1. OLG Hamburg, Beschl. v. 14.10.2010- 1 Verg 5/10 – Stromlieferung – Inhouse-Vergabe an kommunales Tochterunternehmen durch Kommune – keine In-house-Vergabe, sondern unzulässige Direktvergabe – Kontrolle wie bei eigener Dienststelle bejaht - Tätigkeit „im Wesentlichen" für den Auftraggeber verneint.
  2. OLG Köln, Urt. v. 18.6.2010 – 19 U 98/09 – Baumaßnahme - Fehlerhafte Aufhebung – Vorhersehbarkeit der Erforderlichkeit der (sodann nicht erteilten) wasserrechtlichen Genehmigung – kein nach Bekanntmachung entstandener Aufhebungsgrund nach § 26 VOB/A
  3. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2010 VII - Verg 40/10 – VergabeR 2011, 388 – Reprotechnik/Mikrofilmkameras – Rüge und Kenntnis und Erkennbarkeit - keine Rügepflicht bei erst im Nachprüfungsverfahren vorgebrachten Beanstandungen – Pflicht zur vollständigen Miteilung der Wertungskriterien
  4. OLG Frankfurt/M, Beschl. v. 5.10.2010 – 11 Verg 7/10 – ZfBR 2011, 394 – Stadthalle und Rathaus – Entwürfe etc. – Vergabekammer: Unzulässigkeit wegen unrichtig angenommener verspäteter Rüge ohne Prüfung der Begründetheit – Aufhebung und Zurückverweisung an Vergabekammer
  5. OLG München, Beschl. v. 10.2.2011 § 10 Abs. 1, 12 Abs. 1 VOF a.F.) wegen fehlender Eignung (keine Forderung von Mindeststandards für den Umsatz) – kein zwangsläufiger Ausschluss selbst bei lediglich Angabe des Umsatzes für Projektsteuerung in den letzten drei Jahren mit Null, sondern Wertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Eignungsprüfung entsprechend der Wertungsmatrix
  6. OLG Naumburg, Beschl. v. 4.11.2010 – 1 Verg 10/10 – VergabeR 2011,493 – Rettungsdienstleistungen – unzulässige de-facto-Vergabe – Unwirksamkeit des Vertragsschlusses – Erforderlichkeit der vollständigen Neuausschreibung – keine vergaberechtsfreien Dienstleistungskonzessionen – Wechsel der Rechtsprechung während des Vergabeverfahrens – Neuverfahren als konkludente Aufhebung bisherigen Verfahrens – kein Wiederaufleben des Altverfahrens

 

  1. OLG Hamburg, Beschl. v. 14.12.2010 - 1 Verg 5/10 – Stromlieferung – In-house-Vergabe an kommunales Tochterunternehmen durch Kommune – keine In-house-Vergabe, sondern unzulässige Direktvergabe – Kontrolle wie bei eigener Dienststelle bejaht – Tätigkeit „im Wesentlichen" für den Auftraggeber verneint - §§ 99, 97 I GWB - Tenor: Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 02.09.2010 (Az.: FB 9/10) aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der beabsichtigte Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen über energiewirtschaftliche Leistungen gegen vergaberechtliche Vorschriften verstößt und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den beabsichtigten Vertrag zwischen ihr und der Beigeladenen über energiewirtschaftliche Dienstleistungen unter Verzicht auf die Durchführung eines Vergabeverfahrens abzuschließen. Gründe: I. Die Antragstellerin wendet sich im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren gegen die von der Antragsgegnerin geplante Direktvergabe energiewirtschaftlicher Leistungen an die Beigeladene. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, mit der Beigeladenen eine entgeltliche Dienstleistungsvereinbarung zu schließen, in der sie der Beigeladenen ab dem 01.01.2011 für die Jahre 2011 und 2012 vier Aufgaben aus dem sogenannten Abwicklungsmanagement der Strombelieferung für ihre öffentlichen Gebäude und Liegenschaften übertragen will: die Organisation der Wechselprozesse, das Netznutzungsmanagement, die Abrechnung und das Bilanzkreismanagement. Der Auftragswert beläuft sich auf jährlich EUR 600.000,00. Die Beigeladene wurde im September 2009 als GmbH gegründet. Alleingesellschafterin ist die H W GmbH (HW.), an der wiederum die H G für Vermögens- und B mbH (HG.) zu 5,1 % und die HW.-B ...mbH zu 94,9 % beteiligt sind. Die HG., die eine 100 %ige Tochter der Antragsgegnerin ist, hält wiederum 100 % der Anteile der HW.-B -GmbH. Die in Rede stehenden Leistungen erbringt die Beigeladene bislang ausschließlich für die HW. und die Hamburger Stadtentwässerung, eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Im Übrigen beliefert sie sowohl die Antragsgegnerin als auch Privatkunden innerhalb und außerhalb des Gebietes der Antragsgegnerin mit Strom. Mit Schriftsatz vom 29.07.2010 stellte die Antragstellerin bei der Vergabekammer der Finanzbehörde Hamburg einen Nachprüfungsantrag auf Feststellung, dass der beabsichtigte Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen über energiewirtschaftliche Leistungen gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoße und sie in ihren Rechten verletze. Zur Begründung führte sie an, die Antragsgegnerin könne den Auftrag nicht erteilen, ohne ein Vergabeverfahren durchzuführen. Die Voraussetzungen für ein nur ausnahmsweise zulässiges In-house-Geschäft seien nicht erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Ablaufs des Vergabeverfahrens und des Vorbringens der Beteiligten im Verfahren vor der Vergabekammer wird auf die Sachverhaltsdarstellung auf S. 3 - 5 des angefochtenen Beschlusses vom 02.09.2010 Bezug genommen. Mit dem Beschluss hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag als nicht statthaft mit der Begründung zurückgewiesen, es gehe nicht um einen öffentlichen Auftrag gem. § 99 GWB. Vielmehr läge ein vergaberechtsfreies In-house-Geschäft vor. Ein Auftrag müsse dann nicht ausgeschrieben werden, wenn die auftraggebende Gebietskörperschaft über die rechtlich von ihr verschiedene auftragnehmende Rechtsperson eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübe (Kontrollkriterium) und wenn diese Rechtsperson zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft verrichte, die ihre Anteile innehabe (Wesentlichkeitskriterium). Beide Voraussetzungen lägen vor. Das europarechtliche Kontrollkriterium sei erfüllt. Die Antragsgegnerin sei in der Lage, über die Beigeladene die Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle auszuüben, weil sie zu 100 % in ihrem abgeleiteten Eigentum stehe. Ebenso sei die Voraussetzung gegeben, dass das Unternehmen hauptsächlich, nämlich zumindest zu 90 %, für die öffentliche Körperschaft, die seine Anteile innehabe, tätig werde und jede andere Tätigkeit rein nebensächlich sei (Wesentlichkeitskriterium). Denn auch soweit die Beigeladene Privatnutzer im Stadtgebiet der Antragsgegnerin mit Energie beliefere, handle sie auf der Grundlage einer Rechtsbeziehung mit der Antragsgegnerin. Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen genüge als andere Rechtsverbindung im Sinne des EuGH-Urteils in der Sache "Carbotermo" (NJW 2006, 2679 Tz. 67), um auch das Privatkundengeschäft als für die Antragsgegnerin erbracht einstufen zu können. Ein Auftrag im zivilrechtlichen Sinne sei nicht erforderlich. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag vom 19.05.2009 bestehe der Gesellschaftszweck der Beigeladenen in der Versorgung der Allgemeinheit sowie der öffentlichen Einrichtungen der Antragsgegnerin mit Energie einschließlich aller damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten als öffentlicher Aufgabe kommunaler Daseinsvorsorge. Darüber hinaus sei die Beigeladene über den Gesellschaftsvertrag dem Klimaschutz verpflichtet und habe ihren Versorgungsauftrag ausschließlich durch die Bereitstellung klimafreundlich erzeugter elektrischer Energie zu erfüllen. Der Umstand, dass in den letzten Jahren viele Bereiche der kommunalen Infrastruktur privatisiert worden seien, hindere eine Kommune grundsätzlich nicht daran, solche als Fehlentwicklung zu Lasten der Allgemeinheit bewertete Änderungen wieder rückgängig zu machen (Rekommunalisierung). In der Art und Weise der Umsetzung dieses Infrastrukturauftrags seien die Kommunen, wie das Recht auf kommunale Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG zeige, weitgehend frei. Gegen den Beschluss der Vergabekammer, der ihr am 02.09.2010 zugestellt worden ist, wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 16.09.2010 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Vergabekammer habe die streitgegenständliche Dienstleistungsvereinbarung zu Unrecht nicht als öffentlichen Auftrag gem. § 99 GWB qualifiziert. Er müsse deshalb ausgeschrieben werden. Wenn die Beigeladene auf dem Strommarkt als Wettbewerber teilnehme, könne sie nicht dadurch privilegiert werden, dass sie von der Antragsgegnerin ohne ein Vergabeverfahren direkt Aufträge erhalte. Die Voraussetzungen für ein ausnahmsweise vergabefreies In-house-Geschäft lägen nicht vor. Es fehle schon am Kontrollkriterium. Angesichts des mehrfach gestuften Beteiligungsverhältnisses bestehe noch nicht einmal eine unmittelbare Beteiligung der Antragsgegnerin zu 100 % an der Beigeladenen. Der EuGH verlange zudem, dass der öffentlichen Körperschaft Kontrollbefugnisse und ein besonderes Stimmrecht vorzubehalten seien, um die Handlungsfreiheit der Gesellschaften zu beschränken. Solche besonderen Regelungen müssten durchgängig in den Gesellschaftsverträgen der beteiligten Gesellschaften vorhanden sein. Die Beigeladene erbringe ihre Leistungen auch nicht im Wesentlichen für die Antragsgegnerin. Das Wesentlichkeitskriterium sei schon auf der Grundlage der von der Beigeladenen im Nachprüfungsverfahren genannten Zahlen nicht erfüllt. Danach erwirtschafte sie ihren Umsatz zu 90,5 % innerhalb des Stadtgebietes der Antragsgegnerin und zu 9,5 % außerhalb des Stadtgebietes. Der Umsatz innerhalb des Stadtgebietes verteile sich zu ca. 84 % auf den Umsatz mit öffentlichen Einrichtungen und zu ca. 16 % auf Umsätze mit Privatkunden. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer könnten die Umsätze der Privatkunden nicht der Antragsgegnerin zugerechnet werden. Denn das Unternehmen müsse durch den öffentlichen Auftraggeber beauftragt sein. Im liberalisierten Strommarkt erfolge die Beauftragung der Beigeladenen aber durch die Privatkunden selbst, nicht durch die Antragsgegnerin. Auch der Gesellschaftsvertrag begründe keine im Sinne der Entscheidung "Carbotermo" hinreichende "andere Rechtsbeziehung" zwischen der Körperschaft und dem Unternehmen (vgl. EuGH NJW 2006, 2679 Tz. 67). Das Argument der im Gesellschaftsvertrag genannten Daseinsvorsorge greife nicht. Die Wahrnehmung der öffentlichen Daseinsvorsorge beschränke sich heute allenfalls noch auf den Netzbetrieb, für die Lieferkomponente gelte das nicht mehr. Diese sei nunmehr durch die Grundversorgungspflicht gem. § 36 EnWG geregelt. Seit 2005 könnten die Gemeinden noch nicht einmal den Grundversorger bestimmen. Die Frage, ob Leistungen zur Daseinsvorsorge gehörten, sei zudem deshalb irrelevant, weil daraus generierte Umsätze mit Dritten der öffentlichen Körperschaft nur zugeordnet werden dürften, wenn die Körperschaft verpflichtet sei, die Leistungen zu erbringen. Im liberalisierten Markt der Energieversorgung sei die Kommune aber nicht mehr zu einer Stromlieferung verpflichtet. Selbst wenn die Energieversorgung noch dem deutschen Verwaltungsrecht zuzuordnen wäre, seien die Gemeinden, wenn sie am Markt teilnehmen, dem europäischen Wettbewerbsrecht unterworfen (Art. 106 AEUV). Die Umsätze mit Privatkunden außerhalb des Stadtgebietes der Antragsgegnerin dürften schon deshalb nicht der Antragsgegnerin zugerechnet werden, weil die Daseinsvorsorge für deren Bürger an den Hamburger Stadtgrenzen ende. Eine Sonderstellung der Beigeladenen ergebe sich auch nicht daraus, dass sie nach dem Gesellschaftsvertrag dem Klimaschutz verpflichtet sei. Denn das gelte auch für andere Markteilnehmer, die ökologisch erzeugten Strom anböten. Der Zweck des Wesentlichkeits-Kriteriums bestehe darin, eine Verfälschung des Wettbewerbs dadurch zu verhindern, dass ein Unternehmen, das auf dem Markt tätig sei, Aufträge erhalte, die an sich dem Vergaberecht unterlägen. Genau darauf würde aber der geplante Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen hinauslaufen. Die Beigeladene sei unstreitig auf dem Markt der Stromlieferung an Privatkunden tätig und stehe dort im Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss der Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 02.09.2010 (Az.: FB 9/10) aufzuheben; festzustellen, dass der beabsichtigte Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen über energiewirtschaftliche Leistungen gegen vergaberechtliche Vorschriften verstößt und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt; der Antragsgegnerin zu untersagen, den beabsichtigten Vertrag zwischen ihr und der Beigeladenen über energiewirtschaftliche Dienstleistungen unter Verzicht auf die Durchführung eines Vergabeverfahrens abzuschließen; der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens der 1. und 2. Instanz aufzuerlegen, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragstellerin; festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Sie meinen, die Antragsgegnerin dürfe den Auftrag direkt an die Beigeladene vergeben. Es handele sich um ein zulässiges In-house-Geschäft, so dass ein Vergabeverfahren nicht notwendig sei. Da die Antragsgegnerin die Beigeladene zu 100 % beherrsche, läge der Fall ebenso, als hätte sie einen Landesbetrieb ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der aber dieselben Aufgaben wie die Beigeladene erfülle, gegründet und mit den im Streite stehenden Aufgaben betraut. Das für ein In-house-Geschäft erforderliche Kontrollkriterium sei erfüllt, weil an der Beigeladenen weder ein Privater noch ein irgendein Dritter außerhalb der Antragsgegnerin beteiligt sei. Sie kontrolliere die Beigeladene wie eine eigene Dienststelle. Die rechtliche Beherrschung aufgrund der Einwirkungsmöglichkeiten des GmbH-Gesellschafters auf der jeweiligen Ebene werde noch durch die Geschäftsanweisung des Aufsichtsrats untermauert. Danach stünden dem Aufsichtsrat zahlreiche zusätzliche Befugnisse im Hinblick auf die Geschäftsführung der Beigeladenen zu. Die Vergabekammer habe auch zutreffend das Wesentlichkeitskriterium als erfüllt angesehen. Denn die Geschäftstätigkeit der Beigeladenen werde ganz überwiegend auf der Grundlage rechtsverbindlicher Vereinbarungen mit der Antragsgegnerin vollzogen. Konsequenterweise sei damit auch das Privatkundengeschäft der Beigeladenen als für die Antragsgegnerin erbracht anzusehen. Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen sei eine "andere Rechtsbeziehung" i.S. des EuGH-Urteils in der Sache "Carbotermo" (NJW 2006, 2679 Tz. 67). Die Antragsgegnerin habe die Beigeladene dort beauftragt, den Bürgern im Rahmen der Daseinsvorsorge Strom anzubieten und zu liefern, der weder in Atom- noch in Kohlekraftwerken erzeugt worden sei. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass die Beigeladene nicht nur ein Instrument der Gewinnerwirtschaftung sei, sondern ein Unternehmen, das elementare Bedürfnisse der im Gebiet der Antragsgegnerin ansässigen Einwohner befriedigen solle. Die Energieversorgung sei immer noch Bestandteil der Daseinsvorsorge, auch nach Inkrafttreten des EnWG 2005. Das zeigten viele Gemeinde- und Kommunalordnungen der Flächenländer, so § 85 Abs. 1 Nr. 3 der GemO Rheinland-Pfalz und § 107 Abs. 1 S. 1 GO NRW, ebenso Art. 83 Abs. 1 der Bayrischen Verfassung. Das zeige sich ferner darin, dass viele Gemeinden im Rahmen einer "Rekommunalisierung" die Energieversorgung wieder in die Gemeinden zurückholten, indem sie neue Stadtwerke gründeten. Das wäre aber nicht zulässig, wenn die Erzeugung und der Vertrieb von Energie keine Aufgabe der Daseinsvorsorge darstelle. Die von der Antragstellerin vertretene Beschränkung auf Pflichtaufgaben würde dazu führen, dass eine In-house-Beauftragung bereits dann unzulässig sei, wenn es sich um Leistungen handele, die der öffentliche Aufraggeber zwar erbringe dürfe, aber nicht erbringen müsse. Das könne nicht richtig sein und wäre auch mit Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar. In dem streitgegenständlichen Geschäftsfeld des Abwicklungsmanagements stehe die Beigeladene nicht im Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Leistungen aus dem Bereich des Abwicklungsmanagements erbringe die Beigeladene ausschließlich für die HW. GmbH und die mit dieser im Gleichordnungskonzern HAMBURG WASSER verbundene Anstalt des öffentlichen Rechts Hamburger Stadtentwässerung (HSE). Damit sei sie im Abwicklungsmanagement zu 100 % für die Antragsgegnerin tätig und nehme nicht am Markt teil. Demzufolge sei auch Art. 106 AEUV nicht berührt. Wenn sich der Staat überhaupt nicht auf den Markt begebe, sondern sich die Leistung im eigenen Haus beschaffe, betrete er nicht den Binnenmarkt. Der Senat hat die Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2010 ausführlich mit den Beteiligten erörtert, insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 116, 117 GWB zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet. A. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. 1. Der Nachprüfungsantrag ist statthaft, obwohl ein förmliches Vergabeverfahren nicht eingeleitet worden ist. Nach § 102 GWB unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Das gilt auch dann, wenn ein Vergabeverfahren nicht stattfindet, sondern gerade beanstandet wird, dass ein nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregeltes Vergabeverfahren bislang nicht eingeleitet worden ist. Nach dieser Bestimmung haben öffentliche Auftraggeber Waren, Bau- und Dienstleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren zu beschaffen. Für die Statthaftigkeit eines Nachprüfungsantrages reicht es deshalb aus, wenn überhaupt ein Verfahren in Frage steht, an dem ein öffentlicher Auftraggeber i.S. des § 98 GWB und mindestens ein außenstehender Dritter (Unternehmer) beteiligt ist und das eingeleitet ist, um einen entgeltlichen Vertrag i.S. des § 99 GWB abzuschließen, auf den die weiteren Voraussetzungen des § 100 GWB zutreffen (BGH NJW-RR 2005, 1439, 1440). Das ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin ist als Gebietskörperschaft ein öffentlicher Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr.1 GWB. Der gem. § 2 Nr. 3 VgV i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 1422/2007 maßgebliche Schwellenwert von EUR 193.000,00 ist bei einem Auftragswert von EUR 1,2 Mio. für die Jahre 2011 und 2012 überschritten (§ 100 Abs. 1 GWB). Der in Rede stehende Auftrag für energiewirtschaftliche Dienstleistungen ist auch nicht nach § 100 Abs. 2 GWB von den Regelungen des Vierten Teils des GWB ausgenommen. Der beabsichtigte Vertrag ist auch ein öffentlicher Auftrag i.S.v. § 99 GWB. Die Vorschrift definiert öffentliche Aufträge als entgeltliche Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen über die Beschaffung solcher Leistungen. Davon zu unterscheiden sind Austauschbeziehungen, die innerhalb einer öffentlichen Körperschaft verbleiben. Solche Eigengeschäfte begründen keinen öffentlichen Auftrag (vgl. Müller-Wrede/Kaelble, GWB-Vergaberecht, § 99 Rn. 107). Die entgeltliche Dienstleistungsvereinbarung über energiewirtschaftliche Leistungen auf dem Gebiet des Abwicklungsmanagements soll geschlossen werden zwischen der Antragsgegnerin, einer öffentlichen Gebietskörperschaft, und der Beigeladenen, einer privatrechtlichen GmbH. Er fällt damit grundsätzlich unter die Definition des ausschreibungspflichtigen öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99 GWB. