Zusammenstellung nach Stichworten von A - Z

 Akteneinsicht - OLG München, Beschl. v. 28.04.2016 - Verg 3/16 – SPNV – S-Bahn N. – erfolgreiche (teilweise) sofortige Beschwerde gegen von der Vergabekammer verfügte Akteneinsicht durch Beigeladene (allerdings nur weitere Schwärzungen) – Unzulässigkeit der Beschwerde der Antragsgegnerin (Auftraggeber) - Zulässigkeit und teilweise Begründetheit der Beschwerde der Beigeladenen: „1. Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gebietet, dass die von der Vergabekammer verfügte Einsichtnahme in die Vergabeakten selbständig anfechtbar ist, sofern durch einen Vollzug Rechte des von der Akteneinsicht Betroffenen in einer durch die Hauptsacheentscheidung nicht wiedergutzumachenden Weise beeinträchtigt werden können (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08 VergabeR 2008, 281; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.12.2014 – 11 Verg 8/14 VergabeR VergabeR 2015, 476; OLG Jena Beschluss v. 8.10.2015 2 Verg 4/15 BeckRS 2016, 02749; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 111 GWB Rn. 13; a:A. OLG Hamburg: Beschluss vom 02.12.2004 - 1 Verg 2/04 ). Dies ist vorliegend der Fall. Dem betroffenen Bieter können unwiederbringliche Nachteile drohen, wenn die von der Vergabekammer bewilligte Akteneinsicht zur ungerechtfertigten Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen führt. Hiergegen muss ihm eine Beschwerdemöglichkeit offen stehen. Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (vgl. die zitierte Rechtsprechung, a.a.O). 2. Die Beigeladene hat hinreichend plausibel dargelegt, dass durch die Akteneinsicht Betriebsgeheimnisse bzw. Geschäftsgeheimnisse offenbart werden (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08, VergabeR 2008, 281).“ Begründetheit: „II. Die Beschwerde erwies sich aber nur insoweit als begründet, als dass weitere Schwärzungen vorzunehmen waren. Mit dem Hauptantrag, eine Akteneinsicht gänzlich zu versagen, konnte die Beigeladene nicht durchdringen. 1. Die Frage, ob Akteneinsicht zu gewähren bzw. zu versagen ist, richtet sich nach § 111 Abs.1, Abs.2 GWB. Nach § 111 Abs. 2 GWB ist die Einsicht in Unterlagen dann zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen geboten ist. In Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf hält der Senat eine Abwägung zwischen den Belangen des Akteneinsicht begehenden Bieters und des Konkurrenten, der seine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gewahrt wissen will, für erforderlich. Kriterien für die gebotene Abwägung enthält § 111 GWB indes nicht. Der vom Oberlandesgericht Düsseldorf entwickelte Lösungsweg, bei dem Abwägungsvorgang und den Prüfungsmaßstäben auf die unmittelbar nur für das kartellverwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren anwendbare Regelung des § 72 GWB unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Zielrichtungen und Zwecke des Kartell- und des Vergaberechts zurückzugreifen, ist überzeugend. Er ermöglicht eine Strukturierung und Objektivierung des Abwägungsvorgangs und verhindert, dass die Akteneinsicht von der Vergabekammer aufgrund anderer Vorschriften erteilt wird als vom Beschwerdegericht (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08 VergabeR 2008, 281). Dabei kommt – entgegen der Ansicht der Vergabekammer – bei der Abwägung keiner der widerstreitenden Interessen generell der Vorrang zu, sondern es ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Angesichts der Wertigkeit der widerstreitenden Interessen - einerseits das Recht auf effektiven Rechtsschutz und anderseits das Recht auf Schutz und Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen - kann alleine aus der systematischen Stellung des Versagungsgrundes in § 111 Abs. 2 GWB nicht der Schluss gezogen werden, dass das Recht auf Akteneinsicht in Zweifelsfragen vorrangig ist (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08 VergabeR 2008, 281; a.A. OLG Jena Beschl. v. 8.10.2015 2 Verg 4/15). Zusammengefasst bedeutet dies, dass derjenige, der an einen Aktenbestandteil ein Geheimhaltungsinteresse in Anspruch nimmt oder nehmen kann, dies nachvollziehbar zu begründen hat, und dass dann unter Berücksichtigung dieser Begründung die widerstreitenden Belange, unter Berücksichtigung des Zwecks der Akteneinsicht gegeneinander abzuwägen sind, mit der Folge, dass je nach Sachlage ein Fall gegeben sein kann, in denen ein Geheimnisschutz zurückzutreten hat und eine Offenlegung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen anzuordnen ist, weil es darauf für die Entscheidung ankommt und anderen Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht bestehen (Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 111 GWB Rn. 13). 2. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Untersagung einer vollständigen Akteneinsicht gemäß § 111 Abs. 2 GWB nicht gerechtfertigt. Eine vollständige Untersagung der Akteneinsicht in den Vergabevermerk und in die beiden Gutachten ist nicht gerechtfertigt, da sowohl dem Vergabevermerk als auch den beiden Gutachten zentrale Bedeutung für die Entscheidung der Vergabestelle, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu bejahen, zukommt. Zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes sind für die Antragstellerin die Kenntnis der tragenden Gründe und der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen der Vergabestelle erforderlich. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Vergabestelle ihre Entscheidung nachvollziehbar begründen muss. Nur so ist die Entscheidung hinreichend transparent. Entgegen dem Vorwurf der Beigeladenen und der Antragsgegnerin erfolgt das Akteneinsichtsgesuch auch nicht ins Blaue hinein, um ggf. weitere Rechtsfehler des Vergabeverfahrens feststellen zu können, sondern die Akteneinsicht wird begehrt, um den Vorwurf, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilungsfehlerhaft festgestellt wurde, zu vertiefen. Die Antragstellerin kann sich die notwendigen Informationen, um ihre Bedenken und Gründe zu vertiefen und zu belegen, nicht anderweitig beschaffen und ist daher grundsätzlich auf die Einsicht in die begehrten Unterlagen angewiesen. Seitens der Beigeladenen und der Antragsgegnerin ist auch nicht dargetan, dass der Vergabevermerk und die beiden Gutachten ausschließlich Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten.“ –

Akteneinsicht – Rechtsverletzung - OLG München, Beschl. v. 28.04.2016 - Verg 3/16 – SPNV – S-Bahn N. – Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin (Auftraggeberin): „Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin war als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerde ist unzulässig, da die Antragsgegnerin keine eigene Rechtsverletzung geltend gemacht hat. Voraussetzung ist, dass eigene Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Antragsgegnerin durch die Akteneinsicht berührt werden. Die Antragsgegnerin macht geltend, dass durch die Akteneinsicht Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Beigeladenen offenbart werden müssten und dadurch das Interesse der Antragstellerin an einem durch Geheimnisschutz gewährleistenden lauteren Wettbewerb in den von ihr künftig durchzuführenden Vergabeverfahren beeinträchtigt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass die begehrte Akteneinsicht Unterlagen, Informationen und Sachdarstellungen betreffen, an denen ein eigenes Geheimhaltungsinteresse der Antragsgegnerin besteht. Es obliegt der Beigeladenen, über ihre Rechte und ggf. über die sie selbst betreffenden Geheimnisse zu disponieren. Der vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedene Fall (Beschluss vom 28.07.2007, VII Verg 40/07) betraf die Akteneinsicht in die Kostenkalkulation des Auftraggebers und somit eigene Geschäftsgeheimnisse des Auftraggebers, so dass die Wertung, dass in diesem Fall die Bekanntgabe dieser Informationen künftige Vergabeverfahren möglicherweise beeinträchtigen kann, gerechtfertigt war. Vorliegend sind jedoch ausschließlich auftragsbezogene Wertungen betroffen, die Einblicke in Betriebsgeheimnisse und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen ermöglichen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit durch die Offenbarung dieser Informationen künftige Vergabeverfahren der Antragsgegnerin als Auftraggeberin beeinträchtigt werden können.“

Akteneinsicht - Schwärzungen in der Vergabeakte - OLG München, Beschl. v. 28.04.2016 - Verg 3/16 – SPNV – S-Bahn N. – Schwärzungen: „3. Es war daher im Einzelnen zu prüfen, ob die von der Beigeladenen beantragten weiteren Schwärzungen vorzunehmen sind. Der Senat hat bei der Prüfung, ob weitere Schwärzungen vorzunehmen sind, sich von den oben dargestellten Abwägungsgrundsätzen leiten lassen. Es wurde geprüft, ob und wie weitgehend Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betroffen sind, inwieweit die Offenlegung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zur Wahrung des effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist und schließlich wurde abgewogen, welchen Interessen der Vorrang einzuräumen ist. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass zwischen der Beigeladenen und der Antragstellerin ein intensives Wettbewerbsverhältnis besteht und dass kein berechtigtes Interesse an einer Offenbarung etwaiger Vertragspartner der Beigeladenen anzuerkennen ist. Als besonders sensibel erachtet der Senat auch Kalkulationen, Details der finanziellen Ausstattung der Beigeladenen, ihre Kostenstrukturen sowie Informationen über deren marktstrategische Vorgehensweise. Die Vergabestelle hat diese Gesichtspunkte insoweit beachtet, als dass sie im großen Umfang sämtliche Zahlenangaben der zu erwartenden Umsätzen und einzelner Kalkulationsposten geschwärzt hat. Da aber auch verbale Umschreibungen und Wertungen der Kalkulationsposten durch die beiden Gutachter Dritten bzw. der Antragstellerin bedenkliche Einblicke in die Kalkulationsgrundlagen ermöglichen, waren weitere Schwärzungen vorzunehmen. Umgekehrt war zu Gunsten der Antragstellerin zu erwägen, inwieweit sie hinreichende Informationen zur Methodik und den wesentlichen Aspekten der Gutachten erlangt, um ihre Rechte im Verfahren gelten machen zu können. Der Senat hat daher nicht sämtliche von der Beigeladenen beantragten Schwärzungen vorgenommen, sondern diejenigen Passagen, die für das Verständnis der Methodik oder Vorgehensweise der beiden Gutachter erforderlich sind und die keine oder nur unerhebliche Hinweise auf das kalkulatorische Vorgehen der Beigeladenen bieten, nicht unkenntlich gemacht. Dementsprechend war der Vergabevermerk bis auf eine Passage auf Seite 54 vollständig zugänglich zu machen. Bei den beiden Gutachten war den Interessen der Beigeladenen der Vorrang zu gewähren, soweit Schwärzungen bzw. Unkenntlichmachungen erfolgt sind.“

Altverträge - OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3.5.2016 – 11 Verg 12/15 – Online-Rechtsinformationssystem - Frist für Geltendmachung unzulässiger De-facto-Vergabe – Frist nach § 101b II GWB a. F. – Zuschlag vom 17.11.2014 –spätere schriftliche Fixierung der Verträge am 23.07.2015 – Rüge vom 6.7.2015: dreifache Verlängerung der Ausführungsfrist als wesentliche Vertragsänderung als vergaberechtlich relevante unzulässige direkte Vergabe – Verlangen nach (wiederholter) Ausschreibung "Nutzung, Migration und Pflege eines online-Rechtsinformationssystems für das Land Hessen" – Antrag auf Nachprüfung vom 28.08.2015 – Verfristung nach § 101b II GWB (Ablauf der 6-Monatsfrist nach Vertragsschluss) – keine wesentliche Vertragsänderung mit Pflicht zur Neuausschreibung wegen de-facto-Vergabe – Vertrag bestandskräftig – kein eventueller zivilrechtlicher Anspruch auf Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine unzulässige De-facto-Vergabe kann auch im Falle von Vertragsänderungen nur innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluss geltend gemacht werden. Auf den Zeitpunkt der Änderung kann für den Fristbeginn nur dann abgestellt werden, wenn die Änderung isoliert angegriffen werden kann. 2. Ein unterlegener Bieter kann im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht verlangen, dass der Auftraggeber im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem bezuschlagten Bieter von etwaigen Leistungsstörungsrechten ...“

Amtsermittlung - Prüfungspflicht – Beschwerde - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren:Soweit die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren gerügt hat, das Angebot der Beigeladenen sei wegen eines eklatanten Missverhältnisses zwischen Angebot und Leistung auszuschließen, hat die Vergabekammer einen Ausschlussgrund in der Person der Beigeladenen nicht bejaht. Dies hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde nicht angegriffen. Der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts wird grundsätzlich von dem Beschwerdeführer vorgegeben. Das Beschwerdegericht prüft daher das Vergabeverfahren nicht von Amts wegen auf etwaige Pflichtverletzungen, sondern beschränkt seine Prüfung auf diejenigen Rechtsverletzungen, auf die sich der Beschwerdeführer beruft (Stickler in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 3. Aufl., § 117 GWB Rn. 15; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 117 Rdnr. 14). Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts auf nicht gerügte Vergaberechtsverstöße verstieße gegen die Dispositionsmaxime. Auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsgrundsatzes nach §§ 120 Abs. 2, 70 GWB bezieht sich die Amtsermittlungspflicht lediglich auf die Vergaberechtsverstöße, die vom Beschwerdeführer zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht worden sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. Februar 2005 - 11 Verg 24/04, juris Rdnr. 94; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, a. a. O.)“

Änderung – Vergabeunterlagen - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine Änderung der Vergabeunterlagen: „.... Das Angebot der Beigeladenen war nicht wegen einer unzulässigen Änderung an den Vertragsunterlagen nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A i. V. m. § 16 EG Abs. 4 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A werden diejenigen Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind. Eine Änderung an den Vertragsunterlagen ist grundsätzlich gegeben, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 83). Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – VII-Verg 38/12, juris Rdnr. 29). Ob der Bieter eine unzulässige Abänderung oder Ergänzung der Vertragsunterlagen vorgenommen hat, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen, die der Angebotsaufforderung beigefügt waren, zu ermitteln (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 84). Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind. Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 20. November 2012 – X ZR 108/10, juris Rdnr. 9). In den Anhängen B3 bzw. B4 zu den Betriebsführungsverträgen beider Lose ist jeweils eine Betriebsstruktur dargestellt, die nach Ansicht der Antragsgegnerinnen einen zweckmäßigen und reibungslosen Betrieb der Anlagen ermöglichen. ,,,, Diese Vorgaben erfüllt das Angebot der Beigeladenen.“

Änderung – wesentliche - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Änderung der Vergabeunterlagen - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine Änderung der Vergabeunterlagen: „.... Das Angebot der Beigeladenen war nicht wegen einer unzulässigen Änderung an den Vertragsunterlagen nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A i. V. m. § 16 EG Abs. 4 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A werden diejenigen Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind. Eine Änderung an den Vertragsunterlagen ist grundsätzlich gegeben, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 83). Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – VII-Verg 38/12, juris Rdnr. 29). Ob der Bieter eine unzulässige Abänderung oder Ergänzung der Vertragsunterlagen vorgenommen hat, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen, die der Angebotsaufforderung beigefügt waren, zu ermitteln (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 84). Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind. Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 20. November 2012 – X ZR 108/10, juris Rdnr. 9). In den Anhängen B3 bzw. B4 zu den Betriebsführungsverträgen beider Lose ist jeweils eine Betriebsstruktur dargestellt, die nach Ansicht der Antragsgegnerinnen einen zweckmäßigen und reibungslosen Betrieb der Anlagen ermöglichen. ,,,, Diese Vorgaben erfüllt das Angebot der Beigeladenen.“

Änderung der Vergabeunterlagen -OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“ - keine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB– Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: „Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt dabei u. a. dann vor, wenn das angebotene Produkt den Anforderungen in der Ausschreibung nicht gerecht wird, der Bieter also nicht das anbietet, was der Ausschreibende bestellt hat (Vergabekammer Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2013, VK 25/13, Rn. 52 bei juris). Einerseits sind an die Angebote strenge Anforderungen zu stellen. Um eine Vergleichbarkeit der Angebote und die Gefahr inhaltlich falscher Beauftragungen auszuschließen, darf ein Bieter nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG keine Änderungen der Ausschreibungsunterlagen vornehmen (Ziekow/Völlink - Vavra, Vergaberecht, 2. Aufl., § 13 VOB/A-EG, Rn. 1, § 13 VOB/A, Rn. 13). Ferner sind im Interesse der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens Änderungen des Angebots in einem späteren Aufklärungsverfahren nach § 15 VOB/A-EG ausgeschlossen (a. a. O., § 15 VOB/A-EG, Rn. 1, § 15 VOB/A, Rn. 17). So darf das einmal angebotene Produkt nicht später wieder geändert werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2009, Verg 9/09, Rn. 18 bei juris; OLG München, Beschluss vom 02.09.2010, Verg 17/10, Rn. 22 bei juris).“

Änderung des Vertrags - OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3.5.2016 – 11 Verg 12/15 – Online-Rechtsinformationssystem - Frist für Geltendmachung unzulässiger De-facto-Vergabe – Frist nach § 101b II GWB a. F. – Zuschlag vom 17.11.2014 –spätere schriftliche Fixierung der Verträge am 23.07.2015 – Rüge vom 6.7.2015: dreifache Verlängerung der Ausführungsfrist als wesentliche Vertragsänderung als vergaberechtlich relevante unzulässige direkte Vergabe – Verlangen nach (wiederholter) Ausschreibung "Nutzung, Migration und Pflege eines online-Rechtsinformationssystems für das Land Hessen" – Antrag auf Nachprüfung vom 28.08.2015 – Verfristung nach § 101b II GWB (Ablauf der 6-Monatsfrist nach Vertragsschluss) – keine wesentliche Vertragsänderung mit Pflicht zur Neuausschreibung wegen de-facto-Vergabe – Vertrag bestandskräftig – kein eventueller zivilrechtlicher Anspruch auf Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine unzulässige De-facto-Vergabe kann auch im Falle von Vertragsänderungen nur innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluss geltend gemacht werden. Auf den Zeitpunkt der Änderung kann für den Fristbeginn nur dann abgestellt werden, wenn die Änderung isoliert angegriffen werden kann. 2. Ein unterlegener Bieter kann im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht verlangen, dass der Auftraggeber im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem bezuschlagten Bieter von etwaigen Leistungsstörungsrechten...“

Änderungen (nachträglich durch Auftraggeber) der Vergabeunterlagen - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Zulässigkeit „kleinerer Änderungen“ der Vergabeunterlagen:Zwar dürfen während des Vergabeverfahrens die Vergabeunterlagen nicht grundlegend und umfangreich geändert werden. Zulässig sind jedoch kleinere Richtigstellungen, Änderungen und Ergänzungen (vgl. Gnittke/Hatting, Müller-Wrede Kom. zur VOL/A, 4. Auflg., § 9 EG VOL/A Rn. 9). Eine grundsätzliche Änderung der Vergabeunterlagen bedeutete es nicht, dass die Antragsgegner mit der Bieterinformation Nr. 481 den Beginn der Pachtzahlung für Los 1 vom 01.07.2019 auf den 09.06.2019 und für Los 2 vom 01.01.2020 auf den 15.12.2019 vorverlegten. Zwar wurde damit erstmals (anders als noch in der Bieterinformation Nr. 419 vom 24.09.2015) eine Berechnung der Quoten unter Zugrundelegung von Wochen und nicht von Monatsanteilen notwendig. Hierdurch änderten die Antragsgegner jedoch nicht die Grundlagen des Wettbewerbs, d.h. die wesentlichen Bedingungen des Auftrags und der Preisbildung. Die grundsätzliche Preisgestaltung und deren Zusammensetzung blieb unverändert. Für die Quotenbildung stellten sie den Bietern mit der überarbeiteten AzA vom 02.10.2015 und der dort auf Seite 5 enthaltenen Tabelle ein entsprechendes Instrumentarium zur Berechnung zur Verfügung.“

Angebotsabgabe - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 - Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V für zwei Jahre – Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Rüge - vorvertragliche Pflichten – Rahmenvertrag und Leistungsbeschreibung – Verleitung zur Patenverletzung - statt ungewöhnlichem Wagnis „Unzumutbarkeit“ - Arzneimittel mit dem patenfreien Wirkstoff Pregabalin-pf - Parallelausschreibung für Arzneimittel mit patentgeschützte Indikation (Pregablin-ps) – Antragsbefugnis: „Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB). aa. Sie hat ein Interesse am Auftrag, obwohl sie kein Angebot abgegeben hat. Das für die Antragsbefugnis erforderliche Interesse am Auftrag wird in der Regel durch die Angebotsabgabe dokumentiert. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn angebotshindernde Vergaberechtsverstöße geltend gemacht werden. In diesem Fall bedarf es eines Angebots nicht. Vielmehr wird das Interesse am Auftrag durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens belegt.“

Angebotsfrist - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Mitwirkungspflicht der Bieter: „Der Gefahr unbewusst erzeugter Unklarheiten begegneten die Antragsgegner im Übrigen mit der Aufforderung in 9.2 der AzA, wonach die Bieter unverzüglich auf Unklarheiten hinzuweisen hatten.Daher traf die Antragstellerin eine entsprechende Mitwirkungspflicht. Unerheblich ist, dass die in den ursprünglichen Vergabeunterlagen hierzu enthaltene 12-Tage-Frist für Nachfragen unverändert beibehalten worden ist. Denn die Antragstellerin hatte keine Zweifel, dass die von ihr vertretene Auslegung der Vergabeunterlagen zutreffend ist. So formulierte sie in ihrer Beschwerdeschrift im Konjunktiv“ „selbst wenn die Antragstellerin in Bezug auf die hier maßgebliche Bieterinformation Nr. 481 Zweifel gehabt hätte und nachgefragt hätte, wäre diese Nachfrage nicht mehr beantwortet worden.“ Ob die ursprüngliche Angebotsfrist bis 9.10.2015 noch galt, als die Bieterinformation Nr. 481 versandt wurde bzw. erst am 5.10.2015 bis 16.10.2015 verlängert wurde, als die 12-Tage-Frist abgelaufen war, spielt daher keine Rolle. Hätte die Antragstellerin Zweifel gehabt, hätte sie eine entsprechende Bieteranfrage stellen können und die zwölf Tagesfrist bzw. die ihrer Ansicht nach nicht fristgerechte Verlängerung rügen können und müssen.“

Angebotshindernd - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 - Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V für zwei Jahre – Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Rüge - vorvertragliche Pflichten – Rahmenvertrag und Leistungsbeschreibung – Verleitung zur Patenverletzung - statt ungewöhnlichem Wagnis „Unzumutbarkeit“ - Arzneimittel mit dem patenfreien Wirkstoff Pregabalin-pf - Parallelausschreibung für Arzneimittel mit patentgeschützte Indikation (Pregablin-ps) – Antragsbefugnis: „Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB). aa. Sie hat ein Interesse am Auftrag, obwohl sie kein Angebot abgegeben hat. Das für die Antragsbefugnis erforderliche Interesse am Auftrag wird in der Regel durch die Angebotsabgabe dokumentiert. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn angebotshindernde Vergaberechtsverstöße geltend gemacht werden. In diesem Fall bedarf es eines Angebots nicht. Vielmehr wird das Interesse am Auftrag durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens belegt.“

Anhang IB - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – Antragsbefugnis – drohender Schaden – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I Teil B - falsche Verfahrensart (Freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung) eindeutige und nicht erschöpfende Leistungsbeschreibung – unzulässiges Bewertungssystem (Schulnotensystem) - Antragsbefugnis (§ 107 II GWB) bei Rechtsverletzung und drohendem Schaden durch falsche Verfahrensart: „Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht ... nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.“

Anordnung – zweite Chance -OLG Koblenz, Beschl. v. 16.03.2016 - 1 Verg 8/13 - Postdienstleistungen Landau – Mindestlohn – Gesetzgebungskompetenz – Umsatzsteuer – amtlicher Leitsatz: 1. Die Bundesländer haben die Gesetzgebungskompetenz für die Vorgabe eines vergabespezifischen Mindestlohns. 2. Ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wurde, kann einen letztlich aus dem Gleichbehandlungsgebot abgeleiteten Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber derzeit von der Beauftragung eines anderen Bieters Abstand nimmt, das laufende Vergabeverfahren entweder in ein früheres Stadium zurückversetzt oder aufhebt und ihm auf diese Weise eine zweite Chance zur Abgabe eines wertbaren Angebots gibt. 3. Die Eröffnung einer „zweiten Chance“ durch eine darauf gerichtete Anordnung einer Vergabekammer oder eines Vergabesenats kommt allerdings nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann. 4. Es genügt nicht, wenn lediglich diese Möglichkeit im Raum steht, etwa weil noch die ergebnisoffene Prüfung konkurrierender Angebote durch den Auftraggeber auf Ausschlussgründe aussteht, die diesem einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsebene und/oder einen Ermessensspielraum bei der Rechtsfolge einräumen. 5. Ein Auftraggeber kann dem „Mehrwertsteuerproblem“ im Zusammenhang mit förmlichen Zustellungen dadurch ausweichen, dass er auf jede Aufschlüsselung des Angebotspreises verzichtet und nur die Benennung des Endbetrages verlangt, den ein Bieter für den Fall der Beauftragung je Zustellung beanspruchen will.

Antragsbefugnis - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 - Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V für zwei Jahre – Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Rüge - vorvertragliche Pflichten – Rahmenvertrag und Leistungsbeschreibung – Verleitung zur Patenverletzung - statt ungewöhnlichem Wagnis „Unzumutbarkeit“ - Arzneimittel mit dem patenfreien Wirkstoff Pregabalin-pf - Parallelausschreibung für Arzneimittel mit patentgeschützte Indikation (Pregablin-ps) – Antragsbefugnis: „Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB). aa. Sie hat ein Interesse am Auftrag, obwohl sie kein Angebot abgegeben hat. Das für die Antragsbefugnis erforderliche Interesse am Auftrag wird in der Regel durch die Angebotsabgabe dokumentiert. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn angebotshindernde Vergaberechtsverstöße geltend gemacht werden. In diesem Fall bedarf es eines Angebots nicht. Vielmehr wird das Interesse am Auftrag durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens belegt.“

Antragsbefugnis - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – Antragsbefugnis – drohender Schaden – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I Teil B - falsche Verfahrensart (Freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung) eindeutige und nicht erschöpfende Leistungsbeschreibung – unzulässiges Bewertungssystem (Schulnotensystem) - Antragsbefugnis (§ 107 II GWB) bei Rechtsverletzung und drohendem Schaden durch falsche Verfahrensart: „Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht ... nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.“

Antragsbefugnis - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Antragsbefugnis – Ausschluss wegen Änderung der Vergabeunterlagen – eindeutige Leistungsbeschreibung und Änderung – falsche Leistungsbeschreibung – Mitwirkungspflicht der Bieter – Zulässigkeit nachträglicher „kleinerer Änderungen“ der Vergabeunterlagen durch Auftraggeber -Antragsbefugnis: „Die Antragstellerin ist auch hinsichtlich Los 3 gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, dürfen an die in § 107 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. EuGH, Beschluss vom 19.6.2003, C 249/01; BVerfG, Beschluss vom 29.7.2004, 2 BvR 2248/03 - juris). Dafür, dass der Antragstellerin infolge der Missachtung von § 97 Abs. 1 GWB zumindest ein Schaden zu entstehen droht, genügt, dass der behauptete Vergabeverstoß geeignet ist, die Aussichten auf den Zuschlag zu beeinträchtigen (BVerfG a.a.O.). Die Antragsbefugnis fehlt der Antragstellerin nicht deshalb, weil andere Bieter in Bezug auf Los 3 preislich erheblich günstiger geboten haben. Der Einwand der Beigeladenen Ziffer 2, das Rechtsschutzziel der Antragstellerin gehe lediglich dahin, dass ihre Angebote in der Wertung verblieben, sodass sich an der grundsätzlichen Rangfolge nichts ändere, greift zu kurz. Wenn man den Standpunkt der Antragstellerin als zutreffend unterstellt, wären die Ausschreibungsunterlagen der Antragsgegner im Hinblick auf die 10%-Regel und die Werkstattkosten nicht eindeutig, sodass sowohl die von ihr vertretene Auslegung der Vertragsunterlagen als auch die Lesart der Beigeladenen zulässig wäre. Dies hätte jedoch zur Folge, dass, um vergleichbare Angebote zu erhalten, die Vergabeunterlagen eindeutiger gestaltet werden müssten und das Vergabeverfahren bis zu diesem Zeitpunkt zurückversetzt werden müsste. Bei den nach Ansicht der Antragstellerin unklaren Ausschreibungsbedingungen handelt es sich um solche mit Preisrelevanz. Dann könnten die Bieter aber auch in preislicher Hinsicht überarbeitete Angebote abgeben, sodass nicht ausgeschlossen ist, dass das Angebot der Antragstellerin zu Los 3 preislich günstiger läge als das anderer Bieter.

