Unterauftragnehmer - §§ 26 UVgO, 36 VgV

Insofern sind §§ 26 UVgO, 36 VgV zu beachten - Einzelheiten in den  Vergabeunterlagen festzulegen.

Subunternehmer – wahrheitswidrige Angaben - EuGH, Urt. v. 03.06.2021, C - 210 – 20 – Rad Service – Italien – automatischer Ausschluss (unzulässig)wahrheitswidrige Angaben eines Subunternehmers als Ausschlussgrund ohne zumindest Gestattung zum Ersatz des Subunternehmens - Art. 49, 56 AEUV, Art. 63 der RL 2014/24/EU – Tenor: Art. 63 der Richtlinie 2014/24/EU ... ist unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen der öffentliche Auftraggeber einen Bieter automatisch von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auszuschließen hat, wenn ein Hilfsunternehmen, dessen Kapazitäten er in Anspruch nehmen möchte, eine wahrheitswidrige Erklärung zum Vorliegen rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen vorgelegt hat, ohne dem Bieter in einem solchen Fall vorschreiben oder zumindest gestatten zu dürfen, dieses Unternehmen zu ersetzen.

Kommentierung Bartl/Bartl/Schmitt, UVgO, § 26:

Kommentierung

1.1. Einsatz von Unterauftragnehmern

Die Vorschrift entspricht leider weitgehend §§ 36, 47 VgV. Es ist zwar nicht zu bestreiten, dass der Einsatz von Subunternehmern auch im unterschwelligen Bereich bedeutsam ist. Ob allerdings die fehlende Regelung in § 6 VOL/A durch diese ausufernde Bestimmung ersetzt werden musste, ist fraglich.

In der Vorschrift sind die Pflichten des Auftraggebers und vor allem des Auftragnehmers erheblich erweitert worden. Insofern ist auf § 128 I GWB („Auftragsausführung“) zu verweisen. Insbesondere die eigene Prüfungspflicht des Auftraggebers hinsichtlich des Unterauftragnehmers nach § 26 V UVgO (vgl. auch § 36 V VgV) geht über das bisherige Recht hinaus, sofern man von Landesvergabegesetzen etc. absieht.

 

 

1.2. Selbstausführungspflicht

Grundsätzlich darf der Auftragnehmer Erfüllungsgehilfen – also Unterauftragnehmer - einsetzen. Insofern bestehen zunächst keine Schranken. Allerdings ist § 26 VI UVgO (§ 47 V VgV) zu beachten. Danach kann für die Ausführung aller oder bestimmter Leistungen, nicht also nur für „bestimmte kritische Aufgaben“ (§ 47 V VgV) vorgeschrieben werden, dass diese Aufträge bzw. Auftragsteile von dem Bieter selbst (bzw. einem Mitglied der Bietergemeinschaft) ausgeführt werden müssen. Das ist eine erhebliche Einschränkung im Vergleich zur oberschwelligen Vergabe.

Vgl. zu § 36 VgV Bartl, VgV, § 36 Anm. 1; zum Selbstausführungsgebot Amelung, Steffen, Das unzulässige Selbstausführungsgebot, NZBau 2017, 139; Kirch, Thomas, Der neue Weg zum Hoflieferantgen, NZBau 2016, 742;Stoye, Jörg, Die Renaissance des Selbstausführungsgebots und seine (Vor)Wirkung bereits vor Umsetzung des neuen Richtlinienpakets, VergabeR 2015, 647; vgl. im Übrigen BGH, Urt. v. 10.6.2008 - X ZR 78/07 - zur Nachunternehmererklärung; Zur Vorlage des Nachunternehmerverzeichnisses VK Sachsen, 28.08.2015 - 1/SVK/020-15 - auch Sub-Sub-Unternehmer sind aufzuführen; VK Sachsen-Anhalt, 24.02.2014 - 3 VK LSA 2/14 – Ausschluss wegen fehlender Angabe zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz.

