Konzession - Konzessionsgeber - Baukonzession - Dienstleistungskonzession - §§ 101 105, 110, 112 GWB, KonzVgV

Übersicht

A. Konzession

B. Baukonzession

________________________________________________________________

A. Konzession

Konzession –Dienstleistungskonzession – ÖPNV –Wasser – Gas – Strom

Kommentierung der KonzVgV – Auswahl - ZiekowVöllink- Siegel, Vergaberecht, 4. Aufl.,2020, 5. KonzVgV; Pünder/Schellenberg [Hrsg] –Friton/Stein, Alexander u. a., Vergaberecht, 3. Aufl., 2019, S. 3107 f.

 

1. Konzessionen - §§ 101, 105 GWB, 1 ff KonzVgV

§ 101 Konzessionsgeber

(1) Konzessionsgeber sind

  1. öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Konzession vergeben,
  2. Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 1, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 Absatz 2 bis 6 ausüben und eine Konzession zum Zweck der Ausübung dieser Tätigkeit vergeben,
  3. Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 2, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 Absatz 2 bis 6 ausüben und eine Konzession zum Zweck der Ausübung dieser Tätigkeit vergeben.

(2) § 100 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.“

§ 105 Konzessionen

(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

  1. mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung; oder
  2. mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Nummer 1 bestehen (Dienstleistungskonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.

(2) In Abgrenzung zur Vergabe öffentlicher Aufträge geht bei der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistungskonzession das Betriebsrisiko für die Nutzung des Bauwerks oder für die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer über. Dies ist der Fall, wenn

  1. unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet ist, dass die Investiti­onsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können, und
  2. der Konzessionsnehmer den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist, so dass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht ver­nachlässigbar sind.

Das Betriebsrisiko kann ein Nachfrage- oder Angebotsrisiko sein.

 § 110 Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die verschiedene Leistungen zum Gegenstand haben

(1) Öffentliche Aufträge, die verschiedene Leistungen wie Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, werden nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist. Dasselbe gilt für die Vergabe von Konzessionen, die sowohl Bau- als auch Dienstleistungen zum Gegen­stand haben.

(2) Der Hauptgegenstand öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die

  1. teilweise aus Dienstleistungen, die den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 130 oder Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 153 unterfallen, und teilweise aus anderen Dienstleistungen be­stehen oder
  2. teilweise aus Lieferleistungen und teilweise aus Dienstleistungen bestehen,

wird danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Liefer- oder Dienstleis­tungen am höchsten ist.

§ 111 Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, deren Teile unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen

(1) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv trennbar, so dürfen getrennte Aufträge für jeden Teil oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

(2) Werden getrennte Aufträge vergeben, so wird jeder einzelne Auftrag nach den Vorschriften vergeben, die auf seine Merkmale anzuwenden sind.

(3) Wird ein Gesamtauftrag vergeben,

  1. kann der Auftrag ohne Anwendung dieses Teils vergeben werden, wenn ein Teil des Auftrags die Voraussetzungen des § 107 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 erfüllt und die Vergabe eines Gesamtauftrags aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist,
  2. kann der Auftrag nach den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen vergeben werden, wenn ein Teil des Auftrags diesen Vorschriften unterliegt und die Vergabe eines Gesamtauftrags aus objek­tiven Gründen gerechtfertigt ist,
  3. sind die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags diesen Vorschriften unterliegt und der Wert dieses Teils den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschrei­tet; dies gilt auch dann, wenn der andere Teil des Auftrags den Vorschriften über die Vergabe von Konzessionen unterliegt,
  4. sind die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen und ein anderer Teil des Auftrags den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber unterliegt und wenn der Wert dieses Teils den geltenden Schwellenwert erreicht oder über­schreitet,
  5. sind die Vorschriften dieses Teils anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags den Vorschriften dieses Teils und ein anderer Teil des Auftrags sonstigen Vorschrif­ten außerhalb dieses Teils unterliegt; dies gilt ungeachtet des Wertes des Teils, der sonstigen Vorschriften außerhalb dieses Teils unterliegen würde und unge­achtet ihrer rechtlichen Regelung.

(4) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unter­schiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv nicht trennbar,

  1. wird der Auftrag nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist; enthält der Auftrag Elemente einer Dienstleistungs­konzession und eines Lieferauftrags, wird der Hauptgegenstand danach be­stimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Dienst- oder Lieferleistungen hö­her ist,
  2. kann der Auftrag ohne Anwendung der Vorschriften dieses Teils oder gemäß den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öf­fentlichen Aufträgen vergeben werden, wenn der Auftrag Elemente enthält, auf die § 107 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 anzuwenden ist.
  • Die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu verge­ben, darf nicht zu dem Zweck getroffen werden, die Auftragsvergabe von den Vor­schriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen auszunehmen.
  • Auf die Vergabe von Konzessionen ist Absatz 1 und 2, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie Absatz 4 und 5 entsprechend anzuwenden.

§ 112 Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die verschiedene Tätigkeiten umfassen

(1) Umfasst ein öffentlicher Auftrag mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätig­keit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, dürfen getrennte Aufträge für die Zwecke jeder einzelnen Tätigkeit oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

(2) Werden getrennte Aufträge vergeben, so wird jeder einzelne Auftrag nach den Vorschriften vergeben, die auf seine Merkmale anzuwenden sind.

