OLG-Entscheidungen 2020 - 2019
I. 2020
II. 2019



OLG Rechtsprechung 2020 – 2019

I. OLG 2020

OLG Celle, Beschl. v. 30.01.2020 - 13 Verg 14 – 19 – Zuschlag auf verfristetes Angebot trotz fehlender Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist – Möglichkeit des Zuschlags auch auf verfristetes Angebot durch Auftraggeber - Rahmenvertrag bis 2022 - Lieferung von Materialien und Logistik für Breitbandausbau - §§ 57 I VgV; §§ 146, 148, 150 I BGB - Bindefrist für Angebote bis 30. 7. 2019 – Nachricht des Auftraggebers v. 22. 7. 2019 auf elektronischer Vergabeplattform mit Betreff „Verlängerung der Bindefrist“ bis 22. September 2019 mit Bitte um Bestätigung mittels Vordruck bis 30. 7. 2019 – Telefonate und Nachreichen der geforderten Unterlagen – keine ausdrückliche Bestätigung der Verlängerung der Bindefrist durch Bieter – streitig, ob Verlangen des Auftraggebers nach Verlängerung der Bindefrist auch per E-Mail etc. – amtliche Leitsätze: „Zum Ausschluss eines Angebots mit der Begründung, dass der Bieter die vom Auftraggeber erbetene Bestätigung der Verlängerung der Bindefrist nicht übersandt habe. Der Auftraggeber ist grundsätzlich nicht daran gehindert und kann unter Geltung des öffentlichen Haushaltsrechts im Einzelfall sogar dazu gehalten sein, den Zuschlag auf ein Angebot nach Ablauf der Bindefrist zu erteilen.“ – Hinweis: Die Entscheidung lässt alle formalen Aspekte der §§ 145 ff BGB außer Acht. Der Zuschlag auf ein verfristetes Angebot (§ 148 BGB – erloschen?) soll danach „vergaberechtlich“ zulässig, ja geboten sein. Ob  dies mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren ist? Folgt man der Entscheidung des OLG, so ist die Bindefrist oder ihre Verlängerung ohne praktische Bedeutung.

OLG Celle, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96-19 – HOAI (EuGH, Urt. v. 4.7.2019 – C-377/17) - Folgen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI für PauschalpreisabredeDie (erg. vom EuGH) für unionsrechtswidrig erklärte Norm darf nicht mehr angewendet werden“ – keine Rückwirkung, „sondern um die Nichtanwendung einer gegen eine europäische Richtlinie verstoßenden nachrangigen Regelung.“ – Zulassung der Revision: OLG Celle, Urteile vom 17.7.2019 – 14 U 188/18, anhängig BGH – VII ZR 179/19; vom 23.Juli 2019 – 14 U 182/18; vom 14.8.2019 – 14 U 198/18, anhängig BGH – VII ZR 205/19; sowie in der vorliegenden Sache); KG (Urteil vom 13.9.2019 – 7 U 87/18, anhängig BGH – VII ZR 229/19), dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 17.9.2019 – 23 U 155/18), OLG Schleswig (Urteil vom 25.10.2019 – 1 U 74/18, Revision zum BGH zugelassen), VK Bund (Beschluss vom 30.8.2019 – VK 2-60/19); VK Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 24.10.2019 – 1 VK LSA 04/19); Landgerichte: LG Bonn, Urteil vom 18.9.2019 – 20 O 299/16; LG München I, Beschluss vom 24.9.2019 – 5 O 13187/19) – gegen OLG Hamm (Urteil vom 23.7.2019 - 21 U 24/18, anhängig BGH – VII ZR 174/19). OLG München (Hinweis-Beschluss vom 8.10.2019 – 20 U 94/19) ,mit Hinweis auf KG (Beschluss vom 19.8.2019 – 21 U 20/19, ohne Entscheidung): EuGH-... v. 4. Juli 2019 – C 377/17 bezieht sich nicht auf Rechtsstreitigkeiten „zwischen Privaten“ - amtlicher Leitsatz: „Die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI dienen hauptsächlich dem nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4.7.2019 - C-377/17 - festgestellten - nicht mehr legitimen - Ziel, ein Abweichen von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren. Der Zusammenhang mit diesen ist daher so eng, dass die Norm nicht teilbar ist und sich der Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf den gesamten § 7 Abs. 1 HOAI bezieht. Ein Verstoß gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI führt nicht zur Unwirksamkeit einer Pauschalpreisabrede. Die HOAI-Mindestsätze treffen keine Aussage in Bezug auf die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 2. Alt BGB.“

OLG Dresden, Beschl. v. 21.02.2020 - Verg 7-19 - Rahmenvertrag für Schutzwesten – §§ 53 II S. 2, 57 I Nr. 1, 57 I Nr. 2 VGV - Einreichen von Musterstücken auf dem Postweg –

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.01.2020 - Verg 10 – 18 – ÖPNV – Direktvergabe – Voraussetzung für Akteneinsicht –

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.02.2020 - Verg 24 – 19 - Bauleistungen zur Schachtförderanlagen – AGB -

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.01.2020 - Verg 20 – 19 - Software zur Erstellung von CO2-Bilanzen -

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.05.2020 - Verg 60 – 18 – Cannabis – Rücknahme des Nachprüfungsantrags – Kostentragung

OLG Hamburg, Beschl. v. 20.03.2020 - 1 Verg 1 – 19 - Lieferung von Steinsalz für Winterdienst – Losentscheid bei gleichwertigen Angeboten (?) (von BGH und EUGH nicht behandelt) – Rüge - § 160 GWB –- Losentscheidung als „ultima ratio“ (?) – Pflicht zur Vermeidung des Losentscheides (?) durch ausführlichere Wertungskriterien (?) - unzureichende Dokumentation – Vergabeunterlagen (Präklusion): „§ 10 Losentscheid - Der öffentliche Auftraggeber behält sich vor, bei wertungsgleichen Angeboten das Los entscheiden zu lassen.“ – Präklusion infolge erkennbar vorgesehenen Losentscheids - grundsätzliche Zulässigkeit des Losentscheids – Zulässigkeit der Losziehung durch drei nicht mit dem Verfahren beteiligte Personen – eindeutige Transparenz und Nachvollziehbarkeit – bedenklich die fehlende Aufnahme der Losziehungsmodalitäten in Vergabeunterlagen – aber unbedenkliches Vorgehen und ausreichende nachträgliche Dokumentation – empfehlenswert vorheriges Festlegen der Losziehungsmodalitäten (Wer? Wie? Lose und Gestaltung? Behälter? Ziehungsfolge und Öffnung der „verschlossenen Lose“ etc. – die Entscheidung sollte vor jeder Festlegung eines Losentscheids beachtet werden.

OLG München, Beschl. v. 26.03.2020 - Verg 22 – 19 – Produktneutralität -  Vertraulichkeit -  Medienausstattung für Gymnasium – Verstoß gegen den Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung durch Vorgaben für ausgeschriebene interaktive Multi-Touch Displays – „ungeschwärztes Submissionsergebnis an alle Bieter: Verstoß gegen Vertraulichkeit - - Aus der Entscheidung: „Nach § 31 Abs. 6 VgV darf auf ein bestimmtes Produkt nicht verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn dieser Verweis ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt. Gegen diese Verpflichtung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen in der Leistungsbeschreibung genannt wird, sondern auch dann, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein bestimmtes Produkt vorgegeben wird und nur mit diesem die Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt werden können. Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers sind eingehalten, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert. Gegen diese Grundsätze hat der Antragsgegner bei der Ausschreibung der Displays verstoßen. .... Der Senat ist unter Berücksichtigung der Vergabeunterlagen und des Vortrages der Parteien davon überzeugt, dass die Ausschreibung nicht produktneutral war und bestimmte Produkte der Firma Pr. begünstigt hat.“ ... „Der Antragsgegner hat weiter die Rechte der Antragstellerin dadurch verletzt, dass er das Submissionsergebnis ungeschwärzt an alle Bieter weitergegeben hat. Die Weitergabe verletzt das Recht des Bieters auf Vertraulichkeit seines Angebots. Nach § 55 Abs. 2 VgV sind Bieter bei der Angebotsöffnung aus Gründen des Geheimwettbewerbs und der Vertraulichkeit der Angebote nicht zum Submissionstermin zugelassen. ....“

