- BGH, Urt. v. 2.9.2010 - VII ZR 110/09 – CR 2011, 10 – Mangelbeseitigung
- BGH, Urt. v. 9.12.2010 - VII ZR 7/10 – Vertragserfüllungsbürgschaft
- EuGH, Urt. v. 20.1.2011 – C-463/09 – CLECE - Reinigungsleistungen
- EuGH, Urt. v. 22.12.2010 - Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz
- OLG München, Beschluss vom 17.01.2011, Verg 2 / 11 - § 19 III f) EG VOL/A – Transport und Verwertung von Metallschrott und Elektrogeräten
- OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, 13 Verg 15 / 10 – Freizeit- und Erlebnisbad – Aufhebung
- Vergabekammer Nordbayern, Beschl. v. 12.01.2011, 21 - VK - 3194 - 47 / 10 –Postdienstleistungen
- Vergabekammer Bund, Beschl. v. 23.12.2010 - VK 3 - 132 / 10 – Briefpostdienste
- LG Cottbus, Urt. v. 21.12.2010 - 11 O 82/10 – Zuschlag an Konkurrenten auf (angeblicher) Grundlage von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (Auszug)
- OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.10.2010 – W Verg 13/10 -
- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2010 - Verg 33/10 – Bauarbeiten - „unwirksame Klausel
Entscheidungen
- BGH, Urt. v. 2.9.2010 - VII ZR 110/09 – CR 2011, 10 = NZBau 2011, 27 – Installation wasserführender Leitung – Wanddurchfeuchtungen - Mangelbeseitigung – mitwirkendes Verschulden - § 13 Nr. 7 Abs. 1, 2 VOB/B (2000), § 633 Abs. 2 Satz 1 a.F., § 635 a.F. BGB – Leitsätze: a) Das Recht des Auftraggebers, von einem für einen Mangel verantwortlichen Auftragnehmer Mängelbeseitigung zu fordern, wird grundsätzlich nicht dadurch eingeschränkt, dass die Verantwortlichkeit des Auftragnehmers bei der Inanspruchnahme noch unklar ist. b) Der in Anspruch genommene Auftragnehmer darf Maßnahmen zur Mängelbeseitigung nicht davon abhängig machen, dass der Auftraggeber eine Erklärung abgibt, wonach er die Kosten der Untersuchung und weiterer Maßnahmen für den Fall übernimmt, dass der Auftragnehmer nicht für den Mangel verantwortlich ist. c) Den Auftraggeber trifft deshalb kein Mitverschulden an einem Wasserschaden, der auf einem Mangel beruht, den der Unternehmer nicht beseitigt hat, weil der Auftraggeber eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben hat. Entscheidungsgründe: 8 Die Revision ist nicht begründet. 9 Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). I. 10 Das Berufungsgericht führt aus, die Beklagte sei dem Kläger zum Ersatz des Schadens in Höhe von 48.591,52 € verpflichtet, der aufgrund der unterlassenen Verlötung eines Fittings an einer Leitung des Heizkreislaufs entstanden sei. 11 Der Kläger habe es nicht schuldhaft unterlassen, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Er habe die Fachingenieurin B. beauftragt, die Ursache bzw. den Verursacher des Wasserschadens im März 2003 ausfindig zu machen. Dass der Kläger auf die Mitteilung der Fachingenieurin B. vom 18. März 2003 hin keine weitere Ursachenforschung mehr betrieben habe, gereiche ihm nicht zum Verschulden gegen sich selbst. Ein etwaiges Verschulden der B. sei dem Kläger nicht gemäß § 278 BGB zuzurechnen, denn insoweit habe der Kläger keine Pflichten gegenüber der Beklagten erfüllt. Der Auftraggeber schulde dem Auftragnehmer nicht die objektive Klärung der Mangelursache, deren Kenntnis erst geeignete Mängelbeseitigungs- bzw. Schadensabwendungsmaßnahmen sicher ermögliche. Da der Kläger die Mangelursache vor Eintritt des zweiten Schadens weder gekannt habe noch habe kennen müssen, könne ihm auch nicht vorgeworfen werden, er habe schuldhaft die rechtzeitige Mängelbeseitigung im Wege der Ersatzvornahme unterlassen bzw. seine Pflicht zur Schadensminderung verletzt. 12 Der Kläger habe es auch nicht zu vertreten, dass die Beklagte am 17. März 2003 nicht erschienen sei. Der Kläger sei nicht zur Unterzeichnung der von der Beklagten geforderten Einverständniserklärung verpflichtet gewesen, denn der Auftragnehmer dürfe die von ihm verlangte Mängelbeseitigung nicht davon abhängig machen, dass der Auftraggeber auf ein solches Vertragsangebot eingehe. 13 Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte Kenntnis vom Ergebnis der durchgeführten Druckprüfung erhalten habe, da der Kläger nicht habe erkennen müssen, dass die Schlussfolgerung der B., die Beklagte scheide als Verursacherin aus, objektiv unrichtig gewesen sei. Der Kläger habe auch nicht gemäß § 278 BGB für ein etwaiges Verschulden der B. (nebst Hausmeister) bei der Ursachenforschung einzustehen. Der Beklagten sei die begrenzte Aussagekraft einer Druckprüfung bekannt. Jedenfalls trage der Auftragnehmer das Risiko, dass der Auftraggeber drohende Schäden bzw. deren Ursachen nicht oder nicht rechtzeitig erkenne. II. 14 Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 15 1. Zutreffend - und von der Revision nicht beanstandet - hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Beklagte die dem Kläger vertraglich geschuldete Werkleistung mangelhaft erbracht hat. Sie ist für sämtliche hierdurch verursachten Schäden dem Kläger gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 1, 2 VOB/B (2000) zum Schadensersatz verpflichtet. 16 2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, den Kläger treffe gemäß §§ 254, 278 BGB ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens, weil der B. vorzuwerfen sei, dass sie lediglich eine Druckprüfung vorgenommen und nicht beachtet habe, dass ein unverlöteter Fitting die verbundenen Leitungsteile so abdichten könne, dass er auch einer Druckprüfung standhalte. Denn dem Kläger ist ein etwaiges Verschulden der mit der Mangelsuche beauftragten Fachingenieurin B. nicht gemäß § 278 Satz 1 2. Alt., § 254 Abs. 2 Satz 1 3. Alt. BGB zuzurechnen. 17 a) Die dem Kläger gegenüber der Beklagten bestehende Obliegenheit, den Schaden möglichst gering zu halten, war nicht der Fachingenieurin B. übertragen worden. Die Fachingenieurin B. war unter anderem mit Objektüberwachung der Heizungsanlagen beauftragt und sollte die Ursache bzw. den Verursacher des Wasserschadens im März 2003 ausfindig machen. Der Sonderfachmann ist nur insoweit Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers, als er eine Tätigkeit entfaltet, die im Verhältnis zum Auftragnehmer zur Aufgabe des Auftraggebers gehört (vgl. Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB Teil B, 17. Aufl., § 13 Abs. 7 Rn. 21; Messerschmidt/Voit - Moufang, § 635 Rn. 87 f.). Eine solche Tätigkeit war nicht Gegenstand der von B. übernommenen Objektüberwachung. 18 b) Ein Mitverschulden des Klägers lässt sich auch nicht aus einer Verletzung von Aufklärungs- und Untersuchungspflichten herleiten, die B. in Erfüllung einer entsprechenden Verbindlichkeit des Klägers verletzt hätte. Zu Unrecht meint die Revision, der Kläger sei der Beklagten gegenüber verpflichtet gewesen, die Mangelursache aufzuklären. 19 Der Auftraggeber schuldet dem für den Mangel verantwortlichen Auftragnehmer vor dessen Inanspruchnahme nicht die objektive Klärung der Mangelursache, deren Kenntnis erst geeignete Mängelbeseitigungs- und Schadensabwendungsmaßnahmen sicher ermöglicht (vgl. Merl in Festschrift Soergel, 1993, S. 217, 230). Es ist vielmehr Aufgabe des Auftragnehmers, Mängelbehauptungen zu prüfen und Grund und Umfang seiner Leistungspflicht selbst zu beurteilen (BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - VII ZR 64/86, BauR 1987, 443, 444 = ZfBR 1987, 188). 20 Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch dann, wenn die Bauleistung abgenommen ist und der Auftraggeber deshalb die Beweislast dafür trägt, dass ein Mangel des Werkes vorliegt. Diese Beweislast wirkt sich zum Nachteil des Auftraggebers aus, wenn der Beweis nicht geführt werden kann. Sie verpflichtet den Auftraggeber jedoch grundsätzlich nicht, vor einer Inanspruchnahme eines Auftragnehmers zu klären, ob dieser für einen Schaden verantwortlich ist. Eine solche Inanspruchnahme mag zu einer Schadensersatzverpflichtung führen, wenn der Auftragnehmer für den Mangel nicht verantwortlich ist und der Auftraggeber bei der im Rahmen seiner Möglichkeiten gebotenen Überprüfung hätte feststellen können, dass er selbst für die Ursachen des Mangels verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 246/06, BauR 2008, 671; vgl. auch OLG Düsseldorf BauR 1999, 919; Messerschmidt/Voit - Moufang, § 635 Rn. 6). Daraus kann nicht hergeleitet werden, dass der zutreffend in Anspruch genommene Auftragnehmer Rechte daraus herleiten könnte, dass vor der Inanspruchnahme seine Verantwortung noch nicht geklärt war. 21 3. Zu Recht hat das Berufungsgericht ein Mitverschulden des Klägers daran, dass die Mängelbeseitigung im März unterblieb, nicht darin gesehen, dass er dem Beklagten keine unterschriebene Durchschrift des Schreibens vom 13. März 2003 zurückgeschickt hat. Denn die Beklagte hatte keinen Anspruch darauf, dass der Kläger mit den im Schreiben vom 13. März 2003 enthaltenen Bedingungen sein Einverständnis erklärt. 22 a) Es kann dahinstehen, welche Ansprüche einem Auftragnehmer gegen den Auftraggeber zustehen, wenn er zu Unrecht auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommen wird und ihm durch die unberechtigte Aufforderung zur Mängelbeseitigung Kosten entstanden sind (vgl. dazu OLG Karlsruhe, BauR 2003, 1241, 1242; Kniffka in Festschrift Heiermann, 1995, S. 201, 205; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2008, § 635 Rn. 5; Voit in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 635 Rn. 6; Moufang/Koos, BauR 2007, 300, 302; Hdb. Priv. BauR [Merl], 4. Aufl., § 15 Rn. 1023 ff.). Unabhängig von etwaigen gesetzlichen Ansprüchen kann der für den Mangel verantwortliche Auftragnehmer vor seiner Untersuchung der Mängelursachen nicht verlangen, dass der Auftraggeber eine Willenserklärung abgibt, wonach er die Kosten für die Untersuchung und für weitere Maßnahmen für den Fall übernimmt, dass den Auftragnehmer keine Verantwortung trifft. 23 Hat ein Auftragnehmer eine Werkleistung mangelhaft erbracht, so kann der Auftraggeber die Beseitigung des Mangels verlangen, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 634 Nr. 1 BGB n.F. Wenn im Vertrag nichts anderes wirksam vereinbart ist, gelten nur die gesetzlichen Einschränkungen für das Mängelbeseitigungs-recht. Das Gesetz sieht für den Fall, dass der Auftragnehmer im Ergebnis zu Recht in Anspruch genommen wird, bei der Inanspruchnahme jedoch unklar ist, ob der Auftragnehmer wirklich für den Mangel verantwortlich ist, eine Einschränkung des Mängelbeseitigungsrechts nicht vor. Auch in diesem Fall bleibt es dabei, dass der Auftraggeber die Mängelbeseitigung verlangen kann. Das Risiko einer verweigerten Mängelbeseitigung trägt in vollem Umfang der für den Mangel verantwortliche Auftragnehmer. Die Auffassung der Revision, ein Auftraggeber könne einen zur Mängelbeseitigung verpflichteten Auftragnehmer nicht auf Verdacht auf Mängelbeseitigung in Anspruch nehmen, er müsse nach erfolgter Abnahme zunächst selbst die Mängelursache erforschen, findet - wie bereits erwähnt - im Gesetz keine Stütze. Welchen Grad der Gewissheit ein Auftraggeber hat, dass der von ihm in Anspruch genommene Auftragnehmer für den Mangel verantwortlich ist, ist ohne jeden Belang. Das Recht des Auftraggebers, von einem für den Mangel verantwortlichen Auftragnehmer Mängelbeseitigung zu fordern, wird nicht dadurch eingeschränkt, dass er keine Ursachenforschung betrieben hat und auch die Möglichkeit in Betracht kommt, dass andere Auftragnehmer für eine Mängelerscheinung verantwortlich sein können. 24 b) Ein Auftraggeber ist auch nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, vor der Mängelbeseitigung eine Erklärung abzugeben, wonach er die Kosten für die Untersuchung und eine eventuelle Mängelbeseitigung übernimmt, wenn sich im Zuge der Ursachenforschung herausstellt, dass der Auftragnehmer nicht verantwortlich ist. Soweit dem Auftragnehmer für diesen Fall vertragliche oder gesetzliche Ansprüche zustehen, ist er ausreichend durch diese geschützt. Es besteht kein Grundsatz, dass eine Vertragspartei einen Anspruch darauf hat, dass die andere Partei solche Ansprüche vertraglich manifestiert. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Kooperationsgebot. 25 4. Auf die Frage, ob der Beklagten das Ergebnis der Druckprüfung durch den Hausmeister des Klägers mitgeteilt worden ist, kommt es nicht an. Zu Unrecht meint die Revision, für die Beklagte habe kein Anlass zur Überprüfung bestanden, wenn ihr mitgeteilt worden sei, dass B. aufgrund einer Druckprüfung davon ausgegangen sei, die Beklagte sei nicht verantwortlich. Daraus konnte die Beklagte nur entnehmen, dass aufgrund einer von ihr selbst als unzuverlässig eingestuften Überprüfung ihre Verantwortlichkeit nicht mehr angenommen werde. Das ändert nichts daran, dass sie für den Schaden, der sich aus dem von ihr verursachten Mangel ergab, weiterhin haftbar blieb. Ein Mitverschulden des Klägers scheitert ungeachtet der zweifelhaften Zuordnung einer Mitteilung des Hausmeisters aus den dargelegten Gründen aus. 26 Im Übrigen hält der Senat nach Prüfung die Verfahrensrüge nicht für begründet (§ 564 Satz 1 ZPO). III. 27 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
- BGH, Urt. v. 9.12.2010 - VII ZR 7/10 – Vertragserfüllungsbürgschaft – Inhaltskontrolle - § 9 I AGBG = § 309 I BGB – Leitsatz: Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Klausel, dass der Auftragnehmer zur Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistungen eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme zu stellen hat, ist unwirksam, wenn in dem Vertrag zusätzlich bestimmt ist, dass die sich aus den geprüften Abschlagsrechnungen ergebenden Werklohnforderungen des Auftragnehmers nur zu 90 % bezahlt werden. Tatbestand: 1 Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft. 2 Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der ARGE Medizinische Klinik H. (im Folgenden: ARGE). Diese führte als Generalunternehmerin den Neubau des Universitätsklinikums in H. aus. 3 Die ARGE beauftragte die inzwischen insolvente K.-GmbH aus dem Konzern der Nebenintervenientin gemäß Nachunternehmervertrag vom 11. Juni 2001 mit Leistungen für raumlufttechnische Anlagen. Vertragsbestandteil waren u.a. die zusätzlichen Vertragsbedingungen für Nachunternehmer (ZVB) und die VOB Teile B und C. 4 In Ziffer 5 des Nachunternehmervertrags ist unter Hinweis auf ZVB 17 bestimmt, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber kostenlos eine Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % der vereinbarten Auftragssumme und damit in Höhe von 414.575,91 € zu übergeben hat. Diese dient gemäß ZVB 17.1 zur Sicherstellung der vertragsgemäßen und fristgerechten Ausführung der Leistung sowie zur Absicherung etwaiger Rückforderungsansprüche des Auftraggebers aus Überzahlungen während der Bauzeit und ist gemäß ZVB 17.5 ent-sprechend dem beigefügten Muster des Auftraggebers zu stellen. Nach Ziffer 3 des Nachunternehmervertrags i.V.m. ZVB 16.1 und 16.2 werden Abschlagszahlungen auf die vereinbarte Vergütung nach Rechnungsstellung und nach vereinfachter Prüfung zur Vermeidung des Aufwands und der Zeit, die mit der genauen Ermittlung des Wertes der abgerechneten Leistungen verbunden sind, in Höhe von 90 % der jeweils nachgewiesenen, vertragsgemäßen, nicht mit wesentlichen Mängeln behafteten Leistungen und abzüglich der vertraglich vereinbarten Kostenbeteiligung geleistet. Davon abweichend kann der Auftragnehmer Abschlagszahlungen in Höhe von 100 %, in der Summe jedoch wegen des 5 %-igen Gewährleistungseinbehalts des Auftraggebers nicht mehr als 95 % der Bruttoauftragssumme, verlangen. In diesen Fällen verlängert sich die Frist, innerhalb derer der Auftraggeber dem Auftragnehmer den geprüften Leistungsnachweis zu übergeben hat, von 7 auf 25 Arbeitstage. 5 Die K.-GmbH stellte in der vereinbarten Höhe gemäß dem Muster des Auftraggebers unter dem 24. Juli 2001 eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern der W.-AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Ausweislich der Bürgschaftsurkunde wurde die Bürgschaft erteilt "für die vertragsgemäße und fristgerechte Ausführung der dem Auftragnehmer übertragenen Leistungen, für Schadensersatz, für die Zahlung einer Vertragsstrafe, für die Erstattung von Überzahlungen". In Höhe von 2 % der Abrechnungssumme zzgl. Mehrwertsteuer sichert die Bürgschaft auch Ansprüche des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer auf Freistellung von der Haftung des Auftraggebers nach § 1a AEntG. 6 Die ARGE hat mit Schreiben vom 29. Januar 2004 den Nachunternehmervertrag aus wichtigem Grunde gekündigt. Die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin nimmt die Beklagte wegen sich daraus ergebender zusätzlicher Kosten und eines Vertragsstrafenanspruchs in voller Höhe aus der Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch. Die Beklagte bestreitet eine Zahlungsverpflichtung aus der Bürgschaft. Die Kombination der im Nachunternehmervertrag und insbesondere in den ZVB der ARGE vorgesehenen Sicherungsvereinbarungen und Einbehalte führe zu einer Übersicherung der Auftraggeberin und damit zur Unwirksamkeit der Sicherungsvereinbarung. Das Landgericht ist dieser Argumentation gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, aus der Bürgschaft an die Klägerin Zahlung zu leisten. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagte und die Nebenintervenientin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: 7 Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin. 8 Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). I. 9 Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2010, 1230 veröffentlicht ist, sieht die formularmäßige Sicherungsabrede als wirksam an. Die Sicherungsabrede stelle einen sprachlich und inhaltlich ausreichend abgegrenzten Teil des Vertrages dar und sei daher Ansatzpunkt der AGB-rechtlichen Prüfung. Die vereinbarte Bürgschaft von 10 % der Bruttoauftragssumme übersteige nicht das Sicherungsinteresse eines Auftraggebers und sei daher nicht unbillig benachteiligend. Sie verschaffe dem Auftraggeber keine zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit und beeinträchtige die Liquidität des Auftragnehmers weitaus weniger als ein Einbehalt. Eine wesentliche Abweichung von einer gesetzlichen Regelung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG liege nicht vor, weil eine gesetzliche Regelung der Vertragserfüllungsbürgschaft nicht bestehe. Die Sicherungsabrede sei auch nicht gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG unwirksam. Die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % der Bruttoauftragssumme laufe weder der Natur des Vertrags zuwider noch gefährde dies den Vertragszweck. In der Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % des Auftragswertes liege für sich genommen keine Übersicherung, die den Vertragszweck gefährden würde. Ein sonstiger Grund für die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede bestehe nicht. Insbesondere genüge die Erklärung der Klägerin, die als Bürgschaft auf erstes Anfordern ausgestellte Bürgschaft nur als selbstschuldnerische Bürgschaft in Anspruch nehmen zu wollen. Eine Gesamtbetrachtung mehrfacher Klauseln sei nicht anzustellen. II. 10 Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. A. 11 Die Beklagte verteidigt sich, unterstützt von der Nebenintervenientin, gegen die Inanspruchnahme aus der Vertragserfüllungsbürgschaft allein mit dem Einwand, die der Bürgschaft zugrunde liegende Sicherungsvereinbarung im Nachunternehmervertrag sei insgesamt unwirksam. Dieser Einwand ist zulässig. Dem Bürgen stehen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einwendungen des Schuldners aus der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger zu. Hat der Bürge eine Sicherung gewährt, obwohl die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger unwirksam ist, kann er sich gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers auf die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und auf den Einwand des Hauptschuldners berufen, dass der Gläubiger die Inanspruchnahme des Bürgen zu unterlassen habe (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 375, 378 m.w.N.). B. 12 Der von der Beklagten erhobene Einwand ist begründet. Die Sicherungsvereinbarung ist unwirksam, weil sie im Zusammenwirken mit den Vereinbarungen zu den Abschlagszahlungen zu einer Übersicherung der Klägerin und zu einer unangemessenen Benachteiligung ihrer Auftragnehmerin führt, § 9 Abs. 1 AGBG. 13 1. Das Berufungsgericht hat die zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) zu Recht als wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen der ARGE und der K.-GmbH einbezogene Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 1 AGBG angesehen. Dies wird von der Revision nicht beanstandet. 14 2. Das Berufungsgericht hat sich auf die Inhaltskontrolle der Sicherungsabrede beschränkt, soweit die Gestellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft vereinbart worden ist. Das ist rechtsfehlerhaft. 15 a) Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 12. Februar 2009 (VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374) angenommen, dass die Sicherungsabrede zur Vertragserfüllungsbürgschaft als sprachlich und inhaltlich ausreichend abgetrennter Teil des Vertrags unabhängig von den sonstigen vertraglichen Regelungen einer AGB-rechtlichen Überprüfung zu unterziehen sei. Dies ist unzutreffend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es allerdings rechtlich unbedenklich, eine Formularklausel, die nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich ist und sich sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil trennen lässt, in ihrem zulässigen Teil aufrechtzuerhalten (BGH, Urteil vom 25. März 1998 - VIII ZR 244/97, NJW 1998, 2284 m.w.N.). Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des Senats vom 12. Februar 2009. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass es nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung nicht darum geht, ob zwei getrennte, an sich voneinander unabhängig zu beurteilende Klauseln in ihrem Zusammenwirken zu einer unangemessenen Benachteiligung führen. 16 b) Das Berufungsgericht hat daher die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt, wonach die belastende Wirkung einer für sich allein gesehen noch hinnehmbaren Klausel durch eine oder mehrere weitere Vertragsbestimmungen derart verstärkt werden kann, dass der Vertragspartner des Verwenders im Ergebnis unangemessen benachteiligt wird (BGH, Urteil vom 14. Mai 2003 - VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234; Urteil vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192; vgl. auch Urteil vom 25. März 2004 - VIII ZR 453/02, BauR 2004, 1143 = NZBau 2004, 322 = ZfBR 2004, 550; vgl. auch Staudinger/Coester [2000], § 307 BGB Rn. 138 f.). Dies kann sogar für den Fall gelten, dass die weitere Klausel für sich genommen bereits unwirksam ist (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 1994 - VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245, 253 f.; Urteil vom 14. Mai 2003 - VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234; Urteil vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192; Roloff in: Erman, BGB, 11. Aufl., § 307 Rn. 11). Ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers erst aus der Gesamtwirkung zweier, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Klauseln, sind beide Klauseln unwirksam. Denn es ist nicht Sache des Gerichts auszusuchen, welche der beiden Klauseln bestehen bleiben soll (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 1994 - VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245, 253). 17 3. Die dahingehende Überprüfung durch den Senat ergibt, dass die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede die K.-GmbH unter Berücksichtigung der zu den Abschlagszahlungen getroffenen Vereinbarungen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 9 Abs. 1 AGBG. 18 a) Als unangemessen i.S.d. § 9 Abs. 1 AGBG wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Klausel angesehen, in der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27; Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = NZBau 2000, 424 = ZfBR 2000, 477). 19 aa) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings entschieden, dass die Sicherungsvereinbarung zur Vertragserfüllungsbürgschaft für sich genommen nicht zu beanstanden ist. Das gilt auch für die vereinbarte Höhe der Bürgschaft. Zwar ordnet § 14 Nr. 2 VOB/A (2000) für den öffentlichen Auftraggeber an, dass die Sicherheit für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag 5 % der Auftragssumme nicht überschreiten soll. Daraus lässt sich eine Obergrenze für eine zwischen Unternehmern vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft nicht ableiten. In der Praxis hat sich für die Vertragserfüllungsbürgschaft eine Größenordnung von 10 % durchgesetzt (Schulze-Hagen, BauR 2007, 170, 176). Die Sicherung des Auftraggebers in dieser Höhe benachteiligt den Auftragnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Das Vertragserfüllungsrisiko verwirklicht sich insbesondere, wenn der Auftragnehmer vor der Fertigstellung seiner Werkleistung insolvent wird und der Auftraggeber deshalb einen Dritten mit der Vollendung des Bauvorhabens beauftragen muss. Der sich daraus ergebende finanzielle Mehraufwand wird vielfach 10 % der Auftragssumme erreichen oder sogar überschreiten. Die auf diesen Prozentsatz beschränkte Absicherung des Auftraggebers ist daher nicht zu beanstanden. 