(3) Wird ein Gesamtauftrag vergeben, unterliegt dieser Auftrag den Bestimmungen, die für die Tätigkeit gelten, für die der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist. Ist der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätig­keit bestimmt, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfasst, ist § 111 Absatz 3 Nummer 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu vergeben, darf nicht zu dem Zweck getroffen werden, die Auftragsvergabe von den Vorschriften dieses Teils auszunehmen.

(5) Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

  1. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auf­traggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die der Auftrag bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,
  2. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftrag­geber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die in den Anwendungsbereich der Vorschrif­ten zur Vergabe von Konzessionen fallen würde,
  3. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftrag­geber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die weder in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen noch in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber fal­len würde.

(6) Umfasst eine Konzession mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit die Kon­zession hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

  1. den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 1, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Kon­zession bestimmt ist, diesen Bestimmungen und die andere Tätigkeit den Bestimmungen für die Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 oder § 101 Absatz 1 Nummer 3 unterliegt,
  2. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auf­traggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,
  3. den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, diesen Vorschriften und die andere Tätigkeit weder den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber noch den Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber unterliegt.
  • § 136 ff GWB Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit

 

2. Rechtsprechung

  • KG Berlin, Urt. v. 4.04.2019, 2 U 5 - 15 Kart - Konzession - Gasversorgung- § 1 EnWG - Unterlassung der Vergabe - verfrühte Klage (Erstbegehungsgefahr) – Diskriminierungsverbot – Auswahl nach sachlichen Kriterien (Zielrichtung des EnWG: möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung (§ 46 I EnWG) – „unbillige Behinderung“ – Rekommunalisierung - Gründung kommunales Unternehmen selbst noch kein Verstoß (vorgelagerte Bestimmungsfreiheit) – Diskriminierung durch fehlende Trennung der Kommune als Vergabestelle und Kommune als Bieter - unzulässige Mindergewichtungen – (noch) keine Präklusion der Rügen (§ 107 III GWB a. F. auf die Konzessionsvergabe Antragshäufung – kein Anspruch auf Abschluss eines Konzessionsvertrags nach § 33 I GWB oder Ansprüche aus § 823 II BGB i.V.m. dem Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot und § 1004 Abs. 1 BGB
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.03.2020 - Verg 10 – 18 ÖPNV – Direktvergabe – In-House-Vergabe - §§ 8a Abs. 7 S. 1 PBefG, 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB - ÖPNV – Dienstleistung – Konzession – In-House-Vergabe – Dienstleistung – In-House-Vergabe – Rechtsweg – In-House-Vergabe und Kartellrecht – Aussetzung des Verfahrens – Kostenentscheidung (Billigkeit) - ÖPNV –
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.02.2020 - Verg 1 – 19 – ÖPNV – Direktvergabe – Ankündigung - VO (EG) 1370/2007 – Statthaftigkeit - § 8a II S. 1, VII S. 1 PBefG in entspr. Anwendung Art. 7 II der VO (EG) 1370/2007 – öffentliche Aufträge - Inhouse-Geschäft nach § 108 GWB – keine Darlegung drohenden Schadens durch behauptete Fehler bzw. Auswirkungen auf die Zuschlagschance – Prüfung der Bereichsausnahme nach § 108 GWB in Begründetheit – gesonderte Prüfung der Rügen für jede Beanstandung und Schaden (Rügen hier: Vorinformationsangaben, fehlende Vergabereife <kein bieterschützender Charakter bei Direktvergabe>) – „Kann eine Direktvergabe an einen internen Betreiber – wie hier von der Antragstellerin behauptet – nicht wie vom öffentlichen Auftraggeber ursprünglich geplant abgeschlossen werden, werden allenfalls Rechte des internen Betreibers und des öffentlichen Auftraggebers selbst berührt.“ – rechtzeitige Rügen und fristgerechter Nachprüfungsantrag (keine entspr. Anw. des § 135 II S. 2 GWB (30-Tagesfrist) – Unbegründetheit: Unzulässigkeit der beabsichtigten Direktvergabe sowohl nach Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 1370/2007 als auch als Inhouse-Vergabe nach § 108 GWB – Art. 5 II VO (§G) 1370/2007 hier nicht anwendbar (EuGH, Urt. v. 21. 03. 2019 (C-266/17 und C-267/17) sowie v. 08. 05. 2019 (C-253/18) – keine Dienstleistungskonzessionen VO (EG) 1370/2007 (ausführliche Darlegung – u.a. keine Übernahme des Betriebsrisikos zu einem wesentlichen Teil) - beabsichtigte Direktvergabe auch nicht nach § 108 Abs. 1 GWB zulässig: Nichterfüllung des „Kontrollkriteriums“), des „Wesentlichkeitskriterium“ (80-%-Regel) und der fehlende privaten Beteiligung an der juristischen Person – keine Vorgabe zur Vergabe nach GWB: Entscheidung über Direktvergabe durch Nachprüfungsinstanz: Sache des Auftraggebers (Bestimmungsfreiheit) – Ablehnung der Akteneinsicht und Schriftsatznachlasses – Ablehnung der Aufhebung der Beiladung (keine schwerwiegende Interessenberührung gemäß § 162 GWB) – keine Rechtswegverweisung wegen vermeintlicher Verstöße gegen Beihilferecht – Ablehnung der Vorlage an EuGH – Kostenentscheidung nach §§ 175 II, 78 GWB
