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Antwort auf Frage 1
Am 11. Mai 2011 ist die Verordnung vom 9. Mai 2011 zur Änderung der Vergabeverordnung sowie der Sektverordnung im Bundesgesetzblatt v. 11.5.2011, Teil I Nr. 21, S. 800, verkündet worden. Sie trat am Tag nach der Verkündung, also am 12.5.2011 in Kraft. Sie betrifft u. a. die Beschaffung von Straßenfahrzeugen und dort deren Umweltauswirkungen und Energieverbrauch (§ 4 VII – IX), aber z. B. auch die Vergabe von freiberuflichen Leistungen, deren Aufteilung in Teilaufträge und Addition dieser Teilauftragswerte wie Lose (§ 3 VII S. 3 VgV 2011).

Antwort auf Frage 2
Grundsätzlich besteht nach den §§ 97 III GWB bzw. auch § 2 II VOL/A EG die Verpflichtung, mittelständische Unternehmen „vornehmlich“ zu berücksichtigen. Danach soll die Auslegung der Vergabevorschriften mittelstandsfreundlich auszulegen sein. Aber es handelt sich nicht um eine Bevorzugung im Vergleich mit Großunternehmen. Die ganze Vorschrift „riecht“ nach vergabefremden („politischen“) Kriterien. Gleichwohl hat der Gesetzgeber des GWB sich dafür entschieden, dass die Leistung zwingend grundsätzlich „aufgeteilt und „getrennt“ nach Art und Fachgebiet zu vergeben ist („sind… zu vergeben..“). Hierauf wird die Pflicht des Auftraggebers zur Losaufteilung gestützt. Der Bieter kann folglich die fehlende oder ungenügende Losaufteilung rügen und von der Vergabekammer überprüfen lassen. Ob er damit allerdings durchdringt, ist zweifelhaft. So kann von dem Bieter keine auf ihn speziell zugeschnittene Aufteilung verlangt werden, die es ihm „bei passender Größe“ ermöglicht, am Wettbewerb teilzunehmen. Wenn keine Losaufteilung erfolgt, ist freilich eine Begründung durch den Auftragnehmer erforderlich. Entscheidend hierfür ist immer der Einzelfall (Losgrößen, Lage der Gebäudekomplexe, Besonderheiten, weitere Einzelheiten, aber auch Zweckmäßigkeitsfragen, Aufwand und Kontrollen etc.). Die Losaufteilung kann nur mit der Begründung abgelehnt werden, dass „technische“ oder wirtschaftliche Gründe dies erfordern. Diese technischen Gründe liegen vielfach im IT-Bereich vor (Schnittstellen, Kompatibilität mit älteren Versionen etc.). Bei Reinigungsleistungen wird es vor es vor allem um die Flächengrößen sowie die z. B. flächendeckend unterschiedlich anzutreffenden Gebäudelagen gehen. Eine Obergrenze für die Reinigungsflächen (z. B. 35.000 qm) kann nicht angenommen werden. Maßgeblich ist zutreffenderweise immer eine sachlich nachvollziehbare Einzelfallentscheidung. Das hat das OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.04.2011 - 15 Verg 3/11 – für Unterhalts- und Glasreinigungsleistungen – zutreffend entschieden: Entscheidung über Losgrößen im Einzelfall – Losaufteilung als Ermessensentscheidung in einem Fall mit geschätztem Gesamtauftragswert von rund 6,7 Mio. Euro und nur drei Losen - Los 1: 47 Gebäude mit 82.638 m² zu reinigender Fläche, Los 2: 32 Gebäude mit 90.056 m² zu reinigender Fläche, Los 3: 39 Gebäude mit 82.706 m² zu reinigender Fläche – Antragsbefugnis auch ohne Angebotsabgabe – rechtzeitige Rüge – Unbegründetheit bei sachlich begründeter Entscheidung über Lose – vgl. VOLaktuell 2/3/2011 – www.vergabetip.de

Antwort auf Frage 3
