlaubt, eine öffentliche Dienstleistung freihändig an eine Gesellschaft zu vergeben, deren Kapital sie vollständig hält, sofern die öffentliche Körperschaft über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die Gesellschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaft verrichtet, die ihre Anteile innehat. Kosten ….“

 

6. 4. 2006 - C-410/04 – NZBau 2006, 326 – ANAV - ÖPNV - In-house-Vergabe im ÖPNV-Bereich –

 

16. 3. 2006 - C-234/04- NZBau 2006, 331 = EuZW 2006, 241, m. Anm. v. Schmidt-Westphalen und Sander - Keine Pflicht zur nachträglichen Aufhebung gemeinschaftsrechtswidriger rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen - „Kapferer“ –

 

9. 2. 2006 - C-226/04 und C-228/04 – NZBau 2006, 328 = VergabeR 2006, 340, m. Anm. v. Schabel, Thomas - Italien – nationale Vorschriften - berechtigter Ausschluss vom Vergabeverfahren wegen Nichtzahlung von Steuern und Sozialbeiträgen - „La Cascina“ – vgl. §§ 7 Nr. 5 VOL/A, § 8 Nr. 6 VOB/A – nationale Vorschriften zulässig nach Ermessen der Mitgliedstaaten („Nichterfüllung ihrer Verpflichtung“)

 

24. 11. 2005 - C-331/04 – NZBau 2006, 194 - Viaggi di Maio - VergabeR 2006, 202, m. Anm. v. Hübner, Alexander – Personenbeförderung - Italien - Zuschlagskriterien, Gewichtung, Unterkriterien – Verbot der Änderung der bekanntgemachten Zuschlagskriterien – keine Möglichkeit der Beeinflussung der Vorbereitung der Angebote durch Bekanntheit der Kriterien – keine Entscheidung für die Kriterien mit der Folge der Diskriminierung eines Bieters - Tenor: „Artikel 36 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge und Artikel 34 der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor sind dahin auszulegen, dass das Gemeinschaftsrecht es einer Vergabekommission nicht verwehrt, Unterkriterien eines zuvor festgelegten Zuschlagskriteriums dadurch besonders zu gewichten, dass sie die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Erstellung der Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags für dieses Kriterium vorgesehenen Punkte auf die Unterkriterien verteilt, sofern eine solche Entscheidung – die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, – nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und – nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten.“ - Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Richtlinien 92/50/EWG und 93/38/EWG – Zuschlagskriterien – Wirtschaftlich günstigstes Angebot – Beachtung der in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien – Aufstellung von Unterkriterien für ein Zuschlagskriterium der Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags – Entscheidung, die eine Gewichtung vorsieht – Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und Transparenzgebot.

 

27.10.2005 - C 234/03 - www.curia.eu.int/de/transitpage.htm - VergabeR 2006, 64, m. Anm. v. Zirbes, Heinz-Peter = NZBau 2006, 189 - „Insalud“ - Contse - Atemtherapien - Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Richtlinie 92/50/EWG – Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge – Diskriminierungsverbot – Häusliche Atemtherapiedienste – Zulassungsvoraussetzungen – Bewertungskriterien - Anhang I B - Vorabentscheidungsersuchen - Verstoß gegen Artikel 49 EG – vgl. auch VOLaktuell 11/2005.

 

20.10.2005 – C-264/03 – VergabeR 2006, 54, m. Anm. v. Schabel - Baubetreuungsauftrag - Verstoß durch Vorbehalt der Auftragsvergabe ausschließlich für Personen französischen Rechts (abschließende Liste)

 

8. 9. 2005 - C-129/04 - www.curia.eu.int - Belgien - „Antragsbefugnis von Mitgliedern der Bietergemeinschaft“ (verneint) - Öffentliche Aufträge – Richtlinie 89/665/EWG – Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge – Personen, denen die Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen müssen – Gelegenheitsgesellschaft als Bieter – Eines der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft darf nicht als Einzelner Klage erheben – Begriff ,Interesse an einem öffentlichen Auftrag’ – Tenor: Artikel 1 der Richtlinie 89/665 des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der nur die Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen kann, nicht aber lediglich eines ihrer Mitglieder als Einzelner. Das Gleiche gilt, wenn alle Mitglieder einer solchen Gesellschaft gemeinsam klagen, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird. - Aus der Entscheidung: „16 Die erste und die dritte Frage, die zusammen zu prüfen sind, wollen geklärt wissen, ob Artikel 1 der Richtlinie 89/665 einer nationalen Regelung entgegensteht, die nur der Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilgenommen, aber den Zuschlag nicht erhalten hat, gestattet, eine Klage gegen die Vergabeentscheidung erheben. Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Antwort auf die erste und die dritte Frage anders ausfällt, wenn die Mitglieder der Gelegenheitsgesellschaft zwar zusammen geklagt haben, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird. 17 Nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 müssen die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam nachgeprüft werden können, nach Artikel 1 Absatz 3 müssen die Nachprüfungsverfahren zumindest jedem zur Verfügung stehen, der ein Interesse an einem öffentlichen Auftrag hat. 18 Die Klägerinnen und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vertreten die Ansicht, dass eine nationale Regelung, nach der die Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft zusammen klagen müssen und bei ihnen daher für eine Klage gegen eine Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags Einstimmigkeit bestehen muss, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens entgegen Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 die Verfügbarkeit von Nachprüfungsverfahren nicht gewährleistet. Ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz setze voraus, dass den Mitgliedern einer solchen Gesellschaft ein Einzelklagerecht zustehe. 19 Die Worte „jeder, der ein Interesse an einem öffentlichen Auftrag hat“ in Artikel 1 Absatz 3 meinen in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens denjenigen, der durch die Einreichung eines Angebots für den streitigen öffentlichen Auftrag sein Interesse an diesem nachgewiesen hat. 20 In der vorliegenden Situation wurde das Angebot von der Gelegenheitsgesellschaft als solcher und nicht von ihren Mitgliedern als Einzelnen abgegeben. Alle Mitglieder dieser Gesellschaft wären auch verpflichtet gewesen, den Vertrag zu unterzeichnen und die Arbeiten auszuführen, wenn der streitige Auftrag an sie vergeben worden wäre. 21 Im Gegensatz zu anderen Fallgestaltungen, die dem Gerichtshof vorlagen (vgl. insbesondere Urteile vom 12. Februar 2004 in der Rechtssache C-230/02, Grossmann Air Service,Slg. 2004, I-1829, Randnr. 28, und vom 11. Januar 2005 in der Rechtssache C-26/03, Stadt Halle und RPL Lochau,Slg. 2005, Slg. 2005, I–0000, Randnr. 41), sprach im Ausgangsverfahren nichts dagegen, dass alle Mitglieder der Gelegenheitsgesellschaft zusammen – in ihrer Eigenschaft als Mitglieder oder im eigenen Namen – eine Klage auf Aufhebung der Entscheidungen vom 22. Dezember 1998 und 8. Januar 1999 einreichten. 22 Eine nationale Verfahrensvorschrift, nach der eine Klage gegen die Entscheidung der Vergabebehörde über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags von der Gesamtheit der Mitglieder, aus denen sich eine als Bieter auftretende Gelegenheitsgesellschaft zusammensetzt, eingereicht werden muss, schränkt folglich die Verfügbarkeit einer solchen Klage nicht in einer Weise ein, die im Widerspruch zu Artikel 1 der Richtlinie 89/665 stünde. 23 Dies gilt zumal, als die Mitglieder einer solchen Gesellschaft, wie aus der Akte hervorgeht, nach belgischem Recht die Frage der Parteifähigkeit der Vereinigung jederzeit vor Klageerhebung durch eine interne Vereinbarung ohne jede weitere Formalität regeln können. 24 Im Übrigen kann dem Vorbringen der Kommission nicht gefolgt werden, eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige, nach der Bietergemeinschaften für die Vorlage des Angebots eine bestimmte Rechtsform wählen müssten, stehe im Widerspruch zu Artikel 21 der Richtlinie 93/37. Nach der im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Regelung muss die Gelegenheitsgesellschaft vielmehr lediglich zum Zweck der Klageerhebung ihre Vertretung entsprechend den Regeln sicherstellen, die für die Rechtsform gelten, die ihre Mitglieder selbst gewählt haben, um ein Angebot unterbreiten zu können. 25 zudem gilt die in der vorliegenden Rechtssache einschlägige Verfahrensvorschrift gleichermaßen für alle Klagen, die die Mitglieder von Gelegenheitsgesellschaften im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erheben, ohne dass es darauf ankäme, ob die Klagen auf einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht oder das nationale Recht gestützt werden und ob sie sich auf öffentliche Bauaufträge oder andere Geschäfte beziehen. 26 Damit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Regel wie die im Ausgangsverfahren streitige geeignet ist, den in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 verankerten Grundsatz wirksamer Nachprüfungsverfahren zu beeinträchtigen. Dieser Grundsatz erfordert nicht, dass eine Klage für zulässig erklärt wird, wenn die Vorschriften über die Prozessvertretung, die sich für die klagende Person aus der gewählten Rechtsform ergeben, nicht eingehalten worden sind. 27 Was schließlich die zweite Frage betrifft, so spricht nichts dafür, die Fälle, in denen die Klage von Anfang an nur von bestimmten Mitgliedern der Gelegenheitsgesellschaft erhoben wurde, anders zu behandeln als diejenigen, in denen die Klage zunächst von der Gesamtheit der Mitglieder erhoben wurde, anschließend aber die Klage eines von ihnen für unzulässig erklärt wurde. 28 In beiden Fällen sind die Klagen aufgrund nationaler Regelungen unzulässig, die den Klägern nur aufgeben, sich an die für die Prozessvertretung geltenden Bedingungen entsprechend der von den Mitgliedern selbst gewählten Rechtsform zu halten. Solche Erfordernisse gelten allgemein und beschränken die Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren und deren Verfügbarkeit für die Bieter nicht in einer Weise, die der Richtlinie 89/665 widerspräche. Zudem kann die Unzulässigkeit der Klage eines der Mitglieder der Gelegenheitsgesellschaft auf Umständen beruhen, die belegen, dass das fragliche Mitglied den Willen zur Klageerhebung nicht ordnungsgemäß gebildet hat. 29 Nach alledem ist auf die gestellten Fragen zu antworten: –Artikel 1 der Richtlinie 89/665 ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der nur die Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen kann, nicht aber lediglich eines ihrer Mitglieder als Einzelner; – das Gleiche gilt, wenn alle Mitglieder einer solchen Gesellschaft gemeinsam klagen, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird.

 

16.6.2005 – C 462/03 und 463/03 – Infrastrukturmassnahmen (Bahn – ÖBB – Österreichische Bundesbahn – Bauaufträge etc.) - Richtlinie 93/38/EG (Sektorenbereich) sowie Richtlinie 93/35/EG – kein reine hypothetische Rechtsfrage – Tragweite der Begriffe „Betreiben“ und Bereitstellung“ von Verkehrsnetzen – Tätigkeiten in diesem Bereich der Richtlinie 93/38/EG – das gilt auch für Infrastrukturmaßnahmen

 

2.6.2005 – C-15/04 – VergabeR 2005, 573, m. Anm. v. Opitz, Marc = NZBau 2005, 472, Besprechung von Hübner, Alexander, NZBau 2005, 438 - Koppensteiner – Verstoß durch unzutreffende Umsetzung der Richtlinien in Österreich - keine Möglichkeit zur Überprüfung der Aufhebung (Österreich: Widerruf) - öffentliche Aufträge – Richtlinie 89/665/EWG – Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge – Entscheidung über den Widerruf einer Ausschreibung nach Angebotsöffnung – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang – Effektivitätsgrundsatz – „Widerruf“ des Erstverfahrens – Zweitvergabeverfahren – Antrag auf Aufhebung des Widerrufs Bejahung der Zulässigkeit – Vorabentscheidungsersuchen: Auslegung der Artikel 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. 21. 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) – geänderte Fassung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) - Auftragswert des gesamten Vorhabens betrug 8 600 000 Euro – Wert der streitigen Abbrucharbeiten 95 000 Euro – Mitteilung des Widerrufs nach Ablauf der Angebotsfrist aus schwerwiegenden Gründen gemäß § 105 BVergG - Aufforderung zur Beteiligung des Antragstellers am Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung (Wert der Abbrucharbeiten mit im Wesentlichen gleichen Leistungen wie im ersten Verfahren: 90.000 Euro – Angebotsabgabe des Antragstellers - - Antrag auf Aufhebung des Widerrufs zum ersten Vergabeverfahren und auf Untersagung einer Ausschreibung in einem weiteren Vergabeverfahren – hilfsweise auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufs und Antrag auf Aufhebung des zweiten Vergabeverfahrens – Untersagung der Öffnung der Angebote im zweiten Verfahren durch Bescheid des Bundesvergabeamtes für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens jedoch bis 13. Januar 2004 – Zuschlagserteilung am 28. Januar 2004 im zweiten Vergabeverfahren an ein anderes Unternehmen – Ausführung der Abbrucharbeiten – Bundesvergabeamt verneint Überprüfungsmöglichkeit nach BVergG und Aufhebung des Widerrufs, lediglich Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widderrufs – nach Feststellungsentscheidung Möglichkeit für die Bieter: Schadensersatzansprüche Vorlage zur Vorabentscheidung wegen Nichtausreichens der Feststellung der Rechtswidrigkeit und Verweisung auf Schadensansprüche – EuGH: Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens und sachliche Begründetheit: „Zur Sache: 29 Vor der Prüfung der Fragen, die zusammen zu behandeln sind, ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in seinem Urteil HI festgestellt hat, – dass die Entscheidung über den Widerruf der Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu den Entscheidungen gehört, für die die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 89/665 Nachprüfungsverfahren einführen müssen, um sicherzustellen, dass die Regelungen des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, beachtet werden (Randnr. 54), und – dass die vollständige Verwirklichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Zieles vereitelt würde, wenn die öffentlichen Auftraggeber die Ausschreibung für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag widerrufen könnten, ohne dass dies den Verfahren der gerichtlichen Nachprüfung unterläge, mit denen in jeder Hinsicht sichergestellt werden soll, dass die Vergaberichtlinien und die Grundsätze, auf die sie sich stützen, tatsächlich beachtet werden (Randnr. 53). 30 Im selben Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass nach den Artikeln 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665 die Entscheidung eines Auftraggebers, die Ausschreibung für einen öffentlichen Auftrag zu widerrufen, in einem Nachprüfungsverfahren überprüft und gegebenenfalls aufgehoben werden kann, weil sie gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, verstößt. 31 Ist es also einem Bieter nach nationalem Recht, auch wenn es gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt wird, nicht möglich, eine Entscheidung über den Widerruf einer Ausschreibung mit der Begründung anzufechten, dass sie gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße, und aus diesem Grund ihre Aufhebung zu verlangen, so genügt das nationale Recht nicht den Anforderungen der Artikel 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665. 32 Ein nationales Gericht, bei dem ein Bieter die Aufhebung einer Entscheidung über den Widerruf einer Ausschreibung beantragt, weil sie gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße, und dessen nationales Recht eine Entscheidung über diesen Antrag nicht zulässt, ist daher mit der Frage konfrontiert, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es aufgrund des Gemeinschaftsrechts einen solchen Aufhebungsantrag für zulässig zu erklären hat. 33 Dazu ist festzustellen, dass die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Ziel dieser Richtlinie zu erreichen, und ihre Aufgabe gemäß Artikel 10 EG, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten und damit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten obliegen (vgl. u. a. Urteil vom 4. März 1999 in der Rechtssache C 258/97, HI, Slg. 1999, I 1405, Randnr. 25). 34 Zwar sind die Nachprüfungsinstanzen, die in den Mitgliedstaaten im Bereich der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über die aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Individualrechte zuständig sind, in der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats zu benennen (vgl. u. a. Urteile vom 24. September 1998 in der Rechtssache C 76/97, Tögel, Slg. 1998, I 5357, Randnr. 28, und vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C 81/98, Alcatel Austria u. a., Slg. 1999, I 7671, Randnr. 49); im Ausgangsrechtsstreit stellt sich jedoch ein derartiges Problem der gerichtlichen Zuständigkeit nicht. 35 Im vorliegenden Fall steht nämlich fest, dass nach dem anwendbaren nationalen Recht das Bundesvergabeamt für die Nachprüfung von „Entscheidungen“ im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 zuständig ist, die von Vergabebehörden in Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge getroffen werden. 36 Außerdem hat das Vorlagegericht ausgeführt (vgl. Randnr. 20 des vorliegenden Urteils), dass es bei einem offenen Vergabeverfahren nach nationalem Recht ausgeschlossen sei, in einem Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesvergabeamt Entscheidungen zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben, mit denen eine Ausschreibung nach der Angebotsöffnung widerrufen werde. 37 Wie aber in Randnummer 30 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Artikel 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665 einem solchen Ausschluss entgegenstehen. 38 Diese Bestimmungen der Richtlinie 89/665 sind unbedingt und hinreichend genau, um ein Recht für einen Einzelnen zu begründen, auf das sich dieser gegebenenfalls gegenüber einer Vergabebehörde wie der BIG berufen kann. 39 Das zuständige Gericht ist daher verpflichtet, die nationalen Vorschriften unangewendet zu lassen, die es daran hindern, die Verpflichtung aus den Artikeln 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665 zu beachten. Kosten: 40 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt: Das zuständige Gericht ist verpflichtet, die nationalen Vorschriften unangewendet zu lassen, die es daran hindern, die Verpflichtung aus den Artikeln 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung zu beachten.

 

26.5.2005 - C-536/03 - NZBau 2005, 574 - Antonio Jorge - Vorsteuerabzug bei noch nicht abgeschlossenen Tätigkeiten im Bauhandwerk - Spanien

 

12.5.2005 – Rs C 415/03 – www.europa.eu.int.de - Verurteilung Griechenlands wegen unzulässiger Beihilfe zugunsten von Olympic Airways - Nichtzahlung oder Stundung von Mehrwertsteuer (Kraftstoffe, Ersatzteile), Mietschulden gegenüber Flughäfen – Flughafengebühren – Fluggastgebühren – Rückforderung der gewährten Betriebsbeihilfen zuzüglich Zinsen

 