OLG Rostock, Beschl. v.02.10.2019 - 17 Verg 3-19 – kommunale Wohnungsbaugesellschaft als öffentlicher Auftraggeber – pauschale Bezugnahme auf HOAI – Gewichtung des Honorarparameters 10 % - unberechtigte Aufhebung infolge der Entscheidung des EuGH Urt. v. 04.07.2019 - C-377/17

 

II. OLG 2019

KG Berlin, Beschl. v. 27.5.2019 - Verg 4 – 19 – Originalersatzteile und Referenzen - 2. Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 173 I S. 3, II GWB – Zurückverweisung an Vergabekammer wegen unterlassener Beiladung der Mitbewerber (schwerwiegender Mangel) – zulässige und begründete Beschwerde: „Der Teilnahmeantrag der Antragstellerin durfte nicht gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 8 GWB auf Grundlage der in der Ausschreibung enthaltene Vorgabe ausgeschlossen werden, dass Bieter Referenzen über vormals ausgeführte Aufträge vorzulegen haben, bei denen Originalteile verwendet wurden.“ – erforderliche Unterscheidung zwischen Zulässigkeit des Erfordernisses des Einsatzes von Originalteilen und Zulässigkeit des Erfordernisses der Vorlage von Referenzen über vormals ausgeführte Aufträge mit Originalteileeinsatz: “Diese Unterscheidung scheint die Vergabekammer nicht in Gänze wahrgenommen zu haben, wie die Gründe ihres angegriffenen Beschlusses vermuten lassen.“

KG Berlin, Urt. v. 04.04.2019, 2 U 5 - 15 Kart - Konzession für den Betrieb des Gasversorgungsnetzes - § 1 EnWG - Unterlassung der Vergabe und des Vertragsabschlusses – keine verfrühte Klage (Erstbegehungsgefahr) – Verstoß gegen § 19 II Nr. 1 GWB (Diskriminierungsverbot) – Konzessionsverträge von Kommunen unterliegen Kartellrecht Auswahlentscheidung nach sachlichen Kriterien entsprechend Zielrichtung des EnWG (möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung (§ 46 I EnWG) – Verstoß begründet „unbillige Behinderung“ – Wille zur Rekommunalisierung und die Gründung eines kommunalen Unternehmens selbst noch kein Verstoß (vorgelagerte Bestimmungsfreiheit) – Diskriminierung aber durch fehlende strikte organisatorische und personelle Trennung zwischen Kommune als Vergabestelle und Kommune als Bieter - ferner Verstoß durch unzulässige Mindergewichtung der Auswahlkriterien (sicherer Netzbetrieb nur 15,87 %) – fehlende Gewichtung auch der gebildeten „Unterkriterien“Kausalität der festgestellten Verfahrensfehler für eine unbillige Behinderung – keine Präklusion der Rügen (keine Übertragung des § 107 III GWB auf die Konzessionsvergabe – (noch) keine Anwendung der fristgebundenen Rügeobliegenheit gemäß § 47 EnWG mit Präklusionsfolge (Einführung erst zum 3.2.201, hier nicht anwendbar) – weitere Punkte: Antragshäufung – kein Anspruch der Kläger auf Abschluss eines Konzessionsvertrags nach § 33 I GWB oder Ansprüche aus § 823 II BGB i.V.m. dem Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot und § 1004 Abs. 1 BGB analog etc.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 03.01.2019, 19 Verg 5 – 18 – Auftragswert von 70 Mio. € - Antragrücknahme - Gebühren – Beschaffungsabsicht: 24 fest zu beschaffende Straßenbahnfahrzeuge zum Auftragswert von je 2,5 Mio. € netto zzgl. einer weiteren optionalen Beschaffung von 21 Straßenbahnfahrzeugen (deren Wert zu 50 % zu berücksichtigen ist, vgl. BGH, Beschluss v. 18.03.2014 - X ZB 12/13), hat die Vergabekammer rechtsfehlerfrei einen der Gebührenfestsetzung zugrunde zu legenden Betrag in Höhe von 102.637.500 € brutto errechnet.....“ – Rücknahme des Antrags vor Entscheidung der Vergabekammer - § 182 Abs. 3 S. 3 GWB: Erledigungsaufwand typischerweise verringert, „dass die Gebühr pauschal auf die Hälfte der sonst angemessenen Gebühr zu ermäßigen ist (OLG Düsseldorf, a.a.O. Rn 6). Im Anschluss an die Halbierung der Gebühr kann eine weitere Herabsetzung der Gebühr nur noch aus Gründen der Billigkeit nach § 182 Abs. 3 S. 5 GWB gerechtfertigt sein.“

OLG Celle, Beschl. v. 13.05.2019 - 13 Verg 2 – 19 – Entsorgung von rund 20.000 t Restabfall pro Jahr – Ausschluss nach § 124 GWB (nicht eingreifend) – keine fehlerhafte Wertung - keine „schwere Verfehlung“ – keine schwerwiegende Täuschung – zulässige Aufklärung gemäß § 15 Abs. 5 VgV – keine versteckte Nachverhandlung - Ablehnung der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung – Ablauf: Erklärung der Beigeladenen (keine Ausschlussgründe insbesondere nicht nach § 124 I Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 8 GWB, sodann Mitteilung der Zuschlagsabsicht an Beigeladene - Rügen der Antragstellerin (Schreiben nicht gemäß § 134 GWB – ferner Ausschluss wegen Presseberichts über Strafverfahren gegen Geschäftsführer der Beigeladenen) - erneute Prüfung und Wertung unter Berücksichtigung der Rüge und Zurückweisung der Rüge sowie Ankündigung der beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene – OLG: kein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen gemäß § 124 GWB und keine fehlerhafte Wertung durch Auftraggeber - Handeln von Nachunternehmen für sich genommen kein Ausschlusstatbestand nach § 124 I Nr. 1 GWB, sofern keine eigenen Pflichtverletzungen – keine „schwere Verfehlung“ – keine schwerwiegende Täuschung – zulässige Aufklärung gemäß § 15 Abs. 5 VgV – keine versteckte Nachverhandlung

OLG Celle, Beschl. v. 19.03.2019 - 13 Verg 7 – 18 - Rahmenvertrag - Postdienstleistungen - Aufhebung des Vergabeverfahrens –  Fortsetzungsfeststellungsantrag – Rüge u. a. der Zuschlagskriterien: „Preis“ (zu 30 %), „Einheitliches Codiersystem“ (zu 20 %), „Möglichkeit der E+1-Zustellung“ (zu 20 %) und „Quote der garantierten E+1-Zustellung“ (zu 30 %) etc. – Hinweise des Senats im Parallelverfahren 13 Verg 4/18: „dass das Zuschlagskriterium des „einheitlichen Codiersystems“ sowie die Gewichtung der Zuschlagskriterien unzulässig sein dürften“ – Teilaufhebung und Ankündigung der erneuten Ausschreibung – Antragstellerin: Erledigung des Vergabeverfahrens durch AufhebungZiel: Feststellung der Verstöße wegen Wiederholungsgefahr - Zulässigkeit nach § 168 II S. 2 GWB i.V.m. § 178 S. 4 GWB nach Erledigung (Aufhebung), Zulässigkeit des ursprünglichen Nachprüfungsantrags (hier nur teilweise wegen Präklusion) und besonderes Feststellungsinteresse (konkrete Wiederholungsfahr) – kein Verstoß durch bestimmte Eignungsanforderungen, Zustellgeschwindigkeit etc. - Eindeutigkeit etc. der Leistungsbeschreibung: Einschränkung durch das Gebot durch die  Grenze des Mach- und Zumutbaren sowie Verhältnismäßigkeit – bei Rahmenvereinbarungen weitergehende Einschränkung von Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit für Leistungszeit – aber Pflicht zur sorgfältigen Ermittlung des ..voraussichtlichen Bedarfs“ nach Möglich- und Zumutbarkeit – hier Möglichkeit der Ermittlung etc. konkreterer Daten aus der Vergangenheit aber nur mit unverhältnismäßigem Aufwand – Ausreichen der sorgfältigen Prognose der wesentlichen Bedingungen – Diskriminierung durch Gewichtung und Formulierung .der Kriterien etc. – umfangreiche Einzelfallprüfung hinsichtlich zahlreicher Kriterien.