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn die geplante Vereinbarung einer Austauschbeziehung gleichkäme, die sich nur innerhalb der Antragsgegnerin abspielte. Dann wäre ein vergaberechtsfreier Vertragsschluss im Wege eines "In-house-Geschäfts" möglich. Das setzt aber zum einen voraus, dass der öffentliche Auftraggeber über den Auftragsnehmer eine Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienststelle und zum anderen, dass der Auftragnehmer ohnehin schon seine Tätigkeit im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber erbringt (vgl. EuGH, NZBau 2000, 90 Tz. 50 - Teckal; NJW 2006, 2679 - Carbotermo; NZBau 2007, 381 - Asemfo). Von diesen zwei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen, damit eine öffentliche Körperschaft einen entgeltlichen Auftrag ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens direkt an ein Unternehmen erteilen darf, ist zwar das Kontrollkriterium erfüllt, nicht aber zugleich das Wesentlichkeitskriterium.a) Die Vergabekammer hat das Kontrollkriterium zu Recht bejaht. Der öffentliche Auftraggeber muss allein oder mit anderen öffentlichen Stellen eine ähnliche Kontrolle über das auftragnehmende Unternehmen ausüben wie über seine eigenen Dienststellen. Die Gesellschaft, an die der Auftrag vergeben wird, muss einer Kontrolle unterworfen sein, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglicht, auf die Entscheidungen dieser Gesellschaft einzuwirken. Es muss sich dabei um die Möglichkeit handeln, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen der Gesellschaft ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen (EuGH, NJW 2006, 2679 Tz. 33 und 36 - Carbotermo). So liegen die Dinge hier. Bei der Beigeladenen handelt es sich um eine GmbH, deren Alleingesellschafterin, die H. W. GmbH ist, an der wiederum die Hamburger W B mbH zu 94,9 % und die H. G. für Vermögens- und B mbH (HG.) zu 5,1 % beteiligt sind. Die HG. GmbH, deren Allleingesellschafterin die Antragsgegnerin ist, hält ihrerseits 100 % der Anteile der Hamburger W... B... mbH. Damit liegt zwar ein gestuftes Beteiligungsverhältnis vor, es handelt sich aber sämtlich um Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, die die Antragsgegnerin direkt oder mittelbar zu 100 % kontrolliert, auch die Beigeladene als sog. Enkel-Gesellschaft auf der letzten Stufe (vgl. Orlowski NZBau 2007, 80, 83 f). Der Umstand, dass der öffentliche Auftraggeber allein oder zusammen mit anderen öffentlichen Stellen das gesamte Kapital der auftragnehmenden Gesellschaft hält, ist zwar nicht allein entscheidend, deutet aber darauf hin, dass er über diese Gesellschaft eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen hält (EuGH, NJW 2006, 2679 Tz. 37 -Carbotermo; NZBau 2007, 381, 386 Tz. 57 - Asemfo; OLG Celle, NZBau 2010, 194, 197). Die weitgehenden Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse der Antragsgegnerin auf die Geschäftsführung der Beigeladenen gewährleistet schon das deutsche GmbH-Recht. Danach unterliegen der Bestimmung der Gesellschafter, unbeschadet weitergehender Regelungen im Gesellschaftsvertrag (§ 45 Abs. 1 GmbHG), die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 5 und 6 GmbHG). Hinzukommt, dass die Beigeladene einen Aufsichtsrat hat und die Antragsgegnerin gem. § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags die Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsrats stellt, nämlich vier von insgesamt sechs Mitgliedern. Außerdem ist die Finanzbehörde gem. § 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags berechtigt, sich von der Ordnungsmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit des Geschäftsgebarens zu überzeugen. Schließlich baut die "Geschäftsanweisung des Aufsichtsrates für die Geschäftsführung" die Befugnisse des Aufsichtsrates gegenüber der Geschäftsführung der Beigeladenen noch weiter aus, insbesondere durch eine umfassende Berichtspflicht und zahlreiche Zustimmungsvorbehalte. Soweit der EuGH im Urteil "Carbotermo" noch besondere Stimmrechte verlangt (NJW 2006, 2679 Tz. 38), erklärt sich das daraus, dass dort der Auftragnehmer, die A Holding SpA, eine Aktiengesellschaft nach italienischem Recht war. Anders als bei einer Aktiengesellschaft ist aber die Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle bei einer deutschen GmbH in der Regel gegeben, weil die Geschäftsführung der GmbH weisungsgebunden ist (vgl. OLG Celle NZBau 2010, 194, 197; OLG Düsseldorf, NZBau 2004, 343, 345; Müller-Wrede/Kaelble, a.a.O. § 99 Rn. 118; Jennert, NZBau 2006, 421, 422). Das gilt hier, wie dargelegt, in besonderem Maße. b) Die weitere, für ein vergabefreies "In-house-Geschäft" erforderliche Voraussetzung, das Wesentlichkeitskriterium, ist hingegen nicht erfüllt. Danach muss das Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber erbringen. Das ist der Fall, wenn das Unternehmen hauptsächlich für den öffentlichen Auftraggeber tätig wird und jede andere Tätigkeit rein nebensächlich ist (EuGH, NJW 2006,2679, Tz. 58 ff - Carbotermo). Damit soll erreicht werden, dass das Vergaberecht auch dann anzuwenden ist, wenn das durch eine öffentliche Körperschaft kontrollierte Unternehmen am Markt teilnimmt und deshalb mit anderen Unternehmen in Wettbewerb tritt. Gibt es eine solche Wettbewerbssituation mit anderen privaten Unternehmen, besteht kein Grund, ein solches öffentlich geprägtes Unternehmen dadurch zu privilegieren, dass es außerhalb des Vergaberechts direkt Aufträge von der öffentlichen Hand erhält. Mit dem Wesentlichkeitskriterium wird also das Ziel verfolgt, eine Verfälschung des Wettbewerbs zu vermeiden (EuGH, a.a.O., Tz. 59). Für die Beurteilung der Frage, ob das Unternehmen, an das ein Auftrag vergeben werden soll, seine Tätigkeit bereits wesentlich für den öffentlichen Auftraggeber erbringt, sind alle qualitativen und quantitativen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist dabei der Umsatz, der mit dem öffentlichen Auftraggeber erzielt wird. Unerheblich sind hingegen die Person des Begünstigten, sei es der öffentliche Auftraggeber selbst oder der Nutzer der Leistungen. Es kommt auch nicht darauf an, wer die Vergütung zahlt, sei es die Körperschaft, die seine Anteile innehat, seien es Dritte als Nutzer der Dienstleistungen, die auf Grund von Konzessionen oder anderen von der Körperschaft eingegangenen Rechtsbeziehungen erbracht werden. Ebenso wenig spielt eine Rolle, in welchem Gebiet die Leistungen erbracht werden. In quantitativer Hinsicht ist noch nicht geklärt, ob die Grenze, bis zu der Umsätze noch als aus einer rein nebensächlichen Tätigkeit stammend angesehen werden können, regelmäßig bei 10 % der Umsätze zu ziehen ist oder darunter. In einer Entscheidung vom 19.04.07 hat es der EuGH für das Wesentlichkeitskriterium genügen lassen, wenn die Tätigkeit zu 90 % für die öffentliche Körperschaft erbracht wird (NZBau 2007, 381, 386 Tz. 63 - Asemfo). Hingegen hält es der BGH für zweifelhaft, ob 10 % noch nebensächlich sind (VersR 2009, 84 Tz. 31). Das OLG Celle vertritt die Auffassung, bereits ein Anteil von 7,5 % der Gesamtumsätze sei nicht mehr nebensächlich (NZBau 2010,194, 197). Die Beantwortung dieser Frage kann indes dahinstehen, weil schon die Umsätze, die die Beigeladene auf der Grundlage der von ihr selbst genannten Zahlen mit der Antragsgegnerin erzielt, deutlich unter 90 % ihrer Gesamtumsätze liegen. Im Nachprüfungsverfahren hat die Beigeladene vorgetragen, sie erziele von ihren Umsätzen 90,5 % innerhalb des Stadtgebietes der Antragsgegnerin und 9,5 % außerhalb des Stadtgebietes. Von den Umsätzen innerhalb des Stadtgebietes der Antragsgegnerin entfielen auf Umsätze mit öffentlichen Einrichtungen 84,09 % und auf Umsätze mit Privatkunden 15,91 %. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen können die Umsätze, die die Beigeladene mit Privatkunden erwirtschaftet, den Umsätzen aus Beziehungen mit den öffentlichen Einrichtungen der Antragsgegnerin nicht hinzugezählt werden, auch nicht die Umsätze mit im Gebiet der Antragsgegnerin ansässigen Privatkunden. Die Privatnutzer sind im Verhältnis zur Antragsgegnerin Dritte. Sie sind ebenso wie die Antragsgegnerin selbst Auftraggeber der Beigeladenen. Es besteht kein Grund, die mit den Privatkunden erzielten Umsätze der Antragsgegnerin zuzurechnen: aa) Es ist zwar richtig, dass der EuGH im Urteil "Carbotermo" ausführt, die Berücksichtigung der Umsätze für die öffentliche Körperschaft hänge nicht davon ab, wer die Person des Begünstigten sei, ebenso wenig komme es darauf an, wer das Unternehmen vergüte. Es sei daher unschädlich, wenn Dritte die Vergütung an das Unternehmen zahlten "als Nutzer der Dienstleistungen, die aufgrund von Konzessionen oder anderen von der Körperschaft eingegangenen Rechtsbeziehungen erbracht werden" (NJW 2006, 2679 Tz. 67). Die "anderen Rechtsbeziehungen" sind damit zwar weit gefasst. Man kann auch der Antragsgegnerin zustimmen, wenn sie eine Dreiteilung vornimmt in Vergabeentscheidungen, Konzessionen und andere Rechtsbeziehungen. Der EuGH fordert aber, dass die Erbringung der Leistung auf dieser anderen Rechtsbeziehung beruht diese, also kausal sein muss. Das ergibt sich schon daraus, dass er auf die erzielten Umsätze abstellt. Der öffentlichen Körperschaft können nur solche Umsätze zugerechnet werden, deren Erzielung sie herbeigeführt hat. Das zeigt auch der Vergleich mit den beiden anderen Rechtsbeziehungen, nämlich dass die öffentliche Körperschaft an ein Unternehmen einen Auftrag vergibt oder eine Konzession erteilt. Für den häufigsten Fall einer Vergabeentscheidung, also eines direkten Auftrages, macht der Gerichtshof ganz deutlich, dass die Umsätze auf die Vergabeentscheidung zurückgehen müssen: "... so ist der Umsatz ausschlaggebend, den das fragliche Unternehmen auf Grund der Vergabeentscheidungen der kontrollierenden Körperschaft erzielt,..." (EuGH, a.a.O., Tz. 65). Diese Voraussetzung gilt auch für die übrigen Rechtsbeziehungen zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Unternehmen. Die Ausführungen zu den Konzessionen und den "anderen Rechtsbeziehungen" verstehen sich als ergänzende Klarstellungen im Hinblick darauf, dass unerheblich ist, wer das Unternehmen vergütet (EuGH, a.a.O., Tz. 67). Bei der Konzession wird die notwendige Kausalität dadurch hergestellt, dass eben kein freier Markt herrscht, sondern dieser Beschränkungen unterliegt, und die öffentliche Körperschaft den Zugang zu den Leistungen durch die Erteilung von Konzessionen regelt. In diesem Bereich können demnach Umsätze nur mit denjenigen erzielt werden, die im Besitz einer Konzession der öffentlichen Körperschaft sind. Es kann dahinstehen, ob die "anderen Rechtsbeziehungen" nur solche Verhältnisse sein können, die den Nutzer dazu verpflichten, die Dienstleistung von dem betreffenden Unternehmen in Anspruch zu nehmen, wie etwa bei einem Anschluss- und Benutzungszwang. Erforderlich ist aber stets ein Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsbeziehung und dem Umsatz. Daran fehlt es hier. Der in Hamburg ansässige Privatnutzer kann unter einer Vielzahl von Anbietern für die Belieferung mit Strom wählen, die Beigeladene ist nur einer von ihnen. Welchen Anbieter der Privatnutzer bevorzugt, beruht nicht auf einer Rechtsbeziehung, die die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen eingegangen ist, sondern auf einer autonomen Entscheidung des Nutzers. bb) Wählt der private Nutzer unter den verschiedenen Anbietern die Beigeladene aus, beruht der Entschluss nicht auf dem Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen, der in § 2 Aufgaben der Daseinsvorsorge beschreibt. Der unscharfe Begriff der Daseinsvorsorge hilft ohnehin nicht weiter (vgl. dazu ausführlich Kahle, Die Elektrizitätsversorgung zwischen Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit (2009), S. 136 ff). Er beschränkt sich insbesondere nicht auf solche Aufgaben, deren Erbringung einem staatlichen Monopol vorbehalten ist. Auch für die Belieferung mit Strom kann deshalb dahinstehen, ob sie ungeachtet der fortgeschrittenen Liberalisierung noch zur öffentlichen Daseinsvorsorge zählt (zustimmend Hellermann, in Britz/Hellermann/ Hermes, EnWG, § 36 Rn 3). Entscheidend ist vielmehr, dass den Gemeinden, hier der Antragsgegnerin als Stadtstaat, diese Aufgaben nicht mehr exklusiv zugewiesen sind, sondern sie auch von Privaten erbracht werden dürfen (vgl. Kahle, a.a.O., S. 144 ff). Es herrscht also Wettbewerb. Die Lieferung von Strom können seit 1998 anders als beim Netzbetrieb auch private Unternehmen anbieten, 2005 erfolgte eine weitere Liberalisierung. Das Energierecht unterscheidet jetzt zwischen der Netzanschlusspflicht des Energieversorgungsunternehmens gem. § 18 EnWG auf der einen Seite und der Stromlieferung mit dem System einer sog. Grundversorgung gem. § 36 EnWG auf der anderen Seite, um die es hier geht (vgl. Hellermann, a.a.O., § 36 Rn 5; Theobald in Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 1 Rn. 77, 84). Die kommunale Entscheidungshoheit wurde auf das Recht zur Einräumung von Wegenutzungsrechten gem. § 46 Abs. 2 EnWG reduziert, über die hier interessierende allgemeine Versorgung mit Energie entscheidet die Gemeinde hingegen nicht mehr (vgl. Theobald, a.a.O., § 1 Rn. 84, 118; dort auch Albrecht, § 9 Rn. 123). Die früher rein öffentliche Daseinsvorsorge wurde insoweit jedenfalls im Hinblick auf die Lieferkomponente weitgehend privatisiert. cc) Wenn sich die Antragsgegnerin als Gebietskörperschaft im Jahr 2009 entschlossen hat, eine GmbH zu gründen - die Beigeladene -, um sich auf dem Strommarkt zu betätigen, können die Umsätze, die die Beigeladene dort im Wettbewerb mit anderen Anbietern aus Geschäften mit Privatkunden erwirtschaftet, demzufolge nicht mit dem Argument der Daseinsvorsorge der Antragsgegnerin zugerechnet werden. Dem kann die Antragsgegnerin nicht entgegenhalten, ihr müsse im Rahmen der durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten kommunalen Selbstverwaltung die Möglichkeit erhalten bleiben, ehemals privatisierte Bereiche der Daseinsvorsorge wieder zu rekommunalisieren. Solange nämlich noch ein Markt existiert und sich der Staat mit einem privatrechtlich organisierten Unternehmen auf den Markt begibt, was er hier getan hat, kann er diese Bindung nicht mehr einseitig ohne Kontrolle durch das Vergaberecht beseitigen. Tritt ein kommunales Unternehmen aus der öffentlichen Sphäre heraus und in den Markt ein, muss es von seinen öffentlichen Anteilseignern wie jedes andere Unternehmen behandeln werden, kann also nicht ohne Ausschreibung beauftragt werden (vgl. Jennert, NZBau 2006, 421, 423 zur interkommunalen Zusammenarbeit). dd) Eine kausale Beziehung zwischen dem in § 2 des Gesellschaftsvertrags beschriebenen Gesellschaftszweck der Beigeladenen und den mit Privatkunden erzielten Umsätzen lässt sich auch nicht aus der dort beschriebenen Verpflichtung auf den Klimaschutz herleiten. Bei der Frage, für welchen Anbieter sie sich entscheiden, wird zwar neben dem Preis und dem Service für viele Privatnutzer auch dieses positive Ziel von Bedeutung sein. Abgesehen davon, dass der Umweltschutz einen starken Werbeeffekt hat, genügt die Verpflichtung auf den Klimaschutz aber deshalb nicht, weil die Beigeladene bei weitem nicht der einzige Anbieter von Ökostrom ist, also auch in diesem Marktsegment im Wettbewerb steht. ee) Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, die Beigeladene nehme im Hinblick auf das streitgegenständliche Abwicklungsmanagement nicht am Markt teil, weil sie diese Leistungen auch bislang schon nur für die HW. GmbH und die Hamburger Stadtentwässerung (HSE) erbringe, also im Ergebnis für die Antragsgegnerin. Für eine solche Differenzierung nach bestimmten Einzelleistungen findet sich in der Rechtsprechung des EuGH keine Stütze. Im Gegenteil, im Urteil "Carbotermo" stellt er ausdrücklich auf "alle Tätigkeiten" ab, die ein Unternehmen im Rahmen einer Vergabe durch den öffentlichen Auftraggeber als Auftragnehmer verrichtet (NJW 2006, 2679 Tz. 66). Das ist mit Rücksicht auf den verfolgten Zweck, eine Verfälschung des Wettbewerbs zu verhindern, auch notwendig. Der freie Wettbewerb wird nämlich auch dann beeinträchtigt, wenn eine öffentliche Körperschaft ein Unternehmen nur auf einem bestimmten Marktsegment bevorzugt und es dadurch im Vergleich zu den Mitbewerbern insgesamt wirtschaftlich stärkt, mag es auch in dem betreffenden Segment selbst nur für die öffentliche Hand tätig sein. ff) Die Umsätze, die die Beigeladene außerhalb des Stadtgebietes der Antragsgegnerin mit Privatkunden erzielt, belaufen sich nach ihren Angaben auf 9,5 % des Gesamtumsatzes. Diese Umsätze können der Antragsgegnerin in keinem Fall zugerechnet werden. Das hat auch die Vergabekammer nicht getan. Denn die Verpflichtung einer Gebietskörperschaft, Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfüllen, beschränkt sich auf ihr Hoheitsgebiet. Wenn dann von den Umsätzen innerhalb des Stadtgebietes noch ein Anteil von 15,91 % aus Verträgen mit Privatnutzern stammt, kann man nicht mehr davon sprechen, dass die Beigeladene hauptsächlich für die Antragsgegnerin als öffentlicher Auftraggeberin tätig wird und jede andere Aktivität rein nebensächlich ist. Hinzukommt, dass die Antragsgegnerin die Beigeladene überhaupt erst im September 2009 gegründet hat, und zwar ausdrücklich mit dem Ziel, nicht nur ihre eigenen öffentlichen Einrichtungen mit ökologisch erzeugtem Strom zu versorgen, sondern auch die Einwohner der Stadt. Ausweislich einer Presseerklärung der Beigeladenen vom 16.06.2010 kommen jeden Monat etwa 1000 Privatkunden hinzu. Mittelfristig strebt sie sogar an, in Hamburg die Nummer 2 zu werden. 2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, dürfen an die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 GWB keine allzu hohe Anforderungen gestellt werden; die Darlegungslast darf insoweit nicht überspannt werden (BGH NJW-RR 2005, 1439, 1440). Danach hat die Antragstellerin hinreichend dargelegt, dass ihr durch die Verletzung von Verfahrensvorschriften ein Schaden droht und sie ein Interesse an dem streitgegenständlichen Auftrag hat. Sie hat substantiiert vorgetragen, dass sie die Dienstleistungen aus dem Abwicklungsmanagement nicht nur im Rahmen der Vollstromlieferung erbringt, sondern auch separat. 3. Da sich die Antragstellerin gegen eine drohende de-facto-Vergabe wendet, ist eine vorherige Rüge gem. § 107 Abs. 3 S. 2 GWB n.F. Entbehrlich. Diese Vorschrift bestimmt zwar eine Ausnahme von der Rügeobliegenheit ausdrücklich nur bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages nach § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB. Es kann aber nichts anderes gelten, wenn es wie hier zum Abschluss eines Vertrages noch nicht gekommen ist (vgl. dazu auch OLG Celle, NZBau 2010, 194, 199). B. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Direktvergabe an die Beigeladene würde die Antragstellerin in ihrem Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzen. Die Beauftragung der energiewirtschaftlichen Abwicklungsdienstleistungen darf gem. §§ 97 Abs. 1, 99, 100 GWB nur in einem Vergabeverfahren erfolgen. Es ist daher gem. § 123 S. 3 GWB festzustellen, dass der beabsichtigte Vertrag gegen vergaberechtliche Vorschriften verstößt und die Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt. Da die de-facto-Vergabe an einen Mitbewerber droht, ist es auch gerechtfertigt, der Antragsgegnerin den Abschluss des Vertrages mit der Beigeladenen antragsgemäß zu untersagen. Das Beschwerdegericht hat entsprechend § 114 Abs. 1 GWB die gleichen Entscheidungsbefugnisse wie die Vergabekammer und damit die Aufgabe, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern (vgl. Müller-Wrede/Dittrich, a.a.O., § 123 Rn. 3, 8 f). Dagegen sieht sich der Senat außerstande, der Anregung der Antragsgegnerin zu folgen und in einer Weise zu tenorieren, die es ihr ermöglicht, die Beigeladene zumindest für eine erste Übergangszeit außerhalb eines Vergabeverfahrens zu beauftragen. Das Beschwerdegericht ist gem. § 123 S. 2 GWB i.V.m. § 114 Abs. 1 GWB analog zwar grundsätzlich befugt, auf eine begründete Beschwerde differenzierte Maßnahmen anzuordnen, insbesondere soll nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Aufhebung des gesamten Vergabeverfahrens nur als letztes Mittel in Betracht kommen (vgl. Müller-Wrede/Dittrich, a.a.O., § 123 Rn. 9). Das gilt aber nur, wenn ein Vergabeverfahren überhaupt stattfindet. Demgegenüber ordnet § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB für den Fall einer unzulässigen Direktvergabe die Unwirksamkeit eines bereits geschlossenen Vertrags an. Der öffentliche Auftraggeber muss sich dann entscheiden, ob er den Auftrag überhaupt noch vergeben will und ggf. in welcher Form erstmals ein Vergabeverfahren durchgeführt werden soll. Das Beschwerdegericht ist hingegen weder befugt noch tatsächlich in der Lage, in dieser Richtung Vorgaben zu machen oder bestimmte Interimslösungen anzuordnen. Nichts anderes kann gelten, wenn es wie hier noch nicht zum Vertragsschluss gekommen ist. C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 120 Abs. 2, 78 S. 1 GWB. Es entspricht der Billigkeit, dass die unterlegene Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens trägt, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgungskosten notwendigen Kosten der Antragstellerin, sie und die gleichfalls unterlegene Beigeladene ihre eigenen Kosten hingegen selbst zu tragen haben. Angesichts der komplexen Rechtsmaterie war auch die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig (§ 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Danach beträgt der Streitwert 5 % der Bruttoauftragssumme. Bei einem Auftragswert von EUR 1,2 Mio. ergibt sich ein Streitwert von EUR 60.000,00.
  2. OLG Köln, Urt. v. 18.6.2010 – 19 U 98/09 – Baumaßnahme - Fehlerhafte Aufhebung – Vorhersehbarkeit der Erforderlichkeit der (sodann nicht erteilten) wasserrechtlichen Genehmigung – kein nach Bekanntmachung entstandener Aufhebungsgrund nach § 26 VOB/A - Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB – Klagabweisung wegen fehlenden Nachweises der Zuschlagserteilung und auch fehlenden Substantiierung des Schadens – Anhang Nr. 7 u. (Auszug) - „Eine Ausschreibung kann rechtmäßig nur aus den in § 26 VOB/A 2006 genannten Gründen aufgehoben werden. Zwar trifft den Auftraggeber auch im Übrigen kein Kontrahierungszwang, jedoch macht er sich bei der Aufhebung der Ausschreibung aus anderen Gründen als den in § 26 VOB/A angeführten schadensersatzpflichtig gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (Portz in: Ingenstau/Korbion, § 26 VOB/A 2006, Rz. 4). …."..Die Beklagte (ergänzt Auftraggeber) kann sich nicht darauf berufen, dass die Versagung der wasserrechtlichen Genehmigung für sie unvorhersehbar gewesen sei. ….Darüber hinaus hat der Senat Bedenken, ob bei den für die zweite Ausschreibung vorgenommenen Änderungen der Leistungsbeschreibung von einer grundlegenden Änderung im Sinne des § 26 Nr. 1 b VOB/A gesprochen werden kann. ….Grundsätzlich ist bei einer Verletzung von vorvertraglichen Pflichten im Sinne der §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB der Schadensersatz auf den Ersatz des Vertrauensschadens oder negativen Interesses beschränkt, d.h. der Berechtigte ist so zu stellen, als habe er am Ausschreibungsverfahren nicht teilgenommen und alle hierdurch veranlassten Aufwendungen erspart. In Ausnahmefällen kann aber das Erfüllungsinteresse Maßstab für die Schadensberechnung sein. Danach ist der Geschädigte so zu stellen, als habe er den Auftrag erhalten und erfolgreich, also mit Gewinn, zu Ende geführt. Dies beruht auf dem Gedanken, dass der öffentliche Auftraggeber mit den VOB/A und deren Veröffentlichung eine gewisse Selbstbindung geschaffen hat. Dies begründet bei den Bietern ein festes Vertrauen darauf, dass sie korrekt eingehalten wird und dass das wirtschaftlichste Angebot zwangsläufig zum Zuge kommt. Eine Zuerkennung des Erfüllungsinteresses ist jedoch nach allgemeiner Auffassung von folgenden Voraussetzungen abhängig (vgl. hierzu Dähne in: Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., Rz. 121 ff. m.w.N.): ….- Der übergangene Bieter muss darlegen und beweisen, dass er bei ordnungsgemäßer Durchführung der Vergabe den Zuschlag erhalten hätte. - Wegen der Schwierigkeiten, dies nachzuweisen, genügt es in der Regel darzutun, dass er den Auftrag bei genauer Beachtung der VOB/A mit großer Wahrscheinlichkeit bekommen hätte. …. ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des positiven Interesses jedenfalls deshalb ausscheidet, weil die Klägerin weder erst- noch zweitinstanzlich substantiiert dargetan hat, dass ihr der geltend gemachte Schaden entstanden ist. …..Unsubstantiiertheit …." – Hinweis: Diese Fälle sind nicht selten anzutreffen. Zwar kann ein Verstoß – wie hier eine fehlerhafte Aufhebung – nachgewiesen werden. Es fehlen aber der Nachweis, dass der Zuschlag „mit hoher Wahrscheinlichkeit" dem Bieter hätte erteilt werden müssen – ferner ebenfalls der schwer nachzuweisende Schaden. Für Auftraggeber kann die Warnung nicht oft genug wiederholt werden, vor der Bekanntmachung für die erforderliche „Vergabereife" zu sorgen (vgl. hierzu §§ 2 IV VOB/A, 2 III VOL/A). Fehlende Haushaltsmittel, Aufhebung wegen anzutreffender „unheilbarer" Verstöße gegen Vergaberecht, Nichteinholung erforderlicher Genehmigungen etc. sind seit den BGH-Entscheidungen seit 1998 insofern anzutreffen. Trotz dieser Verstöße der Auftraggeber haben die betroffenen Bieter meist in Schadenersatzprozessen keine Chance, weil die weiteren Voraussetzungen für den zwar grundsätzlich bestehenden Schadensersatzanspruch im Einzelfall an den zuvor genannten Gründen (kein zuschlagsfähiges Angebot, fehlender Schadensnachweis) scheitern.