 

Dem Auftraggeber ist insofern Ermessen („kann“) eingeräumt. Hier sind allerdings „mittelständische Interessen“ „vornehmlich zu berücksichtigen“. Gerade für mittlere und kleinere Unternehmer war das „Selbstausführungsgebot“ ein Teilnahmehindernis. Die jetzige Konzeption zwingt zu Bietergemeinschaften oder zum Verzicht auf ein Angebot. Die Ermessensentscheidung sollte daher auch im unterschwelligen Verfahren nur mit konkreten Gründen für den Ausschluss des Nachunternehmereinsatzes getroffen werden.

Abgesehen von diesem wohl auch zu weitgehenden „Selbstausführungsgebot“ muss der Auftragnehmer keine Leistungen selbst erbringen. Insofern bleibt es bei der bisherigen Rechtslage.

Bartl, VgV, § 35 Anm. 1; auch Müller-Wrede, Malte, OL/A, § 7 EG VOL/A Rn. 135, m. zahlr. Nachw. der bisherigen Rechtspr. und Lit.

 

  1. Angabe der Ausführung durch Dritte im Angebot

Der Auftragnehmer hat nach § 26 I S. 1 UVgO die entsprechenden Auftragsteile bei Angebotsabgabe anzugeben, die von Dritten ausgeführt werden sollen. Sofern dies für ihn „zumutbar“ (z. B. geringer Zahl der Unterauftragnehmer) ist, hat er entsprechend der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen die betreffenden Unterauftragnehmer zu benennen. Auch das entspricht weitgehend bisherigem Recht. Dritte in diesem Sinne sind sämtliche von dem Auftraggeber rechtlich getrennt zu betrachtenden Unternehmen (z. B. juristische Personen), nicht jedoch eigene Niederlassungen oder unselbständige Organisationseinheiten.

Bartl, VgV, § 36 Anm. 2; vgl. auch Müller-Wrede, Malte, VOL/A, § 7 EG VOL/A Rn. 127;

 

Nicht zumutbar ist diese Angabe dann, wenn für den Auftragnehmer vor Angebotsabgabe ein erheblicher oder unverhältnismäßiger Aufwand z. b. durch die Klärung der Vorfragen mit den Subunternehmern entstünde. Allerdings ist dies wegen des niedrigeren Auftragswerts im unterschwelligen Verfahren kaum anzutreffen.

Vgl. allerdings BGH, Urt. v. 3.4.2012 – X ZR 130/10 - Kreisstraßenausbau; hierzu auch Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 5, 6, für das oberschwellige Verfahren; auch Bartl, VgV, § 36 Anm. 2.

 

Nicht grundlos wird nach den Umständen des Einzelfalls empfohlen, die konkrete Benennung erst vor dem Zuschlag auf Anforderung und nicht mit Angebotsabgabe vorzusehen (s. u. Anm. 3.).

Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 7,8.

 

 

 

 

  1. Benennung und Nachweis vor Zuschlagserteilung

 

Vor Zuschlagserteilung kann der Auftraggeber nach § 26 S. 2 UVgO verlangen, dass der Bieter die Unterauftragnehmer benennt, falls dies nicht bereits geschehen ist (s. o. Anm. 2) und sich nicht verändert hat.

 

Ferner kann der Nachweis verlangt werden, dass dem Bieter die erforderlichen Mittel dieser Unterauftragnehmer zur Verfügung stehen. Dies erfolgt im Regelfall durch eine entsprechende „Verpflichtungserklärung“ des Nachunternehmers, die entsprechende Vereinbarungen („Vertrag mit Bedingung der Zuschlagserteilung“) zwischen Bieter und seinem Nachunternehmer voraussetzt. Da diese „Vorverträge“ teils erheblichen Aufwand erfordern, darf der Auftraggeber das nur von den Bietern verlangen, deren Angebote in die engere Wahl kommen. Das sind die Bieter, die nach der Wertung z. B. auf den vorderen drei Rangplätzen stehen. Dadurch soll der Aufwand der Bieter in Grenzen gehalten werden.

Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 7, 8; Bartl, VgV, § 36 Anm.3; zum bisherigen Recht  Müller-Wrede, Malte, OL/A, § 7 EG VOL/A Rn. 135, m. zahlr. Nachw. der bisherigen Rechtspr. und Lit.