Viele Mitarbeiter sind nicht zutreffend über ihre Pflichten sowie die erheblichen Gefahren aufgeklärt. Speziell im Bereich der Beschaffung kommt es teilweise zu unverständlichen Verstößen gegen strafrechtliche Bestimmungen, indem z. B. „Geschenke“ entgegengenommen oder Einladungen wahrgenommen werden. Insofern spielt es eine erhebliche Rolle, ob es sich um Träger eines Amts handelt. Beamte, Richter oder sonstige Personen bei einer Behörde i. S. d. § 11 I Nr. 2 c) StGB fallen unter diesen Begriff. Handelt es sich um diesen Personenkreis, so greifen die scharfen Sanktionen der §§ 331 – 334 StGB ein – als Folge der Vorteilsgewährung und/oder Bestechlichkeit. Weitere Straftatbestände können hinzukommen (§ 263 StGB – Betrug etc.). Es ist auch Aufgabe des Arbeitgebers, insofern aufzuklären und eindeutig zu warnen – speziell bei den Mitarbeitern, die die Leistungen „einkaufen“ oder auch die eingekauften Leistungen nutzen. Sie sind Ziel teils äusserst obskurer und manchmal nicht ohne weiteres als unzulässig erkennbarer Aktivitäten, die meist „mit kleinen Dingen“ beginnen und sich sodann „weiter entwickeln“. Einladungen, kostenlose Eintrittskarten zu Messen, Überlassung von Testgeräten ohne Anlass oder aber über die erforderliche Testzeit hinaus etc. können strafrechtlich relevant sein. Es ist dringend zu empfehlen, derartige Ansinnen eindeutig ohne „wenn und aber“ zurückzuweisen. In zahlreichen Fällen kam es zu Verurteilungen, Karriereabbrüchen etc. Der BGH hat den Mitarbeiter der DB-Netz-AG in seinem Beschluss vom 9.12.2011 - 3 StR 312/10 – als Amtsträger wegen Bestechung wegen Vorteilsannahme in 16 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 60 Euro nach den §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. C, 331 - 334 StGB verurteilt. Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts wurde damit zurückgewiesen. Die Frage der Amtsträgerschaft spielt des öfteren eine Rolle (z. B. bei einem Vertragsarzt einer Krankenkasse – dies hat der BGH durch Beschluss vom 5.5.2011 – 3 StR 458/10 - dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt, der nach § 132 Abs. 4 GVG für die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen u. a. dann zuständig ist, wenn dies zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist. Das zugrunde liegende Revisionsverfahren betrifft die Strafbarkeit von Beteiligten am sog. Pharmamarketing. Wenn der betroffene Arzt „Amtsträger“ i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB ist, liegt ein sog. Amtsdelikt der Beteiligten vor (Vorteilsannahme bzw. -gewährung, Bestechlichkeit bzw. Bestechung, §§ 331 ff. StGB). Diese Fragen sind in der Literatur umstritten. Höchstrichterliche Entscheidungen hierzu sind bisher nicht ergangen. Ihre Beantwortung hat über den vorliegenden Einzelfall hinaus erhebliche Auswirkungen auf die Strafverfolgungspraxis im weit verbreiteten Bereich des sog. Pharmamarketing – so die Presserklärung des BGH.

Antwort auf Frage 4:
Zunächst ist es bereits als kritisch anzusehen, dass „Sammeltermine“ oder „Bieterkonferenzen“ für alle potentiellen Bewerber durchgeführt werden. Es stellt sich die Frage, ob die Vergabestelle hier nicht Absprachen fördert bzw. die Grundsätze der Vertraulichkeit oder des Geheimwettbewerbs verletzt. Bewerber können zwar selbst Kontakt zu anderen Bewerbern aufnehmen, um z. B. die Möglichkeiten einer Bietergemeinschaft zu eruieren. Ob aber die Vergabestelle derartige Bewerbersammeltermine statt einzelner Ortstermine Bewerber für Bewerber durchführen darf, ist fraglich. M. E. verstößt dies gegen die erwähnten Grundsätze des Wettbewerbs (vgl. § 97 I GWB) und ermöglicht Kontakte, die es bei individuellen Ortsbesichtigungen nicht geben würde. Ferner ist auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit kritisch, dass unabhängig von vorhandenen Ortskenntnissen eine