  3. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2010, VII - Verg 40/10 – VergabeR 2011, 388 – Reprotechnik/Mikrofilmkameras – Rüge und Kenntnis und Erkennbarkeit - keine Rügepflicht bei erst im Nachprüfungsverfahren vorgebrachten Beanstandungen – Pflicht zur vollständigen Miteilung der Wertungskriterien – nicht vollständig bekanntgemachte Matrix – keine Anwendung nicht zur Kenntnis gebrachter Wertungskriterien – keine Kontrollpflicht hinsichtlich der Eigenangaben des Bieters, anders bei Anhaltspunkten für bzw. im Fall des Verdachts der Unrichtigkeit, dann geeignete Maßnahmen zur Überprüfung - Art. 53 II 2 Richtlinie 2004/18/EG, Art. 55 II S. 4 Richtlinie 2004/17/EG, §§ 97 I, II GWB – Zurückversetzung in Zeitpunkt der Bekanntmachung auch der gesamten Wertungskriterien einschließlich der Unterkriterien – Hinweise: Die Fallen für Auftraggeber in Vergabeverfahren zeigt diese Entscheidung nahezu vollständig auf: - Unvollständige Bekanntmachung „sämtlicher Wertungskriterien" – weitere Rügepunkte der Bieter – Unzulässigkeit des Antrags bei verspäteter bekannter oder erkennbarer Rüge – Kenntnis der Rüge erst im Nachprüfungsverfahren und seit 2009 insoweit entfallener Rügepflicht etc. Die wie immer sorgfältige und zutreffende Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt aber auch sehr deutlich auf, welche Probleme und Hindernisse auf die Bieter, aber auch auf die Vergabestellen bei Erstellen der Leistungsbeschreibung zukommen bzw. zukommen können. Die Bekanntmachung stammt vom 30.9.2009. Es ist davon auszugehen, dass die Vorbereitung dieses Vergabeverfahrens mehrere Monate in Anspruch nahm, wahrscheinlich also etwa im Juni 2009 aufgenommen wurde. Nach Aufnahme von Verhandlungen wurde die Zuschlagsfrist bis 27.10.2010 verlängert. Am 14. 7. 2010 erfolgte die Information nach § 101a I GWB. Der Nachprüfungsantrag ging bei der Vergabekammer am 30.7.2010 ein, die am 30.8.2010 entschied. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf stammt vom 22.10.2010. Für die Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Zeitpunkt vor der Bekanntmachung sowie die „Angebotsfrist" dürften zumindest 2 Monate, also ca. 28.2.2011, anfallen, sodann mindestens ein weiterer Monat bis 30. April 2011, erneute Information bis ca. 20.5.2011 und Zuschlag am 21.5.2011, wenn alles „gut" geht. Inzwischen könnte die Leistungsbeschreibung überholt sein. Dann müsste aufgehoben und ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden. Das zeigt, dass Zeit und Aufwand nicht nur für diese Beschaffung vielfach „unverhältnismäßig" sein können bzw. sind. Die Tendenz bei den Vergabestellen geht folglich nicht grundlos immer mehr zur Absicherung und zur Vermeidung von Rügen und Nachprüfungsverfahren. Wirtschaftliche Überlegungen dürften in vielen Fällen – Haushaltsrecht? – ganz in den Hintergrund treten. Ein „astreines" Vergabeverfahren ist mit Blick auf diese Bürden, die unklaren Vorgaben auch der Richtlinien und der Umsetzungsbestimmungen sowie die daran gebundene Rechtsprechung kaum zu schaffen. Die technische, betriebswirtschaftliche und rechtliche Beratung erfordert erhebliche Zeit und entsprechende Honorare, für die vielfach keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Nachprüfungsverfahren einzuleiten oder im Nachhinein zu überprüfen ist im Übrigen viel weniger schwierig bzw. für den Anwalt weniger riskant als Vergabeunterlagen zu erstellen. Wer kann es heute schon risikieren, Nebenangebote mit Zuschlag auf das „wirtschaftlich günstigste Angebot" oder zusätzliche Zuschlagskriterien neben dem Preis oder gar „innovative Angebote („funktionale Leistungsbeschreibung") vorzusehen? Die Mitarbeiter der Vergabestellen sind nicht zu beneiden. Vgl. u. Anhang Nr. 11. – Aus der Entscheidung: „Leistungsbeschreibung der Kamerasysteme u.a. wie folgt: "2.1 Technische Leistungskriterien Mikrofilmkamerasystem - Anzubieten ist ein analoges Schrittschaltkamerasystem, welches die nachstehend aufgeführten technischen Spezifikationen erfüllt: 2.1.1 Allgemeines - anzubieten ist ein derzeit im Handel befindliches, aktuelles, dem Stand der Technik entsprechendes Kameramodell - 2.1.2 Kamera – Belichtung - automatisch, bei Bedarf umschaltbar auf manuelle Einstellung - elektronische Belichtungsmessung (standardmäßig mit zwei Messpunkten) 2.1.4 Arbeitsplatzumgebung/Funktionalität Aufnahmetisch - Buchwippe mit zweigeteilter Andruckplatte, * mit unabhängig verschiebbaren und selbstausgleichenden Auflageflächen … * gleichmäßig einstellbarer Andruck von gebundenen Vorlagen (mindestens 20 cm dicke bis 30 kg Gewicht) und von Einzelblättern möglich - motorische Absenkung und sensorgesteuertes Hochfahren der Buchwippe, Geschwindigkeit, Anschlag und Anpressdruck regulierbar, per Fußschalter steuerbar - Absenkung der Buchwippe in mindestens drei voreinstellbaren Positionen, automatisch ausgelöst nach jeder Aufnahme, abschaltbar - 2.1.5 Zubehör/Zählwerke - zwei getrennt montierte, extrem hochzählende Zählwerke für den Aufnahmetisch (werden bei der Aufnahme mit aufgenommen) gehören ebenfalls zum Leistungsumfang eines Komplettsystems. Diese erfüllen folgende Anforderungen: * vierstellig * beleuchtet * Ziffernhöhe ca. 2 cm * getrennte rück- und einstellbar …" Gemäß Ziff. IV. 2.1 der Bekanntmachung sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die in den Verdingungs-/Ausschreibungsunterlagen genannten Kriterien bezuschlagt werden. Ziff. 3.1 der Besonderen Hinweise und Verfahrensbedingungen sah diesbezüglich vor: "Für die Bewertung der Angebote werden nachstehende Oberkriterien herangezogen: - 70 % Technische Spezifikationen und Serviceleistungen - 30 % Preis des Angebots - Insbesondere werden für die Bewertung des Angebots die in der Anlage 1 c der Leistungsbeschreibung aufgeführten Kriterien entsprechend der angegebenen Gewichtungen herangezogen." - Aus der Anlage 1 C zur Angebotsaufforderung ergab sich, dass das Zuschlagskriterium "technische Spezifikationen und Serviceleistungen" auf der Basis folgender Gewichtung: * Ergebnisse der technischen Erprobung 70 % * Serviceleistungen (30 %) weiter untergliedert werden sollte. Der Bewertungstabelle war ferner zu entnehmen, dass die Bewertung der Kriterien nach dem Schulnotenprinzip, allerdings in umgekehrter Rangfolge erfolgen sollte. Die für die "Gesamtbewertung" maßgebliche Berechnungsformel wurde ebenfalls mitgeteilt, ohne dass der dort enthaltene Faktor "Ps" näher erläutert wurde. Im Hinblick auf eine mögliche Erprobung der Geräte enthielt Ziff. 2 der Besonderen Hinweise und Verfahrensbedingungen folgende Regelungen: "Im Rahmen der Angebotswertung behält sich die Vergabestelle vor, ggfs. Geräte, deren Leistungsfähigkeit im Sinne der Aufgabenstellung nicht abschließend beurteilt werden kann, in einer der zukünftigen Einsatzstellen mindestens einen Monat lang im Echtbetrieb nach den Grundsätzen der Bundessicherungsverfilmung zu testen. Der Bieter erklärt sich … bereit, eine vollständige Testinstallation (Komplettsystem) zur Verfügung zu stellen und vor Ort betriebsbereit zu installieren. Im Rahmen der Teststellung erfolgt seitens des Bieters zu Beginn des Erprobungszeitraums eine Einweisung in die Bedienung des Systems vor Ort. …" - d. Den Umstand, dass die Antragsgegnerin die im Laufe des Vergabeverfahrens festgelegte Bewertungsmatrix nicht bekanntgegeben hat, hätte die Antragstellerin nach Gewährung von Akteneinsicht durch die Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren erkennen können. Dass sie die unterbliebene Bekanntgabe nicht unverzüglich beanstandet hat, steht der Zulässigkeit ihres Nachprüfungsantrags aber nicht entgegen. ……. Die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (Beschl. v. 8.3.2007 - 13 Verg 2/07, VergabeR 2007, 401, 402), wonach dem Antragsteller bei im Nachprüfungsverfahren nachgeschobenen Beanstandungen in entsprechender Anwendung des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB eine unverzügliche Rüge obliege, ist in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Rechtsprechung der Vergabesenate der Oberlandesgerichte abzulehnen (vgl. Brandenburgisches OLG VergabeR 2007, 529, 533; OLG Schleswig ZfBR 2005, 616; OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 364; NZBau 2001, 106, 111; 155; BayObLG VergabeR 2002, 77; 2001, 438; OLG Frankfurt am Main VergabeR 2004, 754; NZBau 2002, 161; OLG Celle VergabeR 2003, 252, 253; ZVgR 1999, 158; OLG Dresden VergabeR 2001, 41; OLG Jena NZBau 2000, 350). Die Neufassung des § 107 Abs. 3 durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts, durch das die Präklusionsvorschriften vollständig neugefasst wurden, hat die Rechtsmeinung des Oberlandesgerichts Celle nicht übernommen. Es gilt lediglich § 113 Abs. 2 GWB (gegebenenfalls i.V.m. § 120 Abs. 2 GWB). ….." – 1. Der Nachprüfungsantrag ist in dem von der Vergabekammer erkannten Umfang zulässig. a. Zu Recht hat die Vergabekammer die Antragsbefugnis der Antragstellerin verneint, soweit diese geltend macht, das Angebot der Beigeladenen sei wegen Verstoßes gegen § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A auszuschließen. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der davor bewahrt werden soll, Verträge mit Auftragnehmern einzugehen, die wegen einer unauskömmlichen Preiskalkulation in die Gefahr geraten, ihren Leistungsverpflichtungen nicht nachkommen zu können. Einen Bieterschutz im Rechtssinne entfaltet die Vorschrift hingegen nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, den Ausschluss des als unangemessen niedrig gerügten Preisangebots fordert. Dazu zählen beispielhaft unangemessen niedrige Angebote, die in der zielgerichteten Absicht der Marktverdrängung abgegeben worden sind oder die zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt verdrängt werden (vgl. OLG Düsseldorf, VergabeR 2001, 128 f.; NZBau 2002, 627 f.; BayOblG NZBau 2003, 105 f.; 2004, 743 f.; OLG Celle VergabeR 2004, 397, 405; OLG Koblenz, VergabeR 2006, 392, 401 f.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 25 Rdn. 148). Dass derartige Umstände vorliegen, ist weder ersichtlich noch von der Antragstellerin vorgetragen worden. b. Auch mit der Beanstandung, das Wertungssystem der Antragsgegnerin sei intransparent und nicht plausibel, ist die Antragstellerin präkludiert. Nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist die Geltendmachung eines Verstoßes im Nachprüfungsverfahren ausgeschlossen, soweit der Antragsteller Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Angebots- oder Bewerbungsfrist gerügt hat. Maßstab für die Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes, d.h. die den Verstoß begründenden Tatsachen und deren rechtliche Beurteilung ist die Erkenntnismöglichkeit für den Bieter bei Anwendung üblicher Sorgfalt, wobei noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt ist, ob auf die Perspektive eines durchschnittlichen oder die des konkret betroffenen Unternehmens abzustellen ist. Für die Antragstellerin als langjährige und vergabeerfahrene Marktteilnehmerin war erkennbar, dass die Antragsgegnerin in Ziff. 2.1 der Leistungsbeschreibung bestimmte Mindestanforderungen an die Beschaffenheit und Ausstattung der Leistung stellen und im Rahmen der Zuschlagsentscheidung die genannten Beschaffenheitsanforderungen einer vergleichenden Bewertung unterziehen wollte. Diese Vorgehensweise ergab sich eindeutig aus den Angaben im Leistungsverzeichnis und der Anlage 1 c zur Angebotsaufforderung. Die den Rechtsverstoß nach Auffassung der Antragstellerin begründenden Tatsachen waren demnach als solche offensichtlich und der rechtlichen Bewertung ohne Weiteres zugänglich. Die rechtliche Würdigung der Antragstellerin, die Bezugnahme der Wertungskriterien auf zwingende technische Mindestanforderungen sei vergaberechtlich unzulässig, beruht allein auf der Annahme, dass zwingende technische Anforderungen entweder erfüllt oder nicht erfüllt sind, dagegen eine Bewertung, wie gut sie erfüllt werden, nicht in Betracht kommt. Diese Schlussfolgerung hätte die Antragstellerin - wenn sie denn zuträfe - bereits auf der Grundlage der Verdingungsunterlagen ziehen können. c. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Antragsgegnerin habe den Faktor "Ps" erstmals nach der Vorabinformation erläutert, ist sie auch mit diesem Vorbringen präkludiert. Der Faktor ist offenkundig Bestandteil der in der Anlage 1 c den Bietern mitgeteilten Bewertungsformel und weder dort - im Gegensatz zu den anderen Faktoren - noch in anderem Zusammenhang näher erläutert worden. Aus der Formel, ergab sich, dass es sich um einen Preisfaktor handeln musste, der zusammen mit dem Angebotspreis einen Preisquotienten bildete; Angaben zum angesetzten Wert dieses Faktors fehlen jedoch erkennbar. Die unterbliebene Aufklärung lag demnach auf der Hand, so dass die Antragstellerin den angenommenen Vergaberechtsverstoß unmittelbar nach Kenntnisnahme der Verdingungsunterlagen hätte rügen müssen. d. Den Umstand, dass die Antragsgegnerin die im Laufe des Vergabeverfahrens festgelegte Bewertungsmatrix nicht bekanntgegeben hat, hätte die Antragstellerin nach Gewährung von Akteneinsicht durch die Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren erkennen können. Dass sie die unterbliebene Bekanntgabe nicht unverzüglich beanstandet hat, steht der Zulässigkeit ihres Nachprüfungsantrags aber nicht entgegen. Die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (Beschl. v. 8.3.2007 - 13 Verg 2/07, VergabeR 2007, 401, 402), wonach dem Antragsteller bei im Nachprüfungsverfahren nachgeschobenen Beanstandungen in entsprechender Anwendung des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB eine unverzügliche Rüge obliege, ist in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Rechtsprechung der Vergabesenate der Oberlandesgerichte abzulehnen (vgl. Brandenburgisches OLG VergabeR 2007, 529, 533; OLG Schleswig ZfBR 2005, 616; OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 364; NZBau 2001, 106, 111; 155; BayObLG VergabeR 2002, 77; 2001, 438; OLG Frankfurt am Main VergabeR 2004, 754; NZBau 2002, 161; OLG Celle VergabeR 2003, 252, 253; ZVgR 1999, 158; OLG Dresden VergabeR 2001, 41; OLG Jena NZBau 2000, 350). Die Neufassung des § 107 Abs. 3 durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts, durch das die Präklusionsvorschriften vollständig neugefasst wurden, hat die Rechtsmeinung des Oberlandesgerichts Celle nicht übernommen. Es gilt lediglich § 113 Abs. 2 GWB (gegebenenfalls i.V.m. § 120 Abs. 2 GWB). Begründetheit des Antrags auf Zuschlagssperre: Bekanntgabe der Wertungsmatrix und Gelegenheit zur erneuten Abgabe eines Angebots – „a) Die von der Antragsgegnerin im Vergabeverfahren verwandte Bewertungsmatrix nebst Unterkriterien und Gewichtungsregeln hat sie den Bietern nicht zuvor bekanntgegeben. Die im Rahmen der Erprobung und Bewertung eingesetzte Matrix ergänzte und detaillierte die mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots in der Anlage 1 c mitgeteilte Bewertungstabelle um die bei der Angebotswertung maßgebenden Unterkriterien und deren Gewichtung. Der den Bietern bekannt gegebene Bewertungsbogen enthielt nur Oberkriterien, die an die Ordnungsziffern 2.1.1 (Allgemeine Anforderungen)., 2.1.2 und 2.1.3 (Kamera und Objektiv), 2.1.4 (Arbeitsplatzumgebung und Aufnahmetisch), 2.15 (Zubehör/Zählwerke) und 2.1.7 (optionale Ausstattung) der Leistungsbeschreibung angelehnt waren. Im Unterschied dazu wies die der Bewertung und Erprobung tatsächlich zugrunde gelegte Matrix weitere Unterkriterien aus, die jeweils mit einem gleichen Anteil gewichtet worden sind. Die Unterkriterien sind mit Punkten entsprechend dem umgekehrten Schulnotenprinzip bewertet und aus der Gesamtpunktzahl ist anschließend der Durchschnittswert ermittelt worden. Die Aufnahme der Unterkriterien in die Bewertungsmatrix stellt keineswegs eine rein formale Abweichung ohne sachlich-inhaltlichen Gehalt dar. Die Antragsgegnerin hat sich nicht darauf beschränkt, lediglich die in der Leistungsbeschreibung unterhalb der einzelnen Oberkriterien aufgeführten Unterpunkte in die Bewertungsmatrix zu übertragen. Vielmehr unterscheidet sich die Bewertungsmatrix, insbesondere im Hinblick auf die Gewichtung der Unterkriterien auch in materieller Hinsicht maßgeblich von der sich aus der Leistungsbeschreibung ergebenden Unterdifferenzierung. Während die das Kriterium " Allgemeine Anforderungen" präzisierenden Unterpunkte der Matrix dem Inhalt der Unterkriterien, wie sie aus der Leistungsbeschreibung selbst hervorgehen, noch entsprechen, bildet das Kriterium "Objektiv" eines von sechs Unterkriterien des Wertungspunktes "Kamera und Objektiv", obgleich es in der Leistungsbeschreibung eine gesonderte Anforderung unter Ziff. 2.1.3 bildet, die ihrerseits über fünf Unterpunkte verfügt. Auch die unter Ziff. 2.1.2 unter zwölf Unterpunkten aufgezählten detaillierten Anforderungen an die Ausstattung der Kamera sind in der Bewertungsmatrix zu fünf Unterkriterien zusammengefasst worden. Für die Bieter war in keiner Weise erkennbar, dass für die Gesamtwertung des Kriteriums "Kamera und Objektiv" die technische Qualität des Objektivs den gleichen Anteil einnimmt wie die Unterpunkte "Bedienpult" oder "Belichtung". Bezüglich des Kriteriums "Zubehör" ging aus der mitgeteilten Matrix ebenfalls nicht hervor, dass der Punkt "getrennte Montagemöglichkeit" die Gesamtwertung zu einem Drittel beeinflussen würde. Eine solche Schlussfolgerung ergab sich insbesondere auch nicht aus dem Zusammenhang zwischen Bewertungsmatrix und Leistungsbeschreibung. Die der Erprobung und Bewertung zugrunde gelegte Matrix wich demnach aufgrund ihres deutlich höheren Detaillierungsgrades und ihrer stärkeren Ausdifferenzierung durch Unterkriterien und deren Gewichtung in inhaltlicher und qualitativer Hinsicht wesentlich von der den Bietern bekannt gegebenen Bewertungstabelle ab. b) Dass die Antragsgegnerin die von ihr in Gestalt einer Wertungsmatrix vorgenommene Gewichtung der Unterkriterien und Detailforderungen den Bietern nicht und insbesondere nicht zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben hat, in dem diese sie bei der Angebotserstellung noch berücksichtigen konnten (Art. 55 Abs. 2 S. 4 der Richtlinie 2004/17/EG), stellt einen Vergaberechtsverstoß dar. Den am Auftrag interessierten Unternehmen müssen in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Auftraggeber den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilen will, aus Gründen der Chancengleichheit, der Transparenz des Vergabeverfahrens und der Vergleichbarkeit der eingehenden Angebote alle Kriterien, Unterkriterien und deren relative Bedeutung, die bei der Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots berücksichtigt werden sollen, im Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt sein. Umgekehrt darf der Auftraggeber keine Zuschlagskriterien, Unterkriterien oder Gewichtungsregeln anwenden, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (EuGH, Urt. v. 24.1.2008 - C-532/06, Lianakis, Rn. 36 - 38 zu Art 36 der Richtlinie 92/50/EWG). Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber solche Kriterien und Regeln erst im Nachhinein aufgestellt hat und nicht auszuschließen ist, dass, wären diese bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen, sie die Vorbereitung hätten beeinflussen können (EuGH a.a.O. Rn. 42 - 44; Urt. v. 24.11.2005 - C-331/04, ATI EAC e Viaggi di Maio, Slg. 2005, I-10109, Rn. 32 sowie ständige Rechtsprechung des Senats). Hat der Auftraggeber - wie im Streitfall - zur Ausfüllung bekannt gegebener Wertungskriterien nachträglich differenzierende Unterkriterien und Detailforderungen aufstellt und diese gewichtet und ist nicht auszuschließen, dass die weitere Ausdifferenzierung der Wertungsmatrix durch die Festlegung von Unterkriterien sowie deren Gewichtung objektiv geeignet ist, den Inhalt der Angebote zu beeinflussen, greifen die genannten Grundsätze ebenfalls ein (vgl. Senat, Beschl. v. 14.11.2007, VII-Verg 23/07, Umdruck S. 9/10). Differenzierende (Unter-) Unterkriterien und Detailforderungen (Detailkriterien) sind den Bietern genauso wie deren Gewichtung bekannt zu geben (zu den Grenzen s. Senat, Beschluss vom 30.07.2009, VII-Verg 10/09). Das Unterlassen einer Bekanntgabe in der Form einer Bewertungsmatrix nachträglich festgelegter Unterkriterien und Gewichtungskoeffizienten ist seiner Art nach geeignet, die Leistungs- und die Angebotsmöglichkeiten der Bieter nachteilig zu beeinflussen. Die Bieter können das Angebot dann nicht an den Erwartungen des Auftraggebers hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung sowie ebenso wenig an den genauen Bewertungsvorstellungen des Auftraggebers ausrichten. Sie werden dadurch darin behindert, ein unter allen Umständen vergleichbares sowie das annehmbarste Angebot abzugeben (vgl. EuGH, Urt. v. 12.2.2004 - C-230/02, NVwZ 2004, 460, 461, Senat, Beschl. v. 28.2.2002 - Verg 40/01, NZBau 2003, 173, 174; Beschl. v. 8.4.2004 - Verg 38/04, NZBau 2004, 688). Insoweit hatte die Antragstellerin mit dem Nachprüfungsantrag auch nicht darzulegen, welches konkrete, chancenreichere Angebot sie eingereicht hätte, wenn ihr die Unterkriterien und deren Gewichtung bekannt gewesen wären. Der Antragsteller ist zu einer solchen Darlegung nicht verpflichtet, da der öffentliche Auftraggeber die ihm obliegende Bekanntmachungspflicht schon dann verletzt, wenn es nur möglich ist, dass die Kenntnis von der Gewichtung von Unterkriterien der Angebotswertung einen Einfluss auf den Inhalt der Angebote ausgeübt hat. Abgesehen davon ist dem Antragsteller die Ausarbeitung eines Angebotes allein für Zwecke des Nachprüfungsverfahrens nicht zumutbar. c) Ein Ausnahmefall, der es dem Auftraggeber aus nachvollziehbaren Gründen nicht erlaubte, die Unterkriterien und deren Gewichtung schon in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen bekannt zu geben, liegt im Streitfall nicht vor. Nach Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgrund 46 Abs. 2 darf der Auftraggeber nur in begründeten Ausnahmefällen von einer Bekanntgabe der Gewichtung in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen absehen, wenn die Angabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien ihm aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich ist, insbesondere wenn die Gewichtung aufgrund der Komplexität des Auftrags nicht im Vorhinein (vor Versendung der Angebotsaufforderung und der Verdingungsunterlagen) vorgenommen werden kann. In diesen Fällen soll (muss) der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien (und ihre Unterkriterien) in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung entweder in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen bekanntgeben. Das heißt, auf eine Angabe der Zuschlagskriterien in absteigender Reihenfolge kann vom öffentlichen Auftraggeber nur zurückgegriffen werden, wenn eine Gewichtung aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich ist. Dabei muss es sich um vernünftige, die objektiv mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Gründe handeln. Solche sind weder ersichtlich noch von der Antragsgegnerin vorgetragen worden. d) Aufgrund des Vergaberechtsverstoßes ist das Vergabeverfahren bis zum Stand vor der Übersendung der Verdingungsunterlagen einschließlich einer Bekanntgabe der Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungen aufzuheben, d.h. zurückzuversetzen. Eine Fortsetzung des Vergabeverfahrens durch Wiederholung der Wertung unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen - wie von der Antragstellerin beantragt - kommt bereits aus diesem Grund nicht in Betracht: Der gebotene Ausschluss eines Angebots ist rechtlich unerheblich, wenn der betroffene Bieter nach (teilweiser) Aufhebung des Vergabeverfahrens wegen eines Rechtsverstoßes, der sich in einem früheren Stadium des Verfahrens zugetragen hat, Gelegenheit erhalten muss, ein neues Angebot einzureichen und dabei den geltend gemachten Ausschlussgrund zu vermeiden (vgl. Senat, Beschl. v. 24.3.2004 - Verg 7/04; VergabeR 2004, 517, 518; KG; Beschl. v. 15.4.2004 - 2 Verg 22/03, VergabeR 2004, 762, 764 f. und, soweit ersichtlich, einhellige Rechtsprechung der Vergabesenate der Oberlandesgerichte). 3. Der Umstand, dass im Falle einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens wieder mit einer Beteiligung der Antragstellerin und der Beigeladenen zu rechnen ist und einige der zwischen den Verfahrensbeteiligten streitigen Punkte erneut relevant werden könnten, veranlasst den Senat zu dem Hinweis, dass das Angebot der Beigeladenen ohnehin nicht aus den von der Antragstellerin geltend gemachten Gründen auszuschließen ist. a) Eine zum Ausschluss des Angebots zwingende Änderung an den Verdingungsunterlagen (§ 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A) liegt nicht vor. (1) Die Beigeladene hat eine Kamera angeboten, die der unter Ziff. 2.1.2 der Leistungsbeschreibung genannten Anforderung an die Ausstattung der Kamera entspricht. Danach musste die anzubietende Kamera eine elektronische Belichtungsmessung, die standardmäßig über zwei Messpunkte verfügt, aufweisen. Diese Anforderung hat die Antragsgegnerin zudem mit einem Nachtrag zu den Verdingungsunterlagen dahingehend klargestellt, dass damit "zwei unabhängig voneinander beliebig verstellbare Messpunkte" gemeint seien. Die von der Beigeladenen angebotene Kamera ist unstreitig in der Lage, in zeitlich aufeinander folgenden Messungen Belichtungen an unterschiedlichen Stellen der Vorlage zu erfassen. Allerdings verfügt sie nicht über zwei parallel einsetzbare Belichtungsmessköpfe, die es ermöglichen, zeitgleiche Messungen an unterschiedlichen Messpunkten der Vorlage durchzuführen. Die Leistungsbeschreibung enthält keine ausdrückliche Forderung nach einer eine zeitgleiche Messung ermöglichenden technischen Ausstattung. Auch musste ein verständiger und fachkundiger Bieter, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, die Leistungsbeschreibung nicht dahingehend auslegen, dass die Antragsgegnerin eine solche Ausstattung beschaffen wollte. Da sowohl Kameramodelle mit einer gleichzeitigen Belichtungsmessungsoption als auch solche mit nacheinander erfolgenden Messungen auf dem Markt angeboten werden, kann der offenen Formulierung der Leistungsbeschreibung nicht entnommen werden, dass ausschließlich Kameras mit zwei Belichtungsköpfen dem Beschaffungsbedarf der Antragsgenerin genügen würden. (2) Es handelt sich bei dem von der Beigeladenen angebotenen auch um ein derzeit im Handel befindliches, aktuelles, dem Stand der Technik entsprechendes Kamera-Modell im Sinne der Ziff. 2.1 der Leistungsbeschreibung. Zwar ist unstreitig, dass nicht alle Komponenten des von der Beigeladenen angebotenen Kamerasystems bereits zum Zeitpunkt der Angebotseinreichung im Handel erhältlich gewesen sind. Dieses ist aber unschädlich, da jedenfalls die Kamera als solche bereits erhältlich war. Die Argumentation der Antragstellerin, der Leistungsanforderung nach Ziff. 2.1.1 sei nur durch ein insgesamt auf dem Markt schon erhältliches Kamerasystem Genüge getan, vermag dagegen nicht zu überzeugen. Die insoweit allein maßgebliche Leistungsbeschreibung bezieht sich weder nach ihrem Wortlaut noch bei einer Auslegung nach Sinn und Zweck der Vergabeunterlagen auf ein als einheitliches Modell angebotenes Schrittschaltkamerasystem als Gesamtheit von Einzelkomponenten. In den Anforderungen an die technischen Leistung wird ausdrücklich zwischen der ein Schrittschaltkamerasystem bildenden Gesamtheit und der Kamera als einzelnem Bestandteil dieses Systems differenziert: Während die Antragsgegnerin in der Erläuterung zu Ziff. 2.1 auf ein Kamerasystem abstellt, formuliert der Unterpunkt Ziff. 2.1.2 technische Anforderungen an die Kamera. Da zwischen Kamera, Objektiv, Arbeitsplatzumgebung und Zubehör unterschieden wird, ist davon auszugehen, dass die Begriffe Kamera und Kamerasystem keine Synonyme bilden und auch nicht zufällig, willkürlich oder austauschbar verwandt worden sind. Mit der Verwendung des Begriffs "Kamerasystem" in der Leistungsbeschreibung wird die Gesamtheit der in den einzelnen Gliederungsunterpunkten detaillierter beschriebenen Einzelmodule, zu denen auch die Kamera zählt, erfasst. Soweit im Unterschied dazu Ziff. 2.11 ausdrücklich auf ein "Kameramodell" und damit auf eine der Einzelkomponenten, die zusammen das Kamerasystem bilden, Bezug nimmt, hätte auch ein verständiger Bieter dem nicht entnehmen können, dass es der Antragsgegnerin tatsächlich auf die Marktreife des Gesamtsystems ankommt. (3) Das Angebot der Beigeladenen genügt ferner auch den unter Ziff. 2.1.4 der Leistungsbeschreibung gestellten Anforderungen. Danach musste eine Buchwippe mit zweigeteilter Andruckplatte angeboten werden, die über unabhängig verschiebbare und selbst ausgleichende Auflageflächen sowie die Möglichkeit eines gleichmäßig einstellbaren Andrucks von Vorlagen verfügen sollte. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung geltend macht, aus den dokumentierten Fehlfunktionen ergebe sich, dass die Mindestanforderungen an die Verstellbarkeit des Anpressdrucks und der Höhe nicht eingehalten worden seien, rechtfertigt der Vermerk über die Mustererprobung diese Schlussfolgerung gerade nicht.
    Danach hat die Beigeladene vielmehr ein Gerät angeboten, dass die erforderlichen Ausstattungsmerkmale aufwies: Ausweislich des über die Mustererprobung angefertigten Vermerks verfügt das Gerät der Beigeladenen durchaus über eine zweigeteilte Andruckplatte sowie die in Ziff. 2.1.4 geforderten Einstellungsoptionen. Zudem ermöglicht das Gerät einen gleichmäßig - d.h. stufenlos - einstellbaren Andruck von Vorlagen sowie eine ebenfalls gleichmäßige Verstellbarkeit der Höhe, wobei beide Ausstattungsmerkmale in der Mustererprobung deutliche Qualitätsunterschiede zu dem von der Antragstellerin angebotenen Gerät aufwiesen. Der Umstand, dass der Druck bei dem Gerät der Beigeladenen schlechter ("nicht ausgereift", "nicht ausreichend") regulierbar und das Absenken bzw. Hochfahren der Wippe weniger gleichmäßig ist als bei dem Produkt der Antragstellerin, bedeutet aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht, dass diese Ausstattungsmerkmale nicht vorhanden sind, sondern dass sie schlechter funktionieren und einen nicht unerheblichen Punktabzug im Verhältnis zum Angebot der Antragstellerin rechtfertigen. Stellt der Auftraggeber bei technischen Geräten Mindestanforderungen an die Ausstattung und verlangt er den Nachweis bestimmter Funktionen, so erfüllen nur die Geräte, die diese Funktionen von vornherein nicht aufweisen bzw. bei denen die Funktionen zwar vorhanden sind, aber vollständig ausfallen, die Mindestanforderungen nicht. Davon kann auch angesichts des Vermerks, dass der Druck "nicht ausreichend regulierbar" sei, aber nicht ausgegangen werden. Insoweit handelt es sich erkennbar um eine vergleichende Kritik und Bewertung des Geräts, das im Vergleich zu dem konkurrierenden Modell im Hinblick auf die in Rede stehende Funktion deutlich schlechter abschnitt. Damit ist aber ersichtlich nicht eine Nichterfüllung gemeint, die einem Nichtvorhandensein der Funktion oder des Ausstattungsmerkmals gleichkommt. Eine Abweichung von den Verdingungsunterlagen ist demnach im Hinblick auf die Anforderungen unter Ziff. 2.1.4 der Leistungsbeschreibung nicht gegeben. (4) Das Angebot der Beigeladenen erfüllt schließlich auch die Anforderungen gemäß Ziff. 2.1.5 der Leistungsbeschreibung, wonach "zwei getrennt montierte, extern hochzählende Zählwerke für den Aufnahmetisch" zum Leistungsumfang gehören. Soweit die Antragstellerin moniert, dass bei dem System der Beigeladenen die Zählwerke nicht getrennt, sondern nur gemeinsam und untrennbar montiert werden könnten, schließt sich der Senat dieser Betrachtungsweise nicht an. Unstreitig ist, dass die Zählwerke bei dem Gerät der Beigeladenen im Abstand voneinander auf einer Schiene fest eingebettet und in der Höhe individuell verschiebbar sind. Infolge der Anordnung auf einer Schiene sind sie im Unterschied zu dem von der Antragstellerin angebotenen System nicht in der Tiefe verschiebbar. Mit der Forderung nach einer "getrennten Montagemöglichkeit" hat die Antragsgegnerin aber nicht in einer einen Ausschluss rechtfertigenden, hinreichend eindeutigen Form zum Ausdruck gebracht, dass das anzubietende Gerät zwei vollkommen unabhängig, d.h. auch in der Tiefe unterschiedlich positionierbare Zählwerke aufweisen muss. Die Forderung nach einer getrennten Montagemöglichkeit schließt ein, dass zwei Zählwerke auf einer festen Schiene nebeneinander, aber in unterschiedlichen Höhen montiert werden können. Eine "Trennung" ist auch durch seitlichen Abstand und unterschiedliche Höhenverstellbarkeiten gegeben. b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin auch nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage die werktägliche Erreichbarkeit der Beigeladenen angenommen und deren Eignung somit in beurteilungsfehlerhafter Weise bejaht. Zwar ist unstreitig, dass in der Bewertungstabelle zur Feststellung der Eignung für die Beigeladene eine Erreichbarkeit an Freitagen bis 17 Uhr festgehalten ist. Da aber die Beigeladene in dem modifizierten Angebot vom 22. April 2010 die werktägliche Erreichbarkeit bis 18 Uhr angeboten und diese auch in der Verhandlungsrunde zugesichert hat, bestand für die Antragsgegnerin kein Anlass, an der Erreichbarkeit zu zweifeln und diese durch Stichproben oder Kontrollanrufe zu überprüfen und zu verifizieren. Der öffentliche Austraggeber ist keineswegs gehalten, sämtliche Eigenangaben des Bieters zu Eignungsanforderungen zu kontrollieren. Erst wenn sich ihm der Verdacht aufdrängt, dass die Angaben des Bieters unzutreffend sind, hat er diesem durch geeignete Überprüfungsmaßnahmen nachzugehen. Eine solche Situation ist im Streitfall weder ersichtlich noch von der Antragstellerin substantiiert vorgetragen worden. Ihre Ausführungen, die Beigelade sei weder tatsächlich noch rechtlich in der Lage, die Erreichbarkeit an Freitagen sicherzustellen, ist rein spekulativ. Belastbare Anhaltspunkte für diese Behauptung fehlen. c) Aus den voranstehenden Erwägungen unter d) folgt, dass es für die Entscheidung des Streitfalls dahinstehen kann, ob der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe das vorgesehene Wertungssystem missachtet, zutreffend ist. Da aber auch in diesem Zusammenhang nicht auszuschließen ist, dass im Falle einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens die im Hinblick auf die Durchführung der Erprobung und der Wertung aufgetretenen streitigen Fragen erneut relevant werden, weist der Senat auf folgendes hin: Entgegen der ursprünglichen Ankündigung unter Ziff. 2 "Produkterprobung" der Besonderen Hinweise und Verfahrensbedingungen, wonach von den Bietern zur Verfügung zu stellende und vor Ort zu installierende Kamerasysteme im Echtbetrieb über einen Zeitraum von einem Monat erprobt werden sollten, hat die Antragstellerin im laufenden Verfahren die Vorgehensweise geändert und sich entschieden, eine deutlich kürzere, nur noch mehrstündige Erprobung vorzunehmen. Auch hat sie unstreitig nicht Geräte erprobt, die von den Bietern eigens für diesen Zweck zur Verfügung gestellt und installiert worden waren, sondern auf Geräte zurückgegriffen, die in einer der Verfilmungsstellen schon vorhanden waren, wenngleich diese auch von den Bietern dem Angebot entsprechend ausgerüstet und überholt werden konnten. Entsprechende Veränderungen der Vorgehensweise sind vergaberechtlich statthaft, soweit sie in einem transparenten Verfahren und diskriminierungsfrei vorgenommen werden. Da die Antragsgegnerin die Bieter über ihre geänderten Absichten und Wünsche bezgl. der anstehenden Geräteerprobung informiert und ihr Einverständnis mit der geplanten Vorgehensweise eingeholt hat, bestehen gegen ihre Vorgehensweise unter diesem Gesichtspunkt keine rechtlichen Bedenken. Bei einer Rückversetzung des Verfahrens könnte sich aber anbieten, die Bieter bereits in den Verdingungsunterlagen darüber zu informieren, dass die Antragsgegnerin sich eine Änderung der Erprobungsvorgehensweise unter welchen Umständen vorbehält und die Erprobungsalternativen dazustellen. Der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe das vorgesehene Wertungsverfahren missachtet, indem sie ihrer Wertung nicht das tatsächliche Ergebnis der Mustererprobung, sondern eine hypothetisch unterstellte Defektfreiheit des Geräts der Beigeladenen zugrunde gelegt habe, geht insoweit fehl, als es der Antragsgegnerin nicht grundsätzlich verwehrt war, der Beigeladenen die Gelegenheit zur Reparatur einzuräumen. Die Möglichkeit, während der Erprobung auftretende Defekte, die ohne konstruktive Veränderungen des Geräts behoben werden können, abzustellen, war im Rahmen der ursprünglich beabsichtigten Erprobung über einen mehrwöchigen Zeitraum konkludent durchaus vorgesehen. Der gemäß Ziff. 2.2 und 2.3 der Besonderen Hinweise und Verfahrensbedingungen angekündigte "einmonatige Einsatz im Echtbetrieb" hätte eine Reparaturmöglichkeit sogar vorausgesetzt: Im Echtbetrieb können infolge der hohen Komplexität der zu liefernden Kamerasysteme Defekte auftreten, die die Durchführung eines mehrwöchigen Testbetriebs hindern, wenn die auftretenden Defekte die Funktionsfähigkeit des betroffenen Geräts einschränken. Da es sich bei den zu beschaffenden Kamerasystemen um komplexe technischen Gerätschaften handelt, ist auch im Echtbetrieb das Auftreten von Defekten und Mängeln nicht untypisch, so dass neben der reinen Lieferung der Gerätschaften auch Anlass und Bedarf für die Beschaffung von Serviceleistungen bestand. Bei einer solchen Sachlage hat der öffentliche Auftraggeber aber durchaus ein beachtliches Interesse daran, seine Wertung - und damit letztlich die Zuschlagsentscheidung - nicht ausschließlich auf den Zustand stützen zu müssen, den das bei der Erprobung zur Verfügung stehende defekte Mustergerät aufweist. Zeigt sich während der Erprobung oder des Testbetriebs ein behebbarer Fehler an einzelnen Funktionen des Geräts, der ohne konstruktive Veränderungen des Geräts zu beheben ist, so entspricht es dem Interesse des öffentlichen Auftraggebers an einer umfassenden Bewertungsgrundlage, die einen sachlich zutreffenden Vergleich der konkurrierenden Geräte erst ermöglicht, aufgetretene Defekte beheben zu lassen. Hätte die Antragsgegnerin somit die Erprobung wie ursprünglich angekündigt durchgeführt, hätte sie jedem Bieter in vergaberechtlich unbedenklicher Weise Gelegenheit zur Abstellung von Defekten einräumen können. Ob die geänderte Vorgehensweise eine Reparaturmöglichkeit ebenfalls einschloss, ergibt sich aus den Verdingungsunterlagen in ihrer jetzigen Form dagegen nicht mit hinreichender Klarheit. Insoweit würde es sich für den Fall fortbestehender Vergabeabsicht und Zurückversetzung des Vergabeverfahrens anbieten, diese an die tatsächlichen Bedürfnisse der Antragsgegnerin anzupassen und den Bietern Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welcher Form auftretende Defekte auch im Rahmen einer Kurzerprobung beseitigt werden können. 4. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist zwar zulässig, aber unbegründet. In entsprechender Anwendung von § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO ist eine Anschlussbeschwerde spätestens bis zum Ablauf der dem Beschwerdegegner gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung zu erheben (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.2009, Verg 30/09). Die der Antragstellerin mit Verfügung vom 15. September 2010 gesetzte Frist bis zum 8. Oktober 2010 hat die Antragsgegnerin eingehalten. Ihre Anschlussbeschwerdeschrift ist per Fax unter dem 8. Oktober 2010 eingegangen. Wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt, hat die Anschlussbeschwerde aber in der Sache keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den von der Vergabekammer aufgezeigten Vergaberechtsfehlern tatsächlich um reine Dokumentationsmängel handelte, die durch die Neufassung des Vermerks behoben werden konnten, denn das Vergabeverfahren leidet infolge der Nichtbekanntgabe der verwandten Bewertungsmatrix an einem Mangel, der durch eine erneute Dokumentation der Bewertungsergebnisse nicht zu beheben ist. 5. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 3, 4 GWB. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war darauf gerichtet, einen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen im laufenden Vergabeverfahren zu erreichen, was mutmaßlich zu einer Zuschlagserteilung an sie, die Antragstellerin, geführt hätte. Sie erreicht lediglich die Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Versendung der Verdingungsunterlagen, wobei sie jedoch eine weitere Chance erhält. Der Senat hält unter diesen Umständen eine Kostenquotelung im Verhältnis 1/3 zu 2/3 für angebracht. Da das Nachprüfungsverfahren Sach- und Rechtsfragen aufwarf, die ohne spezialisierte Rechtskenntnisse nicht sachgerecht behandelt werden konnten, war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin notwendig (§ 128 Abs. 4 S. 4 i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens richten sich nach § 120 Abs. 2 i.V.m. § 78 GWB. Insoweit ist aus den gleichen Gründen eine Kostenquotelung in dem genannten Verhältnis veranlasst. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 2 GKG."