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.02.2020 - Verg 26 – 17 – ÖPNV - Bekanntmachung (Ankündigung der Direktvergabe) - Art. 7 II VO (EG) 1370/2007 - Art. 5 II VO 1370/2007 - Statthaftigkeit – Rechtsweg in entspr. Anw. des Art. 8a Abs. II S. 1, Abs. VII S. 1 PBefG – Nachprüfung von Dienstleistungsaufträgen nach Art. 5 II bis V VO (EG) 1370/2007 (auch bei unzutreffender Ankündigung der Direktvergabe und tatsächlichem In-House-Geschäft nach § 108 GWB (Überprüfung allerdings in Begründetheit) – Antragsbefugnis (Rüge) – gesonderte Prüfung für jede Rüge: Antragsbefugnis verneint für Falschbezeichnungen in Ankündigung, fehlende Bedingungen für Unteraufträge und deren Wert (keine Darlegung drohenden Schadens bzw. der Auswirkungen auf die Zuschlagchancen) – „fehlende Vergabereife“ nicht einschlägig (da bei Direktvergabe nicht bieterschützend) – Art. 5 II VO (EG) 1370/2007 nicht anwendbar auf Direktvergabe von Dienstleistungskonzession (hier nicht vorliegend), aber für Dienstleistungsaufträge nach Art. 5 I S. 2 der VO (EG) 1370/2007 (öffentlichen Busverkehr) – Zulässigkeit als In-House-Vergabe nach § 108 I GWB (Erfüllung der Kriterien („Kontrolle“, „Wesentlichkeit“, keine privaten Beteiligungen) – Unschädlichkeit fehlerhafter Bezeichnung in Vorinformation („Direktvergabe“ nach Art. 5 II VO (EG) 1370/2007) und Beschlussfassung – Pflicht zur Prüfung der Unbedenklichkeit der In-House-Vergabe – kein Dokumentationsmangel infolge zulässigen Nachschiebens von Gründen im Nachprüfungsverfahren (anders bei Anhaltspunkten für Manipulation und Intransparenz - kein Anlass für Divergenzvorlage an BGH - kein Verstoß gegen Art. 4 VII S. 2 der VO (EG) 1370/2007 (bedeutendes Selbsterbringen der Leistung – ausführliche Darlegung – keine Ausnutzung marktbeherrschender Stellung durch unbillige Behinderung oder ungerechtfertigte Diskriminierung nach § 19 I, II Nr. 1 GWB (Inzidentprüfung bei vergaberechtlicher Anknüpfungsnorm <Wettbewerbsgrundsatz?> -vgl. BGH, Beschl. v. 18. 06. 2012 - X ZB 9/11 – Ausschluss kartellrechtswidriger Ausnutzung wegen Inhouse-Vergabe - keine Verletzung der Berufsfreiheit nach Art. 12 I GG infolge Rechtfertigung des Eingriffs durch die Inhouse-Vergabe – bei In-House-Vergaben nicht anwendbar: § 97 IV S. 1 u. 2 GWB/§ 3 VI TVgG NRW (Mittelstandsberücksichtigung, Losaufteilung) – Ablehnung der Akteneinsicht (keine Erforderlichkeit zur Durchsetzung der subjektiven Rechte (Kenntnisse auch vorhanden, bereits umfassende Nutzung) - kein Schriftsatznachlass - keine Aussetzung nach § 148 ZPO i. V. m. §§ 73 Nr. 2 und 175 II GWB wegen Verstöße gegen EU-Beihilferecht – Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der Beiladung (§ 162 S. 2 GWB – schwerwiegende Interessenberührung) – keine Wiedereröffnung des  Verfahrens – Kostenentscheidung - ÖPNV – VO (EG) 1370/2007 –
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.04.2020 - Verg 27 – 19 – Direktvergabe – ÖPNV – §§ 135, 160 GWB, 8a PBefG - Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen nach § 8a Abs. 7 Satz 1 PBefG nicht nur in den Fällen einer Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, sondern auch in Fällen sogenannter Inhouse-Vergaben von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Sinne von Art. 2 lit. i) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen annehmen und damit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht den Regeln über die Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unterfallen – Statthaftigkeit und Zulässigkeit – Unbegründetheit - keine Divergenzvorlage an BGH – auch zulässige In-House-Vergabe - § 135 I Nr. 2, II GWB ist im Rahmen des § 8a VII S. 1 PBefG entsprechend anzuwenden (planwidrige Regelungslücke) – Verwirkung des Rechts aus § 135 I GWB infolge Untätigkeit von mehr als einem Jahr nach Vorabinformation (keine Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz in dieser Zeit nach Auftragsvergabe – widersprüchliches Verhalten - kein Rechtsschutzbedürfnis) – Abtrennung und Rechtswegverweisung an LG Köln (UWG) – im Übrigen Zurückverweisung an Vergabekammer - ÖPNV – rechtliches Gehör –
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.05.2020 - Verg 2 – 19 – - ÖPNV – Anspruch auf rechtliches Gehör – Art. 103 GG, § 165 GWB – Hinweispflichten des Gerichts (hier nicht verletzt) – Akteneinsichtsrecht (hier kein Anspruch zur Durchsetzung der Rechte) – keine Verletzung der Divergenz-Vorlagepflicht (BGH) infolge fehlender Abweichung von anderem OLG etc.
  • OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.05.2020 - 16 U 66 - 19 Kart – Wegerecht – Konzession - Energieversorgung – Strom – Gas– Schadensersatz – Wertung mit Punktsystem - OLG Urt. v. 16. 4. 2018 - 16 U 110/17 Kart (Einstweiliges Vfg.-Verfahren – teils abweichend) - Zulässigkeit der Feststellungsanträge – Neutralitätsgebot – Auswahlkriterien - Transparenz der Auswahlkriterien - Transparenz der Bewertungsmethode - Nachvollziehbarkeit/Plausibilität der Auswahlentscheidung im Bereich Strom: Vergabeentscheidung im Bereich Strom durchgreifend zu beanstanden (30 Punkte) – „Der nochmalige Durchgang durch die (mit der Ausnahme der Kriterien Baukostenzuschüsse und der Weiterentwicklung des Netzes zu intelligentem Netz) in diesem Hauptsacheverfahren wiederholten Rügen der Klägerin führt dazu, dass insgesamt die Vergabeentscheidung im Bereich Strom zu beanstanden ist. ..... Danach ist die Vergabeentscheidung im Bereich Strom durchgreifend zu beanstanden. Denn mit Blick auf die Punktzahl, die die Klägerin bestmöglich bei anderweitiger fehlerfreier Bewertung erreichen könnte, lässt sich nicht mit hinreichender Bestimmtheit sagen, dass die Beklagte zu 2 die Konzession in jedem Fall erhalten hätte und daher die Beurteilungsmängel der Beklagten zu 1 für die Vergabeentscheidung nicht ursächlich seien. Vielmehr kommt in Betracht, dass die Klägerin einen Vorsprung von vergleichsweise 32 Punkten (von ursprünglich -61 über eine Besserstellung um maximal 93 Punkte) erreicht.“ - Nachvollziehbarkeit/Plausibilität der Auswahlentscheidung im Bereich Gas: „Dagegen ist die Auswahlentscheidung im Bereich Gas zwar ebenfalls nicht zu allen Kriterien zu billigen; indes steht dort fest, dass sich die Fehlerhaftigkeit auf das Ergebnis nicht diskriminierend ausgewirkt hat, weil der Beklagten zu 2 die Konzession auch bei abweichender Bestabrechnung der Klägerin hinsichtlich der dortigen Bewertungsfehler hat zuerkannt werden können.“
  • OLG Stuttgart, Urt. v. 6. 6. 2019 - 2 U 218 – 18 – Wegenutzungsvertrag – Konzession - einstweilige Verfügung in Verfahren zur Neuvergabe der Konzession für die Stromversorgung im Stadtgebiet – zahlreiche Rügen – Fortsetzung der Neuvergabe der Konzession nicht ohne Abhilfe der Rügen der Verfügungsklägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - §§ 46, 47 EnWG, 253 II ZPO –