OLG Celle, Beschl. v. 25.06.2019 - 13 Verg 4 – 19 - Rettungsdienst (Notfallrettung, qualifizierter Krankentransport und Komponenten des erweiterten Rettungsdienstes) - nicht ausschließlich an gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen - Angebot für Regionallos 3 ohne Bestplatzierung – Zuschlagserteilung an Bieterkonkurrenten – danach Kenntnis des unterlegenen Bieters über Betreibung einer Rettungswache außerhalb des in der Ausschreibung näher bezeichneten Suchgebietes durch bezuschlagte Konkurrenz der entgegen der Leistungsbeschreibung im Einverständnis mit Auftraggeber entgegen der bekannt gemachten Leistungsbeschreibung mit der Vorgabe zwingender Standorte – Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht einschlägig, da sich Ausschreibung gleichermaßen an gemeinnützige Organisationen wie an gewerbliche Unternehmen richtet – Zurückverweisung an Vergabekammer nach§ 178 Satz 2 GWB im Ermessen des Vergabesenats – Abwägungsfrage – „Wesentlich für eine Zurückverweisung spricht vorliegend, dass die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zu Unrecht als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen hat, der Antragsgegner und der Beigeladene bislang in der Sache nicht beteiligt wurden und eine inhaltliche Aufbereitung der sich stellenden Rechtsfragen bislang nicht stattgefunden hat ....“

OLG Celle, Beschl. v. 8.5.2019 - 13 Verg 10 – 18 – Neuvergabe des Stadtbusverkehrs – Interimsvergabe im Sektorenbereich unterhalb des Schwellenwerts – Repräsentativität (?) des Tarifvertrags der GVN / GÖD Stand 1. 9. 2018 i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 NTVergG -Kostenentscheidung nach Rücknahme der Beschwerde – Bewerbungsbedingungen: Mindestentgelt für Arbeitnehmer aus dem für repräsentativ erklärten Tarifvertrag nach der Leistungsbeschreibung - Mindestlohn gemäß Tarifvertrag GVN / GÖD Stand 1.9.2018 (nicht für repräsentativ erklärt) – „Gemäß § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB erfolgt die Entscheidung nach billigem Ermessen. Dies führt dazu, dass die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer der Antragstellerin aufzuerlegen sind, weil die Antragstellerin sich durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, und weil der Nachprüfungsantrag bei einer Entscheidung durch den Senat aus den nachfolgenden Gründen voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätte.“ – ausführlich zur Repräsentativität des Tarifvertrags der GVN / GÖD Stand 1. 9. 2018 i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 NTVergG – Interimsvergabe - Schätzung des Auftragswertes auf rund 158.000 € - Schwellenwert von 443.000 € (SektVO) nicht erreicht

OLG Celle, Beschl. v. 9.03.2019 - 13 Verg 1 – 19 – Postdienstleistungen – isolierter Feststellungsantrag – Feststellungsinteresse – Gebühren - §§ 168, 182 GWB - Unzulässigkeit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfahrensaufhebung nach § 168 II S. 2 GWB - Fortsetzungsfeststellung bei Erledigung nur nach Beginn des Nachprüfungsverfahrens – unzulässiger isolierter Nachprüfungsantrags zur Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Verfahrensaufhebung ohne gleichzeitige nachgesuchten Primärrechtsschutz – „Grundsätzlich ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag unzulässig, wenn schon der verfahrenseinleitende Nachprüfungsantrag unzulässig war .... Hier ist der auf die Aufhebung der Aufhebung gerichtete Antrag bereits mangels Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB unzulässig....  Die Antragsbefugnis setzt hiernach die Geltendmachung einer Verletzung in eigenen Rechten voraus. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 – X ZB 7/ 04 ...). Eine solche Rechtsverletzung hat die Antragstellerin zwar im Ausgangspunkt schlüssig dargelegt, aber nur im Hinblick darauf, dass die Verfahrensaufhebung nicht von § 63 VgV gedeckt und damit rechtswidrig war. Dass die Aufhebung des Verfahrens vorliegend ausnahmsweise unwirksam wäre ..., hat die Antragstellerin demgegenüber nicht geltend gemacht. Im Gegenteil hat sie bereits in der Antragsschrift klargestellt, dass die Aufhebung zwar rechtswidrig, aber wirksam sei ...  Bei dieser Fallgestaltung, bei der der Antragsteller tatsächlich nicht die Fortsetzung des Vergabeverfahrens in der Form der Aufhebung der Aufhebung herbeiführen will, sondern vielmehr „nur“ die Zulässigkeit des an sich unzulässigen isolierten Fortsetzungsfeststellungsantrags begründen möchte, fehlt es an der Antragsbefugnis für den nur pro forma auf Primärrechtsschutz gerichteten Antrag. ... Letztlich kann aber offenbleiben, ob die Zulässigkeit eines verfahrenseinleitenden Nachprüfungsantrags Voraussetzung eines Fortsetzungsfeststellungsantrags ist ... Jedenfalls besteht vorliegend keine Rechtfertigung, § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB analog anzuwenden.“ – auch keine schlüssige Darlegung eines Feststellungsinteresses (Schadensersatz wegen Aufhebung etc.) – teilweise Begründetheit wegen Festsetzung der Gebühr – Bestimmung nach § 182 Abs. 1 GWB i.V.m. § 3 Satz 1 VwKostG auch nach dem Verwaltungsaufwand.

OLG Celle, Urt. v. 02.10.2019 - 14 U 171 – 18 - restliche Vergütung - Vertrag über Straßenbauarbeiten - §§ 133, 157 BGB – offensichtliche falsche Vergabeunterlagen und Hinweispflicht des Auftragnehmers: „Ebenfalls noch zutreffend macht die Klägerin geltend, dass Unklarheiten der Ausschreibung grundsätzlich nicht zu Lasten des Auftragnehmers gehen und der Auftragnehmer die ausschreibende Stelle grundsätzlich nicht auf Fehler im Leistungsverzeichnis hinweisen muss. Lediglich im Fall, dass die Verdingungsunterlagen offensichtlich falsch sind, folgt aus dem Grundsatz des Gebots zu korrektem Verhalten bei Vertragsverhandlungen eine Prüfungs- und Hinweispflicht des Auftragnehmers (vgl. Senat, Urteil vom 31.01.2017 , Rn. 91 m. w. N., juris). Unterlässt der Auftragnehmer in einem solchen Fall den gebotenen Hinweis, ist er nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, Zusatzforderungen zu stellen (Senat, a. a. O. m. w. N.).“ – hier nicht angenommen - amtliche Leitsätze: „1. Beruht der Vertragsabschluss auf einem Vergabeverfahren der VOB/A, ist die Ausschreibung mit dem Inhalt der Auslegung zugrunde zu legen, wie ihn der Empfängerkreis verstehen muss. Grundlage der Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont dieser potentiellen Bieter. 2. Neben dem Wortlaut der Ausschreibung sind die Umstände des Einzelfalles, unter anderem die konkreten Verhältnisse des Bauwerks, zu berücksichtigen, zudem Verkehrssitte sowie Treu und Glauben. 3. Ob die ausschreibende Stelle ein bestimmtes Problem möglicherweise nicht gesehen hat, kann die Auslegung des Vertrages nicht beeinflussen; maßgeblich ist die objektive Sicht der potentiellen Bieter und nicht das subjektive Verständnis des Auftraggebers von seiner Ausschreibung. 4. Ein Bauvertrag ist zudem als sinnvolles Ganzes auszulegen. Es ist davon auszugehen, dass der Anbieter eine Leistung widerspruchsfrei anbieten will. 5. Bei Unklarheiten über nicht von vornherein in Übereinstimmung zu bringende Vertragserklärungen hat sich die Auslegung zunächst an demjenigen Teil zu orientieren, der die Leistung konkret beschreibt. Dabei kommt dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung gegenüber etwaigen Plänen jedenfalls dann eine vergleichsweise große Bedeutung zu, wenn damit die Leistung im Einzelnen genau beschrieben wird, während die Pläne sich nicht im Detail an dem angebotenen Bauvorhaben orientieren. 6. Lediglich im Fall, dass die Vergabe- und Vertragsunterlagen offensichtlich falsch sind, folgt aus dem Grundsatz des Gebots zu korrektem Verhalten bei Vertragsverhandlungen eine Prüfungs- und Hinweispflicht des Auftragnehmers. 7. Unterlässt der Auftragnehmer in einem solchen Fall den gebotenen Hinweis, ist er nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, Zusatzforderungen zu stellen.“