  4. OLG Frankfurt/M, Beschl. v. 5.10.2010 – 11 Verg 7/10 – ZfBR 2011, 394 – Stadthalle und Rathaus – Entwürfe etc. – Vergabekammer: Unzulässigkeit wegen unrichtig angenommener verspäteter Rüge ohne Prüfung der Begründetheit – Aufhebung und Zurückverweisung an Vergabekammer (Ausnahmefall wegen Beschleunigungsgrundsatz) - Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde bei pauschaler Verweisung auf Vorbringen im Nachprüfungsantrag und Rügeschreiben – Beschränkung des Vorbringens hinsichtlich der Zulässigkeit in sofortiger Beschwerde – Antragsbefugnis trotz Verhandlung über außergerichtliche Lösung – kein Fehlen einer unverzüglichen Rüge – Erforderlichkeit der vollen positiven Kenntnis – „Das Entstehen einer Obliegenheit zur Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB setzt voraus, dass der Antragsteller von den tatsächlichen Umständen, auf die er den Vorwurf der Vergaberechtsverletzung stützt, volle Kenntnis hat. Vermutungen reichen für die volle Kenntnis nicht aus." – keine „unzulässige Verdachtsrüge." – „c) Soweit die Antragsgegnerin der Auffassung ist, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil zwischen erhobener Rüge am 11.06.2010 und dem am selben Tag eingereichten Nachprüfungsantrag keine ausreichende Wartefrist eingehalten worden sei, kann ihr nicht gefolgt werden. ….. Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages hängt nicht von der Einhaltung einer solchen Wartefrist ab. Dafür gibt es weder eine gesetzliche Grundlage, noch ist dies erforderlich, weil die Vergabestelle einen Verstoß jederzeit abstellen kann. Hilft sie auf die Rüge hin ab, so können den Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens entsprechend dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO treffen." – „Bei dem Vorgang der Wertung verfügt der öffentliche Auftraggeber zwar über einen Wertungsspielraum. Nur wenn er von einem unzutreffenden Sachverhalt oder von unvollständigen Tatsachen ausgegangen ist, sachwidrige Erwägungen angestellt oder sich an einen von ihm aufgestellten Wertungsmaßstab nicht gehalten hat, ist eine rechtswidrige Überschreitung des Wertungsspielraums anzunehmen. Auf der Grundlage des bisherigen Vortrags der Beteiligten kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die Antragsgegnerin in einzelnen Punkten bei ihrer Wertung von einem unzutreffenden Sachverhalt oder von unvollständigen Tatsachen ausgegangen ist und damit ihren Wertungsspielraum überschritten hat." – vgl. u. Anhang Nr. 12. - aus der Entscheidung: „Das Schreiben der Antragstellerin vom 11.6.2010 enthält die Rügen, die Information vom 27.05.2010 sei unzureichend und die Entscheidung sei aufgrund sachfremder Erwägungen getroffen worden. Das Schreiben verweist auf die Ziffern 1.8 und 1.9 des Nachprüfungsantrags (VKA 26/27). In Ziffer 1.9 wird der Vorwurf sachfremder Erwägungen auf eine Veröffentlichung der ….. gestützt. Mit der Rüge sachfremder Erwägungen macht die Antragstellerin geltend, es sei eine fehlerhafte Wertung erfolgt. Diese Rügen der Antragstellerin vom 11.06.2010 waren entgegen der Ansicht der VK nicht verspätet. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB hat der Antragsteller einen Verstoß gegen Vergabevorschriften, welchen er bereits im Vergabeverfahren erkannt hat, unverzüglich zu rügen, das heißt im Sinne der Definition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern. Erst die positive Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß setzt danach die Rügefrist in Gang, deren Überschreitung zur Präklusion führt (vgl. etwa Summa, a.a.O., § 107 GWB Rn. 140). Kenntnis von einem Vergabeverstoß kann regelmäßig nur angenommen werden, wenn dem Bieter bestimmte Tatsachen bekannt sind, die bei vernünftiger Würdigung einen Mangel des Vergabeverfahrens darstellen können (vgl. Summa, wie vor. Rn. 143). Hierfür genügte die Kenntnis des am 27.5.2010 ausgedruckten Artikels der Online-Ausgabe der (VKA 356) nicht Die Äußerung des Bürgermeisters verschaffte der Antragstellerin nicht die positive Kenntnis, die Wertung sei aufgrund sachfremder Erwägungen erfolgt. Mangels positiver Kenntnis von einem Vergabeverstoß war eine Rüge zu diesem Zeitpunkt deshalb gar nicht veranlasst. Solange das Unternehmen lediglich Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Auftraggeberverhaltens hat und deshalb noch Informationen bei einem Dritten einholt, beginnt die Frist überhaupt noch nicht zu laufen. Das Entstehen einer Obliegenheit zur Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB setzt voraus, dass der Antragsteller von den tatsächlichen Umständen, auf die er den Vorwurf der Vergaberechtsverletzung stützt, volle Kenntnis hat. Vermutungen reichen für die volle Kenntnis nicht aus (Kadenbach in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht Kompaktkommentar, § 107 GWB Rn. 51; Kulartz,/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, 2. Aufl., § 107 Rn. 77). Dass der erwähnte Zeitungsartikel hier allenfalls einen Verdacht erregen konnte, bedarf keiner näheren Darlegung. Die Antragstellerin durfte deshalb ohne schuldhaftes Zögern die mit E-Mail vom 02.06.2010 erbetenen weiteren Informationen abwarten, die ihr bis zum 11.06.2010 noch nicht erteilt worden waren. Der Umstand, dass die Antragstellerin dann doch ohne zusätzliche neue Erkenntnisse und Informationen - vorsorglich - die Rügen vom 11.06.2010 erhoben und unmittelbar anschließend den Nachprüfungsantrag gestellt hat, kann nicht nachträglich zu der Annahme führen, dass sie von einem schon zuvor erkannten Vergabeverstoß positiv gewusst habe. Bei der am 11.06.2010 erhobenen Rüge handelt es sich auch nicht um eine unzulässige Verdachtsrüge. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf eines Vergabeverfahrens haben wird. Deshalb darf er im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines oft beschränkten Informationsstandes redlicherweise für wahrscheinlich und möglich halten darf, wenn es wie hier um Vergabeverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (Senat, Beschluss v. 09.07.2010 - 11 Verg 5/10, IBR 2010, 525, zitiert nach Juris Rn. 51). Um zu vermeiden, dass Rügen ohne Substanz auf bloßen Verdacht ins Blaue hinein, mit dem Ziel erhoben werden, Einsicht in die Akten zu erlangen, muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus (Senat, wie vor). Nimmt er dagegen ihm bekannte Tatsachen zum Anlass, auf eine möglicherweise unzutreffende Wertung zu schließen, so können die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge erfüllt sein (Senat, wie vor). So liegt der Fall auch hier. Mit Blick auf die verzögerte Informationserteilung durch die Antragsgegnerin war es der Antragstellerin nicht zumutbar, weiter zuzuwarten und sich damit aus ihrer Sicht möglicherweise dem Vorwurf auszusetzen, nicht unverzüglich gehandelt zu haben. Darüber hinaus können neue Rügen in zulässiger Weise in das Nachprüfungsverfahren einbezogen werden, wenn die vermeintlichen Verstöße erst im Verlauf des Verfahrens bekannt geworden sind (Senat, Beschluss v. 08.12.2009: 11 Verg 6/09, IBR 2010, 297, zitiert nach Juris Rn. 45). Werden dem Antragsteller während des Nachprüfungsverfahrens weitere mögliche Vergaberechtsverstöße bekannt, kann er diese unmittelbar zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens machen. Das gilt selbst dann, wenn das Nachprüfungsverfahren zunächst unzulässig war, weil es aufgrund eines nicht oder nicht unverzüglich gegenüber der Vergabestelle gerügten Verstoßes eingeleitet worden ist. Es wäre mit dem im Vergabeverfahren geltenden Beschleunigungsgebot unvereinbar, den Antragsteller auch während eines bereits laufenden Nachprüfungsverfahrens darauf zu verweisen, den neu erkannten Verstoß zunächst gegenüber der Vergabestelle zu rügen und danach einen weiteren Nachprüfungsantrag zu stellen (Senat, wie vor, Rn. 46 m.w.N.). Mit Schriftsätzen vom 06.07.2010 und vom 21 .07.2010 hat die Antragstellerin ihren Überprüfungsantrag erweitert, nachdem sie Kenntnis vom Prüfbericht und vom Prüfungsergebnis erhalten hat. Jedenfalls auf die angeblich fehlende Transparenz der Punktebewertung und die angeblich sachlich fehlerhafte Wertung kann die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag zulässigerweise stützen. Ob insoweit tatsächlich Vergabeverstöße vorliegen, ist eine Frage der Begründetheit des Nachprüfungsantrags. c) Soweit die Antragsgegnerin der Auffassung ist, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil zwischen erhobener Rüge am 11.06.2010 und dem am selben Tag eingereichten Nachprüfungsantrag keine ausreichende Wartefrist eingehalten worden sei, kann ihr nicht gefolgt werden (vgl. Senat, Beschluss 13.06.2006 - 11 Verg 11 + 12/05, zitiert nach Juris Rn. 15). Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages hängt nicht von der Einhaltung einer solchen Wartefrist ab. Dafür gibt es weder eine gesetzliche Grundlage, noch ist dies erforderlich, weil die Vergabestelle einen Verstoß jederzeit abstellen kann. Hilft sie auf die Rüge hin ab, so können den Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens entsprechend dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO treffen. Es besteht jedoch kein Grund, ein Nachprüfungsverfahren als unzulässig zu verwerfen, wenn der Antragsgegner erkennen lässt, dass er der Rüge ohnehin nicht abgeholfen hätte. 2. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Nachprüfungsantrag auch begründet ist. a) Soweit die Antragstellerin allerdings ihren Nachprüfungsantrag darauf stützt, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Wertung gewichtete Unterkriterien angewendet habe, die sie zuvor nicht bekannt gegeben habe, hat sie keinen Erfolg. Der Auftraggeber darf zwar keine Unterkriterien oder Gewichtungsregeln anwenden, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (vgl. EuGH, Urt. v. 24.1.2008 - C 532/06, Tz. 36-38, VergabeR 2008, 496 - Lianakis). Dies hat auch zu gelten, wenn der Auftraggeber solche Kriterien und Regeln im Nachhinein aufgestellt hat (vgl. EuGH aa0, Rn. 42 -44; Urt. v. 24.11.2005, Rs. C 331/04, Sig. 2005, I - 10109, Tz. 32 - ATI EAC e Viaggi di Maio). „Im Nachhinein" bedeutet dabei, dass Zuschlagskriterien, Unterkriterien und/oder ihre Gewichtung nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe geändert, ergänzt oder neu eingeführt worden sind. Eine nachträgliche Festlegung von Kriterien und ihrer Gewichtung unterliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs drei (alternativen) Beschränkungen: - Der öffentliche Auftraggeber darf keine Unterkriterien aufstellen, welche die bekannt gegebenen Hauptkriterien abändern. - Die nachträglich festgelegten Kriterien dürfen keine Gesichtspunkte enthalten, die die Vorbereitung der Angebote hätten beeinflussen können, wenn sie im Zeitpunkt der Vorbereitung bekannt gewesen waren. - Schließlich darf der Auftraggeber keine Unterkriterien festlegen, welche geeignet sind, Bieter zu diskriminieren. Dies gilt ebenfalls für Gewichtungsregeln. Unter Unterkriterien werden Kriterien verstanden, die die eigentlichen Zuschlagskriterien genauer ausformen und präziser darstellen, worauf es dem Auftraggeber im Einzelnen ankommt Gewichtungsregeln bestimmen, wie die (zu erwartenden) Angaben der Bieter zu den einzelnen Kriterien und Unterkriterien zu bewerten sind und wie beispielsweise eine Umrechnung in Wertungspunkte erfolgt. Diesen drei Anforderungen werden die angewendeten Unterkriterien gerecht. Die Unterkriterien ändern die bekannt gegebenen Hauptkriterien nicht ab, sondern dienen dazu, die Vergabe der Punkte in ihrer Abstufung nachvollziehbar zu machen. Die maßgeblichen Kriterien für die Qualität der Weiterentwicklung des Wettbewerbsergebnisses, nämlich die städtebauliche Qualität, das architektonische Konzept und das technische Gebäudekonzept sind mitgeteilt worden (VKA 100). Bei der Bewertungsgrundlage handelt es sich um Gewichtungsregelungen, die einer Benotungsskala entsprechen. Gleiches gilt auch für die Bewertungsgrundlage der Nachhaltigkeitskriterien und der Übereinstimmung mit dem Vertragsentwurf. Die Punktevergabe für das Honorar berücksichtigt allein die Höhe des Honorars im Vergleich zu den Honorarforderungen der anderen Bieter. Dass die Höhe des Honorars maßgebliches Kriterium sein wird, versteht sich von selbst. Die Unterkriterien für die Präsentation beleuchten vier unterschiedliche Aspekte des aus der Präsentation gewonnenen Gesamteindrucks, die jeweils gleich gewichtet werden. Eine Änderung des Hauptkriteriums ergibt sich daraus nicht. Zudem waren die Unterkriterien Aufstellung und Organisation des Projektteams, zu dem auch der Projektleiter gehört, und die Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit der Präsentation als Unterkriterien vorab genannt worden (VKA 100). Die Unterkriterien und Gewichtungen enthalten auch keine Gesichtspunkte, die die Vorbereitung der Angebote hätten beeinflussen können, wenn sie im Zeitpunkt der Vorbereitung bekannt gewesen waren. Dies versteht sich von selbst, soweit die Unterkriterien sich in einer Notenskala erschöpfen. Die Bewertungskriterien für die Beurteilung der Präsentation waren ohne Weiteres zu erwarten. Das Wettbewerbsergebnis lag ohnedies fest Schließlich sind die Unterkriterien auch nicht geeignet, Bieter zu diskriminieren, denn sie galten gleichermaßen für alle Bieter. Der Auftraggeber muss für die Angebotswertung auch kein bis in letzte Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen, das seinen auf der letzten Ebene der Angebotswertung vorhandenen Wertungsspielraum einschränken könnte (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.07.2009 - Verg 10/09, zitiert nach Juris Rn. 48). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich der Auftraggeber auf der vierten Stufe der Angebotswertung in einem Restbereich eine freie Wertung vorbehält. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist erst erreicht, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, anhand deren das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird (vgl. insoweit auch den 46. Erwägungsgrund, 2. Abs., der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG), und sie infolgedessen auch vor einer willkürlichen und/oder diskriminierenden, d.h. einer die Gebote der Gleichbehandlung und der Transparenz verletzenden Angebotswertung nicht mehr effektiv zu schützen sind. Dies ist hier nicht der Fall, denn die Antragsgegnerin hatte sechs gewichtete Zuschlagskriterien bekannt gegeben, an Hand deren ohne Weiteres erkennbar war, welches Anforderungsprofil für die Erteilung des Zuschlags maßgeblich sein sollte. Vor einer willkürlichen Bewertung sind die Bieter letztlich durch das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, die Wertung nachvollziehbar und überprüfbar zu begründen und zu dokumentieren, geschützt. Dies ist hier ordnungsgemäß erfolgt. Die von der Antragstellerin erhobenen Vorwürfe der Intransparenz sind nicht nachvollziehbar. Die zum Teil fixe und zum Teil flexible Abstufung bei der Vergabe der Punkte ist nicht intransparent. Es kann angenommen werden, dass die einzelnen Bieter für alle Kriterien die Höchstpunktzahl anstreben, unabhängig davon, ob die Abstufung fix oder flexibel erfolgt Denn jedes andere Verhalten könnte dazu führen, in der Gesamtwertung nicht die höchste Punktzahl zu erreichen. Die Antragstellerin zeigt keine Gesichtspunkte auf, aus denen sich ergeben könnte, dass die Prüfberichte wertenden Charakter hatten. b) Es ist allerdings nach dem Vortrag der Beteiligten allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin durch eine fehlerhafte Wertung - insbesondere durch die Vergabe von 36 Wertungspunkten für die Qualität der Weiterentwicklung des Wettbewerbsergebnisses - in ihren Rechten verletzt worden ist. Die Antragsgegnerin hat das Konzept der Antragstellerin als „teilweise gutes, größtenteils nachvollziehbares und überwiegend vollständiges Konzept" eingestuft und es im Rahmen dieser Bewertungsstufe (31 bis 40 Punkte) im mittleren Bereich (36 Punkte) eingeordnet. Bei dem Vorgang der Wertung verfügt der öffentliche Auftraggeber zwar über einen Wertungsspielraum. Nur wenn er von einem unzutreffenden Sachverhalt oder von unvollständigen Tatsachen ausgegangen ist, sachwidrige Erwägungen angestellt oder sich an einen von ihm aufgestellten Wertungsmaßstab nicht gehalten hat, ist eine rechtswidrige Überschreitung des Wertungsspielraums anzunehmen. Auf der Grundlage des bisherigen Vortrags der Beteiligten kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die Antragsgegnerin in einzelnen Punkten bei ihrer Wertung von einem unzutreffenden Sachverhalt oder von unvollständigen Tatsachen ausgegangen ist und damit ihren Wertungsspielraum überschritten hat. Dies gilt insbesondere für die Kritik der Antragsgegnerin an dem Konzept der Antragstellerin für die Zusammenschaltung der Säle und Foyers und für die Kritik am Brandschutzkonzept der Antragstellerin. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung der zwischen den Parteien bestehenden Streitfragen über die fachliche Berechtigung der Kritik an der Konzeption der Antragstellerin ergibt, dass die Antragsgegnerin teilweise von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass die Qualität der Weiterentwicklung des Wettbewerbsergebnisses der Antragstellerin nach Feststellung der zutreffenden Tatsachengrundlage mit mehr als 39 Punkten zu bewerten wäre, wobei eine Bewertung mit 40 Punkten noch in der Bewertungsstufe 31-40 Punkte läge. Schon bei einer Bewertung mit 40 Punkten würde aber die Gesamtpunktzahl der Antragstellerin (48 Punkte) diejenige der Beigeladen (47,7 Punkte) knapp übertreffen. Im Hinblick darauf war der angefochtene Beschluss der VK aufzuheben und die Sache an die VK zurück zu verweisen, damit diese unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats über die Sache erneut entscheidet (§ 123 Satz 2, 2. Alt. GWB). Eine Zurückverweisung der Sache an die VK nach § 123 Satz 2, 2. Alt. GWB kommt zwar, gerade wegen der Eilbedürftigkeit des Beschaffungsvorganges, nur im Ausnahmefall in Betracht (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 03.12.2009 - 13 Verg 14/09, VergabeR 2010, 230, zitiert nach Juris Rn. 53). Der Senat hat sich nach einer Gesamtabwägung aller Umstände des vorliegenden Falles dafür entschieden, die Sache an die VK zurück zu verweisen. Die Sache ist dadurch, dass die VK sich in der angefochtenen Entscheidung - aus ihrer Sicht folgerichtig - mit der Begründetheit des Nachprüfungsantrags nicht auseinander gesetzt hat, insoweit bislang noch nicht aufgeklärt worden. Nach Einschätzung des Senats bedarf es für die Beantwortung der Frage, ob die Antragsgegnerin auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage entschieden hat, der Beurteilung umfangreicher und komplizierter technische Sachverhalte, zu deren Aufklärung möglicherweise ein Sachverständigengutachten einzuholen sein wird. Würde der Senat in der Angelegenheit selbst entscheiden, würde den Verfahrensbeteiligten für die eigentlich entscheidungserheblichen Fragen eine Instanz genommen. Da das endgültige Ergebnis des Beschwerdeverfahrens in der Sache noch nicht feststeht, war der VK mit der Zurückverweisung zugleich die Entscheidung über die Verfahrenskosten zu übertragen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 03.12.2009 - 13 Verg 14/09, VergabeR 2010, 230, zitiert nach JurisRn.55 m.w.N.).