3. Literatur

  • Braun, Christian, Neues von der Konzessionsvergabe, VergabeR 2a/2020, 251
  • Braun, Christian, Stand der Konzessionsvergabe, NZBau 2019, 622
  • Butler, Luke/Allen, Robert, Rechtsfragen zur Vergabe von Wasserkonzessionen, VergabeR 2020, 705
  • Dümke, Christian, Der Rechtsschutz nach § 47 EnWG im  Konzessionsvergabeverfahren, ER 2019,142
  • Glattfeld, Eric/Kisseler, Andrea, Das neue Rüge-, Präklusionsrecht bei der Strom- und Gaskonzessionsvergabe, ER 2019,228
  • Könsgen, Elias, Zur Verfahrensgestaltung eines Konzessionierungsverfahrens nach §§ 46 ff. EnWG, EWeRK 2020, 34
  • Mainka, Patrick, Die Baukonzession und das Erbbaurecht – Problem oder Lösung?, VergabeR 2020, 133
  • Schober, Katharina, Tendenzen der Rechtsprechung zum neuen  Energiekonzessionsvergaberecht, N&R 2020,14

B. Baukonzession

Baukonzessionen sind in  § 105 I Nr. 1 GWB  geregelt. Die entsprechenden Aufträge sind nach derKonzVgV zu vergeben.

Baukonzessionen beziehen sich auf die Nutzung des Bauwerks, nicht auf die Nutzung des Grundstücks. Vom Verkauf des Grundstücks ist die Konzession zu unterscheiden. Wie bei jeder Konzssion hat der Konzessionsnehmer die Bauleistung zu erbringen und darf den Bau gegen Entgelt nutzen. Insofern trägt der Konzessionsnehmer das Betriebsrisiko (vgl. § 105 II GWB).

EuGH-Rechtsprechung

EuGH, Urt. v. 25.3.2010  - C-451/08 - Müller -Auszug s. u. am Ende

 

Literaturauswahl

aktuell zu  Dienstleistungskonzession – ÖPNV - Bayer, Dieter/ Feldmann, Benjamin/ Wieberneit, Christian, Die  Dienstleistungskonzession als Zugang zum Sondervergaberecht der VO,EG.  1370/2007, VergabeR 2021, 415

Ziekow-Völlink.Vergaberecht,4. Aufl. 2020, § 105 Rn. 18, m.w.Nachw.