 

  1. Unterauftragnehmer, Eignungsleihe und weitere Dritte

 

Unterauftrag und Eignungsleihe (vgl. § 34 UVgO) sind zu unterscheiden. Der Unterauftragnehmer führt die Leistung für den Auftragnehmer aus. Soweit der Auftragnehmer seine eigene Leistungsfähigkeit (wirtschaftlich, technisch etc.) durch die Einbindung anderer Unternehmen ergänzt, „auffüllt“, liegt Eignungsleihe vor.

Vgl. zu den Begriffen Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 2 ausführlich und m. w. Nachw.

Ein Bieter, der die Beauftragung eines Teils des Auftrags an einen Dritten als Unterauftrag beabsichtigt und sich zugleich hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit auf die „Kapazitäten“ dieses Dritten gemäß § 34 UVgO (vgl. auch §§ 45 und 46 VgV) stützt, kombiniert Unterauftrag und Eignungsleihe.

Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 10.

In diesen Fällen ist nach § 26 I S. 3 UVgO ist auch § 35 UVgO anzuwenden (vgl. auch 47 VgV) anzuwenden.

Keine Unterauftragnehmer sind Lieferanten, Vermieter von Geräten und Personal, Transportunternehmer. Allerdings kommt insofern Eignungsleihe in Betracht.

Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 2 a. E., m. w. Nachw.

  1. Haftung des Auftragnehmers
  • 26 II UVgO (vgl. § 36 II VgV) ist deklaratorisch. Die Haftung für Erfüllungsgehilfen bei der Ausführung der Leistung richtet sich nach § 278 BGB. Daran soll § 26 II UVgO nichts ändern. Das gilt auch hinsichtlich sonstiger Pflichten des Unterauftragnehmers.

 

  1. Mitteilungspflichten des Auftragnehmers

 

6.1.Mitteilungspflichten in den Vertragsbedingungen

  • 26 IV UVgO gibt dem Auftraggeber das Recht,

in den Vertragsbedingungen vorzuschreiben, dass der Auftragnehmer mitteilt

- spätestens bei Beginn der Auftragsausführung

- die Namen,

- die Kontaktdaten und

- die gesetzlichen Vertreter seiner Unterauftragnehmer und

- jede im Rahmen der Auftragsausführung eintretende Änderung auf der Ebene der Unterauftragnehmer.

 

6.2. Möglichkeit der Ausweitung der Mitteilungspflichten bei Beteiligung an Dienstleistungsaufträgen

- bei Lieferanten

- sowie weiteren Stufen „in der Kette der Unterauftragnehmer“.

Wie nach § 36 III VgV soll diese Mitteilungspflicht für Transparenz in den Unterauftragnehmerverhältnissen sorgen. Das ist zwar vor allem bei Bauaufträgen, aber auch im Bereich der UVgO und damit bei Dienstleitungen nicht ausgeschlossen.

Vgl. Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 12, 13, m. w. Nachw.

 

  1. Pflichten bei der Auftragsausführung

Nach § 26 III UVgO (vgl. auch § 36 IV VgV) gilt für Unterauftragnehmer aller Stufen § 128 I GWB (Einhaltung aller rechtlichen Pflichten – vgl. § 128 GWB). Vgl. insofern auch § 45 UVgO (s. dort).

 

  1. Ausschlussgründe nach §§ 123, 124 GWB und Ersetzung des Unterauftragnehmers

Betroffen ist die Zeit vor dem Zuschlag. Voraussetzung ist zunächst die Kenntnis des Auftraggebers von den Ausschlussgründen. Kenntnis ist positive Kenntnis. Nicht ausreichend sind Annahmen, Anhaltspunkte etc. Nur bei Kenntnis setzt die Prüfungs- und Anforderungspflicht ein. Wie und von wem der Auftraggeber die entsprechende Kenntnis erhalten hat, ist nicht relevant. Liegen Hinweise von Mitbewerbern vor, so ist diesen im Einzelfall nachzugehen. Insoweit ist nach den §§ 31, 33 – 35 UVgO vorzugehen.