21.4.2005 – Rs C-29/04 – EuGH, Schlussanträge – Generalanwalt L. A: Geelhoed – Mödling – Abfallentsorgung – unzulässiges In-house-Geschäft - Vergabe ohne Beachtung der Verfahrens- und Bekanntmachungsvorschriften – Verstoß (Österreich) – „Stadt-GmbH“ – sämtliche Gesellschaftsanteile „vorerst“ in den Händen der Stadt – Übertragung auf „Stadt-GmbH“ ohne Vergabeverfahren - Gemeinderatsbeschluß - entgeltliche Entsorgungsvereinbarung mit „Stadt-GmbH“- Mietvertrag hinsichtlich der Betriebsmittel etc. - danach (1.10.1999: Beschluß - 13.10.1999: Abtretungsvereinbarung) Übertragung von 49 % der Anteile an Privatunternehmen etc. - Aufnahme der operativen Geschäfte am 1.12.1999 - Verstoß gegen die Richtlinie 92/50/EWG nach Ansicht des Generalanwalts - Terminierung noch nicht ersichtlich - vgl. Stadt Halle - keine In-house-Vergabe (?) ee8. 9. 2005 - C-129/04 - www.curia.eu.int - Belgien – „Antragsbefugnis von Mitgliedern der Bietergemeinschaft“ (verneint) - Öffentliche Aufträge – Richtlinie 89/665/EWG – Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge – Personen, denen die Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen müssen – Gelegenheitsgesellschaft als Bieter – Eines der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft darf nicht als Einzelner Klage erheben – Begriff ,Interesse an einem öffentlichen Auftrag’ – Tenor: Artikel 1 der Richtlinie 89/665 des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der nur die Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen kann, nicht aber lediglich eines ihrer Mitglieder als Einzelner. Das Gleiche gilt, wenn alle Mitglieder einer solchen Gesellschaft gemeinsam klagen, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird. – Aus der Entscheidung: „16 Die erste und die dritte Frage, die zusammen zu prüfen sind, wollen geklärt wissen, ob Artikel 1 der Richtlinie 89/665 einer nationalen Regelung entgegensteht, die nur der Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilgenommen, aber den Zuschlag nicht erhalten hat, gestattet, eine Klage gegen die Vergabeentscheidung erheben. Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Antwort auf die erste und die dritte Frage anders ausfällt, wenn die Mitglieder der Gelegenheitsgesellschaft zwar zusammen geklagt haben, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird. 17 Nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 müssen die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam nachgeprüft werden können, nach Artikel 1 Absatz 3 müssen die Nachprüfungsverfahren zumindest jedem zur Verfügung stehen, der ein Interesse an einem öffentlichen Auftrag hat. 18 Die Klägerinnen und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vertreten die Ansicht, dass eine nationale Regelung, nach der die Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft zusammen klagen müssen und bei ihnen daher für eine Klage gegen eine Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags Einstimmigkeit bestehen muss, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens entgegen Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665 die Verfügbarkeit von Nachprüfungsverfahren nicht gewährleistet. Ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz setze voraus, dass den Mitgliedern einer solchen Gesellschaft ein Einzelklagerecht zustehe. 19 Die Worte „jeder, der ein Interesse an einem öffentlichen Auftrag hat“ in Artikel 1 Absatz 3 meinen in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens denjenigen, der durch die Einreichung eines Angebots für den streitigen öffentlichen Auftrag sein Interesse an diesem nachgewiesen hat. 20 In der vorliegenden Situation wurde das Angebot von der Gelegenheitsgesellschaft als solcher und nicht von ihren Mitgliedern als Einzelnen abgegeben. Alle Mitglieder dieser Gesellschaft wären auch verpflichtet gewesen, den Vertrag zu unterzeichnen und die Arbeiten auszuführen, wenn der streitige Auftrag an sie vergeben worden wäre. 21 Im Gegensatz zu anderen Fallgestaltungen, die dem Gerichtshof vorlagen (vgl. insbesondere Urteile vom 12. Februar 2004 in der Rechtssache C-230/02, Grossmann Air Service,Slg. 2004, I-1829, Randnr. 28, und vom 11. Januar 2005 in der Rechtssache C-26/03, Stadt Halle und RPL Lochau,Slg. 2005, Slg. 2005, I–0000, Randnr. 41), sprach im Ausgangsverfahren nichts dagegen, dass alle Mitglieder der Gelegenheitsgesellschaft zusammen – in ihrer Eigenschaft als Mitglieder oder im eigenen Namen – eine Klage auf Aufhebung der Entscheidungen vom 22. Dezember 1998 und 8. Januar 1999 einreichten. 22 Eine nationale Verfahrensvorschrift, nach der eine Klage gegen die Entscheidung der Vergabebehörde über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags von der Gesamtheit der Mitglieder, aus denen sich eine als Bieter auftretende Gelegenheitsgesellschaft zusammensetzt, eingereicht werden muss, schränkt folglich die Verfügbarkeit einer solchen Klage nicht in einer Weise ein, die im Widerspruch zu Artikel 1 der Richtlinie 89/665 stünde. 23 Dies gilt zumal, als die Mitglieder einer solchen Gesellschaft, wie aus der Akte hervorgeht, nach belgischem Recht die Frage der Parteifähigkeit der Vereinigung jederzeit vor Klageerhebung durch eine interne Vereinbarung ohne jede weitere Formalität regeln können. 24 Im Übrigen kann dem Vorbringen der Kommission nicht gefolgt werden, eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige, nach der Bietergemeinschaften für die Vorlage des Angebots eine bestimmte Rechtsform wählen müssten, stehe im Widerspruch zu Artikel 21 der Richtlinie 93/37. Nach der im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Regelung muss die Gelegenheitsgesellschaft vielmehr lediglich zum Zweck der Klageerhebung ihre Vertretung entsprechend den Regeln sicherstellen, die für die Rechtsform gelten, die ihre Mitglieder selbst gewählt haben, um ein Angebot unterbreiten zu können. 25 zudem gilt die in der vorliegenden Rechtssache einschlägige Verfahrensvorschrift gleichermaßen für alle Klagen, die die Mitglieder von Gelegenheitsgesellschaften im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erheben, ohne dass es darauf ankäme, ob die Klagen auf einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht oder das nationale Recht gestützt werden und ob sie sich auf öffentliche Bauaufträge oder andere Geschäfte beziehen. 26 Damit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Regel wie die im Ausgangsverfahren streitige geeignet ist, den in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 verankerten Grundsatz wirksamer Nachprüfungsverfahren zu beeinträchtigen. Dieser Grundsatz erfordert nicht, dass eine Klage für zulässig erklärt wird, wenn die Vorschriften über die Prozessvertretung, die sich für die klagende Person aus der gewählten Rechtsform ergeben, nicht eingehalten worden sind. 27 Was schließlich die zweite Frage betrifft, so spricht nichts dafür, die Fälle, in denen die Klage von Anfang an nur von bestimmten Mitgliedern der Gelegenheitsgesellschaft erhoben wurde, anders zu behandeln als diejenigen, in denen die Klage zunächst von der Gesamtheit der Mitglieder erhoben wurde, anschließend aber die Klage eines von ihnen für unzulässig erklärt wurde. 28 In beiden Fällen sind die Klagen aufgrund nationaler Regelungen unzulässig, die den Klägern nur aufgeben, sich an die für die Prozessvertretung geltenden Bedingungen entsprechend der von den Mitgliedern selbst gewählten Rechtsform zu halten. Solche Erfordernisse gelten allgemein und beschränken die Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren und deren Verfügbarkeit für die Bieter nicht in einer Weise, die der Richtlinie 89/665 widerspräche. Zudem kann die Unzulässigkeit der Klage eines der Mitglieder der Gelegenheitsgesellschaft auf Umständen beruhen, die belegen, dass das fragliche Mitglied den Willen zur Klageerhebung nicht ordnungsgemäß gebildet hat. 29 Nach alledem ist auf die gestellten Fragen zu antworten: –Artikel 1 der Richtlinie 89/665 ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der nur die Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen kann, nicht aber lediglich eines ihrer Mitglieder als Einzelner; – das Gleiche gilt, wenn alle Mitglieder einer solchen Gesellschaft gemeinsam klagen, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird.

 

16.6.2005 – C 462/03 und 463/03 – Infrastrukturmassnahmen (Bahn – ÖBB – Österreichische Bundesbahn – Bauaufträge etc.) - Richtlinie 93/38/EG (Sektorenbereich) sowie Richtlinie 93/35/EG – kein reine hypothetische Rechtsfrage – Tragweite der Begriffe „Betreiben“ und Bereitstellung“ von Verkehrsnetzen – Tätigkeiten in diesem Bereich der Richtlinie 93/38/EG – das gilt auch für Infrastrukturmaßnahmen

 

2.6.2005 – C-15/04 – VergabeR 2005, 573, m. Anm. v. Opitz, Marc = NZBau 2005, 472, Besprechung von Hübner, Alexander, NZBau 2005, 438 - Koppensteiner – Verstoß durch unzutreffende Umsetzung der Richtlinien in Österreich - keine Möglichkeit zur Überprüfung der Aufhebung (Österreich: Widerruf) - öffentliche Aufträge – Richtlinie 89/665/EWG – Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge – Entscheidung über den Widerruf einer Ausschreibung nach Angebotsöffnung – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang – Effektivitätsgrundsatz – „Widerruf“ des Erstverfahrens – Zweitvergabeverfahren – Antrag auf Aufhebung des Widerrufs Bejahung der Zulässigkeit – Vorabentscheidungsersuchen: Auslegung der Artikel 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. 21. 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) – geänderte Fassung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) - Auftragswert des gesamten Vorhabens betrug 8 600 000 Euro – Wert der streitigen Abbrucharbeiten 95 000 Euro – Mitteilung des Widerrufs nach Ablauf der Angebotsfrist aus schwerwiegenden Gründen gemäß § 105 BVergG - Aufforderung zur Beteiligung des Antragstellers am Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung (Wert der Abbrucharbeiten mit im Wesentlichen gleichen Leistungen wie im ersten Verfahren: 90.000 Euro – Angebotsabgabe des Antragstellers - - Antrag auf Aufhebung des Widerrufs zum ersten Vergabeverfahren und auf Untersagung einer Ausschreibung in einem weiteren Vergabeverfahren – hilfsweise auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufs und Antrag auf Aufhebung des zweiten Vergabeverfahrens – Untersagung der Öffnung der Angebote im zweiten Verfahren durch Bescheid des Bundesvergabeamtes für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens jedoch bis 13. Januar 2004 – Zuschlagserteilung am 28. Januar 2004 im zweiten Vergabeverfahren an ein anderes Unternehmen – Ausführung der Abbrucharbeiten – Bundesvergabeamt verneint Überprüfungsmöglichkeit nach BVergG und Aufhebung des Widerrufs, lediglich Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widderrufs – nach Feststellungsentscheidung Möglichkeit für die Bieter: Schadensersatzansprüche Vorlage zur Vorabentscheidung wegen Nichtausreichens der Feststellung der Rechtswidrigkeit und Verweisung auf Schadensansprüche – EuGH: Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens und sachliche Begründetheit: „Zur Sache: 29 Vor der Prüfung der Fragen, die zusammen zu behandeln sind, ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in seinem Urteil HI festgestellt hat, – dass die Entscheidung über den Widerruf der Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu den Entscheidungen gehört, für die die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 89/665 Nachprüfungsverfahren einführen müssen, um sicherzustellen, dass die Regelungen des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, beachtet werden (Randnr. 54), und – dass die vollständige Verwirklichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Zieles vereitelt würde, wenn die öffentlichen Auftraggeber die Ausschreibung für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag widerrufen könnten, ohne dass dies den Verfahren der gerichtlichen Nachprüfung unterläge, mit denen in jeder Hinsicht sichergestellt werden soll, dass die Vergaberichtlinien und die Grundsätze, auf die sie sich stützen, tatsächlich beachtet werden (Randnr. 53). 30 Im selben Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass nach den Artikeln 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665 die Entscheidung eines Auftraggebers, die Ausschreibung für einen öffentlichen Auftrag zu widerrufen, in einem Nachprüfungsverfahren überprüft und gegebenenfalls aufgehoben werden kann, weil sie gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, verstößt. 31 Ist es also einem Bieter nach nationalem Recht, auch wenn es gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt wird, nicht möglich, eine Entscheidung über den Widerruf einer Ausschreibung mit der Begründung anzufechten, dass sie gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße, und aus diesem Grund ihre Aufhebung zu verlangen, so genügt das nationale Recht nicht den Anforderungen der Artikel 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665. 32 Ein nationales Gericht, bei dem ein Bieter die Aufhebung einer Entscheidung über den Widerruf einer Ausschreibung beantragt, weil sie gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße, und dessen nationales Recht eine Entscheidung über diesen Antrag nicht zulässt, ist daher mit der Frage konfrontiert, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es aufgrund des Gemeinschaftsrechts einen solchen Aufhebungsantrag für zulässig zu erklären hat. 33 Dazu ist festzustellen, dass die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Ziel dieser Richtlinie zu erreichen, und ihre Aufgabe gemäß Artikel 10 EG, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten und damit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten obliegen (vgl. u. a. Urteil vom 4. März 1999 in der Rechtssache C 258/97, HI, Slg. 1999, I 1405, Randnr. 25). 34 Zwar sind die Nachprüfungsinstanzen, die in den Mitgliedstaaten im Bereich der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über die aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Individualrechte zuständig sind, in der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats zu benennen (vgl. u. a. Urteile vom 24. September 1998 in der Rechtssache C 76/97, Tögel, Slg. 1998, I 5357, Randnr. 28, und vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C 81/98, Alcatel Austria u. a., Slg. 1999, I 7671, Randnr. 49); im Ausgangsrechtsstreit stellt sich jedoch ein derartiges Problem der gerichtlichen Zuständigkeit nicht. 35 Im vorliegenden Fall steht nämlich fest, dass nach dem anwendbaren nationalen Recht das Bundesvergabeamt für die Nachprüfung von „Entscheidungen“ im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 zuständig ist, die von Vergabebehörden in Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge getroffen werden. 36 Außerdem hat das Vorlagegericht ausgeführt (vgl. Randnr. 20 des vorliegenden Urteils), dass es bei einem offenen Vergabeverfahren nach nationalem Recht ausgeschlossen sei, in einem Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesvergabeamt Entscheidungen zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben, mit denen eine Ausschreibung nach der Angebotsöffnung widerrufen werde. 37 Wie aber in Randnummer 30 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Artikel 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665 einem solchen Ausschluss entgegenstehen. 38 Diese Bestimmungen der Richtlinie 89/665 sind unbedingt und hinreichend genau, um ein Recht für einen Einzelnen zu begründen, auf das sich dieser gegebenenfalls gegenüber einer Vergabebehörde wie der BIG berufen kann. 39 Das zuständige Gericht ist daher verpflichtet, die nationalen Vorschriften unangewendet zu lassen, die es daran hindern, die Verpflichtung aus den Artikeln 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665 zu beachten. Kosten: 40 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt: Das zuständige Gericht ist verpflichtet, die nationalen Vorschriften unangewendet zu lassen, die es daran hindern, die Verpflichtung aus den Artikeln 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung zu beachten.

 

26.5.2005 - C-536/03 - NZBau 2005, 574 - Antonio Jorge - Vorsteuerabzug bei noch nicht abgeschlossenen Tätigkeiten im Bauhandwerk - Spanien

 

12.5.2005 – Rs C 415/03 – www.europa.eu.int.de - Verurteilung Griechenlands wegen unzulässiger Beihilfe zugunsten von Olympic Airways - Nichtzahlung oder Stundung von Mehrwertsteuer (Kraftstoffe, Ersatzteile), Mietschulden gegenüber Flughäfen – Flughafengebühren – Fluggastgebühren – Rückforderung der gewährten Betriebsbeihilfen zuzüglich Zinsen

 

21.4.2005 – Rs C-29/04 – EuGH, Schlussanträge – Generalanwalt L. A: Geelhoed – Mödling – Abfallentsorgung – unzulässiges In-house-Geschäft - Vergabe ohne Beachtung der Verfahrens- und Bekanntmachungsvorschriften – Verstoß (Österreich) – „Stadt-GmbH“ – sämtliche Gesellschaftsanteile „vorerst“ in den Händen der Stadt – Übertragung auf „Stadt-GmbH“ ohne Vergabeverfahren - Gemeinderatsbeschluß - entgeltliche Entsorgungsvereinbarung mit „Stadt-GmbH“- Mietvertrag hinsichtlich der Betriebsmittel etc. - danach (1.10.1999: Beschluß - 13.10.1999: Abtretungsvereinbarung) Übertragung von 49 % der Anteile an Privatunternehmen etc. - Aufnahme der operativen Geschäfte am 1.12.1999 - Verstoß gegen die Richtlinie 92/50/EWG nach Ansicht des Generalanwalts - Terminierung noch nicht ersichtlich - vgl. Stadt Halle - keine In-house-Vergabe (?)

 

14.4.2005 - C-341/02 - NZBau 2005, 333 - Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen Art. 3 Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und den Rates v. 16.12.1996 in Arbeitnehmerentsendegesetz (fehlende Bestandteile des Mindestlohns: Zulagen und Zuschläge)

 

10.3.2005 - C-531/03 - NZBau 2005, 332 - Verstoß der Bundesrepublik Deutschland - Nichtumsetzung der Richtlinie 79/11/EG des Rates vom 3.3.1997 - Umweltverträglichkeitsprüfung im Straßenbau - Zulassung der Straßenbauvorhaben bei Plangenehmigung ohne Umweltverträglichkeitsprüfung in NRW

 

10.3.2005 - C-336/03 - NJW 2005, 3055 - Geltung der Ausnahmeregelung in Fernabsatzrichtlinie für Autovermietung
3.3.2005 – C-414/03 - NZBau 2005, 410 – Müllentsorgung Kreis Friesland – Vergabe ohne Bekanntmachung und Einhaltung der Vergabevorschriften – Feststellung des Verstoßes durch EuGH – Aufgabe des betroffenen Staates: Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung des Verstoßes

 

