Einsicht in Unterlagen

In § 10 I VOL/A 2009 sind ausreichende Fristen gefordert - insofern ist die frage der Ortsbesichtigung bzw. Einsichtnahmen nicht mehr ausdrücklich gergelt. Es liegt aber auf der Hand, dass bei empfohlener oder gar geforderter Ortsbesichtigung bzw. Erforderlichkeit der einsicht in weitere Unterlagen nicht nur die Bearbeitungsfrist für das Angebot einzurechnen ist, sondern auch der Zeitaufwand für Ortsbesichtigungen etc. Im EU-Verfahren ist § 13 IX EG VOL/A zu beachten (Verlängerung der Angebotsfristen!). Zunächst ist es bereits als kritisch anzusehen, dass „Sammeltermine“ oder „Bieterkonferenzen“ für alle potentiellen Bewerber durchgeführt werden. Es stellt sich die Frage, ob die Vergabestelle hier nicht Absprachen fördert bzw. die Grundsätze der Vertraulichkeit oder des Geheimwettbewerbs verletzt. Bewerber können zwar selbst Kontakt zu anderen Bewerbern aufnehmen, um z. B. die Möglichkeiten einer Bietergemeinschaft zu eruieren. Ob aber die Vergabestelle derartige Bewerbersammeltermine statt einzelner Ortstermine Bewerber für Bewerber durchführen darf, ist fraglich. M. E. verstößt dies gegen die erwähnten Grundsätze des Wettbewerbs (vgl. § 97 I GWB) und ermöglicht Kontakte, die es bei individuellen Ortsbesichtigungen nicht geben würde. Ferner ist auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit kritisch, dass unabhängig von vorhandenen Ortskenntnissen eine Ortsbesichtigung zwingend verlangt wird. Insofern könnten Bedenken bestehen, weil z. B. durch anfahrt etc. überflüssige Kosten durch die Ortsbesichtigung entstehen können – nämlich bei den Bewerbern mit vorhandenen Ortskenntnissen. Wie in dem hier vorliegenden Fall wird die Vorgabe einer zwingenden Ortsbesichtigung im Regelfall aber nicht gerügt. Folglich wird die Vergabestelle bei entsprechender zwingender Vorgabe an diese gebunden. Fehlt eine entsprechende geforderte formale Bestätigung, so hat der Ausschluss zwingend zu erfolgen – jedenfalls nach dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.03.2011 - Verg W 5/11 – Holzeinschlag etc. nach Kampfmittelräumung – fehlender Nachweis der zwingend vorgegebenen Ortsbesichtigung als Ausschlussgrund – ergänzender Bestandteil der Leistungsbeschreibung - Lose – Anhang 1 Teil B – eingeschränktes Vergaberegime – „Sammeltermine“ – kein Verstoß gegen Vertraulichkeit – Eignungsnachweise - Bestandteil der Leistungsbeschreibung mit Fettdruckweise: "eine Vorortbesichtigung der Bestände zu den Losen 1 bis 9 zwingend erforderlich" – Besichtigungstermine für jedes Los – Erforderlichkeit der Dokumentation der Vorortbesichtigung durch vorzulegendes Formblatt – Bekanntmachung und Nachweisliste ohne Hinweis auf Bescheinigung der Vorortbesichtigung – Angebote teils vollständig mit, teils ohne Bescheinigungen über Vorortbesichtigung – statt Bescheinigung über Vorortbesichtigung Vorlage einer von der zuständigen Oberförsterei abgezeichnete "Bestätigung zur Vorlage bei der Vergabestelle" durch Bieter über hinreichende Bekanntheit der örtlichen Bedingungen infolge Durchführung Leistungen im Jahr 2010 – Ausschluss nach § 16 III a) VOL/A – VOLaktuell 2/3/2011 - Anlage 2.

VOL/A 2006 noch deutlicher:
Für den Fall der Erforderlichkeit der Ortsbesichtigung oder Einsichtnahmen durch die Bieter bzw. Bewerber sind die Angebotsfristen entsprechend zu gestalten - vgl. § 18 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A 2006; das gilt auch in EU-Verfahren - vgl. auch § 18 a Nr. 1 Abs. 3 sowie Nr. 2 Abs. 4 VOL/A2006: angemessene Verlängerung der Mindestfristen für die Angebotserstellung. Das ist an sich eine Selbstverständlichkeit, die indessen aus Gründen des Zeitdrucks nicht immer beachtet wird.

Einsicht in Unterlagen
Für den Fall der Erforderlichkeit der Ortsbesichtigung oder Einsichtnahmen durch die Bieter bzw. Bewerber sind die Angebotsfristen entsprechend zu gestalten - vgl. § 18 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A; das gilt auch in EU-Verfahren - vgl. auch § 18 a Nr. 1 Abs. 3 sowie Nr. 2 Abs. 4 VOL/A: angemessene Verlängerung der Mindestfristen für die Angebotserstellung. Das ist an sich eine Selbstverständlichkeit, die indessen aus Gründen des Zeitdrucks nicht immer beachtet wird.

Entsprechendes gilt dann, wenn Muster oder Proben besichtigt werden müssen.


Vorsicht bei entsprechenden Kontakten - es sollen auch mündliche Rügen in entsprechenden Situationen - bei Beweis - ausreichen. Man sollte also insofern für Klarheit sorgen.
Falls eine Ortsbesichtigung zwingend vorgeschrieben wird, stellt sich die Frage, ob ein Bewerber/Bieter auch ohne Ortsbesichtigung ein Angebot erstellen darf oder ob die Nichtteilnahme an einer Ortsbesichtigung eine überzogene, weil im Einzelfall nicht erforderliche Auflage vorliegt. Grundsätzlich ist es m. E. den Bietern freizustellen, ob sie an einer Ortsbesichtigung teilnehmen; denn es kann Fälle geben, in denen einzelne Bieter auch ohne Ortsbesichtigung zur Angebotserstellung in der Lage sind. Das kann z. B. darin liegen, dass sie den zu besichtigenden Ort, die Verhältnisse bereits kennen oder aber das Risiko einer Angebotsabgabe ohne Ortsbesichtigung eingehen können oder wollen. Grundsätzlich sind nur für die Teilnahme am Wettbewerb erforderliche Auflagen etc. vorzusehen, so dass ein Ausschluss wegen Nichtteilnahme an einer Ortsbesichtigung nicht zulässig erscheinen dürfte - Grundsatz der "Zumutbarkeit" und "Bieterschonung". Es ist vor allem auch im EU-weiten Verfahren durchaus denkbar, dass der Bieter die mit der Ortsbesichtigung verbundenen Kosten etc. nicht aufbringen will. Ferner ist zu beachten, dass an sich aus der Leistungsbeschreibung z. B. bei Reinigungsleistungen oder Bewachungsleistungen das Erforderliche entnommen werden kann und muß. Vorsicht also bei überzogenen Teilnahmebedingungen.


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