Braun, Christian, Neues von der Konzessionsvergabe, VergabeR 2a/2020, 251

Braun, Christian, Stand der Konzessionsvergabe, NZBau 2019, 622

 Dümke, Christian, Der Rechtsschutz nach § 47 EnWG im  Konzessionsvergabeverfahren, ER 2019,142

Glattfeld, Eric/Kisseler, Andrea, Das neue Rüge-, Präklusionsrecht bei der Strom- und Gaskonzessionsvergabe, ER 2019,228

Könsgen, Elias, Zur Verfahrensgestaltung eines Konzessionierungsverfahrens nach §§ 46 ff. EnWG, EWeRK 2020, 34

Mainka, Patrick, Die Baukonzession und das Erbbaurecht – Problem oder Lösung?, VergabeR 2020, 133

Schober, Katharina, Tendenzen der Rechtsprechung zum neuen  Energiekonzessionsvergaberecht, N&R 2020,14

 Butler, Luke/Allen, Robert, Rechtsfragen zur Vergabe von Wasserkonzessionen, VergabeR 2020, 705

Altere Literatur:
Gröning, Jochem, Public Private Partnerships bei Dienstleistungskonzessionen, NZBau 2001, 123
Höfler, Frank, Vergaberechtliche Anforderungen an die Ausschreibung von Baukonzessionen, WuW 2000, 136
Prieß, Hans-Joachim, in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 1999, 67 ff
Kommentierungen zu § 98 Nr. 6 GWB

BayObLG, Beschl. v. 11.11.2001 - Verg 15/01 - NZBau 2002, 233 - Gestattung eines Fahrgastinformationssystems (Fernsehprogramm) in öffentlichen Verkehrsmitteln und Finanzierung durch Werbeeinnahmen - Dienstleistungskonzession - keine Vergabe nach den §§ 97 ff GWB - Wirksamkeit des Gestattungsvertrages - keine Pflicht zur Durchführung eines Vergabeverfahrens - Dienstleistung: Information der Fahrgäste - Lieferung von Monitoren nur Hilfsmittel - kein Mietvertrag - kein Verkauf von Werbezeiten mit atypischen Mietzins - entgeltlicher Vertrag - aber: Dienstleistungskonzession unterfällt nicht den §§ 97 ff GWB - Beachtung der Grundregeln des EG-Vertrages in Allgemeinen sowie des Diskriminierungsverbotes - kein Primärrechtsschutz nach den §§ 102 ff GWB, nur Sekundärrechtsschutz entsprechend EuGH (NZBau 2001, 148, 151, Nr. 62) - keine Informationspflicht nach § 13 VergVO - keine Nichtigkeit des Vertragsschlusses nach § 13 VergVO bzw. § 134 BGB - keine Anhaltspunkte für Sittenwidrigkeit des Vertrages

EuGH, Urt.v.25.3.2010- C‑451/08 – Müller - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge – Öffentliche Bauaufträge – Begriff – Verkauf eines Grundstücks, auf dem der Erwerber später Bauleistungen durchzuführen beabsichtigt, durch eine öffentliche Einrichtung – Bauleistungen, die städtebaulichen Zielen einer Gebietskörperschaft entsprechen -

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Begriffs „öffentlicher Bauauftrag“ im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Helmut Müller GmbH (im Folgenden: Helmut Müller) und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (im Folgenden: Bundesanstalt) über den Verkauf eines Grundstücks durch die Bundesanstalt, auf dem der Erwerber später Bauleistungen erbringen sollte, die städtebaulichen Zielen einer Gebietskörperschaft, im vorliegenden Fall der Stadt Wildeshausen, entsprechen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Der zweite Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18 lautet:

„Die Vergabe von Aufträgen in den Mitgliedstaaten auf Rechnung des Staates, der Gebietskörperschaften und anderer Einrichtungen des öffentlichen Rechts ist an die Einhaltung der im [EG-]Vertrag niedergelegten Grundsätze gebunden, insbesondere des Grundsatzes des freien Warenverkehrs, des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit und des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit sowie der davon abgeleiteten Grundsätze wie z. B. des Grundsatzes der Gleichbehandlung, des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Grundsatzes der Transparenz. Für öffentliche Aufträge, die einen bestimmten Wert überschreiten, empfiehlt sich indessen die Ausarbeitung von auf diesen Grundsätzen beruhenden Bestimmungen zur gemeinschaftlichen Koordinierung der nationalen Verfahren für die Vergabe solcher Aufträge, um die Wirksamkeit dieser Grundsätze und die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb zu garantieren. Folglich sollten diese Koordinierungsbestimmungen nach Maßgabe der genannten Regeln und Grundsätze sowie gemäß den anderen Bestimmungen des Vertrags ausgelegt werden.“

4        Art. 1 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/18 sieht vor:

„(2)      a)      ‚Öffentliche Aufträge‘ sind zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie.

  1. b)      ‚Öffentliche Bauaufträge‘ sind öffentliche Aufträge über entweder die Ausführung oder gleichzeitig die Planung und die Ausführung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang I genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerks oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen. Ein ‚Bauwerk‘ ist das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- oder Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.

(3)      ‚Öffentliche Baukonzessionen‘ sind Verträge, die von öffentlichen Bauaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.“

5        In Art. 16 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 heißt es:

„Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf öffentliche Dienstleistungsaufträge, die Folgendes zum Gegenstand haben:

  1. a)      Erwerb oder Miete von Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen oder Rechte daran ungeachtet der Finanzmodalitäten dieser Aufträge …“

 Nationales Recht

6        § 10 Abs. 1 des Baugesetzbuchs vom 23. September 2004 (BGBl. 2004 I, S. 2414, im Folgenden: BauGB) bestimmt:

„Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.“

7        § 12 BauGB lautet:

„(1)      Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs‑ und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). …

(3a)      Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan … durch Festsetzung eines Baugebiets … oder auf sonstige Weise eine bauliche … Nutzung … festgesetzt, ist … festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. …

…“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

8        Die Bundesanstalt war Eigentümerin der knapp 24 Hektar großen Liegenschaft „Wittekind-Kaserne“ in Wildeshausen (Deutschland).