Ortsbesichtigung zwingend verlangt wird. Insofern könnten Bedenken bestehen, weil z. B. durch anfahrt etc. überflüssige Kosten durch die Ortsbesichtigung entstehen können – nämlich bei den Bewerbern mit vorhandenen Ortskenntnissen. Wie in dem hier vorliegenden Fall wird die Vorgabe einer zwingenden Ortsbesichtigung im Regelfall aber nicht gerügt. Folglich wird die Vergabestelle bei entsprechender zwingender Vorgabe an diese gebunden. Fehlt eine entsprechende geforderte formale Bestätigung, so hat der Ausschluss zwingend zu erfolgen – jedenfalls nach dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.03.2011 - Verg W 5/11 – Holzeinschlag etc. nach Kampfmittelräumung – fehlender Nachweis der zwingend vorgegebenen Ortsbesichtigung als Ausschlussgrund – ergänzender Bestandteil der Leistungsbeschreibung - Lose – Anhang 1 Teil B – eingeschränktes Vergaberegime – „Sammeltermine“ – kein Verstoß gegen Vertraulichkeit – Eignungsnachweise - Bestandteil der Leistungsbeschreibung mit Fettdruckweise: "eine Vorortbesichtigung der Bestände zu den Losen 1 bis 9 zwingend erforderlich" – Besichtigungstermine für jedes Los – Erforderlichkeit der Dokumentation der Vorortbesichtigung durch vorzulegendes Formblatt – Bekanntmachung und Nachweisliste ohne Hinweis auf Bescheinigung der Vorortbesichtigung – Angebote teils vollständig mit, teils ohne Bescheinigungen über Vorortbesichtigung – statt Bescheinigung über Vorortbesichtigung Vorlage einer von der zuständigen Oberförsterei abgezeichnete "Bestätigung zur Vorlage bei der Vergabestelle" durch Bieter über hinreichende Bekanntheit der örtlichen Bedingungen infolge Durchführung Leistungen im Jahr 2010 – Ausschluss nach § 16 III a) VOL/A – VOLaktuell 2/3/2011 - Anlage 2

Antwort auf Frage 5
Diese Frage ist derzeit sehr strittig. Das OLG Düsseldorf ist in seinem , Beschl. v. 18. 10. 2010 (VII-Verg 39/10), der Ansicht, dass Nebenangebote/Änderungsvorschläge bei Festlegung des Zuschlagskriteriums „niedrigster Preis“ nicht zulässig sind, sondern nur dann in Betracht kommen, wenn als Zuschlagskriterium das „wirtschaftlich günstigstes Angebot“ vorgesehen ist. Hierbei knüpft das OLG Düsseldorf am Wortlaut Art 36 I Richtlinie 2004/17/EG bzw. 24 der Richtlinie 2004/18/EG an (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.3.2010 – VII Verg 61/09 – sowie OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.1.2010 – Verg 61/09 sowie Beschl. v. 18.10.2010 – Verg 39/10; ferner VK Schleswig-Holstein, Beschl. v. 8.10.2010 – VK-SH 13/10). Art. 24 I Richtlinie 2004/18/EG lautet: „Bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben werden, können die öffentlichen Auftraggeber es zulassen, dass die Bieter Varianten vorlegen." Hiergegen ist die Entscheidung des OLG Schleswig, Beschl. v. 15.04.2011 - 1 Verg 10/10 – anzuführen, die zutreffenderweise davon ausgeht, dass Nebenangebote auch dann zulässig sind, wenn als Zuschlagskriterium der niedrigste Preis vorgesehen ist. Interessanterweise nimmt das OLG Schleswig keinen Verstoß gegen EU-Recht an. Es entscheidet sich auch nicht für eine Vorlage an den BGH oder EuGH. Wie bereits in VOLaktuell 1/2011 ausgeführt, bestehen gegen die von dem OLG Schleswig abweichenden Entscheidungen erhebliche Bedenken, speziell gegen die vom OLG Düsseldorf und OLG Celle vertretenen Auffassungen. Es wurde schon früher angemerkt, dass die von den Gerichten als unzulässig angesehene „Kombination“ von Nebenangeboten und niedrigem Preis in der Richtlinie 2004/18/EG (Art. 24) keine Stütze findet. Das OLG Schleswig