20 bb) Auch die Vereinbarung, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, belastet für sich genommen den Auftragnehmer nicht unangemessen. Eine vom Auftraggeber vorformulierte Sicherungsabrede, die die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht, ist zwar unwirksam (BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, BGHZ 150, 299; Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229). Die Sicherungsvereinbarung ist jedoch dahin auszulegen, dass der Auftragnehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, aaO), wenn - wie hier - die Sicherungsvereinbarung vor dem 1. Januar 2003 abgeschlossen wurde (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02, BauR 2004, 1143 = NZBau 2004, 322 = ZfBR 2004, 550). Der Auftragnehmer kann lediglich verlangen, dass sich der Auftraggeber ihm und dem Bürgen gegenüber schriftlich verpflichtet, die Bürgschaft nur als selbst-schuldnerische Bürgschaft geltend zu machen (BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01, BGHZ 154, 378). Dem ist die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nachgekommen. 21 b) Die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede führt jedoch zusammen mit der Vereinbarung über die Abschlagszahlungen zu einer Übersicherung der ARGE und damit der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin. 22 aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Regelung zu den Abschlagszahlungen wirksam ist oder im Hinblick auf die mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen zum 1. Mai 2000 eingeführte Bestimmung des § 632a BGB einer AGB-rechtlichen Überprüfung nicht standhält (so Messerschmidt/Voit-Messerschmidt, Privates Baurecht, § 632a BGB, Rn. 50). Der Verwender von zwei Sicherungsklauseln, von denen eine nur Bestand haben kann, wenn die andere unwirksam ist, kann sich nicht darauf berufen, dass die von ihm selbst gestellte Klausel unangemessen und damit unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2003 - VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234; Urteil vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 231/90, NJW 1991, 2630; Beschluss vom 26. Oktober 1994 - VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245, 254; Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB Rn. 155; Staudinger/Coester, BGB [2006], § 307 Rn. 140). 23 bb) Die Regelung zu den Abschlagszahlungen bewirkt, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer 10 % der nach Prüfung als berechtigt anerkannten Forderung für die erbrachten Werkleistungen nicht auszahlen muss, sondern bis zur Prüfung und Bezahlung der Schlussrechnung einbehalten darf. Dem Auftragnehmer wird somit bis zur Schlusszahlung von Abschlagsrechnung zu Abschlagsrechnung steigend Liquidität entzogen. Außerdem trägt der Auftragnehmer mangels einer Vereinbarung zur Sicherung des Einbehalts das Risiko, dass der Auftraggeber insolvent wird und er mit bis zu 10 % der für seine erbrachte Leistung zu beanspruchenden Werklohnforderung ausfällt. Auf diese Weise erhält der Auftraggeber nicht nur, wie man dem Wortlaut der Vereinbarung in ZVB 16.2 entnehmen könnte, eine Sicherung vor Überzahlungen, die daraus resultieren, dass Massen und/oder Preise in den Abschlagsrechnungen zu hoch angesetzt sind oder dort aufgeführte Leistungen tatsächlich nicht erbracht wurden. Der Auftraggeber kann gegen die einbehaltenen Restforderungen des Auftragnehmers jederzeit mit sonstigen Forderungen aus dem Werkvertrag aufrechnen. Die Einbehalte stellen damit eine Sicherung sämtlicher vertraglicher Ansprüche des Auftraggebers dar, also auch solcher, auf die sich die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede bezieht. 24 cc) Eine Vereinbarung, die in dieser Form in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers die Sicherung der Vertragserfüllungsansprüche sowohl durch Einbehalte bei den Abschlagszahlungen und als auch durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme vorsieht, berücksichtigt einseitig die Interessen des Auftraggebers und räumt dem berechtigten Interesse des Auftragnehmers nicht den erforderlichen Stellenwert ein. Sie wird deshalb zu Recht in der Literatur für unwirksam gehalten (vgl. Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 4. Aufl., Rn. 3012; Kapellmann/Messerschmidt-Thierau, VOB Teile A und B, 3. Aufl., § 17 VOB/B Rn. 44; Ingenstau/Korbion-Joussen, VOB Teile A und B, 17. Aufl., § 17 Abs. 1 VOB/B Rn. 38; Heiermann in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., § 17 VOB/B Rn. 25; Schulze-Hagen, BauR 2007, 170, 176; Hildebrandt, BauR 2007, 203, 205; Schmitz/Vogel, ZfIR 2002, 509, 515). Der Auftragnehmer muss nicht nur Einbehalte bis zu 10 % der Auftragssumme mit den dargestellten, ihn erheblich belastenden Nachteilen hinnehmen. Das Erfordernis, eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme zu stellen, belastet ihn zusätzlich. Denn er ist gezwungen, seine Avalkreditlinie zu belasten und hat bis zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde Avalzinsen aufzuwenden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die vom Auftraggeber zu leistenden Abschlagszahlungen nach Prüfung des Leistungsstandes und der Mangelfreiheit bis zur letzten Abschlagsrechnung üblicherweise nicht dem vollen vereinbarten Wert der bereits erbrachten Leistungen entsprechen, weil nach Stellung der jeweiligen Rechnung weitergearbeitet wird, und der Auftraggeber durch Leistungsverweigerungsrechte und Aufrechnungsmöglichkeiten bereits in gewissem Maße geschützt ist (vgl. Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien, ibr-online, Rn. 117; Schulze-Hagen, BauR 2007, 176). Die Gesamtbelastung durch die vom Auftragnehmer zu stellenden Sicherheiten überschreitet das Maß des Angemessenen. Sie lassen sich durch das Interesse des Auftraggebers an Absicherung nicht rechtfertigen. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in der Revisionserwiderung auf die Senatsentscheidung vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BauR 2002, 1533 (BGHZ 151, 229). In diesem Fall waren lediglich Bürgschaften zur Sicherung vereinbart worden, die zudem nicht denselben Sicherungszweck hatten. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 326 f., kann die Klägerin nichts für sich Günstiges herleiten. In diesem Fall war allein eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 30 % der Auftragssumme vereinbart worden. Es ist jedoch nicht festgestellt, dass das durch die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen des Auftraggebers geschehen ist. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
- EuGH, Urt. v. 20.1.2011 – C-463/09 – CLECE - Reinigungsleistungen – „Rekommunalisierung" – Selbstausführung der bisher von einem Untenehmen durchgeführten Reinigungsleistungen durch die Kommune kein Betriebsübergang i. S. d. Richtlinie 2001/23/EG - – Spanien - Sozialpolitik – Richtlinie 2001/23/EG – Übergang von Unternehmen – Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer – Begriff ‚Übergang‘ – Reinigungstätigkeiten – Von einer Gemeinde unter Einstellung von neuem Personal selbst übernommene Tätigkeit – Urteilstenor - Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist in dem Sinne auszulegen, dass diese Richtlinie nicht auf den Fall anwendbar ist, dass eine Gemeinde, die ein privates Unternehmen mit der Reinigung ihrer Räumlichkeiten betraut hatte, beschließt, den zwischen ihr und diesem Unternehmen bestehenden Vertrag aufzulösen und selbst diese Reinigungstätigkeiten durchzuführen sowie dafür neues Personal einzustellen. Urteil: 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16). 2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der CLECE SA (im Folgenden: CLECE) einerseits und Frau Martín Valor und dem Ayuntamiento de Cobisa (Gemeinde Cobisa) andererseits wegen der Entlassung von Frau Martín Valor. Rechtlicher Rahmen - Unionsrecht 3 Die Richtlinie 2001/23 kodifiziert die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 201, S. 88) geänderten Fassung. 4 Dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23 zufolge „sind Bestimmungen notwendig, die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten". 5 Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet: „a) Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar. b) Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen dieses Artikels gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit. c) Diese Richtlinie gilt für öffentliche und private Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. Bei der Übertragung von Aufgaben im Zuge einer Umstrukturierung von Verwaltungsbehörden oder bei der Übertragung von Verwaltungsaufgaben von einer Behörde auf eine andere handelt es sich nicht um einen Übergang im Sinne dieser Richtlinie." 6 Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der genannten Richtlinie lautet: „Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über." 7 Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/23 lautet wie folgt: „Der Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Unternehmens- bzw. Betriebsteils stellt als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Diese Bestimmung steht etwaigen Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen, nicht entgegen." Nationales Recht 8 Die Richtlinie 2001/23 wurde durch Art. 44 des Real Decreto Legislativo 1/1995 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut (Real Decreto Legislativo 1/1995, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores) vom 24. März 1995 (BOE Nr. 75 vom 29. März 1995, S. 9654, im Folgenden: Arbeitnehmerstatut) umgesetzt. 9 Art. 44 Abs. 1 und 2 des Arbeitnehmerstatuts bestimmt: „ 1. Wechselt der Inhaber eines Unternehmens, einer Beschäftigungsstelle oder einer selbständigen Produktionseinheit, so führt dies nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern der neue Unternehmer tritt in die arbeits- und sozialrechtlichen Rechte und Pflichten des früheren Unternehmers ein, einschließlich der Rentenverbindlichkeiten nach Maßgabe der insoweit geltenden besonderen Vorschriften sowie allgemein aller Verpflichtungen im Bereich des zusätzlichen sozialen Schutzes, die der Veräußerer eingegangen ist. 2. Für die Zwecke der vorliegenden Bestimmung gilt als Übergang des Unternehmens die Übertragung einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit." 10 Art. 14 des Tarifvertrags für den Reinigungsdienst in den Gebäuden und Räumlichkeiten der Provinz Toledo sieht vor: „Wenn ein Unternehmen, in dem der Reinigungsdienst durch ein beauftragtes Unternehmen verrichtet wurde, diesen Dienst selbst übernimmt, ist es nicht zur Übernahme des Personals verpflichtet, das vom beauftragten Unternehmen für die Leistungserbringung eingesetzt wurde, wenn der Reinigungsdienst nunmehr durch eigene Arbeitnehmer/innen des Unternehmens verrichtet wird; hingegen sind die betreffenden Arbeitnehmer/innen zu übernehmen, wenn für diesen Reinigungsdienst neues Personal eingestellt werden müsste." Ausgangsverfahren und Vorlagefrage – 11 CLECE, ein Reinigungsunternehmen, schloss am 27. Mai 2003 einen Vertrag mit dem Ayuntamiento de Cobisa über die Reinigung der städtischen Schulen und Gebäude, ohne dass dabei festgestellt worden wäre, dass die betroffenen Dienstleistungen den Einsatz „besonderer Arbeitsgeräte" erforderten. 12 Auf der Grundlage dieses Vertrags arbeitet Frau Martín Valor seit dem 25. März 2004 als Reinigungskraft für CLECE. 13 Am 9. November 2007 teilte das Ayuntamiento de Cobisa CLECE seine Entscheidung mit, den zwischen ihm und diesem Unternehmen bestehenden Vertrag mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 aufzulösen. 14 Am 2. Januar 2008 teilte CLECE Frau Martín Valor mit, dass sie ab dem 1. Januar 2008 zur Belegschaft des Ayuntamiento de Cobisa gehöre, da dieses nunmehr die Reinigung der betreffenden Räumlichkeiten besorge. CLECE war nämlich der Ansicht, dass das Ayuntamiento de Cobisa gemäß Art. 14 des Tarifvertrags für den Reinigungsdienst in den Gebäuden und Räumlichkeiten der Provinz Toledo in Bezug auf sämtliche Rechte und Pflichten aus dem im Ausgangsverfahren fraglichen Arbeitsverhältnis an ihre Stelle getreten sei. 15 Frau Martín Valor erschien am selben Tag in den Räumlichkeiten des Ayuntamiento de Cobisa; es wurde ihr jedoch nicht gestattet, dort ihre Arbeit aufzunehmen. CLECE stellte sie an keinem anderen Arbeitsplatz wieder ein. 16 Das Ayuntamiento de Cobisa stellte am 10. Januar 2008 über eine Arbeitskräftevermittlung fünf Arbeitnehmerinnen für die Reinigung seiner Räumlichkeiten ein. 17 Frau Martín Valor erhob daraufhin beim Juzgado de lo Social n 2 de Toledo gegen CLECE und das Ayuntamiento de Cobisa Klage auf Feststellung, dass ihre Entlassung ungerechtfertigt gewesen sei. 18 Der Juzgado de lo Social n 2 de Toledo stellte mit Urteil vom 13. Mai 2008 fest, dass Art. 14 des Tarifvertrags für den Reinigungsdienst in den Gebäuden und Räumlichkeiten der Provinz Toledo nicht anwendbar und das Ayuntamiento de Cobisa folglich nicht passivlegitimiert sei. Das genannte Gericht erklärte ferner die Entlassung von Frau Martín Valor durch CLECE für ungerechtfertigt und verurteilte CLECE, Frau Martín Valor entweder zu den vor ihrer Entlassung geltenden Bedingungen wieder einzustellen oder ihr eine Entschädigung in Höhe von 6 507,10 Euro zu zahlen. In beiden Fällen war außerdem der Frau Martín Valor entgangene Lohn zu ersetzen. 19 Gegen dieses Urteil legte CLECE am 26. Dezember 2008 Rechtsmittel beim Tribunal Superior de Justicia de Castilla-La Mancha ein. Mit diesem Rechtsmittel machte CLECE u. a. geltend, das Ayuntamiento de Cobisa sei gemäß Art. 14 des Tarifvertrags für den Reinigungsdienst in den Gebäuden und Räumlichkeiten der Provinz Toledo in Verbindung mit Art. 44 des Arbeitnehmerstatuts und der von ihr zitierten Rechtsprechung in das mit Frau Martín Valor geschlossene Arbeitsverhältnis eingetreten. 20 Das vorlegende Gericht führt aus, dass aus einer durch ein Urteil des Tribunal Supremo vom 10. Dezember 2008 vereinheitlichten Rechtsprechung im Wesentlichen hervorgehe, dass die Bestimmungen eines Tarifvertrags für Reinigungsdienste in Gebäuden und Räumlichkeiten nicht auf das auftraggebende Unternehmen, das eine andere Tätigkeit ausübe, anzuwenden seien, wenn es nach Beendigung des Dienstleistungsvertrags mit einem Reinigungsunternehmen beschließe, die Reinigung in den eigenen Betrieben nunmehr selbst zu besorgen, da das auftraggebende Unternehmen vom Anwendungsbereich dieses Tarifvertrags nicht erfasst sei. 21 Vor diesem Hintergrund fragt das vorlegende Gericht, ob der Fall, dass eine Gemeinde beschließt, den zuvor durch einen inzwischen aufgelösten Vertrag an ein Reinigungsunternehmen vergebenen Reinigungsdienst in seinen verschiedenen Räumlichkeiten mittels seines eigenen Personals selbst zu übernehmen, und deshalb für diese Tätigkeit neues Personal einstellt, wobei sie nicht dem Tarifvertrag für Reinigungsdienste in Gebäuden und Räumlichkeiten, der für solche Fälle eine Übernahmeverpflichtung vorsieht, unterliegt, vom Anwendungsbereich des Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23 erfasst wird. 22 Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, ob im Ausgangsverfahren die mit der Anwendung des Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23 verbundenen Rechtsfolgen eintreten, obwohl das Ayuntamiento de Cobisa nicht dem Tarifvertrag für den Reinigungsdienst in den Gebäuden und Räumlichkeiten der Provinz Toledo unterliegt und die Besonderheiten bei öffentlichen Arbeitgebern zum Tragen kommen, weshalb die Arbeitsverhältnisse nach Art. 103 Abs. 3 der spanischen Verfassung spezifische Eigenheiten aufweisen. 23 Unter diesen Umständen hat das Tribunal Superior de Justicia de Castilla-La Mancha beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Wird der Fall, dass der Reinigungsdienst in den verschiedenen Räumlichkeiten einer Gemeindeverwaltung, der zuvor von einem beauftragten Unternehmen verrichtet wurde, von der Gemeinde wieder selbst durchgeführt oder von ihr übernommen wird und sie hierfür neues Personal einstellt, von dem in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b geregelten Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23 erfasst? Zur Vorlagefrage – 24 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23 in dem Sinne auszulegen ist, dass diese Richtlinie auf den Fall anwendbar ist, dass eine Gemeinde, die ein privates Unternehmen mit der Reinigung ihrer Räumlichkeiten betraut hatte, beschließt, den zwischen ihr und diesem Unternehmen bestehenden Vertrag aufzulösen und selbst diese Reinigungstätigkeiten durchzuführen sowie dafür neues Personal einzustellen. 25 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2001/23 gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. c für öffentliche Unternehmen gilt, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. 26 So hat der Gerichtshof entschieden, dass der Umstand allein, dass der Erwerber eine juristische Person des öffentlichen Rechts, im vorliegenden Fall eine Gemeinde, ist, es nicht ausschließt, dass ein in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23 fallender Übergang vorliegt (vgl. Urteile vom 26. September 2000, Mayeur, C-175/99, Slg. 2000, I-7755, Randnrn. 29, 33 und 34, und vom 29. Juli 2010, UGT-FSP, C-151/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 23). 27 Der Umstand, dass wie im Ausgangsverfahren einer der Betroffenen eine Gemeinde ist, steht der Anwendbarkeit der Richtlinie 2001/23 daher an sich nicht entgegen. 28 Nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. a ist die Richtlinie 2001/23 ferner auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar. 29 Hierzu ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung, dass sich die Tragweite der genannten Bestimmung nicht allein aufgrund einer wörtlichen Auslegung bestimmen lässt. Wegen der Unterschiede zwischen den sprachlichen Fassungen der Richtlinie und des unterschiedlichen Inhalts des Begriffs der vertraglichen Übertragung im Recht der Mitgliedstaaten hat der Gerichtshof diesen Begriff so weit ausgelegt, dass er dem Zweck der Richtlinie – nämlich, wie sich aus dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt, dem Schutz der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens – gerecht wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2007, Jouini u. a., C-458/05, Slg. 2007, I-7301, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). 30 So hat der Gerichtshof entschieden, dass die durch die Richtlinie 2001/23 kodifizierte Richtlinie 77/187 in allen Fällen anwendbar ist, in denen die für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten des Unternehmens eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt (vgl. Urteile vom 7. März 1996, Merckx und Neuhuys, C-171/94 und C-172/94, Slg. 1996, I-1253, Randnr. 28, und vom 10. Dezember 1998, Hernández Vidal u. a., C-127/96, C-229/96 und C-74/97, Slg. 1998, I-8179, Randnr. 23). 31 Der Gerichtshof hat außerdem festgestellt, dass der Fall, dass ein Unternehmen ein anderes Unternehmen mit der Reinigung seiner Räumlichkeiten oder eines Teils derselben beauftragt hat und beschließt, den Vertrag mit diesem Unternehmen zu kündigen und fortan selbst für die Durchführung dieser Arbeiten zu sorgen, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 77/187 fallen kann (vgl. Urteil Hernández Vidal u. a., Randnr. 25). 32 Demnach lässt sich nicht ohne Weiteres ausschließen, dass die Richtlinie 2001/23 in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem eine Gemeinde einseitig beschließt, den mit einem privaten Unternehmen geschlossenen Vertrag aufzulösen und selbst die diesem übertragenen Reinigungstätigkeiten durchzuführen, anwendbar ist. 33Damit die Richtlinie 2001/23 anwendbar ist, muss der Übergang jedoch gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie eine wirtschaftliche Einheit betreffen, die nach dem Inhaberwechsel ihre Identität bewahrt. 34 Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. u. a. Urteile vom 18. März 1986, Spijkers, 24/85, Slg. 1986, 1119, Randnr. 13, vom 19. Mai 1992, Redmond Stichting, C-29/91, Slg. 1992, I-3189, Randnr. 24, vom 11. März 1997, Süzen, C-13/95, Slg. 1997, I-1259, Randnr. 14, sowie vom 20. November 2003, Abler u. a., C-340/01, Slg. 2003, I-14023, Randnr. 33). 35 Der Gerichtshof hat zuvor darauf hingewiesen, dass eine wirtschaftliche Einheit in bestimmten Branchen ohne nennenswerte materielle oder immaterielle Betriebsmittel tätig sein kann, so dass die Wahrung der Identität einer solchen Einheit über die sie betreffende Transaktion hinaus nicht von der Übertragung derartiger Betriebsmittel abhängen kann (vgl. Urteile Süzen, Randnr. 18, Hernández Vidal u. a., Randnr. 31, und UGT-FSP, Randnr. 28). 36 So hat der Gerichtshof entschieden, dass in bestimmten Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen kann und dass in diesem Fall eine solche Einheit ihre Identität über ihren Übergang hinaus bewahren kann, wenn der neue Unternehmensinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft übernimmt, die sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hatte. Denn dann erwirbt der neue Unternehmensinhaber eine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die ihm die Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens auf Dauer erlaubt (vgl. Urteile Süzen, Randnr. 21, Hernández Vidal u. a., Randnr. 32, vom 10. Dezember 1998, Hidalgo u. a., C-173/96 und C-247/96, Slg. 1998, I-8237, Randnr. 32, vom 24. Januar 2002, Temco, C-51/00, Slg. 2002, I-969, Randnr. 33, und UGT-FSP, Randnr. 29). 37 Wie sich aus Randnr. 31 des vorliegenden Urteils ergibt, spielt es insoweit keine Rolle, ob die Übernahme eines wesentlichen Teils des Personals im Rahmen der zwischen Veräußerer und Erwerber vereinbarten vertraglichen Übertragung erfolgt oder ob sie auf einer einseitigen Entscheidung des früheren Inhabers, die Arbeitsverträge des übergegangenen Personals zu kündigen, gefolgt von einer einseitigen Entscheidung des neuen Inhabers, im Wesentlichen dasselbe Personal zur Erfüllung derselben Aufgaben einzustellen, beruht. 38 Läge nämlich im Fall einer Übernahme eines wesentlichen Teils des Personals nur dann ein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23 vor, wenn diese Übernahme vertraglich vereinbart wurde, würde der mit dieser Richtlinie angestrebte Schutz der Arbeitnehmer ins Belieben der Unternehmensinhaber gestellt und diese könnten, indem sie den Abschluss entsprechender Verträge unterließen, die Anwendung der genannten Richtlinie auf Kosten der Wahrung der Ansprüche der übernommenen Arbeitnehmer, die doch durch Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 gewährleistet werden, umgehen. 39 Zwar ist bei einer Reinigungstätigkeit wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs anzunehmen, dass es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt (vgl. in diesem Sinne Urteile Hernández Vidal u. a., Randnr. 27, Hidalgo u. a., Randnr. 26, sowie Jouini u. a., Randnr. 32), und folglich kann eine Gesamtheit von Arbeiternehmern, der auf Dauer eine gemeinsame Reinigungstätigkeit zugewiesen ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen, ohne dass weitere Betriebsmittel vorhanden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Hernández Vidal u.a., Randnr. 27). Diese wirtschaftliche Einheit muss ihre Identität jedoch über die betreffende Transaktion hinaus gewahrt haben. 40 Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich insoweit, dass das Ayuntamiento de Cobisa für die Besorgung des zuvor CLECE übertragenen Reinigungsdienstes in seinen Schulen und Räumlichkeiten neues Personal eingestellt und nicht die zuvor durch CLECE mit diesem Dienst betrauten Arbeitnehmer – wie im Übrigen auch keine materiellen oder immateriellen Betriebsmittel dieses Unternehmens – übernommen hat. Unter diesen Umständen ist das Einzige, was eine Verbindung zwischen den von CLECE ausgeübten Tätigkeiten und den vom Ayuntamiento de Cobisa übernommenen Tätigkeiten herstellt, der Gegenstand dieser Tätigkeiten, nämlich die Reinigung von Räumlichkeiten. 41 Der bloße Umstand, dass die von CLECE und die vom Ayuntamiento de Cobisa durchgeführten Tätigkeiten einander ähnlich oder sogar identisch sind, lässt jedoch nicht auf die Wahrung der Identität einer wirtschaftlichen Einheit schließen. Eine Einheit darf nämlich nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Ihre Identität ergibt sich aus mehreren untrennbar zusammenhängenden Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (vgl. in diesem Sinne Urteile Süzen, Randnr.15, Hernández Vidal u. a., Randnr. 30, sowie Hidalgo u. a., Randnr. 30). Insbesondere kann eine wirtschaftliche Einheit wie die im Ausgangsverfahren fragliche, bei der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, ihre Identität nicht gewahrt haben, wenn ihre Hauptbelegschaft vom angeblichen Erwerber nicht übernommen wird. 42 Unbeschadet einer eventuellen Anwendbarkeit der nationalen Schutzvorschriften führt daher im Ausgangsverfahren die bloße Übernahme des zuvor CLECE übertragenen Reinigungsdienstes durch das Ayuntamiento de Cobisa als solche nicht zum Vorliegen eines Übergangs im Sinne der Richtlinie 2001/23. 43 Auf die vorgelegte Frage ist daher zu antworten, dass Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23 in dem Sinne auszulegen ist, dass diese Richtlinie nicht auf den Fall anwendbar ist, dass eine Gemeinde, die ein privates Unternehmen mit der Reinigung ihrer Räumlichkeiten betraut hatte, beschließt, den zwischen ihr und diesem Unternehmen bestehenden Vertrag aufzulösen und selbst diese Reinigungstätigkeiten durchzuführen sowie dafür neues Personal einzustellen. Kosten 44 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist in dem Sinne auszulegen, dass diese Richtlinie nicht auf den Fall anwendbar ist, dass eine Gemeinde, die ein privates Unternehmen mit der Reinigung ihrer Räumlichkeiten betraut hatte, beschließt, den zwischen ihr und diesem Unternehmen bestehenden Vertrag aufzulösen und selbst diese Reinigungstätigkeiten durchzuführen sowie dafür neues Personal einzustellen.