EuGH, Urt. v. 3.3.2005 - C 21/03 und C-34/03 – Fabricom – VergabeR 2005, 319, m. Anm. v. Schabel, Thomas – Fabricom – Beteiligung „vorbefaßter Personen“ an Vergabeverfahren – Projektanten-Problem – entgegenstehendes Landesrecht Projektanten – Vorbefassung - Ausschluss von Teilnahme an einem Verfahren oder von der Angebotsabgabe bei Beitrag zur Entwicklung der betroffenen Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen – Belgien - Fabricom – Verstoß gegen die Richtlinien 92/50/EWG des Rates v.18. 6. 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.10.1997 (Artikel 3 Absatz 2), 93/36/EWG des Rates vom 14.6.1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge in der Fassung der Richtlinie 97/52 (Artikel 5 Absatz 7), 93/37/EWG des Rates v. 14.6.1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der Fassung der Richtlinie 97/52(Artikel 6 Absatz 6), und 93/38/EWG des Rates v. 14.6.1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor in der Fassung der Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v.16.2.1998 (Artikel 4 Absatz 2), durch eine nationale belgische Bestimmung, „nach der eine Person, die mit Forschungs , Erprobungs , Planungs oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, nicht zur Einreichung eines Antrags auf Teilnahme an einem öffentlichen Bau , Liefer oder Dienstleistungsauftrag oder eines Angebots für einen solchen Auftrag zugelassen ist, ohne dass ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können.“ – weiterer Verstoß gegen die Richtlinie 89/665/EWG des Rates v. 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge(Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und 5), sowie die Richtlinie 92/13/EWG des Rates v. 25.2.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ihre Artikel 1 und 2) dadurch, „dass der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die mit Forschungs , Erprobungs , Planungs oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende des Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre, den normalen Wettbewerb zu verfälschen“ Aus der Entscheidung: „25 Mit seiner ersten Frage in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, …… 26 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Pflicht zur Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung dem Wesen der Richtlinien auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge entspricht, die namentlich die Entwicklung eines echten Wettbewerbs auf den Gebieten fördern sollen, die in ihren jeweiligen Anwendungsbereich fallen, und die Zuschlagskriterien aufstellen, die einen solchen Wettbewerb gewährleisten sollen (Urteil vom 17. September 2002 in der Rechtssache C 513/99, Concordia Bus Finland, Slg. 2002, I 7213, Randnr. 81 und zitierte Rechtsprechung). 27 Darüber hinaus verlangt nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 14. Dezember 2004 in den Rechtssachen C 434/02, Arnold André, Slg. 2004, I 0000, Randnr. 68 und zitierte Rechtsprechung, sowie C 210/03, Swedish Match u. a., Slg. 2004, I 0000, Randnr. 70 und zitierte Rechtsprechung). 28 Eine Person, die mit Forschungs , Erprobungs , Planungs oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen hinsichtlich eines öffentlichen Auftrags betraut war (im Folgenden: Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat), befindet sich in Bezug auf die Teilnahme am Verfahren zur Vergabe dieses Auftrags nicht notwendig in der gleichen Situation wie jemand, der keine derartigen Arbeiten ausgeführt hat. 29 Eine Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, kann nämlich zum einen wegen der Informationen, die sie im Hinblick auf den fraglichen öffentlichen Auftrag erlangen konnte, bei der Erstellung ihres Angebots begünstigt sein. Alle Bieter müssen aber bei der Erstellung ihrer Angebote über die gleichen Chancen verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. April 1996 in der Rechtssache C 87/94, Kommission/Belgien, I 2043, Randnr. 54). 30 Zum anderen kann sie sich in einer Lage befinden, die möglicherweise insoweit auf einen Interessenkonflikt hinausläuft, als sie, worauf die Kommission zutreffend hinweist, die Bedingungen für den fraglichen öffentlichen Auftrag, und sei es unbeabsichtigt, in einem für sie günstigen Sinne beeinflussen kann, wenn sie selbst Bieter für diesen Auftrag ist. Eine solche Situation wäre geeignet, den Wettbewerb zwischen den Bietern zu verfälschen. 31 Daher lässt sich in Anbetracht dieser Situation, in der sich die Person befinden kann, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, nicht geltend machen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung es erfordert, dass sie in der gleichen Weise behandelt wird wie jeder andere Bieter. 32 Fabricom sowie die österreichische und die finnische Regierung machen indessen im Wesentlichen geltend, dass die unterschiedliche Behandlung, die durch eine Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren streitige aufgestellt werde und die darin bestehe, unter allen Umständen der Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt habe, zu untersagen, sich an einem Verfahren zur Vergabe des betreffenden öffentlichen Auftrags zu beteiligen, nicht objektiv gerechtfertigt sei. Denn ein solches Verbot sei unverhältnismäßig. Die Gleichbehandlung der Bieter werde ebenso gut gewährleistet, wenn es ein Verfahren gebe, nach dem in jedem konkreten Fall beurteilt werde, ob die Ausführung bestimmter vorbereitender Arbeiten demjenigen, der sie ausgeführt habe, gegenüber den anderen Bietern einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Eine solche Maßnahme sei für ihn eine weniger einschneidende Beschränkung. 33 Hierzu ist festzustellen, dass eine Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren streitige der Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, keine Möglichkeit gibt, zu beweisen, dass sich die in den Randnummern 29 und 30 angesprochenen Probleme in ihrem besonderen Fall nicht stellen. 34 Eine solche Bestimmung geht über das hinaus, was erforderlich ist, um das Ziel der Gleichbehandlung aller Bieter zu erreichen. 35 Die Anwendung dieser Bestimmung kann nämlich dazu führen, dass Personen, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt haben, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, ohne dass ihre Beteiligung daran eine Gefahr für den Wettbewerb unter den Bietern bedeuten würde. 36 Demnach ist auf die erste in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 gestellte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 92/50, insbesondere ihr Artikel 3 Absatz 2, die Richtlinie 93/36, insbesondere ihr Artikel 5 Absatz 7, die Richtlinie 93/37, insbesondere ihr Artikel 6 Absatz 6, und die Richtlinie 93/38, insbesondere ihr Artikel 4 Absatz 2, einer Bestimmung wie Artikel 26 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 10. Januar 1996 und Artikel 32 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 8. Januar 1996 entgegenstehen, nach der eine Person, die mit Forschungs , Erprobungs , Planungs oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, nicht zur Einreichung eines Antrags auf Teilnahme an einem öffentlichen Bau , Liefer oder Dienstleistungsauftrag oder eines Angebots für einen solchen Auftrag zugelassen ist, ohne dass ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können. Zu der zweiten Frage in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 37 Mit seiner zweiten Frage in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Antwort auf die vorstehende Frage anders lautet, wenn die Richtlinien 92/50, 93/36, 93/37 und 93/38 in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Handels- und Gewerbefreiheit und dem Eigentumsrecht so ausgelegt werden, dass sie sich nur auf private Unternehmen oder auf Unternehmen beziehen, die entgeltliche Leistungen erbracht haben. 38 Diese Frage beruht auf einer Hypothese, die nicht zugrunde gelegt werden kann. 39 Die genannten Richtlinien enthalten nämlich nichts, was ihre Auslegung dahin zuließe, dass sie sich hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf Unternehmen, die an einem öffentlichen Vergabeverfahren teilnehmen oder dies beabsichtigen, nur auf private Unternehmen oder auf Unternehmen beziehen, die entgeltliche Leistungen erbracht haben. Im Übrigen läuft es dem Grundsatz der Gleichbehandlung zuwider, nur private Unternehmen oder solche, die entgeltliche Leistungen erbracht haben, einer Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren streitigen zu unterwerfen, wenn sie bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt haben, nicht aber Unternehmen, die keine dieser Eigenschaften aufweisen und die ebenfalls derartige vorbereitende Arbeiten ausgeführt haben. 40 Somit ist auf die zweite in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 gestellte Frage nicht zu antworten. Zu der dritten Frage in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 41 Mit seiner dritten Frage in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 89/665, insbesondere ihre Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und 5, sowie die Richtlinie 92/13, insbesondere ihre Artikel 1 und 2, so ausgelegt werden können, dass der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, bis zum Ende des Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre, den normalen Wettbewerb zu verfälschen. 42 In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 89/665 nicht beeinträchtigt werden darf, soweit es um die Modalitäten gerichtlicher Verfahren zum Schutz der Rechte geht, die das Gemeinschaftsrecht den durch Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber geschädigten Bewerbern und Bietern einräumt (Urteil vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C 470/99, Universale Bau u. a., Slg. 2002, I 11617, Randnr. 72). 43 Außerdem zielen die Bestimmungen der Richtlinien 89/665 und 92/13, die die Bieter vor Willkür des öffentlichen Auftraggebers schützen sollen, darauf ab, die vorhandenen Mechanismen zur Gewährleistung der effektiven Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu verstärken, vor allem dann, wenn Verstöße noch beseitigt werden können. Ein solcher Schutz kann nicht effektiv sein, wenn sich der Bieter gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nicht auf diese Vorschriften berufen kann (Urteil vom 24. Juni 2004 in der Rechtssache C 212/02, Kommission/Österreich, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20 und zitierte Rechtsprechung). 44 Dass der öffentliche Auftraggeber bis zu einem sehr fortgeschrittenen Verfahrensstadium die Entscheidung darüber hinauszögern kann, ob sich ein mit einer Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, verbundenes Unternehmen am Verfahren beteiligen oder ein Angebot abgeben kann, obwohl er über alle für diese Entscheidung nötigen Informationen verfügt, nimmt diesem Unternehmen die Möglichkeit, sich gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber während eines Zeitraums auf die Gemeinschaftsregeln auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berufen, der allein im Belieben des Auftraggebers steht und sich gegebenenfalls bis zu einem Zeitpunkt erstrecken kann, in dem Verstöße nicht mehr wirksam beseitigt werden können. 45 Eine solche Situation ist geeignet, die praktische Wirksamkeit der Richtlinien 89/665 und 92/13 zu beeinträchtigen, weil sie dazu führen kann, für die Beteiligten ungerechtfertigt lange die Möglichkeit hinauszuzögern, die ihnen vom Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte auszuüben. Außerdem widerspricht sie dem Ziel der Richtlinien 89/665 und 92/13, das im Schutz der Bieter gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber besteht. 46 Somit ist auf die dritte in den Rechtssachen C 21/03 und C 34/03 gestellte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 89/665, insbesondere ihre Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und 5, sowie die Richtlinie 92/13, insbesondere ihre Artikel 1 und 2, dem entgegenstehen, dass der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die mit Forschungs , Erprobungs , Planungs oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende des Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre, den normalen Wettbewerb zu verfälschen. …. „ - Kosten 47 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.“

 

3.3.2005 – C-21/03 u. C 34/03 – Fabricom – VergabeR 2005, 319, m. Anm. v. Schabel, Thomas – Fabricom – Beteiligung „vorbefaßter Personen“ an Vergabeverfahren – Projektanten-Problem – entgegenstehendes Landesrecht (keine Beteiligung von Planern etc., die an Vorbereitungs- und Entwicklungsleistungen beteiligt waren, an den entsprechenden Folgeaufträgen (hier Sektorenbereich) – Verstoß gegen die Richtlinien 89/665/EWG sowie 93/13/EWG, da dem Bewerber/Bieter die Möglichkeiten genommen werden, nachzuweisen, dass ihre Vorbeteiligung infolge ihrer Erfahrung der Wettbewerb nicht verfälscht wird. – Hinweise: Die entsprechende Entscheidung war dringend geboten, da auch in Deutschland dieses Thema sehr nachteilig für Projektanten gesehen wird. Vielfach stellt sich in der Praxis auch das Problem, dass Berater- und Projektierer gleichzeitig nicht selten die einzigen Bieter sind, die in der Lage sind, die in der Realisierungsstufe eingesetzt werden können, weil sie etwa über spezielle Kenntnisse verfügen. Es wird zukünftig darauf ankommen, bei den Planungsarbeiten dafür zu sorgen, dass diese einen möglichen Wettbewerbsvorsprung des Planers etc. ausgleichen. Im übrigen war es schon immer nicht verständlich, dass der Gewinner eines Wettbewerbs über die Vergabe von Planungsleistungen dafür gewissermaßen „bestraft“ wird, dass er bei den voluminöseren Realisierungsleistungen grundsätzlich nicht als Bieter am Wettbewerb teilnehmen kann. Ähnlich wie den Generalübernehmern (vgl. Bartl, Harald, Angebote von Generalübernehmern in Vergabeverfahren, NBau 2005, 195 f) hatte sich eine Entscheidungspraxis aufgebaut, die durch eine restriktive Betrachtung geprägt war. Vgl. hierzu Ohle, Mario Matthias/von dem Bussche, Julie, Der Projektant als Bieter in komplexen IT/TK-Ausschreibungen, CR 2004, 791 – der Beitrag befasst sich ausführlich mit dem allseits bekannten, allerdings vielfach noch unklaren „Projektantenproblem“, d.h. mit der Frage, ob ein sog. „Projektant“, der in einer Vorstufe beteiligt war, als Bieter z. B. für die „Folgestufe“ in Betracht kommt. – Ausschluß von Sachverständigen (vgl. § 6 Nr. 3 S. 1 VOL/A bzw. § 6 Nr. 2 VOF – Mitwirkungsverbot nach § 16 VgV – Projektanten als Bieter: Gleichbehandlung – Wettbewerbsvorteil - Wettbewerbsverzerrung durch Vorsprung nur bei „konkreten besonderen Umständen“ – Neutralisierung des Vorsprungs – Einbindung potenzieller Bieter – organisatorische Absicherungsmaßnahmen durch die Vergabestelle; Jasper, Ute/Hettich, Lars, Wissen schadet nicht – Beteiligung von Projektanten am Vergabeverfahren, Behördenspiegel, 2004, Aug., 19; Ohle, Mario Matthias/von dem Bussche, Julie, Der Projektant als Bieter in komplexen IT/TK-Ausschreibungen, CR 2004, 791 – der Beitrag befasst sich ausführlich mit dem allseits bekannten, allerdings vielfach noch unklaren „Projektantenproblem“, d.h. mit der Frage, ob ein sog. „Projektant“, der in einer Vorstufe beteiligt war, als Bieter z. B. für die „Folgestufe“ in Betracht kommt. – Ausschluß von Sachverständigen (vgl. § 6 Nr. 3 S. 1 VOL/A bzw. § 6 Nr. 2 VOF – Mitwirkungsverbot nach § 16 VgV – Projektanten als Bieter: Gleichbehandlung – Wettbewerbsvorteil - Wettbewerbsverzerrung durch Vorsprung nur bei „konkreten besonderen Umständen“ – Neutralisierung des Vorsprungs – Einbindung potenzieller Bieter – organisatorische Absicherungsmaßnahmen durch die Vergabestelle; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.10.2003 – VII Verg 57/03 - VergabeR 2004, 236, m. Anm. v. Schranner, Urban – Ingenieurgesellschaft ; OLG Hamburg, Beschl. v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02 - NZBau 2003, 172(L) – Aufhebung - Mitwirkung eines Bieters bei der Ausarbeitung der Vergabeunterlagen: Verstoß gegen § 16 VgV; OLG Jena, Beschl. v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02 – VergabeR 2003, S. 577 m. zustimmender Anm. v. Voppel, Reinhard = NZBau 2003, Heft 10, VII (Info) – Stadttheater Hildburghausen – Arbeitsgemeinschaftsmitglied erbringt umfängliche Leistungen im VOF-Verfahren – zwingender Ausschluss der Arbeitsgemeinschaft nach § 6 II VOF (nicht § 16 I VgV); Vergabekammer des Bundes, 17.7.2000 – VK 1-13/00 – NZBau 2001, 228 – Einsatzschutzanzüge.

 

3.3.2005 – C 414/03 – De-facto-Vergabe ohne Bekanntmachung (Müllentsorgung Friesland) – Verstoß der Bundesrepublik gegen die Richtlinie 92/50/EWG – Hinweis: Es kann nur immer wieder vor derartigen „Vergaben „ gewarnt werden, die in ihren Folgen häufig noch nach Jahren gravierend sind (fortwirkender Verstoß!). Hier dürften sich noch zahlreiche „Altfälle“ antreffen lassen, die zu eben diesen Ergebnissen nach Klagen der EU-Kommission führen könnten. Schon liegt der Schlussantrag für ein weiteres Verfahren dieser Art vor (Rs C 29/04 v. 21.4.2005) vor, in dem eine Verurteilung Österreichs (Abfallbeseitigung Mödling) zu erwarten ist.

 

3.3.2005 – Rs 414/03 – Müllentsorgung Landkreis Friesland – Verstoß der Bundesrepublik Deutschland – Feststellung der Vertragsverletzung durch EuGH auch dann, wenn die Bundesrepublik den Verstoß nicht mehr bestreitet, da andernfalls der betroffene Mitgliedsstaat das anhängige Verfahren einseitig beenden könnte – Landkreis Friesland hat einen Müllentsorgungsvertrag ohne die Einhaltung der Bekanntmachungs- und Verfahrensvorschriften entsprechend der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18.6.1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge rechtwidrig vergeben – Vertragsverletzung der Bundesrepublik Deutschland – Fundstelle www.curia.eu.int

 

01.03.2005 - Rs 458/03 – Fundstelle www.curia.eu.int - Schlussantrag Generalanwältin Juliane Kokott NZBau 2005, Heft 4, VII – Parking-Brixen-GmbH – Vergabe an 100-prozentige Tochtergesellschaft – Ausübung einer ähnlichen Kontrolle wie über eigene Dienststellen – Tätigkeit im Wesentlichen für die Gemeinde als Auftraggeber - Dienstleistungsauftrag(zweiseitig) oder vergabefreie Dienstleistungskonzession („dreiseitig“ <Auftraggeber, Auftragnehmer, Nutzer> Beachtung insbesondere der Transparenz und Gleichbehandlung sowie der Verhältnismäßigkeit) – Beauftragung durch einen öffentlichen Auftraggeber: Betrieb eines öffentlichen Parkplatzes durch die Stadt Brixen AG (100-%-ige Tochter der Stadt Brixen – spätere mögliche Beteiligung Dritter), Erhebung eines Entgelts bei den Parkplatznutzern durch Auftragnehmer, Zahlung einer umsatzabhängigen Gegenleistung – Entschädigung – durch den Auftragnehmer: Dienstleistungskonzession, lediglich den Grundsätzen Gemeinschaftsrechts unterliegend – gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungs- und Transparenzgebot auch außerhalb der vergaberechtlichen Richtlinien, Grundregeln des EG-Vertrages: Betroffenheit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 49 EG-Vertrag) sowie Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot sowie Willkürverbot (Willkür für oder gegen einen bestimmten Bewerber) im vorliegenden Fall möglich (vgl. Teleaustria, Makedoniko, Veestergard) – nicht erforderlich die Durchführung eines in allen Einzelheiten vergleichbares vergaberechtlichen Verfahrens, aber: „Wie aber der EuGH im Urteil „Teleaustria und Telefonadress“ ausgeführt hat, muss der Auftraggeber kraft seiner Verpflichtung zur Transparenz „zugunsten potenzieller Bieter einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherstellen, der den Dienstleistungsmarkt dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden...“ – Grundfreiheiten zwar nicht auf rein innerstaatliche Sachverhalte anwendbar (vgl. Urt. v. 16.12.2004 – C 293/00 - My; auch Urt. v. 17.2.1979 – 115/78 – Knoors) – Auswirkungen einer etwaigen Verletzung des Transparenzgebots „nicht nur auf inländische Unternehmen wie die Parkplatz Brixen GmbH (erg. benachteiligte private inländische Bewerberin), sondern auf alle potenziellen Interessenten aus, auch auf mögliche Bieter aus anderen Mitgliedstaaten“: Möglichkeit der mittelbare oder unmittelbare Betroffenheit, daher Einhaltung der Anforderungen unabhängig von der Staatsangehörigkeit bzw. dem Ort der Niederlassung der Bieter – Voraussetzungen einer Ausnahme von den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (Transparenz etc.) für öffentliche Auftraggeber bei Vergabe bei Erbringen der Leistungen „durch von ihm selbst kontrollierte Stellen“ bei Dienstleistungskonzessionen – „Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung öffentlicher und privater Unternehmen, der insbesondere in Art. 86 I EG zum Ausdruck kommt, dürfen öffentliche Unternehmen – vorbehaltlich der in Art. 86 II EG enthaltenen Ausnahmen – nicht besser behandelt werden als die private Konkurrenz. Ein öffentlicher Auftraggeber darf also nicht kurzerhand ein von ihm selbst kontrolliertes Unternehmen mit der Erbringung von Dienstleistungen betrauen, ohne zuvor andere mögliche überhaupt in Erwägung zu ziehen und zu diesem Zweck ein transparentes Auswahlverfahren durchzuführen....“ – „Andererseits steht es der öffentlichen Hand selbstverständlich auch frei, die ihr obliegenden Aufgaben gänzlich mit eigenen Mitteln, d.h. hausintern zu erfüllen, ohne überhaupt auf Leistungen rechtlich selbständiger – öffentlicher oder privater – Unternehmen zurückzugreifen. Darin unterliegt sie auch nicht den Bindungen des Vergaberechts ..“ (vgl. Stadt Halle) – Anwendung des Vergaberechts grundsätzlich vorgeschrieben, wenn „eine Vereinbarung zwischen zwei verschiedenen Personen unter Beteiligung eines öffentlichen Auftraggebers als Vertragspartner – daneben nicht nur diese rein formalen Gesichtspunkte erheblich, „sondern auch eine wertende Betrachtungsweise. – „Selbst wenn nämlich beide Partner eines Rechtsgeschäfts der Form nach jeweils eigene Rechtspersönlichkeit haben, kann die zwischen ihnen durchgeführte Transaktion gleichwohl ausnahmsweise einem hausinternen Geschäft gleichgestellt werden, und zwar sofern zwei von der Rechtsprechung entwickelte kumulative Kriterien erfüllt sind ...“(vgl. Teckal, Stadt Halle, Kommission Spanien: EuGH, Urt. v. 13.1.2005 – Rs C—84/03 – Kooperationsvereinbarungen – Spanien – VergabeR 2005, 177 = NZBau 2005, 232– vgl. VOL/aktuell 3/2005) – Kriterien: 1. Ausübung einer ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststellen, 2. Ausübung der Tätigkeit im Wesentlichen für den oder die öffentlichen Auftraggeber (Anteilsinhaber) – Übertragung dieser „Teckal-Kriterien“ auch auf Fälle, die von den vergaberechtlichen Vorgaben befreit sind und lediglich den „Grundsätzen“ unterliegen (Argument: Wenn schon Transparenz etc. in vergabepflichtigen Vorgängen, dann erst auch bei Dienstleistungskonzessionen etc., also den Ausnahmen – Entscheidung abhängig von den Umständen des Einzelfalls: hier zu bezweifeln: 1. Öffnung des Kapitals der Stadt-Brixen-AG kraft gesetzlicher Verpflichtung „möglicherweise für eine Beteiligung Dritter“; 2. weitgehend eigenständige Führung der Geschäfte durch die Organe der AG – ferner: bei jeglicher Beteiligung von Privaten ist die Kontrolle wie bei einer eigenen Dienststelle ausgeschlossen (EuGH – Stadt Halle) – Mehrheitsbeteiligung am Kapital, Mehrheit der Ausübung der Stimmrechte, Bestellung der Mehrheit der Vertreten in den Organen lediglich Anhaltspunkte für eine Kontrolle ähnliche wie bei eigenen Dienststellen, aber für sich gesehen nicht ausreichend – selbst Minderheitsbeteiligung ohne Vetorecht verhindert Ausübung der Kontrolle ähnlich wie über eigene Dienststellen (Mindestmaß von Rücksichtnahme etc.) –gemischtwirtschaftliche Unternehmen unterscheiden sich wesentlich „von bloßen Dienststellen der Verwaltung“ – Stadtwerke Brixen AG: kein gemischtwirtschaftliches Unternehmen im Zeitpunkt der betroffenen Vorgänge (Überlassung der Parkplätze), sondern 10-%-ige Tochtergesellschaft – aber Aufgabe der alleinigen Aktieninhaberschaft nach zwei Jahren zugunsten einer bloßen Mehrheitsbeteiligung entsprechend Satzung – Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Abschlusses des Rechtsgeschäfts – Berücksichtigung späterer Verhältnisse lediglich bei sicherem Eintreten bereits zum Zeitpunkt der Vergabe - „Sicher vorhersehbar wäre der Verlust der 100-prozentigen Beteiligung der Gemeinde an ihrer Tochtergesellschaft jedenfalls dann gewesen, wenn der Erwerb einer Gesellschafterbeteiligung durch einen konkreten Dritten bereits unmittelbar bevorgestanden hätte.“ – EU-Kommission noch weitergehend: ausreichend die hinreichende Vorhersehbarkeit des Verlusts der 100-prozentigen Beteiligung der Gemeinde – hier nach den nationalen Vorschriften: Abhängigkeit der Verpflichtung zur Öffnung der Aktieninhaberschaft für Dritter von weiteren Umständen und insbesondere auch des möglichen Anteilserwerbs durch Dritte – keine Vergleichbarkeit mit der Interessenlage bei einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen – im übrigen Sicherstellung von Transparenz und Gleichbehandlung im Zeitpunkt der Auswahl des eintretenden Dritten, insbesondere auch durch Herstellung eines „angemessenen Grades von Öffentlichkeit“- weitere Zweifel wegen der Unternehmensform AG: weitgehende Handlungsvollmachten schließen Kontrolle durch Gemeinde „ähnlich“ wie bei eigener Dienststelle nicht ausgeschlossen – Außen- und Innenverhältnis sind zu unterscheiden – allerdings: Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber den Organen „die Ausnahme“ – bloße Übertragung auf AG daher gleichkommend „letztlich dem zwangsweisen Einstieg in die Privatisierung“ dieser „sensiblen Bereiche“ (z.B. Wasserversorgung), allerdings nicht zwangsläufig (dies wird durch weitere Ausführungen belegt) – Anwendung der Vergabevorschriften auch auf Rechtsgeschäfte der Gemeinde mit 100-prozentigen Tochtergesellschaften würde in die geschützte Organisationshoheit/Selbstverwaltung der Kommunen eingreifen – „Hingegen ist es nicht Sinn des und Zweck des Vergaberechts, „durch die Hintertür“ die Privatisierung auch solcher öffentlicher Aufträge herbeizuführen, welche die öffentliche Hand weiterhin mit eigenen Mitteln erfüllen möchte...“ – im übrigen auch lediglich eine „ähnliche Kontrolle“ wie bei eigenen Dienststellen erforderlich, nicht aber eine identische Kontrolle – daher strikt zu unterscheiden: Tochterunternehmen mit 100-prozentiger Anteilsinhaberschaft ohne Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Interessen privater Dritter und gemischtwirtschaftliche Unternehmen mit (Minderheits-)Beteiligung Privater mit entsprechenden Rücksichtnahmepflichten – ferner: 2. „Teckal-Kriterium“: Tätigkeit im Wesentlichen für den oder die öffentlich-rechtlichen Anteilseigner: Inhalt der Satzungsbestimmungen der AG insofern nur geringe Aussagekraft – maßgebliche Vorgabe im Innenverhältnis mit weiten Betätigungsfeldern – nicht die weite Fassung maßgeblich, sondern ausreichend die Orientierung an der tatsächlichen Betätigung, Tätigkeit im Auftrag von Dritten bei untergeordneter Bedeutung unschädlich – auch Tätigkeit über die Grenzen der Kommune hinaus schließt nicht aus, daß die Tätigkeit der AG im Wesentlichen für diese Gemeinde verrichtet wird – Ergebnis: Vergabe eines Auftrags an eine 100-prozentige Tochter-AG ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens kein Verstoß gegen Art. 43, 49, 86 EGV - ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststellen nicht ausgeschlossen durch zukünftige mögliche Öffnung für andere Anteilsinhaber – Tätigkeit „im Wesentlichen“ für die Gemeinde nicht durch weite Fassung des Tätigkeitsbereichs in der Satzung, vielmehr tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entscheidend – Hinweis: Man wird abwarten müssen, wie die Entscheidung des EuGH ausfällt – wahrscheinlich wird entsprechend den Schlussanträgen der Generalanwältin entsprochen. Die von dem nationalen italienischen Gericht vorgelegten Fragen sind im Grunde bereits durch vorgängige bzw. zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen beantwortet. Die Vorlage zeigt indessen die Unsicherheiten der nationalen Gerichte bei der Auslegung der rechtlichen Vorgaben der EG. Mit Recht wird von der Generalanwältin angenommen, daß die Übertragung von kommunalen Aufgaben auf eine 100-prozentige Tochtergesellschaft auch im Bereich der an sich vergabefreien, allerdings de Grundsätzen des EGC unterliegende Dienstleistungskonzession selbst dann zulässig ist, wenn die AG wie hier nach der Satzung weitere Tätigkeiten ausführen kann. Zeitpunkt, tatsächliche Aufgabe und 100-prozentige Anteilsinhaberschaft sind folglich von wesentlicher Bedeutung. Alles andere wäre eine schwerwiegende Belastung der Kommunen. Die gemischtwirtschatlichen Unternehmen mit Beteiligung Privater sind anders zu beurteilen. Hier sit mit Recht ein Riegel durch die Entscheidung des EuGH Stadt Halle sowie die „Kooperationen öffentlicher Auftraggeber stehen ebenfalls auf einem anderen Blatt (vgl. EuGH, Urt. v. 13.1.2005 – Rs C—84/03 – Kooperationsvereinbarungen – Spanien – VergabeR 2005, 177 = NZBau 2005, 232– vgl. VOL/aktuell 3/2005 – ferner Ziekow, Jan/Siegel, Thorsten, Die Vergaberechtspflichtigkeit von Partnerschaften der öffentlichen Hand – Neue Entwicklungstendenzen im Bereich der In-House-Geschäfte und der In-State-Geschäfte – VergabeR 2005, 145 – die Verfasser behandeln zunächst die beiden Entscheidungen EuGH, Urt. v. 11.1.2005 – Rs C-26/03 - VergabeR 2005, 44 – Stadt Halle – sowie EuGH, Urt. v. 13.1.2005 – Rs C-84/03 - VergabeR 2005, 176 – m. Anm. v. Müller-Wrede, Malte/Greb, Klaus (zustimmend). Weitere Einzelheiten des Schlussantrags vgl. hier unter EuGH, Rs. 1.3.05 – Rs 458/03.