behandelt diese Frage zutreffend und legt die entsprechenden EG-Bestimmungen richtigerweise nicht nur dem Wortlaut nach aus, sondern unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, der sich für die jeweiligen Bestimmungen ergibt. Natürlich sind auch die vorgängigen vom OLG Schleswig abweichenden Entscheidungen in dieser Frage mehr als misslich bei der Erarbeitung der Vergabeunterlagen. In vielen Fällen will der Auftraggeber nämlich keine weiteren Kriterien neben dem Preis – oder aber es ist dem Auftraggeber zu riskant, neben dem Preis weitere Zuschlagskriterien in die Vergabeunterlagen aufzunehmen. Das gilt speziell dann, wenn der Auftraggeber Vergabeüberprüfungsverfahren und Rügen vermeiden will. Würde man dem OLG Düsseldorf etc. folgen, so könnte der Bieter auf einfache und nicht riskante Weise rügen und das Überprüfungsverfahren einleiten. In einigen Fällen besteht ohnehin der Eindruck, dass es um alles andere geht als darum, seine Chancen als Bieter zu wahren. Ähnlich ist dies, wenn die Mindestbedingungen nicht eindeutig und vollständig formuliert oder nicht angegeben sind. Natürlich sind die zuletzt genannten Fälle Verstöße – aber schließt dies die Wertungsmöglichkeit in allen Fällen aus? Auftraggeber müssen sich, ob sie wollen oder nicht, eindeutig absichern, wenn sie nicht in die „Rügemühle“ und in das Vergabeüberprüfungsverfahren geraten wollen. Davon können aber selbst erfahrene Vergaberechtler überrascht werden. Vor allem dann, wenn alles wie nicht selten unter Zeitdruck geschieht und für die erforderliche genaue Prüfung die erforderliche Zeit nicht zur Verfügung steht. Das interessiert die Vergabekammern oder OLGe wenig. Wie in dem Streit um die EU-Rechtswidrigkeit des § 107 III GWB kann es vorkommen, dass gleichzeitig Verfahren vor den Vergabekammern oder OLGe laufen, die unterschiedlichen Ergebnissen führen. Das macht Prognosen über Zulässigkeit oder Unzulässigkeit z. B. der o. genannten Vorgehensweisen teils nicht nur schwierig, sondern auch nicht selten absolut unmöglich. Beispielhaft seien hier auch die Entscheidungen zur Frage der Pflicht zur Losaufteilung genannt (OLG Karlsruhe und Vergabekammer Bund). Es ist immer wieder von Beurteilungsspielraum bzw. Ermessen die Rede. Die Ansichten scheinen aber hier teils weit zu differieren. Das gilt natürlich auch für Vertragsbedingungen nach § 9 II – IV VOL/A, etwa die Zulässigkeit von Vertragsstrafen als Druckmittel etc.

Antwort auf Frage 6
Insofern bestehen erhebliche Bedenken. Bevor man insofern eine Rüge bzw. ein Überprüfungsverfahren mit allen negativen Folgen riskiert, sollte man lieber hierauf verzichten. Grundsätzlich hat die Leistungsbeschreibung nämlich eindeutig und erschöpfend zu sein (§§ 7 I VOL/A, 8 I VOL/A EG). Bedarfs- und Eventualpositionen widersprechen dem im Regelfall eindeutig (vgl. auch im Baubereich § 7 I Nr. 4 VOB/A). Eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung enthält grundsätzlich alle Leistungen, die vom Auftraggeber selbst zu ermitteln sind (vgl. § 2 III VOL/A). Gleichwohl sollen auch bei Lieferungen und Dienstleistungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein. Im Ausnahmefall soll der Auftraggeber vielmehr die Möglichkeit haben, Eventualpositionen in die Vergabeunterlagen aufzunehmen, wenn er im Zeitpunkt der Beschaffungsplanung den genauen Bedarf noch nicht zuverlässig voraussehen kann. Hier sollte höchste Zurückhaltung geboten sein. Zwar hat das OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.2.2010 – Verg 36/09 – ZfBR 2010, 