9        Im Oktober 2005 hatte der Stadtrat der Stadt Wildeshausen im Hinblick auf eine zivile Nachnutzung der betroffenen Grundstücke, die etwa 3 % der Gebäude‑ und Freiflächen dieser Stadt ausmachen, beschlossen, Untersuchungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme anzustellen.

10      Im Oktober 2006 gab die Bundesanstalt im Internet und in der Tagespresse bekannt, dass sie beabsichtige, die Wittekind-Kaserne zu veräußern.

11      Am 2. November 2006 machte Helmut Müller, ein auf dem Immobiliensektor tätiges Unternehmen, ein Kaufangebot zum Preis von 4 Millionen Euro, stellte dieses aber unter die Bedingung einer Bauleitplanung auf der Grundlage ihres Nutzungskonzepts für die Grundstücke.

12      Die Wittekind-Kaserne wurde Anfang des Jahres 2007 aufgegeben.

13      Im Januar 2007 erbat die Bundesanstalt ein Preisangebot für einen möglichst kurzfristigen Erwerb der Liegenschaft im unbeplanten Zustand.

14      Helmut Müller machte am 9. Januar 2007 ein Angebot über 400 000 Euro, das sie am 15. Januar 2007 auf 1 Million Euro erhöhte.

15      Ein anderes Immobilienunternehmen, die Gut Spascher Sand Immobilien GmbH (im Folgenden: GSSI), die sich seinerzeit im Gründungsstadium befand, unterbreitete ein Angebot über 2,5 Millionen Euro.

16      Zwei weitere Angebote wurden abgegeben.

17      Nach einem von der Bundesanstalt vor dem vorlegenden Gericht beigebrachten Gutachten waren die betroffenen Grundstücke am 1. Mai 2007 2,33 Millionen Euro wert.

18      In der Vorlageentscheidung wird ausgeführt, dass die Stadt Wildeshausen sich unter Beteiligung der Bundesanstalt die Planungen von den Bietern habe vorstellen lassen und sie mit ihnen besprochen habe.

19      In der Zwischenzeit habe die Bundesanstalt die Konzepte von Helmut Müller und von GSSI bewertet und aus städtebaulichen Gründen der Planung von GSSI den Vorzug gegeben, da sie sich davon eine Attraktivitätssteigerung für die Stadt Wildeshausen versprochen habe, und dies der Stadt mitgeteilt.

20      Dabei habe Einvernehmen darüber bestanden, die Liegenschaft erst zu veräußern, wenn der Stadtrat der Stadt Wildeshausen die Planung gutgeheißen habe. Die Bundesanstalt habe sich an der Entschließung der Stadt Wildeshausen orientieren wollen.

21      Nach der Vorlageentscheidung sprach sich der Stadtrat der Stadt Wildeshausen für die Planung von GSSI aus und beschloss am 24. Mai 2007 u. a.:

„Der Rat der Stadt Wildeshausen ist bereit, das von Herrn R [dem Geschäftsführer von GSSI] vorgestellte Konzept zu prüfen und ein entsprechendes Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans einzuleiten. …

Es besteht kraft Gesetzes kein Rechtsanspruch auf Aufstellung eines (ggf. vorhabenbezogenen) Bebauungsplans.

Der Stadt [Wildeshausen] ist es kraft Gesetzes verwehrt, vor Abschluss eines ordnungsgemäßen Bauleitplanverfahrens verbindliche Zusagen bezüglich der Bebaubarkeit zu machen oder ihr Planungsermessen – das zudem rechtlichen Grenzen unterliegt – zu binden.

Die vorstehenden Beschlüsse binden die Bauleitplanung der Stadt [Wildeshausen] deshalb in keiner Weise.

Planungsaufwendungen und andere Dispositionen der Konzeptanten und anderer an der Planung interessierter Personen geschehen auf eigenes Risiko.“

22      Unmittelbar nach diesem Beschluss vom 24. Mai 2007 hob der Stadtrat der Stadt Wildeshausen den im Oktober 2005 getroffenen Beschluss über die Einleitung städtebaulicher Voruntersuchungen auf.

23      Durch notariellen Vertrag vom 6. Juni 2007 verkaufte die Bundesanstalt im Einvernehmen mit der Stadt Wildeshausen die Wittekind-Kaserne an GSSI. Davon unterrichtete sie Helmut Müller am 7. Juni 2007. GSSI wurde im Januar 2008 als Eigentümerin dieser Liegenschaft in das Grundbuch eingetragen. Durch notariellen Vertrag vom 15. Mai 2008 bestätigten die Bundesanstalt und GSSI den Kaufvertrag vom 6. Juni 2007.

24      Helmut Müller stellte bei der Vergabekammer (der bei öffentlichen Aufträgen in erster Instanz zuständigen Stelle) einen Nachprüfungsantrag und beanstandete, dass kein geregeltes Vergabeverfahren stattgefunden habe, obwohl die Veräußerung der genannten Kaserne ein dem Vergaberecht unterliegender Vorgang sei. In Ermangelung einer rechtzeitigen Bieterinformation sei der Kaufvertrag nichtig.

25      Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag als unstatthaft im Wesentlichen mit der Begründung, GSSI sei kein Bauauftrag erteilt worden.