 

27.1.2005 – C 125/04 - NZBau 2005, 278 – Schiedsgericht – Vorlage an EuGH (Vorlageberechtigung abgelehnt) – belgisches Schiedsgericht für Reisestreitigkeiten (College d´arbitrage de la Commission de Litiges Voyages: betreffend teilweise Rückerstattung des Reisepreises – Kreuzfahrt – Verbraucherbereich)

 

13.1.2005 – Rs C—84/03 – Kooperationsvereinbarungen – Spanien – VergabeR 2005, 177 = NZBau 2005, 232– vgl. VOL/aktuell 3/2005 – ferner Ziekow, Jan/Siegel, Thorsten, Die Vergaberechtspflichtigkeit von Partnerschaften der öffentlichen Hand – Neue Entwicklungstendenzen im Bereich der In-House-Geschäfte und der In-State-Geschäfte – VergabeR 2005, 145 – die Verfasser behandeln zunächst die beiden Entscheidungen EuGH, Urt. v. 11.1.2005 – Rs C-26/03 - VergabeR 2005, 44 – Stadt Halle – sowie EuGH, Urt. v. 13.1.2005 – Rs C-84/03 - VergabeR 2005, 176 – m. Anm. v. Müller-Wrede, Malte/Greb, Klaus (zustimmend) – Kooperation öffentlicher Auftraggeber (unzulässige Ausnahme vom Vergaberegime in nationaler Vorschrift) – vgl. auch zur Anwendung des Vergaberechts auf PPP Ziekow/Siegel, VerwArch 2005, 119 – nach Ansicht von Ziekow/Siegel erteilte der EuGH, aaO, der These der sog. „Vergaberechtsimmunität“ von PPP eine Absage – ferner wird mit Recht darauf hingewiesen, daß auch bei der Reform auf der Basis der Richtlinien 17/18/2004/EG (Umsetzung bis zum 31.1.2006 – vgl. die Entwürfe des BMWA von Ende März 2005 -) diese Grundsätze zu berücksichtigen sein werden. In dem Ausblick der Verfasser werden die möglichen Grenzen hinreichend aufgezeigt – auch für die Umsetzung der genannten Richtlinien. Es bleibt zu hoffen, daß dies beachtet wird.

 

13.1.2005 – Rs C-84/03 – www.europa.eu.int.de - Spanien - Vertragsverletzung des Mitgliedstaats – Richtlinien 93/36/EWG und 93/37/EWG – Öffentliche Aufträge – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge – Anwendungsbereich – Begriff des öffentlichen Auftraggebers – grundsätzliche Unzulässigkeit von Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungen – Begriff des Auftrags – nationale Bestimmungen: Anwendung des Verhandlungsverfahrens in Fällen, die nicht in der Richtlinie aufgeführt sind – Urteil – Leitsätze des EuGH: „1. Das Königreich Spanien hat gegen seine Verpflichtungen aus den Richtlinien 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge und 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge verstoßen, indem es die genannten Richtlinien nicht ordnungsgemäß in seine nationale Rechtsordnung umgesetzt hat, insbesondere – die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinie angeführt sind, vom Anwendungsbereich der Ley de Contratos de las Administraciones Públicas (Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 16. Juni 2000 in der durch das Real Decreto Legislativo 2/2000 vom 16. Juni 2000 gebilligten Fassung durch Artikel 1 Absatz 3 dieses Gesetzes ausgeschlossen hat, – in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c dieses Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne der genannten Richtlinien sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und – in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat. 2. Dem Königreich Spanien werden die Kosten auferlegt.“ Begründetheit 16 Die Kommission stützt ihre Klage auf drei Rügen. 17 Mit ihrer ersten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die privatrechtlichen Einrichtungen vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes ausgeschlossen zu haben, obwohl diese auch Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten. 18 Mit ihrer zweiten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die zwischen den Einrichtungen des öffentlichen Rechts geschlossenen Kooperationsvereinbarungen vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes ausgeschlossen zu haben, obwohl diese Vereinbarungen öffentliche Aufträge im Sinne der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten. 19 Mit ihrer dritten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei von den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht aufgeführten Fällen zugelassen zu haben, nämlich für die Auftragsvergabe nach einem für erfolglos erklärten Verfahren und für die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter. Zur ersten Rüge: Ausschluss von privatrechtlichen Einrichtungen, die die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinien 93/36 und 93/37 genannten Voraussetzungen erfüllen, vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes – Vorbringen der Parteien 20 Nach Ansicht der Kommission stimmt der persönliche Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes nicht mit dem der Richtlinien 93/36 und 93/37 überein, da die nationale Regelung nur für Einrichtungen gelte, die im Sinne des spanischen Rechts einer öffentlich-rechtlichen Regelung unterworfen seien, obwohl die juristische Form der betreffenden Einrichtung nichts mit der in diesen Richtlinien festgelegten Definition der „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ zu tun habe. 21 Unter Berufung auf das Urteil vom 15. Januar 1998 in der Rechtssache C 44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Slg. 1998, I 73, Randnrn. 17 bis 35) erinnert die Kommission an die Feststellung des Gerichtshofes, dass unter „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ eine Einrichtung zu verstehen sei, die die drei in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinie 93/37 genannten Voraussetzungen gleichzeitig erfülle. 22 Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (insbesondere die Urteile vom 20. September 1988 in der Rechtssache 31/87, Beentjes, Slg. 1988, 4635, und vom 10. November 1998 in der Rechtssache C 360/96, BFI Holding, Slg. 1998, I 6821) trägt die Kommission vor, dass der in Artikel 1 der Richtlinien 93/36 und 93/37 definierte Begriff des öffentlichen Auftraggebers funktionell auszulegen sei. 23 Überdies macht sie geltend, dass die von der spanischen Regierung vorgenommene Auslegung des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ dem Gemeinschaftsbegriff, der in der gesamten Gemeinschaft einheitlich auszulegen sei, seine Selbständigkeit nehme. 24 Die spanische Regierung spricht sich für eine wörtliche Auslegung des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ aus. Sie ist der Ansicht, dass dieser Begriff in den Richtlinien 93/36 und 93/37 von der öffentlichen Hand kontrollierte gewerbliche Unternehmen nicht erfasse. Zur Begründung beruft sie sich auf die Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser , Energie und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84), die zwischen dem Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“, der mit dem in den Richtlinien über öffentliche Aufträge identisch sei, und dem des „öffentlichen Unternehmens“ unterscheide, dessen Definition dem öffentlichen gewerblichen Unternehmen entspreche. 25 Außerdem lehnt die spanische Regierung jede verallgemeinernde Lösung ab. Sie ist der Ansicht, dass eine echte Abgrenzung des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ erst möglich sei, wenn der Begriff „im Allgemeininteresse liegende Aufgaben“ und vor allem der der „nicht gewerblichen Art“ dieser Aufgaben durch eine eingehende Prüfung jeder Einrichtung bestimmt worden seien. 26 Die Kommission erwidert, dass die Richtlinie 93/38 eine Sonderregelung sei und wegen ihres Ausnahmecharakters nicht zur Auslegung allgemeiner Vorschriften, im vorliegenden Fall der Richtlinien 93/36 und 93/37, herangezogen werden könne. Würdigung durch den Gerichtshof 27 Nach ständiger Rechtsprechung wird der Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“, der als Begriff des Gemeinschaftsrechts in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen ist, durch die ausschließliche Berücksichtigung der drei in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 kumulativ aufgeführten Tatbestandsmerkmale funktionell bestimmt (Urteile Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Randnrn. 20 und 21, vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-470/99, Universale-Bau u. a., Slg. 2002, I 11617, Randnrn. 51 bis 53, vom 15. Mai 2003 in der Rechtssache C-214/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I 4667, Randnrn. 52 und 53, und vom 16. Oktober 2003 in der Rechtssache C-283/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I 11697, Randnr. 69). 28 Daraus folgt, dass für die etwaige Einstufung einer privatrechtlich organisierten Einrichtung als Einrichtung des öffentlichen Rechts ausschließlich zu prüfen ist, ob die betreffende Einrichtung die drei kumulativen Tatbestandsmerkmale von Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 erfüllt, wobei die privatrechtliche Rechtsform der Einrichtung kein Kriterium darstellt, das für sich allein deren Einstufung als öffentlicher Auftraggeber im Sinne dieser Richtlinien ausschließen könnte (Urteil vom 15. Mai 2003, Kommission/Spanien, Randnrn. 54, 55 und 60). 29 Der Gerichtshof hat darüber hinaus klargestellt, dass diese Auslegung nicht einer Verneinung des gewerblichen Charakters der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, die die betreffende Einrichtung wahrnimmt, gleichkommt, da dieser Gesichtspunkt bei der Prüfung berücksichtigt werden muss, ob die Einrichtung die Voraussetzung des Artikels 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster Gedankenstrich der Richtlinien 93/36 und 93/37 erfüllt (Urteil vom 16. Oktober 2003, Kommission/Spanien, Randnr. 75). 30 Im Übrigen kann diese Schlussfolgerung auch nicht dadurch entkräftet werden, dass in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht ausdrücklich auf die besondere Gruppe der „öffentlichen Unternehmen“ Bezug genommen wird, die dagegen in der Richtlinie 93/38 aufgeführt wird (Urteil vom 16. Oktober 2003, Kommission/Spanien, Randnr. 76). 31 Aus alledem ergibt sich, dass die spanische Regelung den Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ in Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, da sie die privatrechtlichen Einrichtungen vom Anwendungsbereich der Regelung ausschließt, obwohl diese alle Voraussetzungen erfüllen können, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich dieser Richtlinien aufgeführt sind. 32 Daher ist der ersten Rüge der Kommission stattzugeben. Zur zweiten Rüge: Ausschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes Vorbringen der Parteien 33 Die Kommission stellt fest, dass das neugefasste Gesetz die Kooperationsvereinbarungen, die die allgemeine Staatsverwaltung mit der Sozialversicherung, den Autonomen Gemeinschaften, den Gebietskörperschaften, deren autonomen Einrichtungen und allen anderen öffentlichen Einrichtungen schließe oder die diese Einrichtungen untereinander schlössen, vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausnehme. Dieser absolute Ausschluss stelle eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37 dar, da einige dieser Vereinbarungen von gleicher Art wie die unter die Richtlinien fallenden öffentlichen Aufträge sein könnten. 34 Dieser Ausschluss sei in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht vorgesehen. 35 Die Kommission beruft sich auf die Definition des Auftrags in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinien 93/36 und 93/37 und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, nach der zum Nachweis eines Auftrags zu prüfen sei, ob eine Vereinbarung zwischen zwei verschiedenen Personen getroffen worden sei (Urteil vom 18. November 1999 in der Rechtssache C 107/98, Teckal, Slg. 1999, I 8121, Randnr. 49). Sie vertritt daher unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte die Meinung, dass Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungen Aufträge im Sinne der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten. 36 Die spanische Regierung trägt vor, dass die Vereinbarungen die normale Form der Beziehungen zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts seien. Diese Beziehungen beträfen den Markt am Rande. Im Übrigen sei fraglich, ob das Urteil Teckal richtig sei. Der Grundsatz in Artikel 6 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) sei in den anderen Richtlinien über öffentliche Aufträge implizit enthalten. Würdigung durch den Gerichtshof 37 Nach den Definitionen in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinien 93/36 und 93/37 setzt ein öffentlicher Liefer oder Bauauftrag einen schriftlichen entgeltlichen Vertrag über den Kauf von Waren oder die Ausführung einer bestimmten Art von Arbeiten zwischen einem Lieferanten oder Unternehmer und einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b der genannten Richtlinien voraus. 38 Nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 genügt es grundsätzlich, dass der Vertrag zwischen einer Gebietskörperschaft und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person geschlossen wurde. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Gebietskörperschaft über die betreffende Person eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt und diese Person zugleich im Wesentlichen für die sie kontrollierende Gebietskörperschaft oder Gebietskörperschaften tätig ist (Urteil Teckal, Randnr. 50). 39 Aufgrund der Übereinstimmung, die zwischen den Definitionsmerkmalen eines Auftrags – abgesehen von dessen Gegenstand – in den Richtlinien 93/36 und 93/37 besteht, ist die im Urteil Teckal gefundene Lösung auf die von der Richtlinie 93/37 erfassten Vereinbarungen zwischen Verwaltungen anzuwenden. 40 Daher stellt die spanische Regelung im vorliegenden Fall eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37 dar, da sie die Beziehungen, gleich welcher Art, zwischen den öffentlichen Verwaltungen, ihren öffentlichen Einrichtungen und ganz allgemein den Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nicht gewerblicher Art sind, von vornherein vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes ausschließt. 41 Unter diesen Umständen ist der zweiten Rüge der Kommission stattzugeben. Zur dritten Rüge: Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei nicht in den Richtlinien 93/36 und 93/37 aufgeführten Fällen 42 Die Kommission ist der Ansicht, dass das neugefasste Gesetz die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht aufgeführten Fällen zulasse: für die Auftragsvergabe nach einem für erfolglos erklärten Verfahren und für die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter. Zum ersten Teil der dritten Rüge: Auftragsvergabe nach einem erfolglosen Verfahren Vorbringen der Parteien 43 Nach Ansicht der Kommission verstoßen die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes durch die Zulassung einer Erhöhung des ursprünglichen Angebotspreises um 10 % im Vergleich zum vorangegangenen offenen oder nicht offenen Verfahren gegen die Richtlinien 93/36 und 93/37, da sie eine grundlegende Änderung einer der ursprünglichen Bedingungen des Auftrags, nämlich des Preises, erlaubten. 44 Die Liste der Fälle, in denen das Verhandlungsverfahren angewandt werden könne, sei abschließend. Daher müsse der Begriff der nicht grundlegenden Änderung restriktiv ausgelegt werden. 45 Die spanische Regierung wirft der Kommission vor, sie habe nicht angegeben, welche Änderung des Preises als grundlegend zu betrachten sei und welche Erhöhung nicht so zu qualifizieren sei. Aus Gründen der Rechtssicherheit habe der spanische Gesetzgeber den unbestimmten Begriff „grundlegende Änderung der ursprünglichen Bedingungen des Vertrages“ konkret ausgefüllt. 46 Die Kommission wendet dagegen ein, dass sie im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage weder die Grenzen des Verstoßes bestimmen noch die Maßnahmen angeben müsse, die die beanstandete Vertragsverletzung beseitigen könnten. Überdies dürfe das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Klarstellung der in den Richtlinien enthaltenen Begriffe nicht zu deren Nichtanwendung führen. Würdigung durch den Gerichtshof 47 Wie sich insbesondere aus der zwölften Begründungserwägung der Richtlinie 93/36 und der achten Begründungserwägung der Richtlinie 93/37 ergibt, hat das erhandlungsverfahren Ausnahmecharakter und darf nur in bestimmten, genau festgelegten Fällen zur Anwendung gelangen. Aus diesem Grund bestimmen die Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 abschließend die Fälle, in denen das Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung angewandt werden kann. 48 Nach der Rechtsprechung sind die Ausnahmen von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der Rechte nach dem Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen (Urteile vom 18. Mai 1995 in der Rechtssache C-57/94, Kommission/Italien, Slg. 1995, I 1249, Randnr. 23, und vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-318/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I 1949, Randnr. 13). Die Mitgliedstaaten können daher weder Tatbestände für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens schaffen, die in den genannten Richtlinien nicht vorgesehen sind, noch die ausdrücklich in diesen Richtlinien vorgesehenen Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen, die die Anwendung des genannten Verfahrens erleichtern, da sie sonst die praktische Wirksamkeit der betreffenden Richtlinien beseitigen würden. 49 Im vorliegenden Fall lässt sich nicht abstreiten, dass die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes, soweit sie die Anwendung des Verhandlungsverfahrens zulassen, wenn ein Auftrag nicht in einem offenen oder nicht offenen Verfahren vergeben werden konnte oder die Bewerber nicht zum Vergabeverfahren zugelassen wurden, und die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags bis auf den Preis, der nicht um mehr als 10 % erhöht werden darf, nicht geändert wurden, die genannten Vorschriften der Richtlinien 93/36 und 93/37 um eine neue Bestimmung ergänzen, die sowohl die Tragweite als auch den Ausnahmecharakter beeinträchtigt. Denn eine solche Bestimmung kann nicht als unwesentliche Änderung der ursprünglichen Bedingungen der Aufträge im Sinne der Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 betrachtet werden. 50 Somit ist festzustellen, dass die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes die Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben. Zum zweiten Teil der dritten Rüge: Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter Vorbringen der Parteien 51 Die Kommission trägt vor, dass das Verfahren nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes gegen Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 verstoße, in dem die Anwendungsfälle des Verhandlungsverfahrens aufgezählt seien. 52 Im vorliegenden Fall sehe das spanische Recht die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung bei Gütern vor, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich erklärt worden sei. Die Anwendung dieses Verfahrens sei möglich, sofern der Mustertyp der Güter zuvor völlig unabhängig aufgrund einer Ausschreibung ausgewählt worden sei. 53 Die spanische Regierung trägt vor, dass die Ausschreibungen, die den Mustertyp der einheitlichen Güter bestimmen sollten, Rahmenverträgen ähnlich seien. 54 Zudem unterschieden sich die betreffenden Ausschreibungen in keiner Weise von der Vergabe nach einer Vereinbarung oder einem Rahmenvertrag gemäß einem anderen Artikel des neugefassten Gesetzes, zu denen die Kommission nicht Stellung genommen habe. Daher stimme der Artikel mit den Richtlinien über öffentliche Aufträge überein. 55 Unter Hinweis auf die Definition der Rahmenverträge trägt die Kommission vor, dass diese Verträge nicht unter die Richtlinie 93/36 fielen. Würdigung durch den Gerichtshof 56 Was die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes betrifft, so darf das Verhandlungsverfahren nur in den in Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 abschließend aufgezählten Fällen zur Anwendung gelangen. Absatz 4 dieses Artikels bestimmt im Übrigen: „In allen anderen Fällen vergibt der öffentliche Auftraggeber seine Lieferaufträge im offenen oder nicht offenen Verfahren.“ 57 Die vom spanischen Gesetzgeber eingeführte Bestimmung, um die es hier geht, entspricht weder dem in Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 genannten Fall noch einem der fünf in Absatz 3 dieses Artikels aufgezählten Fälle, in denen die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung ausdrücklich zugelassen ist. Im Übrigen fällt der Begriff „Rahmenvereinbarung“ unter diese Ausnahmen. 58 Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bestimmungen, die Ausnahmen von den Vorschriften zulassen, die die Wirksamkeit der Rechte nach dem Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen (Urteil vom 17. November 1993 in der Rechtssache C 71/92, Kommission/Spanien, Slg. 1993, I 5923, Randnr. 36). Es obliegt demnach den Mitgliedstaaten, nachzuweisen, dass ihre Rechtsvorschriften eine getreue Umsetzung der in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Tatbestände darstellen. Im vorliegenden Fall hat die spanische Regierung einen solchen Beweis nicht erbracht. 59 Soweit die betreffenden Rechtsvorschriften das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung in Verfahren, die Güter betreffen, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich erklärt wurde, zulassen, sofern der Mustertyp der Güter, um die es sich handelt, zuvor aufgrund einer Ausschreibung festgestellt worden ist, haben sie Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 nicht ordnungsgemäß umgesetzt. 60 Somit ist der dritten Rüge der Kommission stattzugeben. 61 Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist festzustellen, dass das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus den Richtlinien 93/36 und 93/37 verstoßen hat, indem es die Richtlinien nicht ordnungsgemäß in seine nationale Rechtsordnung umgesetzt hat, insbesondere – die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinien aufgeführt sind, vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes durch dessen Artikel 1 Absatz 3 ausgeschlossen hat, – in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des neugefassten Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne dieser Richtlinien sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und – in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses neugefassten Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat. Kosten 62 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Spanien in die Kosten beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.“ Hinweis: Wie Müller-Wrede, Malte/Greb, Klaus, Auslagerung kann helfen, Behördenspiegel 2005, 2/2005, S. 18, in Interpretation des Urteils feststellen, ist der generelle Ausschluß von Kooperationen vom Vergaberegime unzulässig ist. Das besagt aber nicht, daß Kooperationen nicht dann zulässig sind, sofern ein vergabefreies Eigengeschäft in Betracht kommt. Hierbei kommt es auf den Einzelfall an. In Deutschland existiert eine EU-rechtswidrige Vergabevorschrift nicht. Sofern diese (generelle Freistellungsvorschrift für Kooperationen öffentlicher Auftraggeber mit entsprechender vergaberechtsfreiem Raum) im Rahmen der Reform geplant war, ist dem durch die Entscheidung ein Riegel vorgeschrieben worden. Mit der möglichen Schaffung der zentralen Beschaffungsstellen (Einkaufsgemeinschaften) – vgl. Richtlinie 2004/18/EG Art. 1 (10) – Erwägungsgründe (15) – haben die hier angesprochenen Fragen nichts zu tun. Es geht vielmehr um Kooperationen mehrerer „öffentlicher Auftaggeber“ ohne Vergabeverfahren, die sich als Umgehung der Vergabeverfahren darstellen und nicht z. B. unter die Ausnahmen des § 100 II g) GWB fallen.