Aufhebung - OLG Bremen, Beschl. v. 29.01.2016 - 2 Verg 3/15 - Planungsleistungen Scharoun-Bau – VOF – Verhandlungsverfahren – Aufhebung im VOF-Verfahren (?) – Aufhebung wegen ungesicherter Finanzierung etc. bzw. Änderungen des Auftragsgegenstandes – fortbestehender Vergabewille – unberechtigte Aufhebung (zum einen in der VOF nicht geregelt – aber auch bei analoger Anwendung der §§ 17 VOL/A, 17 VOB/A nicht eingreifend): „Da sich das Verhandlungsverfahren als ein dynamischer Prozess darstellt, in dem sich durch Verhandlungen Veränderungen ergeben können (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - VII ZR 255/08 -, BeckRS 2010,07502; Weyand, a.a.O., Rn. 121 zu § 101 GWB) sind Modifikationen solange vom Verfahren gedeckt, wie die Identität als solche gewahrt bleibt und kein "Aliud", also etwas qualitativ anderes entsteht (Weyand, aaO.). Wenn es nicht mehr damit getan ist, einen planerischen Entwurf einer veränderten Situation anzupassen, sondern eine völlig neue planerische Konzeption im Raum entsteht, handelt es sich nicht mehr um denselben Leistungsgegenstand (OLG Celle, Beschl. v. 15.07.2010 - 13 Verg 9/10 -; NZBau 2010, 641). Davon kann aber hier keine Rede sein. Der Antragsgegner hat zu keinem Zeitpunkt eine neue planerische Konzeption im Sinne eines "Aliud" gefordert. Wie bereits oben zu (3) ausgeführt, wurde die architektonische Planung in einem langjährigen dynamischen Prozess wechselnden Situationen, wie sie in verschiedener Weise vorgegeben wurden, angepasst. Dadurch entstanden Veränderungen, aber es ergab sich nicht etwas ganz anderes.“

Aufhebung – Rechtmäßigkeit – Rechtswidrigkeit -OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.01.2016 - Verg W 4/15 – Neubau und Sanierung - § 17 EG VOBA – Eignung – Bekanntmachung: Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 und Vorlage der im Formblatt angegebenen Bescheinigungen auf Anforderung - fehlender Hinweis (Link) auf Abrufmöglichkeit hinsichtlich Formblatts in Bekanntmachung – Inhalt des Formblatts nicht Gegenstand der Bekanntmachung – Zurückversetzung des Vergabeverfahrens auf Zeitpunkt vor Bekanntmachung – Berechtigung des Auftraggebers zur Fehlerkorrektur – Zurückversetzung steht Aufhebung gleich – Rechtswidrigkeit/Rechtmäßigkeit der Aufhebung: „Das folgt aus der Vertragsfreiheit, die auch für im Wege öffentlicher Ausschreibung vergebene Aufträge gilt. Mithin haben Bieter eine Aufhebung des Vergabeverfahrens grundsätzlich nicht nur dann hinzunehmen, wenn sie von einem in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Während eine von den Vergabe- und Vertragsordnungen gedeckte und somit rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass die Aufhebung keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens begründet, kann das Fehlen eines Aufhebungsgrundes zu einem Anspruch auf Schadensersatz führen, der regelmäßig auf das negative Interesse beschränkt ist (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 a.a.O.). Zu unterscheiden von der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens nach Maßgabe der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung ist die Frage der Wirksamkeit der Aufhebung. Ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens kommt nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht, wenn die Aufhebung ausnahmsweise unwirksam ist. Das ist der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in manipulativer Weise dazu einsetzt, durch die Aufhebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 a.a.O.). Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt hier nicht vor.“ – zulässige Fehlerkorrektur: „Der Auftraggeber hat das Vergabeverfahren aufgehoben, nachdem die Vergabekammer im anhängigen Nachprüfungsverfahren den Hinweis erteilt hat, dass die Ausschreibung an einem Fehler leide, der nur durch neuerliche Bekanntmachung geheilt werden könne. Damit beruht die Aufhebung allerdings nicht auf einer Abkehr von der Vergabeabsicht, sondern dient der Korrektur eines dem Auftraggeber zuvor unterlaufenen Fehlers. Die Aufhebung der Ausschreibung zum Zwecke der Durchführung eines neuen fehlerfreien Vergabeverfahrens ist wirksam, denn die Entscheidung des Auftraggebers, das Verfahren in den Stand vor der Bekanntmachung zurückzuversetzen, ist weder nur zum Schein, noch willkürlich oder sonst aus manipulativen Gesichtspunkten erfolgt (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 a.a.O.). Stellt ein öffentlicher Auftraggeber vor der Zuschlagserteilung einen erheblichen Fehler in den Ausschreibungsunterlagen fest, ist er zu einer Fehlerkorrektur grundsätzlich berechtigt, was auch die Aufhebung des Vergabeverfahrens beinhalten kann (vgl. BGH, Beschluss v. 26.09.2006, X ZB 14/06 - BGHZ 169, 131 = VergabeR 2007, 59; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.01.2015 - Verg 29/14, VergabeR 2015, 435; OLG Koblenz, Beschluss v. 30.04.2014 - 1 Verg 2/14, VergabeR 2014, 733). Eine bereits erfolgte Submission schließt eine solche Fehlerkorrektur nicht aus (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.01.2015 a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber im Hinblick auf die nach Beurteilung der Vergabekammer unzureichende Bekanntmachung der geforderten Eignungsnachweise einen sachlichen Grund für die Aufhebung heranzogen. Die Entscheidung des Auftraggebers ist mithin weder willkürlich, noch stellt sie ein missbräuchliches Vorgehen dahin dar, durch die Aufhebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können. Die Zurückversetzung führt zu einem neuen, auch der Antragstellerin eröffneten Wettbewerb (so auch BGH, Beschluss v. 20.03. 2014 a.a.O.). Die Antragstellerin ist weder in ihren Rechten auf Durchführung eines transparenten und fairen Vergabeverfahrens, noch in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt, § 97 Abs. 7 GWB.“ – kein manipulatives Verhalten:Soweit die Antragstellerin ein manipulatives Vorgehen darin sehen will, dass der Auftraggeber mit der zwischenzeitlich erfolgten neuen Bekanntmachung ergänzend zu den ursprünglich geforderten Eignungsnachweisen zusätzliche Nachweise verlangt, ist ein Missbrauch der Möglichkeit der Verfahrensaufhebung nicht zu erkennen. Die zusätzlichen Anforderungen, „mindestens 3 nachprüfbare Referenzbaumaßnahmen innerhalb der letzten 3 Jahre …“ nachzuweisen und „auf Verlangen einen XXX Bauablaufplan vorzulegen, welcher den Ressourceneinsatz (Arbeitskräfte, Maschinen und Geräte) darstellt und aufzeigt, wie Zwischentermine eingehalten werden …“ sind jedenfalls nicht sachfremd oder willkürlich gewählt. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist auch nichts dafür entnehmen, dass sie außerstande sei, die Anforderungen zu erfüllen, und dass dem Auftraggeber eine solche Sachlage bekannt sei.“

Aufhebung – Zurückversetzung - OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.01.2016 - Verg W 4/15 – Neubau und Sanierung - § 17 EG VOBA – Eignung – Bekanntmachung: Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 und Vorlage der im Formblatt angegebenen Bescheinigungen auf Anforderung - fehlender Hinweis (Link) auf Abrufmöglichkeit hinsichtlich Formblatts in Bekanntmachung – Inhalt des Formblatts nicht Gegenstand der Bekanntmachung – Zurückversetzung des Vergabeverfahrens auf Zeitpunkt vor Bekanntmachung – Berechtigung des Auftraggebers zur Fehlerkorrektur – Zurückversetzung steht Aufhebung gleichWie die Antragstellerin zu Recht geltend macht und die Vergabekammer ihrer Entscheidung zutreffend zu Grunde gelegt hat, kommt die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor der Bekanntmachung ihren Wirkungen nach einer Aufhebung der Ausschreibung gleich. Mit einer solchen Zurückversetzung beendet der Auftraggeber - wie im Falle einer Aufhebung der Ausschreibung - das bisherige Vergabeverfahren, verbunden mit der Ankündigung, ein neues Vergabeverfahren durch neuerliche Bekanntmachung erst noch einzuleiten. Wird eine Aufhebung der Ausschreibung nicht ihrerseits in Zweifel gezogen, besteht im Hinblick auf das gerügte Verhalten grundsätzlich nur noch ein Interesse an der Feststellung, ob insoweit eine Rechtsverletzung vorgelegen hat (vgl. BGH, Beschluss v. 18.02.2003 - X ZB 43/02, BGHZ 154, 32 = VergabeR 2003, 313). Hier hat die Antragstellerin indes die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens angegriffen und ihre auf Fortsetzung desselben gerichteten Anträge weiterverfolgt, und zwar mit der Rüge, die Maßnahme der Zurückversetzung stelle eine rechtswidrige Aufhebung der Ausschreibung dar, an der nicht festgehalten werden könne. Damit hat die Antragstellerin eine weitere Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht. Diese Rügeerweiterung im anhängigen Nachprüfungsverfahren begegnet keinen Bedenken gegen ihre Zulässigkeit (vgl. BGH a.a.O.).“

Aufschiebende Wirkung - § 118 I GWB aF – OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine Änderung der Vergabeunterlagen: „.... Das Angebot der Beigeladenen war nicht wegen einer unzulässigen Änderung an den Vertragsunterlagen nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A i. V. m. § 16 EG Abs. 4 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A werden diejenigen Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind. Eine Änderung an den Vertragsunterlagen ist grundsätzlich gegeben, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 83). Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – VII-Verg 38/12, juris Rdnr. 29). Ob der Bieter eine unzulässige Abänderung oder Ergänzung der Vertragsunterlagen vorgenommen hat, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen, die der Angebotsaufforderung beigefügt waren, zu ermitteln (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 84). Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind. Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 20. November 2012 – X ZR 108/10, juris Rdnr. 9). In den Anhängen B3 bzw. B4 zu den Betriebsführungsverträgen beider Lose ist jeweils eine Betriebsstruktur dargestellt, die nach Ansicht der Antragsgegnerinnen einen zweckmäßigen und reibungslosen Betrieb der Anlagen ermöglichen. ,,,, Diese Vorgaben erfüllt das Angebot der Beigeladenen.“

Aufschiebende Wirkung - Antrag auf aufschiebende Wirkung -OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“ - keine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB: „Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Im Interesse des zügigen Abschlusses des Vergabeverfahrens ist die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht zu verlängern. Bei der Entscheidung über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sind nach § 118 Abs. 2 GWB die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen, aufseiten des Beschwerdeführers der drohende Schaden durch den anderweitigen Zuschlag, aufseiten des Beschwerdegegners das Interesse an einem zügigen Abschluss des Vergabeverfahrens, wobei auch das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Vergabe zu berücksichtigen ist. Außerdem sind die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde zu beachten. Sind sie hoch, so gebietet das Gebot des effektiven Rechtsschutzes i. d. R. die Anordnung der Verlängerung, sind sie gering, so kann das Interesse des Beschwerdeführers das Interesse an einem zügigen Verfahrensabschluss i. d. R. nicht überwiegen (Ziekow/Völlink - Losch, Vergaberecht, 2. Aufl., § 118 GWB, Rn. 39, 45). Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde gering. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Gründe, die ausnahmsweise dennoch für ein Überwiegen der Interessen der Beschwerdeführerin sprechen könnten, liegen nicht vor.“

Auskunft – telefonisch - OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 –keine Abänderung der Vergabeunterlagen durch telefonische Auskunft auf Bieterfragen (konträre Zeugenbekundungen – ausführliche „Würdigung der Zeugenaussagen“)

Auslegung – OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine Änderung der Vergabeunterlagen: „.... Das Angebot der Beigeladenen war nicht wegen einer unzulässigen Änderung an den Vertragsunterlagen nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A i. V. m. § 16 EG Abs. 4 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A werden diejenigen Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind. Eine Änderung an den Vertragsunterlagen ist grundsätzlich gegeben, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 83). Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – VII-Verg 38/12, juris Rdnr. 29). Ob der Bieter eine unzulässige Abänderung oder Ergänzung der Vertragsunterlagen vorgenommen hat, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen, die der Angebotsaufforderung beigefügt waren, zu ermitteln (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 84). Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind. Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 20. November 2012 – X ZR 108/10, juris Rdnr. 9). In den Anhängen B3 bzw. B4 zu den Betriebsführungsverträgen beider Lose ist jeweils eine Betriebsstruktur dargestellt, die nach Ansicht der Antragsgegnerinnen einen zweckmäßigen und reibungslosen Betrieb der Anlagen ermöglichen. ,,,, Diese Vorgaben erfüllt das Angebot der Beigeladenen.“

Auslegung - OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“ - keine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB– Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: „Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt dabei u. a. dann vor, wenn das angebotene Produkt den Anforderungen in der Ausschreibung nicht gerecht wird, der Bieter also nicht das anbietet, was der Ausschreibende bestellt hat (Vergabekammer Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2013, VK 25/13, Rn. 52 bei juris). Einerseits sind an die Angebote strenge Anforderungen zu stellen. Um eine Vergleichbarkeit der Angebote und die Gefahr inhaltlich falscher Beauftragungen auszuschließen, darf ein Bieter nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG keine Änderungen der Ausschreibungsunterlagen vornehmen (Ziekow/Völlink - Vavra, Vergaberecht, 2. Aufl., § 13 VOB/A-EG, Rn. 1, § 13 VOB/A, Rn. 13). Ferner sind im Interesse der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens Änderungen des Angebots in einem späteren Aufklärungsverfahren nach § 15 VOB/A-EG ausgeschlossen (a. a. O., § 15 VOB/A-EG, Rn. 1, § 15 VOB/A, Rn. 17). So darf das einmal angebotene Produkt nicht später wieder geändert werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2009, Verg 9/09, Rn. 18 bei juris; OLG München, Beschluss vom 02.09.2010, Verg 17/10, Rn. 22 bei juris).“

Auslegung des Angebots – keine Korrektur von Irrtümern - OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“ - keine Korrektur von Irrtümern im Leistungsverzeichnis durch „Auslegung“: Insgesamt kann es nicht Aufgabe einer Auslegung sein, Irrtümer beim Ausfüllen des Leistungsverzeichnisses zu korrigieren. Angesichts der Vielzahl der möglichen Irrtümer kann weder ausgeschlossen werden, dass der Anbietende das Angebotene tatsächlich anbieten wollte, noch ermittelt werden, was er ggf. stattdessen hätte anbieten wollen. Der Umstand, dass leicht zu ermitteln wäre, welches Angebot den Anforderungen entsprochen hätte, und dass nur dieses Angebot wirtschaftlich sinnvoll wäre, ändert daran nichts.“

Ausschluss - Formalien - OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“ - keine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB– kein Ausschluss wegen der Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots:Andererseits soll ein Angebot nicht aufgrund der Verletzung bloßer Formalien ausgeschlossen werden, um die Wahl des wirtschaftlichsten Angebots zu ermöglichen (OLG München, Beschluss vom 29.07.2010, Verg 9/10, Rn. 73 bei juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, Verg 35/15, Rn. 35 bei juris). Deswegen sind Angebote vor einem Ausschluss zunächst nach Möglichkeit auszulegen, wobei dem Bieter zu unterstellen ist, dass er redliche und wirtschaftlich vernünftige Absichten verfolgt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2006, Verg 36/06, Rn. 31 ff. bei juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.06.2012, 11 Verg 12/11, Rn. 93 bei juris). Hier scheidet eine Auslegung des Angebots der Beschwerdeführerin aus, so dass eine Anpassung des angebotenen Systems zu einer im Aufklärungsverfahren ausgeschlossenen Änderung des Angebots führen würde. Aus der Sicht des Beschwerdegegners war weder eindeutig erkennbar, dass die Beschwerdeführerin das im Leistungsverzeichnis aufgeführte System nicht anbieten wollte, noch welches System sie stattdessen anbieten wollte. Die Bezeichnung des angebotenen Systems ist eindeutig. Produktangaben in Angeboten sind wörtlich zu nehmen, wenn sie eindeutig sind (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.03.2012, 1 Verg 1/12, Rn. 21 bei juris; im Ergebnis auch Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 15.05.2015, Z 3-3194-1-05-01/15, Rn. 142, 147 bei juris). An der Eindeutigkeit des Angebots ändert es nichts, dass das System den im Leistungsverzeichnis formulierten Anforderungen nicht gerecht wird. Das erlaubt nicht zwingend den Umkehrschluss, dass dieses System nicht hätte angeboten werden sollen. Vielmehr wäre es zirkulär, die Anforderungen zur Auslegung des Angebots heranzuziehen. Der Zweck der formulierten Anforderungen ist es, einen Maßstab zu setzen, an dem sich das angebotene Produkt messen lassen muss. Sie dienen nicht dazu zu ermitteln, was der Bieter hätte anbieten wollen. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahin, dass der Bieter stets das vom Ausschreibenden Nachgefragte anbieten will (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.03.2012, 1 Verg 1/12, Rn. 22 bei juris), auch wenn ihm redliche und interessengerechte Absichten zu unterstellen sind. Vielmehr kann es Gründe für eine Abweichung des Angebots von den Anforderungen geben, und sei es, dass die Anforderungen übersehen worden sind oder irrtümlich angenommen worden ist, sie würden erfüllt. Auch im vorliegenden Fall war es aus Sicht des Beschwerdegegners nicht zwingend, dass die Beschwerdeführerin aus der Einsatzfreigabeliste das einzige System anbieten wollte, das den Anforderungen aus dem Leistungsverzeichnis gerecht wird. Es erschien nicht ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin das in das Leistungsverzeichnis eingetragene System anbieten wollte, weil sie es irrtümlich für geeignet hielt. So trägt die Beschwerdeführerin vor, das System Super Rail Eco sei an sich höherwertiger als das System „M04-5 Super Rail BW, H2“, weil es höhere Anpralllasten aufnehmen könne, aber zum Einsatz auf Brücken nicht geeignet, da diese die Lasten ihrerseits nicht aufnehmen könnten. Aus Sicht des Beschwerdegegners kam ein Irrtum der Beschwerdeführerin dahin, das angebotene System sei besser geeignet, in Betracht. Daran ändert es nichts, dass nach den Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr (Anlage BB 6, Bl. 32 - 34 d. A.) an Bundesfernstraßen nur Systeme aus der Einsatzfreigabeliste eingesetzt werden sollen, weil ein solches System von der Beschwerdeführerin angeboten worden ist. Zudem steht nicht fest, wie ein etwaiger Irrtum des Mitarbeiters der Beschwerdeführerin, der das Leistungsverzeichnis ausgefüllt hat, zustande gekommen ist. Die Beschwerdeführerin unterstellt, er habe das richtige System ermittelt und sei dann beim Abschreiben in die falsche Zeile gerutscht. Aus Sicht des Beschwerdegegners kam aber auch infrage, dass der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin in der Einsatzfreigabeliste die im Leistungsverzeichnis geforderten Parameter ermittelt und sie dann versehentlich der falschen Zeile, also dem falschen System zugeordnet hat. Dann hätte die Beklagte das angebotene System auch tatsächlich anbieten wollen, weil sei es für ausschreibungsgerecht gehalten hätte. Keineswegs lässt sich eindeutig sagen, dass im Streitfall, wenn der Auftrag nach dem Angebot der Beschwerdeführerin erteilt worden wäre, durch Auslegung zu ermitteln wäre, dass sie mit dem System „M 04-5 Super Rail BW, H2“ ein nicht vertragsgerechtes System eingebaut hätte, so dass die Schutzsysteme auszutauschen wären. Vielmehr würde man den Vertragsgegenstand anhand der Systembezeichnung ermitteln und zu dem Ergebnis kommen, dass die Leistung mangelhaft ist, weil sie den Anforderungen nicht gerecht wird. Die Kosten des Austausches müsste der Beschwerdegegner wegen Mitverschuldens mit tragen, weil ihm die Abweichung bei der Prüfung des Angebots nicht aufgefallen wäre.“

Ausschluss - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Ausschluss nach § 19 Abs. 3 lit. d EG VOL/A wegen Änderungen der Vergabeunterlagen:Der zwingende Ausschluss von Angeboten, an denen unzulässige Änderungen und Ergänzungen vorgenommen worden, soll sicherstellen, dass dem Auftraggeber für den Wertungsvorgang nur vergleichbare Angebote vorliegen. Beziehen sich die eingereichten Angebote nämlich nicht auf identische Vertragsunterlagen, sind die Transparenz des Verfahrens und die Gleichbehandlung der Bieter nicht zu gewährleisten (vgl. Müller-Wrede in Müller-Wrede Kom. zur VOL/A, 4. Auflg., § 19 EG VOL/A Rn. 128; Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kom. zur VOL/A, 3. Aufl., § 16 EG VOL/A Rn. 80). Zudem will die Regelung erreichen, dass das bezuschlagte Angebot den Bedürfnissen des Auftraggebers entspricht und dass der späteren Auftragsdurchführung eine widerspruchsfreie und damit wirksame Vertragsgrundlage zugrunde liegt (Müller-Wrede, a.a.O., Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O.). Für die Anwendung von § 19 Abs. 3 lit. d EG VOL/A kommt es, wie bereits aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 4 S. 1 EG VOL/A deutlich wird, auf die Wettbewerbsrelevanz, Wesentlichkeit oder Geringfügigkeit einer Veränderung an den Vertragsunterlagen nicht an (vgl. Senat, Beschluss vom 10.6.2011, 15 Verg 7/11; Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 16 EG VOL/A Rn. 86 mwN). Ob das Angebot eines Bieters von den Vertragsunterlagen abweicht und diese damit ändert, ist anhand der Leistungsbeschreibung einschließlich sämtlicher Anlagen, wie Erläuterungen, etwaigen Datenblättern etc., durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Für die Auslegung der Vertragsunterlagen ist ein objektiver Maßstab anzulegen und auf den Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters, der mit der Leistung vertraut ist, abzustellen (BGH, NJW 2002, 1954; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.7.2007, Verg 3/07 - juris Rn. 61, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.3.2005, VII-Verg 2/05 - juris; Lausen in Müller Wrede, a.a.O., § 16 VOL/A Rn. 107). Maßgeblich ist hierfür nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern es kommt darauf an, wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung verstehen muss (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O., OLG Düsseldorf, a.a.O., OLG Koblenz, Beschluss vom 26.10.2005, 1 Verg 4/05 - juris; Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 8 EG VOL/A Rn. 54).“

Ausschluss (Änderung der Vergabeunterlagen) - - OLG Dresden, Beschl. v. 23.09.2016 - Verg 3/16 - Management der Speisenversorgungsleistungen für Kliniken – objektive tatsächliche Nichterfüllung der personellen Anforderungen für den Auftrag (Anzahl der Servicekräfte) - Anforderungen für Inhalt der Angebote: diverse Angaben zum Personaleinsatz und Kosten - trotz fehlender ausdrücklicher Mindestanforderungen in den Vergabeunterlagen Ausschluss nach §§ 16 IV S. 1, 19 IV EG-VOL/A: „Jedoch erfolgte der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin zur Überzeugung des Senates deshalb zu Recht, weil sie zum Standort W. und den dort einzusetzenden Servicekräften von den Vertragsunterlagen i.S.d. § 16 Abs. 4 Satz 1 VOL/A-EG mit der Folge abgewichen ist, dass gemäß § 19 Abs. 3 lit. d) VOL/A-EG der Ausschluss ihres Angebotes unumgänglich war.Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Vergabeunterlagen keine ausdrücklichen Mindestvorgaben für die Anzahl der am Standort W. einzusetzenden Servicekräfte enthalten. Dies bedeutet indes nicht, dass die Bieter in ihren Angaben völlig frei gewesen wären. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Angebotsunterlagen die Angabe jedenfalls so viele Servicekräfte erwarten ließen, wie zur ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung mindestens notwendig sind. Die Antragsgegnerin hat erklärt, dass mit nur vier Servicekräften der Arbeitsanfall in W. nicht zu bewältigen sei. Der Senat folgt ihr in dieser Bewertung. Denn sie ist erkennbar zutreffend, so dass es auf die Frage, ob und in welchen Grenzen der Antragsgegnerin in Bewertung der Angebote und namentlich mit Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 lit. d VOL/A-EG ein Beurteilungsspielraum zusteht, letztlich nicht ankommt. Die offenkundigen Abweichungen der von der Antragstellerin für W. eingeplanten Einsatzkräfte zu der Anzahl der Vollzeitkräfte an anderen Standorten, insbesondere am Standort E., liegen auf der Hand und rechtfertigen ohne weiteres den von der Antragsgegnerin gezogenen Schluss. Denn während das Angebot der Antragstellerin für den Standort E. 1,28 Vollzeitkräfte pro Station vorsieht, sind es für den Standort W. nur 0,57 Vollzeitkräfte pro Station (zur Berechnung vgl. Seite 12 der Antragserwiderung vom 10.03.2016, Bl. 353 der Vergabeakte).....“ (weitere ausführliche Darlegung folgt).

Ausschluss (nur bei eindeutigen Vergabeunterlagen) - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2016 - 11 Verg 9/16 - Neubau des Polizeipräsidiums XXX im Wege einer Public Private Partnership – europaweite Ausschreibung - Gegenstand des Beschaffungsvorhabens: Grundstücksankauf, die Planung, Errichtung und Finanzierung des Polizeipräsidiums sowie die anschließende Vermietung und Bewirtschaftung - §§ 97, I, VII, 128 III, IV GWB – maßgebliche Punkte Eindeutigkeit der Vergabeunterlagen, Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen -Amtliche Leitsätze: 1. Ein Angebot kann nur dann wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen in dem maßgeblichen Punkt unmissverständlich und eindeutig sind. 2. Will die Vergabestelle auf Nachfragen eines Bieters eine eher fernliegende „großzügige" Interpretation einer bestimmten, kalkulationsrelevanten Anforderung in den Vergabeunterlagen zugrunde legen, hat sie zur Wahrung der Transparenz und Gleichbehandlung auch die anderen Bieter vor Angebotsabgabe auf diese Auslegungsmöglichkeit hinzuweisen. 3. Eine Beigeladene kann auch dann nach § 128 Abs. 3, 4 GWB a.F. an den Kosten des Nachprüfungsverfahrens beteiligt werden, wenn sie zwar ausdrücklich auf eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung verzichtet, das Verfahren jedoch durch die Einreichung umfangreicher Schriftsätze gefördert hat.

Bekanntmachung – Auslegung – Widerspruch zu Vergabeunterlagen - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen) – Auslegung der Bekanntmachung: „In den Vergabeunterlagen können die Eignungsanforderungen und Eignungsnachweise lediglich näher umschrieben und konkretisiert werden; bei Widersprüchen zwischen Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen ist die Bekanntmachung maßgeblich. c) Weil sich die Bekanntmachung an eine unbekannte Zahl potentieller Leistungserbringer richtet, kommt es für ihr Verständnis und die Auslegung nicht darauf an, wie sie von einem einzelnen Unternehmen aufgefasst wurde.Maßgeblich ist vielmehr der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines nur abstrakt bestimmbaren Adressatenkreises, so dass letztlich darauf abzustellen ist, wie ein branchenangehöriger Durchschnittsbieter, welcher die Gepflogenheiten des konkreten Auftraggebers nicht kennt, die Bekanntmachung verstehen musste....“ - „gemeinsame Auslegung“ der Auftraggeberin und der Antragstellerin ... ist deshalb unerheblich. ...“

Bekanntmachung – OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz –- Auslegung der Bekanntmachung: In den Vergabeunterlagen können die Eignungsanforderungen und Eignungsnachweise lediglich näher umschrieben und konkretisiert werden; bei Widersprüchen zwischen Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen ist die Bekanntmachung maßgeblich. c) Weil sich die Bekanntmachung an eine unbekannte Zahl potentieller Leistungserbringer richtet, kommt es für ihr Verständnis und die Auslegung nicht darauf an, wie sie von einem einzelnen Unternehmen aufgefasst wurde.Maßgeblich ist vielmehr der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines nur abstrakt bestimmbaren Adressatenkreises, so dass letztlich darauf abzustellen ist, wie ein branchenangehöriger Durchschnittsbieter, welcher die Gepflogenheiten des konkreten Auftraggebers nicht kennt, die Bekanntmachung verstehen musste....“ - „gemeinsame Auslegung“ der Auftraggeberin und der Antragstellerin ... ist deshalb unerheblich. ... Zertifizierung keine „Ausführungsbedingung“, sondern betrifft die Leistungsfähigkeit (Eignung) –

Bekanntmachung – Optionen etc. - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Bekanntmachung nach Auftragserteilung - OLG Dresden, Beschl. v. 21.9.2016 – Verg 5/16 – Lieferung von Schutzhelmen – kein Lauf der 30-Tagesfrist des § 101b II S. 2 GWB aF bei fehlerhaften Angaben in der Bekanntmachung – Maßgeblichkeit für Begründung der Direktvergabe durch Auftraggeber: nicht entscheidend Inhalt der Bekanntmachung und Vergabeakte, sondern materielle Rechtslage nach den §§ 101b GWB aF, § 3 IV EG-VOL/A

Beschreibbarkeit - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – „Nach § 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 lit. h) VOL/A ist eine freihändige Vergabe nur zulässig, wenn die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können. Damit ist der Inhalt der Aufgabenlösung gemeint. Nicht-Beschreibbarkeit ist in Betracht zu ziehen, wenn der Auftragnehmer aufgrund ihm zugestandener Kognitions-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume die Aufgabenlösungen selbständig zu entwickeln hat.Dies bezieht sich insbesondere auf hochqualifizierte und geistig-schöpferische Leistungen, wie sie insbesondere bei Beratungsleistungen oder sonstigen freiberuflichen Tätigkeiten nachgefragt werden (vgl. § 1 Abs. 1 VOF).Dabei gibt der Auftraggeber lediglich Zielvorstellungen und einen Leistungsrahmen vor.Die konkrete, detaillierte Aufgabenlösung hat hingegen der Auftragnehmer zu erarbeiten. Eine Leistung ist danach z.B. dann nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar, wenn eine noch nicht existierende Lösung für die gestellte Aufgabe gesucht wird. Dabei mögen zwar einzelne Schritte oder Parameter der Auftragsausführung beschrieben werden können, die inhaltliche Lösung der Aufgabe, mithin das Ergebnis der Auftragsausführung, kann aber nicht ausreichend konkretisiert werden, es sei denn, der Auftraggeber nähme einen zumindest wesentlichen Teil der Aufgabenlösung vorweg, löste die Aufgabe also teilweise selbst, um die Leistung entsprechend genau beschreiben zu können.Dazu ist der Auftraggeber nicht verpflichtet.Eine nicht beschreibbare Aufgabenlösung kann zudem dadurch gekennzeichnet sein, dass die Lösung in Verhandlungen von den Beteiligten entwickelt werden soll. Notwendig ist dies allerdings nicht. Der Auftraggeber darf sich auch darauf beschränken, die Aufgabenlösung vollständig und allein vom Auftragnehmer entwickeln zu lassen, dies zum Beispiel dann, wenn die Lösung auch in Verhandlungen, ohne dass sie dadurch inhaltlich vorweggenommen würde, nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann (BGH, Urt. v. 10.11.2009, X ZB 8/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011, VII-Verg 36/11, juris Rn. 18 f, Nachrichtenmeldungen; Beschl. v. 21.04.2010, VII-Verg 55/09, juris Rn. 41 f., Schiffshebewerk Niederfinow; OLG München, Beschl. v. 28.04.2006, Verg 6/06, juris Rn. 51 ff.). Bei der Frage, ob eine Aufgabenlösung eindeutig beschreibbar ist, hat der Auftraggeber keinen Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraum. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der objektiv entweder erfüllt ist oder nicht. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens abzustellen. In diesem Zeitpunkt vorhandene subjektive tatsächliche oder fachliche Schwierigkeiten des Auftraggebers, die Aufgabenlösung eindeutig zu beschreiben, rechtfertigen nicht,die Lösung in der Leistungsbeschreibung offen zu lassen oder in ein Verhandlungsverfahren auszuweichen.Kognitions- oder Erfahrungsdefizite hat der Auftraggeber durch Aufklärung, gegebenenfalls durch Zuziehen externer sachverständiger Hilfe, zu beseitigen, nicht aber darf er sie gewissermaßen in das Vergabeverfahren "mitnehmen", sofern nicht die Lösung der Aufgabe im Verhandlungsverfahren geklärt werden soll (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011, VII-Verg 36/11, a.a.O.). Ausgehend von diesen Maßstäben war die Wahl des Verhandlungsverfahrens in der Form einer freihändigen Vergabe nach § 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 VOL/A unzulässig. Der Auftragsgegenstand war, wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, im Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens hinreichend beschreibbar, so dass dem Antragsgegner die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses möglich und zumutbar war. ...“ - fehlende „Vergabereife“

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse - OLG München, Beschl. v. 28.04.2016 - Verg 3/16 – SPNV – S-Bahn N. – erfolgreiche (teilweise) sofortige Beschwerde gegen von der Vergabekammer verfügte Akteneinsicht durch Beigeladene (allerdings nur weitere Schwärzungen) – Unzulässigkeit der Beschwerde der Antragsgegnerin (Auftraggeber) - Zulässigkeit und teilweise Begründetheit der Beschwerde der Beigeladenen: „1. Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gebietet, dass die von der Vergabekammer verfügte Einsichtnahme in die Vergabeakten selbständig anfechtbar ist, sofern durch einen Vollzug Rechte des von der Akteneinsicht Betroffenen in einer durch die Hauptsacheentscheidung nicht wiedergutzumachenden Weise beeinträchtigt werden können (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08 VergabeR 2008, 281; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.12.2014 – 11 Verg 8/14 VergabeR VergabeR 2015, 476; OLG Jena Beschluss v. 8.10.2015 2 Verg 4/15 BeckRS 2016, 02749; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 111 GWB Rn. 13; a:A. OLG Hamburg: Beschluss vom 02.12.2004 - 1 Verg 2/04 ). Dies ist vorliegend der Fall. Dem betroffenen Bieter können unwiederbringliche Nachteile drohen, wenn die von der Vergabekammer bewilligte Akteneinsicht zur ungerechtfertigten Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen führt. Hiergegen muss ihm eine Beschwerdemöglichkeit offen stehen. Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (vgl. die zitierte Rechtsprechung, a.a.O). 2. Die Beigeladene hat hinreichend plausibel dargelegt, dass durch die Akteneinsicht Betriebsgeheimnisse bzw. Geschäftsgeheimnisse offenbart werden (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08, VergabeR 2008, 281).“ Begründetheit: „II. Die Beschwerde erwies sich aber nur insoweit als begründet, als dass weitere Schwärzungen vorzunehmen waren. Mit dem Hauptantrag, eine Akteneinsicht gänzlich zu versagen, konnte die Beigeladene nicht durchdringen. 1. Die Frage, ob Akteneinsicht zu gewähren bzw. zu versagen ist, richtet sich nach § 111 Abs.1, Abs.2 GWB. Nach § 111 Abs. 2 GWB ist die Einsicht in Unterlagen dann zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen geboten ist. In Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf hält der Senat eine Abwägung zwischen den Belangen des Akteneinsicht begehenden Bieters und des Konkurrenten, der seine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gewahrt wissen will, für erforderlich. Kriterien für die gebotene Abwägung enthält § 111 GWB indes nicht. Der vom Oberlandesgericht Düsseldorf entwickelte Lösungsweg, bei dem Abwägungsvorgang und den Prüfungsmaßstäben auf die unmittelbar nur für das kartellverwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren anwendbare Regelung des § 72 GWB unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Zielrichtungen und Zwecke des Kartell- und des Vergaberechts zurückzugreifen, ist überzeugend. Er ermöglicht eine Strukturierung und Objektivierung des Abwägungsvorgangs und verhindert, dass die Akteneinsicht von der Vergabekammer aufgrund anderer Vorschriften erteilt wird als vom Beschwerdegericht (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08 VergabeR 2008, 281). Dabei kommt – entgegen der Ansicht der Vergabekammer – bei der Abwägung keiner der widerstreitenden Interessen generell der Vorrang zu, sondern es ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Angesichts der Wertigkeit der widerstreitenden Interessen - einerseits das Recht auf effektiven Rechtsschutz und anderseits das Recht auf Schutz und Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen - kann alleine aus der systematischen Stellung des Versagungsgrundes in § 111 Abs. 2 GWB nicht der Schluss gezogen werden, dass das Recht auf Akteneinsicht in Zweifelsfragen vorrangig ist (OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08 VergabeR 2008, 281; a.A. OLG Jena Beschl. v. 8.10.2015 2 Verg 4/15). Zusammengefasst bedeutet dies, dass derjenige, der an einen Aktenbestandteil ein Geheimhaltungsinteresse in Anspruch nimmt oder nehmen kann, dies nachvollziehbar zu begründen hat, und dass dann unter Berücksichtigung dieser Begründung die widerstreitenden Belange, unter Berücksichtigung des Zwecks der Akteneinsicht gegeneinander abzuwägen sind, mit der Folge, dass je nach Sachlage ein Fall gegeben sein kann, in denen ein Geheimnisschutz zurückzutreten hat und eine Offenlegung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen anzuordnen ist, weil es darauf für die Entscheidung ankommt und anderen Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht bestehen (Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 111 GWB Rn. 13).“

Betriebsführung - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine Änderung der Vergabeunterlagen: „.... Das Angebot der Beigeladenen war nicht wegen einer unzulässigen Änderung an den Vertragsunterlagen nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A i. V. m. § 16 EG Abs. 4 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A werden diejenigen Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind. Eine Änderung an den Vertragsunterlagen ist grundsätzlich gegeben, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 83). Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – VII-Verg 38/12, juris Rdnr. 29). Ob der Bieter eine unzulässige Abänderung oder Ergänzung der Vertragsunterlagen vorgenommen hat, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen, die der Angebotsaufforderung beigefügt waren, zu ermitteln (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 84). Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind. Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 20. November 2012 – X ZR 108/10, juris Rdnr. 9). In den Anhängen B3 bzw. B4 zu den Betriebsführungsverträgen beider Lose ist jeweils eine Betriebsstruktur dargestellt, die nach Ansicht der Antragsgegnerinnen einen zweckmäßigen und reibungslosen Betrieb der Anlagen ermöglichen. ,,,, Diese Vorgaben erfüllt das Angebot der Beigeladenen.“

Betriebsführungsvertrag - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine Änderung der Vergabeunterlagen: „.... Das Angebot der Beigeladenen war nicht wegen einer unzulässigen Änderung an den Vertragsunterlagen nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A i. V. m. § 16 EG Abs. 4 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A werden diejenigen Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind. Eine Änderung an den Vertragsunterlagen ist grundsätzlich gegeben, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 83). Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – VII-Verg 38/12, juris Rdnr. 29). Ob der Bieter eine unzulässige Abänderung oder Ergänzung der Vertragsunterlagen vorgenommen hat, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen, die der Angebotsaufforderung beigefügt waren, zu ermitteln (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 84). Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind. Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 20. November 2012 – X ZR 108/10, juris Rdnr. 9). In den Anhängen B3 bzw. B4 zu den Betriebsführungsverträgen beider Lose ist jeweils eine Betriebsstruktur dargestellt, die nach Ansicht der Antragsgegnerinnen einen zweckmäßigen und reibungslosen Betrieb der Anlagen ermöglichen. ,,,, Diese Vorgaben erfüllt das Angebot der Beigeladenen.“

Bewerbungsbedingungen - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – unzulässige Bewerbungsbedingungen: „Gleiches gilt für die vom Antragsgegner aufgestellten Bewerbungsbedingungen, denen der konkrete und messbare Inhalt der jeweils in Bezug genommenen "Anforderungen" fehlt. Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 GWB a.F. bedarf es nicht, weil im Streitfall bereits die Bezugnahme auf eine öffentliche Datenbank zur Konkretisierung von Ausschreibungsbedingungen in den Vergabeunterlagen unter Angabe eines allgemein zugänglichen Internetlinks unzulässig ist. Weder das OLG Celle (Beschluss vom 12.01.2012, 13 Verg 8/11) noch das OLG Schleswig (Beschluss vom 25.01.2013, 1 Verg 6/12) hatten sich mit einem solchen Sachverhalt zu befassen. ...“.