- EuGH, Urt. v. 22.12.2010 - C - 215 / 09 - Art. 1 II RL 2004/18/EG – VKR – Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz – Gemeinschaftsunternehmen – Anhang II Teil B – Eingreifen des Vergaberegimes - Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: Die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Arbeitgeber, wenn er mit einem von ihm unabhängigen privaten Unternehmen einen Vertrag über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in der Form einer Aktiengesellschaft schließt, dessen Gegenstand die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz ist, den Auftrag über die Dienstleistungen für seine eigenen Beschäftigten, dessen Wert die von dieser Richtlinie vorgesehene Schwelle überschreitet und der sich von dem Vertrag zur Gründung dieses Unternehmens trennen lässt, unter Einhaltung der Bestimmungen der genannten Richtlinie vergeben muss, die für die unter ihren Anhang II Teil B fallenden Dienstleistungen gelten. – Urteil: 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der im Hinblick auf die Umstände des Ausgangsrechtsstreits relevanten Bestimmungen der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114). 2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mehiläinen Oy und der Terveystalo Healthcare Oy, vormals Suomen Terveystalo Oyj, Aktiengesellschaften nach finnischem Recht, einerseits und Oulun kaupunki (Stadt Oulu) andererseits über die rechtliche Einordnung einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Oulun kaupunki und der ODL Terveys Oy, einer privaten, von der Stadt unabhängigen Gesellschaft (im Folgenden: privater Partner), betreffend die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, der ODL Oulun Työterveys Oy (im Folgenden: Gemeinschaftsunternehmen), unter dem Blickwinkel der Unionsvorschriften über öffentliche Aufträge. Rechtlicher Rahmen - Unionsrecht - 3 Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 enthält folgende Definitionen: „a) „ Öffentliche Aufträge" sind zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie. …d) „Öffentliche Dienstleistungsaufträge" sind öffentliche Aufträge über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Anhang II, die keine öffentlichen Bau- oder Lieferaufträge sind. …" 4 Art. 2 („Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen") dieser Richtlinie sieht vor: „Die öffentlichen Auftraggeber behandeln alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nichtdiskriminierend und gehen in transparenter Weise vor." 5 Nach Art. 7 („Schwellenwerte für öffentliche Aufträge") der Richtlinie 2004/18 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1422/2007 der Kommission vom 4. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Schwellenwerte für Auftragsvergabeverfahren (ABl. L 317, S. 34) angepassten Fassung gilt diese Richtlinie für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die von anderen öffentlichen Auftraggebern als zentralen Regierungsbehörden vergeben werden und deren geschätzter Wert netto ohne Mehrwertsteuer 206 000 Euro erreicht oder überschreitet. 6 Gemäß Anhang II Teil B der Richtlinie 2004/18 fallen Gesundheitsdienstleistungen unter die Kategorie 25 („Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen") dieses Anhangs. 7 Art. 21 dieser Richtlinie lautet: „Aufträge über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil B unterliegen nur Artikel 23 und Artikel 35 Absatz 4." 8 Art. 23 der Richtlinie 2004/18, der in Kapitel IV („Besondere Vorschriften über die Verdingungsunterlagen und die Auftragsunterlagen") der Richtlinie enthalten ist, betrifft die technischen Spezifikationen in den Auftragsunterlagen; Art. 35 Abs. 4 der Richtlinie, der in Kapitel VI („Vorschriften über die Veröffentlichung und die Transparenz") der Richtlinie enthalten ist, bezieht sich auf die Informationspflichten der öffentlichen Auftraggeber bezüglich der Ergebnisse des Verfahrens zur Vergabe eines Auftrags. Nationales Recht – 9 Im finnischen Gesetz 1383/2001 über die Arbeitsgesundheitsfürsorge (Työterveyshuoltolaki) ist die Verpflichtung sowohl der öffentlichen als auch der privaten Arbeitgeber zur Organisation einer Arbeitsgesundheitsfürsorge für ihre Arbeitnehmer geregelt. 10 Gemäß § 3 Nr. 1 dieses Gesetzes ist Arbeitsgesundheitsfürsorge die vom Arbeitgeber zu organisierende Tätigkeit von Fachkräften und Sachverständigen der Arbeitsgesundheitsfürsorge, mit der die Vorbeugung gegen mit der Arbeit zusammenhängende Krankheiten und Unfälle, ein gesunder und sicherer Arbeitsplatz und ein entsprechendes Arbeitsumfeld, das Funktionieren der Arbeitsgemeinschaft sowie die Gesundheit und die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer gefördert werden. 11 Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Arbeitsgesundheitsfürsorge muss der Arbeitgeber auf seine Kosten eine Arbeitsgesundheitsfürsorge organisieren, um den durch die Arbeit und die Arbeitsverhältnisse verursachten Gesundheitsgefahren und -schäden vorzubeugen und sie zu bekämpfen und um die Sicherheit, die Arbeitsfähigkeit und die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. 12 Gemäß § 7 des Gesetzes 1383/2001 kann der Arbeitgeber die Dienstleistungen der Arbeitsgesundheitsfürsorge im Sinne dieses Gesetzes organisieren, indem er die von ihm benötigten Dienstleistungen von einem „Gesundheitszentrum" im Sinne des Gesetzes 66/1972 über die Gesundheit der Bevölkerung (Kansanterveyslaki) bezieht, die von ihm benötigten Dienstleistungen der Arbeitsgesundheitsfürsorge selbst oder gemeinsam mit anderen Arbeitgebern organisiert oder die von ihm benötigten Dienstleistungen von einer sonstigen zur Erbringung von Dienstleistungen der Arbeitsgesundheitsfürsorge befugten Stelle oder Person bezieht. 13 Gemäß § 87a Abs. 1 des finnischen Gesetzes 365/1995 über die Kommunen (Kuntalaki) in der Fassung des Gesetzes 519/2007, in Kraft getreten am 15. Mai 2007, kann eine Gemeinde oder ein Zweckverband von Gemeinden einen kommunalen Wirtschaftsbetrieb zum Zweck der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit oder zur Erfüllung einer nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen durchzuführenden Aufgabe gründen. Die kommunalen Wirtschaftsbetriebe haben keine Rechtspersönlichkeit, sondern sind organisatorisch in die Gemeinde eingegliedert; für ihre Tätigkeit gelten die Rechtsvorschriften über die Tätigkeit der Gemeinde. 14 Die Richtlinie 2004/18 ist durch das Gesetz 348/2007 über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Hankintalaki) in das finnische Recht umgesetzt worden; Art. 5 Abs. 1 dieses Gesetzes enthält eine Definition des Begriffs „öffentlicher Auftrag", der dem des Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 entspricht. 15 Nach den vorbereitenden Arbeiten zu diesem Gesetz (Vorlage der Regierung 50/2006 vp) ist ein Vertrag über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags im Allgemeinen ein privatrechtlicher Vertrag zwischen zwei verschiedenen Rechtspersonen. Daher seien organisationsinterne Verträge im Allgemeinen nicht als Verträge über die Vergabe öffentlicher Aufträge anzusehen. Ein Vertrag sei nicht als Vertrag über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags anzusehen, wenn sein Hauptzweck auf eine andere Tätigkeit als die Vergabe eines Auftrags gerichtet sei. Insbesondere sei zu prüfen, ob die Regelung oder der Vertragskomplex eine untrennbare Einheit bildeten, aus der sich die Vergabe nicht herauslösen lasse. 16 Gemäß seinem § 10 ist dieses Gesetz nicht auf Aufträge anwendbar, die der öffentliche Auftraggeber an eine Einrichtung vergibt, die formal von ihm getrennt ist und ihm gegenüber eigene Entscheidungsgewalt besitzt, über die er aber alleine oder gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt und die ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die öffentlichen Auftraggeber verrichtet, deren Kontrolle sie untersteht. Mit dieser Bestimmung wird die nationale Regelung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil vom 18. November 1999, Teckal, C-107/98, Slg. 1999, I-8121, Randnr. 50) angepasst. Ausgangsverfahren und Vorlagefragen 17 Der Stadtrat von Oulun kaupunki beschloss am 21. April 2008, mit dem privaten Partner ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, das unter das Gesetz 624/2006 über die Aktiengesellschaft fallen und seine Tätigkeit am 1. Juni 2008 aufnehmen sollte. Beide Vertragspartner sollten zu gleichen Teilen an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt sein und die Geschäftsleitung gemeinsam ausüben. 18 Die Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens sollte in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz bestehen, und die beiden Vertragspartner beabsichtigten, diese Tätigkeit in erster Linie und in zunehmendem Maß auf private Kunden auszurichten. Sie verpflichteten sich jedoch, die Gesundheitsdienstleistungen, die sie als Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern nach den nationalen Vorschriften gewähren müssen, für eine Übergangszeit von vier Jahren (im Folgenden: Übergangszeit) von dem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen. 19 Oulun kaupunki zufolge wurde für die Übergangszeit ein Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens von etwa 90 Millionen Euro erwartet, wovon 18 Millionen Euro auf den Wert der Dienstleistungen entfielen, die sie an ihre Arbeitnehmer erbringen müsse. 20 Die beiden Vertragspartner sollten ihre Betriebseinheiten, die dafür zuständig waren, die nach den anwendbaren nationalen Vorschriften vorgeschriebenen Gesundheitsdienstleistungen an ihre Arbeitnehmer zu erbringen, als Sacheinlage auf das Gemeinschaftsunternehmen übertragen. Daher übertrug Oulun kaupunki ihren Wirtschaftsbetrieb Oulun työterveys (im Folgenden: kommunaler Wirtschaftsbetrieb), der bei ihr für die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit am Arbeitsplatz zuständig war und dessen Wert zwischen 2,5 und 3,4 Millionen Euro betrug, auf das Gemeinschaftsunternehmen, während der private Partner seine entsprechende Betriebseinheit mit einem geschätzten Wert zwischen 2,2 und 3 Millionen Euro übertrug. 21 Oulun kaupunki zufolge machten die Dienstleistungen im Bereich Gesundheit am Arbeitsplatz, die ihren Beschäftigten erbracht wurden, etwa 38 % des Umsatzes des kommunalen Wirtschaftsbetriebs aus. Der übrige Umsatz werde durch Dienstleistungen an private Kunden erzielt. 22 Im Protokoll der Sitzung des Stadtrats von Oulun kaupunki, die zum Beschluss vom 21. April 2008 führte, heißt es: „Die Parteien sind ferner darüber eingekommen, die Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz während einer Übergangszeit von vier Jahren von de[m] [Gemeinschaftsunternehmen] zu beziehen. Die Stadt wird diese Dienstleistungen im gleichen Umfang beziehen wie bisher von dem jetzigen Wirtschaftsbetrieb … Das [Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge] schreibt vor, dass die Stadt ihre Dienstleistungen im Bereich Gesundheit am Arbeitsplatz öffentlich ausschreibt, wenn sie in die Verantwortung [des Gemeinschaftsunternehmens] übergegangen sind. Während der Übergangszeit ist es jedoch u. a. aus folgenden Gründen angezeigt, dass die Stadt Kundin des [Gemeinschaftsunternehmens] bleibt: – Auf diese Weise wird die Stellung der von der Stadt [in das Gemeinschaftsunternehmen] wechselnden Beschäftigten gesichert. – Der jetzige Vertrag der Stadt ist vorteilhaft und wettbewerbsfähig. – Es werden gute Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit [des Gemeinschaftsunternehmens] geschaffen." 23 Diesem Protokoll zufolge unterzeichnete Oulun kaupunki am 24. April 2008 einen Vertrag mit dem privaten Partner, in dem sie sich verpflichtete, die Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz für ihre Bediensteten während der Übergangszeit von dem zu gründenden Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen. Nach Ablauf dieser Übergangszeit beabsichtigte Oulun kaupunki nach eigenen Angaben, diese Dienstleistungen im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auszuschreiben. 24 Somit ergibt sich aus diesem Protokoll, dass Oulun kaupunki als öffentliche Auftraggeberin die Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz, die sie ihren Arbeitnehmern nach den nationalen Vorschriften gewähren musste, für die Übergangszeit nicht ausgeschrieben hat. Auch der private Partner wurde nicht auf eine Ausschreibung hin ausgewählt. 25 Auf Antrag von Konkurrenzunternehmen, die daran interessiert waren, Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz an die Beschäftigten von Oulun kaupunki zu erbringen, untersagte das vorlegende Gericht Oulun kaupunki unter Androhung eines Bußgelds von 200 000 Euro bis auf Weiteres, den Beschluss des Stadtrats vom 21. April 2008 auf irgendeine Weise auszuführen, soweit er den Bezug von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz für ihre Beschäftigten durch Oulun kaupunki vom Gemeinschaftsunternehmen betrifft. Am 26. August 2008 beschloss Oulun kaupunki, die Geschäftstätigkeit des kommunalen Wirtschaftsbetriebs dergestalt auf das Gemeinschaftsunternehmen zu übertragen, dass die Arbeitsgesundheitsfürsorge für ihre Beschäftigten bis zur endgültigen Entscheidung des angerufenen Gerichts von der Übertragung ausgenommen bleibt. 26 Angesichts der gegensätzlichen Argumente, die die Parteien des Ausgangsverfahrens zum Wesen des streitigen Vorgangs im Licht der Unionsvorschriften über öffentliche Aufträge vorgebracht haben, hat das Markkinaoikeus beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen: 1. Handelt es sich bei einer Regelung, in deren Rahmen ein kommunaler öffentlicher Auftraggeber mit einem ihm gegenüber eigenständigen privaten Unternehmen in Form einer Gesellschaft einen Vertrag über die Gründung eines neuen Unternehmens in Form einer Aktiengesellschaft schließt, an dem beide im Hinblick auf Anteile und Entscheidungsbefugnisse in gleichem Umfang beteiligt sind und dessen Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz für seine Bediensteten zu beziehen sich der kommunale öffentliche Auftraggeber bei Gründung des Unternehmens verpflichtet, insgesamt betrachtet um eine Regelung, die eine Ausschreibung erfordert, weil sich diese vertragliche Gesamtregelung als Vergabe eines Dienstleistungsauftrags im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG darstellt, oder handelt es sich um die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens und die Übertragung der Geschäftstätigkeit eines kommunalen Wirtschaftsbetriebs, auf den die genannte Richtlinie und die sich aus ihr ergebende Verpflichtung zu einer Ausschreibung keine Anwendung finden? 2. Ist im vorliegenden Fall darüber hinaus von Bedeutung, dass a) sich Oulun kaupunki als kommunale Auftraggeberin verpflichtet hat, die oben genannten Dienstleistungen gegen Entgelt während einer Übergangszeit von vier Jahren zu beziehen, nach deren Ablauf sie gemäß ihrem Beschluss beabsichtigt, die von ihr benötigten Dienstleistungen der Arbeitsgesundheitsfürsorge wieder auszuschreiben, b) der Umsatz des kommunalen Wirtschaftsbetriebs, der organisatorisch zu Oulun kaupunki gehörte, vor der fraglichen Regelung zum größten Teil durch andere Leistungen als die für die Bediensteten der Stadt erbrachten Dienstleistungen der Arbeitsgesundheitsfürsorge erzielt wurde, c) das neue Unternehmen in der Weise gegründet wird, dass die Geschäftstätigkeit des kommunalen Wirtschaftsbetriebs, die in Dienstleistungen der Arbeitsgesundheitsfürsorge sowohl für die Arbeitnehmer der Stadt als auch für private Kunden besteht, als Sacheinlage übertragen werden soll? Zu den Vorlagefragen - 27 Mit den beiden Vorlagefragen, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass sie auf eine Vereinbarung Anwendung findet, in deren Rahmen ein öffentlicher Auftraggeber mit einer privaten, von ihm unabhängigen Einrichtung einen Vertrag über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in der Form einer Aktiengesellschaft schließt und sich bei der Gründung dieses Unternehmens verpflichtet, die Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz, die er seinen Arbeitnehmern gewähren muss, von diesem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen. 28 Aus dem Wortlaut dieser Fragen und dem Zusammenhang, in dem sie stehen, ergibt sich, dass sie sich insbesondere auf die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz durch das Gemeinschaftsunternehmen an Oulun kaupunki für deren Beschäftigte beziehen, da dies der von der Stadt eingegangenen Verpflichtung entspricht, diese Dienstleistungen, die ihr zuvor von einem organisatorisch in sie eingegliederten kommunalen Wirtschaftsbetrieb erbracht worden waren, während einer Übergangszeit von vier Jahren von dem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen. 29 Zunächst ist festzustellen, dass Oulun kaupunki im Ausgangsverfahren öffentliche Auftraggeberin im Sinne des Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 ist und dass die fraglichen Dienstleistungen unter den Begriff „ Gesundheitswesen" im Sinne der Kategorie 25 des Anhangs II Teil B dieser Richtlinie fallen. Die Verpflichtung von Oulun kaupunki, die betreffenden Dienstleistungen für ihre Beschäftigten von dem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen, impliziert, dass ein entgeltlicher Vertrag zwischen Oulun kaupunki und diesem Unternehmen besteht. Darüber hinaus ergibt sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts, dass der geschätzte Wert dieses Vertrags von etwa 18 Millionen Euro die maßgebliche Schwelle der Richtlinie 2004/18 überschreitet. 30 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2004/18 nicht zwischen öffentlichen Aufträgen unterscheidet, die ein öffentlicher Auftraggeber vergibt, um seine im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu erfüllen, und solchen Aufträgen, die nicht im Zusammenhang mit diesen Aufgaben stehen, wie etwa – wie im vorliegenden Fall – die Erfüllung einer Verpflichtung, die ihm als Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern obliegt (vgl. u. a. Urteil vom 15. Juli 2010, Kommission/Deutschland, C-271/08, Slg. 2019, I-0000, Randnr. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). 31 Dies vorausgeschickt, ist darauf hinzuweisen, dass eine öffentliche Stelle ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mit ihren eigenen Mitteln und auch in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erfüllen kann, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden, die nicht zu ihren Dienststellen gehören (Urteil vom 9. Juni 2009, Kommission/Deutschland, C-480/06, Slg. 2009, I-4747, Randnr. 45). Zudem steht es den öffentlichen Verwaltungen nach Nr. 1 der Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen auf institutionalisierte öffentlich-private Partnerschaften (IÖPP) (ABl. 2008 C 91, S. 4) frei, eine Wirtschaftstätigkeit selbst auszuüben oder sie einem Dritten, beispielsweise einem im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft gegründeten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, zu übertragen. 32 Darüber hinaus ist die Anwendung des Unionsrechts im Bereich der öffentlichen Aufträge zwar ausgeschlossen, wenn der öffentliche Auftraggeber über den Auftragnehmer eine Kontrolle ausübt wie über seine eigenen Dienststellen und wenn der Auftragnehmer seine Tätigkeit im Wesentlichen für den Auftraggeber verrichtet, der seine Anteile innehat (vgl. Urteil Teckal, Randnr. 50). Eine – auch minderheitliche – Beteiligung eines privaten Unternehmens am Grundkapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt ist, schließt jedoch aus, dass dieser über die Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausüben kann wie über seine eigenen Dienststellen (vgl. u. a. Urteile vom 10. September 2009, Sea, C-573/07, Slg. 2009, I-8127, Randnr. 46, und vom 15. Oktober 2009, Acoset, C-196/08, Slg. 2009, I-9913, Randnr. 53). 33 Was insbesondere die Frage des vorlegenden Gerichts betrifft, ob die Verpflichtung von Oulun kaupunki, die Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz, die sie ihren Arbeitnehmern gewähren muss, während der Übergangszeit von dem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen, deswegen aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften der Richtlinie 2004/18 herausfällt weil sie Bestandteil des Vertrags über die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens ist, ist darauf hinzuweisen, dass die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch einen öffentlichen Auftraggeber und einen privaten Wirtschaftsteilnehmer als solche nicht unter die Richtlinie 2004/18 fällt. Darauf wird im Übrigen in Nr. 66 des Grünbuchs der Kommission zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen (COM[2004] 327 endg.) hingewiesen. 34 Nach Nr. 69 dieses Grünbuchs sollte man sich jedoch vergewissern, dass eine Kapitalübertragung in Wirklichkeit nicht als Deckmantel für die Übertragung von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionen an einen privaten Partner dient. Wie in Punkt 2.1 der oben genannten Mitteilung der Kommission ausgeführt wird, kann im Übrigen die Tatsache, dass eine private Partei und ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens zusammenarbeiten, nicht dazu führen, dass die rechtlichen Bestimmungen über öffentliche Aufträge bei der Vergabe eines solchen Auftrags an die betreffende private Partei oder das gemischtwirtschaftliche Unternehmen unbeachtet bleiben (vgl. in diesem Sinne Urteil Acoset, Randnr. 57). 35 In Anbetracht dieser allgemeinen Leitlinien ist zu bestimmen, ob und inwieweit die Richtlinie 2004/18 im Rahmen des Ausgangsverfahrens Anwendung finden kann. 36 Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass ein gemischter Vertrag, dessen einzelne Teile untrennbar miteinander verbunden sind und somit ein unteilbares Ganzes bilden, im Hinblick auf seine rechtliche Einordnung in seiner Gesamtheit und einheitlich zu prüfen und auf der Grundlage der Vorschriften über öffentliche Aufträge, die den Teil regeln, der seinen Hauptgegenstand oder vorherrschenden Bestandteil bildet, zu untersuchen ist (Urteil vom 6. Mai 2010, Club Hotel Loutraki u. a., C-145/08 und C-149/08, Slg. 2010, I-0000, Randnrn. 48 und 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 37 Daraus folgt, dass im Hinblick auf die Anwendung der Richtlinie 2004/18 zu prüfen ist, ob sich der Teil, der die Gesundheitsdienstleistungen für die Beschäftigten von Oulun kaupunki betrifft und der grundsätzlich unter diese Richtlinie fällt, von dem Vertrag trennen lässt. 38 Hierzu ist das Protokoll der Sitzung des Stadtrats von Oulun kaupunki vom 21. April 2008 heranzuziehen, aus dem die Gründe für die von der Stadt bei der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens eingegangene Verpflichtung hervorgehen. Darüber hinaus ergibt sich aus den Erläuterungen von Oulun kaupunki in der mündlichen Verhandlung, dass sie diesen Teil des Vertrags deswegen als unabtrennbar ansieht, weil der Wert der Verpflichtung, Gesundheitsdienstleistungen während der Übergangszeit von dem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen, Teil ihrer Sacheinlage in das Kapital dieses Unternehmens gewesen sei und diese Sacheinlage wirtschaftlich eine Bedingung für dessen Gründung dargestellt habe. 39 Es reicht allerdings nicht aus, dass die Absicht der Vertragsparteien, die verschiedenen Teile eines gemischten Vertrags als untrennbar zu betrachten, zum Ausdruck gebracht oder vermutet wird; diese Absicht muss sich vielmehr auf objektive Gesichtspunkte stützen, die sie rechtfertigen und die Notwendigkeit begründen können, einen einheitlichen Vertrag abzuschließen. 40 Zu dem Argument von Oulun kaupunki, wonach die Stellung der von der Stadt in das Gemeinschaftsunternehmen wechselnden Beschäftigten durch die eingegangene Verpflichtung gesichert werde, ist darauf hinzuweisen, dass für diese Sicherung auch im Rahmen eines dem Diskriminierungsverbot und dem Transparenzgebot genügenden Vergabeverfahrens hätte gesorgt werden können, in dem das Erfordernis dieser Sicherung zu den Bedingungen für die Auftragsvergabe gezählt hätte. 41 Was die Argumente von Oulun kaupunki betrifft, wonach „[d]er jetzige Vertrag der Stadt … vorteilhaft und wettbewerbsfähig" sei und „gute Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit [des Gemeinschaftsunternehmens] geschaffen [würden]", ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen ohne Ausschreibung das Ziel eines freien und unverfälschten Wettbewerbs und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Interessenten beeinträchtigen würde, weil ein solches Verfahren einem am Kapital dieses Unternehmens beteiligten privaten Unternehmen einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffen würde (Urteil Acoset, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Solche Argumente lassen nicht den Schluss zu, dass sich der Teil, der die Gesundheitsdienstleistungen für die Beschäftigten von Oulun kaupunki betrifft, nicht von dem Rest des Vertrags trennen ließe. 42 Unter diesen Umständen stellt die behauptete, aber nicht nachgewiesene Einbeziehung des Werts der von Oulun kaupunki eingegangenen Verpflichtung in ihre Sacheinlage in das Kapital des Gemeinschaftsunternehmens eine Rechtstechnik dar, die es ebenfalls nicht erlaubt, diesen Teil des gemischten Vertrags als von diesem untrennbar anzusehen. 43 Wie die tschechische Regierung und die Kommission geltend gemacht haben, bestätigt darüber hinaus der Umstand, dass die öffentliche Auftraggeberin im Ausgangsverfahren erklärt hat, die Dienstleistungen der Arbeitsgesundheitsfürsorge für ihre Beschäftigten nach Ablauf der Übergangszeit ausschreiben zu wollen, die Abtrennbarkeit dieses Teils von dem Rest des gemischten Vertrags. 44 Dass das Gemeinschaftsunternehmen seit August 2008 ohne diesen Teil tätig ist, zeigt ferner, dass die beiden Partner offenbar in der Lage sind, den Auswirkungen zu begegnen, die dies möglicherweise auf die finanzielle Situation des Gemeinschaftsunternehmens hat, was ein weiteres stichhaltiges Indiz für die Abtrennbarkeit dieses Teils darstellt. 45 Anders als aus den Umständen, die dem oben genannten Urteil Loutraki u. a. zugrunde lagen, ergibt sich aus diesen Feststellungen objektiv nicht, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende gemischte Vertrag mit einem einzigen Partner geschlossen werden musste (vgl. in diesem Sinne Urteil Loutraki u. a., Randnr. 53). 46 Da sich der Teil des gemischten Vertrags, in dem Oulun kaupunki sich verpflichtet, die Gesundheitsdienstleistungen für ihre Beschäftigten von dem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen, somit von diesem Vertrag abtrennen lässt, finden die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2004/18 in einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens auf die Vergabe dieses Teils Anwendung. 47 Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass ein öffentlicher Arbeitgeber, wenn er mit einem von ihm unabhängigen privaten Unternehmen einen Vertrag über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in der Form einer Aktiengesellschaft schließt, dessen Gegenstand die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz ist, den Auftrag über die Dienstleistungen für seine eigenen Beschäftigten, dessen Wert die von dieser Richtlinie vorgesehene Schwelle überschreitet und der sich von dem Vertrag zur Gründung dieses Unternehmens trennen lässt, unter Einhaltung der Bestimmungen der genannten Richtlinie vergeben muss, die für die unter ihren Anhang II Teil B fallenden Dienstleistungen gelten. Kosten 48 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. - Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: Die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Arbeitgeber, wenn er mit einem von ihm unabhängigen privaten Unternehmen einen Vertrag über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in der Form einer Aktiengesellschaft schließt, dessen Gegenstand die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz ist, den Auftrag über die Dienstleistungen für seine eigenen Beschäftigten, dessen Wert die von dieser Richtlinie vorgesehene Schwelle überschreitet und der sich von dem Vertrag zur Gründung dieses Unternehmens trennen lässt, unter Einhaltung der Bestimmungen der genannten Richtlinie vergeben muss, die für die unter ihren Anhang II Teil B fallenden Dienstleistungen gelten.
- OLG München, Beschluss vom 17.01.2011, Verg 2 / 11 - § 19 III f) EG VOL/A – Transport und Verwertung von Metallschrott und Elektrogeräten – Ausschluss – Kenntnis wesentlicher Angebotsteile des Angebots eines Konkurrenten – Kenntnis und Zeitpunkt - Leitsatz : Die Kenntnis wesentlicher Teile des Angebotes eines konkurrierenden Bieters stellt eine zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führende wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise dar. Für die Kenntnis kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung des Angebots durch das zuständige Organ des Bieters bzw. auf den Zeitpunkt der Einreichung des Angebotes bei der Vergabestelle an. - Beschluss – „I. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 20.12.2010 bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen. II. Der Antragstellerin wird aufgegeben, dem Senat binnen 2 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses mitzuteilen, ob sie ihre Beschwerde aufrechterhält." - Gründe: I. Die Antragsgegnerin schrieb im September 2010 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege des offenen Verfahrens europaweit die Vergabe von Transport- und Verwertungsleistungen von Metallschrott und Elektrogeräten aus. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden. Zum Submissionstermin am 25.10.2010 lagen vier Angebote, darunter das der Antragstellerin vor. Die Antragstellerin lag mit ihrer Angebotssumme an erster Stelle. Mit Schreiben vom 03.11.2010 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin darüber, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu vergeben. Das Angebot der Antragstellerin sei wegen unzulässiger wettbewerbsbeschränkender Abreden auszuschließen. Das Angebot der Antragstellerin und der Firma IK GmbH (im Folgenden IK GmbH) wurden ausweislich der Eingangsvermerke der Vergabestelle gleichzeitig am 25.10.2010 von Herrn H. bei der Vergabestelle abgegeben. Die IK GmbH ist Gesellschafterin bei der Antragstellerin, allerdings mit einem Anteil von weniger als 50 % des Stammkapitals. Herr P.K. ist alleiniger Geschäftsführer sowohl der Antragstellerin als auch der IK GmbH. Er hat in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer das Angebot der IK GmbH am 20.10.2010 und das Angebot der Antragstellerin am 21.10.2010 unterzeichnet. Beide Angebote sind, wie auch schon am Schriftbild ersichtlich ist, unstreitig von gleicher Hand ausgefüllt worden. Die Antragstellerin und die IK GmbH haben sich in ihren Angeboten wechselseitig als Subunternehmer benannt. Das Angebot der Antragstellerin hat Herr H. erstellt und mit dem Prokuristen A.K. durchgesprochen. Das Angebot der IK GmbH hat Herr H. ohne Beteiligung von Herrn A.K. erstellt. Mit Rüge vom 05.11.2010 wandte sich die Antragstellerin gegen ihren Ausschluss vom Verfahren. Mit Schreiben vom 10.11.2010 hat die Vergabestelle der Rüge nicht abgeholfen. Den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 15.11.2010 hat die Vergabekammer Südbayern mit Beschluss vom 20.12.2010, der der Antragstellerin am 21.12.2010 zugestellt wurde, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 04.01.2011 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 03.01.2011. Die Antragstellerin beantragt: 1. Die Entscheidung der Vergabekammer Südbayern vom 20.12.2010, Az. Z 3-3-3194-1-68-11/10, zugestellt am 21.12.2010, wird aufgehoben. 2. Die Antragsgegnerin wird angewiesen, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens wieder herzustellen und den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen. 3. Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 111 Abs. 1 GWB gewährt. 4. Die aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer wird bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert.5. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch den Antragsgegner in ihren Rechten nach § 114 Abs. 2 GWB verletzt ist. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen, die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen. II. 1. Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde war, da die Beschwerde keine Erfolgsaussichten hat, zurückzuweisen (§ 118 Abs. 1 und 2 GWB).