 

11.1.2005 – RS C-26/03 - www.europa.eu.int.de – Stadt Halle - aus für verkappte „Inhousegeschäfte“ (100-%-Tochter-GmbH – weitere GmbH mit 24,9-%-Anteilen in privater Hand – Auftragsvergabe an „Beteiligungsgesellschaft“ = Gesellschaft mit privater Beteiligung ohne Vergabeverfahren – rechtswidrige Vergabe unter Verstoß gegen Vorgaben der Richtlinien – vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 8.1.2003 – 1 Verg 7/02 – VergabeR 2003, 196 m. Anm. v. Schwenker/Hans Christian/Heinze, Florian = NZBau 2003, 224 – Entsorgung von Restabfällen - Nachprüfung von de-facto-Vergaben – Beginn des Vergabeverfahrens? – Vorlage an den EuGH – Voraussetzungen des Vergabeüberprüfungsverfahrens ab „Bekanntmachung“ (?) – Voraussetzungen eines „Inhouse-Geschäfts“ bei einem Vertrag über Dienstleistungen mit einer sog. Beteiligungsgesellschaft der öffentlichen Hand; vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 8.1.2003 – 1 Verg 7/02 – VergabeR 2003, 196 m. Anm. v. Schwenker/Hans Christian/Heinze, Florian = NZBau 2003, 224 – Entsorgung von Restabfällen - Nachprüfung von de-facto-Vergaben – Beginn des Vergabeverfahrens? –Vorlage an den EuGH – Voraussetzungen des Vergabeüberprüfungsverfahrens ab „Bekanntmachung“ (?) – Voraussetzungen eines „Inhouse-Geschäfts“ bei einem Vertrag über Dienstleistungen mit einer sog. Beteiligungsgesellschaft der öffentlichen Hand.

 

18.11.2004 – C-126/03 – Abfalltransport München – http//www.curia.int.de – öffentlicher Auftrag – öffentlicher Auftraggeber - Anhang IA – Verhandlungsverfahren – Katastrophe – zwingende Gründe – Beweislast für Ausnahmen - Voraussetzungen der Vergabe an Sub-/Nachunternehmer – Eignungsnachweise - Leitsatz: „Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge verstoßen, dass der Vertrag über den Abfalltransport von den Übergabestellen im Entsorgungsgebiet Donauwald zum Heizkraftwerk München-Nord von der Stadt München ohne Einhaltung der in Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 11 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahrensvorschriften vergeben wurde.“ – Wortlaut der Entscheidung (Hervorhebungen vom Verfasser): „1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) verstoßen hat, dass der Vertrag über den Abfalltransport von den Übergabestellen im Entsorgungsgebiet Donauwald (Deutschland) zum Heizkraftwerk München-Nord von der Stadt München (Deutschland) ohne Einhaltung der in Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 11 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahrensvorschriften vergeben wurde. Rechtlicher Rahmen 2 Nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50 gelten als „‚öffentliche Dienstleistungsaufträge‘ die zwischen einem Dienstleistungserbringer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge“, ausgenommen die in den Ziffern i bis ix dieser Vorschrift genannten Verträge. 3 Nach Artikel 1 Buchstabe b dieser Richtlinie gelten als „‚öffentliche Auftraggeber‘ der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen“. 4 Nach Artikel 8 der Richtlinie 92/50 werden „Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs IA sind, … nach den Vorschriften der Abschnitte III bis VI vergeben“.5 Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie 92/50 bestimmt, dass die Auftraggeber für die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge die in Artikel 1 Buchstaben d, e und f dieser Richtlinie bezeichneten offenen Verfahren, nicht offenen Verfahren und Verhandlungsverfahren anzuwenden haben. Sachverhalt und Vorverfahren 6 1997 schloss die Stadt München, Betreiberin des Heizkraftwerks München-Nord, einen Vertrag mit einem privaten Unternehmen, der Rethmann Entsorgungswirtschaft GmbH & Co. KG (im Folgenden: Rethmann), in dem sie sich verpflichtete, diesem Unternehmen den Transport der Abfälle von den Übergabestellen zum genannten Kraftwerk zu übertragen, falls sie den Zuschlag für den Auftrag zur Entsorgung der Abfälle im Entsorgungsgebiet Donauwald erhalte, den die Abfallwirtschaftsgesellschaft Donau-Wald mbH (im Folgenden: AWG-Donau-Wald) ausgeschrieben hatte und für den die Stadt München sich beworben hatte. 7 Die Stadt München erhielt den genannten Auftrag und übertrug Rethmann gemäß der mit dieser geschlossenen Vereinbarung den Transport der Abfälle, ohne dass die Vergabe dieser Tätigkeit Gegenstand einer nach der Richtlinie 92/50 vorgesehenen Ausschreibung gewesen wäre. 8 Nachdem die Kommission der Bundesrepublik Deutschland Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegeben hatte, sandte sie dieser am 25. Juli 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der ausgeführt wurde, dass der Vertrag über den Abfalltransport von den Übergabestellen im Entsorgungsgebiet Donauwald zum Heizkraftwerk München-Nord (im Folgenden: streitiger Auftrag) nach der Richtlinie 92/50 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften hätte ausgeschrieben werden müssen. Sie forderte die Bundesrepublik Deutschland auf, ihren Pflichten aus dem Gemeinschaftsrecht innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Stellungnahme nachzukommen. Nach der Antwort der deutschen Behörden vom 30. Oktober 2001, in der diese die Vertragsverletzung bestritten, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben. Zur Klage Zur Vertragsverletzung 9 Zur Begründung ihrer Klage macht die Kommission als einzige Rüge einen Verstoß gegen Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie 92/50 geltend, weil die Stadt München die Vergabe des streitigen Auftrags nicht ausgeschrieben habe. 10 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie 92/50 Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs IA sind, nach den Vorschriften der Abschnitte III bis VI dieser Richtlinie in einem offenen Verfahren, einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren im Sinne dieser Richtlinie zu vergeben sind. 11 Der Begriff „öffentliche Dienstleistungsaufträge“ wird in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50 definiert als die zwischen einem Dienstleistungserbringer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge. 12 Der Begriff „öffentliche Auftraggeber“ wird in Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 92/50 definiert als „der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen“. 13 Folglich sieht Artikel 8 in Verbindung mit den Artikeln 1 Buchstaben a und b sowie 11 Absatz 1 der Richtlinie 92/50 vor, dass zwischen einem Dienstleistungserbringer und einer Gebietskörperschaft geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge in einem offenen Verfahren, einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren im Sinne dieser Richtlinie zu vergeben sind, insoweit als ihr Gegenstand Dienstleistungen ihres Anhangs IA sind. 14 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der streitige Auftrag ein öffentlicher Auftrag im Sinne der Artikel 8 und 11 der Richtlinie 92/50 ist, der nach den Abschnitten III bis VI dieser Richtlinie hätte vergeben werden müssen. 15 Der zwischen der Stadt München und Rethmann geschlossene Vertrag, mit dem sich diese Gesellschaft dazu verpflichtete, den Abfalltransport von den Übergabestellen im Entsorgungsgebiet Donauwald zum Heizkraftwerk München-Nord durchzuführen, betrifft nämlich eine Dienstleistung nach Anhang IA der genannten Richtlinie, die ein Unternehmen einer Gebietskörperschaft erbringt. Es handelt sich daher um einen zwischen einem Dienstleistungserbringer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Vertrag. 16 In diesem Zusammenhang kann dem Vorbringen der deutschen Regierung, der streitige Auftrag sei kein öffentlicher Auftrag im Sinne der Artikel 8 und 11 der Richtlinie 92/50, nicht gefolgt werden. 17 Zunächst macht die deutsche Regierung geltend, dass die Stadt München in Bezug auf den streitigen Auftrag kein „öffentlicher Auftraggeber“ im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b der Richtlinie 92/50 sei und dass der Auftrag kein „öffentlicher Auftrag“ im Sinne des Artikels 1 Buchstabe a dieser Richtlinie sei. Der genannte Auftrag füge sich nicht in den Rahmen der im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten der Stadt München ein, sondern in den einer eindeutig davon verschiedenen und dem Wettbewerb unterliegenden unabhängigen wirtschaftlichen Tätigkeit, nämlich den Betrieb des Heizkraftwerks München-Nord. 18 Dem ist entgegenzuhalten, dass die lokalen Gebietskörperschaften nach Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 92/50 per Definition öffentliche Auftraggeber sind. Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass Artikel 1 Buchstabe a dieser Richtlinie nicht zwischen jenen Aufträgen unterscheidet, die ein öffentlicher Auftraggeber vergibt, um seine im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu erfüllen, und jenen Aufträgen, die in keinem Zusammenhang mit derartigen Aufgaben stehen (vgl. entsprechend zur Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge [ABl. L 199, S. 54] das Urteil vom 15. Januar 1998 in der Rechtssache C 44/96, Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Slg. 1998, I 73, Randnr. 32). Ohne Bedeutung ist auch, dass der öffentliche Auftraggeber selbst als Dienstleistungserbringer tätig sein will und dass der betreffende Auftrag in diesem Rahmen die Vergabe eines Teils der Tätigkeiten an einen Subunternehmer darstellt. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über die Wahl dieses Subunternehmers auf anderen als wirtschaftlichen Überlegungen beruht. Daraus folgt, dass der streitige Auftrag ungeachtet seiner Natur und seines Zusammenhangs einen „öffentlichen Auftrag“ im Sinne des Artikels 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50 darstellt. 19 Zu dem Argument, dass die von Rethmann erbrachte Abfalltransporttätigkeit letztlich Gegenstand einer Doppelausschreibung sei, genügt die Feststellung, dass diese Tätigkeit tatsächlich unter zwei verschiedene öffentliche Aufträge fällt – den von der Stadt München vergebenen und den von der AWG Donau-Wald vergebenen, der in einem weiteren Sinne die Abfallbeseitigung im Entsorgungsgebiet Donauwald betrifft –, die jeder für sich hätten ausgeschrieben werden müssen, und dass die Anwendung der Richtlinie 92/50 daher zwei aufeinander folgende Ausschreibungen der von Rethmann erbrachten Dienstleistungen erforderlich macht. 20 Zu dem Argument, dass im vorliegenden Fall keine öffentlichen Mittel der Stadt München verwendet worden seien, ist festzustellen, dass die Verwendung solcher Mittel kein konstitutives Element für das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags im Sinne der Artikel 8 und 11 der Richtlinie 92/50 ist. 21 Die deutsche Regierung trägt ferner vor, dass der streitige Auftrag als Auftrag zum Zweck der Weiterveräußerung an Dritte nach Artikel 1 Buchstabe a Ziffer ii der Richtlinie 92/50 in Verbindung mit Artikel 7 der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84) vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 ausgeschlossen sei. Wie der Generalanwalt in Nummer 34 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist hierzu festzustellen, dass Artikel 1 Buchstabe a Ziffer ii der Richtlinie 92/50 Aufträge von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt, die einen sachlichen Bezug zur Sektorenrichtlinie 93/38 haben, weil der Gemeinschaftsgesetzgeber wollte, dass diese Aufträge ausschließlich von der Richtlinie 93/38 erfasst werden. Die in Artikel 7 der Sektorenrichtlinie 93/38 vorgesehene Ausnahme ist daher nur anwendbar, wenn der streitige Auftrag in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt. Da dieser Auftrag nicht die in Artikel 2 Absatz 2 der Sektorenrichtlinie 93/38 genannten Tätigkeiten betrifft, kann die in Artikel 7 dieser Richtlinie vorgesehene Ausnahme im vorliegenden Fall aber nicht angewandt werden. 22 Zudem macht die deutsche Regierung geltend, dass es praktisch unmöglich gewesen sei, den streitigen Auftrag nach den Abschnitten III bis VI der Richtlinie 92/50 zu vergeben, da die Stadt München, um ihre Eignung im Sinne von Artikel 32 Absatz 2 Buchstaben c und h dieser Richtlinie im Ausschreibungsverfahren von AWG Donau-Wald nachzuweisen, bei der Hinterlegung des Angebots den Namen des Subunternehmers hätte mitteilen müssen. In der Tat obliegt einem Dienstleistungserbringer, der im Hinblick auf die Zulassung zu einem Vergabeverfahren auf die Leistungsfähigkeit von Einrichtungen oder Unternehmen verweist, mit denen er unmittelbar oder mittelbar verbunden ist, der Nachweis, dass er tatsächlich über die Mittel dieser Einrichtungen oder Unternehmen verfügt, die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind und die nicht ihm selbst gehören (in diesem Sinne Urteile vom 2. Dezember 1999 in der Rechtssache C 176/98, Holst Italia, Slg. 1999, I 8607, Randnr. 29; vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C 399/98, Ordine degli Architetti u. a., Slg. 2001, I 5409, Randnr. 92, und vom 18. März 2004 in der Rechtssache C 314/01, Siemens und ARGE Telekom, Slg. 2004, I 0000, Randnr. 44). Im vorliegenden Fall wäre es für die Stadt München aber auf jeden Fall möglich gewesen, ein beschleunigtes nicht offenes Verfahren nach Artikel 20 der Richtlinie 92/50 zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung und der Hinterlegung ihres Angebots durchzuführen. 23 Die deutsche Regierung trägt vor, dass der streitige Auftrag nach Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe d der Richtlinie 92/50 im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung hätte vergeben werden können. Hierzu ist daran zu erinnern, dass Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 92/50 als Ausnahme von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der durch den EG-Vertrag im Bereich der öffentlichen Dienstleistungsaufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, eng auszulegen ist und dass die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, demjenigen obliegt, der sich auf sie berufen will (vgl. Urteil vom 10. April 2003 in den Rechtssachen C 20/01 und C 28/01, Kommission/Deutschland, Slg. 2003, I 3609, Randnr. 58). Der genannte Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe d ist daher nur anwendbar, wenn kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sind. Es müssen ein unvorhersehbares Ereignis, dringliche und zwingende Gründe, die die Einhaltung der in anderen Verfahren vorgeschriebenen Fristen nicht zulassen, und ein Kausalzusammenhang zwischen dem unvorhersehbaren Ereignis und den sich daraus ergebenden dringlichen, zwingenden Gründen gegeben sein (vgl. zur Richtlinie 71/305/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge [ABl. L 185, S. 5] die Urteile vom 2. August 1993 in der Rechtssache C 107/92, Kommission/Italien, Slg. 1993, I 4655, Randnr. 12, und vom 28. März 1996 in der Rechtssache C 318/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I 1949, Randnr. 14). Im vorliegenden Fall wäre es der Stadt München allerdings möglich gewesen, wie in Randnummer 22 dieses Urteils festgestellt wurde, ein beschleunigtes nicht offenes Verfahren durchzuführen (vgl. zur Richtlinie 71/305 die Urteile vom 18. März 1992 in der Rechtssache C 24/91, Kommission/Spanien, Slg. 1992, I 1989, Randnr. 14, und Kommission/Italien, Randnr. 13). Folglich hat die Bundesrepublik Deutschland nicht nachgewiesen, dass eine zwingende Dringlichkeit vorlag. 24 Nach alledem ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50 verstoßen hat, dass der Vertrag über den Abfalltransport von den Übergabestellen im Entsorgungsgebiet Donauwald zum Heizkraftwerk München-Nord von der Stadt München ohne Einhaltung der in Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 11 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahrensvorschriften vergeben wurde. Zu den Folgen eines eine Vertragsverletzung feststellenden Urteils 25 Die deutsche Regierung trägt vor, dass die Bundesrepublik Deutschland, falls die Vertragsverletzung festgestellt werden sollte, nicht verpflichtet wäre, den bereits geschlossenen Vertrag zu beenden. 26 Hierzu genügt der Hinweis, dass zwar der Gerichtshof im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 EG nur festzustellen hat, dass eine gemeinschaftliche Vorschrift verletzt wurde, dass aber nach Artikel 228 Absatz 1 EG der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen zu ergreifen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergeben. Kosten 27 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.“ – Hinweise: Zum einen ist anzumerken, daß der EuGH nicht geprüft hat (weil nicht von den EU-Kommission beanstandet), ob die Stadt München sich überhaupt als Bieter betätigen dürfte (Grenzen der kommunalen erwerbswirtschaftlichen Betätigung, öffentlicher Auftraggeber als Bieter (?!). Die sonstigen Ausführungen sind zutreffend. Die Stadt München ist auch nach nationalem Recht öffentlicher Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 1 GWB. Es handelt sich im übrigen auch um einen öffentlichen Auftrag nach § 99 IV GWB. Die Vergabe an Nachunternehmer ist grundsätzlich zulässig. Das Transparenzgebot erfordert allerdings, daß die entsprechenden Vorgaben in der Bekanntmachung bzw. in den Verdingungsunterlagen genannt werden, damit die Bieter beurteilen können, ob sie mit ihrem Angebot Erfolg haben können. Das ist hier freilich nicht die Frage, die entschieden worden ist,. Vielmehr geht es nur darum, daß die Leistung durch Nachunternehmer und geeignetem Nachweis erbracht werden kann – Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung. Wie bereits in früheren Entscheidungen belastet der EuGH schließlich auch hier den Auftraggeber mit dem Nachweis der „zwingenden Dringlichkeit“ i.S.d. § 3 a Nr. 2 d) VOL/A. Der Charakter der Ausnahmeregelung wird hervorgehoben, ebenso die Grundsätze der engen Auslegung. Immerhin führt der EuGH, aaO, auch aus: „Im vorliegenden Fall wäre es für die Stadt München aber auf jeden Fall möglich gewesen, ein beschleunigtes nicht offenes Verfahren nach Artikel 20 der Richtlinie 92/50 zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung und der Hinterlegung ihres Angebots durchzuführen.“ – Das bedeutet, dass er offensichtlich ein begründetes Nichtoffenes Verfahren nach § 3a Nr. 1 I VOL/A i. V. m. § 3 Nr. 3 d) VOL/A („Dringlichkeit“) für zulässig hält. Von Bedeutung ist freilich ferner, daß zum Nachweis der „zwingenden Dringlichkeit“ offensichtlich gehört, daß eine andere Vergabeart wie etwa das Nichtoffene Verfahren nachweisbar nicht durchgeführt werden kann. Damit wird letztlich der Vorrang des Offenen und Nichtoffenen Verfahrens vor dem Verhandlungsverfahren betont, was aber nichts damit zu tun hat, wie man logischerweise bei der Prüfung vorgeht (von der Ausnahme zur Regel – also zunächst Prüfung der Ausnahmen nach § 3 a Nr. 2 VOL/A, sodann § 3 a Nr. 1 IV, sodann § 3 Nr. 1 I (Nichtoffenes) und § 3 Nr. 1 I (Offenes Verfahren). Die rechtliche Prüfung ändert am „Vorrang“ bestimmter Vergabearten nichts - so auch im nationalen Verfahren (1. § 3 Nr. 4, 2. § 3 Nr. 3 und sodann § 3 Nr. 1 VOL/A). Das wird vielfach fälschlicherweise anders gesehen. Die rechtliche Prüfung von der Ausnahme zur Regel beherrscht sämtliche Gesetzesbestimmungen (Sondervorschrift verdrängt allgemeine Bestimmung – vgl. BGB). Der Vorrang einer bestimmten Vergabeart (Öffentliche, Beschränkte und Freihändige Vergabe – Offenes, Nichtoffenes und Verhandlungsverfahren) wird dadurch grundsätzlich nicht berührt. Greifen die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift ein, ist sie grundsätzlich auch anzuwenden. Eine andere Ansicht macht haushalts- und vergaberechtlich keinen Sinn. Von besonderer Bedeutung ist ferner, daß Deutschland den rechtswidrigen Zustand (vgl. o. Anm. 26 des EuGH) zu beseitigen hat. Das wird letztlich dazu führen müssen, daß der geschlossene vergaberechtswidrige Vertrag vorzeitig zu beenden (Kündigung wegen wichtigen Grundes? Oder Kündigung nach § 649 BGB?) ist. Die hier auf die Stadt München zukommenden praktischen („Zwischenausschreibung“ für eine kurze Übergangszeit unterhalb der Schwellenwerte und gleichzeitig durchzuführendes EU-Verfahren nach Kündigung) und theoretischen Probleme (Vertragsbeendigung und Folgen?!) sollten dazu angetan sein, die Unterlassung entsprechender Vergabeverfahren zukünftig noch ernsthafter zu prüfen und die schwerwiegenden Folgen zu vermeiden. Ferner dürfte die Bundesrepublik einen Regressanspruch gegen diejenigen haben, die gegen EG-Recht verstoßen haben, soweit es um die Kosten im Verfahren vor dem EuGH geht.