Bewertungssystem - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) –unzulässiges Bewertungssystem durch die Verwendung eines Schulnotensystem zur Bewertung der Konzepte unter Verweis auf die Internetseite: http://de.wikipedia.org/wiki/Schulnote#Unter- und Mittelstufe statt der Angabe konkreter Kriterien anhand derer Schulnoten vergeben werden sollen, hat er unzulässige Wertungsmaßstäbe aufgestellt.Die Wertungsmaßstäbe, die sich auch in den abschließenden Vergabeunterlagen befinden, sind intransparent. Sie lassen nicht zu, im Vorhinein zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad die Angebote auf der Grundlage des Kriterienkatalogs und konkreter Kriterien aufweisen müssen, um mit den festgelegten Schulnoten bewertet zu werden.Für Bieter war nicht zu erkennen, unter welchen Voraussetzungen welche Kriterien mit welcher Schulnote bewertet werden. Aufgrund der Vergabeunterlagen haben Bieter im Voraus nicht zuverlässig ermitteln können, auf welche konkreten Leistungen die Vergabestelle Wert gelegt hat und wie Angaben und angebotene Konzepte insofern zueinander gewichtet werden sollten.Das Wertungssystem der Vergabestelle lässt objektiv Raum für Manipulationen und Willkür bei der Bewertung der Angebote (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.10.2015, VII-Verg 28/14, juris Rn. 75; Beschl. v. 16.12.2015, VII-Verg 25/15)....“

Bietergemeinschaft -OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.06.2016 - VII - Verg 3/16 - Rabattvereinbarungen gemäß § 130a VIII SGB V für 2016 bis 2018 – Offenes Verfahren - Fachlos 10: Wirkstoff Fentanyl - acht Gebietslose – „Dreipartnermodell“ – Zuschlagskriterium: Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU (ApU = Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers) – Ermittlung mit Gesamtwirtschaftlichkeitsmaßzahl - Summe der für die einzelnen Preisvergleichsgruppen ermittelten Wirtschaftlichkeitsmaßzahlen – Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – „Die Angebote der Beigeladenen sind nicht von der Wertung auszuschließen. Nach § 19 Abs. 3 Buchst. f) VOL/A-EG werden Angebote ausgeschlossen von Bietern, die in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben oder gegen Wettbewerbsregeln verstoßen. Ob ein Verstoß gegen das Kartellrecht vorliegt, ist inzident im Rahmen der vergaberechtlichen Anknüpfungsnorm, hier §§ 97 Abs. 1 GWB, 19 Abs. 3 Buchst. f) VOL/A-EG, zu prüfen. Die Bildung einer Bietergemeinschaft und Abgabe eines gemeinsamen Angebots kann gegen § 1 GWB und Art. 101 AEUV verstoßen, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt (Senat, Beschluss v. 01.07.2015, VII-Verg 17/15 .... - Rn. 13 mwN). Wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind Bietergemeinschaften zwischen konzernangehörigen Unternehmen, da diese gemäß § 36 Abs. 2 GWB als ein Unternehmen anzusehen sind (sog. Konzernprivileg, vgl. Senat, Beschluss v. 29.07.2015, VII-Verg 5/15, juris Rn. 24), ebenso zwischen auf unterschiedlichen Märkten tätigen Unternehmen, wenn unter ihnen kein Wettbewerb besteht (Senat, Beschluss v. 17.02.2014, VII-Verg 2/14, juris Rn. 35 mwN). Handelt es sich - wie im Streitfall - um Unternehmen, die auf demselben Markt tätig sind und zueinander in einem potentiellen Wettbewerbsverhältnis stehen, ist die Bildung einer Bietergemeinschaft wettbewerbsunschädlich, wenn - die beteiligten Unternehmen jedes für sich zu einer Teilnahme an der Ausschreibung mit einem eigenständigen Angebot aufgrund ihrer betrieblichen und geschäftlichen Verhältnisse (z.B. mit Blick auf Kapazitäten, technische Einrichtungen und/oder fachliche Kenntnisse) nicht leistungsfähig sind und erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft sie in die Lage versetzt, sich daran mit Erfolgsaussicht zu beteiligen (Fallgruppe 1), oder - die Unternehmen für sich genommen zwar leistungsfähig sind (insbesondere über die erforderlichen Kapazitäten verfügen), Kapazitäten aufgrund anderweitiger Bindung aktuell jedoch nicht einsetzbar sind (Fallgruppe zwei), oder - die beteiligten Unternehmen für sich genommen leistungsfähig sind, aber im Rahmen einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung erst der Zusammenschluss ein erfolgversprechendes Angebot ermöglicht (Fallgruppe 3). In den vorgenannten Fällen wird durch die Zusammenarbeit der Wettbewerb nicht nur nicht beschränkt, sondern aufgrund des gemeinsamen Angebots gestärkt (vgl. Senat, Beschluss v. 01.07.2015, VII-Verg 17/15, .... Rn. 14 mwN). Die Entscheidung eines Unternehmens, sich als Mitglied einer Bietergemeinschaft an einer Ausschreibung zu beteiligen, unterliegt der Einschätzungsprärogative der beteiligten Unternehmen, die nur beschränkt auf die Einhaltung ihrer Grenzen kontrollierbar ist.Sie muss freilich auf objektiven Anhaltspunkten beruhen, deren Vorliegen uneingeschränkt zu überprüfen ist, so dass die Entscheidung zur Eingehung einer Bietergemeinschaft vertretbar erscheint (Senat, aaO, juris Rn. 16 mwN). Auf Aufforderung haben die beteiligten Unternehmen hierzu vorzutragen, um dem Auftraggeber eine gezielte kartellrechtliche Einzelfallprüfung zu ermöglichen (Senat, Beschluss v. 17.02.2014, VII-Verg 2/14, ... Rn. 36 mwN). Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist die Bildung der Bietergemeinschaften der Beigeladenen wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Zusammenschlüsse waren jeweils im Rahmen einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung vertretbar: ....“

Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – Grundsätze - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit: “b) Der Ausschlussgrund nach § 19 EG Abs. 3 lit. f) VOL/A setzt eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede voraus. ... Die Bildung von Bietergemeinschaften und deren Gleichbehandlung mit Einzelbewerbern ist in sämtlichen Vergabeordnungen, so auch in dem hier maßgeblichen § 6 EG Abs. 2 VOL/A, ausdrücklich vorgesehen und daher nicht per se unzulässig. Die Bildung einer Bietergemeinschaft und die Abgabe eines gemeinsamen Angebots kann gegen Art. 101 AEUV, § 1 GWB verstoßen, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juni 2015 - VII - Verg 17/15, juris Rdnr. 13). Es gelten folgende Grundsätze: aa) Verstöße gegen das Kartellrecht sind im Vergabeverfahren und im Nachprüfungsverfahren grundsätzlich zu überprüfen, und zwar im Wege einer inzidenten Prüfung innerhalb einer vergaberechtlichen Anknüpfungsnorm (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2012 - X ZB 9/11, juris Rdnr. 14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Juni 2015 - VII - Verg 6/15, juris Rdnr. 19; Beschluss vom 17. Februar 2014 - VII - Verg 2/14, juris Rdnr. 20; Wanderwitz, WRP 2016, 684 [685). Es steht mithin nicht im Belieben des öffentlichen Auftraggebers, ob die Eingehung einer Bietergemeinschaft als ein Kartellrechtsverstoß anzusehen ist oder nicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juni 2015 - VII - Verg 17/15, juris Rdnr. 12). bb) Grundsätzlich kann die Bildung einer Bietergemeinschaft eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede darstellen, wenn sich die Mitglieder der Bietergemeinschaft in demselben Marktsegment gewerblich betätigen, dort (ansonsten) in einem Wettbewerb stehen und in der Lage wären, sich - jeweils eigenständig - an Ausschreibungen der vorliegenden Art zu beteiligen (OLG Schleswig, Beschluss vom 15. April 2014 - 1 Verg 4/13, juris Rdnr. 48). Die Verabredung einer Bietergemeinschaft in Bezug auf eine Auftragsvergabe schließt regelmäßig die gegenseitige Verpflichtung ein, von eigenen Angeboten abzusehen und mit anderen Unternehmern nicht zusammenzuarbeiten, was grundsätzlich den Tatbestand einer Wettbewerbsbeschränkung i. S. des § 1 GWB erfüllt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. November 2011 - VII - Verg 92/11, juris Rdnr. 7; Wanderwitz, a. a. O., 684 [687]). Dabei sind Bietergemeinschaften zwischen Unternehmen unterschiedlicher Branchen kartellrechtlich eher unbedenklich, weil unter ihnen in der Regel kein Wettbewerb besteht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. November 2011, a. a. O., juris Rdnr. 7), während sogenannte horizontale Bietergemeinschaften, die sich auf demselben Markt gewerblich betätigen und zueinander jedenfalls in einem potentiellen Wettbewerbsverhältnis stehen, wettbewerbsrechtlich problematisch sein können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Februar 2014, a. a. O., juris Rdnr. 35; Wanderwitz, a. a. O., 684 [688]). cc) Bietergemeinschaften zwischen auf demselben Markt tätigen Unternehmern sind aber als wettbewerbsunschädlich anzusehen (siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juli 2015, a. a. O., juris Rdnr. 14; Beschluss vom 17. Februar 2014, a. a. O., juris Rdnr. 35; Wanderwitz, a. a. O., 684 [687, 688]), - sofern die beteiligten Unternehmen ein jedes für sich objektiv aufgrund ihrer betrieblichen oder geschäftlichen Verhältnisse (z. B. mit Blick auf Kapazitäten, technische Einrichtungen und/oder fachliche Kenntnisse) zu einer Teilnahme an der Ausschreibung mit einem eigenständigen Angebot nicht leistungsfähig sind, oder - sie für sich genommen zwar leistungsfähig sind (insbesondere über die erforderlichen Kapazitäten verfügen), Kapazitäten aufgrund anderweitiger Bindung aktuell jedoch nicht einsetzbar sind, oder - die beteiligten Unternehmen für sich genommen leistungsfähig sind, aber im Rahmen einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung erst der Zusammenschluss ein Erfolg versprechendes Angebot ermöglicht (subjektives Kriterium).Liegt einer der vorgenannten Fälle vor, wird durch die Zusammenarbeit in der Bietergemeinschaft der Wettbewerb nicht nur nicht beschränkt, sondern aufgrund des gemeinsamen Angebots erst ermöglicht und gestärkt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juli 2015, a. a. O.; OLG Schleswig, Beschluss vom 15. April 2014, a. a. O., juris Rdnr. 48). Dient die Beteiligung an einer Bietergemeinschaft hingegen lediglich dem Zweck, die Chancen auf einen Zuschlag zu steigern, oder mit der Hilfe der Bietergemeinschaft Synergiepotentiale oder -effekte zu realisieren, ist eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Absprache zu bejahen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Februar 2014, a. a. O., juris Rdnr. 38; KG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - Verg 11/13, juris Rdnr. 34; Wanderwitz, a. a. O., 684 [688]; Hausmann/Queisner, NZBau 2015, 402 [404]). dd) Darüber hinaus bedarf es einer spürbaren Auswirkung durch die Vereinbarung der Unternehmer, sich als Bietergemeinschaft an der Ausschreibung zu bewerben (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1983 - KRB 3/83, juris Rdnr. 12; VK Südbayern, Beschluss vom 1. Februar 2016 - Z3-3-3-194-1-58-11/15, juris Rdnr. 146; Wanderwitz, a. a. O., 684 [689]). Eine Spürbarkeit ist dann zu bejahen, wenn die Zuschlagschancen der übrigen Bieter beeinträchtigt werden. Denn durch die Erteilung des Zuschlags an eine Bietergemeinschaft verwirklicht sich die Wettbewerbsbeschränkung in einem Ausschreibungsmarkt und wird nach außen hin spürbar (Wanderwitz, a. a. O., 684 [691]). ee) Die Entscheidung eines Unternehmens, sich als Mitglied einer Bietergemeinschaft an einer Ausschreibung zu beteiligen, unterliegt einer Einschätzungsprärogative der beteiligten Unternehmen, die nur beschränkt auf die Einhaltung ihrer Grenzen kontrollierbar ist.Sie muss freilich auf objektiven Anhaltspunkten beruhen, deren Vorliegen uneingeschränkt zu überprüfen ist, so dass die Entscheidung zur Eingehung einer Bietergemeinschaft vertretbar erscheint (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juli 2015, a. a. O., juris Rdnr. 16; Hausmann/Queisner, a. a. O., 402 [404]). Maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit der Bietergemeinschaft ist die Situation zum Zeitpunkt der Gründung der Bietergemeinschaft im Hinblick auf die Frist für die Angebotserstellung und auf den voraussichtlichen zeitlichen Rahmen der Leistungserbringung nach der Erteilung des Zuschlags (Hausmann/Queisner, a. a. O., 402 [404]). ff) Der als Bieter auftretenden Bietergemeinschaft obliegt es, die objektiven Umstände als auch die kaufmännischen bzw. Zweckmäßigkeitserwägungen darzulegen, die für die Bildung der Bietergemeinschaft wesentlich waren (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - VII - Verg 22/14, juris Rdnr. 21; Hausmann/Queisner, a. a. O., 402 [403]). gg) Die Beigeladene hat im Teilnahmewettbewerb mit ihrem Schreiben vom 11. Februar 2015 (Ordner 4) sowie im Nachprüfungsverfahren mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18. März 2016 (Bl. 591ff. VKA) zu der Leistungsfähigkeit der E. GmbH und der Stadtwerke G. AG sowie zu den Erwägungen, die zur Entscheidung des Zusammenschlusses geführt haben, vorgetragen. Diese nachvollziehbare und widerspruchsfreie Darstellung ist ausreichend konkret und umfassend, um der ihr obliegenden Darstellungslast zu genügen. Auf dieser Grundlage kann der Senat feststellen, dass die Bildung der Bietergemeinschaft für beide Lose wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig erscheint und sich daher als vertretbar darstellt.“

Bietergemeinschaft – Zulässigkeit bei Nachweis auf Anforderung - OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27.06.2016 - 1 Verg 2/16 – Abfallbeseitigung - Gefäßstellung und -bewirtschaftung in 40 saarländischen Kommunen, aufgeteilt in fünf Regionallose – ausführlich zur Antragstellung vor der zwingend erforderlichen Rüge an den Auftraggeber (Unzulässigkeit – abgesehen von Ausnahmefällen) – grundsätzliche Zulässigkeit von Bietergemeinschaften – Darlegung der Gründe für die Bietergemeinschaft nicht mit Angebot, sondern erst auf Aufforderung durch Auftraggeber – Grundsätze:Bietergemeinschaften zwischen gleichartigen Unternehmen können wettbewerbsunschädlich sein, wenn die beteiligten Unternehmen ein jedes für sich zu einer Teilnahme an der Ausschreibung mit einem eigenständigen Angebot aufgrund ihrer betrieblichen oder geschäftlichen Verhältnisse (z.B. mit Blick auf Kapazitäten, technische Einrichtungen und/oder fachliche Kenntnisse) objektiv nicht leistungsfähig sind, und erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft sie in die Lage versetzt, sich daran zu beteiligen, so dass die Entscheidung zur Zusammenarbeit auf einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Unternehmensentscheidung beruht (vgl. BKartA Bonn, Beschluss vom 05. Januar 2016 - VK 1 - 112/15 - juris, Rn. 42). Maßgebend ist somit, ob eine selbständige Teilnahme der Bietergemeinschaftsmitglieder an einer Ausschreibung wirtschaftlich nicht zweckmäßig und kaufmännisch nicht vernünftig wäre (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1983 - KRB 3/83 - juris, Rn. 16). Nicht ausreichend ist hingegen das von jedem Kartell verfolgte Ziel, Aufwendungen zu sparen oder die zu erzielende Vergütung zu maximieren (Jäger/Graef, NZBau 2012, 213, 215). Die zulässige Eingehung einer Bietergemeinschaft ist hiernach nicht allein davon abhängig, dass die beteiligten Einzelunternehmen objektiv - was, sieht man von der Fa. J B r Entsorgungs-GmbH ab, streitig ist - nicht in der Lage sind, den Auftrag allein auszuführen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1983 - KRB 3/83 - juris, Rn. 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01. Juli 2015 - VII-Verg 17/15 - juris, Rn. 14). Ist der Zusammenschluss in einer Bietergemeinschaft wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig wird durch die Zusammenarbeit der Wettbewerb nicht nur nicht beschränkt, sondern aufgrund des gemeinsamen Angebots gestärkt. In subjektiver Hinsicht ist außerdem darauf abzustellen, ob die Zusammenarbeit eine im Rahmen wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Unternehmensentscheidung darstellt. Dabei ist den beteiligten Unternehmen eine Einschätzungsprärogative zuzuerkennen, deren Ausübung im Prozess nicht uneingeschränkt, sondern - wie im Fall eines Beurteilungsspielraums - lediglich auf die Einhaltung ihrer Grenzen, kurz zusammengefasst: auf Vertretbarkeit, zu kontrollieren ist (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 01. Februar 2016 - Z3-3-3194-1-58-11/15 - juris, Rn. 133 mwN; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01. Juli 2015 - VII-Verg 17/15 - juris, Rn. 16). Die als Bieter auftretende Bietergemeinschaft muss daher darlegen, dass ihre Bildung und Angebotsabgabe nicht gegen § 1 GWB verstößt.“

Computer-Netzwerke - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

De-facto-Vergabe - OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3.5.2016 – 11 Verg 12/15 – Online-Rechtsinformationssystem - Frist für Geltendmachung unzulässiger De-facto-Vergabe – Frist nach § 101b II GWB a. F. – Zuschlag vom 17.11.2014 –spätere schriftliche Fixierung der Verträge am 23.07.2015 – Rüge vom 6.7.2015: dreifache Verlängerung der Ausführungsfrist als wesentliche Vertragsänderung als vergaberechtlich relvante unzulässige direkte Vergabe – Verlangen nach (wiederholter) Ausschreibung "Nutzung, Migration und Pflege eines online-Rechtsinformationssystems für das Land Hessen" – Antrag auf Nachprüfung vom 28.08.2015 – Verfristung nach § 101b II GWB (Ablauf der 6-Monatsfrist nach Vertragsschluss) – keine wesentliche Vertragsänderung mit Pflicht zur Neuausschreibung wegen de-facto-Vergabe – Vertrag bestandskräftig – kein eventueller zivilrechtlicher Anspruch auf Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine unzulässige De-facto-Vergabe kann auch im Falle von Vertragsänderungen nur innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluss geltend gemacht werden. Auf den Zeitpunkt der Änderung kann für den Fristbeginn nur dann abgestellt werden, wenn die Änderung isoliert angegriffen werden kann. 2. Ein unterlegener Bieter kann im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht verlangen, dass der Auftraggeber im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem bezuschlagten Bieter von etwaigen Leistungsstörungsrechten Gebrauch macht.

Dienstleistungskonzession -OLG Naumburg, Beschl. v. 17.06.2016 - 7 Verg 2/16 – Straßenreinigung – §§ 99, 102 GWB a. F. - Dienstleistungskonzession und Voraussetzungen nach vor dem 18.4.2016 geltenden Recht) – Interimsauftrag ebenfalls Dienstleistungskonzession – keine Zuständigkeit der Nachprüfungsinstanzen nach §§ 102 f GWB a. F. – jetzt vgl. KonzVgV 2016) – Zuständigkeit der Zivilgerichte (Verweisung an zust. Landgericht Marburg) – Akteneinsicht (abgelehnt)

Direktvergabe – materielle Rechtslage - OLG Dresden, Beschl. v. 21.9.2016 – Verg 5/16 – Lieferung von Schutzhelmen – kein Lauf der 30-Tagesfrist des § 101b II S. 2 GWB aF bei fehlerhaften Angaben in der Bekanntmachung – Maßgeblichkeit für Begründung der Direktvergabe durch Auftraggeber: nicht entscheidend Inhalt der Bekanntmachung und Vergabeakte, sondern materielle Rechtslage nach den §§ 101b GWB aF, § 3 IV EG-VOL/A

Direktvergabe - OLG Dresden, Beschl. v. 29.09.2016 - Verg 4/16 - Vertrag über ein Modellvorhaben nach § 63 SGB V zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch fachübergreifende gestuften primärärztlichen Versorgung – vergaberechtspflichtig – keine vergaberechtsfreie öffentlich-rechtliche Kooperation wegen Verfolgung unterschiedlicher, sogar gegenläufiger Interessen (AOK und Kassenärztliche Vereinigung) - § 101b GWB a.F.

Direktvergabe OPNV - Buslinien - OLG München, Beschl. v. 31.03.2016 - Verg 14/15 - Direktvergabe gemäß Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 1370/2007 mehrerer Buslinien im Stadtverkehr A. - Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007; §§ 8 PBefG, 8a PBefG - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 1370/2007 an eine „rechtlich getrennte Einheit“ kann sowohl als Dienstleistungskonzession oder als Dienstleistungsauftrag i.e.S. ausgestaltet sein. 2. „Rechtlich getrennte Einheit“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. a) VO (EG) 1370/2007 kann auch eine „Urenkel-Gesellschaft“ sein. 3. Die (im Gesellschaftsvertrag eingeräumte) Möglichkeit einer Tätigkeit außerhalb des Zuständigkeitsgebietes der zuständigen örtlichen Behörde steht einer Direktvergabe nicht gem. Art. 5 Abs. 2 lit. b) VO (EG) 1370/2007 entgegen, solange sie nicht tatsächlich ausgeübt wird. 4. An der Verfassungsmäßigkeit des § 8a Abs. 3 PBefG bestehen keine Zweifel.

Diskriminierung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Divergenzvorlage - OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 –keine Divergenzvorlage (Nebenangebot und Niedrigstpreis)

Dokumentationspflichten - OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 – Verstoß gegen Dokumentationspflicht ohne Relevanz des Verstoßes für die Rechtsstellung des Bieters)

Drohender Schaden – falsche Verfahrensart - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – Antragsbefugnis – drohender Schaden – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I Teil B - falsche Verfahrensart (Freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung) eindeutige und nicht erschöpfende Leistungsbeschreibung – unzulässiges Bewertungssystem (Schulnotensystem) - Antragsbefugnis (§ 107 II GWB) bei Rechtsverletzung und drohendem Schaden durch falsche Verfahrensart: „Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht ... nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.“

Drohender Schaden - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – drohender Schaden: „Für die Darlegung eines drohenden Schadens genügt, wenn der Vortrag des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten. Ein Schaden droht bereits dann, wenn die Aussichten dieses Bieter auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein könnten. Hiernach reicht allein die Möglichkeit einer Verschlechterung der Aussichten des den Nachprüfungsantrag stellenden Bieters infolge der Nichtbeachtung der Vergabevorschriften aus (BGHZ 183, 95, Rn. 32 - Endoskopiesysteme). ..... Eine solche Verschlechterung kommt vorliegend in Betracht, .... Der Antragsgegner hat nach dem Vorbringen der Antragstellerin mit der freihändigen Vergabe nach vorangegangenem Teilnahmewettbewerb die falsche Verfahrensart gewählt und unter Verstoß gegen § 97 Abs. 3 GWB eine Aufteilung in Lose unterlassen. In beiden Fällen käme bei fortbestehender Beschaffungsabsicht eine Neuausschreibung in Betracht. Soweit die Antragstellerin von einer intransparenten Wertungsmatrix für die Bewertung der Konzepte ausgeht und die Vertragsanpassungsklausel in § 11 des abzuschließenden Dienstleistungsvertrags als vergaberechtswidrig beanstandet, dürfte der Antragsgegner keinen Zuschlag erteilen, ohne dass er zuvor den behaupteten Rechtsverstoß beseitigt und das Verfahren teilweise wiederholt hat.“

Drohender Schaden - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – Antragsbefugnis – drohender Schaden – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I Teil B - falsche Verfahrensart (Freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung) eindeutige und nicht erschöpfende Leistungsbeschreibung – unzulässiges Bewertungssystem (Schulnotensystem) - drohender Schaden: Ein drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ist bereits dargetan, wenn der Vortrag des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren (BGH, Beschl. v. 10.11.2009, X ZB 8/09, juris Rn. 31 f., Endoskopiesysteme; BGHZ 169, 131, 141). Ein Schaden droht bereits dann, wenn die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (vgl. BVerfG NZBau 2004, 564, 565). ... Schon die Möglichkeit einer Verschlechterung der Aussichten des den Nachprüfungsantrag stellenden Bieters infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften reicht hierfür aus (BGH, a.a.O. m.w.N.).“ - Verschlechterung durch falsche Verfahrensart: Verhandlungsverfahren statt offenes Verfahren und Unterschiede – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I B der VOL/A-EG (Kategorie 25) – Anwendung nur von § 8 (Leistungsbeschreibung/technische Spezifikationen), § 15 Abs. 10 (Hinweis auf die zuständige Nachprüfungsinstanz), § 23 EG-VOL/A (Ex- post- Bekanntmachung) sowie VOL/A – Zurückversetzung zum Zeitpunkt der Versendung der Vergabeunterlagen.

Drohender Schaden – unzulässige Vergabeart - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – drohender Schaden: „4. Der Antragsteller hat hinreichend dargelegt, dass ihm durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß ein Schaden entstanden ist oder droht (§ 107 Abs.2 GWB). Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 10.11.2009, Aktenzeichen X ZB 8/09 (NZBau 2010,124) folgendes ausgeführt: Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB bereits dargetan, wenn der Vortrag des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren (BGHZ 169, 131, 141). Ein Schaden droht bereits dann, wenn die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (vgl. BVerfG NZBau 2004, 564, 565). Das ist nicht nur der Fall, wenn dies für den Zuschlag in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zutrifft. Denn es ist die tatsächliche Erteilung des Auftrags, welche die Vermögenslage von Bietern beeinflusst, nicht der Umstand, in welchem Vergabeverfahren sie erfolgt. § 107 Abs. 2 GWB lässt auch nicht erkennen, dass für die Antragsbefugnis allein auf die Möglichkeit abzustellen sein könnte, den ausgeschriebenen Auftrag gerade in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zu erhalten. Nach seinem Wortlaut muss vielmehr ganz allgemein ein (drohender) Schaden dargelegt werden, für den die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften kausal ist. Es genügt deshalb, wenn es nach dem Vorbringen des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Bieters möglich erscheint, dass er ohne den behaupteten Vergaberechtsverstoß den Bedarf, dessentwegen die Ausschreibung erfolgt ist, gegen Entgelt befriedigen kann. Das ist regelmäßig auch der Fall, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. Dass im Voraus nicht abzusehen ist, ob die darin liegende Chance eine realistische Aussicht darstellt, den Auftrag zu erhalten, und sich eine solche Chance keinesfalls zwangsläufig für den betreffenden Bieter auftun muss, ist angesichts der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unerheblich. Denn hiernach reicht schon die Möglichkeit einer Verschlechterung der Aussichten des den Nachprüfungsantrag stellenden Bieters infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag zugrunde, dass statt einem offenen ein Verhandlungsverfahren durchgeführt wurde. Daher bedurfte die Frage, unter welchen Voraussetzungen für die Konstellation, dass eine nationale statt einer europaweiten Ausschreibung erfolgte, eine Rechtsverletzung im Sinne von § 107 Abs.2 GWB als dargelegt gilt, keiner Entscheidung. Die wesentlichen Grundsätze der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sind nach Auffassung des Senats auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar. Es kann daher nicht von vorneherein ein drohender Schaden mit der Begründung verneint werden, dass der Bieter in dem nationalen Verfahren unterlegen sei, sondern der Bieter kann sich darauf berufen, bei einer europaweiten Ausschreibung bessere Chancen auf einen Zuschlag gehabt zu habe. Ein nach den Vorschriften des vierten Teils des GWB bzw. der VOL/A durchgeführtes Verfahrens erweitert nicht nur den Kreis der möglichen Bieter, sondern unterscheidet sich hinsichtlich der einzelnen Verfahrensschritte und der Bindung an formelle Vorgaben grundsätzlich von dem hier gewählten Vorgehen. Insbesondere wäre dann die Beschränkung auf einen Kreis von acht Unternehmen und der Ausschluss der Anwendung der VOL/A unzulässig gewesen. Wie in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hätte das Verfahren nicht mit Zuschlagserteilung abgeschlossen werden dürfen. Es handelt sich nicht um eine abstrakt zu beantwortende Rechtsfrage, sondern darum, ob hinreichend dargelegt ist, dass im Einzelfall ein Schaden nicht auszuschließen ist, wobei alleine der Verweis, dass das Verfahren neu ausgeschrieben hätte werden müssen, für sich alleine noch nicht ausreicht, um eine Rechtsverletzung im Sinne von § 107 Abs. 2 GWB zu bejahen. Dem Beschluss des Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz, Beschluss vom 4.2.2009 1 Verg 4/08) kann lediglich die Auffassung entnommen werden, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung nicht ohne weiteres auf eine (potentiell) schadenskausale Weise die Rechte eines Bieters verletzt, der in dem national ausgeschrieben Verfahren ein Angebot abgegeben hat. Das OLG Rostock (Beschluss vom 6.11.2015 17 Verg 2/15) hat unter Berufung auf den obigen Beschluss des Bundesgerichtshofs entschieden, dass ein drohender Schaden bereits dann dargetan ist, wenn der Antragsteller im Falle eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte. Das OLG Rostock hat eine bessere Chance des Bieters angenommen, weil der Bieter ein billigeres Angebot und die konkurrierenden Bieter teurere Angebot einreichen hätte können. Der Senat hat einzelfallbezogen entschieden, dass eine Rechtsverletzung dann nicht dargetan ist, wenn das Angebot des Antragstellers wegen Abweichung vom Leistungsverzeichnis zu Recht aus dem Verfahren ausgeschlossen worden ist (OLG München Beschluss vom 31.1.2013 Verg 31/12). Es ist daher entscheidend, ob der Antragsteller hinreichend dargelegt hat, dass er in einem neu durchzuführenden Vergabeverfahren mit einer europaweiten Ausschreibung eine bessere Chance auf den Zuschlag hätte. Die Darlegungen des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat reichen aus, um von einem drohenden Schaden i.S.v. § 107 Abs.2 ZPO auszugehen, d.h., dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Vergaberechtsverstoß (nationale statt europaweiter Ausschreibung) sich kausal zu seinen Lasten ausgewirkt hat. Der Antragsteller hat nachvollziehbar dargelegt, dass er im Falle einer europaweiten Ausschreibung anders kalkuliert hätte und wohl die Preise nicht gegenüber der vorangegangenen Auftrag erhöht hätte. Dies ist plausibel. Bei einer europaweiten Ausschreibung ist der Bieterkreis schwerer einzuschätzen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Stadt L. im Grenzgebiet zu Österreich liegt ist und es durchaus möglich ist, dass sich auch ausländische Busunternehmen an einer europaweiten Ausschreibung beteiligen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei einer europaweiten Ausschreibung die Chancen des Antragstellers auf den Zuschlag aufgrund einer abgeänderten Kalkulation verbessern würden.“

Eignung -OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen) ungerechtfertigte Anforderung an die Eignung: „Die Auftraggeberin hat zudem unter Verstoß gegen § 7 EG Abs. 1 VOL/Aeine durch den Auftragsgegenstand nicht gerechtfertigte und deshalb unzumutbare Anforderung an die Eignung bzw. deren Nachweis gestellt, dadurch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen und zugleich den Wettbewerb (§ 97 Abs. 1 GWB) unzulässig eingeschränkt. a) (Mindest-)Anforderungen an die Eignung dienen allein dem Zweck sicherzustellen, dass nur Unternehmen eine echte Chance auf den Auftrag haben, die nach menschlichem Ermessen die Gewähr für eine einwandfreie und reibungslose Auftragsausführung bieten.Sie sind nicht dafür gedacht, Auftraggeber vor Problemen und Risiken zu bewahren, die nichts mit der Eignung des (potentiellen) Vertragspartners zu tun haben, sondern z.B. auf Besonderheiten und Schwierigkeiten eines bestimmten Marktes zurückzuführen sind. ... b) Welche Eignungsnachweise vorzulegen sind, hat der Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung mitzuteilen (§ 7 EG Abs. 5 Satz 1 VOL/A; § 15 EG Abs. 2 VOL/Ai.V.m. dem Standardformular 2). Die Festlegung ist für das weitere Verfahren grundsätzlich verbindlich. ....“

Eignung -ungerechtfertigte Anforderung OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen) – rechtswidrige an die Eignung: „Die Auftraggeberin hat zudem unter Verstoß gegen § 7 EG Abs. 1 VOL/Aeine durch den Auftragsgegenstand nicht gerechtfertigte und deshalb unzumutbare Anforderung an die Eignung bzw. deren Nachweis gestellt, dadurch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen und zugleich den Wettbewerb (§ 97 Abs. 1 GWB) unzulässig eingeschränkt.