 

Analog der Prüfung der Ausschlussgründe für den Hauptauftragnehmer wird der Auftraggeber nach § 26 V UVgO (vgl. auch § 36 V VgV) verpflichtet, zu prüfen, ob Gründe für einen zwingenden Ausschluss des Unterauftragnehmers i. S. d. § 31 UVgO (vgl. § 123 GWB) bestehen. Insoweit wird gegebenenfalls auch eine entsprechende Eigenerklärung des Unterauftragnehmers ausreichen.

 

Bei zwingenden Ausschlussgründen handelt es sich um

- den Ausschluss wegen rechtskräftiger Verurteilung im in- und Ausland wegen der in § 123 I Nr. 1. – 10 GWB angeführten Straftaten,

- die Nichterfüllung der steuer-, abgaben- und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten.

Liegen Gründe nach § 123 GWB vor, verlangt der Auftraggeber die Ersetzung des Unterauftragnehmers. Wird der entsprechende Unterauftragnehmer nicht ersetzt, so ist das Angebot auszuschließen.

 

Ersetzung bei fakultativen Ausschlussgründen

Sofern die Kenntnis von fakultativen Ausschlussgründen nach §§ 26 V S. 2, 31 UVgO (vgl. § 124 GWB) vorliegt, „kann“ der Auftraggeber verlangen, dass dieser Unterauftragnehmer ersetzt wird. Allerdings handelt es sich insofern nicht um eine „Ermessensentscheidung“, sondern um eine Entscheidung mit Beurteilungsspielraum auf einer Prognose, ob der Bieter sowie sein Unterauftragnehmer die erforderliche Eignung aufweisen oder nicht.

Vgl. Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 16, für den oberschwelligen Bereich.

 

Ist die Prognose negativ, so ist dem Bieter eine Frist zu setzen. Die Frist ist so zu bemessen, dass dem Auftraggeber keine Nachteile durch die Verzögerung entstehen. In diesem Zusammenhang ist der „Zeitrahmen“ des Vergabeverfahrens ebenso betroffen wie das Interesse an rechtzeitigem Zuschlag und Ausführungsbeginn. Kann der Bieter der Anforderung nicht fristgemäß nachkommen sind die Bewerbung bzw. das Angebot auszuschließen.

Ob der betroffene Bieter dem Ausschluss des Unterauftragnehmers durch Selbsteintritt verhindern kann, ist zwar fraglich, aber zu bejahen; denn wenn er einen Unterauftragnehmer ersetzen kann, dann muss es auch möglich sein, selbst an dessen Stelle zu treten. Allerdings müssen insofern sämtliche Anforderungen bei dem Auftragnehmer erfüllt sein.

So überzeugend auch Kulartz u. a., VgV, § 36 Rn. 17.

  1. Selbstausführungspflicht nach § 26 VI UVgO

Insoweit wird auf die Anm. 1.2. (s.o.) verwiesen.

 

Erläuterungen

§ 26 Unteraufträge

●         Die Absätze 1 und 2 entsprechen wortgleich § 36 Absatz 1 und 2 VgV.

●         Absatz 3 entspricht wortgleich § 36 Absatz 4 VgV.

●         Absatz 4 entspricht im Wesentlichen § 36 Absatz 3 Satz 1 und 3 VgV.

●         Absatz 5 Satz 1 bis 3 entsprechen im Wesentlichen § 36 Absatz 5 VgV. Absatz 5 Satz 4 und 5 regeln darüber hinaus, dass die Frist zur Ersetzung eines Unterauftragnehmers so zu bemessen ist, dass dem Auftraggeber keine Nachteile entstehen und das Angebot bei Nichtersetzung des Unterauftragnehmers innerhalb der Frist ausgeschlossen wird.

●         Absatz 6 enthält ein umfassendes Selbstausführungsgebot für den Auftraggeber. Danach kann dieser die Leistungserbringung unmittelbar durch den Auftragnehmer vorschreiben. Absatz 6 geht damit weiter als die Vorschrift des § 47 Absatz 5 VgV (mit Blick auf die Eignungsleihe im Oberschwellenbereich).

 

 

 



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