1. Weitere Entscheidungen 2003-2004
Einige Literaturhinweise
EuGH – Bartl, Harald, Zur falschen Praxis bei Nebenangeboten und Änderungsvorschlägen, WRP 2004, 712 – der Beitrag befasst mit den Auswirkungen der EuGH-Entscheidung, Urt. v. 16.10.2003 – Rs – C 421/01 – Traunfellner“ – VergabeR 2004, 50 – Vorschläge zur Vorgehensweise in der Praxis
EuGH – Dederichs, Marlene, Die Methodik des EuGH, 2004, Nomos Verlag
EuGH - Fischer, Hans Georg, Die Rechtsprechung des EuGH im Jahr 2002, 2. Teil, RiA 2003, 276
EuGH – Kaiser, Christoph, Der EuGH und der Anspruch auf rechtliches Gehör, NZBau 2004, 139
EuGH - Krohn, Sturm/Fink, Die europäische Rechtsprechung zum Vergaberecht, 2003, Berliner Wissenschaftsverlag
EuGH – Rapp-Lücke, Juliane S., Das rechtliche Verhältnis zwischen dem Streitbeilegungsgremium der Welthandelsorganisation und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, 2004, Nomos-Verlag
EuGH – Schneevogl, Kai-Uwe, Generalübernehmervergabe – Paradigmenwechsel im Vergaberecht, NZBau 2004, 418
EuGH – Sturm, Oliver/Fink, Christian, Die europäische Rechtsprechung zum Vergaberecht, Entscheidungen des EuGH und EuGH 1. Instanz zu den Vergaberichtlinien, 2003, Berliner Wissenschaftsverlag
EuGH - Taraschka, Klaus, „Auslandsübermittlung“ personenbezogener Daten im Internet – Auswirkungen des Urtteils des EuGH v. 6.11.2003 – Rs. C 101/01 (CR 2004, 286) – Bodil Lindquist auf die Auslegung deutschen Rechts, CR 2004, 280 –
EuGH - Zellhofer, Georg, Der Wettbewerb auf den Europäischen Schienenverkehrsmärkten, Eine Analyse der Liberalisierungsrichtlinien und der wettbewerbsrechtlichen Entscheidungspraxis der EG im Schienenverkehr, 2003, Berliner Wissenschaftsverlag
Entscheidungen
EuGH, Beschl. v. 16.10.2003 – Rs C 244/02 – Kauppatalo - VergabeR 2004, 592 – m. Anm. v. Leinemann, Ralf – Aufhebung des Verfahrens (Zuschlag an den billigsten Bieter wäre wegen der weiteren Kosten <Lieferantenwechsel hinsichtlich Strom> nicht wirtschaftlich gewesen) – Finnland: keine weiteren Vorschriften über die Informationspflicht hinaus (anders im deutschen Recht – vgl. § 26 VOL/A bzw. VOB/A) – Abbruch des Vergabeverfahrens infolge von eigenen Fehlern zulässig /in den Verdingungsunterlagen hätten neben dem Preis weitere Kriterien vorgesehen werden müssen, um zu einem wirtschaftlichsten Angebot zu gelangen – Hinweis: Fehler in Verdingungsunterlagen können im nachhinein nur noch schwerlich korrigiert werden (z. B. bei rechtzeitigen Auskunftsverlangen und rechtzeitiger Richtigstellung einschließlich Bekanntgabe an alle Bieter etc. gleichzeitig - § 17 Nr. 6 VOL/A). Im Grunde geht es hier – wie auch ansonsten – immer wieder um eine entsprechende Marktübersicht, die im Grunde einschließlich der Preis- und Kostenschätzung derartige Fehler vermeiden würde, deren Fehlen aber auch dazu führen kann, dass wirtschaftliche Varianten übersehen werden.
EuGH, Urt. v. 1.4.2003 – C 237=2 - BauR 2004, 1139 – Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel Sache der nationalen Gerichte – Vorlage des BGH zu einer Zinsklausel
EuGH, Urt. v. 1.4.2004 – C 237/02 – NZBau 2004, 321 - Freiburger Kommunalbauten – Missbrauchskontrolle einzelner Klauseln: Sache der nationalen Gerichte
EuGH, Urt. v. 1.4.2004 – C-237/02 – Freiburger Kommunalbauten - NJW 2004, 1647 = ZIP 2004, 1053 – Bauträgervertragsklausel – Vorlage des BGH an den EuGH – Kriterien für Missbräuchlichkeit i.S.v. Art. 3 I Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – keine Äußerung des EuGH zur Anwendung der allgemeinen Kriterien – Sache der nationalen Gerichte (vgl. auch Anm. v. Freitag EWiR Art. 3 RL 93/13/EG 1 / 4, 397)
EuGH, Urt. v. 12.2.2004 – Rs C-230/02 - VergabeR 2004, 315, m. Anm v. Michaels, Sascha – „Grossmann“ – Österreich – 1. Vergabeverfahren „widerrufen“ – 2. Vergabeverfahren ohne Beteiligung des Bieters/Antragstellers – gleichwohl Antrag des nicht bietenden Bewerbers auf Nachprüfung – Zurückweisung des Antrags: Nichtbeteiligung am Wettbewerb, keine Angebotsabgabe – Beschwerde beim österreichischen Verfassungsgericht: Vorlage an EuGH – Vorschriften, die einen Bieter ausschließen, stehen den Richtlinien 89/665/EWG und 92/50/EWG jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Bieter wegen angeblicher diskriminierender Spezifikationen sich nicht in der Lage sieht, die Gesamtheit der ausgeschriebenen Leistungen zu erbringen und vor Erteilung des Zuschlags keine Nachprüfung der genannten Spezifikationen eingeleitet hat – Teilnahme an einem Vergabeverfahren als Voraussetzung für die Antragsbefugnis (so in Deutschland - § 107 II GWB) zulässig – aber bei Diskriminierung durch Spezifikationen: Recht zur Einleitung des Nachprüfungsverfahrens „noch bevor das Vergabeverfahren für den betreffenden öffentlichen Auftraggeber abgeschlossen ist.“ – es kann nicht verlangt werden, dass ein (aus der Sicht des Interessenten „diskriminiertes“) Unternehmen eine Angebot ohne Erfolgsaussicht vorlegt, sondern Recht auf Überprüfung vor Abschluß des Verfahrens – kein Ergreifen einer Überprüfungsmaßnahme durch potentiellen Bieter und keine Angebotsvorlage: statt dessen Abwarten der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung und sodann Beantragung eines Überprüfungsverfahrens – hieraus kann auf mangelndes Interesse am Auftrag geschlossen werden: Ausschluss zulässig (kein Verstoß gegen o.a. Richtlinien) – allerdings nicht zulässig: Vorschaltung einer Schlichtungsstelle und Pflicht zur Anrufung: dies „widerspräche jedoch den Beschleunigungs- und Effizienzzielen dieser Richtlinie.“ – bei Unterlassung der Anrufung der Schlichtungsstelle insofern kein Wegfall des Interesses am Auftrag – Hinweis (wie Michaels, aaO, i. d. zutreffenden Anm.) – Interessenten – potentielle Bieter – müssen bei Annahme einer diskriminierenden „Spezifikation“ (Leistungsbeschreibung etc.) am besten schnellstmöglich reagieren, wenn sie Erfolg haben wollen. Der Auftraggeber – Vergabestelle – hat ein legitimes Interesse an einer schnellen Klärung (Beschleunigungs- und Effizienzprinzip – vgl. auch EuGH, Urt. v. 12.12.2002 – Rs C-470/99 - NZBau 2002, 162 – Universale Bau). Dies bedeutet, dass entweder ein Angebot abzugeben ist oder darzulegen ist, aus welchen Gründen eine Angebotsabgabe infolge Diskriminierung nicht in Betracht kommt. Andernfalls entfällt die Antragsbefugnis. Wer in diesen Fällen auf das eine wie das andere verzichtet, kann nicht in einem Überprüfungsverfahren erfolgreich sein. Hinzukommt im übrigen noch die Pflicht zur unverzüglichen Rüge nach § 107 III GWB. Die Hürden für Bieter und Bewerber sind folglich in der Praxis sehr hoch. Dem entspricht es, dass eine Vielzahl von Anträgen entweder wegen fehlender Antragsbefugnis oder aber auch nach § 107 III GWB keinen Erfolg hat. Das mag zwar nicht bieterfreundlich sein, entspricht aber noch den einschlägigen Richtlinien. Seit dem Inkrafttreten des § 107 II, III GWB hat sich die Zahl er Vergabeüberprüfungsverfahren ganz erheblich reduziert (vgl. die Zahlen pro Jahr bis 1998 und danach).
EuGH, Urt. v. 13.11.2003 – C-153/02 - NJW 2004, 1584 (Ls.) = EuZW 2004, 120 – Voraussetzung der Anerkennung von Hochschuldiplomen – Art. 43 EGV
EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – C-252/00 - VergabeR 2004, 56 – Belgien = NZBau 2004, 281 – Küstenbeobachtung – Sicherheitsbereich (Luftaufnahmen: militärische Anlagen der NATO betroffen) – keine Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie – Ausnahme vom Vergaberegime- vergabefreie Beauftragung (Sicherheitsinteresse) - zunächst Vergabe der luftfotografischen Beobachtung der belgischen Küste im Nichtoffenen Verfahren(1988), dann Verlängerung des Vertrags um 6 Jahre, 1995: Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit Volumen von 534.000.000 BEF – Abmahnung durch EU-Kommission wegen fehlenden Vorinformationsverfahrens und fehlender Bekanntmachung – sodann Klagerhebung durch EU-Kommission – Art. 2 II Richtlinie 92/50: keine Anwendung bei Erforderlichkeit besonderer Sicherheitsmaßnahmen nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betroffenen Mitgliedsstaates – Verantwortlichkeit Belgiens für die Gewährleistung der Sicherheit der nationalen Einrichtungen und der im Staatsgebiet anzutreffenden Einrichtungen wie der NATO – Luftaufnahmen müssen belgischen Sicherheitsbehörden zur Überprüfung vorgelegt, sofern das ausführende Unternehmen keine Sicherheitsbescheinigung besitzt, das die als geheim klassifizierten Stätten selbst vor Verbreitung der Aufnahmen unkenntlich macht – Voraussetzungen für Sicherheitsbescheinigungen im einzelnen geregelt – „Insgesamt ergibt sich aus den belgischen Vorschriften....., daß die Ausführung der Dienstleistungen, die Gegenstand des fraglichen Auftrags sind, besondere Sicherheitsmaßnahmen i. S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/50 erfordert, zu denen die Erteilung einer militärischen Sicherheitsbescheinigung an das die Dienstleistungen erbringende Unternehmen gehört.“ – Klagabweisung - vgl. die weiterführende Anm. v. Schabel, Thomas, unter Hinweis auf die Entscheidungen des Vergabeüberwachungsausschusses des Bundes, Beschl. v. 10.12.1997 – 1 VÜ 17/97 – ZgVR 1998, 401 – Trägheitsnavigationsgerät für Bundesmarine – sowie OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.34.2003, WUW 2003, 1114 = IBR 2003, 117. hierzu auch Hölzl, Franz Josef, Circumstances alter cases, NZBau 2004, 256.
EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – C-283/00 – SIEPSA - VergabeR 2004, 182, m. Anm. v. Schabel, Thomas – öffentlicher Auftraggeber – Aufgabe nicht gewerblicher Art – Ausschreibung eines Bauvorhabens (Experimentelle Erziehungs- und Strafvollzugsanstalt) – staatliche Gesellschaft in Form einer AG (SIEPSA): Gegenstand u.a. Amortisation und Errichtung von Strafvollzugsanstalten etc. – nach dem EuGH eindeutig öffentlicher Auftraggeber
EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – C-283/00 – SIEPSA - VergabeR 2004, 182, m. Anm. v. Schabel, Thomas – öffentlicher Auftraggeber – Aufgabe nicht gewerblicher Art – Ausschreibung eines Bauvorhabens (Experimentelle Erziehungs- und Strafvollzugsanstalt) – staatliche Gesellschaft in Form einer AG (SIEPSA): Gegenstand u.a. Amortisation und Errichtung von Strafvollzugsanstalten etc. – nach dem EuGH eindeutig öffentlicher Auftraggeber
EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – C-421/01 - NZBau 2004, 279 – Traunfellner – Nebenangebote/Änderungsvorschläge – Mindestanforderungen in Bekanntmachung – nicht ausreichend Verweisung auf nationale Vorschrift – Transparenzgebot – VergabeR 2004, 50, m. weiterführender Anm. für die Praxis von Opitz, Marc – Ausschreibung: Betondecke – Änderungsvorschlag: Bitumendecke für Straßenbau - Mindestanforderung in Vergabeunterlagen: zweischichtige Betondecke mit Oberbetonqualität – Zulassung von Alternativangeboten ohne ausdrückliche Festlegungen der technischen Mindestanforderungen - Vorgabe lediglich: Vorlage eines zusätzlichen ausgefüllten vollständigen ausschreibungsgemässen Leistungsverzeichnisses (Hauptangebot) – keine Beurteilung der wirtschaftlichen und technischen Qualität – keine Festlegung der Erfüllung der Voraussetzungen für eine gleichwertige Leistung oder der Voraussetzungen für eine gleichwertige Leistung, lediglich Verweise auf § 42 ÖBVergG (keine völlig dem deutschen Vergaberecht entsprechende Bestimmung, lediglich ähnliche Bestimmungen wie z.B. §§ 21 Nr. 2 S. 1, 25 Nr. 5 VOB/A bzw. 25 Nr. 4 VOL/A) Grenzen der Rechtsprechung des EuGH (Art. 234 EG): EuGH ist nur befugt zur Äußerung der Auslegung oder zur Gültigkeit einer Gemeinschaftsvorschrift, Sache des nationalen Gerichts, „die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auf den konkreten Fall anzuwenden.“ – nach dem Wortlaut der Richtlinie 93/37/EWG (Art. 19 II ) bei nicht ausgeschlossenen Änderungsvorschlägen Pflicht zur Erläuterung der Mindestanforderungen, „die diese Änderungsvorschläge erfüllen müssen.“ – eine in den Verdingungsunterlagen enthaltene Verweisung auf eine nationale Vorschrift reicht nicht aus, nicht richtlinienkonform - Zuschlagskriterien nach Art. 30 der Richtlinie nur auf solche Änderungsvorschläge anwendbar, die vom Auftrageber im Einklang mit Art. 19 der Richtlinie „berücksichtigt worden sind.“ – weitere gestellte Fragen des österreichischen Bundesvergabeamts hypothetischer Natur und daher nicht zulässig (hier Auswirkungen der Regelwidrigkeiten in bezug auf Änderungsvorschläge auf den weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens) – hierzu auch Bartl, Harald, Zur falschen Praxis bei Nebenangeboten und Änderungsvorschlägen, WRP 2004, Heft 6; ferner Wagner, Volkmar/Steinkemper, Ursula, Bedingungen für die Berücksichtigung von Nebenangeboten und Änderungsvorschlägen, NZBau 2004, 253 – Besprechung EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – C-421/01 – Traunfellner – teils kritisch zur EuGH-Rechtsprechung (Vorgabe der Mindestvoraussetzungen fördert (angeblich) nicht die Kreativität des innovativen Bieters.
EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – Rs. C-252/01 – Luftfotografie - VergabeR 2004, 56 – Belgien – vergabefreie Beauftragung (Sicherheitsinteresse) - zunächst Vergabe der luftfotografischen Beobachtung der belgischen Küste im Nichtoffenen Verfahren(1988), dann Verlängerung des Vertrags um 6 Jahre, 1995: Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit Volumen von 534.000.000 BEF – Abmahnung durch EU-Kommission wegen fehlenden Vorinformationsverfahrens und fehlender Bekanntmachung – sodann Klagerhebung durch EU-Kommission – Art. 2 II Richtlinie 92/50: keine Anwendung bei Erforderlichkeit besonderer Sicherheitsmaßnahmen nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betroffenen Mitgliedsstaates – Verantwortlichkeit Belgiens für die Gewährleistung der Sicherheit der nationalen Einrichtungen und der im Staatsgebiet anzutreffenden Einrichtungen wie der NATO – Luftaufnahmen müssen belgischen Sicherheitsbehörden zur Überprüfung vorgelegt, sofern das ausführende Unternehmen keine Sicherheitsbescheinigung besitzt, das die als geheim klassifizierten Stätten selbst vor Verbreitung der Aufnahmen unkenntlich macht – Voraussetzungen für Sicherheitsbescheinigungen im einzelnen geregelt – „Insgesamt ergibt sich aus den belgischen Vorschriften....., daß die Ausführung der Dienstleistungen, die Gegenstand des fraglichen Auftrags sind, besondere Sicherheitsmaßnahmen i. S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/50 erfordert, zu denen die Erteilung einer militärischen Sicherheitsbescheinigung an das die Dienstleistungen erbringende Unternehmen gehört.“ – Klagabweisung - vgl. die weiterführende Anm. v. Schabel, Thomas, unter Hinweis auf die Entscheidungen des Vergabeüberwachungsausschusses des Bundes, Beschl. v. 10.12.1997 – 1 VÜ 17/97 – ZgVR 1998, 401 – Trägheitsnavigationsgerät für Bundesmarine – sowie OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.34.2003, WUW 2003, 1114 = IBR 2003, 117.
EuGH, Urt. v. 16.10.2003 – Rs. C-421/01 – „Traunfellner“ - VergabeR 2004, 50, m. weiterführender Anm. für die Praxis von Opitz, Marc – Ausschreibung: Betondecke – Änderungsvorschlag: Bitumendecke für Straßenbau - Mindestanforderung in Vergabeunterlagen: zweischichtige Betondecke mit Oberbetonqualität – Zulassung von Alternativangeboten ohne ausdrückliche Festlegungen der technischen Mindestanforderungen - Vorgabe lediglich: Vorlage eines zusätzlichen ausgefüllten vollständigen ausschreibungsgemässen Leistungsverzeichnisses (Hauptangebot) – keine Beurteilung der wirtschaftlichen und technischen Qualität – keine Festlegung der Erfüllung der Voraussetzungen für eine gleichwertige Leistung oder der Voraussetzungen für eine gleichwertige Leistung, lediglich Verweise auf § 42 ÖBVergG (keine völlig dem deutschen Vergaberecht entsprechende Bestimmung, lediglich ähnliche Bestimmungen wie z.B. §§ 21 Nr. 2 S. 1, 25 Nr. 5 VOB/A bzw. 25 Nr. 4 VOL/A) Grenzen der Rechtsprechung des EuGH (Art. 234 EG): EuGH ist nur befugt zur Äußerung der Auslegung oder zur Gültigkeit einer Gemeinschaftsvorschrift, Sache des nationalen Gerichts, „die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auf den konkreten Fall anzuwenden.“ – nach dem Wortlaut der Richtlinie 93/37/EWG (Art. 19 II ) bei nicht ausgeschlossenen Änderungsvorschlägen Pflicht zur Erläuterung der Mindestanforderungen, „die diese Änderungsvorschläge erfüllen müssen.“ – eine in den Verdingungsunterlagen enthaltene Verweisung auf eine nationale Vorschrift reicht nicht aus, nicht richtlinienkonform - Zuschlagskriterien nach Art. 30 der Richtlinie nur auf solche Änderungsvorschläge anwendbar, die vom Auftrageber im Einklang mit Art. 19 der Richtlinie „berücksichtigt worden sind.“ – weitere gestellte Fragen des österreichischen Bundesvergabeamts hypothetischer Natur und daher nicht zulässig (hier Auswirkungen der Regelwidrigkeiten in bezug auf Änderungsvorschläge auf den weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens).
EuGH, Urt. v. 18.3.2004 – C – 314/01 – Siemens AG Österreich, ARGE Telekom & Partner – Subunternehmereinsatzbeschränkung - VergabeR 2004, 465, m. Anm. v. Schabel, Thomas – Bewerbungsunterlagen: „Die Weitergabe von Teilen der Leistung ist bis zum Umfang von 30 % der Leistungen und nur soweit zulässig, als die vertragstypischen Leistungsteile Projektmanagement, Konzeption des Systems, Entwicklung, Aufbau, Lieferung und Betrieb der projektspezifischen zentralen Komponenten des Gesamtsystems, Entwicklung, Lieferung und Management des Lebenszyklus der Karten sowie Entwicklung und Lieferung der Endgeräte beim Bieter/der Bietergemeinschaft verbleiben.“ – aus der Entscheidung: „40. Diese Frage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob Artikel 2 Absatz 7 der Richtlinie 89/665 in Verbindung mit den Artikeln 25 und 32 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 92/50 dahin auszulegen ist, dass ein im Anschluss an ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Liefer- und Dienstleistungsauftrags geschlossener Vertrag, der womöglich wegen der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer Ausschreibungsbestimmung rechtswidrig ist, als nichtig anzusehen ist, weil das anwendbare nationale Recht die Nichtigkeit gesetzwidriger Verträge vorsieht. 41. Diese Frage beruht auf der Prämisse, dass eine Ausschreibungsbestimmung, die die Subvergabe wesentlicher Leistungsteile verbietet, gegen die Richtlinie 92/50 in der vom Gerichtshof in seinem Urteil Holst Italia vertretenen Auslegung verstößt. 42. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Richtlinie 92/50, die Behinderungen des freien Dienstleistungsverkehrs bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge verhindern soll, dem Bieter in Artikel 25 ausdrücklich die Möglichkeit einräumt, einen Teil des Auftrags an Dritte zu vergeben; nach dieser Bestimmung kann der Auftraggeber den Bieter nämlich auffordern, ihm in seinem Angebot den Teil des Auftrags bekannt zu geben, den er im Wege von Unteraufträgen zu vergeben gedenkt. Ferner sieht Artikel 32 Absatz 2 Buchstaben c und h der Richtlinie in Verbindung mit den qualitativen Auswahlkriterien ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Eignung des Dienstleistungserbringers durch Angaben über die technische Leitung oder die technischen Stellen, über die er zur Ausführung des Auftrags verfügt, nachzuweisen, unabhängig davon, ob sie dem Dienstleistungserbringer angeschlossen sind oder nicht, oder aber durch Angabe des Teils des Auftrags, den der Bieter gegebenenfalls im Wege von Unteraufträgen an Dritte zu vergeben gedenkt. 43. Wie der Gerichtshof in den Randnummern 26 und 27 des Urteils Holst Italia festgestellt hat, ergibt sich sowohl aus dem Zweck als auch aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen, dass eine Person nicht allein deshalb vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags ausgeschlossen werden kann, weil sie zur Ausführung des Auftrags Mittel einzusetzen beabsichtigt, die sie nicht selbst besitzt, sondern die einer oder mehreren anderen Einrichtungen gehören. Demnach steht es einem Dienstleistungserbringer, der nicht selbst die für die Teilnahme an dem Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrags erforderlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt, frei, sich gegenüber dem Auftraggeber auf die Leistungsfähigkeit Dritter zu berufen, die er in Anspruch nehmen will, wenn ihm der Zuschlag erteilt wird. 44. Allerdings hat der Dienstleistungserbringer, der im Hinblick auf seine Zulassung zu einem Vergabeverfahren auf die Leistungsfähigkeit von Einrichtungen oder Unternehmen verweisen will, zu denen er unmittelbare oder mittelbare Verbindungen hat, nachzuweisen, dass er tatsächlich über die diesen Einrichtungen oder Unternehmen zustehenden Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt (Urteil Holst Italia, Randnr. 29). 45. Wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu Recht ausgeführt hat, steht die Richtlinie 92/50 einem Verbot oder einer Einschränkung der Subvergabe für die Ausführung wesentlicher Teile des Auftrags nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber bei der Prüfung der Angebote und der Auswahl des Bestbieters die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Subunternehmer nicht hat prüfen können. 46. Nach alledem ist festzustellen, dass die Prämisse, auf der die zweite Frage beruht, nur dann zutreffend wäre, wenn nachgewiesen wäre, dass Punkt 1.8 der Ausschreibung bei der Prüfung der Angebote und der Auswahl des Auftragnehmers Letzterem die Subvergabe für die Ausführung wesentlicher Teile des Auftrags verbietet. Derjenige, der auf die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Dritter verweist, auf die er zurückgreifen möchte, wenn ihm der Auftrag erteilt wird, kann nämlich nur ausgeschlossen werden, wenn er nicht den Nachweis erbringen kann, dass er tatsächlich über diese Leistungsfähigkeit verfügt. 