Eignung - Zertifizierung - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen) Zertifizierung keine „Ausführungsbedingung“, sondern betrifft die Leistungsfähigkeit (Eignung) – Mindestanforderungen und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: „Eine Mindestanforderung an die Eignung wie die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb kann vom öffentlichen Auftraggeber zwar in Ausübung der ihm eingeräumten Bestimmungsfreiheit festgelegt werden. Aber auch insoweit gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Die Anforderung muss durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sein (§ 7 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A). f) Nach dem unmissverständlichen und keiner abweichenden Auslegung zugänglichen Wortlaut der Bekanntmachung war der Nachweis einer Zertifizierung als Eignungsnachweis mit dem Angebot zu führen. Es genügte allerdings nicht der allgemeine Nachweis, ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb (auch für Grünabfälle) zu sein. Vielmehr hatte jeder Bieter zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit dem Angebot eine Zertifizierungsurkunde beizufügen, die „sämtliche Tätigkeiten der ausgeschriebenen Leistungen“ umfasst. ... Eine entsprechende standortbezogene Zertifizierung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 EfbV) kann aber auch ein Entsorgungsfachbetrieb nur dann nachweisen, wenn er entweder, wie wohl die „Platzhirsche“, schon über eine den Standort Mainz einschließende Zertifizierung verfügt bzw. mit einem lokalen Unternehmen zusammenarbeitet oder innerhalb der Angebotsfrist eine geeignete Fläche findet, die notwendigen Genehmigungen erhält und seine Zertifizierung auf den neuen Standort erweitern lässt.Letzteres ist zum einen unmöglich, zum anderen kann von einem Unternehmen, das überhaupt noch nicht weiß, ob es den Auftrag erhalten wird, nicht verlangt werden, eine Betriebsstätte vorrätig zu halten.“

Eignungskriterien - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) –unzulässige Eignungskriterien statt Zuschlagskriterien: „... die Anforderung der Erstellung eines Konzepts "Stärkung des Bevölkerungsschutzes" sowie eines Konzepts "Förderung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung" unzulässige Eignungskriterien ... § 6 Abs. 3 Satz 1 VOL/A. Da ausweislich der Vergabedokumentation, Vergabevermerk Teil 1 vom 19.03.2014, Ziffer V., nicht die Kapazitäten eines Bieterunternehmens, sondern die Qualität der anzubietenden Leistung im Vordergrund der nach Ziffern II.2.3) lit. b) der Bekanntmachung geforderten Konzepte stand und sich damit auf die Ausführung des Auftrags bezog, also einen Leistungsbezug aufweist, handelt es sich um Zuschlags- und nicht um allein das Unternehmen, seine Organisation und Ausstattung betreffende Eignungskriterien (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 12.01.2013, 13 Verg 9/11; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.04.2012, 2 Verg 1/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.01.2013; VII-Verg 35/12; Beschl. v. 15.02.2012, VII-Verg 85/11). ... Die Verwendung der geforderten Konzepte als Zuschlagskriterien ist dem gegenüber nicht zu kritisieren. Als Zuschlagskriterien dürfen Kriterien zur Anwendung kommen, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, d.h. sich auf die Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet (EuGH, Urt. v. 24.01.2008, C-532/06 "Lianakis" - juris Rn. 26-30; EuG, Urt. v. 17.10.2012, T-447/10 (n.v. englische Übersetzung); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.11.2012, VII-Verg 24/12 - juris Tz. 42; Beschl. v. 03.08.2011, VII-Verg 16/11; Beschl. v. 02.05.2012, VII-Verg 68/11; Beschl. v. 15.02.2012, VII Verg 85/11; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.04.2012, 2 Verg 1/12). Diese Voraussetzungen liegen vor.“

Erfolgsaussichten - § 118 I GWB aF - OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“ - keine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB: „Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Im Interesse des zügigen Abschlusses des Vergabeverfahrens ist die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht zu verlängern. Bei der Entscheidung über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sind nach § 118 Abs. 2 GWB die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen, aufseiten des Beschwerdeführers der drohende Schaden durch den anderweitigen Zuschlag, aufseiten des Beschwerdegegners das Interesse an einem zügigen Abschluss des Vergabeverfahrens, wobei auch das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Vergabe zu berücksichtigen ist. Außerdem sind die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde zu beachten. Sind sie hoch, so gebietet das Gebot des effektiven Rechtsschutzes i. d. R. die Anordnung der Verlängerung, sind sie gering, so kann das Interesse des Beschwerdeführers das Interesse an einem zügigen Verfahrensabschluss i. d. R. nicht überwiegen (Ziekow/Völlink - Losch, Vergaberecht, 2. Aufl., § 118 GWB, Rn. 39, 45). Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde gering. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Gründe, die ausnahmsweise dennoch für ein Überwiegen der Interessen der Beschwerdeführerin sprechen könnten, liegen nicht vor.“

Erkennbarkeit – Rüge - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – Rüge – Erkkennbarkeit: „.... Erkennbar in rechtlicher Hinsicht sind Vergaberechtsverstöße, wenn die Rechtsvorschriften, gegen die verstoßen wurde, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören (OLG München NZBau 2016, 98-100, juris Rn. 43). Ausgehend von diesen Grundsätzen musste hier ein durchschnittlich fachkundiger Bieter, der die übliche Sorgfalt anwendet, aufgrund der Angaben in der Auftragsbekanntmachung und ihrer Ergänzung nicht erkennen, dass das gewählte Verfahren und die Vergabe als Gesamtlos vergaberechtswidrig sind.“

Erkennbarkeit – Rüge - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Schätzung – Rüge (Erkennbarkeit): „(1) Es ist umstritten, nach welchen Maßstäben die Erkennbarkeit i.S. von § 107 Abs.1 GWB zu beurteilen ist. Grundsätzlich soll Maßstab für die Erkennbarkeit die Erkenntnismöglichkeit des betreffenden Unternehmens bei Anwendung üblicher Sorgfalt sein. Die Erkennbarkeit muss sich sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen. Fraglich ist aber, ob objektiv auf die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Unternehmens oder subjektiv auf das konkrete Unternehmen abgestellt werden soll. Sinn der Rügepräklusion ist es, ein Taktieren des Bieters in der Form zu verhindern, dass mit der Rüge solange gewartet wird, bis klar ist, wer den Auftrag erhalten soll. Denn Sinn der Rügepflicht ist es in erster Linie, dem Auftraggeber im laufenden Verfahren eine Heilung des gerügten Mangels zu ermöglichen. Es spricht daher einiges für den subjektiven Maßstab (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.07.2010 - Aktenzeichen Verg 9/10). (2) Auf die Unterscheidung kommt es vorliegend nicht an, da selbst bei Anwendung des sogenannten objektiven Maßstabs zu konkretisieren ist und bei der Frage, welche Sorgfalt insoweit von einem verständigen Bieter oder bewährter Bewerber erwartet werden muss, durchaus die betrieblichen Verhältnisse, d.h. insbesondere die Branche, der Zuschnitt des Unternehmens und die aus der Unternehmenstätigkeit resultierende Häufigkeit der Teilnahme am Vergabeverfahren einzubeziehen sind. Anderenfalls würden kleinere mittelständische Unternehmen, die über keine Rechtsabteilung verfügen und nach Unternehmensgegenstand und -zuschnitt selten an Ausschreibungen teilnehmen, benachteiligt werden. (3) Von einem Geschäftsführer bzw. Inhaber kleinen Busunternehmen mit kleinem Fuhrpark und regionalem Tätigkeitsschwerpunkt können keine genauen Kenntnisse über die maßgeblichen Schwellenwerte und die Berechnung des Auftragswertes erwartet werden. Es war dabei zu berücksichtigen, dass ausschreibungspflichtige Aufträge der öffentlichen Hand hinsichtlich der Erbringung von Beförderungsleistungen mittels Bussen eher eine Ausnahme, denn die Regel darstellen und kleinere Busunternehmen nicht tagtäglich mit Ausschreibungen konfrontiert werden. Es kann daher nach Auffassung des Senates nicht erwartet werden, dass ein Inhaber oder ein Geschäftsführer kleinerer Busunternehmen über genaue Kenntnisse des aktuellen Schwellenwertes verfügt und darüber hinaus über Kenntnisse, wie genau die maßgeblichen Auftragswerte zu berechnen sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn hinsichtlich des Auftragswertes eine Prognose zu treffen ist und der Schwellenwert nur knapp überschritten wird. Vorliegend kann der zu erbringende Leistungsumfang nicht festgelegt werden, da die Fahrten und Tageskilometerleistungen von der Anzahl der Schüler, den Wohnorten der Schüler und dem Stundenplan abhängig sind. Wie diese Unabwägbarkeiten bei der Festsetzung des Auftragswertes zu berücksichtigen sind, erfordert genauere Kenntnisse des Vergaberechts, über die ein Inhaber oder ein Geschäftsführer eines kleineren Busunternehmens in der Regel nicht verfügt und die auch von ihm nicht verlangt werden können.“

Europaweites Verfahren - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Schätzung – Rüge (Erkennbarkeit) – Frist für Feststellung der Unwirksamkeit - drohender Schaden – unzulässiges nicht offenes Verfahren statt offenem Verfahren und drohender Schaden – falsche Verfahrensart - §§ 107 II GWB, 3 VgV - Schätzung: „Der Weg zu den Nachprüfungsinstanzen ist eröffnet, weil der Schwellenwert (§ 2 Abs.1 VgV i.V.m. VO EU Nr. 1336/2013) in Höhe von 207.000,00 € überschritten ist. a) Der Vergabekammer ist zunächst zuzustimmen, dass seitens der Antragsgegnerin keine ordnungsgemäß dokumentierte qualifizierte Schätzung des Auftragswertes vorgelegt wurde. Abgesehen von den Zweifeln, ob die Kostenschätzung vor Aufforderungen zur Angebotsabgabe erfolgt ist, ist die Schätzung unvertretbar, da die Sonderfahrten (Ziffer 23 der Allgemeinen Vertragsbedingungen) nicht berücksichtigt worden sind. Des Weiteren ist ein konkreter Auftragswert auch nicht in den Aufstellungen benannt, sondern es befindet sich in den Vergabeakten lediglich eine Aufstellung der an den Antragsteller gezahlten Nettobeträge in dem Zeitraum von Januar 2013 – Mai 2015 wieder, etwaige Kostensteigerungen oder sonstige zu berücksichtigende Änderungen gegenüber den vorangegangenen Jahren enthält diese Aufstellung nicht. b) Der Senat schließt sich der Schätzung der Vergabekammer an. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Ausschlaggebender Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet oder das Vergabeverfahren auf andere Weise eingeleitet wird. Bei der Kostenschätzung kann auf die für die gleiche Leistung gezahlten Beträge der vorangegangenen Jahre zurückgegriffen werden, wobei jedoch stets zu prüfen ist, ob auf Grund der allgemeinen Kostensteigerung sich der Auftragswert erhöht.Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass kein Grund besteht, die in Ziff. 23 der Allgemeinen Vertragsbedingungen beschriebenen Sonderfahrten nicht in die Kostenschätzung einzubeziehen. Die Sonderfahrten sind Teil des Vertrages, da dort geregelt wird, dass diese Sonderfahrten zum Angebotspreis abzurechnen sind. Auch wenn der Umfang der Sonderfahrten nicht feststeht, kann auf den Leistungsumfang der vorangegangenen Schuljahre zurückgegriffen werden und auf Grundlage der in diesem Zeitraum durchgeführten Sonderfahrten der Auftragswert dieser Position geschätzt werden. Da der Antragsteller in beiden vorangegangenen Schuljahren (2013/2014 und 2014/2015) über 218.000,00 € mit dem Antragsteller abgerechnet hat, ist der Auftragswert auf über 207.000,00 € zu schätzen. Die Antragstellerin wäre daher verpflichtet gewesen, eine europaweite Ausschreibung vorzunehmen.“

Fortsetzungsfeststellungsantrag -KG Berlin, Beschl. v. 19.01.2016 - Verg 5/15 - Fortsetzungsfeststellungantrag, Beschwerdeantragswert – amtlicher Leitsatz: Zur Wertfestsetzung im Vergabenachprüfungsverfahren (Optionen auf Vertragsverlängerung; Fortsetzungsfeststellungsantrag; Antrag gemäß § 121 GWB: sonstiger Feststellungsantrag

Freihändige Vergabe – fehlende Beschreibbarkeit - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – ausführliche Begründung der Unzulässigkeit der (ausnahmsweisen) freihändigen Vergabe nach § 3 Abs. 5 h) VOL/A – grundsätzlich: öffentliche Ausschreibung: „Entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners ist die genannte Leistung eindeutig und erschöpfend jedenfalls funktional gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOL/A EG zu beschreiben...... Anders ist es hingegen, wenn der Auftraggeber lediglich Zielvorstellungen und einen Leistungsrahmen vorgibt, die konkrete, detaillierte Aufgabenlösung hingegen der Auftragnehmer zu erarbeiten hat. In diesem Fall wird eine noch nicht existierende Lösung für die gestellte Aufgabe gesucht und der Auftraggeber benötigt gerade das gestalterisch-schöpferische Potential des Auftragnehmers zur Ausarbeitung der optimalen Lösung. In einem solchen Fall ist die Leistung vorab nicht mehr hinreichend erschöpfend beschreibbar (OLG Düsseldorf NZBau 2011, 765, 766 m.w.Nachw.; OLG München NZBau 2007, 59, 61, juris Rn. 52). Hinreichend präzise Vorgaben für eine Leistungsbeschreibung könnte der Auftraggeber nur dann machen, wenn er dem Ergebnis möglicher geistig schöpferischer Gestaltung vorgreift und selbst die Lösung vorgibt. Hierzu ist er aber nicht verpflichtet. Im Sinne der Abgrenzung beschreibbarer und nicht beschreibbarer Leistungen ist somit im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wie groß der schöpferische, gestalterische und konstruktive Freiraum des potentiellen Auftragnehmers zur Ausfüllung der vom Auftraggeber bereits festgelegten Rahmenbedingungen und gesteckten Zielvorgaben ist. Jedoch hat der Auftraggeber bei der Frage, ob eine Aufgabenlösung eindeutig beschreibbar ist, keinen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im maßgeblichen Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens objektiv entweder gegeben ist oder nicht (OLG Düsseldorf NZBau 2011, 765, 766). Ausgehend von diesen Grundsätzen war die von den Bietern zu lösende Aufgabe, Fahrkartenvertriebsdienstleistungen im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners als SPNV-Aufgabenträger zu erbringen, eindeutig und erschöpfend beschreibbar im Sinne von § 8 Abs. 1 und 2 Nr. 2 VOL/A EG. .... Anders als der Antragsgegner meint, sind die von den Bietern im Rahmen der Angebotserarbeitung zu erstellenden Konzepte zur Herangehensweise und zur Umsetzung der erwarteten Leistung nicht als hoch qualifizierte und schöpferisch-gestaltende Leistung einzustufen, die einer Leistungsbeschreibung entgegenstehen. Dies gilt sowohl für die konkrete Abstimmung der verschiedenen Vertriebskanäle untereinander, als auch für die Konzeptionierungsleistung innerhalb des jeweiligen Vertriebskanals. .... Dass ein solches IT-basiertes Vertriebshintergrundsystem mit entsprechenden Funktionen bisher im Markt nicht existent war und auch ein Rückgriff auf gängige Grundkomponenten, auf die aufgesattelt werden konnte, ausgeschlossen war, ergibt sich aus dem Vortrag des Antragsgegners nicht.Kann aber schon nicht davon ausgegangen werden, dass das in Rede stehende Hintergrundsystem und eine Anbindung der übrigen Systeme über Schnittstellen völlig neu entwickelt werden musste, bestehen keine Anhaltspunkte für die Nachfrage nach einer hochqualifizierte und geistig schöpferische Leistung. Auch die von den Bietern nachgefragte Konzeptionierungsleistung innerhalb des jeweiligen Vertriebskanals begründet die Annahme einer anspruchsvollen geistig schöpferischen Leistung nicht. Zwar sind den Bietern innerhalb der standortbasierten Vertriebskanäle Freiräume eingeräumt, was insbesondere die konkrete Lage, Größe und Ausstattung der Verkaufsstellen anbelangt. Allerdings sind die Freiräume zum einen sehr gering, weil der Antragsgegner detaillierte Vorgaben zu den einzelnen Punkten in der Leistungsbeschreibung gemacht hat, wie etwa bezüglich der Mindestentfernung vom Bahnhof, die Mindestmitarbeiterzahl etc..Zum anderen kann das Ausfüllen dieser Spielräume nicht als anspruchsvolle und geistig schöpferische Leistung im oben genannten Sinne angesehen werden.Überdies war, worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist, in der Vergangenheit bereits mehrmals der personenbediente Verkauf und das Bereitstellen von Fahrausweisautomaten und -entwertern Gegenstand offener Ausschreibungen.Auch dies spricht dafür, dass diese Vertriebsleistungen vollständig und erschöpfend beschreibbar sind. ... Der Annahme einer eindeutig und erschöpfend beschreibbaren Leistung steht ferner nicht entgegen, dass die Bieter ein Konzept für die technische Umsetzung der neuen, nicht standortbasierten Vertriebskanäle zu entwickeln haben. Der hierdurch eingeräumte schöpferische, gestalterische und konstruktive Freiraum ist nicht so groß, dass von einer nicht beschreibbaren Leistung auszugehen ist. Beim Vertrieb von Fahrkarten über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) handelt es sich im Gegensatz zum standortbasierten Vertrieb um relativ neuartige Vertriebsschienen, die allerdings schon im Flugreiseverkehr und im Eisenbahnverkehr der Deutschen Bahn praktiziert werden. Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist. Nach der Rechtsprechung des Senats können Anordnungen nach § 114 Abs. 1 GWB nur erfolgen, wenn nicht auszuschließen ist, dass der betreffende Vergaberechtsverstoß die Bieterchancen des Antragstellers tatsächlich, mindestens nicht ausschließbar, beeinträchtigt hat (OLG Düsseldorf NZBau 2012, 50-56, VII Verg 20/11; vgl. auch Herrmann, VergabeR 2011, 2 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2011 - VII-Verg 25/11). Dies ist vorliegend der Fall. Das freihändige Vergabverfahrene unterscheidet sich grundsätzlich von dem offenen Verfahren. Im offenen Verfahren darf der öffentliche Auftraggeber den Auftrag nur gemäß dem Inhalt eines der innerhalb der Angebotsfrist abgegebenen Gebote erteilen. Bei der freihändigen Vergabe ist indes jede Art von Verhandlungen mit den Bietern zulässig (Kulartz in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 3. Aufl., § 3 Rn. 52). Wird die freihändige Vergabe - so wie hier - zu Unrecht gewählt, ist deshalb jeder Bieter, der zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wird, der ansonsten nicht gegebenen Gefahr ausgesetzt, im Rahmen von Nachverhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden.“

Freihändige Vergabe - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Freihändige Vergabe - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – RechtsverletzungLose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option –Los- oder Gesamtvergabe - Zulässige Gesamtvergabe aus technischen Gründen ..... Eine Fachlosvergabe hat im Sinne eines an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten bieterschützenden und justiziablen vergaberechtlichen Gebots die Regel zu sein. Eine Gesamt- oder zusammenfassende Vergabe darf nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Ausnahmefällen stattfinden. Kommt eine Ausnahme aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen in Betracht, hat sich der Auftraggeber in besonderer Weise mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und dagegen sprechenden Gründen auseinanderzusetzen. Im Rahmen der dem Auftraggeber obliegenden Entscheidung bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen (OLG Düsseldorf, NZBau 2011, 369, juris Rn. 20;OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.11.2009, VII-Verg 27/09, juris Rn. 52). Kann die benötigte Leistung auch in Form einer Losvergabe erbracht werden, ist zu prüfen, ob von einer losweisen Vergabe ausnahmsweise abgesehen werden kann, etwa weil wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern (OLG Brandenburg NZBau 2009, 337, 340; Thüringer OLG NZBau 2007, 730, juris Rn.20).“ – keine Unterteilung in zwei Fachlose erforderlich: standortgebundener Verkauf und onlinebasierter Verkauf – ausführliche Darlegung der Gründe – „Unter technischen Gründen sind solche zu verstehen, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen (OLG Koblenz NZBau 2012, 598, 599). Dabei sind technische Gründe alle Aspekte, die zu einem in Anbetracht des vom Auftraggeber vorgegebenen Leistungsprofils in einem unauflöslichen Zusammenhang stehen. Dies kann auch bei komplexen, miteinander verflochtenen Dienstleistungen der Fall sein (OLG Jena VergabeR 2007, 677, 680). Wie sich aus dem Vergabevermerk (dort Seite 7) ergibt, war für den Antragsgegner von übergeordneter Bedeutung, dass die Vertriebswege exakt aufeinander abgestimmt sind und unmittelbar ineinandergreifen, ohne dass es zu störungsanfälligen Kompatibilitätsproblemen und einer Vielzahl von Schnittstellen kommt. .....“

Freihändige Vergabe - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) –Voraussetzungen der Freihändigen Vergabe: „Nach § 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 lit. h) VOL/A ist eine freihändige Vergabe nur zulässig, wenn die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können. Damit ist der Inhalt der Aufgabenlösung gemeint. Nicht-Beschreibbarkeit ist in Betracht zu ziehen, wenn der Auftragnehmer aufgrund ihm zugestandener Kognitions-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume die Aufgabenlösungen selbständig zu entwickeln hat.Dies bezieht sich insbesondere auf hochqualifizierte und geistig-schöpferische Leistungen, wie sie insbesondere bei Beratungsleistungen oder sonstigen freiberuflichen Tätigkeiten nachgefragt werden (vgl. § 1 Abs. 1 VOF).Dabei gibt der Auftraggeber lediglich Zielvorstellungen und einen Leistungsrahmen vor.Die konkrete, detaillierte Aufgabenlösung hat hingegen der Auftragnehmer zu erarbeiten. Eine Leistung ist danach z.B. dann nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar, wenn eine noch nicht existierende Lösung für die gestellte Aufgabe gesucht wird. Dabei mögen zwar einzelne Schritte oder Parameter der Auftragsausführung beschrieben werden können, die inhaltliche Lösung der Aufgabe, mithin das Ergebnis der Auftragsausführung, kann aber nicht ausreichend konkretisiert werden, es sei denn, der Auftraggeber nähme einen zumindest wesentlichen Teil der Aufgabenlösung vorweg, löste die Aufgabe also teilweise selbst, um die Leistung entsprechend genau beschreiben zu können.Dazu ist der Auftraggeber nicht verpflichtet.Eine nicht beschreibbare Aufgabenlösung kann zudem dadurch gekennzeichnet sein, dass die Lösung in Verhandlungen von den Beteiligten entwickelt werden soll. Notwendig ist dies allerdings nicht. Der Auftraggeber darf sich auch darauf beschränken, die Aufgabenlösung vollständig und allein vom Auftragnehmer entwickeln zu lassen, dies zum Beispiel dann, wenn die Lösung auch in Verhandlungen, ohne dass sie dadurch inhaltlich vorweggenommen würde, nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann (BGH, Urt. v. 10.11.2009, X ZB 8/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011, VII-Verg 36/11, juris Rn. 18 f, Nachrichtenmeldungen; Beschl. v. 21.04.2010, VII-Verg 55/09, juris Rn. 41 f., Schiffshebewerk Niederfinow; OLG München, Beschl. v. 28.04.2006, Verg 6/06, juris Rn. 51 ff.). Bei der Frage, ob eine Aufgabenlösung eindeutig beschreibbar ist, hat der Auftraggeber keinen Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraum. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der objektiv entweder erfüllt ist oder nicht. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens abzustellen. In diesem Zeitpunkt vorhandene subjektive tatsächliche oder fachliche Schwierigkeiten des Auftraggebers, die Aufgabenlösung eindeutig zu beschreiben, rechtfertigen nicht,die Lösung in der Leistungsbeschreibung offen zu lassen oder in ein Verhandlungsverfahren auszuweichen.Kognitions- oder Erfahrungsdefizite hat der Auftraggeber durch Aufklärung, gegebenenfalls durch Zuziehen externer sachverständiger Hilfe, zu beseitigen, nicht aber darf er sie gewissermaßen in das Vergabeverfahren "mitnehmen", sofern nicht die Lösung der Aufgabe im Verhandlungsverfahren geklärt werden soll (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011, VII-Verg 36/11, a.a.O.). bb)

Frist – 30-Tages-Frist des § 101b II S. 2 GWB aF - OLG Dresden, Beschl. v. 21.9.2016 – Verg 5/16 – Lieferung von Schutzhelmen – kein Lauf der 30-Tagesfrist des § 101b II S. 2 GWB aF bei fehlerhaften Angaben in der Bekanntmachung – Maßgeblichkeit für Begründung der Direktvergabe durch Auftraggeber: nicht entscheidend Inhalt der Bekanntmachung und Vergabeakte, sondern materielle Rechtslage nach den §§ 101b GWB aF, § 3 IV EG-VOL/A

Fristen für Geltendmachung von Verstößen – OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3.5.2016 – 11 Verg 12/15 – Online-Rechtsinformationssystem - Frist für Geltendmachung unzulässiger De-facto-Vergabe – Frist nach § 101b II GWB a. F. – Zuschlag vom 17.11.2014 –spätere schriftliche Fixierung der Verträge am 23.07.2015 – Rüge vom 6.7.2015: dreifache Verlängerung der Ausführungsfrist als wesentliche Vertragsänderung als vergaberechtlich relvante unzulässige direkte Vergabe – Verlangen nach (wiederholter) Aussschreibung "Nutzung, Migration und Pflege eines online-Rechtsinformationssystems für das Land Hessen" – Antrag auf Nachprüfung vom 28.08.2015 – Verfristung nach § 101b II GWB (Ablauf der 6-Monatsfrist nach Veertragsschluss) – keine wesentliche Vertragsänderung mit Pflicht zur Neuausschreibung wegen de-facto-Vergabe – Vertrag bestandskräftig – kein eventueller zivilrechtloicher Anspruch auf Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine unzulässige De-facto-Vergabe kann auch im Falle von Vertragsänderungen nur innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluss geltend gemacht werden. Auf den Zeitpunkt der Änderung kann für den Fristbeginn nur dann abgestellt werden, wenn die Änderung isoliert angegriffen werden kann. 2. Ein unterlegener Bieter kann im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht verlangen, dass der Auftraggeber im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem bezuschlagten Bieter von etwaigen Leistungsstörungsrechten Gebrauch macht.

Fristenlauf für die Feststellung der Unwirksamkeit –OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Frist für Feststellung der Unwirksamkeit: „2. Der Antragsteller hat, insoweit er die Feststellung der Unwirksamkeit des zwischen der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen geschlossenen Vertrags begehrt, die Frist nach § 101 b Abs. 2 GWB gewahrt. Gemäß § 101 b Abs. 2 GWB hat der Antragsteller die Unwirksamkeit des Vertrages innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss im Nachprüfungsverfahren geltend zu machen.Diese Frist beginnt frühestens mit Vertragsschluss zu laufen (OLG Düsseldorf Beschluss vom 03.08.2011 Verg 33/11). Der Vertrag wurde am 7.8.2015 durch die Antragsgegnerin gegengezeichnet, so dass die 30-Tagefrist durch die Einreichung des Nachprüfungsantrags am 12.8.2015 gewahrt wurde.“

Funktionale Leistungsbeschreibung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Geltendmachung – Fristen - OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3.5.2016 – 11 Verg 12/15 – Online-Rechtsinformationssystem - Frist für Geltendmachung unzulässiger De-facto-Vergabe – Frist nach § 101b II GWB a. F. – Zuschlag vom 17.11.2014 –spätere schriftliche Fixierung der Verträge am 23.07.2015 – Rüge vom 6.7.2015: dreifache Verlängerung der Ausführungsfrist als wesentliche Vertragsänderung als vergaberechtlich relvante unzulässige direkte Vergabe – Verlangen nach (wiederholter) Ausschreibung "Nutzung, Migration und Pflege eines online-Rechtsinformationssystems für das Land Hessen" – Antrag auf Nachprüfung vom 28.08.2015 – Verfristung nach § 101b II GWB (Ablauf der 6-Monatsfrist nach Vertragsschluss) – keine wesentliche Vertragsänderung mit Pflicht zur Neuausschreibung wegen de-facto-Vergabe – Vertrag bestandskräftig – kein eventueller zivilrechtlicher Anspruch auf Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine unzulässige De-facto-Vergabe kann auch im Falle von Vertragsänderungen nur innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluss geltend gemacht werden. Auf den Zeitpunkt der Änderung kann für den Fristbeginn nur dann abgestellt werden, wenn die Änderung isoliert angegriffen werden kann. 2. Ein unterlegener Bieter kann im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht verlangen, dass der Auftraggeber im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem bezuschlagten Bieter von etwaigen Leistungsstörungsrechten Gebrauch macht.

Gesamtvergabe - Lose - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen) – keine Pflicht zur Losaufteilung: „Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin keine Lose ausgeschrieben hat. § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB und § 2 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A verlangen von dem Auftraggeber keine (wirtschaftlich) unsinnige „Kernspaltung“, sondern eine Vergabe von Teil- und/oder Fachlosen. Da die Antragstellerin keine mengenmäßige Aufteilung (Teillose) anstrebt, geht es um die Frage, ob das Betreiben eines Umschlagplatzes für Grünabfälle ein Fachlos ist. Dies ist fraglos zu verneinen (zu den Anforderungen an ein Fachlos siehe Senatsbeschl. v. 16.09.2013 - 1 Verg 5/13 - VergabeR 2014, 28).“

Gesamtvergütung – Schätzung - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Schätzung – Rüge (Erkennbarkeit) – Frist für Feststellung der Unwirksamkeit - drohender Schaden – unzulässiges nicht offenes Verfahren statt offenem Verfahren und drohender Schaden – falsche Verfahrensart - §§ 107 II GWB, 3 VgV - Schätzung: „Der Weg zu den Nachprüfungsinstanzen ist eröffnet, weil der Schwellenwert (§ 2 Abs.1 VgV i.V.m. VO EU Nr. 1336/2013) in Höhe von 207.000,00 € überschritten ist. a) Der Vergabekammer ist zunächst zuzustimmen, dass seitens der Antragsgegnerin keine ordnungsgemäß dokumentierte qualifizierte Schätzung des Auftragswertes vorgelegt wurde. Abgesehen von den Zweifeln, ob die Kostenschätzung vor Aufforderungen zur Angebotsabgabe erfolgt ist, ist die Schätzung unvertretbar, da die Sonderfahrten (Ziffer 23 der Allgemeinen Vertragsbedingungen) nicht berücksichtigt worden sind. Des Weiteren ist ein konkreter Auftragswert auch nicht in den Aufstellungen benannt, sondern es befindet sich in den Vergabeakten lediglich eine Aufstellung der an den Antragsteller gezahlten Nettobeträge in dem Zeitraum von Januar 2013 – Mai 2015 wieder, etwaige Kostensteigerungen oder sonstige zu berücksichtigende Änderungen gegenüber den vorangegangenen Jahren enthält diese Aufstellung nicht. b) Der Senat schließt sich der Schätzung der Vergabekammer an. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Ausschlaggebender Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet oder das Vergabeverfahren auf andere Weise eingeleitet wird. Bei der Kostenschätzung kann auf die für die gleiche Leistung gezahlten Beträge der vorangegangenen Jahre zurückgegriffen werden, wobei jedoch stets zu prüfen ist, ob auf Grund der allgemeinen Kostensteigerung sich der Auftragswert erhöht.Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass kein Grund besteht, die in Ziff. 23 der Allgemeinen Vertragsbedingungen beschriebenen Sonderfahrten nicht in die Kostenschätzung einzubeziehen. Die Sonderfahrten sind Teil des Vertrages, da dort geregelt wird, dass diese Sonderfahrten zum Angebotspreis abzurechnen sind. Auch wenn der Umfang der Sonderfahrten nicht feststeht, kann auf den Leistungsumfang der vorangegangenen Schuljahre zurückgegriffen werden und auf Grundlage der in diesem Zeitraum durchgeführten Sonderfahrten der Auftragswert dieser Position geschätzt werden. Da der Antragsteller in beiden vorangegangenen Schuljahren (2013/2014 und 2014/2015) über 218.000,00 € mit dem Antragsteller abgerechnet hat, ist der Auftragswert auf über 207.000,00 € zu schätzen. Die Antragstellerin wäre daher verpflichtet gewesen, eine europaweite Ausschreibung vorzunehmen.“

Gleichbehandlung – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Grundstückskauf -OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2016 - 11 Verg 9/16 - Neubau des Polizeipräsidiums XXX im Wege einer Public Private Partnership – europaweite Ausschreibung - Gegenstand des Beschaffungsvorhabens: Grundstücksankauf, die Planung, Errichtung und Finanzierung des Polizeipräsidiums sowie die anschließende Vermietung und Bewirtschaftung - §§ 97, I, VII, 128 III, IV GWB – maßgebliche Punkte Eindeutigkeit der Vergabeunterlagen, Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen -Amtliche Leitsätze: 1. Ein Angebot kann nur dann wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen in dem maßgeblichen Punkt unmissverständlich und eindeutig sind. 2. Will die Vergabestelle auf Nachfragen eines Bieters eine eher fernliegende „großzügige" Interpretation einer bestimmten, kalkulationsrelevanten Anforderung in den Vergabeunterlagen zugrunde legen, hat sie zur Wahrung der Transparenz und Gleichbehandlung auch die anderen Bieter vor Angebotsabgabe auf diese Auslegungsmöglichkeit hinzuweisen. 3. Eine Beigeladene kann auch dann nach § 128 Abs. 3, 4 GWB a.F. an den Kosten des Nachprüfungsverfahrens beteiligt werden, wenn sie zwar ausdrücklich auf eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung verzichtet, das Verfahren jedoch durch die Einreichung umfangreicher Schriftsätze gefördert hat.