Das Angebot der Antragstellerin wurde zu Recht wegen unzulässiger wettbewerbsbeschränkender Abreden ausgeschlossen (§ 19 EG Abs. 3 Buchstabe f VOL/A). Öffentliche Aufträge sind im fairen Wettbewerb der Bieter zu vergeben. Ein echter Wettbewerb ist nur dann gesichert, wenn die Angebote der sich an der Ausschreibung beteiligenden Bieter für die anderen Teilnehmer geheim bleiben. Nur dann ist gesichert, dass der Bieter die Kalkulation seines Angebotes unbeeinflusst von den Angeboten anderer Bieter trifft. Der Grundsatz des Geheimwettbewerbs dient dem Schutz der Vergabestelle vor diese wirtschaftlich benachteiligenden wettbewerbsbeschränkenden Absprachen der Bieter (vgl. auch Kulartz/Marx/ Portz/Prieß-Vavra, Kommentar zur VOL/A, 2. Aufl., Rn. 23 zu § 2). Der Begriff der wettbewerbsbeschränkenden Abrede im Sinne von § 19 EG Abs. 3 Buchstabe f VOL/A ist mit Blick auf den das gesamte Vergabeverfahren beherrschenden Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB, § 2 EG Abs. 1 VOL/A) weit auszulegen. Er umfasst alle Verhaltensweisen eines Bieters, die mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot unvereinbar sind (OLG München, Beschluss vom 11.08.2008, Verg 16/08). Deshalb muss der Umstand, dass der Antragstellerin das Angebot der Firma IK GmbH inhaltlich bekannt war, zum Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin (und auch des Angebots der Firma IK GmbH) führen. 2. Daran, dass der Antragstellerin das Angebot der Firma IK GmbH bekannt war, hat der Senat schon aufgrund des zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhaltes nicht den geringsten Zweifel. Die inhaltliche Kenntnis der Antragstellerin vom Angebot der Firma IK GmbH ergibt sich schon allein daraus, dass Herr H., Angestellter der IK GmbH, unstreitig die Angebote beider Firmen maßgeblich erstellt und kalkuliert hat. Daraus ergibt sich zwangsläufig die wechselseitige Kenntnisnahme. Es kommt nicht darauf an, dass, wie die Antragstellerin behauptet, zunächst das Angebot der Antragstellerin und sodann das Angebot der Firma IK GmbH erstellt wurde. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass beide Angebote gleichzeitig abgegeben wurden. Es war also, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat, worauf es entscheidend ankommt, jedenfalls möglich, das Angebot der Antragstellerin auf das Angebot der Firma IK GmbH abzustimmen. Unterstrichen wird diese Einschätzung dadurch, dass der gemeinsame Geschäftsführer P.K. das Angebot der Antragstellerin erst einen Tag nach dem Angebot der Firma IK GmbH unterzeichnet hat. Der Geschäftsführer der Antragstellerin hatte also zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Angebot der Antragstellerin unterzeichnet hat, voll umfänglich Kenntnis vom Angebot der Firma IK GmbH. Mit der Behauptung, der Geschäftsführer hätte die Angebote ohne inhaltliche Prüfung unterschrieben, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Im Rechtsverkehr kann sich derjenige, der ein Schriftstück unterzeichnet, regelmäßig nicht darauf berufen, dass er von dessen Inhalt keine Kenntnis genommen habe. Dies gilt erst Recht im kaufmännischen Rechtsverkehr. Wenn der Geschäftsführer ein Angebot seiner Firma unterzeichnet, muss er sich die Kenntnisnahme von dessen Inhalt rechtlich zurechnen lassen. Da nicht entscheidungserheblich, braucht kein Beweis darüber erhoben zu werden, ob das Angebot der Antragstellerin vor dem Angebot der Firma IK GmbH erstellt wurde und ob der Geschäftsführer die Angebote ohne inhaltliche Prüfung unterzeichnet hat. Die Antragsgegnerin hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass es, da die Antragstellerin im Nachprüfungs- und im Beschwerdeverfahren hinreichend Gelegenheit hatte, ihr Verhalten zu erklären, nicht darauf ankommt, ob die Vergabestelle von sich aus diesbezüglich weitere Untersuchungen hätte anstellen müssen. Es ist völlig unerheblich, da der objektiv gegebene Wettbewerbsverstoß dadurch nicht berührt wird, dass sich die Antragstellerin nicht konspirativ verhalten hat, sondern der Wettbewerbsverstoß relativ offenkundig und leicht erkennbar war. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Antragsgegnerin das Bieterverhalten der Antragstellerin in der Vergangenheit toleriert hat. § 19 EG Abs. 3 Buchstabe f VOL/A statuiert einen zwingenden Ausschlussgrund. 3. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 23.12.2009 (Az. C-376/08) steht dem Ausschluss der Antragstellerin nicht entgegen. Der EuGH hat in der vorgenannten Entscheidung lediglich den an die dortigen Prämissen geknüpften automatischen Ausschluss ohne die Möglichkeit der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar erklärt. Der Ausschluss der Antragstellerin erfolgt nicht aufgrund einer gesetzlichen Automatik, sondern vielmehr auf der Basis einer Prüfung und Bewertung der konkreten Umstände des Einzelfalles. III. Eine gesonderte Kostenentscheidung ist nicht angezeigt. Bei den Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB handelt es sich um Kosten des Beschwerdeverfahrens, über die im Rahmen der Endentscheidung mit zu befinden ist. - OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, 13 Verg 15 / 10 – Freizeit- und Erlebnisbad – Aufhebung - Gründe für die Aufhebung auch Verhandlungsverfahren – Anforderungen an Rüge – Nachschieben von Gründen im Überprüfungsverfahren – Dokumentation der Gründe durch anwaltliche Schriftsätze - §§ 107 II GWB, 26 Nr. 1c VOB/A - Leitsatz : 1) Die Voraussetzungen für die Aufhebung eines Vergabeverfahrens (hier § 26 Nr. 1 c VOB/A 2006) gelten auch im Verhandlungsverfahren. 2) Zu den Anforderungen an eine zulässige Rüge gem. § 107 Abs. 2 GWB. 3) Auch im Vergabenachprüfungsverfahren können Gründe nachgeschoben werden, wobei der Dokumentationspflicht genügt ist, wenn dies in anwaltlichen Schriftsätzen erfolgt. - Beschluss: „….Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Niedersachsen vom 27. September 2010 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Antragsgegnerin entstandenen notwendigen Auslagen. Gründe: I. Im Jahr 2004 beschloss der Rat der Stadt B., ein neues Freizeit- und Erlebnisbad zu errichten. Auftraggeber war ihre 100%ige Tochter, die Antragsgegnerin. Aufgrund einer von den Architekten erstellten Kostenberechnung nach DIN 276 sowie von ihnen selbst vorgenommener Überprüfungen und einiger Abweichungen ermittelten die Projektsteuerer am 26. Februar 2009 ein Gesamtinvestitionsvolumen in Höhe von 26.101.140,53 EUR netto. Entsprechende Mittel wurden im Haushalt budgetiert. Im August 2009 rief die Antragsgegnerin zu einem Teilnahmewettbewerb für ein nichtoffenes Verfahren auf. Bis November 2009 kam es innerhalb des unveränderten Gesamtbudgets noch zu Verschiebungen in den einzelnen Kostengruppen. Die Projektsteuerer ermittelten für die zu vergebenden Generalunternehmerleistungen einen Gesamtbetrag in Höhe von 20.302.798,58 EUR netto. An dem Verfahren beteiligten sich die Antragstellerin und ein weiterer Bieter mit Angeboten über gut 25 bzw. knapp 24 Millionen EUR netto. Die Antragsgegnerin hob das Vergabeverfahren im März 2010 auf, weil das einzig wertbare Angebot der Antragstellerin das zur Verfügung stehende Budget deutlich übersteige. Anschließend lud sie die Antragstellerin zu dem vorliegenden Verhandlungsverfahren ein. Die Verhandlungen, in deren Verlauf auch Leistungen reduziert wurden, endeten mit einem finalen Angebot der Antragstellerin über 21.700.000 EUR netto. Weil auch dieser Betrag das für die Generalunternehmerleistungen vorgesehene Budget erheblich überstieg, hob die Antragsgegnerin im Juni 2010 auch das Verhandlungsverfahren auf. Sie beabsichtigt nun umzuplanen und dann losweise im offenen Verfahren zu vergeben. Gegen die Aufhebungsentscheidung hat sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag gewandt. Diesen Antrag hat die Vergabekammer als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend: Ihr finales Angebot habe mit 21.700.000 EUR netto deutlich innerhalb des für die Maßnahme zur Verfügung stehenden Gesamtrahmens von 26.100.000 EUR netto gelegen. Darüber hinaus überschreite ihr Angebot auch das Budget für die Generalunternehmerleistungen nicht, weil nach der eigenen Kostenverfolgung der Antragsgegnerin dieses unter Berücksichtigung des erforderlichen Generalunternehmerzuschlags 23.387.226,85 EUR netto betrage. Jedenfalls fehle es an der für einen schwerwiegenden Aufhebungsgrund notwendigen erheblichen Kostenüberschreitung. Sie müsse auch davon ausgehen, dass die von der Antragsgegnerin aufgestellte Kostenberechnung fehlerhaft sei. Schließlich habe die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung die erforderliche Interessenabwägung nicht vorgenommen und diese Entscheidung auch nicht ausreichend dokumentiert. Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, die Aufhebung des streitgegenständlichen Verhandlungsverfahrens aufzuheben, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats fortzusetzen, und der Antragsgegnerin zu untersagen, die Baumaßnahme in einem offenen Verfahren neu auszuschreiben. Die Antragsgegnerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer. II. Die Beschwerde ist unbegründet. Es kann dahin stehen, ob die Antragsgegnerin den auf die Generalunternehmerleistungen entfallenden Teilbetrag zutreffend ermittelt hat. Würde die Antragsgegnerin den Zuschlag auf das finale Angebot der Antragstellerin erteilen, würde das für das Projekt zur Verfügung stehende Gesamtbudget erheblich überschritten. Dabei ist die der Budgetierung zugrunde liegende Kostenberechnung nicht zu beanstanden. Danach besteht ein "anderer schwerwiegender Grund" im Sinne von § 26 Nr. 1 c VOB/A 2006, aufgrund dessen das Vergabeverfahren aufgehoben werden konnte (1.). Von diesem Ermessen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei Gebrauch gemacht (2.). 1. Die Antragstellerin hat ihre Aufhebungsentscheidung auf § 26 Nr. 1 c VOB/A 2006 gestützt und zu den Voraussetzungen dieser Bestimmung umfassend vorgetragen. Demgegenüber ist es der Antragstellerin nicht gelungen, mit der nötigen Substanz aufzuzeigen, dass die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang Vergabevorschriften verletzt hat (§ 107 Abs. 2 GWB). Ihre Rüge ist deshalb insoweit unzulässig. a) Die Antragsgegnerin hat ihre Aufhebungsentscheidung auch damit begründet, dass der Angebotsendpreis den freigegebenen Haushaltsmittelansatz für die ausgeschriebene Gesamtmaßnahme wesentlich übersteige und weitere Haushaltsmittel nicht vorhanden seien (Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 14. Juni 2010, Bl. 37 Akten VgK). Die Antragsgegnerin hat dazu weitere Einzelheiten vorgetragen, die der Antragstellerin auch wie folgt offen gelegt worden sind: Am 15. Dezember 2008 erstellten die Planer auf der Grundlage der Entwurfsplanung eine ausführliche Kostenberechnung nach der DIN 276. Diese ermittelte ein Gesamtinvestitionsvolumen für das gesamte Projekt in Höhe von 24.212.540 EUR netto, wobei die auf die einzelnen Kostengruppen entfallenden Teilbeträge aufgeschlüsselt sind. Auf die Kostengruppe 700 entfielen dabei nach einem pauschalen Ansatz von 18% auf die Beträge der Kostengruppen 200 bis 600 3.708.187,86 EUR netto. Diese Kostenberechnung wurde im Februar 2009 von den Projektsteuerern der Antragsgegnerin überprüft und überarbeitet mit dem Ergebnis eines Gesamtbetrages von 26.389.235,86 EUR netto, wobei auch hier die auf die einzelnen Kostengruppen entfallenden Teilbeträge aufgeführt sind. Für die Kostengruppe 700 setzten sie zunächst 4.536.783,00 EUR an. Dieser Betrag basierte nicht auf einem pauschalen Ansatz, sondern wurde aus den verschiedenen bereits abgeschlossenen Verträgen (z.B. mit den Planern) bzw. schon vorliegenden Rechnungen sowie rechnerisch anhand der Vorgaben der HOAI ermittelt. Darin enthalten waren insbesondere die Kosten für Objektplanung einschließlich der Wiederholungsplanung und des raumbildenden Ausbaus (Kostengruppe 731), die Freianlagenplanung einschließlich Wiederholungsplanung (Kostengruppe 732), die Tragwerksplanung (Kostengruppe 735) sowie die Planung der technischen Ausstattung (Kostengruppe 736). Es kamen hinzu vorlaufende (bereits realisierte) Nebenkosten des Projekts (Architektenwettbewerb, Gutachterkosten, Gebühren und anwaltliche Beratung) in Höhe von 226.112,39 EUR sowie Nebenkosten für einige Optionspakete (Saunaerweiterung, zusätzliche Außenanlagen usw.) in Höhe von 67.798,40 EUR, so dass sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 4.830.693,79 EUR netto ergab. Diese Kostenberechnung wurde zum Zwecke der endgültigen Budgetierung nochmals überarbeitet. Es stellte sich heraus, dass die Kosten für die Baustelleneinrichtung in Höhe von 350.000 EUR doppelt berücksichtigt waren, es wurden zwei Pakete mit Einsparpotentialen eingestellt (68.900 EUR + 489.640 EUR) und ein Umweltpaket von Höhe von 620.444,67 EUR hinzugefügt. Daraus errechnete sich ein Gesamtinvestitionsvolumen von 26.101.140,53 EUR netto, aufgeschlüsselt in die Teilbeträge der einzelnen Kostengruppen, wovon in der Kostengruppe 700 Kosten in Höhe von 4.911.621,36 EUR (4.830.693,79 EUR zzgl. 80.927,57 EUR für das Umweltpaket) veranschlagt waren. Diese Kostenberechnung bildete die Grundlage für die Budgetierung des Gesamtprojekts und die Beschaffung der notwendigen Haushaltsmittel. Sie war im März 2010, als das Verhandlungsverfahren mit der Antragstellerin eingeleitet wurde, auch noch nicht überholt, weil es keine Preissteigerungsraten gab, an die sie anzupassen gewesen wäre. Das Projekt wird in Politik und Öffentlichkeit äußerst kritisch begleitet. Eine Erhöhung der Haushaltsmittel steht deshalb nicht in Aussicht. Dieser Kostenansatz und damit die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel würden überschritten, wenn der Antragstellerin der Auftrag auf ihr im Verhandlungsverfahren abgegebenes finales Angebot über 21.700.000 EUR erteilt würde, und zwar unabhängig davon, welchen Teilbetrag aus dem Budgetansatz in Höhe von 26.101.140,53 EUR man für die Generalunternehmerleistungen ansetzt (nach den Angaben der Antragsgegnerin 20.303.798,58 EUR zzgl. versehentlich nicht berücksichtigter 36.000 EUR in der Kostengruppe 600 für Beschilderung). Darauf hat der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich hingewiesen. Wenn die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Generalunternehmerleistungen 21.700.000 EUR vergütet, verbleiben von dem Gesamtbudget in Höhe von 26.101.140,53 EUR 4.401.140,53 EUR. Für die übrigen erforderlichen Leistungen muss die Antragsgegnerin aber mindestens 5.726.759,29 EUR aufwenden, und zwar zunächst die durch Verhandlungen mit den Planern um 449.361,71 EUR reduzierten, also in Höhe von 4.462.259,29 EUR verbleibenden Kosten der Kostengruppe 700 und die Kosten der Kostengruppe 600 in Höhe von 501.500 EUR (535.000 EUR abzgl. der oben erwähnten 36.000 EUR). Hinzu kommen die bei der Antragsgegnerin verbliebenen Leistungen für Pfahlgründung (688.000 EUR), Saunaausstattung (579.000 EUR) und die Straße am Schützenplatz (166.000 EUR), wofür unter Abzug von 670.000 EUR für durch Planungsänderungen entfallende Leistungen insgesamt 763.000 EUR aufzuwenden sind. Das so entstehende Defizit in Höhe von 1.325.618,76 EUR wird sich weiter vergrößern: Mit der Antragstellerin wurden Leistungsreduzierungen verhandelt, die eine sehr tief greifende Umplanung von Teilen des Gebäudes nach sich zieht. Es wird deshalb Mehrhonorar der Planer für Architektur, Haustechnik und Tragwerksplanung anfallen; weitere Nebenkosten für die Anpassung von Gutachten, die Anpassung der bauordnungsrechtlichen Genehmigung und entsprechende Gebühren werden hinzukommen. Insgesamt ergibt eine erste Schätzung einen Betrag von 400.000 EUR. Weil die Umplanungsansätze aufgrund der Kürze der Planungszeit noch erhebliche Unsicherheiten in der Kalkulation mit sich bringen (z.B. in Bezug auf die Schnittstellen zu den bereits vorhandenen Leistungen) und darüber hinaus die Antragsgegnerin im Rahmen der Verhandlungen mit Risiken (z.B. Stahlpreisgleitung) zurückbelastet wurde, ist ein Risikobetrag für Unvorhergesehenes und Nachträge bei der Budgetierung zu berücksichtigen, der mit 5 % (von 21.700.000 EUR), d. h. mit 1.065.000 EUR zu bemessen ist. Insgesamt entsteht so eine Finanzierungslücke von 2.790.618,75 EUR. b) Damit hat die Antragsgegnerin schlüssig dargelegt, dass die Voraussetzungen dafür gegeben sind, das Verhandlungsverfahren aufzuheben (§ 26 Nr. 1 c VOB/A 2006). aa) Nach § 26 Nr. 1 c VOB/A 2006 kann eine Ausschreibung aufgehoben werden, „wenn andere schwerwiegende Gründe bestehen". Im Hinblick auf das zu schützende Vertrauen des Bieters darauf, dass ein Ausschreibungsverfahren (auch: Verhandlungsverfahren, vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2006, X ZR 115/04, zitiert nach juris, Rn. 14) seiner Funktion nach normalerweise durch den Zuschlag an einen Teilnehmer beendet wird, ist die Regelung eng auszulegen. Sie kann nur dann eingreifen, wenn die schwerwiegenden Gründe erst nach Beginn der Ausschreibung eingetreten sind oder dem Ausschreibenden jedenfalls vorher nicht bekannt sein konnten (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 1998, X ZR 99/96, zitiert nach juris, Rn. 15). Die schwerwiegenden Gründe können – wie hier geltend gemacht – darin liegen, dass auch das niedrigste Angebot (hier: das einzig verbliebene Angebot der Antragstellerin) höher liegt als die verfügbaren Mittel, und zwar unabhängig davon, ob das niedrigste Angebot einen angemessenen Preis aufweist oder nicht (vgl. Rusam in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 11. Aufl., A § 26 Rn. 10). Es reicht aus, dass die Finanzierung des Bauvorhabens in nicht unwesentlichem Umfang berührt wird (BGH, Urteil vom 8. September 1998, a.a.O., Rn. 18). Dabei ist jedoch von Bedeutung, worin die Ursache für das Auseinanderklaffen des Preises des wirtschaftlichsten Angebots und der möglichen Finanzierung zu suchen ist. Ein schwerwiegender Grund i. S. des § 26 Nr. 1 c VOB/A 2006 ist nämlich nicht gegeben, wenn der Auftraggeber den Finanzbedarf in fahrlässiger Weise zu gering bemessen hat (vgl. Rusam, a.a.O.; BGH, Urteil vom 8. September 1998, a.a.O., Rn. 19). Eine Kostenschätzung ist allerdings mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet. Die betreffende Prognose ist dann nicht zu beanstanden und hinzunehmen, wenn sie unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise erarbeitet wurde (BGH, Urteil vom 8. September 1998, a.a.O., Rn. 23). bb) Nach ihrem Vorbringen hat die Antragsgegnerin die Gesamtkosten des Projekts nach einem anerkannten Verfahren ermittelt und sie auch der jeweiligen tatsächlichen Entwicklung angepasst. Danach ist abzusehen, dass die zur Verfügung stehenden Mittel für das Gesamtprojekt in nicht unwesentlichem Umfang überschritten werden, wenn der Antragstellerin der Zuschlag auf ihr finales Angebot erteilt wird. c) Die Antragstellerin hat demgegenüber nicht in einer den Anforderungen des § 107 Abs. 2 GWB genügenden Weise darzulegen vermocht, dass die Antragsgegnerin ihren Finanzierungsbedarf vergabefehlerhaft ermittelt hat. aa) Rügen, die pauschal die Fehlerhaftigkeit des Vergabeverfahrens angreifen oder die ohne Substanz auf bloßen Verdacht hin ins Blaue erhoben werden, sind unzulässig. Die völlig vage und pauschale Behauptung einer Rechtsverletzung reicht nicht aus (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juni 2008, Verg 36/07, zit. nach juris, Rn. 25, 28). Die Anforderungen richten sich im Wesentlichen danach, welche Kenntnisse der Bieter bezüglich der gerügten Vergabeverstöße hat oder haben kann. Das kann aber nicht zu der Konsequenz führen, dass ein Bieter mit pauschalen und unsubstantiierten Behauptungen Nachprüfungsanträge „ins Blaue hinein" stellen kann in der Erwartung, die Amtsermittlungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen. Der Bieter hat daher zumindest Indizien oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzuzeigen, die ihn zu dem Schluss bewogen haben, die Vergabestelle habe sich rechtswidrig verhalten. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus. Die Antragstellerin kann sich auch nicht unter Berufung auf den Untersuchungsgrundsatz des § 110 Abs. 1 GWB ihrer Darlegungslast entziehen. Die Amtsermittlungspflicht setzt einen zulässig gestellten Antrag voraus und dient nicht dazu, Vergabeverstöße erst zu recherchieren (OLG München, Beschluss vom 7. August 2007, zit. nach juris, Rn. 11; ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Juli 2010, 11 Verg 5/10, zit. nach juris, Rn. 50 f). bb) Nach diesen Maßstäben ist das Vorbringen der Antragstellerin zu einer fehlerhaften Kostenberechnung unzureichend. Allein der Umstand, dass in dem vorangegangenen nichtoffenen Verfahren die beiden abgegebenen Angebote die von der Antragsgegnerin für die Generalunternehmerleistungen angesetzten Kosten um eine Größenordnung von 20 % überschritten haben, kann hier kein ausreichendes Indiz dafür sein, dass die Kostenberechnung den vertretbaren Rahmen verlassen hat. Angebote werden anders als eine Kostenberechnung und auch untereinander ganz unterschiedlich kalkuliert. Rückschlüsse auf Fehler der Kostenberechnung lassen sie nur zu, wenn eine ausreichende Anzahl der Angebote oder zusätzliche Indizien ein objektivierbares Vergleichsmaß erkennen lassen. Zwei Angebote im nichtoffenen Verfahren genügen dafür nicht, zumal nur das Angebot der Antragstellerin wertbar war. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem (die Aktenseinsicht betreffenden) Fall des OLG Düsseldorf, bei dem es sich um ein offenes Verfahren handelte mit drei die Kostenschätzung erheblich übersteigenden Angeboten und der zusätzlichen Erklärung des Auftraggebers, er habe die Baupreisentwicklung unterschätzt und außer Ansatz gelassen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Dezember 2007, Verg 40/07, zit. nach juris, Rn. 30). Konkrete Einwendungen zu den oben angegebenen ihr offen gelegten Zahlen hat die Antragstellerin - abgesehen von der bereits berücksichtigten Korrektur der Kostengruppe 600 - nur hinsichtlich der Kostengruppe 700 erhoben. Sie reichen aber - auch in Zusammenschau mit den Angebotsendpreisen im nichtoffenen Verfahren - nicht aus. Die Antragstellerin hat hierzu in den Schriftsätzen an die Vergabekammer vom 6. August 2010 und vom 6. September 2010 ausgeführt, dass die von der Antragsgegnerin angesetzten Kosten von 4.911.620,00 EUR im Vergleich zu den im Angebot der Antragstellerin hierfür enthaltenen Kosten von 2.094.177,80 EUR offensichtlich zu hoch erscheinen. Tatsächlich dürften sich die anzusetzenden Kosten entsprechend einer von ihr vorgelegten Aufstellung (ASt 12) auf ca. 2.400.900,00 EUR belaufen. Die von der Antragstellerin für sich selbst angesetzten Baunebenkosten können aber schon deshalb kein Maßstab sein, weil die kompletten Planungsleistungen einschließlich Ausführungsplanung von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellt werden. Die Aufstellung ASt 12 lässt wiederum die konkrete Geschichte des vorliegenden Objekts vollkommen unberücksichtigt. Das Projekt wurde seit seinen Anfängen im Jahr 2005 mehrfach verzögert und umgeplant, so durch ein Bürgerbegehren im Jahr 2007 und einen bis Juni 2008 bestehenden Planungsstopp. Sie lässt außerdem völlig außer Betracht, dass auch für die Vergabeverfahren betreffend die Planungs- und Projektsteuerungsleistungen sowie die Bau- und Lieferleistungen erhebliche Kosten anfallen. Die Antragstellerin macht außerdem geltend, die Kostenberechnung sei deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin fälschlicherweise keinen Generalunternehmerzuschlag berücksichtigt habe. Auch insoweit ist ein Vergabefehler nicht erkennbar. Eine Kostenberechnung nach DIN 276, wie sie die Antragsgegnerin vorgenommen hat, soll die für das Bauwerk erforderlichen Kosten ermitteln. Dazu teilt sie diese Kosten in einzelne Kostengruppen auf. Ob das Bauwerk durch einen Generalunternehmer erstellt werden soll, ist - was auch die Antragstellerin nicht verkennt - für eine Kostenberechnung nach DIN 276 unerheblich. Denn es gibt keinen generellen Erfahrungssatz, dass sich Baukosten durch den Einsatz eines Generalunternehmers erhöhen. Andernfalls würde, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat, ein Bau mit Generalunternehmern von vornherein als unwirtschaftlich ausscheiden. Zuschläge, mit denen ein Generalunternehmer möglicherweise kalkulieren muss, lassen sich vielmehr potentiell durch Einsparungen an anderer Stelle (z.B. geringere Architektenkosten oder vom Generalunternehmer ausgehandelte günstige Nachunternehmerleistungen) wieder ausgleichen. In diesem Sinne sind auch Generalunternehmerzuschläge in den einzelnen Kostenansätzen der Kostenberechnung nach DIN 276 auch dann enthalten, wenn sie nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Dass die Antragsgegnerin in ihrer Kostenberechnung ausnahmsweise und systemwidrig mit Ansätzen gerechnet hat, wie sie ein Generalunternehmer veranschlagt, und dann versäumt hat, den Zuschlag zu berücksichtigen, ergibt sich auch nicht aus der „Kostenverfolgung Kostenberechnung/GU-Angebote" Stand 24. Februar 2010. Soweit die Antragstellerin dies daraus ableiten will, dass auf diesem Blatt den Kostenberechnungen ein GU-Zuschlag von 15% hinzugerechnet wurde, handelt es sich um eine haltlose Spekulation. Nach der unwiderlegten Darstellung der Antragsgegnerin diente die Aufstellung nicht der Korrektur der Kostenberechnung, sondern sollte den Versuch unternehmen, nachträglich die Kosten plausibel zu machen. Sie ist ausdrücklich als „Vorabzug" gekennzeichnet und durch die spätere „Gegenüberstellung Kostenberechnung/Angebotsprüfung" Stand 5. März 2010 ohnehin überholt. Fehler der Kostenberechnung hat die Antragstellerin auch nicht mit ihren Hinweisen auf die Baupreisentwicklung ausreichend dargelegt. Zwar trifft es zu, dass sich der Baupreisindex für gewerbliche Betriebsgebäude vom Zeitpunkt der Kostenberechnung der Architekten im Dezember 2008 bis zum zweiten Quartal des Jahres 2010 um 1 % erhöht hat. Eine solche geringe Abweichung kann aber von vornherein eine Kostenberechnung nicht unvertretbar niedrig machen. Abgesehen davon kann nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe des finalen Angebots der Antragstellerin im April 2010 abgestellt werden, sondern muss ein Zeitpunkt kurz vor Beginn des Verhandlungsverfahrens im März 2010 maßgeblich sein. Vom letzten Quartal 2008 bis zum ersten Quartal 2010 ist der Index aber lediglich um 0,1 % gestiegen. Soweit die Antragstellerin die Berechnung der Generalunternehmerleistungen mit 20.303.798,58 EUR angreift, kommt es darauf nicht an, weil unabhängig davon dargelegt ist, dass jedenfalls die Kosten für die von der Antragsgegnerin selbst zu erbringenden Leistungen und für das finale Angebot der Antragstellerin zusammen das Budget von 26.101.140,53 EUR beträchtlich übersteigen. Ansonsten verweist die Antragstellerin im Wesentlichen darauf, dass die Antragsgegnerin schwerwiegende Gründe für eine Aufhebung der Ausschreibung nachvollziehbar darlegen müsse, dass sie solche und die hierzu vorgetragenen Einzelheiten - soweit ihr unbekannt - bestreite und dass sie selbst mangels Akteneinsicht nicht in der Lage sei, ihrerseits hierzu näher vorzutragen. Damit wird sie indessen ihrer oben beschriebenen Obliegenheit nicht gerecht, zumindest hinreichende Anhaltspunkte für einen Vergabeverstoß vorzubringen. 2. Das ihr danach zustehende Ermessen hat die Antragsgegnerin mit ihrer Aufhebungsentscheidung ordnungsgemäß ausgeübt. a) Die Antragstellerin beanstandet, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen nicht vorgenommen, jedenfalls aber nicht ausreichend dokumentiert seien. b) Die entsprechende Rüge ist unbegründet. Eine fehlerfreie Ermessensentscheidung setzt voraus, dass die Antragsgegnerin die Interessen der Beteiligten gegeneinander abwägt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2006, Verg 54/06, zit. nach juris, Rn. 44). Die auf Seiten der Antragsgegnerin bestehenden Gründe für eine Aufhebung sind in der am 11. Juni 2010 erstellten "Anlage zu EFB 351: Begründung der Entscheidung über die Aufhebung" ausreichend dokumentiert. Zwar ist die eigentliche Aufhebungsentscheidung bereits am 7. Juni 2010 ergangen. Auf dem entsprechenden Formblatt EFB 351 in den Vergabeakten ist als Begründung nur angegeben: "Das Verhandlungsverfahren wird aus den in der Anlage (Begründung der Entscheidung über die Aufhebung) ersichtlichen Gründen (Unwirtschaftlichkeit des Verhandlungsergebnisses) aufgehoben." Dass diese Anlage erst vier Tage später erstellt wurde, ist indessen unerheblich. Eine Dokumentation kann auch nachträglich erfolgen, wenn dies so zeitnah geschieht, dass sie die maßgeblichen Feststellungen hinreichend detailliert und zutreffend erfasst und Manipulationen ausgeschlossen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Februar 2010, 13 Verg 16/09, zit. nach juris, Rn. 35). Die Antragstellerin rügt als solches zutreffend, dass diese Dokumentation nicht erkennen lässt, dass auch die Interessen der Antragstellerin mit erwogen worden sind. Das ist aber unschädlich, weil die Antragsgegnerin die entsprechenden Erwägungen im Nachprüfungsverfahren in zulässiger Weise und hinreichend dokumentiert nachgeholt hat. Auch im Vergabenachprüfungsverfahren können Gründe nachgeschoben werden, wobei der Dokumentationspflicht genügt ist, wenn dies in anwaltlichen Schriftsätzen erfolgt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Juli 2010, Verg 19/10, zit. nach juris, Rn. 150; diese Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Senatsbeschluss vom 11. Februar 2010, 13 Verg 16/09, zit. nach juris, Rn. 34 ff: dort ging es allein um die nachträgliche Dokumentation, während vorliegend auch die eigentliche (Ermessens-)Entscheidung selbst nachgeholt wird). Hier hat die Antragsgegnerin in ihren anwaltlichen Schriftsätzen vom 20. Juli 2010 an die Vergabekammer und vom 6. Dezember 2010 an den Senat ausgeführt, dass und aus welchen Gründen das Gesamtbudget nicht erhöht werden konnte und dass den Interessen der Antragstellerin auch deshalb wenig Gewicht beizumessen sei, weil ihre Aufwendungen für das vorliegende Verhandlungsverfahren im Hinblick auf das vorangegangene nichtoffene Verfahren gering gewesen seien. Das ist für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ausreichend. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 120 Abs. 2, § 78 GWB. Weil die Beschwerde erfolglos bleibt, ist es billig, die Antragstellerin mit ihren Kosten zu belasten.