OLG Celle, Urt. v. 26.11.2019 - 13 U 127 – 18 - Konzessionsvertrag BAB 1 - AGB (-) – ÖPP - privat finanzierter Ausbau und Betrieb BAB A 1 - A-Modell-Projekt - Mehrvergütung – Schadensersatz – Inhaltskontrolle von AGB (hier Preisregelung!) – ungewöhnliches Risiko (verneint) - Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verneint - „Verkehrsmengenrisiko“ - endgültige Risikoverteilung: Ergebnis des Verhandlungsverfahrens - §§ 133, 157, 307,313 I BGB; 9 Nr. 2 VOB/A – amtlicher Leitsatz: „1. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB ist grundsätzlich insoweit kein Raum, als es sich dabei um Erwartungen und Umstände handelt, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollten. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme – sei es ausdrücklich, konkludent oder aufgrund ergänzender Vertragsauslegung – schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (BGH, 21.09.2005, XII ZR 66/03). 2. Der Konzessionsnehmer kann daher nicht die Vertragsanpassung bei Rückgang des mautpflichtigen Verkehrs auf dem von ihm ausgebauten und betriebenen Autobahnteilstück verlangen, wenn er im Konzessionsvertrag das „Verkehrsmengenrisiko“ in dem Umfang übernommen hat, wie es sich nach Vertragsschluss verwirklicht hat.“

OLG Dresden, Beschl. v. 15.02.2019, Verg 5 – 18 – SPNV Leistungen – Anforderungen an  Eignungsbekanntmachung – Bekanntmachung mit konkretem Link und bloßem Anklicken mit Zugriff auf Formblatt Eignungsnachweisen ausreichend – Unerheblichkeit eines oder mehrerer Links –zulässig -  „Eignungskriterien sind gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Das schließt es aus, Bieter zur Kenntnisnahme der Eignungsanforderungen auf die Vergabe- oder Auftragsunterlagen als Ganzes zu verweisen; dabei ist unerheblich, ob diese Unterlagen in Papierform zur Verfügung stehen oder über einen Link nur elektronisch zugänglich sind. Denn der potenzielle Bieter soll nicht erst die gesamten Vergabeunterlagen sichten müssen, um sich die Eignungsanforderungen und die zu erbringenden Nachweise zu erschließen. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 11.07.2018, VII-Verg 24/18, Vergaberecht 2019, 64, 68) weist zutreffend darauf hin, dass es - zumal ausländischen - Bietern nicht zumutbar ist, gegebenenfalls umfangreiche Unterlagen durcharbeiten zu müssen, um festzustellen, ob das in Rede stehende Beschaffungsvorhaben dem eigenen Eignungsprofil entspricht. Das schließt aber eine konkrete Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument, aus dem sich die Eignungsanforderungen ergeben, nicht von vornherein aus; gerade aus der vorbezeichneten Entscheidung des OLG Düsseldorf ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Denn dort wird ausdrücklich am Ergebnis eines früheren Beschlusses (OLG Düsseldorf vom 16.11.2011, VII-Verg 60/11) festgehalten, dem ein Sachverhalt zugrunde lag, bei dem sich die Eignungsanforderungen aus einem verlinkten Formblatt ergaben, zu dem am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken gelangen konnten; das hat das OLG Düsseldorf für unproblematisch gehalten (zustimmend u.a. Opitz in: Beckscher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2017, § 122 GWB Rdn. 98). Auch das OLG München (Beschluss vom 27.07.2018, Verg 02/18, Vergaberecht 2019, 70, 77) schließt eine Verlinkung, zumindest wenn sie unmittelbar zu den Eignungskriterien und den in diesem Zusammenhang vorzulegenden Unterlagen führt, nicht von vornherein aus. Die Bekanntgabe der Eignungskriterien muss gleichwohl transparent sein; letztere dürfen sich nicht an versteckten oder missverständlich bezeichneten Stellen befinden (Opitz a.a.O.). Das steht aber einer eindeutigen und problemlos zu verfolgenden Verlinkung, wie im vorliegenden Fall, nicht entgegen.“ – kein Widerspruch zu anderen Entscheidungen – keine Divergenzvorlage nach § 179 II GWB

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.01.2019, Verg 30 – 18 - Versorgung mit Stomaartikeln ... Inkontinenzhilfen - § 127 I SGB V - Zweckmäßigkeit gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB V - §§ 155, 156, 168 GWB – Zulässigkeit des Rechtswegs im Nachprüfungsverfahren – „Streitgegenstand“ im Nachprüfungsverfahren nicht wie im Zivilprozess - Krankenkasse öffentliche Auftraggeberin - § 127 I S. 1, 6 SGB V keine bieterschützende Vorschrift: „Die Möglichkeit einer Verletzung von subjektiven Rechten des Antragstellers nach § 97 Abs. 6 GWB, die § 160 Abs. 2 GWB dem § 42 Abs. 2 VwGO vergleichbar für die Antragsbefugnis voraussetzt, kommt nur in Betracht, wenn es sich bei den als verletzt gerügten Vorschriften um solche des Vergaberechts handelt oder um Rechtsvorschriften, für die es eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm gibt.“ – keine Bedeutung der Haupt- und Hilfsanträge – „Im Vergabenachprüfungsverfahren haben die Anträge keine den Streitgegenstand umgrenzende Funktion, weil die Vergabekammer nach § 168 Abs. 1 Satz 2 GWB nicht an die Anträge gebunden ist .... Nach der Rechtsprechung des Senats gilt die Vorschrift für den Vergabesenat im Rahmen des Beschwerdegegenstands entsprechend.“ Keine Zulassung der Rechtsbeschwerde an den BGB (keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 17a IV S. GVG): „Eine grundsätzliche Bedeutung ist zu bejahen, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage bisher höchstrichterlich nicht geklärt, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist und sie das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, weil sie sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellt (BGH, NJW 2003, 1943, 1944).“

OLG Hamburg, Beschl. v. 11.02.2019 - 1 Verg 3 – 15 – Malerarbeiten - kommunale Wohnungsbaugesellschaft – mittelständischer Malerbetrieb ohne Aufträge – Erteilung eines Auftrags über Malerarbeiten mit Auftragswert von 170.000 € an Konkurrenten ohne Vergabeverfahren durch Wohnungsbaugesellschaft (Gesamtauftragsvolumen: 164 Millionen €) - § 98 Nr. 2 GWB - – Vergabe eines Auftrags über ca. 14 Mio. € an Generalunternehmer ohne Berücksichtigung eines Loses für Malerarbeiten – Erledigung der Hauptsache durch zwischenzeitlich Erfüllung der Bedarfsdeckung (Vergabe der Malerarbeiten an einen Mitbewerber) – Vergaberechtsschutz auch bei möglicher Aufnahme in das 20-%-Kontingent etc. - Voraussetzungen der Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber (hier verneint) „Tätigkeit im Allgemeininteresse“ „nicht gewerblicher Art“ (umfangreiche Behandlung der Frage für die kommunale Wohnungsbaugesellschaft in Hamburg).