Heilung - OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.01.2016 - Verg W 4/15 – Neubau und Sanierung - § 17 EG VOBA – Eignung – Bekanntmachung: Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 und Vorlage der im Formblatt angegebenen Bescheinigungen auf Anforderung - fehlender Hinweis (Link) auf Abrufmöglichkeit hinsichtlich Formblatts in Bekanntmachung – Inhalt des Formblatts nicht Gegenstand der Bekanntmachung – Zurückversetzung des Vergabeverfahrens auf Zeitpunkt vor Bekanntmachung – Berechtigung des Auftraggebers zur Fehlerkorrektur – Zurückversetzung steht Aufhebung gleich – Rechtswidrigkeit/Rechtmäßigkeit der Aufhebung: „Das folgt aus der Vertragsfreiheit, die auch für im Wege öffentlicher Ausschreibung vergebene Aufträge gilt. Mithin haben Bieter eine Aufhebung des Vergabeverfahrens grundsätzlich nicht nur dann hinzunehmen, wenn sie von einem in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Während eine von den Vergabe- und Vertragsordnungen gedeckte und somit rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass die Aufhebung keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens begründet, kann das Fehlen eines Aufhebungsgrundes zu einem Anspruch auf Schadensersatz führen, der regelmäßig auf das negative Interesse beschränkt ist (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 a.a.O.). Zu unterscheiden von der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens nach Maßgabe der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung ist die Frage der Wirksamkeit der Aufhebung. Ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens kommt nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht, wenn die Aufhebung ausnahmsweise unwirksam ist. Das ist der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in manipulativer Weise dazu einsetzt, durch die Aufhebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 a.a.O.). Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt hier nicht vor.“ – zulässige Fehlerkorrektur: „Der Auftraggeber hat das Vergabeverfahren aufgehoben, nachdem die Vergabekammer im anhängigen Nachprüfungsverfahren den Hinweis erteilt hat, dass die Ausschreibung an einem Fehler leide, der nur durch neuerliche Bekanntmachung geheilt werden könne. Damit beruht die Aufhebung allerdings nicht auf einer Abkehr von der Vergabeabsicht, sondern dient der Korrektur eines dem Auftraggeber zuvor unterlaufenen Fehlers. Die Aufhebung der Ausschreibung zum Zwecke der Durchführung eines neuen fehlerfreien Vergabeverfahrens ist wirksam, denn die Entscheidung des Auftraggebers, das Verfahren in den Stand vor der Bekanntmachung zurückzuversetzen, ist weder nur zum Schein, noch willkürlich oder sonst aus manipulativen Gesichtspunkten erfolgt (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 a.a.O.). Stellt ein öffentlicher Auftraggeber vor der Zuschlagserteilung einen erheblichen Fehler in den Ausschreibungsunterlagen fest, ist er zu einer Fehlerkorrektur grundsätzlich berechtigt, was auch die Aufhebung des Vergabeverfahrens beinhalten kann (vgl. BGH, Beschluss v. 26.09.2006, X ZB 14/06 - BGHZ 169, 131 = VergabeR 2007, 59; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.01.2015 - Verg 29/14, VergabeR 2015, 435; OLG Koblenz, Beschluss v. 30.04.2014 - 1 Verg 2/14, VergabeR 2014, 733). Eine bereits erfolgte Submission schließt eine solche Fehlerkorrektur nicht aus (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.01.2015 a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber im Hinblick auf die nach Beurteilung der Vergabekammer unzureichende Bekanntmachung der geforderten Eignungsnachweise einen sachlichen Grund für die Aufhebung heranzogen. Die Entscheidung des Auftraggebers ist mithin weder willkürlich, noch stellt sie ein missbräuchliches Vorgehen dahin dar, durch die Aufhebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können. Die Zurückversetzung führt zu einem neuen, auch der Antragstellerin eröffneten Wettbewerb (so auch BGH, Beschluss v. 20.03. 2014 a.a.O.). Die Antragstellerin ist weder in ihren Rechten auf Durchführung eines transparenten und fairen Vergabeverfahrens, noch in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt, § 97 Abs. 7 GWB.“ – kein manipulatives Verhalten:Soweit die Antragstellerin ein manipulatives Vorgehen darin sehen will, dass der Auftraggeber mit der zwischenzeitlich erfolgten neuen Bekanntmachung ergänzend zu den ursprünglich geforderten Eignungsnachweisen zusätzliche Nachweise verlangt, ist ein Missbrauch der Möglichkeit der Verfahrensaufhebung nicht zu erkennen. Die zusätzlichen Anforderungen, „mindestens 3 nachprüfbare Referenzbaumaßnahmen innerhalb der letzten 3 Jahre …“ nachzuweisen und „auf Verlangen einen XXX Bauablaufplan vorzulegen, welcher den Ressourceneinsatz (Arbeitskräfte, Maschinen und Geräte) darstellt und aufzeigt, wie Zwischentermine eingehalten werden …“ sind jedenfalls nicht sachfremd oder willkürlich gewählt. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist auch nichts dafür entnehmen, dass sie außerstande sei, die Anforderungen zu erfüllen, und dass dem Auftraggeber eine solche Sachlage bekannt sei.“

Information – schriftliche unvollständige Mitteilung - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Frist für Feststellung der Unwirksamkeit: „II. Der Antrag auf Feststellung, dass der Vertrag von Anfang an unwirksam war, ist begründet, da die Antragsgegnerin gegen ihre Informationspflicht nach § 101 a GWB verstoßen hat und ein über die Informationspflicht nach § 101a GWB hinausgehender Vergaberechtsverstoß sich zu Lasten des Antragstellers ausgewirkt hat und nicht auszuschließen ist, dass er in seinen Rechten verletzt wurde. Leitsätze: 1. Die Antragsgegnerin ist der ihr nach § 101a GWB obliegenden Informationspflicht nicht nachgekommen. Nach dieser Vorschrift hat der Auftraggeber die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, mitzuteilen sowie über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Die telefonische Mitteilung, dass der Antragsteller nicht berücksichtigt wird, genügt bereits nicht dem Formerfordernis des § 101 GWB und enthält keine Angaben über den Bieter, der den Zuschlag erhalten soll sowie über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller das Schreiben der Antragsgegnerin vom 10.7.2015 erhalten hat, da wiederum der Name des erfolgreichen Bieters und die Angabe, zu welchem Zeitpunkt frühestens ein Vertragsabschluss erfolgt, nicht aufgeführt werden.“

Information – telefonische Mitteilung - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Frist für Feststellung der Unwirksamkeit: „II. Der Antrag auf Feststellung, dass der Vertrag von Anfang an unwirksam war, ist begründet, da die Antragsgegnerin gegen ihre Informationspflicht nach § 101 a GWB verstoßen hat und ein über die Informationspflicht nach § 101a GWB hinausgehender Vergaberechtsverstoß sich zu Lasten des Antragstellers ausgewirkt hat und nicht auszuschließen ist, dass er in seinen Rechten verletzt wurde. Leitsätze: 1. Die Antragsgegnerin ist der ihr nach § 101a GWB obliegenden Informationspflicht nicht nachgekommen. Nach dieser Vorschrift hat der Auftraggeber die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, mitzuteilen sowie über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Die telefonische Mitteilung, dass der Antragsteller nicht berücksichtigt wird, genügt bereits nicht dem Formerfordernis des § 101 GWB und enthält keine Angaben über den Bieter, der den Zuschlag erhalten soll sowie über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller das Schreiben der Antragsgegnerin vom 10.7.2015 erhalten hat, da wiederum der Name des erfolgreichen Bieters und die Angabe, zu welchem Zeitpunkt frühestens ein Vertragsabschluss erfolgt, nicht aufgeführt werden.“

Irrtum - OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“ - keine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB– Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: „Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt dabei u. a. dann vor, wenn das angebotene Produkt den Anforderungen in der Ausschreibung nicht gerecht wird, der Bieter also nicht das anbietet, was der Ausschreibende bestellt hat (Vergabekammer Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2013, VK 25/13, Rn. 52 bei juris). Einerseits sind an die Angebote strenge Anforderungen zu stellen. Um eine Vergleichbarkeit der Angebote und die Gefahr inhaltlich falscher Beauftragungen auszuschließen, darf ein Bieter nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG keine Änderungen der Ausschreibungsunterlagen vornehmen (Ziekow/Völlink - Vavra, Vergaberecht, 2. Aufl., § 13 VOB/A-EG, Rn. 1, § 13 VOB/A, Rn. 13). Ferner sind im Interesse der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens Änderungen des Angebots in einem späteren Aufklärungsverfahren nach § 15 VOB/A-EG ausgeschlossen (a. a. O., § 15 VOB/A-EG, Rn. 1, § 15 VOB/A, Rn. 17). So darf das einmal angebotene Produkt nicht später wieder geändert werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2009, Verg 9/09, Rn. 18 bei juris; OLG München, Beschluss vom 02.09.2010, Verg 17/10, Rn. 22 bei juris).“

Irrtümer bei Ausfüllen der Vergabeunterlagen – OLG Schleswig, Beschl. v. 11.05.2016 - 54 Verg 3/16 - Erneuerung des Asphaltausbaus – Schutzeinrichtungen - §§ 118 GWB, 13 I Nr. 5 EG VOB/A - Eintrag einer falschen Bezeichnung in Leistungsverzeichnis (Systemnamen „Super Rail Eco BW, H2“) – nachträgliche Mitteilung des Bieters: Angebot mit System „M04-5 Super Rail BW, H2“ mit Erfüllung der Anforderungen an die Anpralllast – Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG wegen Änderung der Vergabeunterlagen: – kein Ausschluss bei nur Verletzung bloßer Formalien – Auslegung des Angebots: – keine Korrektur von Irrtümern durch „Auslegung“

ITK - Informations- und Kommunikationstechnologie - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

IT-Vergabe - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII – Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Kalkulationsrisiken - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 – Pregabalin - kein Verstoß gegen § 8 VOL/A im Streitfall: „Zutreffend hat die Vergabekammer in der angefochtenen Entscheidung einen Verstoß gegen § 8 VOL/A mit der Begründung verneint, dass die von den Antragsgegnerinnen zur Verfügung gestellten Informationen zu den möglichen Abgabemengen als Kalkulationsgrundlage ausreichend und die Grenzen des Zumutbaren nicht überschritten sind. Das grundsätzliche Verbot, .... ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A 2009 übernommen worden (vgl. § 7 VOL/A, § 8 VOL/A). Es besteht als solches nicht mehr und ist auch auf die vorliegende Ausschreibung nicht anzuwenden. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, lassen sich nach der derzeit geltenden Rechtslage in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstanden ..... In diesem Sinn unzumutbar kann zum Beispiel eine Verlagerung vertragstypischer Risiken sein, so unter Umständen eine Überbürdung des die ausgeschriebene Leistung bestreffenden Verwendungsrisikos auf den Auftragnehmer. Generell stellt es indes keine unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn der Bieter/Auftragnehmer gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken tragen soll, die vertragstypischerweise ohnedies ihm obliegen. Die Zumutbarkeitsschwelle erhöht sich bei einer Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen (im weitesten Sinne) zu Lasten der Bieter. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen - in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen - erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A als auch nach § 4 Abs. 1 VOL/A-EG ist der in Aussicht genommene Auftragsumfang lediglich "so genau wie möglich zu ermitteln" (und bekannt zu geben), er "braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden" (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012, Az. VII-Verg 90/11.....). Dagegen ist von den Antragsgegnerinnen nicht verstoßen worden.“

Kooperation - OLG Dresden, Beschl. v. 29.09.2016 - Verg 4/16 - Vertrag über ein Modellvorhaben nach § 63 SGB V zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch fachübergreifende gestuften primärärztlichen Versorgung – vergaberechtspflichtig – keine vergaberechtsfreie öffentlich-rechtliche Kooperation wegen Verfolgung unterschiedlicher, sogar gegenläufiger Interessen (AOK und Kassenärztliche Vereinigung) - § 101b GWB a.F.

Kosten - Beigeladene -OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2016 - 11 Verg 9/16 - Neubau des Polizeipräsidiums XXX im Wege einer Public Private Partnership – europaweite Ausschreibung - Gegenstand des Beschaffungsvorhabens: Grundstücksankauf, die Planung, Errichtung und Finanzierung des Polizeipräsidiums sowie die anschließende Vermietung und Bewirtschaftung - §§ 97, I, VII, 128 III, IV GWB – maßgebliche Punkte Eindeutigkeit der Vergabeunterlagen, Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen -Amtliche Leitsätze: 1. Ein Angebot kann nur dann wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen in dem maßgeblichen Punkt unmissverständlich und eindeutig sind. 2. Will die Vergabestelle auf Nachfragen eines Bieters eine eher fernliegende „großzügige" Interpretation einer bestimmten, kalkulationsrelevanten Anforderung in den Vergabeunterlagen zugrunde legen, hat sie zur Wahrung der Transparenz und Gleichbehandlung auch die anderen Bieter vor Angebotsabgabe auf diese Auslegungsmöglichkeit hinzuweisen. 3. Eine Beigeladene kann auch dann nach § 128 Abs. 3, 4 GWB a.F. an den Kosten des Nachprüfungsverfahrens beteiligt werden, wenn sie zwar ausdrücklich auf eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung verzichtet, das Verfahren jedoch durch die Einreichung umfangreicher Schriftsätze gefördert hat.

Leistungsänderung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Leistungsänderungsklausel – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Leistungsbeschreibung - - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Voraussetzung des Ausschlusses nach § 19 III d EG VOL/A: „Dies setzt jedoch voraus, dass Gegenstand und Inhalt der Leistung entsprechend § 8 Abs. 1 EG VOL/A eindeutig beschrieben sind (OLG Düsseldorf, a.a.O., Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 8 EG VOL/A Rn. 56; Lausen in Müller-Wrede, a.a.O., § 16 EG VOL/A Rn. 107). Verstöße gegen interpretierbare oder missverständliche bzw. mehrdeutige Angaben in den Vergabeunterlagen führen somit nicht zum Angebotsausschluss (BGH, Urteil vom 3.4.2012, X ZR 130/10 - juris, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.7.2005, VII Verg 71/04 - juris; KG Berlin, Beschluss vom 21.11.2014, Verg 22/13 - juris). Eine Leistungsbeschreibung ist dann eindeutig und vollständig, wenn sie Art und Umfang der geforderten Leistung mit allen dafür maßgebenden Bedingungen zur Ermittlung des Leistungsumfangs zweifelsfrei erkennen lässt, keine Widersprüche in sich, zu den Plänen oder zu anderen vertraglichen Regelungen enthält und alle für die Leistung spezifischen Bedingungen und Anforderungen benennt (Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 8 EG VOL/A Rn. 19). Hierzu zählt auch, dass die Leistungsbeschreibung den Bietern ermöglichen muss, ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten zu kalkulieren. Dabei müssen die Bieter die für die Auftragsdurchführung wesentlichen Begleitumstände kennen oder zumindest zuverlässig abschätzen können (Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 8 EG VOL/A Rn. 29). b) Die Vorgaben der Antragsgegner zur Berechnung des Zuschussbetrages pro Jahr waren eindeutig. .....“.

Leistungsbeschreibung - § 8 VOL/A - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 – Pregabalin - kein Verstoß gegen § 8 VOL/A im Streitfall: „Zutreffend hat die Vergabekammer in der angefochtenen Entscheidung einen Verstoß gegen § 8 VOL/A mit der Begründung verneint, dass die von den Antragsgegnerinnen zur Verfügung gestellten Informationen zu den möglichen Abgabemengen als Kalkulationsgrundlage ausreichend und die Grenzen des Zumutbaren nicht überschritten sind. Das grundsätzliche Verbot, .... ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A 2009 übernommen worden (vgl. § 7 VOL/A, § 8 VOL/A). Es besteht als solches nicht mehr und ist auch auf die vorliegende Ausschreibung nicht anzuwenden. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, lassen sich nach der derzeit geltenden Rechtslage in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstanden ..... In diesem Sinn unzumutbar kann zum Beispiel eine Verlagerung vertragstypischer Risiken sein, so unter Umständen eine Überbürdung des die ausgeschriebene Leistung bestreffenden Verwendungsrisikos auf den Auftragnehmer. Generell stellt es indes keine unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn der Bieter/Auftragnehmer gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken tragen soll, die vertragstypischerweise ohnedies ihm obliegen. Die Zumutbarkeitsschwelle erhöht sich bei einer Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen (im weitesten Sinne) zu Lasten der Bieter. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen - in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen - erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A als auch nach § 4 Abs. 1 VOL/A-EG ist der in Aussicht genommene Auftragsumfang lediglich "so genau wie möglich zu ermitteln" (und bekannt zu geben), er "braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden" (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012, Az. VII-Verg 90/11.....). Dagegen ist von den Antragsgegnerinnen nicht verstoßen worden.

Leistungsbeschreibung – Änderung der Vergabeunterlagen - - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – falsche Leistungsbeschreibung: „Unerheblich ist, ob die Vorgaben der Antragsgegner zur Berechnung der Pacht im Jahr 2019 wirtschaftlich plausibel waren. Denn eine Leistungsbeschreibung ist sogar dann eindeutig, wenn sie falsch ist. Auch eine „eindeutige falsche“ Leistungsbeschreibung stellt sicher, dass alle Bieter sie in gleicher Weise verstehen. Deshalb ist auch eine falsche Leistungsbeschreibung von den Bietern zu beachten, solange damit keine unerfüllbaren Bedingungen verbunden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 01.08.2006, X ZR 115/04 - juris; Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 8 EG VOL/A Rn. 21). ... Allein der Umstand, dass der Inhalt der Leistungsbeschreibung auslegungsfähig ist, stellt keinen Verstoß gegen § 8 Nr. 1 EG VOL/A dar. Auch bei sorgfältiger Erstellung eines Leistungsverzeichnisses kann nie ausgeschlossen werden, dass geringe Unklarheiten auftreten, da jeder Begriff der Sprache auslegungsfähig ist und das genaue Verständnis stets vom Empfängerhorizont abhängt. Würde man bei jeder noch so geringen Unklarheit dem Auftraggeber die Verantwortung aufbürden, bestünde die Gefahr, dass die Bieter durch geschickte Argumentation nachträglich Unklarheiten in die Leistungsbeschreibung hineininterpretieren könnten (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.9.2004 Vergabe W 5/04 - juris; VK Bund, Beschluss vom 14.11.2000, VK 1 - 35 / 00 - juris). Im Übrigen haben sämtliche Bieter mit Ausnahme der Antragstellerin die Ausschreibungsunterlagen so verstanden wie die Antragsgegner und die Kalkulationstabelle mit den Vorgaben 29/52 (IBN 1) und 2/52 (IBN 2) ausgefüllt.“

Leistungsbeschreibung – funktional - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Leistungsbeschreibung - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – Leistungsbeschreibung – kein Verstoß: „Ein Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A liegt nicht vor, da die Leistungsbeschreibung eindeutig und erschöpfend war. Die Bedeutung des Personalkonzepts war für alle Bieter in gleicher Weise erkennbar. Den Vergabeunterlagen war der Anhang C2 „Erläuterungen zu den Bewertungskriterien“ beigefügt. Unter Ziff. 2.2. ist eine Darstellung der Personalstruktur gefordert, mit der der Bieter beabsichtigt, die Anlage zu betreiben. Bewertet werden sollten dabei die Übersichtlichkeit der Darstellung und die Plausibilität des in den einzelnen Tätigkeitsbereichen eingesetzten Personals. In der Wertungsmatrix waren für das Unterkriterium „Personalstruktur/Qualifikation“ 15 Wertungspunkte vorgesehen, so dass die Antragsgegnerinnen die Gewichtung des Personalkonzepts bei der Angebotswertung hinreichend klar und deutlich beschrieben haben.

Leistungsbestimmungsrecht – OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen) – keine Pflicht zur Losaufteilung: „Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin keine Lose ausgeschrieben hat. § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB und § 2 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A verlangen von dem Auftraggeber keine (wirtschaftlich) unsinnige „Kernspaltung“, sondern eine Vergabe von Teil- und/oder Fachlosen. Da die Antragstellerin keine mengenmäßige Aufteilung (Teillose) anstrebt, geht es um die Frage, ob das Betreiben eines Umschlagplatzes für Grünabfälle ein Fachlos ist. Dies ist fraglos zu verneinen (zu den Anforderungen an ein Fachlos siehe Senatsbeschl. v. 16.09.2013 - 1 Verg 5/13 - VergabeR 2014, 28).“

Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort – Übergabeort für die Abfälle) - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort): „Grundsätzlich ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass sich der Auftraggeber bei der zu seinem Leistungsbestimmungsrecht gehörenden Festlegung des Leistungsorts .... in erster Linie an seinen eigenen Bedürfnissen orientiert. ... Die damit u.U. verbundene Beschränkung des Wettbewerbs insbesondere in Form einer potentiellen Benachteiligung "auswärtiger" Unternehmen ist hinzunehmen, wenn die Ortswahl sachlich legitimiert ist, die Vergabebedingungen zur Erreichung des legitimen Zwecks geeignet sind und die Ungleichbehandlung sich auf das Notwendige beschränkt (Senatsbeschl. v. 22.07.2014 - 1 Verg 3/14 - NZBau 2015, 256), wenn sie also verhältnismäßig ist. ... Die Auftraggeberin hätte zwar allen sich in dem jetzigen Verfahren zeigenden Problemen dadurch aus dem Weg gehen können, dass sie selbst den Umschlagplatz zu Verfügung stellt und betreibt oder nur den Betrieb ausschreibt. Dazu war sie vergaberechtlich aber nicht verpflichtet. Die Wahlfreiheit des Auftraggebers, eine Leistung selbst zu erbringen oder ein externes Unternehmen zu beauftragen, geht ebenfalls der Einleitung eines Vergabeverfahrens voraus und kann folglich durch das Vergaberecht nicht eingeschränkt werden. ..... ... Die Vorgaben der Auftraggeberin zur örtlichen Lage des Umschlagplatzes überschreiten allerdings die Grenzen des Notwendigen und bevorzugen ohne sachlichen Grund Unternehmen, die entweder schon in Mainz tätig sind und dort bereits über einen geeignetem Umschlagplatz verfügen oder bereit sind, mit einem ortsansässigen Unternehmen zusammenzuarbeiten. Dies ist nicht mit dem Wettbewerbsprinzip (§§ 97 Abs. 1 GWB, 2 EG Abs. 1 VOL/A) zu vereinbaren. ... Grundsätzlich ist es Sache des Bieters, wie er seine bei Ausführungsbeginn notwendige Leistungsfähigkeit herstellt. Im konkreten Fall erfordert die Leistungserbringung laut Leistungsbeschreibung eine Fläche, auf der die Übernahme von Grünabfällen (einschließlich Zwischenlagerung) rechtlich zulässig und technisch möglich ist. Ob ein Bieter dabei auf einen bereits vorhandenen Umschlagplatz zurückgreifen oder einen neuen einrichten will, muss ihm überlassen bleiben. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer gibt es keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigte, (im Ergebnis) nur Angebote von Bietern zuzulassen, die auf Vorhandenes zurückgreifen wollen (und dafür mit potentiellen Konkurrenten verhandeln müssten). Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass der Senat die von der Antragstellerin unter dem Stichwort „Geheimwettbewerb“ geäußerten Bedenken nicht teilt (siehe dazu Ehrig, Die Doppelbeteiligung im Vergabeverfahren, VergabeR 2010, 11 [14 f.] m.w.N.). b) Die Vorgabe, dass der Umschlagplatz innerhalb des Stadtgebietes liegen muss, erschwert die Suche nach einer geeigneten Fläche, ohne dass diese Einschränkung sachlich gerechtfertigt wäre.Ob die Fahrzeuge ... auf einem umzäunten Umschlagplatz oder auf dem Gelände einer Endverwertungsanlage entladen werden, ist ... völlig unerheblich. ....“

Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Übergabeort für die Abfälle) OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen): „Grundsätzlich ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass sich der Auftraggeber bei der zu seinem Leistungsbestimmungsrecht gehörenden Festlegung des Leistungsorts .... in erster Linie an seinen eigenen Bedürfnissen orientiert. ... Die damit u.U. verbundene Beschränkung des Wettbewerbs insbesondere in Form einer potentiellen Benachteiligung "auswärtiger" Unternehmen ist hinzunehmen, wenn die Ortswahl sachlich legitimiert ist, die Vergabebedingungen zur Erreichung des legitimen Zwecks geeignet sind und die Ungleichbehandlung sich auf das Notwendige beschränkt (Senatsbeschl. v. 22.07.2014 - 1 Verg 3/14 - NZBau 2015, 256), wenn sie also verhältnismäßig ist. ... Die Auftraggeberin hätte zwar allen sich in dem jetzigen Verfahren zeigenden Problemen dadurch aus dem Weg gehen können, dass sie selbst den Umschlagplatz zu Verfügung stellt und betreibt oder nur den Betrieb ausschreibt. Dazu war sie vergaberechtlich aber nicht verpflichtet. Die Wahlfreiheit des Auftraggebers, eine Leistung selbst zu erbringen oder ein externes Unternehmen zu beauftragen, geht ebenfalls der Einleitung eines Vergabeverfahrens voraus und kann folglich durch das Vergaberecht nicht eingeschränkt werden. ..... ... Die Vorgaben der Auftraggeberin zur örtlichen Lage des Umschlagplatzes überschreiten allerdings die Grenzen des Notwendigen und bevorzugen ohne sachlichen Grund Unternehmen, die entweder schon in Mainz tätig sind und dort bereits über einen geeignetem Umschlagplatz verfügen oder bereit sind, mit einem ortsansässigen Unternehmen zusammenzuarbeiten. Dies ist nicht mit dem Wettbewerbsprinzip (§§ 97 Abs. 1 GWB, 2 EG Abs. 1 VOL/A) zu vereinbaren. ... Grundsätzlich ist es Sache des Bieters, wie er seine bei Ausführungsbeginn notwendige Leistungsfähigkeit herstellt. Im konkreten Fall erfordert die Leistungserbringung laut Leistungsbeschreibung eine Fläche, auf der die Übernahme von Grünabfällen (einschließlich Zwischenlagerung) rechtlich zulässig und technisch möglich ist. Ob ein Bieter dabei auf einen bereits vorhandenen Umschlagplatz zurückgreifen oder einen neuen einrichten will, muss ihm überlassen bleiben. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer gibt es keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigte, (im Ergebnis) nur Angebote von Bietern zuzulassen, die auf Vorhandenes zurückgreifen wollen (und dafür mit potentiellen Konkurrenten verhandeln müssten). Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass der Senat die von der Antragstellerin unter dem Stichwort „Geheimwettbewerb“ geäußerten Bedenken nicht teilt (siehe dazu Ehrig, Die Doppelbeteiligung im Vergabeverfahren, VergabeR 2010, 11 [14 f.] m.w.N.). b) Die Vorgabe, dass der Umschlagplatz innerhalb des Stadtgebietes liegen muss, erschwert die Suche nach einer geeigneten Fläche, ohne dass diese Einschränkung sachlich gerechtfertigt wäre.Ob die Fahrzeuge ... auf einem umzäunten Umschlagplatz oder auf dem Gelände einer Endverwertungsanlage entladen werden, ist ... völlig unerheblich. ....“

Lose - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Leistungsbestimmungsrecht (Leistungsort) – Lose (Fachlose?) – Bevorzugung örtlicher Bieter – Selbstausführung – Nachunternehmer – Vertragsbedingungen – Eignung (Mindestbedingungen) – keine Pflicht zur Losaufteilung: „Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin keine Lose ausgeschrieben hat. § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB und § 2 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A verlangen von dem Auftraggeber keine (wirtschaftlich) unsinnige „Kernspaltung“, sondern eine Vergabe von Teil- und/oder Fachlosen. Da die Antragstellerin keine mengenmäßige Aufteilung (Teillose) anstrebt, geht es um die Frage, ob das Betreiben eines Umschlagplatzes für Grünabfälle ein Fachlos ist. Dies ist fraglos zu verneinen (zu den Anforderungen an ein Fachlos siehe Senatsbeschl. v. 16.09.2013 - 1 Verg 5/13 - VergabeR 2014, 28).“

Losvergabe – Gesamtvergabe – technische Gründe -OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – RechtsverletzungLose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option –Los- oder Gesamtvergabe - Zulässige Gesamtvergabe aus technischen Gründen ..... Eine Fachlosvergabe hat im Sinne eines an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten bieterschützenden und justiziablen vergaberechtlichen Gebots die Regel zu sein. Eine Gesamt- oder zusammenfassende Vergabe darf nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Ausnahmefällen stattfinden. Kommt eine Ausnahme aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen in Betracht, hat sich der Auftraggeber in besonderer Weise mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und dagegen sprechenden Gründen auseinanderzusetzen. Im Rahmen der dem Auftraggeber obliegenden Entscheidung bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen (OLG Düsseldorf, NZBau 2011, 369, juris Rn. 20;OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.11.2009, VII-Verg 27/09, juris Rn. 52). Kann die benötigte Leistung auch in Form einer Losvergabe erbracht werden, ist zu prüfen, ob von einer losweisen Vergabe ausnahmsweise abgesehen werden kann, etwa weil wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern (OLG Brandenburg NZBau 2009, 337, 340; Thüringer OLG NZBau 2007, 730, juris Rn.20).“ – keine Unterteilung in zwei Fachlose erforderlich: standortgebundener Verkauf und onlinebasierter Verkauf – ausführliche Darlegung der Gründe – „Unter technischen Gründen sind solche zu verstehen, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen (OLG Koblenz NZBau 2012, 598, 599). Dabei sind technische Gründe alle Aspekte, die zu einem in Anbetracht des vom Auftraggeber vorgegebenen Leistungsprofils in einem unauflöslichen Zusammenhang stehen. Dies kann auch bei komplexen, miteinander verflochtenen Dienstleistungen der Fall sein (OLG Jena VergabeR 2007, 677, 680). Wie sich aus dem Vergabevermerk (dort Seite 7) ergibt, war für den Antragsgegner von übergeordneter Bedeutung, dass die Vertriebswege exakt aufeinander abgestimmt sind und unmittelbar ineinandergreifen, ohne dass es zu störungsanfälligen Kompatibilitätsproblemen und einer Vielzahl von Schnittstellen kommt. .....“

Managementvertrag (Speisen für Kliniken) - OLG Dresden, Beschl. v. 23.09.2016 - Verg 3/16 - Management der Speisenversorgungsleistungen für Kliniken – objektive tatsächliche Nichterfüllung der personellen Anforderungen für den Auftrag (Anzahl der Servicekräfte) - Anforderungen für Inhalt der Angebote: diverse Angaben zum Personaleinsatz und Kosten - trotz fehlender ausdrücklicher Mindestanforderungen in den Vergabeunterlagen Ausschluss nach §§ 16 IV S. 1, 19 IV EG-VOL/A: „Jedoch erfolgte der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin zur Überzeugung des Senates deshalb zu Recht, weil sie zum Standort W. und den dort einzusetzenden Servicekräften von den Vertragsunterlagen i.S.d. § 16 Abs. 4 Satz 1 VOL/A-EG mit der Folge abgewichen ist, dass gemäß § 19 Abs. 3 lit. d) VOL/A-EG der Ausschluss ihres Angebotes unumgänglich war.Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Vergabeunterlagen keine ausdrücklichen Mindestvorgaben für die Anzahl der am Standort W. einzusetzenden Servicekräfte enthalten. Dies bedeutet indes nicht, dass die Bieter in ihren Angaben völlig frei gewesen wären. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Angebotsunterlagen die Angabe jedenfalls so viele Servicekräfte erwarten ließen, wie zur ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung mindestens notwendig sind. Die Antragsgegnerin hat erklärt, dass mit nur vier Servicekräften der Arbeitsanfall in W. nicht zu bewältigen sei. Der Senat folgt ihr in dieser Bewertung. Denn sie ist erkennbar zutreffend, so dass es auf die Frage, ob und in welchen Grenzen der Antragsgegnerin in Bewertung der Angebote und namentlich mit Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 lit. d VOL/A-EG ein Beurteilungsspielraum zusteht, letztlich nicht ankommt. Die offenkundigen Abweichungen der von der Antragstellerin für W. eingeplanten Einsatzkräfte zu der Anzahl der Vollzeitkräfte an anderen Standorten, insbesondere am Standort E., liegen auf der Hand und rechtfertigen ohne weiteres den von der Antragsgegnerin gezogenen Schluss. Denn während das Angebot der Antragstellerin für den Standort E. 1,28 Vollzeitkräfte pro Station vorsieht, sind es für den Standort W. nur 0,57 Vollzeitkräfte pro Station (zur Berechnung vgl. Seite 12 der Antragserwiderung vom 10.03.2016, Bl. 353 der Vergabeakte).....“ (weitere ausführliche Darlegung folgt).