26      Helmut Müller legte gegen diese Verwerfungsentscheidung beim Oberlandesgericht Düsseldorf sofortige Beschwerde ein und machte geltend, dass nach den Umständen an GSSI ein Bauauftrag in der Form einer Baukonzession vergeben werden solle. Die Bundesanstalt und die Stadt Wildeshausen hätten die zu treffenden Entscheidungen wechselseitig aufeinander abgestimmt.

27      Das Oberlandesgericht Düsseldorf neigt dazu, sich dieser Argumentation anzuschließen. Seiner Auffassung nach wird die Stadt Wildeshausen in nicht allzu ferner, derzeit aber noch nicht näher bestimmbarer Zukunft das ihr obliegende Planungsermessen dahin ausüben, dass nach § 12 BauGB ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt und mit GSSI ein Durchführungsvertrag abgeschlossen, ihr mithin ein öffentlicher Bauauftrag erteilt werde.

28      Da von der Stadt Wildeshausen kein Entgelt gezahlt werden solle, solle der entsprechende öffentliche Bauauftrag, so das vorlegende Gericht, in der Rechtsform einer öffentlichen Baukonzession erteilt werden und GSSI das wirtschaftliche Risiko dieses Geschäfts tragen. Die Veräußerung des Grundbesitzes und die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags seien vergaberechtlich als eine Einheit zu bewerten. Die Bundesanstalt und die Stadt Wildeshausen seien dabei lediglich zeitversetzt vorgegangen.

29      Das Oberlandesgericht Düsseldorf ergänzt, dass es denselben Standpunkt in anderen bei ihm anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten eingenommen habe, insbesondere in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2007 betreffend den Flugplatz Ahlhorn (Deutschland). Seine Analyse habe aber keine ungeteilte Zustimmung, sondern unter den deutschen Gerichten überwiegend Ablehnung gefunden. Außerdem sei die deutsche Bundesregierung dabei, das deutsche Vergaberecht in einem Sinn zu ändern, der dem von ihm vertretenen Standpunkt entgegenstehe.

30      Der von dem vorlegenden Gericht erwähnte Gesetzesentwurf sah vor, die Definition des Begriffs „öffentliche Bauaufträge“ in § 99 Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 15. Juli 2005 (BGBl. 2005 I, S. 2114) wie folgt zu präzisieren (die geplanten Änderungen werden kursiv wiedergegeben): 

„Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerks für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen.“

31      Weiterhin sei vorgesehen gewesen, § 99 dieses Gesetzes um einen neuen Abs. 6 mit folgender Definition der öffentlichen Baukonzession zu ergänzen:

„Eine Baukonzession ist ein Vertrag über die Durchführung eines Bauauftrages, bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einem Entgelt in dem befristeten Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.“

32      Kurz nach dem Eingang des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens wurden entsprechende Änderungen im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. 2009 I, S. 790) vorgenommen.

33      Unter diesen Umständen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

  1. Setzt ein öffentlicher Bauauftrag nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 konstitutiv voraus, dass die Bauleistung in einem gegenständlich oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird und ihm unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt?
  2. Sofern nach der Begriffsbestimmung des öffentlichen Bauauftrags in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 auf das Element der Beschaffung nicht verzichtet werden kann: Ist nach der zweiten Variante der Vorschrift eine Beschaffung anzunehmen, wenn das Bauvorhaben für den öffentlichen Auftraggeber eine bestimmte öffentliche Zweckbestimmung erfüllen (z. B. der städtebaulichen Entwicklung eines kommunalen Ortsteils dienen) soll und der öffentliche Auftraggeber kraft des Auftrags mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet ist, sicherzustellen, dass der öffentliche Zweck erreicht wird und das Bauwerk dafür künftig zur Verfügung steht?
  3. Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der ersten und der zweiten Variante des Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18, dass der Unternehmer direkt oder indirekt zur Erbringung der Bauleistungen verpflichtet wird? Muss es sich gegebenenfalls um eine einklagbare Verpflichtung handeln?
  4. Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18, dass der Unternehmer zu Bauleistungen verpflichtet wird oder solche den Gegenstand des Auftrags bilden?
  5. Unterfallen Aufträge, durch die mittels der vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse gewährleistet werden soll, dass das herzustellende Bauwerk für einen bestimmten öffentlichen Zweck zur Verfügung steht, und durch die dem Auftraggeber (kraft vertraglicher Abrede) zugleich die rechtliche Befugnis gegeben wird, (im mittelbaren Eigeninteresse) die Verfügbarkeit des Bauwerks für die öffentliche Zweckbestimmung sicherzustellen, dem Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18?
  6. Ist der Begriff der „vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse“ nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 erfüllt, wenn die Bauleistungen nach vom öffentlichen Auftraggeber geprüften und gebilligten Plänen erbracht werden sollen?
  7. Ist nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 eine öffentliche Baukonzession abzulehnen, wenn der Konzessionär Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Bauwerk errichtet werden soll, ist oder wird oder die Baukonzession unbefristet erteilt wird?
  8. Ist die Richtlinie 2004/18 – mit der Rechtsfolge einer Ausschreibungspflicht für den öffentlichen Auftraggeber – auch dann anzuwenden, wenn ein Grundstücksverkauf durch einen Dritten und die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags zeitversetzt erfolgen und bei Abschluss des Grundstücksgeschäfts der öffentliche Bauauftrag noch nicht erteilt worden ist, aber im letztgenannten Zeitpunkt auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers die Zielsetzung bestanden hat, einen solchen Auftrag zu erteilen?
  9. Sind die voneinander verschiedenen, aber zusammenhängenden Geschäfte über eine Grundstücksveräußerung und einen öffentlichen Bauauftrag vergaberechtlich als eine Einheit zu bewerten, wenn die Erteilung eines öffentlichen Bauauftrags im Zeitpunkt der Eingehung des Grundstücksvertrags beabsichtigt war und die Beteiligten bewusst eine in sachlicher – und gegebenenfalls auch in zeitlicher – Hinsicht enge Verknüpfung zwischen den Verträgen hergestellt haben (im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs vom 10. November 2005, Kommission/Österreich, C‑29/04, Slg. 2005, I‑9705)?