298 – in einem Vertrag betreffend Grundreinigung (einmal jährlich sowie gesonderte Beauftragung der Grundreinigung bei Bedarf) im Ausnahmefall Bedarfsleistungen zugelassen. Voraussetzung hierfür war, dass keine Vorhersehbarkeit und Aufklärbarkeit im Voraus sowie Unzumutbarkeit der Aufklärung der Voraussetzungen im Einzelnen im einzelnen anzutreffen waren. Hierbei stellt das OLG, aaO, auch fest, dass vergaberechtlich zulässige Bedarfspositionen „vom Auftraggeber auch nicht bereits in die Vergabebekanntmachung aufgenommen und darin angegeben werden“ müssen. Wörtlich führt das OLG, aaO ferner aus: „Die für die Bedarfspositionen (Grundreinigungen) abgefragten und angegebenen Preise sind vom Auftraggeber in die Angebotswertung grundsätzlich einzustellen. Dies hat jedenfalls dann zu gelten, wenn ein Bedarf im Zeitpunkt der Angebotswertung weiterhin nicht voraussehbar ist und die Notwendigkeit einer Beschaffung auch bei sorgsamer Ausschöpfung der dem Auftraggeber bis dahin zumutbaren Erkenntnismöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden kann. Dies ist der Fall……Fordert der Auftraggeber Preisangaben bei vergaberechtlich nicht zu beanstandenden Bedarfspositionen, so sind diese jedenfalls dann, wenn der Bedarf inzwischen nicht entfallen ist, bei der Angebotswertung zu berücksichtigen (genauso: BGH, Urt. v. 6.2.2012 – V ZR 185/99, VergabeR 2002, 369, 372;…….“. Kritisch wird vor allem z. B. bei Möbelbeschaffungen eine zusätzliche (Bedarfs-)Mengenoption von 20 % für das Folgejahr zu sehen sein. Die Gründe hierfür sind meist auf der Hand liegend: Aus den Bedarfsstellen/Fachabteilungen kommen keine konkreten erschöpfenden Angaben für den „Einkauf“, sondern „Schätzungen“. Hier wird bei richtiger Vorgehensweise von der Beschaffungsstelle nachzufassen und der wirkliche Bedarf festzulegen sein. Das gilt auch für Dienstleistungen wie Reinigungsleistungen. Die oben zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf, aaO, dass es selbst in einem Fall des schwer abzuschätzenden Verschmutzungsgrades nicht selbstverständlich ist, dass die Position „zusätzliche Grundreinigung“ akzeptiert wird. Man kann auch nicht einfach davon ausgehen, dass der Auftragnehmer darüber „froh“ ist, einen zusätzlichen Auftrag zu erhalten. Das kann auch anders sein. Bei er Kalkulation ist dies natürlich zu beachten, so dass der eine oder andere Bieter mit der „unvollständigen Reinigungsleistung“ nicht einverstanden sein kann – das ist das Risiko der Vergabestelle bei Aufnahme von Bedarfspositionen.

Antwort auf Frage 7
Dies eindeutig unzulässig. Das Vergabeverfahren dient den Interessen des Auftraggebers. Aus diesem Grunde hat man anlässlich der Reform 2009 nochmals in § 6 II VOL/A, 6 III EG VOL/A ausdrücklich nochmals festgelegt, dass von den Bewerbern und Bietern keine Entgelte für die Durchführung der Vergabeverfahren erhoben werden dürfen. Die einzige Ausnahme findet sich in §§ 8 II VOL/A, 9 III VOL/A EG. Danach darf bei öffentlicher Ausschreibung bzw. dem Offenen Verfahren im Fall der direkten oder postalischen Übermittlung die Erstattung der Vervielfältigungskosten verlangt werden. Was sich in einigen Kommunen bzw. Landkreisen hier antreffen lässt, ist folglich nicht zulässig (vgl. hierzu Wankmüller, Michael, Bieter können für Verfahrenskosten nicht zur Kasse gebeten werden, Vergabenavigator 2011, 9; im Übrigen auch etwa Müller-Wrede, Malte, Hrsg., VOL/A, 3. Aufl., 2010, § 6 EG VOL/A, Rn. 22); ferner zum dynamischen elektronischen Verfahren Müller, Hans-Pweter, NZBau 2011, 72.