Marginalisierung – Gewichtung -- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) –keine Marginalisierung durch Zuschlagskriterien für Konzepte teilweise mit nur 3%-Gewicht: „Eine Marginalisierung liegt nicht vor, wenn - wie hier - mit nur einer geringen Gewichtung versehene Unterkriterien Ergebnis einer stark differenzierten Qualitätsbestimmung sind. Auch ergeben sich aus der verwendeten Formel zur Umrechnung des Angebotspreises in Preispunkte keine unerwarteten Effekte. Richtig ist, dass die Verwendung der mathematischen Methode des inversen Dreisatzes dazu führen kann, dass teure Angebote mit einer sehr guten Leistung Bestangebote sind.Mit unerwarteten Effekten hat dies jedoch, anders als der Antragsteller meint, nichts zu tun. Es obliegt vielmehr dem Auftraggeber durch Festlegung der Bewertungsmethode zu bestimmen, was nach den von ihm aufgestellten Kriterien als wirtschaftlich erachtet wird (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.05.2012, VII-Verg 3/12).“

Mehrwertsteuer - OLG Koblenz, Beschl. v. 16.03.2016 - 1 Verg 8/13 - Postdienstleistungen Landau – Mindestlohn – Gesetzgebungskompetenz – Umsatzsteuer – amtlicher Leitsatz: 1. Die Bundesländer haben die Gesetzgebungskompetenz für die Vorgabe eines vergabespezifischen Mindestlohns. 2. Ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wurde, kann einen letztlich aus dem Gleichbehandlungsgebot abgeleiteten Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber derzeit von der Beauftragung eines anderen Bieters Abstand nimmt, das laufende Vergabeverfahren entweder in ein früheres Stadium zurückversetzt oder aufhebt und ihm auf diese Weise eine zweite Chance zur Abgabe eines wertbaren Angebots gibt. 3. Die Eröffnung einer „zweiten Chance“ durch eine darauf gerichtete Anordnung einer Vergabekammer oder eines Vergabesenats kommt allerdings nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann. 4. Es genügt nicht, wenn lediglich diese Möglichkeit im Raum steht, etwa weil noch die ergebnisoffene Prüfung konkurrierender Angebote durch den Auftraggeber auf Ausschlussgründe aussteht, die diesem einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsebene und/oder einen Ermessensspielraum bei der Rechtsfolge einräumen. 5. Ein Auftraggeber kann dem „Mehrwertsteuerproblem“ im Zusammenhang mit förmlichen Zustellungen dadurch ausweichen, dass er auf jede Aufschlüsselung des Angebotspreises verzichtet und nur die Benennung des Endbetrages verlangt, den ein Bieter für den Fall der Beauftragung je Zustellung beanspruchen will.

Mindestanforderungen – Eignung - Anforderung - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – „a) (Mindest-)Anforderungen an die Eignung dienen allein dem Zweck sicherzustellen, dass nur Unternehmen eine echte Chance auf den Auftrag haben, die nach menschlichem Ermessen die Gewähr für eine einwandfreie und reibungslose Auftragsausführung bieten.Sie sind nicht dafür gedacht, Auftraggeber vor Problemen und Risiken zu bewahren, die nichts mit der Eignung des (potentiellen) Vertragspartners zu tun haben, sondern z.B. auf Besonderheiten und Schwierigkeiten eines bestimmten Marktes zurückzuführen sind. ... b) Welche Eignungsnachweise vorzulegen sind, hat der Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung mitzuteilen (§ 7 EG Abs. 5 Satz 1 VOL/A; § 15 EG Abs. 2 VOL/A i.V.m. dem Standardformular 2). Die Festlegung ist für das weitere Verfahren grundsätzlich verbindlich. ....“

Mindestanforderungen - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz –- - Mindestanforderungen und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: „Eine Mindestanforderung an die Eignung wie die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb kann vom öffentlichen Auftraggeber zwar in Ausübung der ihm eingeräumten Bestimmungsfreiheit festgelegt werden. Aber auch insoweit gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Die Anforderung muss durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sein (§ 7 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A). f) Nach dem unmissverständlichen und keiner abweichenden Auslegung zugänglichen Wortlaut der Bekanntmachung war der Nachweis einer Zertifizierung als Eignungsnachweis mit dem Angebot zu führen. Es genügte allerdings nicht der allgemeine Nachweis, ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb (auch für Grünabfälle) zu sein. Vielmehr hatte jeder Bieter zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit dem Angebot eine Zertifizierungsurkunde beizufügen, die „sämtliche Tätigkeiten der ausgeschriebenen Leistungen“ umfasst. ... Eine entsprechende standortbezogene Zertifizierung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 EfbV) kann aber auch ein Entsorgungsfachbetrieb nur dann nachweisen, wenn er entweder, wie wohl die „Platzhirsche“, schon über eine den Standort Mainz einschließende Zertifizierung verfügt bzw. mit einem lokalen Unternehmen zusammenarbeitet oder innerhalb der Angebotsfrist eine geeignete Fläche findet, die notwendigen Genehmigungen erhält und seine Zertifizierung auf den neuen Standort erweitern lässt.Letzteres ist zum einen unmöglich, zum anderen kann von einem Unternehmen, das überhaupt noch nicht weiß, ob es den Auftrag erhalten wird, nicht verlangt werden, eine Betriebsstätte vorrätig zu halten.“

Mindestlohn - OLG Koblenz, Beschl. v. 16.03.2016 - 1 Verg 8/13 - Postdienstleistungen Landau – Mindestlohn – Gesetzgebungskompetenz – Umsatzsteuer – amtlicher Leitsatz: 1. Die Bundesländer haben die Gesetzgebungskompetenz für die Vorgabe eines vergabespezifischen Mindestlohns. 2. Ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wurde, kann einen letztlich aus dem Gleichbehandlungsgebot abgeleiteten Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber derzeit von der Beauftragung eines anderen Bieters Abstand nimmt, das laufende Vergabeverfahren entweder in ein früheres Stadium zurückversetzt oder aufhebt und ihm auf diese Weise eine zweite Chance zur Abgabe eines wertbaren Angebots gibt. 3. Die Eröffnung einer „zweiten Chance“ durch eine darauf gerichtete Anordnung einer Vergabekammer oder eines Vergabesenats kommt allerdings nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann. 4. Es genügt nicht, wenn lediglich diese Möglichkeit im Raum steht, etwa weil noch die ergebnisoffene Prüfung konkurrierender Angebote durch den Auftraggeber auf Ausschlussgründe aussteht, die diesem einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsebene und/oder einen Ermessensspielraum bei der Rechtsfolge einräumen. 5. Ein Auftraggeber kann dem „Mehrwertsteuerproblem“ im Zusammenhang mit förmlichen Zustellungen dadurch ausweichen, dass er auf jede Aufschlüsselung des Angebotspreises verzichtet und nur die Benennung des Endbetrages verlangt, den ein Bieter für den Fall der Beauftragung je Zustellung beanspruchen will.

Mindestvorgaben (Personal) - OLG Dresden, Beschl. v. 23.09.2016 - Verg 3/16 - Management der Speisenversorgungsleistungen für Kliniken – objektive tatsächliche Nichterfüllung der personellen Anforderungen für den Auftrag (Anzahl der Servicekräfte) - Anforderungen für Inhalt der Angebote: diverse Angaben zum Personaleinsatz und Kosten - trotz fehlender ausdrücklicher Mindestanforderungen in den Vergabeunterlagen Ausschluss nach §§ 16 IV S. 1, 19 IV EG-VOL/A: „Jedoch erfolgte der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin zur Überzeugung des Senates deshalb zu Recht, weil sie zum Standort W. und den dort einzusetzenden Servicekräften von den Vertragsunterlagen i.S.d. § 16 Abs. 4 Satz 1 VOL/A-EG mit der Folge abgewichen ist, dass gemäß § 19 Abs. 3 lit. d) VOL/A-EG der Ausschluss ihres Angebotes unumgänglich war.Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Vergabeunterlagen keine ausdrücklichen Mindestvorgaben für die Anzahl der am Standort W. einzusetzenden Servicekräfte enthalten. Dies bedeutet indes nicht, dass die Bieter in ihren Angaben völlig frei gewesen wären. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Angebotsunterlagen die Angabe jedenfalls so viele Servicekräfte erwarten ließen, wie zur ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung mindestens notwendig sind. Die Antragsgegnerin hat erklärt, dass mit nur vier Servicekräften der Arbeitsanfall in W. nicht zu bewältigen sei. Der Senat folgt ihr in dieser Bewertung. Denn sie ist erkennbar zutreffend, so dass es auf die Frage, ob und in welchen Grenzen der Antragsgegnerin in Bewertung der Angebote und namentlich mit Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 lit. d VOL/A-EG ein Beurteilungsspielraum zusteht, letztlich nicht ankommt. Die offenkundigen Abweichungen der von der Antragstellerin für W. eingeplanten Einsatzkräfte zu der Anzahl der Vollzeitkräfte an anderen Standorten, insbesondere am Standort E., liegen auf der Hand und rechtfertigen ohne weiteres den von der Antragsgegnerin gezogenen Schluss. Denn während das Angebot der Antragstellerin für den Standort E. 1,28 Vollzeitkräfte pro Station vorsieht, sind es für den Standort W. nur 0,57 Vollzeitkräfte pro Station (zur Berechnung vgl. Seite 12 der Antragserwiderung vom 10.03.2016, Bl. 353 der Vergabeakte).....“ (weitere ausführliche Darlegung folgt).

Mitwirkungspflicht - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Antragsbefugnis – Ausschluss wegen Änderung der Vergabeunterlagen – eindeutige Leistungsbeschreibung und Änderung – falsche Leistungsbeschreibung – Mitwirkungspflicht der Bieter – Zulässigkeit nachträglicher „kleinerer Änderungen“ der Vergabeunterlagen durch Auftraggeber -Antragsbefugnis: „Die Antragstellerin ist auch hinsichtlich Los 3 gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, dürfen an die in § 107 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. EuGH, Beschluss vom 19.6.2003, C 249/01; BVerfG, Beschluss vom 29.7.2004, 2 BvR 2248/03 - juris). Dafür, dass der Antragstellerin infolge der Missachtung von § 97 Abs. 1 GWB zumindest ein Schaden zu entstehen droht, genügt, dass der behauptete Vergabeverstoß geeignet ist, die Aussichten auf den Zuschlag zu beeinträchtigen (BVerfG a.a.O.). Die Antragsbefugnis fehlt der Antragstellerin nicht deshalb, weil andere Bieter in Bezug auf Los 3 preislich erheblich günstiger geboten haben. Der Einwand der Beigeladenen Ziffer 2, das Rechtsschutzziel der Antragstellerin gehe lediglich dahin, dass ihre Angebote in der Wertung verblieben, sodass sich an der grundsätzlichen Rangfolge nichts ändere, greift zu kurz. Wenn man den Standpunkt der Antragstellerin als zutreffend unterstellt, wären die Ausschreibungsunterlagen der Antragsgegner im Hinblick auf die 10%-Regel und die Werkstattkosten nicht eindeutig, sodass sowohl die von ihr vertretene Auslegung der Vertragsunterlagen als auch die Lesart der Beigeladenen zulässig wäre. Dies hätte jedoch zur Folge, dass, um vergleichbare Angebote zu erhalten, die Vergabeunterlagen eindeutiger gestaltet werden müssten und das Vergabeverfahren bis zu diesem Zeitpunkt zurückversetzt werden müsste. Bei den nach Ansicht der Antragstellerin unklaren Ausschreibungsbedingungen handelt es sich um solche mit Preisrelevanz. Dann könnten die Bieter aber auch in preislicher Hinsicht überarbeitete Angebote abgeben, sodass nicht ausgeschlossen ist, dass das Angebot der Antragstellerin zu Los 3 preislich günstiger läge als das anderer Bieter.

Mitwirkungspflicht - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV –Mitwirkungspflicht der Bieter: „Der Gefahr unbewusst erzeugter Unklarheiten begegneten die Antragsgegner im Übrigen mit der Aufforderung in 9.2 der AzA, wonach die Bieter unverzüglich auf Unklarheiten hinzuweisen hatten. Daher traf die Antragstellerin eine entsprechende Mitwirkungspflicht. Unerheblich ist, dass die in den ursprünglichen Vergabeunterlagen hierzu enthaltene 12-Tage-Frist für Nachfragen unverändert beibehalten worden ist. Denn die Antragstellerin hatte keine Zweifel, dass die von ihr vertretene Auslegung der Vergabeunterlagen zutreffend ist. So formulierte sie in ihrer Beschwerdeschrift im Konjunktiv“ „selbst wenn die Antragstellerin in Bezug auf die hier maßgebliche Bieterinformation Nr. 481 Zweifel gehabt hätte und nachgefragt hätte, wäre diese Nachfrage nicht mehr beantwortet worden.“ Ob die ursprüngliche Angebotsfrist bis 9.10.2015 noch galt, als die Bieterinformation Nr. 481 versandt wurde bzw. erst am 5.10.2015 bis 16.10.2015 verlängert wurde, als die 12-Tage-Frist abgelaufen war, spielt daher keine Rolle. Hätte die Antragstellerin Zweifel gehabt, hätte sie eine entsprechende Bieteranfrage stellen können und die zwölf Tagesfrist bzw. die ihrer Ansicht nach nicht fristgerechte Verlängerung rügen können und müssen.“

Nachrangige Leistung – Anhang IB - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Nachweisliste - OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 –unvollständige Nachweisliste („Gemäß § 9 Abs. 4 EG VOL/A sind Auftraggeber verpflichtet, Nachweise, die zwingend im Vergabeverfahren vorzulegen sind, in einer abschließenden Liste zusammenzustellen. Hieran hat sich der Antragsgegner gehalten und in den Bewerbungsbedingungen unter Ziffer 4 im Sinne dieser Pflicht unter dem ausdrücklichen Hinweis auf § 9 Abs. 4 EG VOL/A lediglich ausgeführt, dass die in Anlage 1 Vordruck 1 enthaltenen Nachweise beizufügen sind.“) -Auslegung des Angebots („Sicht eines mit den Umständen vertrauten Dritten“ etc.) –

Nebenangebot OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 –abgeänderte Vergabeunterlagen und im Streitfall zulässiges Nebenangebot:Ein Nebenangebot liegt nach der Rechtsprechung immer dann vor, wenn ein Bieter eine andere als nach der Leistungsbeschreibung vorgesehene Art der Ausführung anbietet. Der Begriff "Nebenangebot" setzt eine Abweichung vom geforderten Angebot voraus, und zwar eine Abweichung jeder Art, unabhängig von ihrem Grad, ihrer Gewichtung oder ihrem Umfang (VK Lüneburg, Beschluss vom 12.06.07 - VK 23/2007). Als Nebenangebote sind alle Angebote anzusehen, die, und sei es auch nur geringfügig, von dem vom Auftraggeber geforderten Angebot abweichen (Müller/Wrede, a.a.O., § 19 EG Rz. 178, § 15 EG Rz. 40 mwN). Ob das Angebot der Antragstellerin, das vorliegend alle Anforderungen der Ausschreibung erfüllt und lediglich darüberhinausgehende Leistungen anbietet, ein Nebenangebot im vorbeschriebenen Sinne darstellt, braucht allerdings nicht entschieden zu werden. bb) Die Abgabe von Nebenangeboten war nämlich nach den Vergabeunterlagen ausdrücklich ausgeschlossen. Nach dem dargestellten Inhalt der Telefonate, kann auch aus der maßgeblichen Empfängersicht der Bieterin nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge M trotz Unkenntnis der Vergabeunterlagen der Antragstellerin entgegen seiner eigenen Aussage verbindlich zusagen wollte und zugesagt hat, dass die Antragstellerin ein Nebenangebot abgeben könne, das zwingend in die Wertung miteinfließt.“ –

Öffentlich-rechtliche Kooperation – gegenläufige Interessen - OLG Dresden, Beschl. v. 29.09.2016 - Verg 4/16 - Vertrag über ein Modellvorhaben nach § 63 SGB V zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch fachübergreifende gestuften primärärztlichen Versorgung – vergaberechtspflichtig – keine vergaberechtsfreie öffentlich-rechtliche Kooperation wegen Verfolgung unterschiedlicher, sogar gegenläufiger Interessen (AOK und Kassenärztliche Vereinigung) - § 101b GWB a.F.

Option - unzulässige Verlängerungsklausel und Option – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

PPP - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2016 - 11 Verg 9/16 - Neubau des Polizeipräsidiums XXX im Wege einer Public Private Partnership – europaweite Ausschreibung - Gegenstand des Beschaffungsvorhabens: Grundstücksankauf, die Planung, Errichtung und Finanzierung des Polizeipräsidiums sowie die anschließende Vermietung und Bewirtschaftung - §§ 97, I, VII, 128 III, IV GWB – maßgebliche Punkte Eindeutigkeit der Vergabeunterlagen, Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen -Amtliche Leitsätze: 1. Ein Angebot kann nur dann wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen in dem maßgeblichen Punkt unmissverständlich und eindeutig sind. 2. Will die Vergabestelle auf Nachfragen eines Bieters eine eher fernliegende „großzügige" Interpretation einer bestimmten, kalkulationsrelevanten Anforderung in den Vergabeunterlagen zugrunde legen, hat sie zur Wahrung der Transparenz und Gleichbehandlung auch die anderen Bieter vor Angebotsabgabe auf diese Auslegungsmöglichkeit hinzuweisen. 3. Eine Beigeladene kann auch dann nach § 128 Abs. 3, 4 GWB a.F. an den Kosten des Nachprüfungsverfahrens beteiligt werden, wenn sie zwar ausdrücklich auf eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung verzichtet, das Verfahren jedoch durch die Einreichung umfangreicher Schriftsätze gefördert hat.

Projekte - innovative Projekte - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Rahmenvereinbarungen – Leistungsbeschreibung - Das grundsätzliche Verbot, .... ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A 2009 übernommen worden (vgl. § 7 VOL/A, § 8 VOL/A). Es besteht als solches nicht mehr und ist auch auf die vorliegende Ausschreibung nicht anzuwenden. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, lassen sich nach der derzeit geltenden Rechtslage in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstanden ..... In diesem Sinn unzumutbar kann zum Beispiel eine Verlagerung vertragstypischer Risiken sein, so unter Umständen eine Überbürdung des die ausgeschriebene Leistung bestreffenden Verwendungsrisikos auf den Auftragnehmer. Generell stellt es indes keine unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn der Bieter/Auftragnehmer gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken tragen soll, die vertragstypischerweise ohnedies ihm obliegen. Die Zumutbarkeitsschwelle erhöht sich sich bei einer Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen (im weitesten Sinne) zu Lasten der Bieter. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen - in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen - erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A als auch nach § 4 Abs. 1 VOL/A-EG ist der in Aussicht genommene Auftragsumfang lediglich "so genau wie möglich zu ermitteln" (und bekannt zu geben), er "braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden" (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012, Az. VII-Verg 90/11.....). Dagegen ist von den Antragsgegnerinnen nicht verstoßen worden.“

Rechtsverletzung - Geltendmachung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 – Pregabalin - Rabattvereinbarungen - § 97 VII GWB: „Eine Rechtsverletzung ist geltend gemacht, wenn nach der Sachdarstellung des Antragstellers der Auftraggeber im Vergabeverfahren gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoßen hat und eine Verletzung seiner Rechte möglich erscheint. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes kann die Antragsbefugnis danach nur dann fehlen, wenn eine Rechtsbeeinträchtigung offensichtlich nicht gegeben ist. Stets ist aber erforderlich, dass sich der Antragsteller auf eine Verletzung bieterschützender Vergabevorschriften berufen kann.“ – nicht hinreichend klare Leistungsbeschreibung – Verleitung des Gewinners zu Patentverletzungen

Rechtsverletzung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Rechtsverletzung:Insoweit reicht es aus, dass nach der Darstellung des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Unternehmens eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint. Aus Gründen des effektiven Rechtschutzes, der im Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 GWB durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ermöglicht werden soll, kann die Antragsbefugnis nämlich nur einem Unternehmen fehlen, bei dem offensichtlich eine Rechtsbeeinträchtigung nicht vorliegt (BGHZ 183, 95 ff. Rn. 27 - Endoskopiesysteme). ...

Rechtsverletzung (falsche Verfahrensart) - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – Antragsbefugnis – drohender Schaden – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I Teil B - falsche Verfahrensart (Freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung) eindeutige und nicht erschöpfende Leistungsbeschreibung – unzulässiges Bewertungssystem (Schulnotensystem) - Antragsbefugnis (§ 107 II GWB) bei Rechtsverletzung und drohendem Schaden durch falsche Verfahrensart: „Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht ... nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.“

Reform – Vorwirkung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Rüge – Nachprüfungsverfahren ohne vorherige Rüge -OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27.06.2016 - 1 Verg 2/16 – Abfallbeseitigung - Gefäßstellung und -bewirtschaftung in 40 saarländischen Kommunen, aufgeteilt in fünf Regionallose – ausführlich zur Antragstellung vor der zwingend erforderlichen Rüge an den Auftraggeber (Unzulässigkeit – abgesehen von Ausnahmefällen) – grundsätzliche Zulässigkeit von Bietergemeinschaften – Darlegung der Gründe für die Bietergemeinschaft nicht mit Angebot, sondern erst auf Aufforderung durch Auftraggeber – Grundsätze:Bietergemeinschaften zwischen gleichartigen Unternehmen können wettbewerbsunschädlich sein, wenn die beteiligten Unternehmen ein jedes für sich zu einer Teilnahme an der Ausschreibung mit einem eigenständigen Angebot aufgrund ihrer betrieblichen oder geschäftlichen Verhältnisse (z.B. mit Blick auf Kapazitäten, technische Einrichtungen und/oder fachliche Kenntnisse) objektiv nicht leistungsfähig sind, und erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft sie in die Lage versetzt, sich daran zu beteiligen, so dass die Entscheidung zur Zusammenarbeit auf einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Unternehmensentscheidung beruht (vgl. BKartA Bonn, Beschluss vom 05. Januar 2016 - VK 1 - 112/15 - juris, Rn. 42). Maßgebend ist somit, ob eine selbständige Teilnahme der Bietergemeinschaftsmitglieder an einer Ausschreibung wirtschaftlich nicht zweckmäßig und kaufmännisch nicht vernünftig wäre (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1983 - KRB 3/83 - juris, Rn. 16). Nicht ausreichend ist hingegen das von jedem Kartell verfolgte Ziel, Aufwendungen zu sparen oder die zu erzielende Vergütung zu maximieren (Jäger/Graef, NZBau 2012, 213, 215). Die zulässige Eingehung einer Bietergemeinschaft ist hiernach nicht allein davon abhängig, dass die beteiligten Einzelunternehmen objektiv - was, sieht man von der Fa. J B r Entsorgungs-GmbH ab, streitig ist - nicht in der Lage sind, den Auftrag allein auszuführen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1983 - KRB 3/83 - juris, Rn. 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01. Juli 2015 - VII-Verg 17/15 - juris, Rn. 14). Ist der Zusammenschluss in einer Bietergemeinschaft wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig wird durch die Zusammenarbeit der Wettbewerb nicht nur nicht beschränkt, sondern aufgrund des gemeinsamen Angebots gestärkt. In subjektiver Hinsicht ist außerdem darauf abzustellen, ob die Zusammenarbeit eine im Rahmen wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Unternehmensentscheidung darstellt. Dabei ist den beteiligten Unternehmen eine Einschätzungsprärogative zuzuerkennen, deren Ausübung im Prozess nicht uneingeschränkt, sondern - wie im Fall eines Beurteilungsspielraums - lediglich auf die Einhaltung ihrer Grenzen, kurz zusammengefasst: auf Vertretbarkeit, zu kontrollieren ist (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 01. Februar 2016 - Z3-3-3194-1-58-11/15 - juris, Rn. 133 mwN; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01. Juli 2015 - VII-Verg 17/15 - juris, Rn. 16). Die als Bieter auftretende Bietergemeinschaft muss daher darlegen, dass ihre Bildung und Angebotsabgabe nicht gegen § 1 GWB verstößt.“

Rüge - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Rüge (Erkennbarkeit): „Dabei ist die Erkennbarkeit auf die einen Rechtsverstoß begründenden Tatsachen und auf deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstoß zu beziehen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 - VII-Verg 16/11 - juris Rn. 44, VergabeR 2011, 868; OLG Celle VergabeR 2011, 669, 672).“

Rüge - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Mitwirkungspflicht der Bieter: „Der Gefahr unbewusst erzeugter Unklarheiten begegneten die Antragsgegner im Übrigen mit der Aufforderung in 9.2 der AzA, wonach die Bieter unverzüglich auf Unklarheiten hinzuweisen hatten.Daher traf die Antragstellerin eine entsprechende Mitwirkungspflicht. Unerheblich ist, dass die in den ursprünglichen Vergabeunterlagen hierzu enthaltene 12-Tage-Frist für Nachfragen unverändert beibehalten worden ist. Denn die Antragstellerin hatte keine Zweifel, dass die von ihr vertretene Auslegung der Vergabeunterlagen zutreffend ist. So formulierte sie in ihrer Beschwerdeschrift im Konjunktiv“ „selbst wenn die Antragstellerin in Bezug auf die hier maßgebliche Bieterinformation Nr. 481 Zweifel gehabt hätte und nachgefragt hätte, wäre diese Nachfrage nicht mehr beantwortet worden.“ Ob die ursprüngliche Angebotsfrist bis 9.10.2015 noch galt, als die Bieterinformation Nr. 481 versandt wurde bzw. erst am 5.10.2015 bis 16.10.2015 verlängert wurde, als die 12-Tage-Frist abgelaufen war, spielt daher keine Rolle. Hätte die Antragstellerin Zweifel gehabt, hätte sie eine entsprechende Bieteranfrage stellen können und die zwölf Tagesfrist bzw. die ihrer Ansicht nach nicht fristgerechte Verlängerung rügen können und müssen.“

Rüge - OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 –Rügeobliegenheit (restriktive Auslegung: „Die Obliegenheit zur vorprozessualen Rüge ist zwingende Sachentscheidungs- oder Zugangsvoraussetzung für das Nachprüfungsverfahren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2000 - Verg 9/00; Ziekow/Völlink, a.a.O., § 107 Rz. 36). Im Lichte der europarechtlich gewährten Rechtsschutzgarantie sind die Bestimmungen über die Rügeobliegenheit allerdings restriktiv auszulegen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners hat die Antragstellerin jeweils unverzüglich nach Kenntnis einen sie betreffenden Vergaberechtsverstoß in das laufende Vergabenachprüfungsverfahren eingeführt.“)

Rüge – Rechtzeitigkeit – Erkennbarkeit - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung –Rüge (Erkennbarkeit): „3. Der Antragsteller hat nicht gegen die ihm obliegenden Rügepflichten gemäß § 107 Abs. 1 GWB verstoßen. Nach § 107 Abs.3 S.1 Nr.2 und Nr.3 GWB muss der Bieter Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe rügen.a) Die Vergabekammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller, sofern er eine Rügepflicht bis zur Angebotsabgabe gehabt hätte, sich nicht auf eine Verletzung der Informationspflicht nach § 101a GWB berufen kann (vgl. OLG München Beschluss vom 31.1.2013 Verg 31/12). b) Der Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen konnte entnommen werden, dass eine nationale Ausschreibung durchgeführt wird, jedoch nicht, von welchem Auftragswert die Antragsgegnerin ausgeht. Aus den Unterlagen ergibt sich lediglich, dass das Entgelt pro Beförderungskilometer anzubieten und pro Schultag von einer Gesamtfahrleistung von ca. 150 – 200 km auszugehen ist, wobei die jeweils notwendigen Fahrleistungen stark von Stundenplan abhängig sind. c) Nach Bewertung des Senates war für ein Busunternehmen mit dem Zuschnitt des Unternehmens des Antragstellers weder aus der Bekanntmachung noch den Vergabeunterlagen erkennbar, dass unter Verletzung von vergaberechtlichen Vorschriften eine europaweiter Ausschreibung unterblieben ist.“

Schätzung – falsche - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Schätzung – Rüge (Erkennbarkeit) – Frist für Feststellung der Unwirksamkeit - drohender Schaden – unzulässiges nicht offenes Verfahren statt offenem Verfahren und drohender Schaden – falsche Verfahrensart - §§ 107 II GWB, 3 VgV - Schätzung: „Der Weg zu den Nachprüfungsinstanzen ist eröffnet, weil der Schwellenwert (§ 2 Abs.1 VgV i.V.m. VO EU Nr. 1336/2013) in Höhe von 207.000,00 € überschritten ist. a) Der Vergabekammer ist zunächst zuzustimmen, dass seitens der Antragsgegnerin keine ordnungsgemäß dokumentierte qualifizierte Schätzung des Auftragswertes vorgelegt wurde. Abgesehen von den Zweifeln, ob die Kostenschätzung vor Aufforderungen zur Angebotsabgabe erfolgt ist, ist die Schätzung unvertretbar, da die Sonderfahrten (Ziffer 23 der Allgemeinen Vertragsbedingungen) nicht berücksichtigt worden sind. Des Weiteren ist ein konkreter Auftragswert auch nicht in den Aufstellungen benannt, sondern es befindet sich in den Vergabeakten lediglich eine Aufstellung der an den Antragsteller gezahlten Nettobeträge in dem Zeitraum von Januar 2013 – Mai 2015 wieder, etwaige Kostensteigerungen oder sonstige zu berücksichtigende Änderungen gegenüber den vorangegangenen Jahren enthält diese Aufstellung nicht. b) Der Senat schließt sich der Schätzung der Vergabekammer an. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Ausschlaggebender Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet oder das Vergabeverfahren auf andere Weise eingeleitet wird. Bei der Kostenschätzung kann auf die für die gleiche Leistung gezahlten Beträge der vorangegangenen Jahre zurückgegriffen werden, wobei jedoch stets zu prüfen ist, ob auf Grund der allgemeinen Kostensteigerung sich der Auftragswert erhöht.Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass kein Grund besteht, die in Ziff. 23 der Allgemeinen Vertragsbedingungen beschriebenen Sonderfahrten nicht in die Kostenschätzung einzubeziehen. Die Sonderfahrten sind Teil des Vertrages, da dort geregelt wird, dass diese Sonderfahrten zum Angebotspreis abzurechnen sind. Auch wenn der Umfang der Sonderfahrten nicht feststeht, kann auf den Leistungsumfang der vorangegangenen Schuljahre zurückgegriffen werden und auf Grundlage der in diesem Zeitraum durchgeführten Sonderfahrten der Auftragswert dieser Position geschätzt werden. Da der Antragsteller in beiden vorangegangenen Schuljahren (2013/2014 und 2014/2015) über 218.000,00 € mit dem Antragsteller abgerechnet hat, ist der Auftragswert auf über 207.000,00 € zu schätzen. Die Antragstellerin wäre daher verpflichtet gewesen, eine europaweite Ausschreibung vorzunehmen.“

Schulnoten – Wertung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Schwere Verfehlung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung –Unzuverlässigkeit im Einzelfall verneint - keine schwere Verfehlung nach § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG: rechtswidriger Ausschluss wegen unzulässig geforderter „Erklärung zu ... Verflechtungen des Bieters ... mit anderen Unternehmen“ ..... Sie widerspricht der in Vergabeverfahren gebotenen Eindeutigkeit und war Bietern nicht zumutbar. .... Gemäß § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG können von der Teilnahme am Wettbewerb Bewerber ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Unspezifizierte Vorwürfe, vage Vermutungen und Verdachtsmomente reichen hierfür nicht aus. Die Verfehlung muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. .... Der Vorwurf einer schweren Verfehlung erfordert darüber hinaus, wie sich aus dem Kontext von § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG mit den in § 6 Abs. 4 VOL/A-EG aufgeführten und ebenfalls einen Angebotsausschluss rechtfertigenden Straftaten ergibt, einen Pflichtenverstoß von einigem Gewicht, der bei der hiesigen Sachlage und in Ansehung der Auslegungsbedürftigkeit der nach Ziffer 6 der Angebotsaufforderung geforderten Erklärung nicht anzunehmen wäre.“ - im Einzelfall abgegebene Erklärungen zwar unrichtig, aber nicht ausreichend für die Annahme einer „schweren Verfehlung“.