OLG Koblenz, Beschl. v. 14.05.2019 - Verg 1 - 19 - Restabfälle – Teilübertragung von Aufgaben – Beteiligte: Landkreis (LK mit vollständiger eigener Aufgabenerledigung mit mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) und Abfallzweckverband (AZV – ohne MBA )–„Zweckvereinbarung“ zwischen LK und AZV: Übertragung von 20 % (ca. 10.000 Mg/a) von AZV auf LK – sonstige Entsorgung von etwa 80% der Restabfälle im Auftrag des AZV durch private Unternehmen - Inhalt der „Zweckvereinbarung“ zwischen AZV und LK: „Auf der Basis der ... Rechtsvorschriften und ... Beachtung des Grundsatzes der Nähe vereinbaren der Kreis (LK) und der AZV gemäß § 12 Abs. 1 KomZG die Mitbenutzung der MBA L. durch den AZV mit einer Teilmenge der ihm angedienten bzw. überlassenen Abfälle.“ - Art. 12 IV a) Richtlinie 2014/24/EU – umgesetzt in § 108 VI GWB – Ausnahme vom Vergaberecht oder vergaberechtswidrige Direktvergabe (?) Antragstellerin: Privatunternehmen (Rüge unzulässige Direktvergabe)  – Antragsgegner: AZV – Beigeladener: LK - Vergabekammer: keine unzulässige Direktvergabe, sondern Ausnahme i. s. d. § 108 VI GWB – dagegen an sich OLG Koblenz (aber Auslegungsfrage: Sache des EuGH) – Bedeutung der 30-Tages-Frist § 135 II S. 1 GWB bei Direktvergaben – unterschiedliche Interessen der Parten LK und AZV – Aufgabe nur mitfremder Hilfe (keine eigene MBA) – LK durch MBA wirtschaftlichere Auslastung - ausreichend für die § 108 VI GWB (?) – Erwägungsgrund 33 Richtlinie 2014/24/EU nicht weiterführend: Zusammenarbeit ohne Pflicht zur Einhaltung einer bestimmten Rechtsform – aber: „Notwendig sei, dass „die Zusammenarbeit auf einem kooperativen Konzept“ beruhe. Dies setze „nicht voraus, dass alle teilnehmenden Stellen die Ausführung wesentlicher vertraglicher Pflichten übernehmen, solange sie sich verpflichtet haben, einen Beitrag zur gemeinsamen Ausführung der betreffenden öffentlichen Dienstleistung zu leisten“. Nach dem Senat: interpretationsfähiger Wortlaut der Norm - eher kryptische Erwägungen mit Spielräumen und Offenheit, „ob *zwei ... Auftraggeber, ... im Sinne des Ausnahmetatbestands zusammenarbeiten, weil sie sich die Erledigung einer nur einem von ihnen obliegenden konkreten Entsorgungsaufgabe teilen; oder ob * der Zweckverband einen „Beitrag zur gemeinsamen Ausführung“ der öffentlichen Aufgabe Abfallentsorgung leistet, wenn er den Landkreis dafür bezahlt, dass dieser einen Teil der dem Zweckverband obliegenden Aufgabe erledigt....“ (Hinweis auf Streit in der Literatur) - Beschwerde wäre erfolgreich: Vereinbarung über ... Outsourcing und eines Teils der Aufgabe: „normaler“ Auftrag nicht unter § 108 VI GWB fallend, da der Senat „ den ... Begriff „Zusammenarbeit“ in dem Sinne auslegen“ würde, „dass für ein kooperatives Konzept mehr erforderlich ist, insbesondere“ mehr als die Erfüllung ohnehin obliegender Pflicht und einen rein finanziellen „Beitrag“ - Anders ausgedrückt: „Eine Zusammenarbeit setzt voraus, dass jeder Beteiligte einen Beitrag leistet, der ohne die Kooperationsabrede nicht von ihm, sondern von einem anderen Beteiligten geleistet werden müsste. Zu einer Auslegung ist der Senat aber nicht befugt, weil § 108 Abs. 6 GWB auf Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU zurückgeht. ... Zur Auslegung des Rechts der Union ist aber allein der Gerichtshof berufen, weshalb dessen Vorabentscheidung einzuholen ist“

OLG Köln, Urt. v. 31.10.2018 - 11 U 166 – 17 – kontaminiertes „Bettungsmatrial“ für Straßenunterbau statt Natursplitt etc.schwere Verfehlung - § 16 I Nr. 2c) VOB/A, 280 I, 311 II BGB – Ausschluss wegen sittenwidriger Schädigung nach § 826 I BGB in sieben Fällen wie strafrechtliches Unwerturteil – Selbstreinigung kann zur Wiederherstellung der Zuverlässigkeit führen (Erforderlichkeit der Vorsorge zur Verhinderung erneuter Verfehlungen – Aufklärung – personelle Konsequenzen und Organisationsmaßnahmen – weitere Erteilung von Aufträgen durch Auftraggeber steht Annahme der Zuverlässigkeit im konkreten Fall nicht entgegen – anders bei bereits gesicherte Erkenntnissen im Zeitpunkt der weiteren Auftragsvergabe.

OLG München, Beschl. v. 10.04.2019 - Verg 8 – 18 - Architektenleistungen der Objektplanung – für Lösungsvorschlag Aufwandsentschädigung in Höhe von 5. 000,- € netto inkl. Nebenkosten – Rüge etc. - ermessensfehlerhafte Vergabekammerkostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärungen und der Rücknahme des Fortsetzungsfeststellungsantrags entgegen § 182 III s. 5, IV S. 2, 3 GWB nach Billigkeitsgesichtspunkten – Vergabeunterlage: „Für die Erstellung des Lösungsvorschlags wird eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 5. 000,- € netto inkl. Nebenkosten gezahlt. Mit dieser Summe sind alle Aufwendungen für die Erstellung des Lösungsvorschlags und die Vorstellung im Rahmen der Verhandlungsgespräche abgegolten. Im Falle einer Beauftragung werden die durch den Lösungsvorschlag bereits erbrachten Leistungen des Teilnehmers/der Teilnehmerin bis zur Höhe der Aufwandsentschädigung nicht erneut vergütet.“ – Rüge der Antragstellerin wegen zu niedriger Entschädigung – Teilnahme ohne gefordertes Formblatt – Entscheidung der Vergabestelle: Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Bekanntmachung - Teilerledigungserklärung die Antragstellerinnen – Zustimmung durch Antragsgegnerin und im Übrigen Abweisungsantrag – Mitteilung der Antragstellerinnen: keine Festhalten am Fortsetzungsfeststellungsantrag bei Aufrechterhaltung der RechtsauffassungKostenverteilung durch die Vergabekammer nach Einstellung des Verfahrens: Antragsgegnerin zu 1/2 und den Antragstellerinnen zu je 1/4 - OLG-Kostenverteilung: Antragstellerinnen zu 1) und 2) je 1/8 und die Antragsgegnerin 3/4. - Vorliegend wurde die Erledigung einseitig durch die Entscheidung der Vergabestelle herbeigeführt und dadurch zumindest teilweise dem Ansinnen der Antragstellerinnen entsprochen. Der Senat verkennt nicht, dass völlig offen ist, wie die Antragsgegnerin in einer neuen Bekanntmachung den Umfang der geforderten Lösungsvorschläge festlegt und ob sie dem Ansinnen der Antragstellerinnen folgt, eine angemessene Vergütung nach den Vorschriften der HOAI festzusetzen. Der Senat stellt entscheidend darauf ab, dass die Klärung der umstrittenen Rechtsfrage einer angemessenen Vergütung durch die Antragsgegnerin verhindert wurde ...“.