Antwort auf Frage 8
Im Grunde ja; denn heute können Bewerber und Bieter auch unterhalb der Schwellenwerte Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Es besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung nach den §§ 935/940 ZPO vor den Zivilgerichten zu beantragen. Im Übrigen bestehen in einzelnen Ländern Sondervorschriften (z. B. in Sachsen, Thüringen etc.). Abgesehen hiervon wird der Bewerber auch Erfolg haben; denn nach § 9 IV VOL/A bedarf es für die Bürgschaft einer entsprechenden konkreten Begründung. Allgemeine Ausführungen reichen hierzu nicht aus. Vielmehr ist der für einen „Ausnahmefall“ sprechende Sachverhalt darzulegen. Die Sicherheit muss für die sach- und fristgemäße Durchführung der Leistung erforderlich sein. Die Darlegungs- und Beweislast trifft insofern die Vergabestelle. OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2010 – 2 W 37/10 – Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte - Einstweilige Verfügung zulässig, wenn auch unbegründet; auch OLG Düsseldorf, 13.1.1010 – I-27 U 1/09 - ; ferner André, Tobias, Von Anfechtungslawinen und Beschwerdewellen- Rechtsempirische Befunde zur Inanspruchnahme vergabespezifischer Rechtsschutzmechanismen unterhalb der unionsrechtlichen Schwellenwerte, ZfBR 2011, 331; auch Krist, Matthias, Vergaberechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte – Bestandsaufnahme und -ausblick, VergabeR 2010, 163).

Antwort auf Frage 9
Dies ist eindeutig in § 8 VOL/A geregelt. Danach bestehen die Vergabeunterlagen „in der Regel“ 1. aus dem Anschreiben, 2. den Bewerbungsbedingungen und Zuschlagskriterien, 3. aus der Leistungsbeschreibung und 4. aus den Vertragsbedingungen. Dasa Anschreiben (Aufforderung zur Angebotsabgabe oder für die Anforderung von Unterlagen) sollte sich auf das beschränken, was in § 12 II VOL/A gefordert ist. Vertragvereinbarungen gehören nicht in das Anschreiben. Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen sollten strikt getrennt sein. In den „Vertragsbedingungen“ sind insbesondere die in § 9 II – IV VOL/A geregelten Punkte sowie die Einbeziehung der AGB der öffentlichen Hand zu behandeln. Die Vertragsbedingungen können diskriminierend sein und zu Rügen führen (z. unbegründete Vertragsstrafen, Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfristen, Sicherheiten etc.). In die Bewerbungsbedingungen sollten die „allgemeinen Teilnahmebedingungen“ generell aufgenommen werden. Es ist hierbei darauf zu achten, dass diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 I BGB nicht der „Inhaltskontrolle“ nach § 307 BGB zum Opfer fallen (Unwirksamkeit – vgl. Schmitt, Michaela, Vertragsstrafen und Schadenspauschalierungen in AGB der öffentlichen Hand, insbesondere in BVB und EVB-IT, CR 2010, 693 ff).

Antwort auf Frage 10
Nach § 20 VOL/A (§§ 24 VOL/A EG, 20 VOB/A) ist das Vergabeverfahren in seinen einzelnen Stufen zu dokumentieren, muss alle Massnahmen und Begründungen der einzelnen Schritte enthalten. Es ist der Ausfluss des Transparenzgebots (vgl. z. B. § 2 I VOL/A). In den §§ 24 VOL/A und 20 VOB/A ist bestimmt, welchen Mindestinhalt die Dokumentation aufweisen muss. Das ist m. E. nicht ausreichend, weil durch diese Angaben nicht sichergestellt ist, dass die Dokumentation fortlaufend zu erfolgen hat, die einzelnen Stufen des Verfahrens und die einzelnen Maßnahmen mit Begründung aufzuweisen hat. Insofern ist der Hinweis auf den Mindestinhalt nicht zutreffend und geht auf die Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG zurück. Im extremen Fall der mangelhaften oder fehlerhaften Dokumentation war Rechtsprechung anzutreffen, die zur Aufhebung des Verfahrens führte. Die heutige Rechtsprechung ist insofern weniger hart. Im Regelfall wird das Verfahren in den Zeitpunkt zurückversetzt, in dem die Dokumentation noch ordnungsgemäß war. Nicht jeder Dokumentationsfehler ist im Übrigen zugunsten eines Bewerbers bzw. Bieters relevant, als sich der Dokumentationsfehler auf die Rechtstellung des Bieters negativ auswirkt. Für sich gesehen löst ein Dokumentationsfehler keinerlei Ansprüche aus (vgl. Müller-Wrede, Malte, VOL/A, 3. Aufl., 2010, § 24 EG Rn. 48 m. w. Nachw.; OLG München, Beschl. v. 7.4.2011 – Verg 5/11 – Dokumentationsfehler nur bei Verletzung von Bieterrechten relevant.

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