- Vergabekammer Nordbayern, Beschl. v. 12.01.2011, 21 - VK - 3194 - 47 / 10 –Postdienstleistungen – Rüge nach § 107 III GWB – Präklusion – Wertungskriterien – nur bekannt gemachte Kriterien – erfolglose Nachforderung von Nachweisen und Erklärungen - §§ 19 II EG VOL/A, 16 III EG VOL/A, 19 VIII EG VOL/A, 21 EG VOL/A, 19 III a EG VOL/A, 107 III Nr. 3 GWB - Leitsatz : 1. Nach § 21 EG VOL/A-EG ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Bei der Wertung der Angebote berücksichtigen die Auftraggeber ausschließlich die Kriterien, die in den Vergabeunterlagen genannt sind ( § 19 Abs. 8 EG VOL/A-EG ). 2. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht vergleichbare Angebote abgegeben werden. Demzufolge ist jede in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Angabe so wie gefordert anzugeben. Ein dem nicht gerecht werdendes Angebot muss deshalb wegen Missachtung von § 16 Abs. 3 EG VOL/A-EG gemäß § 19 Abs. 3 Buchst. a EG VOL/A-EG zwingend ausgeschlossen werden. - Beschluss: Die Vergabekammer Nordbayern bei der Regierung von Mittelfranken erlässt auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2011 durch die Vorsitzende xxx, den hauptamtlichen Beisitzer xxx und den ehrenamtlichen Beisitzer xxx folgenden Beschluss: 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle. 3. Die Gebühr wird auf x.xxx,- Euro festgesetzt. Auslagen werden nicht erhoben. Sachverhalt: 1. Mit Schreiben vom 22.11.2010 forderte die VSt im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens betreffend die Vergabe von Postdienstleistungen die ASt zur Abgabe eines Angebots nach VOL auf. Die Vertragslaufzeit soll am xx.xx.xxxx beginnen und am xx.xx.xxxx enden. Wird der Vertrag bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt, läuft er auf unbestimmte Zeit weiter. 2. In der Leistungsbeschreibung ist unter Punkt A) angegeben: 4. Gewichtung 4.1 Kriterium Preis: Gewichtung 50%, maximale Punktzahl 50 xxx 4.2 Kriterium Qualität: Gewichtung 50%, maximale Punktzahl 50 Zur Bewertung der Qualität werden folgende Unterkriterien herangezogen: - Anteil der Sendungen, die innerhalb eines Werktages nach Abholung bei der Poststelle beim Empfänger im Bundesgebiet zugestellt werden (E+1)-- Gewichtung 40 % (max. 40 Punkte) für die Zustellung von Briefen, etc. - Anteil der Sendungen, die innerhalb von zwei Werktagen nach Abholung bei der Poststelle beim Empfänger im Bundesgebiet zugestellt werden (E+2) - Gewichtung 10% (max. 10 Punkte) für die Zustellung von Briefen, etc. xxx Das Angebot mit einem angebotenen Prozentsatz von E+1 von 99% erhält die maximale Punktzahl. Das Angebot mit einem angebotenen Prozentsatz von E+2 von 100% erhält die maximale Punktzahl. Die Punktwerte für alle anderen Angebote ergeben sich nach einer Punktestaffelung gemäß beiliegender Wertungsmatrix. Punkt C) Ziffer 2 der Leistungsbeschreibung lautet wie folgt: 2. Brieflaufzeiten Der Bieter sichert mit seiner Eintragung zu, dass über die gesamte Vertragsdauer diese Quote für die jeweilige Brieflaufzeit und Sendungsart im Jahresdurchschnitt erreicht wird. Die Eintragungen sind anhand aktueller (nicht älter als 3 Monate bezogen auf den Angebotsabgabeschluss) schriftlicher Nachweise, Gutachten, Prüfprotokolle o.ä. von einer unabhängigen Prüfstelle wie z.B. xxx, xxx, xxx u.a. nachvollziehbar nachzuweisen. 2.1 Zustellung von Briefen, etc. innerhalb des auf den Abholungstag folgenden Werktages (E+1) Anteil in Prozent der im Bundesgebiet zugestellten Sendungen % 2.2 Zustellung von Briefen, etc. spätestens am zweiten auf den Abholungstag folgenden Werktag (E+2) Anteil in Prozent der im Bundesgebiet zugestellten Sendungen, bezogen auf 100% der nach E+1 Zustellung verbliebenen Sendungen (Beispiel: E = 100.000, E+1 = 95.000; verbliebene Sendungen E+2 = 5.000 = 100%; in E+2 zugestellte Sendungen = 4.000 = 80%) 3. Die ASt hat das Formblatt "Zusammenstellung der geforderten Erklärungen und Nachweise gem. § 8 Abs. 3 VOL/A" mit ihrem Angebot vom 30.11.2010 abgegeben. Hierin ist u.a. angekreuzt: xxx; Aktuelle (nicht älter als 3 Monate bezogen auf den Angebotsabgabeschluss) Nachweise, Gutachten, Prüfprotokolle o.ä. von einer unabhängigen Prüfstelle wie z.B. xxx, xxx, xxx o.ä. Die ASt hat ferner auf Seite 2 des Angebotsschreibens unter dem Punkt "vom Bieter beigefügte Unterlagen" handschriftlich eingetragen: - Nachunternehmerliste, einschl. PLZ-Verzeichnis - Liste "Vermerk bei Nichtzustellung" - Aktuelle Nachweise Laufzeiten; xxx - Vorsorgliche Erklärung: "xxxxx" 4. Dem Angebot der ASt war ein Nachweis der Fa. xxx vom 29.11.2010 über die externe Messung von Brieflaufzeiten beigefügt. Hierin wird bestätigt, dass die Fa. xxx im Zeitraum von Oktober 2009 bis September 2010 im Auftrag der xxx Qualitätsmessungen zur Ermittlung von Kennzahlen für Laufzeit und Erhalt von Briefsendungen durchgeführt habe. Anschließend sind die Ergebnisse der Erhebung dargestellt. Die ASt hat mit ihrem Angebot eine Nachunternehmerliste mit zwei Nachunternehmern für das Gebiet PLZ xx… + xx… benannt. Der Nachunternehmerliste waren als Anlagen beigefügt: - Postleitzahlenliste Eigenzustellung der ASt + X - Postleitzahlenliste des Zustellgebiets der Firma Y - In letzterer sind auch Gemeinden der Postleitregionen yy und yy enthalten. 5. Mit Schreiben vom 3.12.2010 hat die VSt - der ASt mitgeteilt, dass in dem von ihr vorgelegten Nachweis über die Brieflaufzeiten lediglich die Postleitregionen xx und xx aufgeführt seien, während laut Leistungsbeschreibung jedoch Nachweise über die Briefzustellung im gesamten Bundesgebiet gefordert gewesen seien, - gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 EG VOL/A die Vorlage eines aktuellen (nicht älter als 3 Monate bezogen auf den Angebotsabgabeschluss) schriftlichen Nachweises, Gutachtens, Prüfprotokolls o.ä. von einer unabhängigen Prüfstelle wie z.B. xxx, bezogen auf die Briefzustellung im Bundesgebiet, bis spätestens xx.xx.xxxx, xx Uhr, gefordert. 6. Mit Schreiben vom 06.12.2010, eingegangen bei der VSt am 07.12.2010, 09.00 Uhr, hat die ASt gerügt, dass das Verfahren fehlerhaft und die Ausschreibung unter Verletzung ihrer Bieterinteressen erfolgt sei, sofern nicht im Sinne des von der ASt eingereichten Angebots abgeholfen und das Angebot der ASt zur Wertung zugelassen werde. Als Nachweis der Brieflaufzeiten seien die gemessenen Postleitregionen xx und xx aufgeführt, da diese Leitregionen von der ASt selbst mit eigener Zustellorganisation bedient würden. In dieser Region liege auch der Adressatenschwerpunkt des von der Ausschreibung betroffenen Auftrags, denn die Empfänger von Briefen seitens der VSt hielten sich überwiegend in diesen beiden Leitbereichen auf. Sämtliche Sendungen, die an Empfänger außerhalb dieser Region gerichtet seien, würden von der ASt gemäß Angebot in den Universaldienst der D. eingespeist. Die Vergabebedingungen würden zutreffend die Rechtslage reflektieren, dass der subsidiäre Versand im Universaldienst der D. nicht subunternehmerisch erfolge. Die VSt habe ausdrücklich erklärt, dass sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der D. akzeptieren würde. Die AGB der D. würden keine Laufzeitenzusage ermöglichen. Die D. sei im Universaldienst verpflichtet, die aus dem europäischen Richtlinienrecht des Postwesens folgenden Qualitätsmaßstäbe einzuhalten, die in Deutschland in der Postuniversaldienstrichtlinie umgesetzt seien. Die Kunden der D. hätten keinen vertraglichen Anspruch auf Einhaltung dieser Qualitätsmaßstäbe. Vielmehr überwache die Bundesnetzagentur, ob der Universaldienst die Qualitätsvorgaben einhalte, und ergreife andernfalls Maßnahmen nach den §§ 12 ff. PostG. Da die Ausschreibungsbedingungen eine Laufzeitenangabe unter vertraglicher Zusage verlangen würden, komme nur eine getrennte Angabe nach solchen Zustellwegen in Betracht, für die eine vertragliche Laufzeitenaussage getroffen werden könne, und mithin eine Abgrenzung zum Universaldienst. Hierbei gelte, dass kein Anbieter, der die Universaldienstleistungen der D. in Anspruch nehme, eine schnellere Zustellung bewirken könne, als im Universaldienst allgemein erwartet werden könne, ohne dass hier eine vertragliche Zusage bewirkt werden könne. Eine vertragliche Zusage würde nämlich bewirken, dass der Bieter eine Laufzeit in die eigene Vertragspflicht übernehme, während nach den Ausschreibungsbedingungen gerade anerkannt sei, dass die im Universaldienst versandten Sendungen auf Grundlage der AGB der D. befördert würden, also von den vertraglichen Zusagen des Bieters ab der Übergangsschnittstelle zur D. zu sondern seien. Würden Laufzeitenzusagen als Vertragsversprechen auch für solche Sendungen als Angebot eingereicht, die unter Geltung der AGB der D. abgewickelt würden, so läge hierin im Zweifel eine unzulässige Abänderung der Vergabebedingungen, denn für Sendungen im Universaldienst sei die Geltung der AGB der D. ausdrücklich anerkannt, die wiederum ihrerseits keine Laufzeitenzusage erlauben würden. Deshalb sei die ASt ausschreibungskonform verfahren, als sie die Laufzeiten im eigenen Zustellgebiet gutachterlich nachgewiesen habe und im Übrigen der Bezug zum Universaldienst hergestellt sei. Die im Schreiben der VSt vom 03.12.2010 aufgestellte Forderung verletze daher das Vergaberecht und könne keinen Bestand haben. 7. Mit Schreiben vom 08.12.2010 hat die VSt eine Abhilfe der Rüge abgelehnt. Ein vermeintlicher Verstoß in den Vergabeunterlagen müsse gem. § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB bis spätestens zum Ende der Angebotsfrist bei der Vergabestelle gerügt werden. Die Angebotsabgabefrist sei im vorliegenden Verfahren am xx.xx.xxxx / xx.00 Uhr abgelaufen. Bis dahin hätte die ASt Gelegenheit gehabt, den aus ihrer Sicht erkannten Verstoß zu rügen. Nachdem diese Frist überschritten sei und der gerügte Sachverhalt aus Sicht der VSt vergaberechtlich nicht zu beanstanden sei, werde der Aufforderung zur Abhilfe nicht nachgekommen. 8. Mit Schriftsatz vom 13.12.2010 beantragte die ASt die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und stellt folgende Anträge: 1. Das Angebot der ASt im Vergabeverfahren xxx wird zur Wertung zugelassen. 2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der ASt wird für notwendig erklärt. In der Begründung führt die ASt aus, die VSt verkenne in ihrem Schreiben vom 08.12.2010, dass die ASt nicht früher als mit ihrem Schreiben vom 06.12.2010 eine vorsorgliche Rüge habe anbringen können, denn sie habe mit ihrem Angebot ihrer Auffassung von den Verdingungsunterlagen Rechnung getragen, wonach das Angebot ausschreibungskonform vorgelegt worden sei. Erst durch die mit Schreiben der VSt vom 03.12.2010 deutlich gewordene Auffassung, wonach in dem beigefügten Gutachten der Fa. xxx eine Einschränkung wegen des begutachteten Bezugs zur Zustellung der ASt in den Postleitregionen xx und xx als Ausschlusskriterium angesehen werde, habe Veranlassung zur vorsorglichen Rüge bestanden. Mithin habe nicht vor Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden können, sondern erst im Zuge des weiteren Verfahrensgangs, so dass weder die Rüge noch das jetzt angebrachte Nachprüfungsverfahren präkludiert sei. In der Sache wiederholt und vertieft die ASt ihr Vorbringen aus dem Rügeschreiben. 9. Mit Schriftsatz vom 17.12.2010 beantragt die VSt: I. Der Antrag wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Nachprüfungsantrag sei sowohl unzulässig als auch unbegründet. Wie sich aus den Ausschreibungsunterlagen ergebe, hatte die ASt als wesentliches Wertungskriterium zugesicherte und nachgewiesene Brieflaufzeiten für das gesamte Bundesgebiet und nicht lediglich für die Zustellbereiche xx und xx anzugeben bzw. vorzulegen. Der unmissverständliche Wortlaut der Vergabeunterlagen sehe keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der insofern einzuhaltenden Verpflichtungen vor. Das Vorbringen der ASt, sie habe die Vergabeunterlagen anders verstanden, sei nicht nachvollziehbar. Gerade die zugesicherten und nachgewiesenen Brieflaufzeiten im Bundesgebiet hätten ein zentrales Wertungskriterium sein sollen. Wenn die ASt nunmehr trotzdem vortrage, sie habe trotz des Wortlauts der Vergabeunterlagen eine Einschränkung ihrer Verpflichtungen auf die von ihr selbst gewählten Postleitzahlenregionen xx und xx annehmen dürfen, sei diese Aussage weder nachvollziehbar noch glaubhaft. Die ASt hätte dies vor Abgabe eines Angebots rügen müssen und keinesfalls zwingende Vorgaben der VSt ohne vorherige Rückfrage bei der VSt interpretieren dürfen. Die ASt sei daher mit der entsprechenden Rüge präkludiert. Der ASt fehle zudem die Antragsbefugnis. Selbst wenn man die Argumentation der ASt als zutreffend unterstelle, sei festzuhalten, dass die ASt trotz Nachfristsetzung nur Nachweise hinsichtlich der Postleitregionen xx und xx vorgelegt habe. Auch die Bereiche, die die ASt selbst oder durch eine Subunternehmerin bedienen wolle, würden über diese Bereiche hinaus gehen und auch Teile der Postleitbereiche yy und yy umfassen. Die ASt habe auch für diese Bereiche die fehlenden Nachweise innerhalb der gesetzten Nachfrist nicht nachgereicht. Der Nachprüfungsantrag sei auch unbegründet.