47. Nun bezieht sich Punkt 1.8 der Ausschreibung offensichtlich nicht auf die Prüfungs- und Auswahlphase des Vergabeverfahrens, sondern auf die Durchführungsphase, und er soll gerade verhindern, dass die Ausführung wesentlicher Leistungsteile an Einrichtungen vergeben wird, deren technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der öffentliche Auftraggeber bei der Auswahl des Auftragnehmers nicht hat prüfen können. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob dies der Fall ist. 48. Sollte sich herausstellen, dass eine Ausschreibungsklausel tatsächlich gegen die Richtlinie 92/50 verstößt, insbesondere durch ein rechtswidriges Verbot der Subvergabe, genügt der Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 7 der Richtlinie 89/665 die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen haben, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam und möglichst rasch nachgeprüft werden können, falls diese Entscheidungen gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht verstoßen haben sollten. 49. Im Falle einer mit dem gemeinschaftlichen Vergaberecht unvereinbaren Ausschreibungsklausel muss daher das innerstaatliche Recht des betreffenden Mitgliedstaats die Möglichkeit bieten, dies im Rahmen der durch die Richtlinie 89/665 vorgesehenen Nachprüfungsverfahren geltend zu machen. 50. Folglich ist die zweite Frage so zu beantworten, dass die Richtlinie 89/665, insbesondere ihre Artikel 1 Absatz 1 und 2 Absatz 7, dahin auszulegen ist, dass das innerstaatliche Recht der Mitgliedstaaten im Falle einer mit dem gemeinschaftlichen Vergaberecht unvereinbaren Ausschreibungsklausel die Möglichkeit bieten muss, dies im Rahmen der durch die Richtlinie 89/665 vorgesehenen Nachprüfungsverfahren geltend zu machen.“ – Hinweis: Die „Tricks“, mit denen in unberechtigten Fällen der Wettbewerb durch das partielle oder vollständige Verbot des Subunternehmereinsatzes eingeschränkt wird (zugunsten eines oder mehrerer Bieter), haben im Regelfall keine Chance. Problematisch sind auch die Festlegungen von Prozentzahlen wie hier von 30 % (aus welchen Gründen nicht 40 % oder 50 % oder 10 %?). Ferner der Bezug auf bestimmte Leistungen, die als Eigenleistung erbracht werden müssen. Mit Blick auf die Zulässigkeit der Generalübernehmerangebote, bei denen alle Leistungen durch Dritte erbracht werden, scheint sich die Vorgabe des EU-Rechts darin zu erschöpfen, daß Subunternehmer jedenfalls dann eingesetzt werden können, wenn der plausible Nachweis der tatsächlichen Verfügbarkeit durch den Bieter erbracht wird. Es stellen sich dann freilich die Frage nach der Information über diese Kriterien (Bekanntmachung, Verdingungsunterlagen?). Jedenfalls sollen auch die Bieter, die mit Subunternehmern arbeiten oder als Generalunter- bzw. Generalübernehmer anbieten, grundsätzlich zugelassen werden, sofern sie die entsprechenden Nachweise auf Anforderung oder entsprechend den Verdingungsunterlagen/Bekanntmachung nachweisbar erbringen können. Auf anderer Ebene liegt die Frage, ob aus sachlichen Gründen z.B. die Vergabe unabdingbar nur an eine Hand vergeben werden muß (keine Losaufteilung, Probleme im Bereich der Mängelhaftung und der Verantwortlichkeiten, überschneidende Leistungen etc.). Das hat aber nichts damit zu tun, wie der betreffende Bieter sodann seine Leistung erbringt – selbst oder mit Sub-/Nachunternehmern etc. Vergabestellen, die insofern entsprechende Vorgaben vorsehen, müssen in allen Fällen prüfen, ob entsprechende Anforderungen nachvollziehbar sachlich gerechtfertigt und notwendig sind; denn durch entsprechende Bewerbungsbedingungen wird der Kreis der potentiellen Bieter eingeschränkt. Die Anrufung der Vergabekammer steht sodann im Raum (Zeitverlust etc.).
EuGH, Urt. v. 18.3.2004 – C 314/01 - NZBau 2004, 340 – Vergabe an Generalübernehmer – Siemens/Arge Telekom – Konzeption, Planung und Aufbau eines EDV-Systems für Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger – Bewerberbedingungen: Weitervergabe von nur bis zu 30 % Leistungen sowie weitere Einschränkungen – Voraussetzungen Entscheidung im Fall der Vorlage: konkrete Auslegungsfrage, keine hypothetischen Gutachten – Verbot der Subvergabe wesentlicher Leistungsteile Verstoß gegen die Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs – Art. 25 Richtlinie 92/50/EWG räumt ausdrücklich die Möglichkeit zur Vergabe eines Teils der Leistungen an Subunternehmer – Möglichkeit zur Aufforderung durch Vergabestelle zur Bekanntgabe des weiter zu vergebenden Auftragsteils – ferner Art. 32 II c) und h) der Richtlinie 92/50/EWG: Möglichkeit des Nachweises „des Dienstleistungserbringers“ – „durch Angaben über die technische Leitung oder die technischen Stellen, über die er zur Ausführung des Auftrags verfügt, nachzuweisen, unabhängig davon, ob sie dem Dienstleistungserbringer angeschlossen sind oder nicht, oder aber durch Angabe des Teils des Auftrags, den der Bieter gegebenenfalls im Wege von Unteraufträgen an Dritte zu vergeben gedenkt.“ – „43. Wie der Gerichtshof in den Rdnrn. 26 und 27 des Urteils „Holst Italia“ (NZBau 2000, 149 = EuZW 2000, 110) festgestellt hat, ergibt sich sowohl aus dem Zweck als auch aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen, dass eine Person nicht allein deshalb vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags ausgeschlossen werden kann, weil sie die zur Ausführung des Auftrags Mittel einzusetzen beabsichtigt, die sie nicht selbst besitzt, sondern die einer oder mehreren anderen Einrichtungen gehören. Demnach steht es dem Dienstleistungserbringer, der nicht selbst die für die Teilnahme an dem Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrags erforderlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt, frei, sich gegenüber dem Auftraggeber auf die Leistungsfähigkeit Dritter zu berufen, die er in Anspruch nehmen will, wenn ihm der Zuschlag erteilt wird.“ „44. Allerdings hat der Dienstleistungserbringer, der im Hinblick auf seine Zulassung zu einem Vergabeverfahren auf die Leistungsfähigkeit von Einrichtungen oder Unternehmen verweisen will, zu denen er unmittelbare oder mittelbare Verbindungen hat, nachzuweisen, dass er tatsächlich über die diesen Einrichtungen oder Unternehmen zustehenden Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt (EuGH, NZBau 2000, 149 [150 Rdnr. 21] – „Holst Italia“.“ „45. Wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu Recht ausgeführt hat, steht die Richtlinie 92/50/EWG einem Verbot oder einer Einschränkung der Subvergabe für die Ausführung wesentlicher Teile des Auftrags nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber bei der Prüfung der Angebote und der Auswahl des Bestbieters die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Subunternehmer nicht hat prüfen können.“ – Ausschluß folglich nur dann, „wenn er nicht den Nachweis erbringen kann, dass er tatsächlich über diese Leistungsfähigkeit verfügt.“ – keine Vergabe an einen entsprechenden Leistungserbringer bei fehlender Prüfungsmöglichkeit für die Vergabestelle (Prüfung insofern Sache des nationalen Gerichts) – schnelle und wirksame Nachprüfbarkeit bei rechtswidrigen, gegen die Richtlinie 92/50/EWG verstoßenden Ausschreibungsklauseln muss in Nachprüfungsverfahren gegeben sein – Sicherstellung der Nachprüfungsmöglichkeit nach der Richtlinie 89/665/EWG. Hinweis: Neben der grundsätzlichen Entscheidung der Zulassung von Generalübernehmerangeboten stellen sich für die Praxis einige weitere Fragen: 1. Muss der Generalübernehmer gewissermaßen als Selbstverständlichkeit mit dem Angebot von sich aus diese Nachweise erbringen? 2. Oder reicht das aus, was üblicherweise in Bewerberbedingungen enthalten ist, zu erledigen (Angabe der Eigen- bzw. Fremdausführung)? 3. Muss die Vergabestelle in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen den Fall des Generalübernehmerangebots konkretisieren und aus Transparenzgründen insofern bereits die konkretisierten Anforderungen darstellen, damit die entsprechenden Unternehmer entscheiden können, ob sie teilnehmen oder nicht? 4. Wie ist zu verfahren, wenn in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen dieser Fall nicht behandelt ist? Gehört es zu den „selbstverständlichen Obliegenheiten“ des Generalübernehmers, dass er von selbst ohne Anforderung entsprechende Angaben und Nachweise dem Angebot beifügt? Kann ein Generalübernehmer „zunächst“ sein Angebot einreichen, ohne die entsprechenden Erklärungen abzugeben? 5. Welche Nachweise sind vorzulegen (unter der Bedingung des Zuschlags abgeschlossene Verträge?)? Reicht die Nachunternehmerliste aus? Generalübernehmern ist jedenfalls von vornherein zu empfehlen, die entsprechenden Angaben über die Subunternehmervergabe und die geeigneten Nachweise zur Ausführbarkeit vorzulegen, auch wenn in den Unterlagen der Vergabestelle hierzu nichts anzutreffen ist. Fest steht eigentlich nur, dass Generalübernehmer grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden können, dass ihr Ausschluss aber vorzunehmen ist, wenn die Nachweise jedenfalls auf Anforderung nicht vorgelegt werden. Dass die Vergabestelle die Nachweise anfordern muß, ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn sie die Voraussetzungen der Teilnahme bereits in den Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung konkretisiert hat. Ob man Vergabestellen, die insofern keinerlei Hinweise auf die Voraussetzungen der Teilnahme von Generalübernehmern in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen vorgesehen haben, Generalübernehmer ohne Weiteres aufzufordern, ist ebenfalls nicht klar; denn es könnte insofern ein unzulässiges Verhandeln vorliegen? Vgl. insofern VOL/aktuell 2/2004 (OLG Saarbrücken). Von Interesse wäre auch gewesen, wie die Sache insofern entschieden wird, als drei Bietergemeinschaften mit einem „gemeinsamen“ Mitglied (Austria Card) wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz des „Geheimwettbewerbs“ – hier infolge des Informationsaustausches in Frage gestellt – auszuschließen waren. Der Ablauf des Gesamtverfahrens (vgl. Sachverhalt der EuGH-Entscheidung, aaO) spricht im übrigen für sich. Offensichtlich begann das Vergabeverfahren etwa im Jahr 1999 oder 2000. Die Entscheidung des EuGH stammt vom März 2004. Ein Zuschlag konnte bislang wahrscheinlich nicht erfolgen. Die aus dem Jahr 1999 oder 2000 stammende Leistungsbeschreibung für ein EDV-System dürfte nach aller Erfahrung inzwischen vollständig überholt sein. Ob das Projekt jemals noch durchgeführt wird? Vgl. Flughafen Berlin! Zu allem auch Hausmann/Wendenburg, NZBau 2004, 315, sowie der demnächst erscheinende Beitrag von Bartl, Harald, Generalübernehmervergabe.
EuGH, Urt. v. 24.6.2004 – Rs C 212/02 – VergabeR 2004, 587, m. Anm. v. Opitz, Marc (teils kritisch) - Österreich – Landesvergabegesetze lassen nicht in jedem Fall eine Überprüfung der Entscheidung über den Zuschlag zu – Verstoß gegen die Rechtsmittelrichtlinien 89/665/EWG bzw. 92/13/EWG – Hinweis: Vielleicht trägt diese Entscheidung dazu bei, die Länder von der Verabschiedung zusätzlicher Landesvergabegesetze und weiteren –verordnungen abzuhalten. Hier könnte auf die Länder auch Kosten zukommen, wenn der Bund verurteilt wird.
EuGH, Urt. v. 26.6.2004 – C 212/02 – www.curia.int.de - Landesvergabegesetze der Länder Salzburg, Steiermark, Niederösterreich und Kärnten: Verstoß infolge nicht EU-rechskonformer Umsetzung (Überprüfung der Zuschlagsentscheidung) – Frage: § 13 VgV Eu-rechtskonform? Bieter statt Bewerber?
EuGH, Urt. v. 29.4.2004 – Rs C-277/00 – ZIP 2004, 1013 – SMI – Beihilfe – rechtswidrig gezahlte Beihilfen und Haftung des Erwerbers zum Marktpreis – Auffanggesellschaft – Insolvenz
EuGH, Urt. v. 4.12.2003 – Rs C-448/01 – „Wienstrom“ - VergabeR 2004, 36, m. Anm. Hübner, Alexander – Voraussetzung vergabefremder Kriterien bei Ausschreibungen von Stromlieferungen Österreich - Offenes Verfahren – Rahmenvertrag – Bekanntmachung: „Wirtschaftlich günstigstes Angebot nach den folgenden Kriterien: Umweltgerechtigkeit der Leistungen gemäß Ausschreibungsunterlagen.“ – Nettopreis pro Kilowattstunde zu 55 %, zu 45 % aus erneuerbaren Energien bei Berücksichtigung nur der Menge der Energieträger, die über 22, 5 Gigawattstunden hinausgehen – Umweltschutzkriterien können bei entsprechender Bekanntmachung, Beachtung aller wesentlichen Punkte des Gemeinschaftsrechts und insbesondere des Diskriminierungsverbots berücksichtigt werden (vgl. EuGH, Concordia-Bus) – Entscheidungskriterien sind Sache des Auftraggebers – aber: diese Kriterien dürfen dem Auftraggeber keine uneingeschränkte Entscheidungsgewalt einräumen; ferner müssen die Kriterien alle verfahrensrechtlichen Bestimmungen und alle wesentlichen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten – grundsätzliche Freiheit bei Festlegung und Gewichtung der Kriterien für Auftraggeber – mit Blick auf die Förderung erneuerbarer Energien im Binnenmarkt und der Bedeutung ist die Gewichtung von 45 % kein Hindernis und damit zulässig – Problem der Kontrolle der Einhaltung des Anteils erneuerbarer Energien am gelieferten Strom – das Kriterium setzt voraus, dass der Auftraggeber zu einer objektiven und transparenten Bewertung der Angebote anhand der Unterlagen etc. der Angebote in der Lage ist : Ziff. 51: „Wenn daher ein öffentlicher Auftraggeber ein Zuschlagskriterium festlegt und dabei angibt, dass er weder bereit noch in der Lage ist, die Richtigkeit der Angaben der Bieter zu prüfen, so verstößt er gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, denn ein solches Kriterium gewährleistet nicht die Transparenz und die Objektivität des Vergabeverfahrens.“ – Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht infolge fehlender Kontrollmöglichkeit (allein das Nichterreichen des angestrebten Ziels steht einer Zulässigkeit für sich nicht entgegen) – Zur Nichtfestlegung des Liefertermins und Liefermenge: Unzulässigkeit, sofern Erschwerung oder Unmöglichkeit für Bieter, „die genaue Bedeutung des in Rede stehenden Kriteriums zu erfassen und es demgemäß in der gleichen Weise auszulegen.“ (Sache der Entscheidung des nationalen Gerichts hinsichtlich der Klarheit des Kriteriums für Gleichbehandlung und Transparenz) – Punktezuschlag für die Lieferung bzw. Menge an erneuerbaren Energien an einen nicht näher eingegrenzten Abnehmerkreis bei Wertung nur der Menge, die das Auftragsvolumen überschreitet: kein Zusammenhang mit dem ausgeschriebenen Auftrag, diskriminierend aber auch, weil Bevorzugung größerer Lieferanten im Vergleich mit anderen Lieferanten, die im übrigen die sonstigen Bestimmungen erfüllen – Unzulässigkeit hypothetischer Fragestellungen, die mit den zur Entscheidung anstehenden Verfahren nicht zusammenhängen – Pflicht zum Widerruf öffentlicher Ausschreibung bei rechtswidrigem Zuschlagskriterien: bei Feststellung der Nichtigkeit infolge rechtswidriger Zuschlagskriterien durch Überprüfungsinstanz – Hinweis: Wie bereits in früheren Anmerkungen mehrfach ausgeführt, sind Wertungskriterien neben dem Preis – insbesondere Punktesystem bedenklich. Zum einen entsteht das Problem der „Gewichtung“ von Preis neben dem weiteren Punktsystem (Prozentsatz – Begründung?) – zum anderen stellt sich die Frage, wofür es wie welche Punkte geben soll, also die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der „Punkteverteilerei“ (Raster, Aufbau, Punktzuweisung). Die meisten „Systeme“ dieser Art kranken daran, dass Eignung, Transparenz und Nachvollziehbarkeit fehlen. Dadurch werden Überprüfungsverfahren gerade auch bei Großaufträgen, bei denen es die nichtberücksichtigten „wissen wollen“, provoziert. Zeitverlust und zusätzliche Belastungen sind infolge der Dauer des möglichen Überprüfungsverfahrens die Folge.
EuGH, Urt. v. 5.2.2004 – C-157/02 – Rieser Internationale Transport GmbH./.Autobahnen-Schnellstraßen-Finanzierungs-AG – Asfinag - NJW 2004, 2008 (Ls.) = NVwZ 2004, 715 = EuZW 2004, 279 – Folgen der unterbliebenen oder unvollständigen Umsetzung der Rechtlinien 93/89/EWG – 1999/62/EG
EuGH, Urt. v. 9.9.2004 – C-125/03 NZBau 2002, 563 – Vergabe von Müllentsorgung ohne öffentliche Aufträge – de-facto-Vergabe – Bundesrepublik hat gegen die Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50/EWG v. 18.6.1992 dadurch verstoßen, „ dass die von den Städten Lüdinghausen und Olfen sowie den Gemeinden Nordkirchen, Senden und Ascheberg abgeschlossenen Müllentsorgungsverträge ohne Einhaltung der ...... vorgesehenen Bekanntmachungsvorschriften vergeben wurden.“ „12. Wenngleich der Gerichtshof im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge entschieden hat, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission gesetzten Frist ein Verstoß dann nicht mehr besteht, wenn alle Wirkungen der fraglichen Ausschreibung zu diesem Zeitpunkt schon erschöpft waren (in diesem Sinne Urteil Kommission/Italien, Randnrn. 11 und 13), ergibt sich jedoch ebenfalls aus der Rechtsprechung, dass ein Verstoß zu diesem Zeitpunkt fortbesteht, wenn die unter Verletzung der Gemeinschaftsbestimmungen über öffentliche Aufträge geschlossenen Verträge weiter fortwirken (in diesem Sinne Urteile Kommission/Österreich, Randnr. 44, und Kommission/Deutschland, Randnrn. 34 bis 37). 13. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Erfüllung der nach Ansicht der Kommission unter Verstoß gegen die Bestimmungen der Richtlinie 92/50 geschlossenen Müllentsorgungsverträge zum Zeitpunkt des Ablaufs der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht abgeschlossen war. Folglich bestand der vermeintliche Verstoß zu diesem Zeitpunkt noch fort und wurde erst zum Zeitpunkt des Ablaufs dieser Verträge beendet.14. In diesem Zusammenhang kann dem gegen die Zulässigkeit der Vertragsverletzungsklage gerichteten Vorbringen der deutschen Regierung nicht gefolgt werden. 15. Nach Ansicht der deutschen Regierung ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 6 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts﷓ und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer﷓ und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33), dass das Prinzip pacta sunt servanda einer Pflicht zur Beendigung dieser Verträge entgegenstehe und auch den Bestand solcher Verträge schütze, die unter Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen zustande gekommen seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung zwar die Mitgliedstaaten ermächtigt, nach Vertragsabschluss den nationalen Rechtsschutz auf Schadensersatz für die durch einen solchen Verstoß geschädigten Personen zu begrenzen, dass sie aber nicht dazu führt, dass das Verhalten eines öffentlichen Auftraggebers in jedem Fall im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage als gemeinschaftsrechtskonform anzusehen ist (in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, Randnrn. 38 und 39). 16. Zum Argument, dass die Bundesrepublik Deutschland die Fehlerhaftigkeit der fraglichen Vergabeverfahren eingeräumt habe, ist festzustellen, dass es im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage Sache des Gerichtshofes ist, festzustellen, ob die beanstandete Vertragsverletzung vorliegt oder nicht, auch wenn der beklagte Mitgliedstaat die Vertragsverletzung nicht mehr bestreitet. Andernfalls könnten die Mitgliedstaaten allein dadurch, dass sie die Vertragsverletzung einräumen und die sich daraus möglicherweise ergebende Haftung anerkennen, ein beim Gerichtshof anhängiges Vertragsverletzungsverfahren jederzeit beenden, ohne dass das Vorliegen der Vertragsverletzung und der Grund für ihre Haftung jemals gerichtlich festgestellt worden wären (in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 1993 in der Rechtssache C-243/89, Kommission/Dänemark, Slg. 1993, I﷓3353, Randnr. 30, und Kommission/Deutschland, Randnrn. 40 und 41).“ – Hinweis: Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für die Praxis. Nationale Gerichte (vgl. z. B. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.12.2003 – VII – Verg 37/03 – NJW 2004, 1331 (vgl. Raabe, Marius, NJW 2004, 1284 – Müllverbrennungsanlage Weisweiler) gehen davon aus, daß in den Fällen der de-facto-Vergabe die Rechtsfolge des § 13 VgV (Nichtigkeit) sowie grundsätzlich auch andere Nichtigkeitsgründe (etwa nach § 138 BGB) nicht eingreifen. Daran dürften sich nach der Entscheidung des EuGH, aaO, erhebliche Zweifel infolge des Fortbestehens des rechtswidrigen Zustands ergeben. Dies bedeutet möglicherweise, daß die unter Verstoß gegen EU-Vergaberecht geschlossene Verträge gekündigt, rückabgewickelt und in Vergabeverfahren ausgeschrieben werden müssen. Der durch die unterlassene Bekanntmachung der Vergabe bestehende rechtswidrige Zustand besteht nämlich bis zu seiner Beseitigung fort und bedarf der Beseitigung. Das es sich bei der Abfallentsorgung regelmäßig um Werkverträge handeln dürfte, wird die vorzeitige Vertragsbeendigung nach den §§ 649 bzw. 326 II BGB zu beurteilen sein (Kurzformel: Vergütung ./. ersparte Aufwendungen ./. anderweitige Erlöse. Jedenfalls sind die Fälle, in denen derartige Verträge ohne Vergabeverfahren durchgeführt worden, extrem gefährdet.
EuGH-Schlussanträge – Rs C-417/02 – Griechenland – unzureichende Umsetzung der Architektenrichtlinie in Griechenland - Verstoß gegen Art. 43 EGV – Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und Befähigungsnachweise