Summarisches Verfahren - § 118 I GWB aF - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine Änderung der Vergabeunterlagen: „.... Das Angebot der Beigeladenen war nicht wegen einer unzulässigen Änderung an den Vertragsunterlagen nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A i. V. m. § 16 EG Abs. 4 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A werden diejenigen Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind. Eine Änderung an den Vertragsunterlagen ist grundsätzlich gegeben, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 83). Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – VII-Verg 38/12, juris Rdnr. 29). Ob der Bieter eine unzulässige Abänderung oder Ergänzung der Vertragsunterlagen vorgenommen hat, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen, die der Angebotsaufforderung beigefügt waren, zu ermitteln (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a. a. O., § 16 EG Rdnr. 84). Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind. Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 20. November 2012 – X ZR 108/10, juris Rdnr. 9). In den Anhängen B3 bzw. B4 zu den Betriebsführungsverträgen beider Lose ist jeweils eine Betriebsstruktur dargestellt, die nach Ansicht der Antragsgegnerinnen einen zweckmäßigen und reibungslosen Betrieb der Anlagen ermöglichen. ,,,, Diese Vorgaben erfüllt das Angebot der Beigeladenen.“

Telefonische Auskunft - OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 –keine Abänderung der Vergabeunterlagen durch telefonische Auskunft auf Bieterfragen (konträre Zeugenbekundungen – ausführliche „Würdigung der Zeugenaussagen“)

Transparenz – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Umsatzsteuer - Mehrwertsteuer - OLG Koblenz, Beschl. v. 16.03.2016 - 1 Verg 8/13 - Postdienstleistungen Landau – Mindestlohn – Gesetzgebungskompetenz – Umsatzsteuer – amtlicher Leitsatz: 1. Die Bundesländer haben die Gesetzgebungskompetenz für die Vorgabe eines vergabespezifischen Mindestlohns. 2. Ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wurde, kann einen letztlich aus dem Gleichbehandlungsgebot abgeleiteten Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber derzeit von der Beauftragung eines anderen Bieters Abstand nimmt, das laufende Vergabeverfahren entweder in ein früheres Stadium zurückversetzt oder aufhebt und ihm auf diese Weise eine zweite Chance zur Abgabe eines wertbaren Angebots gibt. 3. Die Eröffnung einer „zweiten Chance“ durch eine darauf gerichtete Anordnung einer Vergabekammer oder eines Vergabesenats kommt allerdings nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann. 4. Es genügt nicht, wenn lediglich diese Möglichkeit im Raum steht, etwa weil noch die ergebnisoffene Prüfung konkurrierender Angebote durch den Auftraggeber auf Ausschlussgründe aussteht, die diesem einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsebene und/oder einen Ermessensspielraum bei der Rechtsfolge einräumen. 5. Ein Auftraggeber kann dem „Mehrwertsteuerproblem“ im Zusammenhang mit förmlichen Zustellungen dadurch ausweichen, dass er auf jede Aufschlüsselung des Angebotspreises verzichtet und nur die Benennung des Endbetrages verlangt, den ein Bieter für den Fall der Beauftragung je Zustellung beanspruchen will.

Unklarheiten – Leistungsbeschreibung - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Mitwirkungspflicht der Bieter: „Der Gefahr unbewusst erzeugter Unklarheiten begegneten die Antragsgegner im Übrigen mit der Aufforderung in 9.2 der AzA, wonach die Bieter unverzüglich auf Unklarheiten hinzuweisen hatten.Daher traf die Antragstellerin eine entsprechende Mitwirkungspflicht. Unerheblich ist, dass die in den ursprünglichen Vergabeunterlagen hierzu enthaltene 12-Tage-Frist für Nachfragen unverändert beibehalten worden ist. Denn die Antragstellerin hatte keine Zweifel, dass die von ihr vertretene Auslegung der Vergabeunterlagen zutreffend ist. So formulierte sie in ihrer Beschwerdeschrift im Konjunktiv“ „selbst wenn die Antragstellerin in Bezug auf die hier maßgebliche Bieterinformation Nr. 481 Zweifel gehabt hätte und nachgefragt hätte, wäre diese Nachfrage nicht mehr beantwortet worden.“ Ob die ursprüngliche Angebotsfrist bis 9.10.2015 noch galt, als die Bieterinformation Nr. 481 versandt wurde bzw. erst am 5.10.2015 bis 16.10.2015 verlängert wurde, als die 12-Tage-Frist abgelaufen war, spielt daher keine Rolle. Hätte die Antragstellerin Zweifel gehabt, hätte sie eine entsprechende Bieteranfrage stellen können und die zwölf Tagesfrist bzw. die ihrer Ansicht nach nicht fristgerechte Verlängerung rügen können und müssen.“

Unwirksamkeit – Feststellung - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – Frist für Feststellung der Unwirksamkeit: „II. Der Antrag auf Feststellung, dass der Vertrag von Anfang an unwirksam war, ist begründet, da die Antragsgegnerin gegen ihre Informationspflicht nach § 101 a GWB verstoßen hat und ein über die Informationspflicht nach § 101a GWB hinausgehender Vergaberechtsverstoß sich zu Lasten des Antragstellers ausgewirkt hat und nicht auszuschließen ist, dass er in seinen Rechten verletzt wurde. Leitsätze: 1. Die Antragsgegnerin ist der ihr nach § 101a GWB obliegenden Informationspflicht nicht nachgekommen. Nach dieser Vorschrift hat der Auftraggeber die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, mitzuteilen sowie über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Die telefonische Mitteilung, dass der Antragsteller nicht berücksichtigt wird, genügt bereits nicht dem Formerfordernis des § 101 GWB und enthält keine Angaben über den Bieter, der den Zuschlag erhalten soll sowie über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller das Schreiben der Antragsgegnerin vom 10.7.2015 erhalten hat, da wiederum der Name des erfolgreichen Bieters und die Angabe, zu welchem Zeitpunkt frühestens ein Vertragsabschluss erfolgt, nicht aufgeführt werden.“

Verdachtsmomente – Verfehlung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung –Unzuverlässigkeit im Einzelfall verneint - keine schwere Verfehlung nach § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG: rechtswidriger Ausschluss wegen unzulässig geforderter „Erklärung zu ... Verflechtungen des Bieters ... mit anderen Unternehmen“ ..... Sie widerspricht der in Vergabeverfahren gebotenen Eindeutigkeit und war Bietern nicht zumutbar. .... Gemäß § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG können von der Teilnahme am Wettbewerb Bewerber ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Unspezifizierte Vorwürfe, vage Vermutungen und Verdachtsmomente reichen hierfür nicht aus. Die Verfehlung muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. .... Der Vorwurf einer schweren Verfehlung erfordert darüber hinaus, wie sich aus dem Kontext von § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG mit den in § 6 Abs. 4 VOL/A-EG aufgeführten und ebenfalls einen Angebotsausschluss rechtfertigenden Straftaten ergibt, einen Pflichtenverstoß von einigem Gewicht, der bei der hiesigen Sachlage und in Ansehung der Auslegungsbedürftigkeit der nach Ziffer 6 der Angebotsaufforderung geforderten Erklärung nicht anzunehmen wäre.“ - im Einzelfall abgegebene Erklärungen zwar unrichtig, aber nicht ausreichend für die Annahme einer „schweren Verfehlung“.

Verfahrensart – falsche - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – Antragsbefugnis – drohender Schaden – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I Teil B - falsche Verfahrensart (Freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung) eindeutige und nicht erschöpfende Leistungsbeschreibung – unzulässiges Bewertungssystem (Schulnotensystem) - Antragsbefugnis (§ 107 II GWB) bei Rechtsverletzung und drohendem Schaden durch falsche Verfahrensart: „Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht ... nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.“

Verfehlung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung – UnzuverlässigkeitUnzuverlässigkeit im Einzelfall verneint - keine schwere Verfehlung nach § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG: rechtswidriger Ausschluss wegen unzulässig geforderter „Erklärung zu ... Verflechtungen des Bieters ... mit anderen Unternehmen“ ..... Sie widerspricht der in Vergabeverfahren gebotenen Eindeutigkeit und war Bietern nicht zumutbar. .... Gemäß § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG können von der Teilnahme am Wettbewerb Bewerber ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Unspezifizierte Vorwürfe, vage Vermutungen und Verdachtsmomente reichen hierfür nicht aus. Die Verfehlung muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. .... Der Vorwurf einer schweren Verfehlung erfordert darüber hinaus, wie sich aus dem Kontext von § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG mit den in § 6 Abs. 4 VOL/A-EG aufgeführten und ebenfalls einen Angebotsausschluss rechtfertigenden Straftaten ergibt, einen Pflichtenverstoß von einigem Gewicht, der bei der hiesigen Sachlage und in Ansehung der Auslegungsbedürftigkeit der nach Ziffer 6 der Angebotsaufforderung geforderten Erklärung nicht anzunehmen wäre.“ - im Einzelfall abgegebene Erklärungen zwar unrichtig, aber nicht ausreichend für die Annahme einer „schweren Verfehlung“.

Verfristung - § 101b II GWB aF - OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3.5.2016 – 11 Verg 12/15 – Online-Rechtsinformationssystem - Frist für Geltendmachung unzulässiger De-facto-Vergabe – Frist nach § 101b II GWB a. F. – Zuschlag vom 17.11.2014 – spätere schriftliche Fixierung der Verträge am 23.07.2015 – Rüge vom 6.7.2015: dreifache Verlängerung der Ausführungsfrist als wesentliche Vertragsänderung als vergaberechtlich relevante unzulässige direkte Vergabe – Verlangen nach (wiederholter) Ausschreibung "Nutzung, Migration und Pflege eines online-Rechtsinformationssystems für das Land Hessen" – Antrag auf Nachprüfung vom 28.08.2015 – Verfristung nach § 101b II GWB (Ablauf der 6-Monatsfrist nach Vertragsschluss) – keine wesentliche Vertragsänderung mit Pflicht zur Neuausschreibung wegen de-facto-Vergabe – Vertrag bestandskräftig – kein eventueller zivilrechtlicher Anspruch auf Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine unzulässige De-facto-Vergabe kann auch im Falle von Vertragsänderungen nur innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluss geltend gemacht werden. Auf den Zeitpunkt der Änderung kann für den Fristbeginn nur dann abgestellt werden, wenn die Änderung isoliert angegriffen werden kann. 2. Ein unterlegener Bieter kann im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht verlangen, dass der Auftraggeber im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem bezuschlagten Bieter von etwaigen Leistungsstörungsrechten

Vergabeart – Verfahrensart - nationale statt europaweite Ausschreibung - OLG München, Beschl. v. 2.6.2016 - Verg 15/15 – ÖPNV – Schülerbeförderung – unzulässiges nicht offenes Verfahren (beschränkte Ausschreibung) statt offenem Verfahren und drohender Schaden – falsche Verfahrensart: „2. Da, wie oben, ausgeführt eine europaweite Ausschreibung hätte erfolgen müssen, liegt auch ein über den Verstoß gegen die Informationspflichten hinausgehender Vergaberechtsverstoß vor. 3. Insoweit für die Begründetheit verlangt wird, dass sich der Verstoß zu Lasten des Bieters ausgewirkt hat und der Bieter in seinen Rechten verletzt wird oder dies zumindest nicht auszuschließen ist, kann auf die obigen Ausführungen unter I. 4 verwiesen werden. III. Der Nachprüfungsantrag erwies sich auch insoweit als begründet, als bei fortbestehender Beschaffungsabsicht eine europaweite Ausschreibung zu erfolgen hat (Vgl. OLG Rostock Beschluss vom 6.11.2015 – 17 Verg 2/15).“

Vergaberechtliche Normen – Patentverletzung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 – Pregabalin - vergaberechtliche Normen i. S. d. § 97 VII GWB: „Bestimmungen über das Vergabeverfahren, die Vorschriften der Verdingungsordnungen, die durch Verweisung in der Vergabeverordnung und in §§ 97 Abs. 6, 7 und 127 GWB Rechtsqualität erlangt haben, sowie ferner die das Verfahren betreffenden Gebote des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB). Zu den bieterschützenden Regelungen, auf deren Einhaltung der Bieter Anspruch hat, gehören überdies auch ganz allgemein von der Verwaltung zu beachtende Grundsätze wie das aus dem Gebot von Treu und Glauben herzuleitende Prinzip, sich nicht in Widerspruch zu eigenem vorangegangenem rechtserheblichen Tun zu setzen, das Gebot der Verfahrensfairness, sowie der verwaltungsrechtliche Grundgedanke, dass rechtmäßige begünstigende Maßnahmen nicht ohne weiteres widerrufen werden können, und der der Selbstbindung der Verwaltung ...“ – nicht ausreichend: Verletzung zu Patentverletzungen durch Auftragnehmer: „Ein etwaiger auch den Antragsgegnerinnen über allgemeines Deliktsrecht zuzurechnender Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatG stellt keine Verletzung einer Vergabevorschrift dar, die im Vergabenachprüfungsverfahren zu überprüfen ist (vgl. § 97 Abs. 2 Satz 1 GWB). Zudem ist die Antragstellerin selbst nicht Inhaberin des in Rede stehenden Verwendungspatents ... Die vorgeworfene Beteiligung der Antragsgegnerinnen an etwaigen Patentverletzungen des im Vergabeverfahren erfolgreichen Generika-Herstellers wird aber über eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm entscheidungsrelevant. Bei dieser Anknüpfungsnorm handelt es sich um das aus § 242 BGB abzuleitende normative Rechtsprinzip, wonach Vertragspartner auch schon bei der Vertragsanbahnung zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind. Sie haben sich danach so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden. Hier .... Verletzung einer Schutzpflicht durch die Antragsgegnerinnen möglich. Zwischen den Parteien bestand ein vorvertragliches Schuldverhältnis, das die genannten Pflichten auslöst. ...“ – Unbegründetheit – kein Verstoß gegen vorvertragliche Schutzpflicht

Vergaberechtsfreiheit - OLG Dresden, Beschl. v. 29.09.2016 - Verg 4/16 - Vertrag über ein Modellvorhaben nach § 63 SGB V zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch fachübergreifende gestuften primärärztlichen Versorgung – vergaberechtspflichtig – keine vergaberechtsfreie öffentlich-rechtliche Kooperation wegen Verfolgung unterschiedlicher, sogar gegenläufiger Interessen (AOK und Kassenärztliche Vereinigung) - § 101b GWB a.F.

Vergabereife - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – „Nach § 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 lit. h) VOL/A ist eine freihändige Vergabe nur zulässig, wenn die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können. Damit ist der Inhalt der Aufgabenlösung gemeint. Nicht-Beschreibbarkeit ist in Betracht zu ziehen, wenn der Auftragnehmer aufgrund ihm zugestandener Kognitions-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume die Aufgabenlösungen selbständig zu entwickeln hat.Dies bezieht sich insbesondere auf hochqualifizierte und geistig-schöpferische Leistungen, wie sie insbesondere bei Beratungsleistungen oder sonstigen freiberuflichen Tätigkeiten nachgefragt werden (vgl. § 1 Abs. 1 VOF).Dabei gibt der Auftraggeber lediglich Zielvorstellungen und einen Leistungsrahmen vor.Die konkrete, detaillierte Aufgabenlösung hat hingegen der Auftragnehmer zu erarbeiten. Eine Leistung ist danach z.B. dann nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar, wenn eine noch nicht existierende Lösung für die gestellte Aufgabe gesucht wird. Dabei mögen zwar einzelne Schritte oder Parameter der Auftragsausführung beschrieben werden können, die inhaltliche Lösung der Aufgabe, mithin das Ergebnis der Auftragsausführung, kann aber nicht ausreichend konkretisiert werden, es sei denn, der Auftraggeber nähme einen zumindest wesentlichen Teil der Aufgabenlösung vorweg, löste die Aufgabe also teilweise selbst, um die Leistung entsprechend genau beschreiben zu können.Dazu ist der Auftraggeber nicht verpflichtet.Eine nicht beschreibbare Aufgabenlösung kann zudem dadurch gekennzeichnet sein, dass die Lösung in Verhandlungen von den Beteiligten entwickelt werden soll. Notwendig ist dies allerdings nicht. Der Auftraggeber darf sich auch darauf beschränken, die Aufgabenlösung vollständig und allein vom Auftragnehmer entwickeln zu lassen, dies zum Beispiel dann, wenn die Lösung auch in Verhandlungen, ohne dass sie dadurch inhaltlich vorweggenommen würde, nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann (BGH, Urt. v. 10.11.2009, X ZB 8/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011, VII-Verg 36/11, juris Rn. 18 f, Nachrichtenmeldungen; Beschl. v. 21.04.2010, VII-Verg 55/09, juris Rn. 41 f., Schiffshebewerk Niederfinow; OLG München, Beschl. v. 28.04.2006, Verg 6/06, juris Rn. 51 ff.). Bei der Frage, ob eine Aufgabenlösung eindeutig beschreibbar ist, hat der Auftraggeber keinen Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraum. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der objektiv entweder erfüllt ist oder nicht. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens abzustellen. In diesem Zeitpunkt vorhandene subjektive tatsächliche oder fachliche Schwierigkeiten des Auftraggebers, die Aufgabenlösung eindeutig zu beschreiben, rechtfertigen nicht,die Lösung in der Leistungsbeschreibung offen zu lassen oder in ein Verhandlungsverfahren auszuweichen.Kognitions- oder Erfahrungsdefizite hat der Auftraggeber durch Aufklärung, gegebenenfalls durch Zuziehen externer sachverständiger Hilfe, zu beseitigen, nicht aber darf er sie gewissermaßen in das Vergabeverfahren "mitnehmen", sofern nicht die Lösung der Aufgabe im Verhandlungsverfahren geklärt werden soll (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.08.2011, VII-Verg 36/11, a.a.O.). Ausgehend von diesen Maßstäben war die Wahl des Verhandlungsverfahrens in der Form einer freihändigen Vergabe nach § 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 VOL/A unzulässig. Der Auftragsgegenstand war, wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, im Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens hinreichend beschreibbar, so dass dem Antragsgegner die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses möglich und zumutbar war. ...“ - fehlende „Vergabereife“

Vergabeunterlagen – Abänderung - - OLG Dresden, Beschl. v. 23.09.2016 - Verg 3/16 - Management der Speisenversorgungsleistungen für Kliniken – objektive tatsächliche Nichterfüllung der personellen Anforderungen für den Auftrag (Anzahl der Servicekräfte) - Anforderungen für Inhalt der Angebote: diverse Angaben zum Personaleinsatz und Kosten - trotz fehlender ausdrücklicher Mindestanforderungen in den Vergabeunterlagen Ausschluss nach §§ 16 IV S. 1, 19 IV EG-VOL/A: „Jedoch erfolgte der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin zur Überzeugung des Senates deshalb zu Recht, weil sie zum Standort W. und den dort einzusetzenden Servicekräften von den Vertragsunterlagen i.S.d. § 16 Abs. 4 Satz 1 VOL/A-EG mit der Folge abgewichen ist, dass gemäß § 19 Abs. 3 lit. d) VOL/A-EG der Ausschluss ihres Angebotes unumgänglich war.Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Vergabeunterlagen keine ausdrücklichen Mindestvorgaben für die Anzahl der am Standort W. einzusetzenden Servicekräfte enthalten. Dies bedeutet indes nicht, dass die Bieter in ihren Angaben völlig frei gewesen wären. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Angebotsunterlagen die Angabe jedenfalls so viele Servicekräfte erwarten ließen, wie zur ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung mindestens notwendig sind. Die Antragsgegnerin hat erklärt, dass mit nur vier Servicekräften der Arbeitsanfall in W. nicht zu bewältigen sei. Der Senat folgt ihr in dieser Bewertung. Denn sie ist erkennbar zutreffend, so dass es auf die Frage, ob und in welchen Grenzen der Antragsgegnerin in Bewertung der Angebote und namentlich mit Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 lit. d VOL/A-EG ein Beurteilungsspielraum zusteht, letztlich nicht ankommt. Die offenkundigen Abweichungen der von der Antragstellerin für W. eingeplanten Einsatzkräfte zu der Anzahl der Vollzeitkräfte an anderen Standorten, insbesondere am Standort E., liegen auf der Hand und rechtfertigen ohne weiteres den von der Antragsgegnerin gezogenen Schluss. Denn während das Angebot der Antragstellerin für den Standort E. 1,28 Vollzeitkräfte pro Station vorsieht, sind es für den Standort W. nur 0,57 Vollzeitkräfte pro Station (zur Berechnung vgl. Seite 12 der Antragserwiderung vom 10.03.2016, Bl. 353 der Vergabeakte).....“ (weitere ausführliche Darlegung folgt).

Vergabeunterlagen - Änderungen (nachträglich durch Auftraggeber) der Vergabeunterlagen - OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2016 - 15 Verg 1/16 – SPNV – Zulässigkeit „kleinerer Änderungen“ der Vergabeunterlagen:Zwar dürfen während des Vergabeverfahrens die Vergabeunterlagen nicht grundlegend und umfangreich geändert werden. Zulässig sind jedoch kleinere Richtigstellungen, Änderungen und Ergänzungen (vgl. Gnittke/Hatting, Müller-Wrede Kom. zur VOL/A, 4. Auflg., § 9 EG VOL/A Rn. 9). Eine grundsätzliche Änderung der Vergabeunterlagen bedeutete es nicht, dass die Antragsgegner mit der Bieterinformation Nr. 481 den Beginn der Pachtzahlung für Los 1 vom 01.07.2019 auf den 09.06.2019 und für Los 2 vom 01.01.2020 auf den 15.12.2019 vorverlegten. Zwar wurde damit erstmals (anders als noch in der Bieterinformation Nr. 419 vom 24.09.2015) eine Berechnung der Quoten unter Zugrundelegung von Wochen und nicht von Monatsanteilen notwendig. Hierdurch änderten die Antragsgegner jedoch nicht die Grundlagen des Wettbewerbs, d.h. die wesentlichen Bedingungen des Auftrags und der Preisbildung. Die grundsätzliche Preisgestaltung und deren Zusammensetzung blieb unverändert. Für die Quotenbildung stellten sie den Bietern mit der überarbeiteten AzA vom 02.10.2015 und der dort auf Seite 5 enthaltenen Tabelle ein entsprechendes Instrumentarium zur Berechnung zur Verfügung.“

Vergabeunterlagen – Ausschluss – Abänderung - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2016 - 11 Verg 9/16 - Neubau des Polizeipräsidiums XXX im Wege einer Public Private Partnership – europaweite Ausschreibung - Gegenstand des Beschaffungsvorhabens: Grundstücksankauf, die Planung, Errichtung und Finanzierung des Polizeipräsidiums sowie die anschließende Vermietung und Bewirtschaftung - §§ 97, I, VII, 128 III, IV GWB – maßgebliche Punkte Eindeutigkeit der Vergabeunterlagen, Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen -Amtliche Leitsätze: 1. Ein Angebot kann nur dann wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen in dem maßgeblichen Punkt unmissverständlich und eindeutig sind. 2. Will die Vergabestelle auf Nachfragen eines Bieters eine eher fernliegende „großzügige" Interpretation einer bestimmten, kalkulationsrelevanten Anforderung in den Vergabeunterlagen zugrunde legen, hat sie zur Wahrung der Transparenz und Gleichbehandlung auch die anderen Bieter vor Angebotsabgabe auf diese Auslegungsmöglichkeit hinzuweisen. 3. Eine Beigeladene kann auch dann nach § 128 Abs. 3, 4 GWB a.F. an den Kosten des Nachprüfungsverfahrens beteiligt werden, wenn sie zwar ausdrücklich auf eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung verzichtet, das Verfahren jedoch durch die Einreichung umfangreicher Schriftsätze gefördert hat.

Vergabeunterlagen – eindeutig - OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2016 - 11 Verg 9/16 - Neubau des Polizeipräsidiums XXX im Wege einer Public Private Partnership – europaweite Ausschreibung - Gegenstand des Beschaffungsvorhabens: Grundstücksankauf, die Planung, Errichtung und Finanzierung des Polizeipräsidiums sowie die anschließende Vermietung und Bewirtschaftung - §§ 97, I, VII, 128 III, IV GWB – maßgebliche Punkte Eindeutigkeit der Vergabeunterlagen, Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen -Amtliche Leitsätze: 1. Ein Angebot kann nur dann wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen in dem maßgeblichen Punkt unmissverständlich und eindeutig sind. 2. Will die Vergabestelle auf Nachfragen eines Bieters eine eher fernliegende „großzügige" Interpretation einer bestimmten, kalkulationsrelevanten Anforderung in den Vergabeunterlagen zugrunde legen, hat sie zur Wahrung der Transparenz und Gleichbehandlung auch die anderen Bieter vor Angebotsabgabe auf diese Auslegungsmöglichkeit hinzuweisen. 3. Eine Beigeladene kann auch dann nach § 128 Abs. 3, 4 GWB a.F. an den Kosten des Nachprüfungsverfahrens beteiligt werden, wenn sie zwar ausdrücklich auf eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung verzichtet, das Verfahren jedoch durch die Einreichung umfangreicher Schriftsätze gefördert hat.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Mindestanforderungen - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz – Mindestanforderungen und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: „Eine Mindestanforderung an die Eignung wie die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb kann vom öffentlichen Auftraggeber zwar in Ausübung der ihm eingeräumten Bestimmungsfreiheit festgelegt werden. Aber auch insoweit gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Die Anforderung muss durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sein (§ 7 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A). f) Nach dem unmissverständlichen und keiner abweichenden Auslegung zugänglichen Wortlaut der Bekanntmachung war der Nachweis einer Zertifizierung als Eignungsnachweis mit dem Angebot zu führen. Es genügte allerdings nicht der allgemeine Nachweis, ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb (auch für Grünabfälle) zu sein. Vielmehr hatte jeder Bieter zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit dem Angebot eine Zertifizierungsurkunde beizufügen, die „sämtliche Tätigkeiten der ausgeschriebenen Leistungen“ umfasst. ... Eine entsprechende standortbezogene Zertifizierung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 EfbV) kann aber auch ein Entsorgungsfachbetrieb nur dann nachweisen, wenn er entweder, wie wohl die „Platzhirsche“, schon über eine den Standort Mainz einschließende Zertifizierung verfügt bzw. mit einem lokalen Unternehmen zusammenarbeitet oder innerhalb der Angebotsfrist eine geeignete Fläche findet, die notwendigen Genehmigungen erhält und seine Zertifizierung auf den neuen Standort erweitern lässt.Letzteres ist zum einen unmöglich, zum anderen kann von einem Unternehmen, das überhaupt noch nicht weiß, ob es den Auftrag erhalten wird, nicht verlangt werden, eine Betriebsstätte vorrätig zu halten.“

Verhandlungsverfahren – IT-Bereich - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Verhandlungsverfahren - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – Antragsbefugnis – drohender Schaden – nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I Teil B - falsche Verfahrensart (Freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung) eindeutige und nicht erschöpfende Leistungsbeschreibung – unzulässiges Bewertungssystem (Schulnotensystem) - Verstoß durch Verhandlungsverfahren: „Im Unterschied zum offenen bzw. nicht offenen Verfahren muss der Leistungsgegenstand nicht bereits in der Ausschreibung in allen Einzelheiten festgeschrieben sein, und es dürfen Angebote auch abgeändert werden.Verhandeln im Sinne des § 101 Abs. 4 GWB (§ 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 lit.h) VOL/A) heißt, dass Auftraggeber und potentieller Auftragnehmer Auftragsinhalt und Auftragsbedingungen solange besprechen, bis klar ist, was der Auftraggeber tatsächlich und konkret beschaffen will, zu welchen Konditionen der Auftragnehmer dies leistet und insbesondere zu welchem Preis geleistet wird.Während das Verhandlungsverfahren strengen gesetzlichen Einleitungsvoraussetzungen unterworfen ist, gelten im Hinblick auf die Verfahrensgestaltung nur wenige formale Anforderungen. Dennoch handelt es sich um ein geregeltes Vergabeverfahren, bei dem der Auftraggeber die wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts, namentlich die Grundsätze des Wettbewerbs (§ 97 Abs. 1 GWB), der Transparenz (§ 97 Abs. 1 GWB) und der Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 2 GWB) einzuhalten hat.“

Verkehrsinfrastrukturprojekte - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Verlängerung – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Vermutungen – Verfehlung -OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung –Unzuverlässigkeit im Einzelfall verneint - keine schwere Verfehlung nach § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG: rechtswidriger Ausschluss wegen unzulässig geforderter „Erklärung zu ... Verflechtungen des Bieters ... mit anderen Unternehmen“ ..... Sie widerspricht der in Vergabeverfahren gebotenen Eindeutigkeit und war Bietern nicht zumutbar. .... Gemäß § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG können von der Teilnahme am Wettbewerb Bewerber ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Unspezifizierte Vorwürfe, vage Vermutungen und Verdachtsmomente reichen hierfür nicht aus. Die Verfehlung muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. .... Der Vorwurf einer schweren Verfehlung erfordert darüber hinaus, wie sich aus dem Kontext von § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG mit den in § 6 Abs. 4 VOL/A-EG aufgeführten und ebenfalls einen Angebotsausschluss rechtfertigenden Straftaten ergibt, einen Pflichtenverstoß von einigem Gewicht, der bei der hiesigen Sachlage und in Ansehung der Auslegungsbedürftigkeit der nach Ziffer 6 der Angebotsaufforderung geforderten Erklärung nicht anzunehmen wäre.“ - im Einzelfall abgegebene Erklärungen zwar unrichtig, aber nicht ausreichend für die Annahme einer „schweren Verfehlung“.