Die VSt dürfe die Vergabe davon abhängig machen, auf welche Qualität sich ein Bieter für die von ihm zu erbringenden Postdienstleistungen verpflichte und dass der Bieter die Qualität der von ihm erbrachten Postdienstleistungen nachweise. Aus den Vergabeunterlagen ergebe sich keine Verpflichtung, die ausgeschriebenen Postdienstleistungen unter Einbeziehung des Universaldienstes der D. zu erbringen. Zudem habe auch bei Einschaltung der D. der Auftragnehmer durchaus die Möglichkeit, auf kurze Brieflaufzeiten dadurch hinzuwirken, dass er die entsprechenden Sendungen selbst zügig und zeitnah bei der D. einliefere. 10. Die ASt äußert sich mit Schriftsatz vom 04.01.2011 zur Antragserwiderung der VSt. Die ASt sei mit ihrem Nachprüfungsantrag weder präkludiert noch sei dieser unzulässig. Sie trägt u.a. vor, dass es im Universaldienst der D. keine Laufzeitenzusage gebe, sondern nur eine im Rückblick festzustellende Laufzeitenaussage darüber, welche Laufzeiten im Jahresdurchschnitt erreicht würden. Die Messungen seien vor geraumer Zeit durch die Regulierungsbehörde in Auftrag gegeben worden, jedoch habe die D. die Eigenmessung übernommen, weshalb seitens der Regulierungsbehörde keine Messungen mehr durchgeführt würden. Es gebe mithin allein die rückblickenden und die D. nicht bindenden Qualitätsmessungen des Universaldienstes, die aber nicht zuverlässig als Verpflichtungsaussagen für die Zukunft bestimmt werden könnten. Zwar spreche eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass angesichts des Organisationsgrades der D. ein in der Vergangenheit gemessener Wert auch in der Zukunft zumindest annäherungsweise gehalten werde. Eine rechtliche Sicherheit hierfür gebe es jedoch nicht, weshalb eine rechtlich verpflichtende Aussage nicht zulässig sei. Hinsichtlich der für die bundesweite Zustellung betroffenen Sendungen komme es daher nur auf die für die bundesweite Zustellung durch die ASt verbleibenden Sendungen an. Dies seien die Sendungen, die die ASt mit ihrer eigenen Betriebsorganisation einschließlich des Subunternehmers zustellen könne. Hierbei handle es sich um die vollständige Fläche der Postleitzahlregionen xx und xx, die um drei kleine Bezirke innerhalb der Postleitregionen yy und yy abgerundet würden. Eine Laufzeitenmessung für die Gesamttätigkeit werde danach zutreffender Weise von dem beauftragten Institut auf die Leitregionen xx und xx bezogen, da diesen gegenüber die zur Arrondierung einbezogenen Bezirke aus den Postleitregionen yy und yy keine repräsentative Aussage beeinträchtigen könne. Die ASt sei im Stande, das gesamte bei ihr vorhandene Postaufkommen kundenspezifisch und in der Summe auszuwerten. Die Auswertung des Zeitraums vom 13.12.2010 bis 21.12.2010 als statistische Durchschnittsaussage habe ergeben, dass bei den xxx.xxx Sendungen, die die ASt in dieser Zeit für die VSt befördert habe, xx Sendungen in die Postleitzahlengebiete yyy, yyy und yyy gelaufen seien. Dieser Sendungsanteil entspreche 0,0x% der Sendungen der VSt. Dieser Anteilswert wie auch der entsprechende Anteilswert bzgl. des Gesamtbeförderungsvolumen der ASt von 0,xx% zeige, dass eine statistische Verfälschung der Messungen nicht gegeben sei, wenn sich die nach wissenschaftlichen Methoden in den Postleitregionen xx und xx durchgeführten Messungen auf die Postleitregionen xx und xx beschränkten. Es sei vielmehr eine methodische Verfälschung, wenn auch die drei Bezirke in den Postleitregionen yy und yy, die von der ASt mitbedient würden, einer zusätzlichen oder ergänzenden Messung unterzogen würden, da diese Gebiete so klein seien, dass damit keine normgerechte selbständige Aussage gewonnen würde. Erst als nach Einreichung des Angebots sichtbar geworden sei, dass die VSt ein divergierendes und nicht aus den Angebotsunterlagen sich logisch erschließendes Verständnis von den Vertragsbedingungen gehabt habe, sei die frühestmögliche und unverzüglich auch angebrachte Rüge vorsorglich auszusprechen gewesen. 11. In der mündlichen Verhandlung am 12.01.2011 hatten die Beteiligten Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern. Auf das Protokoll wird verwiesen. Gründe: 1. Der Antrag ist teilweise zulässig. a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig. b) Bei dem ausgeschriebenen Vertrag handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 GWB. c) Die VSt ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB. d) Der Schwellenwert von 193.000,- Euro für die ausgeschriebene Dienstleistung ist überschritten. e) Die ASt hat als beteiligte Bieterin ein Interesse am Auftrag und schlüssig dargetan, dass ihr durch die behauptete Rechtsverletzung ein Schaden entsteht bzw. zu entstehen droht ( § 107 Abs. 2 GWB ). f) Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt ( § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB ). g) Der Nachprüfungsantrag ist am 13.12.2010 bei der Vergabekammer Nordbayern innerhalb 15 Kalendertage nach der Rügerückweisung vom 08.12.2010 eingegangen ( 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB ). h) Die ASt ist ihrer Rügeobliegenheit nur teilweise nachgekommen. aa) Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen die Nachweispflicht der Brieflaufzeiten bezogen auf das ganze Bundesgebiet durch eine unabhängige Prüfstelle richtet. Mit dieser erstmals im Schreiben vom 06.12.2010 vorgetragenen Rüge ist die ASt nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert, weil sie den behaupteten Verstoß in den Vergabeunterlagen nicht bis zur Angebotsabgabe am 01.12.2010 geltend gemacht hat. Aus den Vergabeunterlagen ist klar erkennbar, dass die von den Bietern für das Bundesgebiet anzugebenden Zustellungen nur dann gewertet werden, wenn die Angaben durch eine unabhängige Prüfstelle bestätigt worden sind. Wörtlich heißt es hierzu in den Vergabeunterlagen auf Seite 17 Ziffer 2: "Die Eintragungen sind anhand aktueller … schriftlicher Nachweise, Gutachten, Prüfprotokolle o.ä. von einer unabhängigen Prüfstelle … nachzuweisen." Dass die geforderten Nachweise - wie von der ASt im Nachprüfungsverfahren vorgetragen - sich nur auf die vom Bieter selbst organisierten Briefzustellungen beschränken, ist aus den Festlegungen nicht ersichtlich. Insbesondere kann den Vergabeunterlagen bei objektiver Betrachtung nicht entnommen werden, dass die Zustellzeiten nicht nachgewiesen werden müssen, wenn Teile der ausgeschriebenen Postdienstleistung, die sich aus Abholung, Beförderung und Zustellung zusammensetzt, von der D. ausgeführt werden. bb) Der Antrag ist zulässig, soweit die ASt eine Zulassung ihres Angebots zur Wertung ohne die nachgeforderten Nachweise geltend macht. Die Aufforderung der VSt vom 03.12.2010, Nachweise über die Briefzustellung im gesamten Bundesgebiet vorzulegen, hat die ASt am 06.12.2010 unverzüglich gerügt. 2. Der insoweit zulässige Antrag ist jedoch unbegründet. Die ASt wird in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB nicht verletzt. Im Angebot der ASt fehlen die geforderten Angaben zu bundesweit zugestellten Sendungen und kann deshalb bezüglich des Zuschlagskriteriums Qualität nicht gewertet werden. Das von der ASt vorgelegte Schreiben der Fa. xxx v. 29.11.2010 enthält keine Aussagen über die Zustellzeiten im Bundesgebiet. Das Angebot ist nach § 19 Abs. 3 Buchst. a EG VOL/A-EG auszuschließen. a) Nach § 21 EG VOL/A-EG ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Bei der Wertung der Angebote berücksichtigen die Auftraggeber ausschließlich die Kriterien, die in den Vergabeunterlagen genannt sind ( § 19 Abs. 8 EG VOL/A-EG ). Vorliegend sind in den Vergabeunterlagen die Brieflaufzeiten als Zuschlagskriterium "Qualität" mit einer Gewichtung von 50 % benannt, sind also zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Angebots von großer Bedeutung. Es ist deshalb verständlich, dass die VSt sich mit den Eigenerklärungen der Bieter zu den Brieflaufzeiten nicht zufrieden gibt, sondern die Angaben von einer unabhängigen Prüfstelle bestätigt haben will. Dies hat die VSt in den Vergabeunterlagen unter Ziffer 2 "Brieflaufzeiten" deutlich bekanntgegeben. Im Angebot der ASt fehlen die Angaben zur bundesweiten Briefzustellung. Zwar hat die ASt Eintragungen an der geforderten Stelle gemacht, diese sind jedoch unzutreffend. Im Angebot der ASt findet sich ein Schreiben der Fa. xxx vom 29.11.2010 über ein externes Qualitätsmesssystem für die Laufzeiten E+1 und E+2 für das Zustellgebiet der Postleitzahlen xx und xx, die die ASt von Oktober 2009 bis September 2010 erzielt hat. Dass sich das Gutachten lediglich auf das Zustellgebiet der Postleitzahlen xx und xx bezieht und die dort dargestellten Laufzeiten nicht das gesamte Bundesgebiet erfassen, steht außer Streit. Die dargestellten Werte der Fa. xxx entsprechen den Angaben im Angebot der ASt. Folglich enthält das Angebot der ASt nicht die geforderten bundesweiten Zustellwerte, sondern nur die Brieflaufzeiten für die Bezirke der Postleitzahlen xx u. xx. Damit enthielt das Angebot der ASt nicht die geforderten Angaben und entspricht deshalb nicht § 16 Abs. 3 EG VOL/A-EG, wonach die Angebote alle geforderten Angaben, Erklärungen und Preise enthalten müssen. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, ist jedoch nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht vergleichbare Angebote abgegeben werden ( BGH v. 07.01.2003 - X ZR 50/01 ). Demzufolge ist jede in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Angabe so wie gefordert anzugeben. Das dem nicht gerecht werdende Angebot der ASt muss deshalb wegen Missachtung von § 16 Abs. 3 EG VOL/A-EG gemäß § 19 Abs. 3 Buchst. a EG VOL/A-EG zwingend ausgeschlossen werden. Eine Berichtigung der eingetragenen Zustellwerte nach Angebotsabgabe führt zu einer nachträglichen Änderung des Angebots, ist deshalb mit dem Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 Abs. 1 und 2 GWB unvereinbar und damit unzulässig. b) Soweit die Bieter Nachweise zu den angegebenen Brieflaufzeiten nicht mit dem Angebot vorgelegt haben, hat die VSt diese in zulässiger Weise bis zum 07.12.2010 nachgefordert ( § 19 Abs. 2 EG VOL/A-EG ). Insbesondere hat die VSt Nachweise über Brieflaufzeiten verlangt, die das gesamte Bundesgebiet umfassen. Die Forderung ist auch für die Bieter im vorgegebenen Zeitrahmen zumutbar, da schon in den Vergabeunterlagen darauf hingewiesen worden war. Die ASt ist der Nachweispflicht nicht nachgekommen. Angebote, die geforderte oder nachgeforderte Erklärungen und Nachweise nicht enthalten, sind auszuschließen ( § 19 Abs. 3 Buchst. a EG VOL/A-EG ). c) Die ASt hat in ihrem Angebot angegeben, dass sie Zustellleistungen an Nachunternehmen übertragen wird. Auch die Laufzeiten der von Nachunternehmern zugestellten Briefe müssen mit Bestätigungen unabhängiger Prüfstellen belegt werden. Ansonsten können die im Angebot angegebenen Zustellzeiten nicht, wie in den Verdingungsunterlagen festgelegt, belastbar geprüft werden. Die ASt ist aber den Beweis dafür schuldig geblieben, dass das Schreiben der Fa. xxx vom 29.11.2010 auch die Laufzeiten der von den Nachunternehmern zugestellten Briefe mit erfasst. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 GWB. a) Die ASt hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der VSt zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB). b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der VSt ergibt sich aus § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB. c) Im Hinblick auf die Angebotssumme der ASt für eine Vertragslaufzeit von xx Monate und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich eine Gebühr in Höhe von x.xxx,- Euro. Da das Nachprüfungsverfahren ohne Beiladung durchgeführt werden konnte, wird die Gebühr um xxx,- Euro auf x.xxx,- Euro reduziert. Die Gebühr wird mit dem bereits geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Die Kostenrechnung für den übersteigenden Betrag in Höhe von x.xxx,- Euro wird nachgereicht. - Vergabekammer Bund, Beschl. v. 23.12.2010 - VK 3 - 132 / 10 – Briefpostdienste - §§ 16 III, 19 III a), 7 I 1 EG-VOL/A – „Bepunktung der Leistungskomponenten" – Unzulässigkeit des Nachreichens von Nachweisen und Erklärungen nach Ablauf der Angebotsfrist – Eignung - Fragenkatalog zur Eignungsprüfung - Erfolgloser Nachprüfungsantrag – keine Bedenken gegen die Vorgaben für die Eignungsnachweise als auch gegen die Kalkulierbarkeit der Angebote – Zuschlagskriterien sachlich gerechtfertigt: Bewertung schnellerer Zustellzeiten (E+1 inkl. monatlichem Laufzeitennachweis), CO2-neutraler Versands – keine Bevorzugung der ungerechtfertigten Bevorzugung der DP AG – keine Notwendigkeit weitergehenderer Losaufteilung – gerechtfertigter Hochrechnungsfaktor bei standardisierten Poststücken Eignungskriterien - Eigenerklärungen und Nachweise entsprechend eingeräumten Ermessenspielraum (unternehmerische und personelle Struktur der Bieter, beabsichtigte Organisation bzw. Durchführung) – Nichterforderlichkeit der Formulierung von Mindestanforderungen – berechtigter Verzicht auf die Vorgabe von Mindestkriterien - offene Gestaltung der Eignungskriterien mit der Folge von Chancen für neue Bewerber etc. - Zuschlagskriterien: „Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes der Bieter in der engeren Wahl werden die Zuschlagskriterien (Punkte für Angebotspreis und Leistungspunkte) addiert. Der Preis geht hierbei mit 80% (sprich maximal 80 Punkten), die Leistungspunkte mit 20% (sprich maximal 20 Punkten) in die Wirtschaftlichkeitsberechnung ein. Der Zuschlag erfolgt auf das Angebot mit dem höchsten Gesamtpunktwert." – Brieflaufzeiten: Für Zustellziele in Deutschland darf die Brieflaufzeit für die Briefarten- bzw. Größen (1) bis (4) und (6) von der Poststelle der Behörde/Dienststelle bei zum Empfänger zwei Tage (E+2) grundsätzlich nicht überschreiten, wenn die Abholzeit der Briefsendungen bei den Behörden vor 12:00 Uhr liegt. Briefsendungen, die nach 12.00 Uhr bei den Behörden/Dienststellen abgeholt werden, gelten als erst am folgenden Tag eingeliefert. Die Brieflaufzeit kann in diesen Fällen entsprechen um einen Tag verlängert werden. Für die Erfüllungsquoten der Laufzeitvorgabe E+2 gelten die Vorgaben der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV). Sofern von der Auftragnehmerin ein Qualitätssicherungsbericht mit entsprechender Laufzeitzusage angeboten wurde, gilt die Brieflaufzeit von der Poststelle der Behörde/Dienststelle bis zum Empfänger von einem Tag (E+1) oder zwei Tagen (E+2) als vereinbart und führt bei Nichterfüllung der vorgegebenen Quoten (siehe Abschnitt Qualitätssicherungsbericht) zu den entsprechenden Vertragsstrafen.(...) - Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die von der Ag ausgeschriebene Vergabe von Briefpostdienstleistungen ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. 1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. a) Die ASt ist antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB. Für die Antragsbefugnis ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird und dass dem Antragsteller durch die behauptete Vergaberechtsverletzung ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ob die ASt als Konzernunternehmen der ... hinsichtlich der von ihr geforderten weitergehenden Losaufteilung für Zustellgebiete innerhalb der jeweiligen Regionallose antragsbefugt ist, kann vorliegend offen bleiben. Gegen die Annahme, dass § 2 Abs. 2 VOL/A-EG und § 97 Abs. 3 GWB ausschließlich die Rechte kleinerer und mittlerer Unternehmen schützen, spricht allerdings, dass die losweise Vergabe von Aufträgen grundsätzlich der Wettbewerbsförderung, der Gleichbehandlung sowie der Erhaltung eines breit gestreuten Marktes dient, der die Möglichkeit wirtschaftlicher Beschaffungsmöglichkeiten langfristig sichert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2007, Verg 10/07, m.w.N.; Kus in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 97 GWB, Rn. 65). Der Mittelstandsschutz ist dabei ein grundlegendes Anliegen, dürfte jedoch nicht der einzige Aspekt des § 97 Abs. 3 GWB sein (vgl. zu dieser Thematik auch: VK Bund, Beschluss vom 25. Februar 2010, VK 3 - 9/10). Der Gedanke der Wettbewerbsförderung stellt sich gerade in dem von der Ausschreibung betroffenen Markt für Briefpostdienstleistungen, der durch die erhebliche Marktmacht des bisherigen Monopolisten DP AG geprägt ist, als entscheidend dar. Eine abschließende Entscheidung über den Schutzzweck des Gebots der Losbildung ist hier jedoch nicht zu treffen, da die vorgenommene Losaufteilung vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist. b) Die ASt hat den aus § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB resultierenden Rügeobliegenheiten genügt. Ferner wurde der Nachprüfungsantrag binnen der Frist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB gestellt. Erfolgloser Nachprüfungsantrag – keine Bedenken gegen die Vorgaben für die Eignungsnachweise als auch gegen die Kalkulierbarkeit der Angebote – Zuschlagskriterien sachlich gerechtfertigt: Bewertung schnellerer Zustellzeiten (E+1 inkl. monatlichem Laufzeitennachweis), CO2-neutraler Versands – keine Bevorzugung der ungerechtfertigten Bevorzugung der DP AG – keine Notwendigkeit weitergehenderer Losaufteilung – gerechtfertigter Hochrechnungsfaktor bei standardisierten Poststücken Eignungskriterien - Eigenerklärungen und Nachweise entsprechend eingeräumten Ermessenspielraum (unternehmerische und personelle Struktur der Bieter, beabsichtigte Organisation bzw. Durchführung) – Nichterforderlichkeit der Formulierung von Mindestanforderungen – berechtigter Verzicht auf die Vorgabe von Mindestkriterien - offene Gestaltung der Eignungskriterien mit der Folge von Chancen für neue Bewerber - keine Unzulässigkeit der Kriterien infolge der Hinweise auf „Ausschlusskriterium" (bei den Eignungsnachweisen) und „Die Nichtbeantwortung von einer oder mehreren Fragen oder eine von der jeweiligen Fragestellung inhaltlich abweichenden Antwort führt zum Ausschluss von der weiteren Bewertung" (bei den „Auftragsbezogenen Angaben nach Ziffer 4 der Besonderen Bewerbungsbedingungen und Hinweise). Hieraus ist nicht im Umkehrschluss abzuleiten, dass es per se Mindestbedingungen für die Eignung geben musste. Die Ag wollte die Bieter lediglich auf die Konsequenzen des Fehlens von geforderten Angaben aufmerksam machen. Denn sie hatte das Nachreichen von Angaben und Erklärungen - was nach der neuen VOL/A durchaus zulässig wäre - in diesem Vergabeverfahren ausdrücklich ausgeschossen. Die Nichtvorlage einer Erklärung führt daher in diesem Vergabeverfahren zu einem zwingenden Ausschluss gem. § 19 Abs. 3 lit. a) VOL/A-EG, worauf die Ag berechtigterweise hingewiesen hat. Durch den Ausschluss von „inhaltlich abweichenden Antworten" wollte sie in Ziffer 4 der Besonderen Bewerbungsbedingungen und Hinweise vermeiden, dass Bieter sinnlose Antworten ohne Bezug zu der abgefragten Thematik einreichen. Auch hieraus lässt sich nicht ableiten, dass gleichzeitig Mindestanforderungen nötig gewesen wären, um ein inhaltliches Abweichen zu definieren. Vielmehr wollte die Ag sicherstellen, dass sie überhaupt Angaben zu den abgefragten Themen erhalten würde. Hinzu kommt, dass die Ag auf die entsprechenden Rügen der ASt noch vor Ablauf der Angebotsfrist gegenüber den Bewerbern klargestellt hat, wie die Hinweise zu den Eignungskriterien zu verstehen waren. Alle interessierten Unternehmen waren damit in der Lage, die entsprechenden Angaben in dem von der Ag erwarteten Sinn zu machen." - b) Mengengerüst - Die Ag hat mit den regionalen und überregionalen Schätzmengen für die verschiedenen Briefformate die notwendigen Informationen gegeben, damit die Bieter entsprechende Angebote für den Rahmenvertrag über den Briefversand ... kalkulieren konnten. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A-EG ist bei einer Rahmenvereinbarung das in Aussicht genommene Auftragsvolumen vom Auftraggeber so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, braucht aber nicht abschließend festgelegt werden. Der zu deckende Beschaffungsbedarf ist vorab zutreffend zu ermitteln. Soweit es hierfür einer Schätzung bedarf, sind die relevanten Grundlagen im zumutbaren Rahmen unter Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen vollständig zu erheben und sachgerecht auszuwerten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2005, Verg 40/04). Im vorliegenden Fall hat die Ag bei der Vorbereitung der Ausschreibung eine Abfrage der zu erwartenden Mengen bei den einzelnen Bedarfsträgern vorgenommen. Sie hat die Bedarfsträger dabei gebeten, beim bundesweiten Versand zwischen regionalen und überregionalen Zielen zu unterscheiden. Eine Erfassung nach Postleitregionen hat sie nicht abgefragt, weil dies nach ihrer Auskunft einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet hätte. Der Verzicht auf eine Ermittlung von Mengengerüsten nach Postleitregionen war aus Sicht der Vergabekammer vertretbar. Dies ergibt sich zum einen aus dem recht unterschiedlichen Tätigkeitsspektrum der Bedarfsträger. Diese sind zwar alle ..., weisen aber dennoch sehr unterschiedliche, regelmäßig aber überregionale Tätigkeitsfelder auf. Daher ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der Zieladressen im gesamten Bundesgebiet verteilt liegen wird. Hinzu kommt, dass die Bedarfsträger für den ausgeschriebenen 2-Jahres-Zeitraum aufgrund aktueller gesetzlicher und politischer Entwicklungen die Schwankungen ihres Briefaufkommens nur begrenzt einschätzen können. Eine genaue Abfrage nach Postleitregionen und Hochrechnung der Briefströme auf die Laufzeit des Rahmenvertrags hätte daher nicht die von der ASt erstrebte Sicherheit für die Kalkulation erbringen können. Aufgrund des begrenzten Aussagewerts der Zahlen der Vergangenheit war es seitens der Ag vertretbar, lediglich eine Einschätzung nach regionalen und überregionalen Mengen vorzunehmen, ohne die Briefströme in jeder einzelnen der - in diesem Los betroffenen ... von Hand zu erfassen. Auch die fehlende Definition der Begriffe „regional" und „überregional" ist vertretbar. Denn je nach Lage der ... - ob in einem größeren Ballungsgebiet oder in einem abgrenzbaren städtischen Bereich - können die Einschätzungen, was regionale Postströme sind, variieren. Der hierdurch entstehende Unsicherheitsfaktor ist der Dienstleistung - geschuldet ist die bundesweite Briefzustellung im Wesentlichen überregional tätiger ... - immanent. Dass andere öffentliche Auftraggeber - wie die ASt vorträgt - durchaus Mengengerüste nach Postleitregionen ausschreiben, spricht vorliegend nicht gegen die hier gewählte Abfrage der Mengen nach regionalen und überregionalen Zustellzielen. Anders als in den von der ASt angeführten Ausschreibungen der .. oder auf Länderebene ist das Adressenspektrum der ... wesentlich weiter gesteckt als das beispielsweise von regionalen ... oder Finanzämtern der Landkreise, deren „Kunden" naturgemäß aufgrund ihres Wohnsitzes vor Ort zu finden sind. Daher ist dort eine Mengenbeschreibung nach Postleitregionen allein aufgrund der Anzahl der Ausgänge ohne weitere Datenerhebungen möglich, während dies bei den verschiedenen Bundesbehörden nur durch eine aufwändige Einzelerhebung nach Zieladressen möglich gewesen wäre. Eine solche wäre aber angesichts des sehr begrenzten Aussagewerts für zukünftige Sendungsmengen unverhältnismäßig gewesen. Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen war demnach im hier zumutbaren Rahmen nicht genauer zu ermitteln. Eine abschließende Festlegung des Auftragsvolumens brauchte zudem im Rahmen des § 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A-EG nicht erfolgen. c) Losaufteilung - Die Ag war nicht verpflichtet, weitere Lose zu bilden. Eine über die erfolgte Losaufteilung nach regionalen Absendegebieten hinausgehende Losbildung nach Zustellgebieten war nicht geboten. Zwar ist ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 2 Abs. 2 VOL/A-EG und § 97 Abs. 3 GWB schon wegen der Berücksichtigung mittelständischer Interessen grundsätzlich zur Auftragsteilung verpflichtet. Ob sich allerdings die ASt als Unternehmen eines großen ... überhaupt auf mittelständische Interessen hinsichtlich der Losbildung berufen darf, kann vorliegend offen bleiben. Denn die Ag war nicht verpflichtet, die von ihr als Beschaffungsbedarf definierte Leistung im Hinblick auf die wirtschaftliche Ausrichtung einzelner Bieter - hier beispielsweise auf den Tätigkeitsschwerpunkt der ASt in der Region Berlin-Brandenburg - in Form von Zustellgebieten nach Postleitregionen weiter zu unterteilen. Grundsätzlich gilt, dass der öffentliche Auftraggeber aufgrund des primären Ziels des Vergaberechts, nämlich einer wirtschaftlichen Beschaffung, individuelle Unternehmensinteressen im relevanten Markt nicht vorrangig berücksichtigen muss (vgl. Kus in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 97 GWB, Rn. 81). Das Gebot der Losaufteilung besteht nicht deswegen, um es Bietern zu ermöglichen, möglichst passgenaue Angebote zu unterbreiten, sondern um vor dem Hintergrund der übergeordneten Ziele der Wettbewerbsförderung, der Gleichbehandlung und der Erhaltung eines breit gestreuten Marktes einer möglichst großen Zahl von - insbesondere auch kleineren und mittelgroßen - Unternehmen grundsätzlich die Chance zu geben, sich um den Auftrag zu bemühen (VK Bund, Beschluss vom 16. September 2008, VK 2 - 97/08). Die Ag hat hier bereits mit der Bildung von acht Regionallosen im Hinblick auf die Abholung der Briefe eine entsprechende Losbildung vorgenommen und ermöglichte damit auch kleineren oder regional orientierten Unternehmen die Teilnahme am Wettbewerb. Eine weitergehende Unterteilung dieser Regionallose nach Zustellgebieten war aus Sicht der Ag schon deshalb nicht geboten, weil sie aufgrund schwankender Briefmengen (vgl. dazu oben unter lit. b) nicht genau einordnen konnte, welche Zustellgebiete in welchem Umfang zu bedienen sein werden. Abgesehen von der fehlenden Einschätzbarkeit der Auftragsvolumina wäre aber auch der Umstand, dass die Bedarfsträger mit mehreren, verschiedenen Postdienstleistern arbeiten müssten, die je nach Unterlos abholen und zustellen würden, mit einem effizienten Postausgang in den verschiedenen ... nicht zu vereinbaren. Hierfür müssten behördenintern aufgrund der Vergabeentscheidung bestimmte Vor-Sortierungen erfolgen, um die jeweiligen Abholer bedienen zu können. Dies überschreitet die dem Bedarfsträger zumutbaren Pflichten. Vielmehr ist die Postabholung aus einer Hand legitimes Ziel der Ausschreibung. Im Rahmen der notwendigen Abwägung der Interessen des Auftraggebers mit Mittelstandsschutz und Wettbewerbsgedanken war eine (weitere) Teilung des Auftrags nach Zustellregionen vergaberechtlich daher nicht geboten. d) Abdeckung der „weißen Flecken" - Auch die Vorgabe eines einheitlichen Preises für die Briefzustellung je Briefformat und Zustellziel (national, EU-weit und international) verstößt nicht gegen Vergaberecht. Die Ag hat zu Recht von jedem Bieter gefordert, in seine Endpreise auch die Preisbestandteile einzurechnen, die aufgrund der Abdeckung der „weißen Flecken" durch die DP AG (also der Zustellung von Briefen in Gebieten, in denen Bieter keine eigene Zustellung anbieten) gesondert zu vergüten sind. Eine solche Vorgabe war notwendig, um gemäß § 8 Abs. 1 VOL/A-EG miteinander vergleichbare Angebote zu erhalten. Ausgeschriebene Leistung ist hier die Abholung und bundesweite (sowie internationale) Zustellung von Briefpost. Je nachdem, wie gut ein Bieter durch eigene Größe oder Mitgliedschaft in Zustellnetzwerken aufgestellt ist, bedarf er der ersatzweisen Zustellung durch die DP AG mehr oder weniger. Würde aber die Ag bei der preislichen Wertung der Angebote die von den Bietern übernommenen Zustellentgelte der Deutschen Post AG heraus rechnen, könnte sie die letztendlich für sie anfallenden Kosten der Zustellung im Ergebnis nicht miteinander vergleichen. Danach wäre z.B. vorstellbar, dass ein sog. „Postkonsolidierer", der die Briefe nur abholt, aber nicht zustellt, ein für seinen eigenen Leistungsanteil extrem günstigen Preis anbieten könnte, während der Preisbestandteil „Zustellung" herausfallen würde. Die Ag will und muss aber natürlich die gesamte Dienstleistung bewerten, so dass es für sie im Ergebnis unerheblich sein muss, wie groß der Anteil des Portos der DP AG ist. Eine andere Vorgehensweise widerspräche gerade den vergaberechtlichen Anforderungen, wonach der Zuschlag gemäß § 97 Abs. 5 GWB nur auf das wirtschaftlichste Angebot ergehen darf. Entgegen der Auffassung der ASt handelt es sich bei dem einheitlichen Preis auch nicht um einen unzulässigen „Mischpreis". Angebote müssen grundsätzlich gemäß § 16 Abs. 3 VOL/A-EG alle geforderten Angaben, Erklärungen und Preise enthalten. Eine vergaberechtlich unzulässige Mischkalkulation liegt vor, wenn eine Preisposition nicht den geforderten Preis enthält, sondern vom Bieter in anderen Positionen „versteckt" wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004, X ZB 7/04; Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 25, Rn. 20ff m.w.N.). Der Vergabestelle wird damit ein Vergleich der Angebote untereinander unmöglich gemacht. Da ein solches Angebot nicht den „geforderten" Preis enthält, wäre es bereits aus formellen Gründen gemäß § 19 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 16 Abs. 3 VOL/A-EG von der Wertung auszuschließen. Eine solche Fallkonstellation ist aber vorliegend nicht gegeben. Der Preisbestandteil des Portos der DP AG wird nicht „versteckt", sondern ist vielmehr gegebenenfalls Teil des Zustellentgelts, das von den Bedarfsträgern – unabhängig von der rechtlichen Einordnung, wer zivilrechtlich Schuldner ist – im Ergebnis zu bezahlen ist. Damit ist es auch in seiner Gesamtheit der Angebotswertung zugrunde zu legen. Eine Vergleichbarkeit der Angebote wird dadurch erst möglich. Der Ag wird durch die Einrechnung der Portogebühren der DP AG auch nicht die Überprüfung von sog. Unterkostenangeboten erschwert. Aufgrund der zahlreichen von den Bietern eingeforderten Informationen gerade auch zur Auftragsausführung kann sich die Ag ein Bild von den jeweiligen Bewerbern machen. Bei der Preiswertung ist sie daher in der Lage, die einzelnen Angebote miteinander zu vergleichen und damit Hinweise auf Unterkostenangebote z.B. bei auffälligen Preisdifferenzen aufzugreifen. Ferner liegt keine vergaberechtlich unzulässige „Subventionierung" des Wettbewerbers DP AG vor. Die DP AG ist vielmehr aufgrund der Post-Universaldienstleistungs-VO verpflichtet, eine Zustellung durchzuführen, wenn bei ihr Post eingeliefert wird. Ob sich ein Bieter nicht der DP AG bedienen wird, resultiert aber allein aus seiner Fähigkeit, bundesweit möglichst umfassende Briefdienstleistungen anzubieten. Es liegt daher an den Bietern, durch Bildung von Kooperationen und Netzwerken eine möglichst breite Abdeckung zu erreichen, um wettbewerbsfähige Angebote abzugeben. Der Einsatz der DP AG als ersatzweiser Zusteller in „weißen Flecken" ist daher nicht als unzulässige „Subventionierung" anzusehen, sondern als gesetzlich vorgesehene Regelung für Fälle, in denen ein Briefdienstleister bestimmte Regionen nicht mit eigenen Zustellern abdecken kann. e) Leistungspunkte für Zustellzeit E+1 und CO2-neutralen Versand - Die von der Ag neben dem Preis vorgegebenen Zuschlagskriterien (Zustellzeit E+1 inkl. monatlichem Qualitätssicherungsbericht mit Laufzeitennachweis sowie CO2-neutraler Versand) sind grundsätzlich statthaft. Sie führen im Ergebnis nicht zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung von Wettbewerbern der DP AG. Die von der Ag mit insgesamt 20% gewichteten Zusatzkriterien für die Wirtschaftlichkeit sind mit § 19 Abs. 9 VOL/A-EG vereinbar. Danach darf der Auftraggeber bei der Entscheidung über den Zuschlag verschiedene durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigte Kriterien wie u.a. Umwelteigenschaften oder Lieferungs- oder Ausführungsfristen berücksichtigen. Nach § 97 Abs. 4 GWB können für die Auftragsausführung zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Sowohl die schnellere Zustellung (E+1) als auch der Umweltaspekt eines CO2-neutralen Versands - der bundesweite Transport der Briefe hat zweifellos Umweltrelevanz - sind grundsätzlich statthafte Zuschlagskriterien im Sinne des Vergaberechts. Diese Zuschlagskriterien sind auch nicht ausnahmsweise aufgrund der Sondersituation des erst kürzlich deregulierten Markts für Briefpostdienstleistungen aus dem Wettbewerbsgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB unzulässig. Zwar ist der ASt zuzugestehen, dass die Berücksichtigung von - an sich statthaften - Leistungskriterien, die eine faktische Bevorzugung des früheren Monopolisten DP AG bedeuten, grundsätzlich problematisch ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die hier verwendeten Plus-Faktoren keine Ausschlusskriterien sind. Jeder Bieter kann demnach die in den Verdingungsunterlagen vorgesehene Zustellfrist E+2 anbieten. Die Bieter sind nicht verpflichtet, einen CO2- neutralen Versand nachzuweisen. Entscheidend ist aber, dass die hier gewählte Gewichtung von 20%, dies entspricht 20 Leistungspunkten, keine prohibitive Wirkung entfaltet. So wird die Zustellzeit E+1 inkl. Laufzeitennachweis mit 10 Leistungspunkten und der CO2-neutrale Versand mit 7 Punkten bewertet. Die insgesamt 17 Punkte, die einem Bieter verloren gehen, der diese Leistungskriterien in seinem Angebot nicht anbietet, können jedoch über den mit 80% gewichteten Preis klar ausgeglichen werden. Berücksichtigt man zudem, dass die Plus-Faktoren schon aufgrund der zusätzlichen Anforderungen – monatlicher Qualitätssicherungsbericht hinsichtlich des Laufzeitennachweises, Zertifizierung des CO2-neutralen Versands - auch mit zusätzlichen Kosten verbunden sind, so wird der Einfluss des Preises bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung weiter erhöht. Es ist daher im Ergebnis festzustellen, dass die Bieter durch die hier gewählte Gewichtung eine realistische Chance haben, die im Verhältnis zur DP AG bestehenden Nachteile bei den Leistungspunkten auszugleichen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Ag auf die entsprechenden Rügen der ASt hin ihre Anforderungen für den Nachweis eines CO2-neutralen Versands stark abgesenkt hat. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die ASt - die in Berlin über eine entsprechende Zertifizierung bereits verfügt - hier Leistungspunkte erhalten könnte. Eine Verletzung der ASt im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB wäre dann ausgeschlossen. f) Hochrechnungsfaktor - Der Hochrechnungsfaktor im Preisblatt für standardisierte Poststücke ist entgegen des Vortrags der ASt nicht völlig frei geschätzt worden. Vielmehr hat die Ag hier ebenfalls eine Abfrage bei den Bedarfsträgern vorgenommen. Sie hat lediglich darauf verzichtet, Schätzungen zu einzelnen Briefformaten abzufragen. Dies war angesichts der hier aufgrund der Projektbezogenheit in höherem Maße als bei „normalen" Briefen bestehenden Unklarheit, wann welche standardisierten Poststücke im 2-Jahres-Zeitraum des Rahmenvertrags anfallen werden, statthaft. Insofern konnte zwar auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden, eine genauere Abfrage hätte aber keine für den in der Zukunft liegenden Vertragszeitraum verbindlicheren Werte ergeben. Die Ag hat die Schätzung daher entsprechend auf die verschiedenen Briefformate herunter gerechnet, um eine mathematisch korrekte Verteilung herzustellen. Dies war aus Sicht der Vergabekammer unbedenklich. Die von der ASt durch die „freie" Schätzung zugleich bemängelte Benachteiligung bzw. Übervorteilung von sog. Konsolidierungsangeboten ist nicht nachvollziehbar. Es fehlt insoweit an substantiiertem Vortrag.