  5. OLG München, Beschl. v. 10.2.2011 - Verg 24/10 – Neubau und Erweiterungsbau Klinikum – Projektsteuerung – VOF - §§ 4 V VgV, 4 II, 16 III VOF – Leitsätze: 1. Zur Frage, inwieweit der Wettbewerb verfälscht wird, wenn sich ein Zielplaner (Projektant) für eine Baumaßnahme an einem Teilnahmewettbewerb beteiligt, welcher die Projektsteuerung für die betreffende Baumaßnahme betrifft. 2. Zur Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien im VOF – Verfahren. – „jederzeitige Möglichkeit" der Heilung von Fehlern während des Vergabeverfahrens und im Nachprüfungsverfahren (Auswirkung auf Kosten) – Voraussetzungen des fakultativen und zwingenden Ausschlusses im VOF-Verfahren – „formale und materielle Wertungsphasen" – „Ruhenlassen und Fortführung des Vergabeverfahrens - Projektantenproblem – Bewerberauswahl (1. Stufe) und Auftragserteilung im Verhandlungsverfahren – Zuschlagsentscheidung auf Bieter mit bestmöglicher Leistungserwartung - Vermischung von personenbezogenen und auftragsbezogenen Aspekten nicht gänzlich unmöglich, aber Merkmale „Erfahrung des für die Bearbeitung vorgesehenen Personals mit vergleichbaren Leistungen" und „Erfahrung in der Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten": eindeutige Verstöße gegen den Grundsatz der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien: „Bei der Erfahrung handelt es sich um einen klassischen Aspekt der persönlichen Eignung des jeweiligen Bieters bzw. seiner Mitarbeiter. Es ist zwar richtig, dass es bei der Projektsteuerung um ein Vertrauensverhältnis geht, bei welchem es entscheidend auf das eingesetzte Personal ankommt. Doch ist zur Überprüfung der Eignung auch des Personals die erste Stufe des Verhandlungsverfahrens vorgesehen. Vor allem die Erfahrung, die letztlich aus Referenzen und Tätigkeiten aus zurückliegenden Aufträgen resultiert, ist kein auftragsbezogenes Merkmal, da sie eben gerade nicht mit dem ausgeschriebenen Auftrag zusammen hängt, welchen auch ein so genannter „Newcomer" ohne weiteres ausführen könnte." – Projektsteuerung nach dem Senat „nicht unbedingt" eine nicht beschreibbare Leistung handelt; hiergegen sprechen schon die vorliegenden Ausschreibungsunterlagen selbst, in welchen – unter Ausfüllung anhand der einschlägigen Regelwerke – klar die einzelnen Schritte der Projektsteuerung aufgeführt sind (vgl. zu diesem Problem Müller/Wrede aaO § 16 Rn. 50 und 51)." - " c) Auf die Frage, ob die Präsentation des Antragstellers zutreffend bewertet worden ist, kommt es insoweit nicht mehr an. Doch weist der Senat darauf hin, dass die Präsentation als solche nicht als Zuschlagskriterium vorgesehen war und die Dokumentation, und zwar gerade diejenige zur Wertung, zeitnah erfolgen sollte." Wiederholung mit erneut erstellten Angebotsunteralgen mit geänderten Zuschlagskriterien" – vgl. u. Anhang Nr. 12 – dort auch m. w. Hinweisen – Hinweise: Die Entscheidung behandelt zwar einen besonders gelagerten Einzelfall. Dennoch enthält sie selbst für VOF-Verfahren erhebliche Schranken bzw. Vorgaben für die Feststellung des Angebots, das die „bestmögliche Leistung" erwarten lässt. Im Gegensatz zu dem insoweit unklar gefassten § 11 V S. 1 VOF 2009 (insofern unveränderte VOF) mit seinem „Sammelsurium" von „Kriterien" greifen aber die Schranken „Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand" (§ 11 V S. 1 VOF 2009) und „klare und nachvollziehbare Abgrenzung" der Zuschlags- (§ 11 V S. 1 VOF 2009) von den Eignungskriterien (§ 5 VOF 2009 – „formal" und „materiell") und das Erfordernis der „bekannt gemachten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung" (§ 11 VI VOF 2009) ein. Mit Recht führt das OLG München, aaO aus, dass schwierig sein wird, „hier einen scharfen und nachvollziehbaren Trennungsstrich zu ziehen." Dann stellt sich aber die Frage, ob dies nicht der Entscheidung des Auftraggebers im Einzelfall überlassen sein muss, was er wie vorsieht. Speziell dann, wenn es um die „höchstpersönlichen Leistungen" nach VOF geht, was auch das genannte OLG anführt, ist die „Erfahrung des Personals" oder auch die „Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den Beteiligten" nach dem OLG auf jeden Fall eine Frage der Eignungsprüfung. Wenn aber der Auftraggeber diese Frage aus sachlichen Gründen zum Gegenstand der Wertungsmatrix neben dem Preis im konkreten Fall vorsehen will, soll dies unzulässig sein. Das OLG München, aaO, verweist insofern auf die Entscheidung des EuGH v. 12.11.2009 – C199/07 – Studie -, in der es nach einer nationalen Vorschrift Griechenlands um „Zeugnisse" geht (EuGH, aaO: „Im vorliegenden Verfahren beziehen sich die von dem öffentlichen Auftraggeber als „Zuschlagskriterien" in Abschnitt IV Nr. 2 der streitigen Vergabebekanntmachung berücksichtigten Kriterien auf die Erfahrung und die tatsächliche Fähigkeit, eine ordnungsgemäße Ausführung des betreffenden Auftrags zu gewährleisten. Es handelt sich dabei um Kriterien, die die fachliche Eignung der Bieter für die Ausführung dieses Auftrags betreffen und die daher nicht die Eigenschaft von „Zuschlagskriterien" im Sinne von Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie 93/38 haben, was die griechischen Behörden im Übrigen nicht ernsthaft bestritten haben."). In der weiteren Entscheidung des EuGH, Urt. v. 24. 1. 2008 – C-532/06 – Lianakis – Studie Katasteraufnahme – „10 In der Ausschreibung wurden als Zuschlagskriterien – in der Reihenfolge ihrer Bedeutung – erstens die nachgewiesene Erfahrung des Sachverständigen auf dem Gebiet entsprechender Studien innerhalb der letzten drei Jahre, zweitens das Personal und die Ausstattung des Büros und drittens die Fähigkeit genannt, die Studie im vorgesehenen Zeitraum unter Berücksichtigung der von dem Büro übernommenen Verpflichtungen und seines wissenschaftlichen Potenzials durchzuführen." - „31 Im Ausgangsverfahren beziehen die sich von dem öffentlichen Auftraggeber als „Zuschlagskriterien" berücksichtigten Kriterien jedoch in erster Linie auf die Erfahrung, die Qualifikationen und die Mittel, die geeignet sind, eine ordnungsgemäße Ausführung des betreffenden Auftrags zu gewährleisten. Es handelt sich dabei um Kriterien, die die fachliche Eignung der Bieter für die Ausführung dieses Auftrags betreffen und die daher nicht die Eigenschaft von „Zuschlagskriterien" im Sinne von Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 haben. 32 Demzufolge ist festzustellen, dass die Art. 23 Abs. 1, 32 und 36 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 dem entgegenstehen, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens die Erfahrung der Bieter, deren Personalbestand und deren Ausrüstung sowie deren Fähigkeit, den Auftrag zum vorgesehenen Zeitpunkt zu erfüllen, nicht als „Eignungskriterien", sondern als „Zuschlagskriterien" berücksichtigt." Das spricht im Grunde für die Ansicht des OLG München, aaO. Betrachtet man die Literatur, so gelangt man zu ähnlichen Ergebnissen (vgl. Müller-Wrede, VOF, 4. Aufl., 2011, § 11 Rn. 84, „Erfahrung", m. w. Nachw.). Immerhin hat das OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.5.208 – Verg 5/08 - NZBau 2008, 269 – „Sicherheitsdienst" – neben dem Preis verschiedene qualitative Anforderungen als Zuschlagskriterien genannt (Qualität des Wachpersonals, des Auftragsmanagements und der Auftragsinfrastruktur sowie der Unternehmensleistungsstärke), musste sich einer sehr kritischen Stellungnahme von Freise, Harald (NZBau 2009, 225) stellen. Es mag in der Überzahl der Fälle der vergaben nach VOL/A und VOB/A richtig sein, dass es in de Regel nicht möglich ist, neben dem Preis weitere Kriterien für den Zuschlag festzulegen. Verkannt wird aber – m. E. auch in der Entscheidung des OLG München, aaO, dass es sich bei nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbaren Freiberufler-Leistungen um einen Sonderbereich handelt, in dem sich unterschiedliche „Qualitätsstufen" nicht in der Eignungswertung, sondern in den Zuschlagskriterien niederschlagen können sollten. Es sei aber vor entsprechenden Festlegungen gewarnt; denn im Fall der Rüge wird man wohl auf wenig bis kein Verständnis der Vergabekammern und OLG rechnen können. Dass viele Bieter derartige Wertungsmatrixen mit Punktesystemen etc. nicht rügen nur, zeigt, dass die Bieter selbst Abstufungen durchaus akzeptieren. Das hindert aber keinen Bieter an Rüge und Einleitung des Überprüfungsverfahrens, wie nicht nur die zumindest vertretbare Entscheidung des OLG München, aaO, zeigt. Immerhin sollte anerkannt werden, dass es zwischen den „Katalogen" der §§ 7 II EG VOL/A, 6 III, 6a VII ff VOB/A und 11 V VOF und den Zuschlagskriterien der §§ 19 IX, 21 I EG VOL/A sowie §§ 16 VI, 16a VOB/A sowie der Vergabe von Freiberufler-Leistungen § 11 V, VI S. 2 VOF schon deshalb einen Unterschied gibt, weil es im Bereich der Freiberufler-Leistungen um Auftrag an Bieter geht, der im Rahmen der Prognose „die best mögliche Leistung erwarten lässt." Sofern als neben den Eignungskriterien neben dem Preis zusätzliche spezielle „Zuschlagskriterien" bekannt gemacht und damit dem Transparenzgebot genügt, wird der Wettbewerb nicht durch den der Vergabestelle zuzugestehenden und eingeschränkt überprüfbaren Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum m. E. nicht beeinträchtigt. – Auszug aus der Entscheidung: Sachverhalt: Mitteilung der Wertungskriterien: 1. Angebotsbezogene Qualitätsmerkmale - Gewichtung - Punkte - Max Ergebnis - Personaleinsatzplan - 60 - 5 – 300 - Erfahrung des für die Bearbeitung vorgesehenen Personals mit - 40 - 5 – 200 - vergleichbaren Leistungen - Erfahrung in der Zusammenarbeit - 20 - 5 – 100 - mit anderen Beteiligten - örtliche Präsenz - 20 - 5 – 100 - 2. Honorar - Berechnung – 300 nach §§ 201 ff. Nr. 9 AHO - maximal erreichbare Gesamtpunktzahl: 1.000 – Verhandlungsgespräche mit Präsentation - Einholung des Einverständnisses mit Verzicht auf einen Bauabschnittes 7 (Altbau) – Beschränkung des Auftrags und Teilaufhebung („eingeschränktes Nebenangebot" als Hauptauftrag) – Zulässigkeit der Beschwerde, aber nur zum Teil erfolgreich – Wiederholung ab Erstellung der Angebotsunterlagen wegen Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bei fortbestehender Vergabeabsicht - kein Ausschluss wegen fehlerhafter Angaben zum Umsatz der letzten drei Geschäftsjahre - weder zwingende noch fakultative Ausschlussgründe nach § 11 VOF a.F., nach §§ 10 I, 12 I VOF a.F. – zwar rechtzeitige Rüge nach Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren (Rechtmäßigkeit des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB offen gelassen (vgl. EuGH vom 28.1.2010 (Az. C-406/08) – Projektsteuerung als freiberufliche Leistungen nach Anh. I A zur VOF a.F. (Ziffer 11) – Auswahl der Bewerber – Prüfung der Mindestanforderungen – Aufforderung zur Verhandlung nach § 10 VOF a.F. entsprechend Angabe der Nachweise in der Bekanntmachung (§ 10 Abs. 3 VOF a.F.) - § 12 VOF a.F.: falsche Erklärungen in erheblichem Maße (Angaben der Beigeladenen zu dem Umsatz bezogen auf Projektsteuerungsleistungen korrekt?- hier nicht angenommen) – fehlende oder unvollständige Nachweise: zwingender Ausschluss bei unmissverständlichem Verlangen mit Angebotsabgabe (vgl. OLG München vom 31.8.2010 – Verg 12/10 - VOL/A) – zweistufige Eignungsprüfung: formale Vollständigkeitsprüfung und folgende materielle Eignungsprüfung: „Während der Vergabestelle bei der formalen Eignungsprüfung kein Wertungsspielraum zur Verfügung zusteht, ist ihr bei der zweiten Wertungsphase ein Wertungsspielraum zuzubilligen (OLG Düsseldorf vom 26.11.2008 – Verg 54/08; OLG Jena vom 21.9.2009 – 9 Verg 7/09; OLG München vom 5.11.2009 – Verg 13/09)" – im Einzelfall keine fehlenden Unterlagen, vollständige Angaben mit Zweifeln an der Richtigkeit - kein fakultativer Ausschlussgrund (§§ 10 Abs. 1, 12 Abs. 1 VOF a.F.) wegen fehlender Eignung (keine Forderung von Mindeststandards für den Umsatz) – kein zwangsläufiger Ausschluss selbst bei lediglich Angabe des Umsatzes für Projektsteuerung in den letzten drei Jahren mit Null, sondern Wertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Eignungsprüfung entsprechend der Wertungsmatrix –- § 4 Abs. 5 VOF a.F. angemessene Beteiligung kleinerer Büroorganisationen und Berufsanfänger „ein mehr programmatische Satz darf nicht zur Bevorzugung dieser Bewerber gegenüber anderen Unternehmen, auch keine Angaben in der Bekanntmachung über gesonderte Wertung für kleinere Unternehmen eine gesonderte Wertung – die dennoch durchgeführt Sonderbehandlung nicht vergaberechtskonform: „Sie durften keineswegs trotz ihrer niedrigeren Punktzahl bei der Auswahl gegenüber den größeren Unternehmen mit höherer Punktzahl bevorzugt werden." – Möglichkeit der jederzeitigen Heilung von Vergabemängeln ist dem Auftraggeber während der laufenden Ausschreibung (OLG Frankfurt vom 10.2.2009 – 11 Verg 16/08).: „Sinn der Rügeverpflichtung der Bieter ist es ja gerade, eine solche Heilung zur Vermeidung von Vergaberechtsverstößen zu ermöglichen. Hier war zwar zunächst eine Heilung des Mangels abgelehnt worden, doch war dann nach genauerer Überprüfung der Vergaberechtsverstoß durch die Antragsgegnerinnen erkannt worden. Um nicht die korrekte Weiterführung des Vergabeverfahrens zu gefährden, war die Heilung des beanstandeten Mangels nicht nur die naheliegendste, sondern auch die gebotene Lösung. Nachdem der Bieterkreis auf sechs Teilnehmer festgesetzt worden war, war das "Nachrücken" der zwei nächstbesten Bieter nicht zu beanstanden, zumal diese mit ihren Angeboten nicht ausgeschlossen worden waren." – Zulässigkeit der Fortführung des Ausschreibungsverfahrens nach längerer Unterbrechung: „Es ist allerdings außergewöhnlich, dass nach der Abwicklung des Vergabeverfahrens und einer bereits erteilten Vorabinformation an den auserwählten Bieter, welchem der Zuschlag erteilt werden soll, das Verfahren über längere Zeit ruhen zu lassen. Da die Vergabeabsicht aber über den gesamten Zeitraum fortbestanden hat, begegnet es keinen Bedenken, dass anstelle einer Aufhebung des ursprünglichen Ausschreibungsverfahrens und des Beginns eines völlig neuen Verfahrens das Verhandlungsverfahren an derjenigen Stelle wieder aufzunehmen, an welchem es nicht mehr vergaberechtskonform fortgeführt worden war. Nach dem Vergabevermerk war festgestellt worden, dass die Wertung des Honorars nicht korrekt durchgeführt und Wertungen verwechselt worden sind. Die Wiederholung ab der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens ist folglich in Ordnung. Im übrigen haben sich die Bieter, allen voran der bereits nach § 101a GWB benachrichtigte Bieter, nicht gegen diese Vorgehensweise beschwert." – Projektantenproblem – Beratung während der Ausschreibung kein Verstoß gegen Wettbewerbsprinzip und Gleichbehandlungsgebot (auch kein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 VgV a.F.) – rechtzeitige Rüge der Vorbefassung (Zeugenaussage glaubwürdig!) – „Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsprinzip kann in der Beteiligung eines Projektanten liegen. Projektant ist jeder, der die Vergabestelle bei der Vorbereitung des Ausschreibungsverfahrens beraten oder sonst unterstützt hat. Naturgemäß verfügt er dann bei einer Beteiligung an der anschließenden Ausschreibung über einen Informationsvorsprung vor den anderen Bietern. Es droht eine Wettbewerbsverzerrung, weil er sein Angebot aufgrund der besseren Information eher an die Bedürfnisse des Auftraggebers anpassen oder er bei der Beratung des öffentlichen Auftraggebers Gegenstand und Bedingungen des Auftrags in seinem Interesse beeinflussen kann (OLG Brandenburg vom 22.5.2007 – VergW 13/06). Deshalb hat der EuGH (Urteil vom 3.3.2005 – C-21/03 und 34/03) die Beteiligung von Projektanten als Bieter regelmäßig als Gefährdung eines leistungsfähigen Wettbewerbs angesehen. Doch führt dies nicht zu einem zwangsläufigen Ausschluss des Bieters vom Vergabeverfahren. Vielmehr kann ein vorbefasster Bieter nur dann von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn durch seine Teilnahme der Wettbewerb verfälscht wird. Erscheint eine konkrete Wettbewerbsverfälschung bei objektiver Betrachtung der Leistung möglich, obliegt dem betreffenden Unternehmen der Nachweis, dass ihm durch die Vorbefassung kein ungerechtfertigter Vorteil erwachsen ist. Dem Auftraggeber obliegt die Verpflichtung, den Wissensvorsprung des einen Bieters auszugleichen durch Information aller anderen Bieter. Dem entspricht auch die Regelung in § 4 Abs. 5 VgV a.F.: „Nach diesen Grundsätzen ist der Senat davon überzeugt, dass ein Ausschluss der Beigeladenen nicht zu erfolgen hat. Die Beigeladene ist zwar als Projektantin anzusehen, doch liegt eine Wettbewerbsverzerrung nicht vor….."aa) Die Beigeladene ist als Projektantin für die Antragsgegnerin zu 2) tätig geworden, da sie diese bei der Durchführung der geplanten Baumaßnahme aufgrund des Beratungsvertrages vom 27.1.2010 beraten hat und immer noch berät. Mittelbar diente diese Beratung auch der Vorbereitung des Ausschreibungsverfahrens, da die erarbeitete Zielplanung Grundlage der Ausschreibungsunterlagen war. Auch wenn sich die Beratung nicht auf die ausgeschriebene Projektsteuerung, sondern auf die zugrunde liegende Baumaßnahme bezogen hat und bezieht, genügt dieser mittelbare Zusammenhang, um einen möglichen Wissensvorsprung zu begründen. Es ist nach der Rechtsprechung ausreichend, wenn sich aufgrund beliebiger Beratungs- oder Unterstützungsleistungen eine Wettbewerbsverfälschung ergeben kann, weil diese einen Bezug zum aktuellen Vergabeverfahren aufweisen (Hausmann/v.Hoff in Kulartz/Marx/Portz/Prieß VOL/A 2. Aufl. § 6 EG VOL/A Rn. 133 m.w.N.). Im Interesse eines geordneten Wettbewerbs sind hier keine zu engen Maßstäbe anzulegen. Daher ist es in diesem Zusammenhang auch unerheblich, ob der Beratungsvertrag nur mit der Antragsgegnerin zu 2) abgeschlossen worden war. Der Beratungsvertrag zur Überprüfung der früheren Planung spielt allerdings insofern keine Rolle. bb) Dem Senat ist jedoch nicht ersichtlich, dass durch die Beratung bei der Beigeladenen ein wettbewerbsverfälschender Informationsvorsprung gegenüber den anderen Bietern entstanden ist. Nach der Einvernahme der Zeugin Sz. hat sich vielmehr ergeben, dass die Beratungsleistungen lediglich die grobe Planung des Projekts betrafen und zu keinen vertieften Kenntnissen über die nachfolgende ausgeschriebene Projektsteuerung geführt haben. Der Senat verkennt auch hier nicht, dass die Zeugin ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Erhalt des Zuschlages hat, da sie nach wie vor Leiterin eines Kompetenzzentrums bei der Beigeladenen und als Projektleiterin auch für den ausgeschriebenen Auftrag vorgesehen ist. Die Zeugin hat aber ihre Aussage sachlich und ruhig gemacht und alle Kontakte und Gespräche mit dritten Stellen sowie ihren eigenen Aufgabenbereich unumwunden und ausführlich geschildert. Der Senat hat keine Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit. Danach bestand ihre Aufgabe darin, möglichst schnell die Einhäusigkeit der Klinik bei der Antragsgegnerin zu 2) herzustellen und die alten Planungen auf ihre Funktionalität zu überprüfen. Nach Entwicklung eines völlig neuen Konzeptes sei dieses dann von der Geschäftsführung genehmigt und auch bei der Prüfung der Förderfähigkeit bei einem Gespräch im zuständigen Ministerium und der Regierung von S. das Konzept gebilligt worden. Dies habe sie bis September 2010 abgeschlossen; ein Bauabschnitt sei wegen der Rüge eines Mitbewerbers ausgeklammert worden; diesen müsse sie noch bearbeiten. cc) Nach dieser glaubhaften Aussage ist zunächst festzuhalten, dass die Beigeladene für die Antragsgegnerinnen bisher keine Projektsteuerungsleistungen erbracht hat. Der Senat hat sich anhand der vorgelegten Pläne davon überzeugt, dass es sich bei der geänderten Zielplanung nicht um voll entwickelte Pläne handelt, welche in allen Einzelheiten bereits ausgearbeitet sind. Vielmehr ist die neue Entwicklungsidee nur grundlegend dargestellt. Aufgabe eines Projektsteuerers ist es aber nicht, einen Grundplan zu entwerfen, sondern den Auftraggeber bei der Umsetzung der vorhandenen Pläne in der Form zu unterstützen, dass die Koordination in seiner Hand liegt und er die Umsetzung der Pläne überwacht und begleitet. Auch das bezüglich der Förderfähigkeit geführte Gespräch war nicht Teil der Projektsteuerung, da Thema nur allgemein die Förderfähigkeit, nicht aber die Stellung und Verfolgung eines konkreten Förderantrags war, was zum Aufgabenbereich eines Projektsteuerers zählen würde. Im übrigen wäre anhand der Grobplanung ein konkreter Förderantrag kaum möglich gewesen. So ging es, wie die Zeugin Sz. ausgesagt hat, auch mehr um die Frage, ob die noch vorhandenen Fördermittel für die geänderten Pläne herangezogen werden konnten. Die Überprüfung der vorangegangenen Planungen und Abrechnungen scheidet von vornherein als einschlägige Projektsteuerungsleistung aus. dd) Die von der Beigeladenen durchgeführten Planungsleistungen haben – auch wenn sie in Form der geänderten Zielplanung zu den Unterlagen der Ausschreibung gehören – nicht zu einem wettbewerbsverfälschenden Informationsvorsprung der Beigeladenen geführt. Jedenfalls ist dem Senat nicht ersichtlich, worin dieser bestehen soll. Zwar hat die Beigeladene – und zwar auch noch nach Weiterführung des Verhandlungsverfahrens – weiter an der Zielplanung gearbeitet, welche Grundlage der Ausschreibung war. Auch wenn Planungsleistungen von Projektsteuerungsleistungen zu unterscheiden sind, können sie grundsätzlich zu einem Wissensvorsprung führen, welcher zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Bietern führt. Ein solcher Wissensvorsprung könnte darin liegen, dass die Beigeladene aufgrund ihrer Planung weiß, worauf es den Antragsgegnerinnen bei der Umsetzung besonders ankommt. Indiz hierfür könnte sein, dass die Beigeladene ein die Angebote der anderen Bieter überragendes Angebot abgegeben hat (vgl. hierzu OLG Brandenburg aaO). Dies ist nicht der Fall. Dem Antragsteller ist in diesem Zusammenhang zuzugestehen, dass es verwunderlich ist, dass das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag erhalten soll, obwohl es honorarmäßig das zweithöchste war. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass der Vorsprung dann nur auf die anderen Wertungskriterien, beeinflusst durch den Wissensvorsprung, zurückzuführen sein kann. Der Senat hat sich aber davon überzeugt, dass sich das Angebot der Beigeladenen einschließlich ihrer Präsentationsmappe nicht grundlegend von dem der anderen Bieter unterscheidet. Es kommt hinzu, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Planung, der Bauabschnitt 7, entfallen ist und es nur noch zu Überschneidungen mit der von der Beigeladenen entwickelten Zielplanung kommt. Wie sich in der mündlichen Verhandlung weiter herausgestellt hat, hat die Beigeladene bei ihren allgemeinen Fördergesprächen nur die allgemein bekannten und einschlägigen Förderstellen aufgesucht. Die zuständigen Förderstellen sind allgemein bekannt; auch das durchgeführte Gespräch bezüglich der allgemeinen Förderfähigkeit bietet keinen solchen Wissensvorsprung, dass ein Projektsteuerer dies bei seinem Angebot verwerten könnte. In der Wertung der örtlichen Präsenz klaffen keine großen Unterschiede zu den anderen Bietern; soweit die Wertung der Angebote auf die Erfahrung der Mitarbeiter abstellt, dürfen diese Kriterien bei der Zuschlagswertung nicht berücksichtigt werden (vgl. hierzu unten). ee) Jedenfalls aber haben die Antragsgegnerinnen einen etwaigen vorhandenen Wissensvorsprung in ausreichendem Maße ausgeglichen. Die geänderte Zielplanung ist allen Bietern mitgeteilt worden, so dass diese wussten, auf welche Planung sich die Projektsteuerung beziehen sollte. Die Kenntnis weiterer Einzelheiten war für die Abgabe eines günstigen Angebotes nicht erforderlich, wie schon die Tatsache zeigt, dass sämtliche Präsentationsmappen sich nicht mit diesen Einzelheiten befassen. 6. Die Antragsgegnerinnen haben aber mit ihrer Beschwerde insofern keinen Erfolg, als der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag zu Recht gerügt hat, dass die Wertung der Angebote durch die Antragsgegnerinnen nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, weil bei der eigentlichen Wertung Eignungs- und Zuschlagskriterien miteinander vermengt worden sind. Die Antragsgegnerinnen haben daher, wenn an der Vergabeabsicht festgehalten wird, neue Zuschlagskriterien aufzustellen, den bereits ausgewählten Teilnehmern die Abgabe neuer Angebote zu ermöglichen und die Wertung unter den bereits ausgewählten Teilnehmern anhand der neu aufgestellten Zuschlagskriterien zu wiederholen. a) Der Antragsteller hat diesen Verstoß rechtzeitig gerügt. Abgesehen davon, dass es fraglich ist, ob an der Rügeverpflichtung nach § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB noch festgehalten werden kann, konnte zum damaligen Zeitpunkt auch von einem fachkundigen Bieter noch nicht erwartet werden, dass er diese Rechtsprechung des EuGH und die vorausgehenden BGH-Entscheidungen kennt (OLG München vom 29.7.2010 – Verg 9/10). Die Rüge ist im Schriftsatz vom 29.12.2010, wenn auch äußerst knapp, erfolgt. b) Die Wertung der eingereichten Angebote entspricht nicht den Vorgaben von § 16 Abs. 3 VOF a.F.. Nach dieser Vorschrift berücksichtigt der öffentliche Auftraggeber auf die erwartete fachliche Leistung bezogene Kriterien, insbesondere Qualität, fachlicher oder technischer Wert, Ästhetik,…. und Preis/Honorar. Das bedeutet, dass auch im Rahmen der VOF grundsätzlich zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien zu trennen ist. Die Bewerberauswahl in der „ersten Stufe" des Verhandlungsverfahrens dient der Prüfung der Eignung der einzelnen Bewerber. Die Auswahl desjenigen Bieters, welcher den Zuschlag erhalten soll, dient demgegenüber der Frage, welcher Bewerber aufgrund der ausgehandelten Auftragsbedingungen im Rahmen der vorgegebenen Auftragskriterien die bestmögliche Leistung erwarten lässt, § 16 Abs. 4 VOF. Während demnach die Bewerberauswahl der Suche nach geeigneten Bietern dient, dient die Auswahl desjenigen Bieters, welcher den Zuschlag erhalten soll, der Suche nach der bestmöglichen Leistung unter den geeigneten Bietern. Da es sich im Bereich der VOF, wo es um die Erbringung von höchstpersönlichen Leistungen geht, bei der Vergabeentscheidung letztlich um eine Prognoseentscheidung handelt, wird es oft schwierig sein, hier einen scharfen und nachvollziehbaren Trennstrich zu ziehen. So wird in der Literatur (Müller/Wrede VOF 3. Aufl. § 16 Rn. 50) und der früheren Rechtsprechung (OLG Düsseldorf vom 23.7.2003 – Verg 27/03) in gewissem Rahmen eine Vermischung von personenbezogenen und auftragsbezogenen Aspekten für möglich angesehen. Ob diese Auffassung nach der Grundsatzentscheidung des EuGH (Urteil vom 12.11.2009 – C-197/07) noch aufrecht erhalten werden kann, erscheint zweifelhaft. Doch ist es jedenfalls allgemeine Meinung, dass es auch im Bereich der VOF nicht zulässig ist, eindeutig der Eignungsprüfung unterliegende Aspekte zum Gegenstand der Zuschlagswertung zu machen (vgl. Müller/Wrede aaO). b) Durch die Wertung der Merkmale „Erfahrung des für die Bearbeitung vorgesehenen Personals mit vergleichbaren Leistungen" und „Erfahrung in der Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten" haben die Antragsgegnerinnen eindeutig gegen den Grundsatz der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien verstoßen. Bei der Erfahrung handelt es sich um einen klassischen Aspekt der persönlichen Eignung des jeweiligen Bieters bzw. seiner Mitarbeiter. Es ist zwar richtig, dass es bei der Projektsteuerung um ein Vertrauensverhältnis geht, bei welchem es entscheidend auf das eingesetzte Personal ankommt. Doch ist zur Überprüfung der Eignung auch des Personals die erste Stufe des Verhandlungsverfahrens vorgesehen. Vor allem die Erfahrung, die letztlich aus Referenzen und Tätigkeiten aus zurückliegenden Aufträgen resultiert, ist kein auftragsbezogenes Merkmal, da sie eben gerade nicht mit dem ausgeschriebenen Auftrag zusammen hängt, welchen auch ein so genannter „Newcomer" ohne weiteres ausführen könnte. Der Senat ist auch nicht unbedingt der Auffassung, dass es sich bei der ausgeschriebenen Projektsteuerungsleistung um eine nicht beschreibbare Leistung handelt; hiergegen sprechen schon die vorliegenden Ausschreibungsunterlagen selbst, in welchen – unter Ausfüllung anhand der einschlägigen Regelwerke – klar die einzelnen Schritte der Projektsteuerung aufgeführt sind (vgl. zu diesem Problem Müller/Wrede aaO § 16 Rn. 50 und 51). Es leuchtet auch nicht ein, dass die Erfahrung des Personals und die Erfahrung in der Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten Qualitätsmerkmale der Auftragsdurchführung sein sollen, vor allem, nachdem die zuständigen Förderbehörden allgemein bekannt sind. c) Auf die Frage, ob die Präsentation des Antragstellers zutreffend bewertet worden ist, kommt es insoweit nicht mehr an. Doch weist der Senat darauf hin, dass die Präsentation als solche nicht als Zuschlagskriterium vorgesehen war und die Dokumentation, und zwar gerade diejenige zur Wertung, zeitnah erfolgen sollte. d) Das Ausschreibungsverfahren ist ab dem Zeitpunkt zu wiederholen, wo sich dieser Mangel ausgewirkt hat (vgl. hierzu OLG München vom 17.1.2008 – Verg 15/07). Da den Bietern die Zuschlagskriterien vor der Abgabe ihrer Angebote mitgeteilt werden müssen, damit sie ihre Angebote nach den Wünschen des Auftraggebers ausrichten können, haben die Antragsgegnerinnen, soweit sie an der Vergabeabsicht festhalten wollen, die Angebotsunteralgen erneut mit geänderten Zuschlagskriterien zu erstellen, den bereits ausgewählten Bietern zu übermitteln und anschließend die Wertung anhand dieser neuen Kriterien zu wiederholen. Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden, wenn Grundlage der Wiederholung das so genannte „Nebenangebot" wird. Es handelt sich faktisch nicht um ein Nebenangebot, vielmehr liegt ein Verzicht auf einen Teil der ursprünglichen Ausschreibung vor, also eine Teilaufhebung, welche möglich ist. Zudem haben sich im Rahmen der Verhandlungsgespräche alle Bieter mit der Vorgehensweise einverstanden erklärt, auch der Antragsteller. Eine entsprechende Rüge wäre daher auch treuwidrig. 7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO analog sowie §§ 120 Abs. 2, 78 Abs. 1 GWB. Der Senat bewertet das gegenseitige Obsiegen und Unterliegen mit einer Quote von 1/3 zu 2/3. Die Bestimmung des Streitwerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. 5% der Auftragssumme bzw. der Bruttoangebotssumme des Antragstellers für das Nebenangebot sind 31.974,34 Euro."