2.Ältere Entscheidungen
EuGH, Urt. v. 15.3.2001 - Rs. C-165/98 (André Mazzoleni u. Inter Surveillance Asstance SARL) - NZBau 2001, 491 - Verpflichtung eines Unternehmens zur Zahlung festgelegter nationaler Mindestlöhne grundsätzlich zulässig - Ausnahmen sind bei Unverhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit zur ‚Sicherstellung des Schutzes der betroffenen Arbeitnehmer (hier: grenznahe Region und Erbringen Leistungen in mehreren oder einem anderen Mitgliedstaat) - Art. 59 EGV (Beseitigung der Diskriminierung, Aufhebung aller Beschränkungen mit Eignung zur Unterbindung, Behinderung etc. des grundsätzlich freien Dienstleistungsverkehrs)

EuGH, U.v. 10.5.2001 - C-223/99 und C 260/99 - vgl. BZBau 2001, Heft 6/2001 - VIII - Messen und Ausstellungen - Begriff des öffentlichen Auftraggebers - Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht - Ausrichtung der Geschäftsführung an Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien - Tätigkeit in einem wettbewerblich geprägten Umfeld - keine Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S.d. Art. 1 b Unterabsatz II der Rechtlinie vom 18.6.1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge

EuGH, Urt. v. 12.7.2001 - Rs. C-399/98 - Teatro alla Bicocca - NZBau 2001, 512 - unmittelbare Erstellung einer Erschließungsanlage - öffentlicher Bauauftrag ? - Kommune ist öffentlicher Auftraggeber - Fertigung eines äußeren Baukörpers eines Theaters ist Baumaßnahme - Vertragsmodalitäten stehen dem nicht entgegen - Anwendbarkeit der Vergaberichtlinie 93/37/EWG - Baukoordinierungsrichtlinie

EuGH, 25.1.2001 - Rs. C - 172/99 - NJW 2001, 1481 (Leitsatz) = EuZW 2001, 150 - "Liikenne" - Betriebsübergang (verneint)

EuGH, 5.10.200 - Rs. C-337/98 - NJW 2001, 1481 (Leitsatz) = EuZW 2001, 215 = NZBau 2001, 272 - Kommission ./. Französische Republik - "Matra-Transport" Zeitpunkt für die Anwendbarkeit der Vergaberichtlinie - Beginn des Verhandlungsverfahrens vor dem Erlaß der Richtlinie 93/38/EWG (ohne Übergangsvorschrift) - maßgeblich Beginn des Vergabeverfahrens, nicht das Ende des Verfahrens - anders möglicherweise bei "Neuverhandlung wesentlicher Vertragsbestimmungen" , nicht "Kontinuität des bisherigen Vergabeverfahrens" - Klage wurde abgewiesen.

EuGH, 23.11.2000 - Rs. C-421/98 - NJW 2001, 1481 (Leitsatz) = EuZW 2001, 29 - Kommission ./. Königreich Spanien - Architekten ("Wanderarchitekten") - Diplomanerkennung - unzulässige Diskriminierung infolge der gegenseitigen Diplomanerkennung

EuGH, 5.10.2000 - Rs C - 16/98 - Kommission ./. Französische Republik - Elektrifizierungsauftrag NZBau 2001, 275 - Auftragsaufteilung und Voraussetzungen (Schwellenwertmanipulation und Folgen) Richtlinienumsetzung verfristet - Anwendbarkeit der Richtlinie 93/38/EWG (Sektorenbereich) - Umgehung durch "künstliche Aufteilung" des Auftrags (teils der Kommission stattgegeben: Stromversorgung und Straßenbeleuchtungsnetz (unterschiedliche wirtschaftliche und technische Funktion: kein Verstoß - keine Lose eines einzigen Bauwerks - Aufteilung zulässig) - Netze für elektrische Energie: verbundfähig, zusammen Erfüllung derselben wirtschaftlichen und technischen Funktion, keine Aufteilung nach Elektrifizierungszweckverbände auf Departementebene: Aufteilungsverbot, Zusammenrechnungsgebot aller Lose: Verstoß bei der Schwellenwertschätzung - unterlassene Veröffentlichung hinsichtlich eines Teils der Lose: Verstoß gegen Bekanntmachungs- und Übermittlungspflicht sowie Informationspflicht gegenüber EU-Kommission - Straßenbeleuchtungsnetze ohne technische Abhängigkeit (Aufteilung zulässig)

EuGH v. 28.10.1999 - Rs. C 81/98 - Alcatel - NJW 2000, 569 = NZBau 2000, 33 - vor Zuschlag/Vertragsschluß: Nachprüfungsmöglichkeit für Bieter - andernfalls keine rechtskonforme Umsetzung der EG-Richtlinie (hierzu Kus NJW 200=, 544; Rust NZBau 2000, 66; Hausmann EuZW 1999, 672.

EuGH v. 18.11.1999 - Rs. C-107/98 - Teckal - NZBau 2000, 90 - Gebietskörperschaft und Auftragserteilung an ein Konsortium mit eigener Rechtspersönlichkeit - öffentlicher Auftrag - öffentlicher Auftraggeber - Brennstofflieferung.

EuGH v. 18.11.1999 - Rs. C-275/98 - NZBau 2000, 91 - Diskriminierungsverbot öffentlicher Auftraggeber - dänische Schlachthöfe (privat organisiert) - Einräumung von Sonder- und Alleinrechten zur Ausführung einer Tätigkeit durch öffentlichen Auftraggeber - beauftragter Auftragnehmer muß Diskriminierungsverbot beachten - Verpflichtung zur Transparenz - Schweineohrenmarke.

EuGH, Urteil vom 25.4.1996 - C 87/96 - BR 1996, 311; BR 1996, 756 - jeweils nur Leitsatz - Europäisches Vergaberecht ist unabhängig von der Staatsangehörigkeit bzw. der Niederlassung des Bieters anzuwenden. Nachträgliche Änderungen der Leistungsbeschreibung ist unzulässig - Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot.

EuGH, Urteil vom 26.3.1996 - C 329/93 - IBR 1996, 225; auch BR 1996, 593 - Leitsatz - für Sektorenunternehmer gelten die EG-Vergabegrundsätze (marktbeherrschende Stellung, freier Wettbewerb)

EuGH, Urteil v. 28.3.1996 - RS C 318/94 - BR 1996, 355 = BR 1996, 903 - das nachrangige Verhandlungsverfahren darf nur nach vorheriger Vergabebekanntmachung durchgeführt werden - die Verzögerung des behördlichen Genehmigungsverfahrens rechtfertigt es nicht, ausnahmsweise auf die vorherige Vergabebekanntmachung zu verzichten.

EuGH v. 2.5.1996 - Rs C-235/95 - Kommission ./. BRD) - ZVgR 1997, 1 - Nichtumsetzung der Dienstleistungsrichtlinie m. Anm. v. Höfler.

EuGH Urteil v. 1.12.1998 - 1999/C 20/15 - ABl vom 23.1.1999, C 20/10 - ausländisches Kreditinstitut oder Sicherungsgeber (Sicherungsschein - vgl. § 651 k BGB) - Rechtswidrigkeit des Erfordernis der zusätzlichen Vereinbarung des ausländischen Sicherungsgeber mit einem inländischen Kreditinstitut/Versicherungsunternehmen

EuGH - Vorlage des Gerichts 1. Instanz (Lüttich) - Rs - 36/99-1 - Busunternehmen und Mehrwertsteuerpflicht - Diskriminierung im Vergleich zu den Luftfahrtunternehmen - Art 92 Vertrag von Rom: Verbot der verfälschenden Subventionierung (Mehrwertsteuerregelung als unzulässige Begünstigung (?)

EuGH, Urteil vom 24.9.1998 - Rs C -76/97 - Tögele ./. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse - NVwZ 1999, 169 Rettungs- und Krankentransport (Anhang I A Kategorie 2 und Anhang I B Kategorie 25 ) - Klagebefugnis einzelner bei Nichtumsetzung von Richtlinien ("unbedingt und genau") - keine Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers zum Eingriff in "bestehende, auf unbestimmte Zeit oder für mehrere Jahre ...abgeschlossene Rechtsverhältnisse"

EuGH, Urteil vom 15.9.1998 - Rs. C-231/96 - Edizilia Industriale Siderurgica Srl ./. Ministero delle Finanze - NJW 1999, 129 = NVwZ 1999, 169 (Ls.) - nationale Ausschlußfristen und Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge - vgl. auch EuGH zur sog. "Emmot´schen Fristenhemmung" vgl. OVG Koblenz NVwZ 1999, 198

EuGH, Urteil vom 24.9.1998 - Rs. C 111/97 - EVO-Bus Austria GmbH ./. Niederösterreichische Verkehrsorganisation GmbH - Ausschreibung von Bussen für den Überlandverkehr - prinzipiell wie die Entscheidung "Dorsch-consult" - EuGH EuZW 1997, 625 und "Tögel", aaO.

EuGH, Urteil v.15.1.1998 - Rs C-44/96 - Mannesmann Anlagenbau Austria AG u.a. ./. Strohal Rotationsdruck GmbH - NJW 1998, 3261 = NVwZ 1999, 173 (Ls.) - "öffentlicher Auftraggeber": Österreichische Staatsdruckerei - Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung eines öffentlichen Auftraggebers und Frage, ob "Einrichtung des öffentlichen Rechts" betroffen ist - hierzu Abele EuZW 1998, 14.

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Anmerkung: Änderung vom 19.11.2006