OLG München, Beschl. v. 17.04.2019 - Verg 13 – 18 - Bauauftrag (Abbruch- und Entsorgungsarbeiten) – Mischkalkulation – fehlende Widerlegung der Mischkalkulation – Nachunternehmeraustausch - . berechtigter Ausschluss nach §§ 16 EU Nr. 3, 13 EU I Nr. 3 VOB/A – keine Erschütterung des indizierten Verdachts einer Mischkalkulation – „Verlagert der Bieter die für einzelne Positionen seines Leistungsverzeichnisses eigentlich vorgesehenen Preise ganz oder teilweise in andere Positionen, greift § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A daher grundsätzlich sein (BGH, Urteil vom 19.06.2018, X ZR 100/16 .... Tz. 15). ... Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechen, indiziert eine solche Preisverlagerung. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern, rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preisangaben enthält und daher auszuschließen ist (BGH, a.a.O., Tz. 16, 17).“ – „Die Vergabestelle muss sich bei der Aufklärung nicht mit jeder beliebigen Erklärung des Bieters zufrieden geben. ... Liegen jedoch konkrete Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vor, ist die Vergabestelle nicht gezwungen, sich mit einer solchen Auskunft zufrieden zu geben, sondern wird ein Ausschluss gleichwohl in Betracht kommen .... Übernimmt allerdings ein Bieter nur die von einem Subunternehmer geforderten Preise, so stellen diese die von ihm geforderten Preise dar und es fehlt an der Vermutung von Preisverlagerungen ... Vorliegend indizieren die von der Antragstellerin angebotenen Preise für die Leistungsverzeichnis-Positionen 1.7.1 und 1.7.2 nach der vorzitierten neueren Rechtsprechung des BGH eine Mischkalkulation. ... Die Antragstellerin hat die Indizwirkung nicht erschüttert. ... Die Ausführungen der Antragstellerin in den Aufklärungsschreiben vom 29.08.2018 und vom 11.09.2018 sind hierzu nicht geeignet.“ – im Angebot angegebene Entsorgungsstelle und hiervon abweichende andere Firma ohne vorheriges Einverständnis des Auftraggebers nicht zulässig -

OLG München, Beschl. v. 17.05.2019 - Verg 4 – 19 – 3-Achs-LKWs für Winterdienst - Rücknahme der Beschwerde - Kostenentscheidung „1. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin nach § 175 Abs. 2 GWB i.V.m. § 78 GWB die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Die Antragstellerin hat sich durch die Rücknahme der Beschwerde (und ihres Nachprüfungsantrags) in die Rolle der Unterlegenen begeben, da sie ohne Rücknahme des Rechtsmittels aller Voraussicht nach unterlegen wäre. Auf den Senatsbeschluss vom 08.03.19 wird Bezug genommen. Die Beigeladene hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt, damit besteht auch keine Veranlassung für eine Entscheidung über etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen.“ - Kostenentscheidung der Vergabekammer fehlerfrei.

OLG München, Beschl. v. 19.03.2019 - Verg 03 – 19 - Lieferauftrag „Infusionstechnik" Ordensgemeinschaft (kein öffentlicher Auftraggeber): unrichtiger Hinweis auf Möglichkeit des Nachprüfungsantrags und spätere Klarstellung des Fehlers vor Vergabekammer: kein Anlass für Vertrauen des Antragstellers auf unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung und Berufung auch im Beschwerdeverfahren – kein Eingreifen des  § 99 Nr. 4 GWB (Tief- und Hochbau), sondern Lieferauftrag – Zurückweisung des Antrags auf Akteneinsicht, da die Vergabeunterlagen keinerlei Informationen enthalten, die für die Frage ... von Relevanz sein könnten. Es findet sich insbesondere kein Förderbescheid in den Unterlagen. Im Nachprüfungsverfahren vermittelt § 165 Abs. 1 GWB keinen Anspruch der Bieter, in nicht entscheidungsrelevante Teile der Akten Einblick nehmen zu können (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 25.09.17 – Verg 19/17 ...) – Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung (§ 173 II S. 1 GWB) - nach summarischer Prüfung aller Voraussicht nach keine Erfolgsaussichten: Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen nicht eröffnet, da kein öffentlicher Auftraggeber betroffen bzw. Eingreifen des § 99 Nr. 2 oder Nr. 4 GWB: „Liegen die Voraussetzungen objektiv nicht vor, führen weder die Verkennung dieser Eigenschaft durch die ausschreibende Stelle noch „Dokumentationsversäumnisse“ noch eine falsche Belehrung zur Eröffnung des von Amts wegen zu prüfenden Rechtswegs.“

OLG München, Beschl. v. 2.5.2019 - Verg 5 – 19 - Betriebsführung und Instandhaltung Medizintechnik – Kostenentscheidung – überstimmende Erledigungserklärung des Nachprüfungsverfahrens - Entscheidung nach § 182 III S. 4, 5 GWB nach billigem ErmessenBerücksichtigung der Punkte: Abstellung der gerügten Mängel durch Auftraggeber, keine maßgebliche Rolle der etwaigen Präklusion wegen verspäteter oder unterlassener Rügen, Zulassung der Angebote via E-Mail Erforderlichkeit der Verhinderung vorzeitiger Zugriffe durch Aufraggeber, keine Anlastung des Verstoßes für Bieter – Kosten trägt Auftraggeber

OLG München, Beschl. v. 25.02.2019 - Verg 11 – 18 - „Modernisierung Steuerfachverfahren“ - Beschaffung eines neuen SAP-integrierten Veranlagungsfachverfahrens - Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerbnicht ausreichende Bekanntmachung der Eignungskriterien durch pauschalen Verweis auf Vergabeunterlagenunzureichend auch ein Link in der Bekanntmachung, der nur auf eine Plattform mit mehreren laufenden Vergabefahren – Art. 58 RL 2014/24/EU; § 122 IV S. 2 GWB – amtlicher Leitsatz: Es fehlt an einer wirksamen Bekanntmachung der geforderten Eignungskriterien, wenn in der Auftragsbekanntmachung lediglich pauschal auf die Auftragsunterlagen verwiesen wird. Auch ein Link in der Bekanntmachung, der nur auf eine Plattform der Vergabestelle mit mehreren laufenden Vergabeverfahren führt, ist unzureichend (im Anschluss an OLG Düsseldorf vom 11.07.2018, Verg 24/18).

OLG München, Beschl. v. 25.03.2019 - Verg 10 – 18 – Sicherheit der JVA – Grenzen der Gesamtvergabe – Bestimmungsrecht (Gesamtvergabe – Lose) - wesentliche Änderung der Vergabeunterlagen und Verlängerung der Angebotsfrist - Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags bei formwidrigem Angebot – rechtzeitige Rüge (fehlende Losaufteilung) - Art. 97 IV S. 2, S. 3 GWB; § 10a EU Abs. 6 S. 1 Nr. 2 VOB/A – amtliche Leitsätze: 1. a) Das Absehen vom Regelfall der Losvergabe erfordert eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange, wobei der Auftraggeber wegen der dabei anzustellenden prognostischen Überlegungen einen Beurteilungsspielraum hat, der im Nachprüfungsverfahren (nur) der rechtlichen Kontrolle unterliegt (im Anschluss an OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. Mai 2018, 11 Verg 4/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. April 2012, VII-Verg 100/11). b) Die Beschaffungsautonomie ist kein Freibrief für eine Gesamtvergabe, allerdings können sich aus dem korrekt ausgewählten Auftragsgegenstand Belange ergeben, die der Auftraggeber bei der Abwägung für oder gegen eine Losvergabe berücksichtigen kann. c) Konkrete projektbezogene Besonderheiten wie z.B. ein hohes Risikopotential des Objekts können eine Gesamtvergabe rechtfertigen (hier: Sicherheitstechnik für eine JVA). 2. Zur Problematik einer „wesentlichen Änderung“ der Vergabeunterlagen, die eine Verlängerung der Angebotsfrist erfordert.