  6. OLG Naumburg, Beschl. v. 4.11.2010 – 1 Verg 10/10 – VergabeR 2011,493 – Rettungsdienstleistungen – unzulässige de-facto-Vergabe – Unwirksamkeit des Vertragsschlusses – Erforderlichkeit der vollständigen Neuausschreibung – keine vergaberechtsfreien Dienstleistungskonzessionen – Wechsel der Rechtsprechung während des Vergabeverfahrens – Neuverfahren als konkludente Aufhebung bisherigen Verfahrens – kein Wiederaufleben des Altverfahrens – vgl. u. Anhang 9. – Hinweise: Wenn eine Beschaffungsmaßnahme mehrere Jahre dauert, so ist dies für die Vergabestelle kaum zu verkraften. Zwischen 2008 und 2010 versuchte die Vergabestelle hier, die erforderlichen Rettungsdienstleistungen zu beauftragen. Ein Fehler folgte freilich bei einem Ablauf in zehn Stufen dem anderen. Insofern ist diese Entscheidung ein Musterbeispiel dafür, zu welchen Folgen Fehlverhalten führen kann, wenn man während der Vergabe dann auch noch das „Pech" hat, dass die Rechtsprechung sich ändert, was leider öfter vorkommt als man glaubt. Nach während des Laufs des Vergabe- und/oder Nachprüfungsverfahrens treffen wir derartige Änderungen an, zumal auch nicht selten eine Divergenzvorlage an den BGH unterbleibt oder der EuGH eine überraschende Entscheidung vorlegt. Ein Ablauf wie der nachfolgend dargestellte ist niemanden zu wünschen – s. hierzu unten Anhang 9 - Ablauf: 1. Aufhebung eines offenen Verfahrens – 2. Vertragsverhandlungen mit einem Bieter vorherige öffentliche Bekanntmachung und Aufforderung dieses Bieters zur Angebotsabgabe mit Verlängerung der Bindefrist ohne folgenden Vertragsschluss – 3. Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens - einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Halle – 4. erneutes Offenes Verfahren mit vier Losen und abweichender Laufzeit – 5. Eingang von fünf Angeboten auf verschiedene Lose - 6. Aufhebung infolge wesentlicher Änderungen der Grundlage der Ausschreibung wegen Mängeln der Leistungsbeschreibung - 7. keine weitere Ausschreibung - 8. Auftragserteilung an beigeladenen Bieter mit Schreiben vom 10.11.2009 für die Laufzeit vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2015 auf der Grundlage des Angebots der Beigeladenen vom 14.04.2008 (erstes Verfahren) ohne vorherige Information der übrigen Bieter des vorausgegangenen offenen Vergabeverfahrens über die Zuschlagserteilung – 9. Auskunftsersuchen und Interessenbekundung der Antragstellerin vom 1.11. und 18.11.2010 – 10. Mitteilung der Vergabestelle lediglich über die Durchführung eines neuen Verfahrens nach Auslaufen der Verträge und Zusicherung der Information der Antragstellerin – 11. Anfrage der Antragstellerin wegen einer in der Presse angedeuteten Interimsverlängerung mit der bisherigen Auftragnehmerin – 12. Rüge der Vergaberechtswidrigkeit der Verlängerung durch Antragstellerin 23.11.2009 – 13. Klarstellung der Vergabestelle am 24.11.2009 über Auftrag an bisherige Auftragnehmerin – Beigeladene - nicht nur als Vertragsverlängerung – 14. Einleitung von Nachprüfungsverfahren am 09.12.2009 wegen Vergaberechtswidrigkeit – 15. Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages durch Vergabekammer – 16. Sofortige Beschwerden der Beigeladenen und der Vergabestelle – 17. Zulässigkeit der sofortigen Beschwerden (form- und fristgemäß – Faxzusendung nicht maßgeblich für Fristlauf bei erfolgender späterer förmlichen Zustellung – 18. Bejahung der Antragsbefugnis –20. Unbegründetheit: „Wie die Vergabekammer im Ergebnis zu Recht angenommen hat, fehlt es in der Sache an einer vergaberechtlichen Grundlage für eine Zuschlagserteilung an die Beigeladene. Daher handelt es sich bei der Auftragserteilung um eine wettbewerbswidrige und deshalb nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB nichtige De-facto-Vergabe. Zur Herstellung der vergaberechtlichen Rechtmäßigkeit des Verfahrens kommt nur eine vollständige Neuausschreibung in Betracht. …. Die Übertragung der Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports ist - jedenfalls nach der derzeitigen Gesetzeslage in Sachsen-Anhalt - zwingend als Vergabeverfahren nach den §§ 97 ff GWB durchzuführen, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Senatsbeschluss vom 23.04.2009, 1 Verg 7/08, VergabeR 2009, 793 bis 798). Auch die Argumente im vorliegenden Verfahren bieten keine Veranlassung, von der jüngsten Rechtsprechung des Senats abzuweichen. - a) Bis 2008 war allerdings in der Rechtsprechung der beteiligten Obergerichte des Landes Sachsen-Anhalt einheitlich entschieden worden, dass eine Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung im Rettungswesen nicht bestehe (Rechtsprechung des Senats seit dem Beschluss vom 19.10.2000, 1 Verg 9/00, zuletzt Beschluss v. 15.07.2008, 1 Verg 5/08, VergabeR 2008, 821 bis 826, sowie des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Sachsen-Anhalt vom 21.12.2000, 1 M 316/00), weil der sachliche Anwendungsbereich des Vierten Teils des GWB nicht eröffnet sei. Dabei wurde festgestellt, dass die Vorschriften der §§ 97 ff. GWB über öffentliche Aufträge nicht anwendbar seien, da die im Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (zuletzt in der Fassung vom 21.03.2006,13 GVBI. 2006 S. 84, im Folgenden kurz: RettDG LSA) festgelegte, hoheitlich zu erteilende Berechtigung zur Leistungserbringung nicht mit der Rechtsnatur eines Auftragsverhältnisses vereinbar sei. Der erkennende Senat sah damals auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der nationale Gesetzgeber quasi selbstverständlich davon ausging, dass Tätigkeiten, die dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des § 99 GWB fallen (vgl. Senatsbeschluss vom 23.04.2009, a.a.O.). Auch der Landesgesetzgeber ging, nicht zuletzt auf Grund der ihm bei der Neufassung des Gesetzes 2006 bekannten Rechtsprechung davon aus, dass die Einhaltung der Regeln des Vierten Teils des GWB nicht zwingend sei, wie sich schon aus der Tatsache ergibt, dass er in § 11 Abs. 2 RettDG LSA nur eine analoge Anwendung der Vorschriften des Vierten Teils des GWB erwähnt, und auch diese nur als eine Möglichkeit vorgesehen hat. b) Danach hat jedoch der X. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 01.12.2008 (vgl. X ZB 31/08, BGHZ 179, 84 ff.) festgestellt, dass das zur Übertragung der Durchführung der Notfallrettung und des (qualifizierten) Krankentransports nach sächsischem Recht (§ 31 SächsBRKG) vorgesehene Auswahlverfahren als Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 1 GWB durchzuführen ist, wenn der Wert des abzuschließenden Vertrages den Schwellenwert im Sinne von § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. §§ 2, 3 VgV erreicht. Nach dieser grundlegenden Entscheidung des BGH ist für den Bereich des nationalen Rechts geklärt, dass das Vergaberecht zumindest für das sogenannte Submissionsmodell im Rettungsdienstwesen anwendbar ist (so auch OVG Sachsen-Anhalt, s. Beschluss vom 03.12.2009, 3 M 307/09). c) Die maßgeblichen Erwägungen der zitierten Entscheidung des BGH vom 01.12.2008 sind auch auf das Rettungswesen in Sachsen-Anhalt und damit auch auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Der erkennende Senat hat daher erstmals mit Beschluss vom 23.04.2009 (a.a.O.) entschieden, dass die Übertragung der Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports auch in Sachsen-Anhalt als Vergabeverfahren nach den §§ 97ff GWB durchzuführen ist. d) Dabei kann nach derzeitiger Rechtslage in Sachsen-Anhalt offen bleiben, ob für Rettungsdienstleistungen im Rahmen eines sogenannten „Konzessionsmodells" etwas anderes gelten könnte. Denn entgegen der zuletzt geäußerten Ansicht des Antragsgegners handelt es sich bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungsaufträgen in Sachsen-Anhalt jedenfalls nicht um vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzessionen. aa) In den Bundesländern bestehen für die Vergütung der Dienstleistungserbringer zwei unterschiedliche Modelle. Beim ersten, dem sogenannten „Submissionsmodell", werden Vergütungen oder andere Leistungen unmittelbar durch die Gebietskörperschaft erbracht. Beim zweiten, dem sogenannten „Konzessionsmodell", hat der Dienstleistungserbringer durch Erhebung von Entgelten bei den Patienten oder den Sozialversicherungsträgern selbst für seine Vergütung zu sorgen. bb) Nach Art. 1 Abs. 4 der RL 2004/18/EG (VKR) sind Dienstleistungskonzessionen Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Diese Definition ist, wie schon das OLG München dargelegt hat (vgl. OLG München, Beschluss vom 02.07.2009, Verg 05/09, VergabeR 5/2009, S. 781; NZBau 10/2009, S. 666), letztlich auf die EuGH-Entscheidung vom 7.12.2000 - C-324/98 (Tel-Austria) zurückzuführen und vom EuGH in weiteren Entscheidungen bestätigt worden (EuGH vom 30.5.2002 - C-358/00 und vom 21.7.2005 - C-231/03). Dienstleistungsaufträge sind dagegen nach Art. 1 Abs. 2a VKR die zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen. Während die Dienstleistungskonzession nach Art. 17 VKR grundsätzlich aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen ist, unterfällt ein Dienstleistungsauftrag den Regeln der Richtlinie. Es kommt daher entscheidend darauf an, wie die beiden Vertragstypen voneinander abzugrenzen sind. (vgl. OLG München, a.a.O.). Für die Dienstleistungskonzession ist dabei grundsätzlich eine Dreierbeziehung typisch, in welcher der öffentliche Auftraggeber dafür, dass der Auftragnehmer die Dienstleistung anbietet, keine unmittelbare Gegenleistung erbringt, sondern dem Auftragnehmer lediglich die Möglichkeit zur Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. OLG München. a.a.O.). cc) Legt man zutreffenderweise diesen Maßstab an, kann von einer Dienstleistungskonzession im Hinblick auf § 12 RettDG LSA keine Rede sein. In Sachsen-Anhalt besteht vielmehr ein „Submissionsmodell", wenn es auch von dem sächsischen Modell abweicht, das Gegenstand der Entscheidung des BGH vom 01.12.2008, X ZB 31/08, war. Schon die Kosten werden nicht im Verhältnis zwischen Leistungserbringer und Kostenträger ermittelt, sondern gemäß § 12 Abs. 1 RettDG LSA durch den Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes, also den öffentlichen Auftraggeber, und die Leistungserbringer. Auch die nach dem Gesetz vorgesehenen Benutzungsentgelte bedürfen der Vereinbarung u.a. mit dem Träger des Rettungsdienstes als öffentlichem Auftraggeber und einem anderen öffentlichen Auftraggeber, nämlich der Gesamtheit der Sozialversicherungsträger (Kostenträger). An das Ergebnis dieser dreiseitigen Vereinbarung sind die Auftragnehmer gebunden. Diese zentrale und gesetzlich normierte Einbindung des Rettungsdienstträgers in die Entgeltvereinbarung steht der Annahme einer Dienstleistungskonzession ebenso entgegen wie § 5 RettDG LSA, der dem Träger des Rettungsdienstes den Betrieb der Rettungsleitstellen aufträgt. dd) Der EuGH hat ohnehin schon ausdrücklich entschieden, dass es sich bei der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Notfall- und qualifizierte Krankentransportleistungen nach dem Rettungsdienstgesetz in Sachsen-Anhalt um Vergaben nach dem „Submissionsmodell" handelt (so Rdn. 131 des Urteils des EuGH vom 29.04.2010, Kommission/Deutschland C-160/08, VergabeR 4/2010, S. 617): „Nach alledem ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Notfall- und qualifizierte Krankentransportleistungen nach dem Submissionsmodell in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 10 der Richtlinie 92/50 in Verbindung mit Art. 16 dieser Richtlinie bzw., seit 1. Februar 2006, aus Art. 22 der Richtlinie 2004/18 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 4 dieser Richtlinie verstoßen hat, dass sie keine Bekanntmachungen über die Ergebnisse des Verfahrens zur Auftragsvergabe veröffentlicht hat." Entgegen der Ansicht der Beigeladenen und der Vergabestelle hat der EuGH mit diesem Urteil vom 29.04.2010 letztlich auch das Bestehen einer gemeinschaftsrechtswidrigen Praxis bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen für Rettungsdienstleistungen in Sachsen-Anhalt festgestellt und dabei das Vorliegen eines Submissionsmodells im Bereich des Rettungsdienstes in Sachsen-Anhalt bestätigt (s. o., Rdn. 131 des Urteils vom 29.04.2010, a.a.O.). Die Beschränkung der Feststellung des Gemeinschaftsrechtsverstoß auf die Verpflichtung zur Bekanntmachung vergebener Aufträge hatte dabei allein prozessuale Gründe. ee) Das Bundesland Bayern könnte sich dagegen für ein Konzessionsmodell entschieden haben, so jedenfalls die Ansicht des Generalanwalts in der Rechtssache C-274/09. Nur deshalb sieht der Generalanwalt, auf dessen Schlussanträge vom 09.09.2010 der Antragsgegner sich mehrfach ausdrücklich bezieht, die dortigen Rettungsdienstleistungen als vergaberechtsfrei an. Indem die Beigeladene und der Antragsgegner sich auf die Argumentation des Generalanwalts berufen, ignorieren sie den grundlegenden Unterschied zwischen den Rettungsdienstkonzepten in Bayern und Sachsen-Anhalt. Vor allem aber übersehen sie auch, dass der Generalanwalt selbst im sachsen-anhaltischen Rettungsdienstgesetz gerade kein Konzessionsmodell verwirklicht sieht. Vielmehr benennt auch er indirekt das Rettungsdienstwesen in Sachsen-Anhalt als Beispiel eines Submissionsmodells (vgl. Fußnote 5 der Schlussanträge vom 09.09.2010, C - 274 / 09 unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH und das Urteil des EuGH vom 29.04.2010, Kommission/Deutschland (C-160/08, VergabeR 4/2010, S. 617), für das nach der Rechtsprechung des EuGH die Regeln des Vergaberegimes gelten. e) Der EuGH stellte in dem zitierten Urteil auch klar, dass Rettungsdienstleistungen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG fallen: „ (...) ist zwischen den Verfahrensbeteiligten auch unstreitig, dass der Notfalltransport bzw. der qualifizierte Krankentransport, um die es in der vorliegenden Rechtssache geht, den Kategorien 2 bzw. 3 des Anhangs IA der Richtlinie 92/50 bzw. des Anhangs II Teil A der Richtlinie 2004/18 und zugleich der Kategorie 25 des Anhangs IB der Richtlinie 92/50 bzw. des Anhangs II Teil B der Richtlinie 2004/18 zuzurechnen sind, so dass die Aufträge, die derartige Dienstleistungen zum Gegenstand haben, in den Anwendungsbereich von Art. 10 der Richtlinie 92/50 bzw. von Art. 22 der Richtlinie 2004/18 fallen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24.09.1998, Tögel, C-76/97, Slg. 1998, 1-5357, Randnr. 40)." (vgl. EuGH, Urt. v. 29.04.2010, a.a.O., Rdn. 92). Der EuGH hat in diesem Urteil auch die Frage nach einer Bereichsausnahme gemäß Art. 51 AEUV (Art. 45 EG a.F.) und Art. 62 AEUV (Art. 55 EG a.F.) beantwortet und festgestellt, dass Rettungsdienstleistungen keiner solchen Bereichsausnahme unterfallen (vgl. EuGH, Urt. v. 29.04.2010, a.a.O., Rdn. 76 bis 86). f) In diese oben dargestellte Phase des „Paradigmenwechsels" (zwischen oben II. 1. a und c) fielen auch die Vergabeverfahren und die verwaltungsgerichtlichen Verfahren, auf die die Vergabestelle sich zur Begründung ihrer mehrfachen Aufhebung von Vergabeverfahren beruft. Der Wechsel der für Sachsen-Anhalt maßgeblichen Rechtsprechung vermag zwar die nach Ansicht des Senats erkennbare Unsicherheit der Vergabestelle über die Notwendigkeit einer europaweiten Ausschreibung zu erklären. Diese Unsicherheit ändert aber letztlich nichts an der rechtlichen Notwendigkeit, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen innerhalb eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens nach den §§ 97ff. GWB zu vergeben. 2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt und ihre Nachprüfungsanträge sind zulässig. a) Die allgemeinen Voraussetzungen sind erfüllt und die Antragsbefugnis der Antragstellerin nach § 107 Abs. 2 GWB ergibt sich schon aus der Tatsache, dass sie mit der Abgabe eines Angebots im letzten förmlichen offenen Verfahren dokumentiert hat, dass sie zum Kreis potentieller Bieter für die streitgegenständlichen Dienstleistungen gehörte. b) An einer neuerlichen oder weiteren Angebotsabgabe war die Antragstellerin gehindert. Im Rahmen der Rechtsprechung zur Antragsbefugnis ist anerkannt, dass ein Nichtbieter gleichwohl sein Interesse am Auftrag hinreichend bekundet hat, wenn er berechtigt geltend machen kann, an der Abgabe eines aussichtsreichen Angebots gehindert worden zu sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 29.10.2008, Vll-Verg 35/08; OLG München, Beschluss vom 02.08.2007, Verg 7/07, VergabeR 2007, 799; Thüringer OLG, Beschluss vom 06.06.2007, 9 Verg 3/07, VergabeR 2007, 678). Ein Angebot mit Zuschlagschancen konnte die Antragstellerin nachvollziehbar nicht abgeben, weil der Beschaffungsbedarf des Antragsgegners nach Aufhebung des letzten Vergabeverfahrens nicht transparent und für die Antragstellerin nicht erkennbar war. c) Der Zugang der Antragstellerin zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz ist hier noch eröffnet. Dass ein Auftrag an die Beigeladene bereits erteilt wurde, steht der Zulässigkeit der Nachprüfungsanträge nicht entgegen, denn die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren gerade über die Wirksamkeit der Zuschlagserteilung, von der auch die Begründetheit der Anträge abhängt. Der Vergabestelle ist zwar zuzustimmen, dass ein Nachprüfungsverfahren nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Zuschlag bereits vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens wirksam erteilt wurde (§114 Abs. 2 Satz 1 GWB). Die Vergabestelle verkennt aber, dass ein unwirksamer Zuschlag diese Folge nicht hat. Voraussetzung für die Unwirksamkeit eines Zuschlages nach § 101 b GWB ist, dass der Auftraggeber entgegen § 101a GWB die Benachrichtigung der Bieter entweder ganz unterlassen hat, diese Mitteilung nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt hat oder er den Auftrag vergaberechtswidrig ohne (jegliche) Ausschreibung erteilt hat (vgl. § 101 b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB). Die letzte Variante könnte hier vorliegen (s. dazu unten Ziff. II. 3), was im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung bei schlüssigem Vorbringen zu unterstellen ist. d) Auch im Hinblick auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Rügen teilt der Senat die Auffassung der Vergabekammer. Die Nachprüfungsanträge waren nach der Neuregelung in § 101 b Abs. 2 Satz 1 GWB fristgerecht. aa) Wollte man demgegenüber