- LG Cottbus, Urt. v. 21.12.2010 - 11 O 82/10 – Zuschlag an Konkurrenten auf (angeblicher) Grundlage von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (Weitergabe von Kalkulationsunterlagen für Angebot durch gekündigten Mitarbeiter an beklagten Konkurrenten – Abmahnung, Unterlassung etc.) – nach Zuschlagserteilung kein Primärschutz – nur Schadensersatz, kein Anspruch auf Kündigung des Vertrags Beklagten - §§ 17 UWG, 826, § 823 II BGB - nach Zuschlagserteilung kein Primärrechtsschutz mehr – kein „Aushebeln" dieses Grundsatzes durch Untersagung der Vollziehung des wirksam geschlossenen Vertrages durch Auftraggeber - Tatbestand: Im Februar 2010 führte die xxx ein Vergabeverfahren "Baumaßnahme: Einbringen Wurzelschutz S/B" durch. Auftragsgegenstand war nach dem Leistungsverzeichnis das nachträgliche Einbringen eines Wurzelschutzes in die um den xxx See und den xxx See bestehenden Wirtschaftswege. An der Ausschreibung beteiligten sich u.a. die Parteien. In dem Ausschreibungsverfahren waren Nebenangebote zugelassen. Zuschlagskriterium war das wirtschaftlich günstige Angebot in Bezug auf den Preis. Die Frist zur Einreichung der Angebote endete am 22.03.2010. Die Klägerin gab ein Angebot ab, das gemäß Eröffnung das Drittgünstigste war. Das Günstigste Angebot war ein Nebenangebot der Beklagten. Diese erhielt daraufhin den Zuschlag durch die xxx. Bei der Klägerin war bis zum 30.04.2010 der Zeuge xxx tätig. Er übte seit 2003 die Funktion als Kalkulator und Büroleiter aus. Für die Erstellung des Angebots und die Kalkulation des Angebotspreises war auf Seiten des Klägers der Zeuge xxx zuständig. Mit Schreiben vom 30.04.2010 kündigte der Kläger das mit dem Zeugen xxx bestehende Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Termin. Nachdem der Zeuge xxx die Büroräume des Klägers verlassen hatte, fand der Kläger am PC des Zeugen xxx einen USB- Stick. Auf diesem USB- Stick waren die Anlage K 5, K 6 und K 7 gespeichert. Der Kläger behauptet, der Zeuge xxx habe ohne Wissen des Klägers in dem Vergabeverfahren der xxx für die Beklagte ein Angebot erstellt und einen Angebotspreis kalkuliert. Dabei habe er die ihm bekannte Kalkulation des Klägers verwendet, um ein Angebot für die Beklagte zu erstellen, das preislich günstiger war als das des Klägers. Dies habe der Zeuge xxx in einem Gespräch am 28.04.2010 in den Geschäftsräumen des Klägers eingeräumt. Der Zeuge xxx habe zudem erklärt, er sei seit mindestens 3 Monaten für die Beklagte tätig gewesen und habe die Ausschreibung mit der Beklagten gewonnen. Mit Schreiben vom 21.05.2010 forderte der Kläger die xxx vergeblich auf, den mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag wegen einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung zu kündigen. Mit Schreiben vom 27.05.2010 wurde die Beklagte durch den Kläger abgemahnt und vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe sich wettbewerbswidrig verhalten. Sie habe Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Klägers unbefugt verwertet. Dieser Wettbewerbsverstoß wirke fort, da die Beklagte den Vertrag mit der xxx vollziehe. Der Kläger beantragt, der Beklagten unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen, vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu untersagen, den von der Beklagten wettbewerbswidrig mit der xxx im Zuge des Vergabeverfahrens "Baumaßnahme: Einbringen Wurzelschutz xxx", Vergabe-Nr. xxx, Ende April/Anfang Mai 2010 abgeschlossenen Vertrag zu vollziehen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe keinen Unterlassungsanspruch, den abgeschlossenen Vertrag zu vollziehen. Unabhängig von der Sachlage sei der Abschluss und insbesondere die Durchführung des abgeschlossenen Vertrages für sich gesehen kein wettbewerbswidriger Sachverhalt. Im Übrigen bestreite die Beklagte, dass der Zeuge xxx in dem Vergabeverfahren für die Beklagte ein Angebot erstellt und einen Angebotspreis kalkuliert habe. Dass sich interne Unterlagen der Beklagten auf einem Rechner des Klägers befunden haben, sei auch für die Beklagte überraschend und begeistere sie nicht. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Entscheidungsgründe - Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger kann das Rechtschutzbedürfnis für die Klage nicht abgesprochen werden, obwohl nicht klar ist, was er mit einem Klage stattgebenden Urteil erreichen will. Sollte die Beklagte den geschlossenen Vertrag nicht vollziehen dürfen, hätte dies nicht zur Folge, dass der Kläger nunmehr bei der xxx zum Zuge käme. Er hatte unstreitig nur das drittgünstigste Angebot abgegeben. Die Klage ist nicht begründet. Es kann dahinstehen, ob der Beklagten ein Wettbewerbsverstoß gemäß §§ 3, 4 Abs. 1 Nr. 11, 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG zur Last gelegt werden kann. Sollte der Zeuge xxx tatsächlich im Auftrag der Beklagten Betriebsspionage bei dem Kläger betrieben haben, führte dies nicht zur Begründetheit der Klage. Nach Auffassung der Kammer wäre ein Anspruch des Klägers nur auf Schadensersatz gerichtet gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 17 UWG und § 826 BGB. Es liegt vorliegend eine öffentliche Vergabe vor. Nach Zuschlagserteilung besteht gegen den Auftraggeber kein Primärrechtschutz mehr, nur noch Schadenersatz als Sekundärschutz (vgl. BGHZ 142, 202; KG KGR 2000, 359; OLG Düsseldorf NZBau 2000, 391). Dieser Grundsatz würde ausgehebelt, wenn der übergangene Bieter nach dem Zuschlag dem anderen erfolgreichen Bieter untersagen lassen könnte, den Vertrag zu vollziehen. Dies würde im Ergebnis zu Lasten des Auftraggebers, hier der xxx gehen, der dann gegebenenfalls nur ausschreiben müsste mit allen Konsequenzen. Zudem würde die Verurteilung durch das Gericht eine Verurteilung zum Vertragsbruch sein. Weiter ist zu bedenken, dass die xxx gegenüber der nach Verurteilung vertragsbrüchigen Beklagten ein Urteil erstreiten könnte, wonach diese den abgeschlossenen Vertrag zu erfüllen hätte. Es besteht also die Gefahr, dass Entscheidungen ergehen, die in ihrer Konsequenz miteinander nicht zu vereinbaren sind. Anders könnte der Fall zu beurteilen sein, wenn der Vertrag der Beklagten mit der Auftraggeberin, der xxx, nichtig wäre. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit gemäß §§ 134, 138 BGB bestehen aber nicht. Der Auftraggeberin der Beklagten wird nämlich nicht vorgeworfen, in irgendeiner Weise an Betriebsspionage der Beklagten beteiligt gewesen zu sein. Soweit der Kläger auf OLG Naumburg NJWE-WettbR 1996, 155, verweist, sind die Fälle nicht vergleichbar. In dem Fall, den das OLG Naumburg zu entscheiden hatte, betrieb jemand ohne die erforderliche Zulassung eine Rechtsanwaltskanzlei. Zudem hatte diese Entscheidung nichts mit einem Vergabeverfahren zu tun. Letztlich kommt dem Kläger auch nicht die Entscheidung BGHZ 177, 150, zu Gute. Dieser Entscheidung lässt sich entnehmen, dass eine Anspruchskonkurrenz zwischen kartellvergaberechtlichen und lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen bestehen kann. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen enthält für das Kartellvergaberecht kein in sich geschlossenes Rechtsschutzsystem, das eine Verfolgung von Rechtsverstößen nach § 4 Nr. 11 UWG ausschließt. Der vom BGH in der Entscheidung zu beurteilende Sachverhalt lag aber anders als hier. Dort war ein Vertrag noch nicht geschlossen worden, der nicht mehr durchgeführt werden sollte. Es ging vielmehr darum, dass die Beklagte Versicherungsverträge nicht abschließen sollte, die ohne Ausschreibung vergeben wurden. Auch ist dieser Entscheidung zu entnehmen, dass der Vergabestelle, dem öffentlichen Auftraggeber, selbst Vorwürfe zu machen waren, da diese gegen Vergabevorschriften verstoßen hatte und damit das Wettbewerbsrecht von Marktteilnehmern verletzt wurde. Die dortige Beklagte sollte zu diesem Wettbewerbsverstoß Beihilfe geleistet haben. Damit sind die zu entscheidenden Sachverhalte nicht miteinander vergleichbar. Hier geht es darum, die Durchführung eines Vertrages zu untersagen, obwohl dem öffentlichen Auftraggeber keinerlei Vorwürfe zu machen sind. Dies wäre eine Entscheidung zu Lasten Dritter mit gravierenden Konsequenzen bei besonders eiligen Bauvorhaben. Der Kläger wird durch diese Entscheidung nicht rechtlos gestellt. Er hat Schadenersatzansprüche auf entgangenen Gewinn. Allerdings würde ein solcher Anspruch voraussetzen, dass der Kläger tatsächlich im Vergabeverfahren zum Zuge gekommen wäre. Das dürfte aber auszuschließen sein, da ein weiterer Mitkonkurrent günstiger war als der Kläger. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO. Streitwert: xxx,00 Euro (Parteiangaben zum Streitwert sind, selbst wenn sie übereinstimmen, für das Gericht nicht bindend, aber ein wichtiges Indiz (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 17). Hier liegt eine durchschnittlich schwierige Wettbewerbsstreitigkeit vor, für die die Kammer in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit OLG Brandenburg, 6 W 155/03, einen Regelstreitwert von 20.000,00 Euro annimmt. Es besteht kein Anlass, davon abzuweichen.)
- OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.10.2010 – W Verg 13/10 - §§ 118 Abs. 1 S. 3 GWB, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A, § 25 Nr. 3 Abs. 1, 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A, 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A - § 25 Nr. 3 Nr. 2 VOB/A – „bieter- bzw. drittschützender Charakter" (hier verneint– Ausschluss nur bei Verdrängungsabsicht -hier nicht gegeben) - Beschluss: In dem Vergabenachprüfungsverfahren- betreffend: Neubau eines Verfügungsgebäudes für die Technische Fachhochschule W. hier: Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 19. Oktober 2010 durch xxx beschlossen: Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde vom 04.10.2010 gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 20.09.2010 - VK 45/10 - bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen. Der Antragstellerin wird aufgegeben, binnen zwei Wochen zu erklären, ob die sofortige Beschwerde zurückgenommen wird. Gründe - I. Der Auftraggeber schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 05.05.2010 den Neubau eines Verfügungsgebäudes einschließlich Halle für die Technische Fachhochschule W. als Generalunternehmerleistung im Offenen Verfahren europaweit aus. Als Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis vorgesehen. Im Ergebnis des Submissionstermins am 08.07.2010 lag die Antragstellerin mit ihrem Angebot an dritter Rangstelle hinter der erstplatzierten Z. AG und der zweitplatzierten B. AG. Mit Schreiben vom gleichen Tag wandte sich die Antragstellerin an den Auftrageber mit der Bitte um Aufklärung bis 13.07.2010, ob im Rahmen der Abgabe des Angebots die Übergabe der Unterlagen auf einem Datenträger zugelassen war. Einer ihrer Mitarbeiter habe am Submissionstermin teilgenommen und festgestellt, dass von einer Vielzahl der Mitbewerber nur einige wenige Unterlagen übergeben worden seien, obwohl nach den Verdingungsunterlagen u.a. die komplette Leistungsbeschreibung in Papierform einzureichen gewesen sei. Der Auftraggeber antwortete mit Schreiben vom 19.07.2010, dass gemäß Aufforderung zur Angebotsabgabe (211EG) Pkt. 5.3 weder eine elektronische Einreichung möglich, noch die Übergabe von Unterlagen auf Datenträger zugelassen sei. Die eingereichten Angebote würden derzeit geprüft. Mit Bieterinformation vom 30.07.2010 unterrichtete der Auftraggeber die Antragstellerin über die Absicht, der Z. AG, die ein niedrigeres Hauptangebot abgegeben habe, den Zuschlag zu erteilen. Hierauf erklärte die Antragstellerin mit Schreiben vom 06.08.2010, sie rüge die Vergabeentscheidung, da die Z. AG kein vollständiges Angebot abgegeben habe. Soweit sie den Submissionstermin erinnere, habe die Bieterin unzureichende Unterlagen vorgelegt. Die Z. AG sei auch wegen unangemessen niedrigen Preises ihres Angebots auszuschließen. Der angebotene Preis sei deutlich günstiger als der Rest des Wettbewerbs und lasse eine angemessene Leistung nicht erwarten. Die Bieterin sei schließlich für ihre Verdrängungsabsicht per Preis im Markt bekannt. Aus formalen Gründen ausgeschlossen werden müsse ferner die zweitplatzierte B. AG, die ebenfalls nicht zureichende Unterlagen vorgelegt habe. Der Auftraggeber teilte am 10.08.2010 mit, trotz erheblicher Zweifel an der Rügebefugnis der Antragsstellerin nehme er deren Ausführungen zum Anlass, die getroffene Entscheidung zu prüfen. Mit weiterem Schreiben vom 12.08.2010 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, er halte die Vergabeentscheidung aufrecht, so dass die Bieterinformation vom 30.07.2010 Gültigkeit behalte. Daraufhin stellte die Antragstellerin am 13.08.2010 einen Nachprüfungsantrag mit dem Ziel, den beabsichtigten Zuschlag zu stoppen. Zu Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre mit Schreiben vom 06.08.2010 erhobenen Rügen. Am 19.08.2010 beantragte die Antragstellerin, ihr Akteneinsicht zu gewähren. Mit Anwaltsschriftsatz vom 25.08.2010 reichte die Antragstellerin einen "Vorab- Vergabevorschlag" der M. AG aus Dresden mit Datum vom 22.07.2010 ein, den ihr Bietergemeinschaftsmitglied B. GmbH am 23.08. 2010 in einem Brief ohne Absender in ihrem Geschäftsbriefkasten vorgefunden habe. Die für den Auftraggeber gefertigte Unterlage enthält einen Preisspiegel der Angebote der drei bestplatzierten Bieter für die Gewerke der technischen Gebäudeausrüstung sowie Ausführungen zur Eignungsprüfung, zur Fabrikatsprüfung und zur Wirtschaftlichkeit der Angebote. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag im schriftlichen Verfahren durch Beschluss vom 20.09.2010 teils als unzulässig, im übrigen als offensichtlich unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Vergabekammer im wesentlichen aus: Der Antragstellerin fehle die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB, soweit sie geltend mache, das Angebot der Z. AG sei unangemessen niedrig und deshalb nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOB/A 2006 auszuschließen. Drittschützende Wirkung komme dem Zuschlagsverbot bei wettbewerbsbeschränkendem oder sonst unlauterem Bieterverhalten zu. Hinreichende Anhaltspunkte hierfür fehlten. Die Rüge unvollständiger Angebote sei ohne hinreichende Substanz auf bloßen Verdacht hin erhoben und genüge deshalb der nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB bestehenden Rügeobliegenheit nicht. Im Umfang des auf die Kenntnisse aus den Vorab- Vergabevorschlag gestützten Vorbringens sei der Nachprüfungsantrag zwar zulässig, aber offensichtlich unbegründet i.S.v. § 112 Abs. 2 Satz 3 GWB. Dies sei der Fall, weil das Angebot der Antragstellerin gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. c) i.V.m. § 2 Nr. 1 Satz 3 VOB/A 2006 zwingend auszuschließen sei. Die Kenntnisnahme und Verwendung des ihr zugespielten, ersichtlich nur für den Auftraggeber bestimmten Vorab- Vergabevorschlags im Nachprüfungsverfahren stelle ein unlauteres Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs dar. Gegen den Beschluss der Vergabekammer wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung verbindet. Die Antragstellerin rügt das Verfahren der Vergabekammer und verfolgt ihr Sachvorbringen weiter. II. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel zu verlängern, ist gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zulässig. Er ist aber unbegründet, weil die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ohne Aussicht auf Erfolg ist, § 118 Abs. 2 GWB. Die zulässige sofortige Beschwerde wird in der Sache ohne Erfolg bleiben. Denn die Vergabenkammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, da die Rügen der Antragstellerin - ihre Zulässigkeit ausnahmslos angenommen - jedenfalls sachlich unbegründet sind. A. Die sofortige Beschwerde begegnet keinen Bedenken gegen ihre Zulässigkeit, sie ist insbesondere gemäß § 117 GBW frist- und formgerecht erhoben. Der angefochtene Beschluss der Vergabekammer ist der Antragstellerin am 22.09.2010 - so ihr Vorbringen in der Beschwerdeschrift (Bl. 2 d.A.) - oder aber - laut Empfangsbekenntnis ihrer Verfahrensbevollmächtigten (Bl. 172 VK 45/10) - am 23.09.2010 zugestellt worden. Nach beiden Sachverhaltsvarianten hat die am 04.10.2010 bei Gericht eingereichte Beschwerdeschrift die Zwei-Wochen-Frist des § 117 Abs. 1 GWB gewahrt. B. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist als unbegründet zurückzuweisen. Dabei kann dahinstehen, ob der Beurteilung der Vergabekammer in allen Punkten zu folgen ist. Auch wenn - anders als es die Vergabekammer erkannt hat - sämtliche Rügen der Antragstellerin als zulässig angesehen werden, bleiben diese jeweils in der Sache ohne Erfolg. 1. Mit ihrem Beschwerdevorbringen, die Vergabekammer habe verfahrensfehlerhaft ohne mündliche Verhandlung entschieden und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, vermag die Antragstellerin ihrer sofortigen Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Beschwerdegericht entscheidet als zweite Tatsacheninstanz, es kann gemäß § 123 Satz 1 und 2 GWB eine Entscheidung in der Sache auch dann treffen, wenn der Vergabekammer Verfahrensfehler unterlaufen sein sollten. Es hat etwaige Verfahrensfehler zu korrigieren und sodann auf Grund der Beschwerde darüber zu befinden, ob die angegriffene Vergabekammerentscheidung in der Sache richtig ist (vgl. Senat, Beschluss vom 12.01.2010, Az.: Verg W 5/09; Beschluss vom 30.05.2008, Az.: 6 Verg W 5/08, zitiert jeweils nach juris.de). 2. Die Sachprüfung des Senats ergibt, dass weder die erstplatzierte noch die zweitplatzierte Bieterin wegen fehlender oder unvollständiger Erklärungen bzw. daraus folgender mangelnder Eignung (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), Nr. 2 Abs. 1 i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A 2006) auszuschließen sind und ein Ausschluss der erstplatzierten Bieterin auch nicht wegen Unauskömmlichkeit ihres Angebots (§ 25 Abs. 3 Abs. 1 VOB/A 2006) gerechtfertigt ist. Da die Antragsgegnerin nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, kann offen bleiben, ob ihr Angebot wegen wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweise auszuschließen wäre. 2.1. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Z. AG und die B. AG hätten keine vollständigen Angebote eingereicht, kann der Senat mit dem Rügeschreiben vom 06.08.2010 eine inhaltlich ausreichende und rechtzeitig erhobene Rüge (§ 107 Abs. 3 GWB) zugunsten der Antragstellerin zugrunde legen, denn die Rüge ist mit den auch von der sofortigen Beschwerde verfolgten Vergaberechtsverstößen sachlich unbegründet. a) Weder für die Z. AG noch für die B. AG sind die Voraussetzungen für einen Ausschluss wegen Fehlens einer vom Auftraggeber geforderten Erklärung über den Nachunternehmereinsatz (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A 2006) gegeben. Die Angebote der Bieter enthalten die nach den Verdingungsunterlagen erforderlichen Erklärungen. aa) Bei Angebotsabgabe einzureichen war hinsichtlich des Nachunternehmereinsatzes allein die Erklärung darüber, für welche Leistungen nach Art und Umfang der Teilleistungen Nachunternehmer eingesetzt werden sollen (Formblatt 235 EG Verzeichnis der Unternehmerleistungen). In der EG-Aufforderung zur Angebotsabgabe (211 EG) sind unter Buchstabe C) als Anlagen, die (in Abhängigkeit des Angebots) ausgefüllt 1-fach zurück zu geben sind, die Formblätter "235 EG Verzeichnis der Unternehmerleistungen" und "236 EG Verpflichtungserklärung" angegeben. Das Formblatt "235 EG Verzeichnis der Unternehmerleistungen" fordert Erklärungen dazu, für welche Leistungen nach Art und Umfang der Teilleistungen sich der Bieter der Fähigkeit anderer Unternehmer bedienen wird. Hierfür sieht das Formular Eintragungen in den Feldern "OZ/Leistungsbereich" und "Beschreibung der Teilleistungen" vor. Ferner enthält das Formular folgenden Text: "Auf Verlangen der Vergabestelle werde(n) ich/wir - die Unternehmen benennen, deren Fähigkeiten ich/wir uns im Auftragsfall bedienen werde(n), und - die Verpflichtungserklärung(en) nach Formblatt 236EG (. . .) vorlegen, (. . .)". Das Formblatt "236 EG Verpflichtungserklärung" sieht die Erklärung der für die Ausführung der Teilleistungen vorgesehenen Unternehmen nach § 8a Nr. 10 VOB/A vor. Einzelne Bieter haben es als zweifelhaft angesehen, ob das Formblatt 236 EG aufgrund der Eintragung in der EG-Aufforderung zur Angebotsabgabe (211 EG) trotz der im Formblatt 235 erwähnten Vorlage "auf Verlangen" bereits mit Angebotsabgabe einzureichen ist und deshalb Anfragen an den Auftraggeber gerichtet. Der Auftraggeber hat daraufhin zur Konkretisierung der Ausschreibungsunterlagen mit Schreiben vom 28.06.2010 sämtliche Bieter unterrichtet, dass nach dem Inhalt des Formblatts 235 EG keine Verpflichtung besteht, auch das Formblatt 236 EG mit Angebotsabgabe einzureichen, da dies erst auf Verlangen der Vergabestelle vorzulegen ist (Bl. 321 FFO-L30007790). Damit hat der Auftraggeber jede etwa bestehende Unklarheit über die geforderten Erklärungen zum Nachunternehmereinsatz beseitigt. Der erteilten Information ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass bei Angebotsabgabe nur die Erklärung über die Nachunternehmereinschaltung als solcher (Formblatt 235 EG) einzureichen war, nicht aber bereits die Benennung der für die Ausführung vorgesehenen Unternehmen zu erfolgen hatte und/oder deren Verpflichtungserklärungen (Formblatt 236 EG) vorgelegt werden mussten. bb) Sowohl die Z. AG als auch die B. AG haben die mit Formblatt 235 EG geforderten Erklärungen zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz abgegeben. Hiervon hat sich der Senat anhand der Akten des Auftraggebers überzeugt. b) Eine zum Ausschluss führende Unvollständigkeit der Angebote der Z. AG und der B. AG ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht darin zu sehen, dass die Teile (Abschnitte) 0, A, B, L und M der Leistungsbeschreibung bei Angebotsabgabe nicht mit eingereicht worden sind. Bei den genannten Abschnitten der Leistungsbeschreibung handelt es sich nicht um solche Unterlagen, deren unterlassene Einreichung den Ausschluss des Angebots wegen Fehlens eines vorgesehenen Preises, einer geforderten Erklärung oder eines geforderten Nachweises nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A 2006 rechtfertigen könnte. Zwar ist in der EG-Aufforderung zur Angebotsabgabe (211 EG) unter Buchstabe B) unter anderem die Leistungsbeschreibung ohne Einschränkung auf einzelne Abschnitte als eine derjenigen Anlagen bezeichnet, die immer 1-fach zurück zu geben sind. Ferner heißt es in der Leistungsbeschreibung Teil A "Vorbemerkungen" A2 "Zusammenstellung des Angebotspreises" Ziffer 2.2. "Pauschalpreisermittlung", dass der erforderliche Leistungsumfang gemäß der "Leistungsbeschreibung der Abschnitte A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M" eigenverantwortlich zu ermitteln ist. Demnach umfasst die Leistungsbeschreibung die in Rede stehenden Abschnitte. Ein Fehlen der Abschnitte 0, A, B, L und M bei Abgabe des Angebots führt dennoch nicht zum Ausschluss wegen Unvollständigkeit. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A 2006 werden Angebote ausgeschlossen, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 bis 3 VOB/A 2006 nicht entsprechen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A 2006 sollen die Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Mit letztgenannter Vorschrift soll sichergestellt werden, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht, damit der durch die öffentliche Ausschreibung eröffnete Wettbewerb der Bieter in einem transparenten, auf Gleichbehandlung beruhenden Verfahren gewährleistet werden kann und vergleichbare Angebote vorgelegt werden (vgl. BGH VergabeR 2005, 754; VergabeR 2003, 558). Ein Angebot, welches die geforderten Erklärungen und Nachweise nicht enthält, ist daher regelmäßig von der Wertung auszuschließen. Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Die Abschnitte 0, A, B, L und M der Leistungsbeschreibung betreffen weder Eintragungen der geforderten Preise noch sonstige Erklärungen oder Nachweise der Bieter. Bei den Abschnitten handelt es sich ausschließlich um solche Unterlagen, die die Bieter heranzuziehen hatten, um die Kalkulation vorzunehmen (Abschnitt 0: Generalunternehmerleistung, Abschnitt A: Vorbemerkung, Abschnitt B: Baubeschreibung, Abschnitt L Anlagen, Abschnitt M: Statik). Die geforderten Preise waren demgegenüber in den als "Leistungsverzeichnis" überschriebenen 71 Seiten umfassenden Teil der Verdingungsunterlagen sowie in den Abschnitte C bis K der Leistungsbeschreibung zur gewerkeweisen Aufschlüsselung einzelner Preise anzugeben. Eine unterlassene Einreichung der Abschnitte 0, A, B, L und M stellt aufgrund des Inhalts der Unterlagen folglich nicht das Fehlen einer Erklärung des Bieters dar. Einem Fehlen der Unterlagen bei Angebotsabgabe ist irgendeine Bewertungsrelevanz, sei es mit Blick auf die Eindeutigkeit des Angebots, die Vergleichbarkeit mit anderen Angeboten oder hinsichtlich sonstiger Einflüsse auf den Wettbewerb in dem auf Gleichbehandlung beruhenden Verfahren nicht beizumessen. 2.2. Mit ihrer Rüge, das Angebot der Z. AG sei wegen eines in Verdrängungsabsicht unangemessen niedrig kalkulierten Preises nach § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A 2006 auszuschließen, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Wie die Vergabekammer richtig ausgeführt hat, ist in Rechtsprechung und Literatur noch immer nicht abschließend geklärt, ob der Vorschrift des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A 2006 überhaupt drittschützende Wirkung zukommt. Das Verbot, auf ein Angebot mit unangemessen niedrigem Preis den Zuschlag zu erteilen, dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der bei Zuschlagerteilung auf ein Unterkostenangebot Gefahr laufen kann, dass der Auftragnehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und den Auftrag nicht oder nicht ordnungsgemäß zu Ende führt oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht (vgl. BayObLG VergabeR 2001, 65; OLG Düsseldorf VergabeR 2001, 128 und Beschluss vom 29.09.2008, Az.: VII-Verg 50/08, zitiert nach juris.de; Thüringer OLG, VergabeR 2009, 809 jeweils mit weiteren Nachweisen). Der Auftraggeber ist grundsätzlich nicht gehindert, einem niedrigen, nicht kostendeckenden Angebot den Zuschlag zu erteilen, denn es ist nicht seine Sache dafür zu sorgen, dass der Auftragnehmer auskömmliche, das heißt in jeder Hinsicht kostendeckende Aufträge erhält (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2008). Aus diesem Grund billigt die Rechtsprechung in zwischenzeitlich wohl vorherrschender Ansicht der Vorschrift des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A bieterschützende Wirkung dann zu, wenn es für den Auftraggeber angesichts seiner aus § 2 Nr. 1 Satz 3 VOB/A 2006 folgenden Verpflichtung, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu beschränken, geboten ist, das Angebot auszuschließen (vgl. OLG Düsseldorf, VergabeR 2001, 65; OLG Celle, VergabeR 2004, 397; BayObLG, VergabeR 2004, 379; OLG Koblenz, VergabeR 2006, 392; OLGR Bremen, 2006, 638; offen gelassen: OLG München, VergabeR 2007, 536; Thüringer OLG, VergabeR 2009, 809; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2008). Die Antragstellerin beruft sich im Streitfall auf ein mit Marktverdrängungsabsicht eingereichtes unauskömmliches Angebot der erstplatzierten Mitbewerberin, so dass ihr die Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWB) nicht abzusprechen ist. In der Sache dringt die Antragstellerin indes nicht durch, weil tragfähige Anhaltspunkte für eine unlautere wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise der erstplatzierten Bieterin Z. AG nicht festzustellen sind und abgesehen davon, deren Angebot auch nicht einen unangemessen niedrigen Preis zum Gegenstand hat. Bestimmte Tatsachen für die von ihr behauptete Absicht der Z. AG, Mitbewerber unlauter vom Markt zu verdrängen, vermag die Antragstellerin nicht aufzuzeigen. Ihr Vorbringen, welches sich im Kern darin erschöpft, diese Absicht sei dem Markt bekannt, rechtfertigt nicht die Feststellung, das im Streitfall zu beurteilende Angebot diene einer Verdrängung der Antragstellerin und anderer Mitbewerber von dem betroffenen Markt. Schließlich stellt sich das Angebot der Z. AG nicht als unangemessen niedrig im Sine des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A 2006 dar. Zwar weist das Angebot der Z. AG den mit Abstand niedrigsten Preis aller abgegebenen Angebote aus. Die Differenz zu dem Angebot der zweitplatzierten Bieterin beträgt ca. 9 %, deren Angebot ist um etwa 0,3 % günstiger als das der Antragstellerin. Der aufgezeigte Preisunterschied trägt aber nicht den Schluss auf eine unangemessen niedrige Preisbildung, weil ein offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung nicht gegeben ist. Der Auftraggeber hat die Auskömmlichkeit des Angebots der Z. AG geprüft und festgestellt. Diese Bewertung lässt eine Verletzung des der Vergabestelle zukommenden Beurteilungsspielraums nicht erkennen. Ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung liegt dann vor, wenn der angebotene Gesamtpreis derart eklatant von dem an sich angemessenen Preis abweicht, dass eine genauere Überprüfung nicht im einzelnen erforderlich ist und die Unangemessenheit des Angebotspreises sofort ins Auge fällt (vgl. BGH BauR 1977, 52; OLG Düsseldorf, VergabeR 2004, 248; Thüringer OLG, VergabeR 2009, 809). Der Preisunterschied von nahezu 10 % ist nicht von solchem Ausmaß, dass er ein offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung ergibt. Ebensowenig sind tragfähige andere Umstände hierfür gegeben. Auf die Beurteilung in dem der Antragstellerin zugespielten und von ihr eingereichten Vorab- Vergabevorschlag der M. AG kommt es insoweit nicht entscheidend an. Die Ausführungen beziehen sich auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, für die Beurteilung eines unangemessen niedrigen Preises ist indes maßgeblich auf den Gesamtpreis des Angebots abzustellen (vgl. BGH a.a.O.; BayObLG, VergabeR 2001, 65; OLG Düsseldorf, VergabeR 2004 a.a.O.; Thüringer OLG, VergabeR 2009 a.a.O.). Die von der M. AG aufgezeigten Preisunterschiede in den technischen Gewerken lassen zudem auch für sich ein eklatantes Missverhältnis zu angemessenen Preisen nicht erkennen. 2.3. Da die Angebote der Z. AG und der B. AG nicht mit einem den Ausschluss rechtfertigenden Mangel behaftet sind und das Angebot der Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste Angebot ist, braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob der Antragstellerin mit Verwendung des ihr zugespielten Vorab- Vergabevorschlags der M. AG im Nachprüfungsverfahren ein Verhalten zur Last fällt, welches geeignet ist, den Ausschluss ihres Angebots wegen schwerwiegenden Verstoßes gegen die Regeln des lauteren Wettbewerbs auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. c) i.V.m. § 2 Nr. 1 Satz 3 VOB/A 2006)." Hinweise: Vgl. hierzu OLG Dresden, Beschl. v. 23. 4.2009 - WVerg 11/08 – ZfBR 2009, 610 = VergabeR 2010, 106, m. Anm. v. Kohler (auch mit zutreffenden Ausführungen zu § 107 III GWB n. F. - VoIP-Telekommunikationsanlage – „Insbesondere steht der Zuschlagserteilung nicht entgegen, dass der Auftragswert zu niedrig angenommen worden sein soll. Denn auch ein niedrig kalkulierter Vertragspreis lässt es zu, dass der Zuschlag auf ein höherpreisiges Angebot erteilt wird. Die Frage, ob zwischen Preis und Leistung ein offenbares Missverhältnis besteht (§ 25 Nr.2 Abs.3 VOL/A), beantwortet sich nicht allein nach dem von der Vergabestelle angenommenen Schätzwert. Erweist sich dieser als Folge der Preise der eingehenden Angebote als zu niedrig, so scheidet er als Maßstab für die Abwägung aus." Ferner OLG Jena - Thüringen, Beschl. v. 5.6.2009 - 9 Verg 5/09 - VergabeR 2009, 809, m. zustimmender Anm. v. Goede, Matthias - Entsorgung u. a. von Altpapier - Zurückweisung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung (keine Aussicht auf Erfolg: rechtzeitige Rüge <6 Tage> - Antragsbefugnis offen gelassen - § 25 Nr. 2 III VOL/A nicht generell drittschützender Charakter - aufsichtsrechtliche Genehmigung <§§ 71 ff ThürKO> - fachliche Eignung bejaht - keine Unauskömmlichkeit des Preises <mögliche Änderung der Rechtslage durch Mindestlohn im Rahmen der Preisprüfung nicht relevant>)- OLG Koblenz, Beschl. v. 10.08.2009 - 1 Verg 8/09 – NZBau 2009, 671 – Zuschlag an gemeinnützige GmbH (nicht unter § 7 Nr. 6 VOL/A fallend) vergaberechtskonforme Beauftragung eines Beförderungsauftrags – Leistungsbeschreibung – steuerliche Begünstigung – kein offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung; auch OLG Naumburg, Beschl. v. 23.4.2009 - Verg 7/08 - VergabeR 2009, 793, m. zustimm. Anm. v. Braun, Christian - Rettungsdienstleistungen - besonders niedriger Preis; Vergabekammer Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.03.2010, 1 VK 11/10 – Schülerbeförderung" – besonders niedriger Preis – § 25 Nr. 2 III VOL/A keine bieterschützende Wirkung – Leitsatz: 1. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A entfaltet nur ausnahmsweise mitbieterschützende Wirkung.– Ausschluss wegen Unauskömmlichkeit - keine Antragsbefugnis, da nicht mitbieterschützend – nur ausnahmsweise doch bieterschützender Charakter im Einzelfall nicht vorliegend - § 25 Nr. 2 III VOL/A grundsätzlich nicht mitbieterschützend – ferner OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.06.2002, -Verg 18/02, Beschl. v. 04.09.2002, -Verg 37/02; VK Baden-Württemberg, v. 17.01.2008, -1 VK 52/07, v. 03.08.2007, -1 VK 24/07, v. 16.11.2004, -1 VK 69/04, v. 12.11.2004, -1 VK 70/04, v. 05.01.2009, -1 VK 63/08) – zum „unangemessen hohen Preis" - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27. 7.2009 — 15 Verg 3/09 – VergabeR 2010, 96, m. teils krit. Anm. v. Hartung = ZfBR 2010, 196 – Sanierung Laborgebäude – Beanstandung der Aufhebung der Ausschreibung und des nachfolgend eingeleiteten Verhandlungsverfahrens – Aufhebung wegen unangemessen hoher Preise nach § 25 Nr. 3 VOB/A – Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde – Antragsbefugnis – Darlegungs- und Beweislast für die Aufhebung: Auftraggeber - Ermittlung des angemessenen Preises auf Grund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls – Aufhebung berechtigt: infolge eines Abstands von 16 bis 18 % über dem Durchschnittswert der zum Vergleich herangezogenen Angebote aus dem Verhandlungsverfahren – wirksame Aufhebung lässt nachfolgendes Verhandlungsverfahren zu – vgl. hierzu auch OLG Koblenz, Beschl. v. 23.12.2004 – 1 Verg 8/03 - VergabeR 2004, 2244, 264 –
- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2010 - Verg 33/10 – Bauarbeiten - „unwirksame Klausel" in Bewerbungsbedingungen: „Hauptangebote mit negativen Einheitspreisen werden von der Wertung ausgeschlossen. Das gilt nicht, soweit negative Einheitspreise ausdrücklich für bestimmte OZ (Positionen) in der Leistungsbeschreibung zugelassen sind……´Nebenangebote´: Nebenangebote mit negativen Einheitspreisen werden nur gewertet, wenn die betreffende OZ (Position) als Pauschale angeboten wird." – „Negativpreise sind kein Ausschlussgrund" - Leitsätze: 1. Die VOB/A zählt die Ausschlussgründe abschließend auf. 2. Eine Ausschreibung darf keine Anforderungen an die Preishöhe stellen. Es dürfen keine Mindestpreise verlangt werden. Ein Verbot negativer Einheitspreise ist unzulässig. 3. Ein Nachprüfungsantrag kann nur Erfolg haben, wenn ein vergaberechtswidriges Verhalten vorliegt und feststeht, dass der Antragsteller bei dessen Vermeidung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte. – Formblätter: "Aufforderung" - Vordruck "HVA B-StB-EG-Bewerbungsbedingungen" - "die anliegenden EG-Bewerbungsbedingungen ... zu beachten" seien. Beigefügt war jedoch nicht das Formblatt "HVA B-StB-EG-Bewerbungsbedingungen", sondern das für nationale Ausschreibungen vorgesehen. - Entscheidung: Die zulässigen Beschwerden von Antragsgegnerin und Beigeladener haben Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob der Rüge der Antragstellerin entgegen steht, dass ihre Kenntnis von den zu ihrer Begründung herangezogenen Tatsachen auf einem unlauteren Verhalten beruht, wie die Antragsgegnerin und die Beigeladene meinen. Denn der Nachprüfungsantrag ist jedenfalls unbegründet. 1. Das Angebot der Beigeladenen kann nicht wegen der Angabe "negativer Preise" in einigen Leistungspositionen ausgeschlossen werden. a) Das Verbot negativer Preise durch die Klausel in B.3 HVA-StB-Bewerbungsbedingungen in Verbindung mit der Nichtzulassung negativer Preise in den betreffenden Positonen ist unwirksam. Es wird durch die vergaberechtlichen Bestimmungen nicht gedeckt. Unter welchen Bedingungen Angebote nicht zu berücksichtigen sind oder nicht berücksichtigt werden können, ist in der - hier einschlägigen - VOB/A grundsätzlich abschließend geregelt. Es ist dem öffentlichen Auftraggeber versagt, weitere Ausschlussgründe zu bestimmen. Der Auftraggeber kann lediglich mittelbar Ausschlussgründe dadurch schaffen, dass er bestimmte Angaben an bestimmter Stelle in bestimmter Form fordert Des Weiteren kann er die Leistung grundsätzlich nach seinen Wünschen in Leistungspositionen aufgliedern, jeder Leistungsposition bestimmte Arbeiten zuordnen und verlangen, dass für die dort beschriebenen Arbeiten ein "echter" Preis ausgewiesen wird (vgl. Dicks, in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 13 Rdnrn. 58 - 60). Schließlich kann er die Vertragsbestimmungen regeln, von denen der Bieter nicht abweichen darf. Um solche förmlichen Anforderungen handelt es sich bei diesem Verbot jedoch nicht. Vielmehr hat die Antragsgegnerin dadurch unzulässige inhaltliche Anforderungen, nämlich an die Preishöhe, gestellt. Der Auftraggeber kann - von gesetzlich bestimmten Ausnahmen abgesehen (etwa gesetzliche Regeln über Preise von Leistungen, Mindestlöhne) - nicht den Preis oder die Kalkulationsgrundlage für die von ihm durch eine Leistungsposition näher beschriebene Teilleistung vorgeben. Die VOB/A sieht in § 25 Nr. 3 VOB/A lediglich bei unangemessen hohen oder niedrigen Angebotspreisen eine nähere Prüfung vor, wobei sich dies aber auf Gesamtangebotspreise und nicht Einzelpreise bezieht. Des Weiteren kann erwogen werden, sittenwidrigen Einheitspreisen bei Leistungspositionen (vgl. BGH NZBau 2009, 232 zu weit überhöhten Preisen bei Leistungspositionen, bei denen der Bieter aufgrund seiner Sachkenntnis davon ausgeht, dass die Vordersätze - Mengenansätze viel zu niedrig sind) bereits auf vergaberechtlichem Wege entgegen zu treten; das kann damit gerechtfertigt werden, dass dem Auftraggeber nicht ein Vertragsabschluss zugemutet werden kann, bei dem der Preis einer Leistungsposition sittenwidrig und damit nichtig ist. Darum geht es hier aber nicht. Der öffentliche Auftraggeber hat bestimmte Leistungspositionen gebildet. Er kann zwar erwarten, dass der Bieter diese Leistungsposition zutreffend kalkuliert, das heißt, bei der Kalkulation dieser Leistungsposition sämtliche Leistungen berücksichtigt, die zu der betreffenden Leistungsposition gehören, und andere Arbeiten bei den für sie zutreffenden Leistungspositionen kalkuliert (vgl. BGH VergabeR 2004, 473). Er kann aber für die näher beschriebenen Leistungen - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - keine Mindestpreise festsetzen. Insbesondere kann der Bieter nicht gezwungen werden, - wie hier nach der Kalkulation der Beigeladenen - bestimmte Gewinnspannen einzurechnen. Eine derartige unzulässige Festsetzung von Mindestpreisen stellt es aber dar, wenn negative Preise untersagt werden. Bei Arbeiten, bei deren Durchführung der Auftragnehmer vermögenswerte Güter erhält (bei Bauarbeiten z.B. Abbruch- oder Ausbaggerungsgut; bei Lieferungen Altgeräte; s. auch BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - X ZB 27/04 - NZBau 2005, 290 = VergabeR 2005, 328: Altpapier bei Verträgen über die Einsammlung von Altpapier), kann und darf der Bieter dies bei seiner Kalkulation berücksichtigen. Dies kann zu negativen Preisen führen (vgl. BGH, a.a.O.). Der öffentliche Auftraggeber kann dies nur dadurch verhindern, indem er einen Eigentumserwerb des Auftragnehmers an den im Zuge der Arbeiten gewonnenen Gütern ausschließt. Er kann aber nicht darüber hinaus einen Mindestpreis dadurch festlegen, dass er bei dieser Fallgestaltung negative Preise untersagt (vgl. auch VHB Bayern Ausgabe 2008, Richtlinie 320.StB unter 2.). <bv>Ein Verbot negativer Preise im Hauptangebot kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass nach B. zu 5. Abs. 1 der Bewerbungsbedingungen "Nebenangebote mit negativen Einheitspreisen" zulässig sein sollen, "wenn sie als Pauschale angeboten wird". Vergaberechtsverstöße zu Hauptangeboten werden nicht dadurch irrelevant, dass Abweichungen von den Anforderungen in Nebenangeboten unter bestimmten Umständen gestattet werden. Der Senat bemerkt im Übrigen, dass die vorgenannte Klausel sprachlich widersprüchlich ist, wenn sie Einheitspreisangaben (§ 5 Nr. 1 lit. a) VOB/A 2006) als Pauschalen (§ 5 Nr. 2 lit. b) VOB/A) zulässt; zudem ist fraglich, ob eine Pauschale in den Fallgestaltungen, in denen sie eingreifen soll (Mengen und damit der von dem Auftraggeber zu erzielende Erlös sind unklar), nach § 5 Nr. 1 lit. b) VOB/A zulässig ist. b) Entgegen der Auffassung der Vergabekammer fehlt es bei einem negativen Preis auch nicht an einer Preisangabe im Sinne der § 21 Nr. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A. Auch negative Preise sind Preise. Derartige Angaben erfüllen die Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) an Preisangaben zu stellen sind. Sie sind eindeutig und ermöglichen einen unmittelbaren Vergleich der Angebote. Eine Mischkalkulation (vgl. BGH NZBau 2005, 594) liegt ersichtlich nicht vor. c) Die Unwirksamkeit des Verbots führt dazu, dass ein darauf gestützter Ausschluss des Angebotes nicht möglich ist (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2010 - VII-Verg 47/10). Dem steht nicht entgegen, dass die Beigeladene die Klausel bis zum Ende der Angebotsfrist nicht als vergaberechtswidrig gerügt hat. Allerdings bestand der Verstoß der Antragsgegnerin gegen Vergaberecht bereits in der Stellung der Klausel in den Verdingungsunterlagen, nicht erst in einer auf diese Klausel gestützten Ausschlussentscheidung (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2010 - 15 Verg 1/10). Die Frage der Zulässigkeit des Verbots negativer Preise ist bisher aber noch nicht näher erörtert worden, die Problematik war damit für die Beigeladene nicht erkennbar (§ 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB). d) Gründe für einen Ausschluss des Angebots nach § 25 Nr. 3 VOB/A liegen nicht vor. Der Senat kann offen lassen, ob - obwohl der Gegenstand der Prüfung der Gesamtpreis ist (vgl. Dicks, a.a.O., § 16 Rdnr. 234) - auch ungewöhnliche oder hoch spekulative negative Preise in Einzelpositionen Anlass zu einem Verfahren nach § 25 Nr. 3 VOB/A (jetzt § 16 Abs. 6 VOB/A 2009) bieten können; es besteht in diesen Fällen die Gefahr, dass der Bieter bei erheblichen Preisrückgängen für das von ihm bei den Bauarbeiten gewonnene Material in finanzielle Schwierigkeiten geraten kann. Derartiges liegt hier jedoch nicht vor. Das Angebot der Beigeladenen ist auch in den betreffenden Positionen realistisch kalkuliert, wie eine Untersuchung der Antragsgegnerin ergeben hat. 2. Die Antragstellerin ist zwar nicht durch den unterlassenen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen, aber durch die unwirksame Klausel in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Dies hat jedoch keine vergaberechtlichen Folgen, Anordnungen nach § 114 Abs. 1, § 123 GWB sind nicht geboten. Denn die Bieterchancen der Antragstellerin sind dadurch nicht beeinträchtigt worden (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, Beschluss vom 14.04.2010 - VII-Verg 60/09; OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 - Verg 2/10). Sie hat nämlich - auch nach Erörterung dieses Punktes durch den Senat im Termin vom 24. November 2010 - nichts dafür dargetan, dass sie durch das - sich nunmehr als rechtswidrig herausstellende - Verbot negativer Preise daran gehindert wurde, ihrerseits negative Preise einzustellen, und zwar in einem Umfange, der die Differenz zwischen dem Angebot der Antragstellerin und der Beigeladenen von rund 380.000 Euro umgekehrt hätte. 3. Ein Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften besteht des Weiteren darin, dass die Antragsgegnerin das unzutreffende Bewerbungsblatt beigefügt hat. Ob die Antragstellerin mit einer entsprechenden Rüge nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ausgeschlossen wäre, kann offen bleiben. Jedenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass sie dadurch Nachteile zu erleiden droht. III. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach § 120 Abs. 2 i.V.m. § 78 GWB. Die Entscheidungen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 3 bzw. Abs. 4 GWB. Die Beiziehung von Verfahrensbevollmächtigten für die Antragsgegnerin und die Beigeladene war wegen der unter 2. angesprochenen Rechtsfragen notwendig, § 128 Abs. 4 S. 5 i.V.m. § 80 VwVfG NRW. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 50 Abs. 2 GKG.
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