Vertragsänderung bzw. –erweiterung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Verstoß gegen das Transparenz - und Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) durch Leistungsänderungsklausel: „Die Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrag verschaffen dem Auftraggeber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Auftrag nachträglich in wesentlichem Umfang zu ändern. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einer wesentlichen Vertragsänderung auszugehen, wenn (1) hierdurch Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebot erlaubt hätte, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, (2) sie den Auftrag in größerem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder (3) das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454 /06 - Pressetext; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juli 2011; VII Verg 20/11 ... OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014, VII - Verg 32/13 ... ).“ – Anspruch auf quantitative Änderungen der Leistung - Zu- oder Abbestellungen – qualitative zusätzliche Anforderungen an Fahrkartenautomaten oder Ähnliches - pro Kalenderjahr bis 5 % der Jahresvergütung mehr, auf neun Jahre bis 20 % der Gesamtvergütung: „Handelt es sich bei den maximal möglichen Leistungsanpassungen um Zubestellungen, ist der maßgebliche Schwellenwert in jedem Fall überschritten. Ausgehend von dem jährlichen Auftragswert, den der Antragsgegner ausweislich seines Vergabevermerks vom 16. Juli 2015 geschätzt hat (Vergabevermerk Seite 3 Ziff. 2.): 7,2 Mio. € p.a.), wäre der Schwellenwert von 207.000 € sowohl bei einer Vertragserweiterung in Höhe von maximal 5 % der Jahresvergütung (ca. 360.000 €) als auch in Höhe von max. 20 % der Gesamtvergütung (ca. 12,96 Mio. €) überschritten. ... Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot scheidet nicht deshalb aus, weil der Antragsgegner die Möglichkeit zur Vertragsänderung bereits bei der Ausschreibung des in Rede stehenden Auftrags vorgesehen und die Bieter hierüber informiert hat, indem er ihnen den Entwurf des Vertriebsdienstleistungsvertrags zusammen mit den übrigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt an einer vorherigen Bekanntmachung einer Vertragserweiterung .... (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 2. 2014, VII-Verg 32/13, ...). Da in dem Standardformular für die Bekanntmachung regelmäßig nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, können die Informationen in den Vergabeunterlagen als natürliche Ergänzung der Bekanntmachung näher ausgeführt werden (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 (C-423/07, Kommission/Spanien, Rn. 60). Diesen Anforderungen genügen die Angaben des Auftraggebers nicht. Er hat für die Bekanntmachung das Standardformular gemäß Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 verwendet. Dort werden unter Ziff. II.2.2) Angaben zu Optionen gefordert. Der Antragsgegner hat angegeben: "Optionen: ja; Beschreibung der Optionen: - weitere stationäre Fahrkartenautomaten - weitere Entwerter". Anders als die Vergabekammer meint, handelt es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel um eine Option. Unter einer Option wird die Rechtsmacht einer Vertragspartei verstanden, durch einseitige Erklärung den Leistungsumfang in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zu verändern (Rechten in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 15 EG Rn. 39). Hierzu zählen in der Regel Vertragsverlängerungsklauseln oder auch Bedarfspositionen.Charakterisierend ist in jedem Fall, dass die betreffende Leistung erst nach einer einseitigen Erklärung des Auftraggebers vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ein solches Optionsrecht ist in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags geregelt. Dort enthalten sind Regelungen, nach welchem Verfahren und in welchem Rahmen die zu erbringenden Vertriebsdienstleistungen quantitativ und qualitativ nachträglich geändert werden können. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der Antragsgegner eine Änderung der Vertriebsleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwar nur gemeinsam mit dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen verlangen. Gleichwohl hängt die Änderung der Leistung nicht von einem Zutun des Auftragnehmers ab und wird daher einseitig verlangt. Enthält § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags somit ein Optionsrecht des Antragsgegners, sind die Angaben in der Bekanntmachung nicht ausreichend. Aus den Angaben unter II.2.2) der Bekanntmachung ergibt sich zwar, dass Optionen vorgesehen sind. Allerdings betreffen diese Optionen nicht nur - wie dort angegeben - weitere stationäre Fahrkartenautomaten und Entwerter. Sie betreffen vielmehr den gesamten Leistungsumfang in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Entscheidend aber ist, dass die Bekanntmachung keine Angaben dazu enthält, in welchem Umfang und unter welchen Umständen der Vertrag geändert werden kann. Anders als der Antragsgegner meint, ist eine vollständige Bekanntgabe der Regelungen in § 11 des Vertriebsdienstleistungsvertrags nicht zu fordern. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine zumindest stichwortartige Bekanntgabe einer maximal möglichen Auftragserweiterung. Daran fehlt es hier.“

Vertragsschluss - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung – Unzuverlässigkeit - vergaberechtliche Möglichkeit des Vertragsschlusses nach nicht rechtzeitiger Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist – verspäteter Zuschlag und rechtzeitige Annahmeerklärung des Bieters (BGH, Urteil v. 28.10.2003 - X ZR 248/02; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.02.2009 - VII-Verg 70/08) – falsche „Erklärung zu gesellschaftsrechtlichen und/oder personellen, räumlichen bzw. organisationellen und sonstigen Verflechtungen des Bieters/der Mitglieder der Bietergemeinschaft mit anderen Unternehmen“ unterfällt nicht § 6 Abs. 6 lit. e) VOL/A-EE, sondern dient der Prüfung der Einhaltung des Geheimwettbewerbs: „Mit Eignung hat dies nichts zu tun.“ – Voraussetzung der Unzuverlässigkeit: „Als unbestimmter Rechtsbegriff unterliegt das Kriterium der Zuverlässigkeit, soweit damit eine Prognose mit Blick auf das künftige Vertragsverhalten des Bieters verbunden ist, einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen auf Einhaltung der Grenzen des Beurteilungsspielraums, insbesondere darauf, ob von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist, allgemeine Wertungsgrundsätze beachtet worden und keine sachwidrige Erwägungen in die Wertung eingeflossen sind. Es werden keine sachfremden Erwägungen angestellt, wenn der Auftraggeber bei der Beurteilung auf Erfahrungen zurückgreift, die er mit dem Bewerber bei der Abwicklung eines früheren Auftrags gemacht hat, insbesondere dann, wenn sich daraus vertragliche Verfehlungen ergeben haben. Das Merkmal der Zuverlässigkeit darf - soll es aussagekräftig bewertet werden - nicht aufgrund einer bloßen Momentaufnahme im Rahmen einer laufenden Ausschreibung beurteilt werden, will sich der Auftraggeber nicht dem Vorwurf aussetzen, einen unvollständigen Sachverhalt zu Grunde gelegt zu haben. Vielmehr ist gerade auch das frühere Vertragsverhalten eines Unternehmers zu berücksichtigen.“

Vertriebsdienstleistung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

VOF - OLG Bremen, Beschl. v. 29.01.2016 - 2 Verg 3/15 - Planungsleistungen Scharoun-Bau – VOF – Verhandlungsverfahren – Aufhebung im VOF-Verfahren (?) – Aufhebung wegen ungesicherter Finanzierung etc. bzw. Änderungen des Auftragsgegenstandes – fortbestehender Vergabewille – unberechtigte Aufhebung (zum einen in der VOF nicht geregelt – aber auch bei analoger Anwendung der §§ 17 VOL/A, 17 VOB/A nicht eingreifend): „Da sich das Verhandlungsverfahren als ein dynamischer Prozess darstellt, in dem sich durch Verhandlungen Veränderungen ergeben können (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - VII ZR 255/08 -, BeckRS 2010,07502; Weyand, a.a.O., Rn. 121 zu § 101 GWB) sind Modifikationen solange vom Verfahren gedeckt, wie die Identität als solche gewahrt bleibt und kein "Aliud", also etwas qualitativ anderes entsteht (Weyand, aaO.). Wenn es nicht mehr damit getan ist, einen planerischen Entwurf einer veränderten Situation anzupassen, sondern eine völlig neue planerische Konzeption im Raum entsteht, handelt es sich nicht mehr um denselben Leistungsgegenstand (OLG Celle, Beschl. v. 15.07.2010 - 13 Verg 9/10 -; NZBau 2010, 641). Davon kann aber hier keine Rede sein. Der Antragsgegner hat zu keinem Zeitpunkt eine neue planerische Konzeption im Sinne eines "Aliud" gefordert. Wie bereits oben zu (3) ausgeführt, wurde die architektonische Planung in einem langjährigen dynamischen Prozess wechselnden Situationen, wie sie in verschiedener Weise vorgegeben wurden, angepasst. Dadurch entstanden Veränderungen, aber es ergab sich nicht etwas ganz anderes.“

Vorlagepflicht gemäß § 124 Abs. 2 GWB -OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.05.2016 - 1 Verg 1/16 – ÖPNV – Regio-Buslinie R1 –: „Eine Vorlagepflicht gemäß § 124 Abs. 2 GWB besteht nicht. Der Senat weicht in den seine Entscheidung leitenden Erwägungen weder von der Rechtsauffassung eines anderen Beschwerdegerichts noch von derjenigen des Bundesgerichtshofs ab. Eine Abweichung liegt nämlich nicht schon immer dann vor, wenn sich die Begründungen von Entscheidungen nicht miteinander in Einklang bringen lassen. Erforderlich ist vielmehr, dass die tragende Begründung der einen Entscheidung nicht mit der die andere Entscheidung tragenden Begründung übereinstimmt, was namentlich einen im Wesentlichen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt voraussetzt (vgl. Kulartz/Kus/Portz, § 124 GWB Rz. 12 mwN). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.“

Vorvertragliches Schuldverhältnis - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 – Pregabalin - vergaberechtliche Normen i. S. d. § 97 VII GWB: „Bestimmungen über das Vergabeverfahren, die Vorschriften der Verdingungsordnungen, die durch Verweisung in der Vergabeverordnung und in §§ 97 Abs. 6, 7 und 127 GWB Rechtsqualität erlangt haben, sowie ferner die das Verfahren betreffenden Gebote des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB). Zu den bieterschützenden Regelungen, auf deren Einhaltung der Bieter Anspruch hat, gehören überdies auch ganz allgemein von der Verwaltung zu beachtende Grundsätze wie das aus dem Gebot von Treu und Glauben herzuleitende Prinzip, sich nicht in Widerspruch zu eigenem vorangegangenem rechtserheblichen Tun zu setzen, das Gebot der Verfahrensfairness, sowie der verwaltungsrechtliche Grundgedanke, dass rechtmäßige begünstigende Maßnahmen nicht ohne weiteres widerrufen werden können, und der der Selbstbindung der Verwaltung ...“ – nicht ausreichend: Verletzung zu Patentverletzungen durch Auftragnehmer: „Ein etwaiger auch den Antragsgegnerinnen über allgemeines Deliktsrecht zuzurechnender Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatG stellt keine Verletzung einer Vergabevorschrift dar, die im Vergabenachprüfungsverfahren zu überprüfen ist (vgl. § 97 Abs. 2 Satz 1 GWB). Zudem ist die Antragstellerin selbst nicht Inhaberin des in Rede stehenden Verwendungspatents ... Die vorgeworfene Beteiligung der Antragsgegnerinnen an etwaigen Patentverletzungen des im Vergabeverfahren erfolgreichen Generika-Herstellers wird aber über eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm entscheidungsrelevant. Bei dieser Anknüpfungsnorm handelt es sich um das aus § 242 BGB abzuleitende normative Rechtsprinzip, wonach Vertragspartner auch schon bei der Vertragsanbahnung zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind. Sie haben sich danach so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden. Hier .... Verletzung einer Schutzpflicht durch die Antragsgegnerinnen möglich. Zwischen den Parteien bestand ein vorvertragliches Schuldverhältnis, das die genannten Pflichten auslöst. ...“ – Unbegründetheit – kein Verstoß gegen vorvertragliche Schutzpflicht

Vorwirkung – Richtlinien - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis – „Gleichwohl kann von einer marktgängigen Leistung im EDV-Bereich, die mit verkehrsübliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wohl nicht ausgegangen werden.Die Leistung kann aber funktional beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung ist eine funktionale Ausschreibung dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, aber auch Risiken auf den Bieter verlagert. Typischerweise kombiniert die funktionale Leistungsbeschreibung einen Wettbewerb, der eine Konzeptionierung und Planung der Leistung zum Gegenstand hat, mit der Vergabe der Leistung als solcher und unterscheidet sich dadurch vom reinen Wettbewerb um einen klar umrissenen und beschriebenen Auftrag. Dass die Bieter dabei, und zwar unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden. Deren Wesen liegt nämlich gerade darin, dass der Auftraggeber im Planungsbereich auf Bieterseite vorhandenes Know-how abschöpfen will und dies grundsätzlich auch tun darf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Dezember 2013, VII-Verg 22/13 .....). Die funktionale Beschreibung ist somit zulässig, wenn sich die zu beschaffenden Leistungen einer hinreichenden Beschreibung entziehen, die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung der wesentlichen Einzelheiten der Leistungen aber sichergestellt ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2010, VII Verg 35/10). Gerade bei der Beschaffung größerer IT-Objekte kommt die funktionale Beschreibung in Betracht, wenn die Vergabestelle nicht in der Lage ist, die IT-Leistungen technisch näher zu beschreiben, aber eine Übersicht der gewünschten Funktionen vorgeben kann (Bernhardt in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 7 VOL/A Rn. 9). Eine solche Situation liegt hier vor. Dem Antragsgegner ist es möglich, die jeweiligen Funktionen, die der Fahrkartenvertrieb über einen online-Shop oder als e-Ticket und in Form des sog. Mobile Ticketing (Fahrscheinvertrieb per Smartphone) haben soll, so zu beschreiben, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden können.In Ziff. 4.6, 4.7 und 4.8 der Leistungsbeschreibung sind mehrere Funktionen beschrieben, die der jeweilige Vertriebsweg erfüllen muss. Irgendwelche tatsächlichen Umstände, die einer funktionalen Leistungsbeschreibung entgegenstehen könnten, hat der Antragsgegner weder geltend gemacht, noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich aus einer etwaigen Vorwirkung von Art. 26 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU und den Erwägungsgründe (42) und (43). Auch danach ist ein Verhandlungsverfahren nur dann zulässig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden oder die Aufträge konzeptionelle oder innovative Lösungen erfassen. Den Erwägungsgründen sind Beispiele zu entnehmen, wann diese Voraussetzungen erfüllt sein können. Dort erwähnt sind innovative Projekte, große Computer-Netzwerke oder große integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Ferner werden Großprojekte der Informations- und Kommunikationstechnologie angesprochen. Wie aber bereits oben ausgeführt hat der verfahrensgegenständlich Vertriebsdienstleistungsauftrag eine solche Qualität nicht.“ – fehlerhafte Verfahrenswahl: Aufhebung: Die fehlerhafte Verfahrenswahl des Antragsgegners hat die Antragstellerin auch in ihren Bieterchancen nachteilig berührt, so dass das Vergabeverfahren aufzuheben ist.“

Vorwürfe – unspezifizierte – Verfehlung - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung –Unzuverlässigkeit im Einzelfall verneint - keine schwere Verfehlung nach § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG: rechtswidriger Ausschluss wegen unzulässig geforderter „Erklärung zu ... Verflechtungen des Bieters ... mit anderen Unternehmen“ ..... Sie widerspricht der in Vergabeverfahren gebotenen Eindeutigkeit und war Bietern nicht zumutbar. .... Gemäß § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG können von der Teilnahme am Wettbewerb Bewerber ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Unspezifizierte Vorwürfe, vage Vermutungen und Verdachtsmomente reichen hierfür nicht aus. Die Verfehlung muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. .... Der Vorwurf einer schweren Verfehlung erfordert darüber hinaus, wie sich aus dem Kontext von § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG mit den in § 6 Abs. 4 VOL/A-EG aufgeführten und ebenfalls einen Angebotsausschluss rechtfertigenden Straftaten ergibt, einen Pflichtenverstoß von einigem Gewicht, der bei der hiesigen Sachlage und in Ansehung der Auslegungsbedürftigkeit der nach Ziffer 6 der Angebotsaufforderung geforderten Erklärung nicht anzunehmen wäre.“ - im Einzelfall abgegebene Erklärungen zwar unrichtig, aber nicht ausreichend für die Annahme einer „schweren Verfehlung“.

Wagnis – ungewöhnliches - Zumutbarkeit - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 – Pregabalin – „Das grundsätzliche Verbot, .... ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A 2009 übernommen worden (vgl. § 7 VOL/A, § 8 VOL/A). Es besteht als solches nicht mehr und ist auch auf die vorliegende Ausschreibung nicht anzuwenden. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, lassen sich nach der derzeit geltenden Rechtslage in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstanden ..... In diesem Sinn unzumutbar kann zum Beispiel eine Verlagerung vertragstypischer Risiken sein, so unter Umständen eine Überbürdung des die ausgeschriebene Leistung bestreffenden Verwendungsrisikos auf den Auftragnehmer. Generell stellt es indes keine unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn der Bieter/Auftragnehmer gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken tragen soll, die vertragstypischerweise ohnedies ihm obliegen. Die Zumutbarkeitsschwelle erhöht sich bei einer Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen (im weitesten Sinne) zu Lasten der Bieter. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen - in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen - erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A als auch nach § 4 Abs. 1 VOL/A-EG ist der in Aussicht genommene Auftragsumfang lediglich "so genau wie möglich zu ermitteln" (und bekannt zu geben), er "braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden" (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012, Az. VII-Verg 90/11.....). Dagegen ist von den Antragsgegnerinnen nicht verstoßen worden.

Wertung - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – keine unterschiedliche Wertung: „Die Antragstellerin kann sich ferner nicht darauf berufen, dass die Antragsgegnerinnen die beiden Angebote entgegen § 19 EG Abs. 8 VOL/A unterschiedlich gewertet hätte. a) In der Wertungsmatrix ist unter Pos. 2 die Konzeption der Betriebsführung gewertet worden. Dabei konnten für das Unterkriterium zu Ziff. 2.2 „Personalstruktur/Qualifikation“ maximal 15 Punkte vergeben werden. Die Antragstellerin hat insoweit gerügt, dass sie bei Los 2 bei dem Wertungspunkt „Personalstärke/ Empfehlungen aus Ausschreibungsunterlagen“ bei zu vergebenden zwei Punkten nur einen Punkt erhalten habe, weil sie anstelle der in dem Anhang B4 neben dem Leiter vorgegebenen Anzahl von drei Mitarbeitern nur zwei Mitarbeiter für die Kälteanlage vorgesehen habe. Die Beigeladene ist hier mit 2 Punkten gewertet worden, da sie die in dem Anhang B4 angegebene Mindestmitarbeiterzahl berücksichtigt hat. Sie hat neben dem Leiter einen Meister und zwei Servicemitarbeiter angeboten. In Bezug auf die Wertung des Angebots der Beigeladenen zu Los 1 hat diese Punktabzüge bei den Wertungspunkten „Personalstärke im Schichtbetrieb“ und „1 Mitarbeiter Back Office Betriebsführung“ erhalten. Die Antragstellerin ist nach den gleichen Maßstäben bewertet worden. Für den Wertungspunkt „Personalstärke im Schichtbetrieb“ hat sie die volle Punktzahl erhalten; für den Wertungspunkt „1 Mitarbeiter Back Office Betriebsführung“ gab es gleichfalls keinen Punkt, da ein solcher Mitarbeiter am Standort im Angebot nicht beschrieben war. b) Im Ergebnis könnte - was der Senat nicht abschließend entscheiden muss - ein etwaiger Verstoß dahingestellt bleiben, weil sich die unterschiedliche Wertung in Bezug auf die Personalstruktur im Ergebnis nicht auf die Reihenfolge der Angebotswertung ausgewirkt hätte. Die Feststellung einer mindestens nicht ausschließbaren Beeinträchtigung der Auftragschancen des Antragstellers ist neben einer Rechtsverletzung für den Erfolg des Nachprüfungsantrags unerlässlich. Droht wegen einer Rechtsverletzung kein Schaden, mithin keine Beeinträchtigung der Aussichten auf den Erhalt des Auftrags, sind die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren einzugreifen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juni 2010 – VII-Verg 10/10, juris Rdnr. 21).“

Wertung – Transparenzgebot - OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – summarisches Verfahren nach § 118 I GWB (Zurückweisung des Antrags) Bietergemeinschaft – Zulässigkeit – Wertung - kein Verstoß gegen Transparenzgebot durch die Wertung: „Die Antragsgegnerinnen haben nicht gegen die Grundsätze des Transparenzgebots verstoßen. Die Antragsgegnerinnen haben vielmehr die Wertung der Angebote gemäß § 19 EG Abs. 8 VOL/A entsprechend der in den Vergabeunterlagen bekannt gemachten Wertungskriterien vorgenommen. Der Grundsatz des Transparenzgebots bedeutet, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens klar, präzise und eindeutig u. a. in der Vergabebekanntmachung zu formulieren sind, so dass zum einen alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter die genaue Bedeutung dieser Bedingungen und Modalitäten verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und zum anderen der Auftraggeber tatsächlich überprüfen kann, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen (EuGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - C - 368/10, juris Rdnr. 87, 109). Die Antragstellerin hat insoweit gerügt, dass in der Bieterinformation vom 4. Februar 2016 die Antragsgegnerinnen neben dem Preis das Zuschlagskriterium „Betriebskosten“ genannt haben. Die Antragsgegnerinnen haben aber sowohl im Hinblick auf Los 1 als auch auf Los 2 die beiden Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen die Wertung nur anhand der in der Wertungsmatrix vom 8. Oktober 2015 (Anlage ASt 7) aufgenommenen Maßstäbe vorgenommen. Punkte für „Betriebskosten“ sind dabei nicht vergeben worden. Maßgeblich für die Einhaltung des Transparenzgebots ist es, ob der Auftraggeber die aufgestellten Wertungsmaßstäbe bei der Wertung beachtet hat. Dies kann hier - wie ausgeführt - festgestellt werden. Eine fehlerhafte Bezeichnung in der Bieterinformation ist insoweit unbeachtlich und kann die Rüge nicht begründen.“

Wesentliche Vertragsänderung - OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3.5.2016 – 11 Verg 12/15 – Online-Rechtsinformationssystem - Frist für Geltendmachung unzulässiger De-facto-Vergabe – Frist nach § 101b II GWB a. F. – Zuschlag vom 17.11.2014 –spätere schriftliche Fixierung der Verträge am 23.07.2015 – Rüge vom 6.7.2015: dreifache Verlängerung der Ausführungsfrist als wesentliche Vertragsänderung als vergaberechtlich relevante unzulässige direkte Vergabe – Verlangen nach (wiederholter) Ausschreibung "Nutzung, Migration und Pflege eines online-Rechtsinformationssystems für das Land Hessen" – Antrag auf Nachprüfung vom 28.08.2015 – Verfristung nach § 101b II GWB (Ablauf der 6-Monatsfrist nach Vertragsschluss) – keine wesentliche Vertragsänderung mit Pflicht zur Neuausschreibung wegen de-facto-Vergabe – Vertrag bestandskräftig – kein eventueller zivilrechtlicher Anspruch auf Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses - Amtlicher Leitsatz: 1. Eine unzulässige De-facto-Vergabe kann auch im Falle von Vertragsänderungen nur innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluss geltend gemacht werden. Auf den Zeitpunkt der Änderung kann für den Fristbeginn nur dann abgestellt werden, wenn die Änderung isoliert angegriffen werden kann. 2. Ein unterlegener Bieter kann im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht verlangen, dass der Auftraggeber im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem bezuschlagten Bieter von etwaigen Leistungsstörungsrechten

Zertifizierung - Mindestanforderungen - OLG Koblenz, Beschl. v. 20.04.2016 - Verg 1/16 – Grünabfälle Mainz –- - Mindestanforderungen und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: „Eine Mindestanforderung an die Eignung wie die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb kann vom öffentlichen Auftraggeber zwar in Ausübung der ihm eingeräumten Bestimmungsfreiheit festgelegt werden. Aber auch insoweit gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Die Anforderung muss durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sein (§ 7 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A). f) Nach dem unmissverständlichen und keiner abweichenden Auslegung zugänglichen Wortlaut der Bekanntmachung war der Nachweis einer Zertifizierung als Eignungsnachweis mit dem Angebot zu führen. Es genügte allerdings nicht der allgemeine Nachweis, ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb (auch für Grünabfälle) zu sein. Vielmehr hatte jeder Bieter zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit dem Angebot eine Zertifizierungsurkunde beizufügen, die „sämtliche Tätigkeiten der ausgeschriebenen Leistungen“ umfasst. ... Eine entsprechende standortbezogene Zertifizierung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 EfbV) kann aber auch ein Entsorgungsfachbetrieb nur dann nachweisen, wenn er entweder, wie wohl die „Platzhirsche“, schon über eine den Standort Mainz einschließende Zertifizierung verfügt bzw. mit einem lokalen Unternehmen zusammenarbeitet oder innerhalb der Angebotsfrist eine geeignete Fläche findet, die notwendigen Genehmigungen erhält und seine Zertifizierung auf den neuen Standort erweitern lässt.Letzteres ist zum einen unmöglich, zum anderen kann von einem Unternehmen, das überhaupt noch nicht weiß, ob es den Auftrag erhalten wird, nicht verlangt werden, eine Betriebsstätte vorrätig zu halten.“

Zumutbarkeit - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2016 - VII - Verg 2/16 – Pregabalin – „Das grundsätzliche Verbot, .... ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A 2009 übernommen worden (vgl. § 7 VOL/A, § 8 VOL/A). Es besteht als solches nicht mehr und ist auch auf die vorliegende Ausschreibung nicht anzuwenden. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, lassen sich nach der derzeit geltenden Rechtslage in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstanden ..... In diesem Sinn unzumutbar kann zum Beispiel eine Verlagerung vertragstypischer Risiken sein, so unter Umständen eine Überbürdung des die ausgeschriebene Leistung bestreffenden Verwendungsrisikos auf den Auftragnehmer. Generell stellt es indes keine unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn der Bieter/Auftragnehmer gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken tragen soll, die vertragstypischerweise ohnedies ihm obliegen. Die Zumutbarkeitsschwelle erhöht sich bei einer Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen (im weitesten Sinne) zu Lasten der Bieter. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen - in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen - erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A als auch nach § 4 Abs. 1 VOL/A-EG ist der in Aussicht genommene Auftragsumfang lediglich "so genau wie möglich zu ermitteln" (und bekannt zu geben), er "braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden" (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012, Az. VII-Verg 90/11.....). Dagegen ist von den Antragsgegnerinnen nicht verstoßen worden.

Zurückversetzung - OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.01.2016 - Verg W 4/15 – Neubau und Sanierung - § 17 EG VOBA – Eignung – Bekanntmachung: Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 und Vorlage der im Formblatt angegebenen Bescheinigungen auf Anforderung - fehlender Hinweis (Link) auf Abrufmöglichkeit hinsichtlich Formblatts in Bekanntmachung – Inhalt des Formblatts nicht Gegenstand der Bekanntmachung – Zurückversetzung des Vergabeverfahrens auf Zeitpunkt vor Bekanntmachung – Berechtigung des Auftraggebers zur Fehlerkorrektur – Zurückversetzung steht Aufhebung gleich – Zulässigkeit/Rechtsschutzbedürfnis nach Zurückversetzung: „Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Auftraggeber im Verlauf des Verfahrens vor der Vergabekammer das Vergabeverfahren in den Stand vor Bekanntmachung zurückversetzt hat. Der Antragstellerin steht unverändert ein Rechtsschutzbedürfnis an dem erstrebten Abschluss des Vergabeverfahrens durch Erteilung des Zuschlags auf ihr Angebot zur Seite.“

Zuschlag – kein Anspruch auf Zuschlag - OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.01.2016 - Verg W 4/15 – Neubau und Sanierung - § 17 EG VOBA – Eignung – Bekanntmachung: Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 und Vorlage der im Formblatt angegebenen Bescheinigungen auf Anforderung - fehlender Hinweis (Link) auf Abrufmöglichkeit hinsichtlich Formblatts in Bekanntmachung – Inhalt des Formblatts nicht Gegenstand der Bekanntmachung – Zurückversetzung des Vergabeverfahrens auf Zeitpunkt vor Bekanntmachung – Berechtigung des Auftraggebers zur Fehlerkorrektur – Zurückversetzung steht Aufhebung gleichUnbegründetheit: kein Anspruch auf Zuschlag oder erneute Wertung - kein vergaberechtlicher Anspruch Zuschlagserteilung nach Zurückversetzung des in den Stand vor Bekanntmachung aufgehobenen Vergabeverfahrens – Wirksamkeit der Aufhebung: „Bieter haben einen subjektiven Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), nicht aber darauf, dass der Auftraggeber den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538; Urteil v. 05.11.2002 - X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163).“

Zuschlagskriterien - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) -unzulässige Eignungskriterien statt Zuschlagskriterien: „... die Anforderung der Erstellung eines Konzepts "Stärkung des Bevölkerungsschutzes" sowie eines Konzepts "Förderung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung" unzulässige Eignungskriterien ... § 6 Abs. 3 Satz 1 VOL/A. Da ausweislich der Vergabedokumentation, Vergabevermerk Teil 1 vom 19.03.2014, Ziffer V., nicht die Kapazitäten eines Bieterunternehmens, sondern die Qualität der anzubietenden Leistung im Vordergrund der nach Ziffern II.2.3) lit. b) der Bekanntmachung geforderten Konzepte stand und sich damit auf die Ausführung des Auftrags bezog, also einen Leistungsbezug aufweist, handelt es sich um Zuschlags- und nicht um allein das Unternehmen, seine Organisation und Ausstattung betreffende Eignungskriterien (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 12.01.2013, 13 Verg 9/11; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.04.2012, 2 Verg 1/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.01.2013; VII-Verg 35/12; Beschl. v. 15.02.2012, VII-Verg 85/11). ... Die Verwendung der geforderten Konzepte als Zuschlagskriterien ist dem gegenüber nicht zu kritisieren. Als Zuschlagskriterien dürfen Kriterien zur Anwendung kommen, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, d.h. sich auf die Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet (EuGH, Urt. v. 24.01.2008, C-532/06 "Lianakis" - juris Rn. 26-30; EuG, Urt. v. 17.10.2012, T-447/10 (n.v. englische Übersetzung); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.11.2012, VII-Verg 24/12 - juris Tz. 42; Beschl. v. 03.08.2011, VII-Verg 16/11; Beschl. v. 02.05.2012, VII-Verg 68/11; Beschl. v. 15.02.2012, VII Verg 85/11; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.04.2012, 2 Verg 1/12). Diese Voraussetzungen liegen vor.

Zuschlagskriterien - Unzulässiges Bewertungssystem - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.06.2016, VII - Verg 6/16 - Deutschland-Unna: Hilfstätigkeiten für den Eisenbahnverkehr nach Anhang I B Kat. 20 - §§ 97 III GWB, 3 V VOL/A, 8 II EG VOL/A – Bekanntmachung - Antragsbefugnis – Rechtsverletzung – Lose und Voraussetzung der Gesamtvergabe (technische Gründe) – falsche Wahl der Vergabeart (freihändige Vergabe nach § 3 V h) VOL/A: hier eindeutige und erschöpfende „funktionale Leistungsbeschreibung möglich) – untransparente Wertungskriterien mit Schulnoten – unzulässige Verlängerungsklausel und Option – Nachprüfungsverfahren auch für die nachrangige Leistung – Antragsbefugnis - Zuschlagskriterium und Wertung der Angebote u. a.: Punktesystem mit maximal 1.000 Punkten – Zuschlag auf Angebot mit höchster Punktzahl - einzelne Kriterien: 1. Vergütungsangebot, max. 700 Punkte; 2. Umsetzungskonzept personenbedienter Verkauf, max. 100 Punkte; 3. Umsetzungskonzept online-basierter Vertrieb, max. 100 Punkte; 4. Insolvenzsicherungskonzept, max. 100 Punkte - Notensystem von sehr gut bis mangelhaft. Den Noten werden folgende Punkte zugeordnet: sehr gut: 100 Punkte - gut: 75 Punkte - befriedigend: 50 Punkte - Ausreichend: 25 Punkte - Mangelhaft: 0 Punkte – „Die Notenvergabe richtet sich nach folgender Vorgabe: Sehr gut: Das Konzept ist von außerordentlich hoher Qualität und überzeugt in besonderem Maße. Gut: das Konzept überzeugt uneingeschränkt. Befriedigend: Das Konzept überzeug überwiegend, weist aber kleiner Schwächen auf. Ausreichend: Das Konzept ist noch brauchbar, weist aber gewisse, nicht nur unerhebliche Schwächen auf. Mangelhaft: Das Konzept ist ganz oder im Wesentlichen unbrauchbar. Der vorstehend wiedergegebene Bewertungsmaßstab ist intransparent und verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, § 2 Abs. 1 VOL/A. Der Auftraggeber hat gemäß § 16 Abs. 7 VOL/A bei der Wertung der Angebote vollständig und ausschließlich die Kriterien zu berücksichtigen, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannte sind. ... Transparenzgebot. Jeder Bieter muss vor Abgabe seines Angebots Klarheit haben .... Nur so wird er in die Lage versetzt, seine Chancen auf den Zuschlag realistisch einschätzen und sein Angebot entsprechen ausgestalten zu können. Darüber hinaus kann er im Nachhinein auch überprüfen, ob sich der Auftraggeber bei der Wertung der Angebote an die aufgestellten Wertungskriterien gehalten hat. Ausgehend von diesen Grundsätzen erfüllt der hier zu beurteilende Bewertungsmaßstab nicht die Anforderungen. ..... Für die Bieter ist nicht zu erkennen, wann das jeweilige Konzept mit welcher Schulnote bewertet wird. Sie können im Voraus nicht zuverlässig ermitteln, unter welchen Voraussetzungen ihr Konzept als mit "kleineren Schwächen", " gewisse, nicht nur unerhebliche Schwächen" oder "ganz oder im Wesentlichen unbrauchbar" bewertet wird. Hierfür müsste der Bieter wissen, welche (funktional zu formulierenden) Erwartungen der Auftraggeber an das Konzept stellt und, wenn mehrere Anforderungen zu erfüllen sind, welche Wichtigkeit der Auftraggeber den Anforderungen im Verhältnis zueinander beimisst. Andernfalls lässt das Wertungssystem objektiv Raum für Manipulationen und Willkür bei der Bewertung der Angebote (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 21.10.2015, VII-Verg 28/14; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 16.12.2015, VII-Verg 25/15 ... ).“ –

Zuverlässigkeit - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung – Unzuverlässigkeit - Unzuverlässigkeit im Einzelfall verneint - keine schwere Verfehlung nach § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG: rechtswidriger Ausschluss wegen unzulässig geforderter „Erklärung zu ... Verflechtungen des Bieters ... mit anderen Unternehmen“ ..... Sie widerspricht der in Vergabeverfahren gebotenen Eindeutigkeit und war Bietern nicht zumutbar. .... Gemäß § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG können von der Teilnahme am Wettbewerb Bewerber ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Unspezifizierte Vorwürfe, vage Vermutungen und Verdachtsmomente reichen hierfür nicht aus. Die Verfehlung muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. .... Der Vorwurf einer schweren Verfehlung erfordert darüber hinaus, wie sich aus dem Kontext von § 6 Abs. 6 lit. c) VOL/A-EG mit den in § 6 Abs. 4 VOL/A-EG aufgeführten und ebenfalls einen Angebotsausschluss rechtfertigenden Straftaten ergibt, einen Pflichtenverstoß von einigem Gewicht, der bei der hiesigen Sachlage und in Ansehung der Auslegungsbedürftigkeit der nach Ziffer 6 der Angebotsaufforderung geforderten Erklärung nicht anzunehmen wäre.“ - im Einzelfall abgegebene Erklärungen zwar unrichtig, aber nicht ausreichend für die Annahme einer „schweren Verfehlung“.

Zweite Chance - OLG Koblenz, Beschl. v. 16.03.2016 - 1 Verg 8/13 - Postdienstleistungen Landau – Mindestlohn – Gesetzgebungskompetenz – Umsatzsteuer – amtlicher Leitsatz: 1. Die Bundesländer haben die Gesetzgebungskompetenz für die Vorgabe eines vergabespezifischen Mindestlohns. 2. Ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wurde, kann einen letztlich aus dem Gleichbehandlungsgebot abgeleiteten Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber derzeit von der Beauftragung eines anderen Bieters Abstand nimmt, das laufende Vergabeverfahren entweder in ein früheres Stadium zurückversetzt oder aufhebt und ihm auf diese Weise eine zweite Chance zur Abgabe eines wertbaren Angebots gibt. 3. Die Eröffnung einer „zweiten Chance“ durch eine darauf gerichtete Anordnung einer Vergabekammer oder eines Vergabesenats kommt allerdings nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann. 4. Es genügt nicht, wenn lediglich diese Möglichkeit im Raum