mit einer der im Laufe des Verfahrens von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen vertretenen Ansichten davon ausgehen, dass die Vergabestelle den Zuschlag noch auf das von der Beigeladenen in dem zweiten Vergabeverfahren offerierte Angebot vom 23.04.2008 erteilt hat, wäre die Frist ohnehin nicht maßgeblich, wie die Antragstellerin zu Recht betont. Denn dann wäre das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in seiner bis zum 22.04.2009 geltenden Fassung anzuwenden. Damals gab es eine der heutigen Regelung in § 101 b Abs. 2 Satz 1 GWB entsprechende Vorschrift nicht. Die Rügefrist des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a.F. wäre gewahrt. Selbst nach dem Vorbringen der Vergabestelle ist eine positive Kenntnis von dem am 19.11.2009 gerügten Vergabeverstößen frühestens am 19.11.2009 begründet worden. Vorher bestand nicht einmal der Verdacht eines Vergabeverstoßes. Vielmehr hatte die Vergabestelle die Antragstellerin selbst auf deren Anfragen vom November 2009 noch mit Schreiben vom 19.11.2009 über die Einzelheiten der Auftragserteilung im Unklaren gelassen. Jedenfalls ist die Rüge noch am Tage nach Kenntnis verfasst und beim Antragsgegner angebracht worden, mithin unverzüglich im Sinne von § 121 BGB. bb) Geht man mit dem Senat und in Übereinstimmung mit dem jüngsten Vorbringen der Vergabestelle und der Beigeladenen in rechtlich zutreffender Wertung ohnehin von einem Vertragsschluss am 9. oder 12. November 2009 auf der Grundlage der erst zu diesem Zeitpunkt mündlich bzw. konkludent abgegebenen oder zumindest notwendigerweise erneuerten Angebots- und Abnahmeerklärungen aus, beginnt der Fristlauf frühestens ab Zugang des Schreibens der Vergabestelle vom 24.11.2009. Damit sind die am 09.12.2009 eingeleiteten Nachprüfungsverfahren nach neuem Recht ebenfalls rechtzeitig binnen eines Monats eingeleitet worden. Dies gilt erst Recht für die bei einer De-facto-Vergabe maßgebliche Höchstfrist von 6 Monaten nach § 101b Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GWB, auf die die Antragstellerin sich zu Recht beruft. cc) Die Rügen der Antragstellerin waren auch inhaltlich ausreichend. Ein Bieter, der im Rahmen einer De-facto-Vergabe eine Rechtsverletzung erkennt, kann nicht mehr rügen, als das, was ihm aufgrund der fehlenden Transparenz einer De-facto-Vergabe bekannt ist. Da die Antragstellerin aufgrund von Pressemitteilungen lediglich von einer Interimsvergabe ausging, konnte sie auch nur das zum Gegenstand ihrer Rüge machen. Es kommt hinzu, dass die Vergabestelle mit ihrem Schreiben vom 19.11.2009 die Antragstellerin über den tatsächlichen Inhalt der von der Vergabestelle mit der Beigeladenen geschlossenen Verträge und die Vertragsdauer im Unklaren gelassen hatte. Schließlich hat es an dem eigenen Verhalten der Vergabestelle gelegen, dass die Antragstellerin keine genauen Kenntnisse von der tatsächlichen Vertragsgestaltung hatte. e) Soweit die Vergabestelle meint, sie könne sich auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis mit der Begründung berufen, dass kein einziger Bieter einen vergaberechtlichen Nachprüfungsantrag bezogen auf das frühere Vergabeverfahren gestellt habe, versucht sie, die tatsächlichen Verhältnisse umzudrehen. In den Vergabeverfahren, die der Auftragserteilung vorausgingen, bestand letztlich keine Veranlassung für solche Anträge, weil die Verfahren von der Vergabestelle ohnehin aufgehoben worden waren. Selbst wenn ein Bieter in einem der Verfahren einen Nachprüfungsantrag gestellt hätte, wäre er spätestens mit der Aufhebung erledigt gewesen. Daher trifft eher das Gegenteil der Argumentation der Vergabestelle zu. Wenn ein Bieter oder Interessent in einem der aufgehobenen Verfahren Nachprüfungsanträge gestellt hätte, hätte ihm letztlich in jenen Verfahren das Rechtsschutzinteresse gefehlt, nachdem die Vergabestelle von einer Zuschlagserteilung Abstand genommen und die Verfahren ausdrücklich aufgehoben hatte. Dass ein Bieter auf die erklärte Aufhebung eines Vergabeverfahrens durch die Vergabestelle vertraut hat, schließt nicht aus, dass er sich später gegen eine direkte Zuschlagserteilung wendet, die außerhalb jedes Vergabeverfahrens umgesetzt wird. f) Dem Ziel des Nachprüfungsverfahrens, eine erneute Ausschreibung der Dienstleistung zu erreichen, steht eine bestandskräftige Genehmigung nach § 11 RettDG LSA ebenfalls nicht entgegen. aa) Soweit die Beigeladene und die Vergabestelle das Rechtsschutzbedürfnis der Nachprüfungsanträge - und damit die Antragsbefugnis der Antragstellerin - im vorliegenden Vergabeverfahren mit der Begründung in Zweifel ziehen, nach Erteilung einer öffentlichrechtlichen Genehmigung zur Durchführung von Rettungsdienstleistungen sei einer vergaberechtliche Anfechtung nicht mehr möglich, verkennen beide grundlegend die Bedeutung des § 11 RettDG LSA und das Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlicher Genehmigung und vergaberechtlicher Zuschlagserteilung. bb) Die Frage, ob die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/18/EG auch dann einzuhalten sind, wenn der öffentliche Auftraggeber den Auftrag in Form eines Verwaltungsaktes erteilt, hat der EuGH in der Rs. C-160/08 zwar nicht ausdrücklich entschieden. Dem Urteil ist jedoch, wie die Antragstellerin zu recht vorträgt, zu entnehmen, dass der EuGH das Vorliegen einer Genehmigung jedenfalls nicht als Hindernis für die Anwendbarkeit des europäischen Vergaberechts ansieht (vgl. EuGH, Urt. v. 29.04.2010, a.a.O., Rdn. 20, 27). Das entspricht auch der allgemeinen Rechtsauffassung im Vergaberecht, dass die Anwendbarkeit des Vergaberegimes von der gewählten Rechtsform unabhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 01.12.2008, a.a.O.). Das Gemeinschaftsrecht kennt die im deutschen Recht herrschende strikte Unterscheidung zwischen Verwaltungsakt und Vertrag ohnehin nicht. Nach der Rechtsprechung des EuGH unterfällt jede vertragliche Vergabe, auch wenn ihr eine öffentlich-rechtliche Genehmigung vorausgehen oder folgen muss - ja selbst wenn die Genehmigung sie ersetzt - grundsätzlich dem europäischen Vergaberecht, EuGH, a.a.O., Rdn. 23, 90, 92). Wie die Antragstellerin zutreffend ausgeführt hat, gibt es gemeinschaftsrechtlich keinen vergabefreien öffentlich-rechtlichen Vertrag oder Verwaltungsakt der die Anwendung des Vergaberechts trotz im Übrigen erfüllter Voraussetzungen ausschließen könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 18.12.2007 - Rs. C-220/06, Rdn. 50, 54 f., VergabeR 2008, 196, 200). cc) Dem steht auch die Rechtsprechung des OVG nicht entgegen. Denn das OVG ist bei seinen Entscheidungen (vgl. zuletzt Beschluss vom 03.12.2009, 3 M 307/09) zu den Voraussetzungen des § 11 RettDG LSA davon ausgegangen, dass Verstöße gegen Bestimmungen des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der VOL/A oder der Vergabeverordnung für das Verwaltungsverfahren zur Erteilung der Genehmigung als solche nicht maßgeblich seien, da der Gesetzgeber dem Träger des Rettungsdienstes zwar vor der Erteilung einer Genehmigung nach §§ 3 Abs. 2, 11 Abs. 1 RettDG LSA die Verpflichtung zur Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung auferlegt habe, nicht jedoch zwingend die Durchführung eines Vergabeverfahrens nach Maßgabe des Vierten Teils des GWB. Diese Entscheidung steht, da sie sich ausschließlich auf die öffentlich-rechtliche Genehmigung der Leistungserbringung beschränkt, auch nicht im Widerspruch zur oben zitierten Rechtsprechung des BGH. Im nationalen Rechtskontext ist nicht die öffentlichrechtliche Genehmigung, ggf. eine Dienstleistung zu übernehmen, sondern nur die privatrechtliche Auftragserteilung selbst dem Vergaberegime unterworfen. dd) Mit der vom Antragsgegner erteilten Genehmigung nach § 11 RettDG LSA ist sowohl nach dem RettDG LSA als auch nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes nicht das Recht verbunden, die genehmigten Rettungsdienstleistungen ohne Ausschreibung zu erbringen oder gar andere Bieter auszuschließen. Dementsprechend könnte der Antragsgegner jederzeit auch einem anderen Leistungserbringer eine entsprechende Genehmigung nach § 11 RettDG LSA erteilen, wenn er durch Erteilung des Zuschlags zum neuen Leistungserbringer im Sinne von § 11 Abs. 1 RettDG wird und die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Erteilung der Genehmigung in Gestalt eines Verwaltungsaktes einerseits und die Erteilung eines Zuschlags im Sinne des § 97 Abs. 5 GWB sind sowohl materiellrechtlich als auch verfahrensrechtlich streng zu unterscheiden und schließen sich in ihrer Wirksamkeit nicht gegenseitig aus, wie wohl auch das Oberverwaltungsgericht stets angenommen hat (vgl. Beschluss vom 02.02.2009, 3 M 555/08, NZBau 2009, 362 und zuletzt Beschluss vom 03.12.2009, 3 M 307/09). 3. Zu Recht hat die Vergabekammer im vorliegenden Fall festgestellt, dass die Auftragserteilung an die Beigeladene unter Verletzung der §§ 97 ff GWB außerhalb eines Vergabeverfahrens erfolgt ist. a) Das erste Vergabeverfahren zur Erteilung des Auftrags für Rettungsdienstleistungen im xxx wurde mit Bekanntmachung vom 17.01.2008 eingeleitet. Es handelte sich um ein offenes Verfahren, das jedoch nicht zu Ende geführt wurde. Nach Ausschluss des einzigen eingegangenen Angebots hat die Vergabestelle das Verfahren ausdrücklich aufgehoben. Es konnte danach nicht mehr Grundlage für eine Zuschlagserteilung sein. Auf das Ergebnis jenes ersten offenen Verfahrens bezog sich die Auftragserteilung an die Beigeladene auch unstreitig nicht. b) Daraufhin hat die Vergabestelle mit der Beigeladenen einseitig weiter verhandelt. Ob in diesem Vorgehen überhaupt ein zulässiges Verhandlungsverfahren oder ggf. ein zweites Vergabeverfahren gesehen werden kann, obwohl es an einer Bekanntmachung fehlte, und ob die Verhandlungen allein mit der Beigeladenen ohne Weiteres zulässig waren, erscheint dem Senat sehr zweifelhaft. Diese Frage kann indes offen bleiben. Denn jedenfalls wurde das von ihr so genannte Verhandlungsverfahren mit der Beigeladenen durch die Vergabestelle beendet, als sie für die Vergabe derselben Leistungen erneut eine Ausschreibung im offenen Verfahren veranlasst hat. aa) Die Vergabestelle kann sich im Nachhinein nicht darauf berufen, dass sie das Verhandlungsverfahren mit der Beigeladenen nicht ausdrücklich ihr gegenüber oder öffentlich beendet hat. Denn zum einen hat sie schon die Einleitung dieses Verhandlungsverfahrens nicht bekannt gemacht. Zum anderen liegt jedenfalls in der Bekanntmachung eines neuen Vergabeverfahrens, das dieselbe Leistung zum Gegenstand hat, in der Regel für alle potentiellen Bieter erkennbar und zumindest konkludent auch die Aufhebung eines etwaigen vorausgegangenen Vergabeverfahrens über diese Leistung, die nur einmal vergeben werden kann. bb) Von einem Wiederaufleben des Verhandlungsverfahrens nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 03.12.2009 kann ebenfalls keine Rede sein. Denn für die Frage der Wirksamkeit der Beendigung des Verhandlungsverfahrens und der Neuausschreibung im offenen Verfahren kommt es nicht darauf an, ob die Vergabestelle sich hierzu aus freien Stücken entschlossen hat, oder ob die Maßnahme auf eine gerichtliche Entscheidung zurückgeht. Maßgeblich ist allein der Empfängerhorizont einer unbestimmten Zahl potentieller Bieter, die allein aus der Ausschreibung im offenen Verfahren den Schluss ziehen durften, dass ein anderes Vergabeverfahren über dieselbe Leistung nicht oder jedenfalls nicht mehr besteht. Ob ein beendetes Vergabeverfahren trotz dieser bieterschutzrechtlichen Aspekte „wieder aufleben" könnte, wenn dies durch ein Verwaltungsgericht ausdrücklich angeordnet wird, bedarf hier keiner Entscheidung, weil das Verwaltungsgericht eine Fortsetzung des Verhandlungsverfahrens nicht angeordnet hat. c) Das neue, wieder auf einer Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 17.12.2008 beruhende offene Vergabe verfahren hatte zwar im Wesentlichen dieselbe Leistung zum Inhalt, die auch Gegenstand des später an die Beigeladene erteilten Auftrages ist, wenngleich die Leistung in dieser Ausschreibung territorial in die Rettungswache xxx (Los A), die Rettungswache xxx (Los B), Rettungswache xxx (Los C) und Rettungswache xxx (Los D) aufgeteilt wurde. Dennoch kann auch dieses letzte Vergabeverfahren keine rechtliche Grundlage für die streitige Zuschlagserteilung bieten, weil dieses neue Vergabeverfahren durch die Vergabestelle ebenfalls ausdrücklich ergebnislos aufgehoben wurde. 4. Fehlt es nach alledem an der notwendigen vergaberechtlichen Grundlage für die Auftragserteilung am 09.11.2009, so handelt es sich um eine wettbewerbswidrige und deshalb nichtige De-facto-Vergabe. Denn ein Vertrag ist gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB von Anfang an unwirksam, wenn der Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist und dieser Verstoß in einem zulässigen Nachprüfungsverfahren nach Absatz 2 festgestellt worden ist. 5. Aber selbst wenn man dem Senat in der Bewertung der Auftragserteilung als De-facto-Vergabe nicht folgen, sondern unterstellen wollte, dass der Zuschlag innerhalb eines Vergabeverfahrens erfolgt sei, wäre der Zuschlag nach der Rechtsansicht des Senats unwirksam. Denn der Antragsgegner hat es jedenfalls pflichtwidrig versäumt, die Antragstellerin über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene vorab zu informieren und die Wartefrist des § 101 a Abs. 1 GWB einzuhalten, weshalb der durch die Zuschlagserteilung geschlossene Vertrag auch in dieser theoretischen, vom Senat nicht festgestellten Variante nichtig wäre. Eine entsprechende Anwendung der §§ 101 a und 101b GWB kommt wie früher diejenige des § 13 VgV (vgl. Senatsbeschluss vom 03.09.2009, 1 Verg 4/09, VergabeR 2009, 933 ff.) in Betracht für potenzielle Bieter, die an einer Beteiligung im Vergabeverfahren mit einem Angebot objektiv vergaberechtswidrig gehindert worden waren (vgl. Senatsbeschluss v. 25.09.2006, 1 Verg 10/06, VergabeR 2007, 255; OLG Dresden, Beschluss v. 14.02.2003, W Verg 11/01 - WuW 2004, 350; Noch, Vergaberecht kompakt, 4. Aufl. 2008, Rdn. 117, jeweils m.w.N.; a.A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.03.2008, 17 Verg 8/07, VergabeR 2008, 985 in einem obiter dictum; krit. auch Conrad, VergabeR 2007, 258). Denn ein Unternehmen, welches im Zusammenhang mit einem konkreten Vergabeverfahren sein Interesse am Auftrag bekundet hat und nur durch ein vergaberechtswidriges Verhalten der Vergabestelle von einer Angebotsabgabe abgehalten wurde, ist bereits Träger von subjektiven Rechten im Vergabeverfahren. Die Antragstellerin gehörte deshalb auch bei Unterstellung der genannten Variante in entsprechender Anwendung des § 101 a GWB zum Kreis der vorab zu informierenden Beteiligten des Vergabeverfahrens. Denn die Rechtsprechung hatte schon vor Inkrafttreten des § 101 a GWB im Hinblick auf den Normzweck des damals entscheidenden § 13 VgV dessen entsprechende Anwendung in weiteren Fällen vorgenommen. Dies betrifft Unternehmen, die zwar im laufenden förmlichen Vergabeverfahren bzw. materiellen Vergabevorgang kein Angebot abgegeben haben, aber in einem vorangegangenen förmlichen Verfahren zur Vergabe desselben Auftrags eine Bieterstellung erlangt hatten (vgl. Senatsbeschluss vom 03.09.2009, 1 Verg 4/09; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 23. und 24.02.2005, Vll-Verg 78/04, NZBau 2005, 537 f., IBR 2005, 231; Senatsbeschluss vom 15.03.2007, 1 Verg 14/06, VergabeR 2007, 512), ebenso wie Unternehmen, die zwar im Rahmen der Auftragsverhandlungen über eine Zwischenlösung bis zur endgültigen Auftragserteilung nicht beteiligt worden waren, aber sich an der vorangegangenen aufgehobenen Ausschreibung mit einem Angebot beteiligt hatten (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 24.01.2008, W Verg 0010/07, VergabeR 2008, 567). So läge der Fall auch hier. Die zitierten Entscheidungen beruhen letztlich auf einer einheitlichen Betrachtung des gesamten materiellen Beschaffungsvorgangs. Stellt man diese an, käme man selbst bei Unterstellung eines schwebenden Vergabeverfahrens nicht umhin, eine Verpflichtung der Vergabestelle zur Unterrichtung der Antragstellerin zu bejahen, die sogar mit Schreiben vom 01.11. und 18.11.2009 gegenüber der Vergabestelle ausdrücklich ihr weiterhin bestehendes Interesse am Erhalt der Aufträge über Rettungsdienstleistungen im bekundete und um Auskunft bat, wann denn mit einer Neuausschreibung zu rechnen sei. Die Entscheidung des OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.07.2010, Verg W 4/09, gebietet nicht die Vorlage gemäß § 124 Abs. 2 GWB, denn zum Einen beziehen sich die vorstehenden Ausführungen auf eine vom Senat hier nicht festgestellte Variante (obiter dictum), zum Anderen war die Wirksamkeit der dort zu beurteilenden Auftragserteilungen - anders als im Streitfall - nicht nach der für De-facto-Vergaben nunmehr geltenden Regelung des § 101 b GWB, sondern gem. § 131 Abs. 8 GWB n.F. nach den vor dem 24. April 2009 geltenden vergaberechtlichen Vorschriften zu beurteilen. 6. Zur Herstellung eines rechtmäßigen Vergabeverfahrens kommt nur eine Neuausschreibung der Rettungsdienstleistungen in Betracht, wie die Vergabekammer zu Recht festgestellt hat. Der Auftrag ist, wie oben ausgeführt, nicht innerhalb eines Vergabeverfahrens erteilt worden und eine wirksame Zuschlagserteilung bzw. einen wirksamen Vertragsschluss liegen nicht vor. Da alle bisher geführten Vergabeverfahren ausdrücklich aufgehoben bzw. durch Neuausschreibung beendet wurden und im Übrigen das letzte offene Verfahren von der Vergabestelle selbst wegen Mängeln in der Leistungsbeschreibung als nicht durchführbar angesehen und ebenfalls aufgehoben wurde, wird die Vergabestelle die Rettungsdienstleistungen insgesamt neu ausschreiben müssen, wenn sie sie nicht selbst durchführen will. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO analog. Die Bestimmung des Gebührenstreitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Die Höhe ergibt sich aus der Bruttoauftragssumme für 6 Jahre, wobei der Senat im Hinblick auf die Geheimhaltungsinteressen der Beigeladenen davon abgesehen hat, den exakten Wert des Vertragsangebots wiederzugeben. Für die Kostenberechnung reicht die Kenntnis der Gebührenstufe aus.

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