OLG München, Beschl. v. 29.04.2019 - Verg 03 – 19 – Kostenentscheidung – Rücknahme der Beschwerde – im Anschluss an OLG München, Beschl. v. 19.03.2019, Verg 03 - 19 – Kostenentscheidung: Auftraggeberin trägt Kosten des Beschwerdeverfahrens, „da sie ohne Rücknahme des Rechtsmittels aller Voraussicht nach unterlegen wäre. Auf den Beschluss vom 19.03.19, mit dem der Senat den Antrag auf weitere Verlängerung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt hat, wird Bezug genommen.“

OLG München, Beschl. v.08.03.2019 - Verg 4 – 19 - 3-Achs-LKWs für den Winterdienst – vgl. auch OLG München, Beschl. v. 17.05.2019 - Verg 4 / 19 - einziges Zuschlagskriterium der Preis mit Berücksichtigung der Entfernungskilometer bei Werkstattbesuchen während der Nutzungszeit („Je größer die Entfernung ist, desto höher ist der „Malus“). – Entfernungsvorgabe zwischen der Werkstatt und der jeweiligen Autobahnmeisterei maximal 100 km (Berechnung mit Routenplaner „Bayerninfo“) – erforderliche Angabe der vorgesehenen Werkstätten vom Bieter in gesondertem 1. Formblatt - Auftragsunterlagen für die Fahrzeuge nach 2. Formblatt „Technische Bieterangaben“ – 1. Ausschlussmitteilung wegen Überschreitens der Entfernung sowie Überschreiten von Maßvorgaben Nachforderung diverser Unterlagen von der Antragstellerin unter Fristsetzung (Rüge) – Nachreichen fristgemäß – Rüge (E-Mail) - Gründe: Vorgabe der Werkstattentfernung diskriminierendauch Fahrgestelle mit Überschreiten der vorgegebenen Maße üblich und Vergabestelle bekannt: im Übrigen Kürzung auf das geforderte Maß - Schreiben vom 29.10.2018: Zurückweisung der Rüge durch Vergabestelle - Angabe 8541 mm statt Höchstmaß von 8000 mm – keine „korrigierbarer offensichtlicher Eintragungsfehler – Präklusion der Rüge der maximalen Entfernung von 100 km – Erkennbarkeit für durchschnittlich fachkundiges Unternehmen bei Präklusion grundsätzlich kein Aufgreifen von Amts wegen – im Übrigen auch sachliche Rechtfertigung der Höchstentfernung von 100 km

OLG München, Urt. v. 12.02.2019 - 9 U 728 / 18 - Vergütung für  A. - Zulässige Risikoübertragung, Planungsverantwortung, Bodenrisiko, Konzessionsvertrag (Vertrag sui generis mit werkvertraglichen Elementen – Dauerschuldverhältnis – sog. „A-Modell“ (Autobahn-Ausbau-Modell) im Rahmen einer sogenannten ÖPP (Öffentlich-Privaten-Partnerschaft) zugrunde, weshalb der Vertrag ... auch die Überschrift „Betreibermodell BAB A 8 West (A-Modell) U.-A.“ trägt. „Das genannte „A-Modell“ ist generell dadurch gekennzeichnet, dass ein privates Unternehmen für den Aus- oder Neubau und die Finanzierung eines Streckenabschnittes einer Bundesfernstraße verantwortlich ist und dieses Unternehmen (der Konzessionsnehmer) die Erhaltung und den Betrieb darüber hinaus für - in der Regel - 30 Jahre übernimmt. Die Refinanzierung erfolgt über die Einnahmen aus der LKW-Maut und gegebenenfalls einer Anschubfinanzierung.“ – Übernahme der Planungsrisiken im Vergabeverfahren – Unzumutbare Risiken hätten im Vergabeverfahren vor Zuschlag geltend gemacht werden müssen – keine Unangemessenheit der Vertragsklauseln i. S. d. § 307 f BGB – Klauseln halten einer Inhaltskontrolle stand.

OLG München, Urt. v. 12.02.2019 - 9 U 728 / 18 - Vergütung für  A. - Zulässige Risikoübertragung, Planungsverantwortung, Bodenrisiko, Konzessionsvertrag (Vertrag sui generis mit werkvertraglichen Elementen – Dauerschuldverhältnis – sog. „A-Modell“ (Autobahn-Ausbau-Modell) im Rahmen einer sogenannten ÖPP (Öffentlich-Privaten-Partnerschaft) zugrunde, weshalb der Vertrag ... auch die Überschrift „Betreibermodell BAB A 8 West (A-Modell) U.-A.“ trägt. „Das genannte „A-Modell“ ist generell dadurch gekennzeichnet, dass ein privates Unternehmen für den Aus- oder Neubau und die Finanzierung eines Streckenabschnittes einer Bundesfernstraße verantwortlich ist und dieses Unternehmen (der Konzessionsnehmer) die Erhaltung und den Betrieb darüber hinaus für - in der Regel - 30 Jahre übernimmt. Die Refinanzierung erfolgt über die Einnahmen aus der LKW-Maut und gegebenenfalls einer Anschubfinanzierung.“ – Übernahme der Planungsrisiken im Vergabeverfahren – Unzumutbare Risiken hätten im Vergabeverfahren vor Zuschlag geltend gemacht werden müssen – keine Unangemessenheit der Vertragsklauseln i. S. d. § 307 f BGB – Klauseln halten einer Inhaltskontrolle stand.

OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 13.06.2019, 54 Verg 2 – 19 – Triebzüge und Wartung - SPNV – Innovationspartnerschaft – Antragsbefugnis - Rechtzeitigkeit von Rügen in mehrstufiger Innovationspartnerschaft – Präklusion der nach einer „Verfahrensstufe“ (hier neun) unterlassene Rügen – Maßgeblichkeit der Frist des § 160 III GWB auch für “indikative Angebote“ – Zusammenfassung der ausführlichen Nachprüfung durch das OLG: „3.3.5 Insgesamt ergibt sich damit, dass infolge eingetretener Präklusion die Beanstandungen wegen einer falschen Vergabeverfahrenswahl („Innovationspartnerschaft“), einer unterlassenen Losaufteilung und wegen eines ungleichen Leistungsumfangs für Anbieter batteriebetriebener bzw. wasserstoffbetriebener Fahrzeuge in Bezug auf die Nachlade-infrastruktur bzw. auf die Verpflichtung zur Lieferung/Bereitstellung von Strom nicht mehr zulässiger Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein konnte. Die Beanstandungen sind deshalb auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht mehr nachzuprüfen. Demgegenüber sind die Vergaberügen der Beschwerdeführerin zu den Vergabebedingungen zum (wertungsrelevanten) Preis für die Lieferung bzw. Bereitstellung von Strom – einschließlich der sog. Preisgleitklausel – nicht präkludiert, ebenso nicht die Beanstandung zu den Anforderungen an eine CO2-freie Stromerzeugung und die Rügen zur Transparenz und zu einer gleichheitswidrigen Wirkung der sog. Wertungsaufschläge.“ – keine Überwindung der Präklusion durch das Aufgreifen von Amts wegen Unbegründetheit der „übriggebliebenen Rügen“ – ausführliche und umfangreiche Einzelfallentscheidung

OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 22.01.2019 - 54 Verg 3 – 18 – Sektorenauftrag - vgl. §§ 8, 35 I S. 2 VgV, 33 I SektVO, 160, 168 GWB)- Zugbildungsanlagen etc. (Lieferung, Einbau) – Präklusion bei verspäteter Rüge – Amtsermittlungsgrundsatz und präkludierte oder fehlende Rügen (§ 163 I S. 2 GWB) Nachverhandlungen im Sektorenbereich – Dokumentation – Prüfung der Gleichwertigkeit von Nebenangeboten - „Erkennbarkeit“ - Betroffenheit des Beigeladenen durch Vergabekammerentscheidung (Rückversetzung in Stadium vor Versendung)– Rügen wegen Kriterium „Bauzeitverkürzung“, Nichtangabe von Mindestkriterien für (zugelassene) Nebenangebote und „Punktesystem“ (Umrechnung des Preises in Punkte) - Präklusion infolge Erkennbarkeit dieser Verstöße (§ 160 III Nr. 2 GWB - „ ... Erkennbarkeit ... für fachkundigen Bieter bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen“ - Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen mit Tatsachen deuten schon bei laienhafter rechtlicher Bewertung, also ohne Bemühung besonderen Rechtsrats, auf einen Vergaberechtsverstoß hin – „... Anders als bei erkannten ...  Vergaberechtsverstößen geht eine - auch fahrlässig - unterlassene Rüge in den Fällen eines erkennbaren Vergabeverstoßens nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB zu Lasten des Bieters ... Ein Bieter braucht die mit einer Rüge verbundenen Rechtsfragen nicht vollständig zu durchdringen. Er ist nur gehalten, die auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutenden Tatsachen zu benennen, die sich ... aus ... der ... Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen ergeben. Umstände, die außerhalb dessen liegen - etwa zur Vergabeverfahrenswahl ... oder zum Umfang der Beschaffung ... vermögen eine „Erkennbarkeit“ i. S. d. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB nur zu begründen, wenn sie dem jeweiligen Bieter positiv bekannt waren...“ – keine Erkennbarkeit bei rechtlich komplexen und durch Rechtsprechung noch nicht vollständig geklärten Fragen – Pflicht zur Rüge durch das den Verstoß geltend machende Unternehmen – bei Bietergemeinschaft durch alle Mitglieder gemeinsam oder Bevollmächtigen – Rüge eines Mitglieds nicht genügend (möglich aber Rüge durch Stellvertreter oder Verfahrensstandschafter bei Offenlegung – nicht bei nur intern gebliebenem Einverständnis der Mitglieder mit Rügen eines „Dritten“ vor Bildung der Bietergemeinschaft (kein „automatisches“ Zuwachsen) – „Die Präklusion kann (auch) nicht dadurch überwunden werden, dass die genannten Rechtsverstöße „von Amts wegen“ aufgegriffen werden; weder ist insoweit ein Ermessen der Nachprüfungsinstanzen eröffnet noch besteht die Möglichkeit, den ... Beanstandungen im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 175 Abs. 2 iV. m. § 70 Abs. 1 GWB) nachzugehen. Die Präklusionsregeln dürfen über den Untersuchungsgrundsatz nicht umgangen werden“. – „Fehlen ... Mindestanforderungen für Nebenangebote, hat dies ... zur Folge, dass abgegebene Nebenangebote nicht gewertet werden dürfen, und zwar auch dann nicht, wenn sie (wie hier) in der Auftragsbekanntmachung (zu II.2.10) allgemein zugelassen worden sind ...“ -  Beanstandungen beziehen sich auf den weiterwirkenden „Grundfehler“, dass Mindestanforderungen für Nebenangebote fehlen. Die aus diesem „Grundfehler“ resultierende mangelnde Zuschlagsfähigkeit von Nebenangeboten, für die keine Mindestanforderungen benannt worden sind (s. o. 3.1.2.1), ist eine zwangsläufige Folge der unterbliebenen Festlegung und Bekanntgabe von Mindestbedingungen. Gerade dies kann von der Beschwerdegegnerin indes wegen der Rügepräklusion gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB nicht mehr in zulässiger Weise zur Nachprüfung gestellt werden ... Gegenstand zulässiger (nicht von der Präklusion erfasster) Nachprüfung bleiben Vergabefehler, die keine „Folgefehler“ im o. g. Sinne sind, insbesondere solche, die (zeitlich) nach der für die Präklusion maßgeblichen Rügefrist (hier: dem Ende der Angebotsabgabefrist) liegen. Das gilt insbesondere für die Phasen der Prüfung und Wertung der Angebote durch die Vergabestelle und die (darauf gestützte) Zuschlagsentscheidung... „ (hier nicht gegeben) – Rügen sind damit präkludiert – bei rechtswidrig zugelassenen Nebenangeboten und insofern präkludierter Rüge zulässige und zutreffende Prüfung der Gleichwertigkeit des Nebenangebots (weiter Beurteilungsspielraum des Auftraggebers und eingeschränkte Überprüfbarkeit (hier nicht verletzt: zutreffender Sachverhalt- keine sachfremden Erwägungen – keine unzulässige Nachverhandlung (im Übrigen auch kein ausdrückliches Nachverhandlungsverbot in §§ 51 I; II SektVO – Grenzen insofern nur aus § 97 I, II GWB (fairer und diskriminierungsfreier Wettbewerb: keine Verfälschung) – hier auch nur Änderungen geringen Umfangs -Zielsetzung der Sektorenverordnung: größere Flexibilität für Sektorenauftraggeber – kein ungewöhnlich niedriger Preis i. S. d. § 54 SektVO – keine Verletzung der Dokumentationspflicht (zeitnah und ausreichend etc. – Hinweis: Ob das Nichtaufgreifen des Verstoßes (fehlende Mindestanforderungen) „von Amts wegen“ zutreffend ist, darf wohl bezweifelt werden. Darauf sollten Auftraggeber m. E. nicht vertrauen. Wenn das richtig wäre, blieben selbst eindeutige Verstöße des Auftraggebers letztlich ungeahndet - und das, obwohl das Nebenangebot nicht gewertet werden dürfte – vgl. hierzu Müller-Wrede. GWB, 2016, § 163 Rn. 21; auch Ziekow/Völlink-Dicks, VergRecht, 2018, § 163 Rn. 3, 6, 7; ferner Kulartz u. a., GWB, 4. Aufl., 2016, § 163 Rn. 14, 25.

OLG Stuttgart, Urt. v. 6. 6. 2019 - 2 U 218 – 18 – Wegenutzungsvertrag – Konzession - Antrag auf einstweilige Verfügung in Verfahren zur Neuvergabe der Konzession für die Stromversorgung im Stadtgebiet – zahlreiche Rügen – Fortsetzung der Neuvergabe der Konzession nicht ohne Abhilfe der Rügen der Verfügungsklägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - §§ 46, 47 EnWG, 253 II ZPO - amtliche Leitsätze: 1. Wird in einem Verfahren zur Vergabe eines Wegenutzungsvertrags für Energieversorgungsleitungen gem. §§ 46, 47 EnWG gerügt, dass die Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens verletzt seien, bildet im gerichtlichen Verfahren jede einzelne Rüge einen selbständigen prozessualen Streitgegenstand. 2. Der Verbotsantrag muss i. S. d. § 253 Abs. 2 ZPO so bestimmt gefasst sein, dass klar erkennbar ist, welche einzelnen Rechtsverletzungen Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens sind. Ausreichend sind Kurzbezeichnungen der Rügen, wenn sie den in den Schriftsätzen näher ausgeführten Rügen eindeutig zugeordnet werden können. Ungeeignet ist jedoch die pauschale Bezugnahme auf ein vorgerichtliches Rügeschreiben, wenn in diesem nicht nur konkrete Rügen erhoben, sondern auch bloße Stellungnahmen abgegeben und Fragen gestellt werden. 3. Die Rüge gem. § 47 EnWG muss eine konkrete Beanstandung enthalten. Für die Gemeinde muss erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Rüge konkret zugrunde gelegt wird und woraus die Rechtsverletzung abgeleitet wird. Es muss erkennbar sein, dass der Bieter hinsichtlich der Rechtsverletzung eine Abhilfe erwartet. 4. Zur Wahrung der Frist des § 47 Abs. 5 EnWG muss die Rüge unmissverständlich in die Antragsschrift aufgenommen werden. 5. Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens verstößt nicht gegen das Transparenzgebot. 6. Die Gemeinde hat einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Auswahl der Bewertungsmethode, solange diese nachvollziehbar und vertretbar ist, und hinsichtlich der Auswahl und Gewichtung der Vergabekriterien. 7. Zur Zulässigkeit einzelner Auswahlkriterien. 8. Das Kriterium des sicheren Netzbetriebs muss die Teilaspekte „Zuverlässigkeit der Versorgung“ und „Ungefährlichkeit des Betriebs der Verteilungsanlagen“ bewerten. 9. Zulässige Auswahlkriterien sind etwa a. die Einhaltung eines Wertes über die Versorgungsunterbrechung (SAIDI-Wert), b. die Zusage eines prozentualen Verkabelungsgrades, c. Prognosen über die Preisgünstigkeit zukünftiger Netznutzungsentgelte, d. Endschaftsregelungen des Wegenutzungsvertrages, die einen Anspruch auf Übereignung der notwendigen Verteilungsanlagen vorsehen.

 

 

 

 

 























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