 Zu den Vorlagefragen

 Einleitende Bemerkungen

34      In den meisten Sprachfassungen der Richtlinie 2004/18 erfasst der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b dieser Richtlinie drei Fallgestaltungen: erstens die Ausführung – gegebenenfalls in Verbindung mit der Planung – von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang I dieser Richtlinie genannten Kategorien, zweitens die Ausführung – gegebenenfalls in Verbindung mit der Planung – eines Bauwerks und drittens die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen.

35      Ein „Bauwerk“ im Sinne dieser Vorschrift ist definiert als „das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- oder Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll“.

36      Während in den meisten Sprachfassungen für den zweiten und den dritten Fall derselbe Begriff verwendet wird, etwa „ouvrage“ in der französischen Sprachfassung, werden in der deutschen Fassung zwei verschiedene Begriffe verwendet, nämlich „Bauwerk“ für den zweiten Fall und „Bauleistung“ für den dritten.

37      Außerdem ist nur in der deutschen Sprachfassung des genannten Art. 1 Abs. 2 Buchst. b vorgesehen, dass die vom dritten Fall erfasste Tätigkeit nicht nur „gleichgültig mit welchen Mitteln“, sondern auch „durch Dritte“ erbracht wird.

38      Nach ständiger Rechtsprechung kann die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder insoweit Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen. Eine solche Vorgehensweise wäre mit dem Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts unvereinbar. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. Urteile vom 27. März 1990, Cricket St Thomas, C‑372/88, Slg. 1990, I‑1345, Randnrn. 18 und 19, vom 12. November 1998, Institute of the Motor Industry, C‑149/97, Slg. 1998, I‑7053, Randnr. 16, und vom 9. Oktober 2008, Sabatauskas u. a., C‑239/07, Slg. 2008, I‑7523, Randnrn. 38 und 39).

39      Die Fragen des vorlegenden Gerichts sind im Licht dieser Erwägungen zu beantworten.

 Zur ersten und zur zweiten Frage

40      Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 voraussetzt, dass die Bauleistung, die Gegenstand des Auftrags ist, in einem gegenständlich oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird und ihm unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt oder ob es ausreicht, dass diese Leistung eine öffentliche Zweckbestimmung wie die städtebauliche Entwicklung eines kommunalen Ortsteils erfüllt.

41      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Verkauf eines unbebauten oder bebauten Grundstücks durch eine öffentliche Stelle an ein Unternehmen keinen öffentlichen Bauauftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 darstellt. Zum einen muss die öffentliche Stelle bei einem solchen Auftrag nämlich die Position des Erwerbers und nicht des Verkäufers einnehmen. Zum anderen muss ein solcher Auftrag die Ausführung von Bauvorhaben zum Gegenstand haben.

42      Der Wortlaut von Art. 16 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 stützt diese Analyse.

43      Folglich ist ausgeschlossen, dass ein Verkauf – wie im Ausgangsverfahren der der Wittekind-Kaserne durch die Bundesanstalt an GSSI – als solcher einen öffentlichen Bauauftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 darstellen kann.

44      Die entsprechenden Fragen des vorlegenden Gerichts beziehen sich aber nicht auf dieses Verhältnis zwischen Verkäufer und Erwerber, sondern eher auf das Verhältnis zwischen der Stadt Wildeshausen und GSSI, also zwischen der für den Städtebau zuständigen öffentlichen Stelle und dem Erwerber der Wittekind-Kaserne. Das Gericht möchte wissen, ob in diesem Verhältnis ein öffentlicher Bauauftrag im Sinne der genannten Vorschrift liegen kann.

45      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass öffentliche Aufträge nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 schriftlich geschlossene entgeltliche Verträge sind.

46      Der Begriff des Vertrags ist für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2004/18 wesentlich. Gemäß dem zweiten Erwägungsgrund dieser Richtlinie wird mit ihr die Anwendung der Vorschriften des Unionsrechts auf die Vergabe von Aufträgen auf Rechnung des Staates, der Gebietskörperschaften und anderer Einrichtungen des öffentlichen Rechts bezweckt. Andere Arten von Tätigkeiten, die den öffentlichen Stellen obliegen, werden von dieser Richtlinie nicht erfasst.

47      Außerdem kann nur ein entgeltlicher Vertrag einen öffentlichen Bauauftrag im Sinne der Richtlinie 2004/18 darstellen.

48      Der entgeltliche Charakter des Vertrags impliziert, dass der öffentliche Auftraggeber, der einen öffentlichen Bauauftrag vergeben hat, gemäß diesem Auftrag eine Leistung gegen eine Gegenleistung erhält. Die Leistung besteht in der Erbringung der Bauleistungen, die der öffentliche Auftraggeber erhalten möchte (vgl. Urteile vom 12. Juli 2001, Ordine degli Architetti u. a., C‑399/98, Slg. 2001, I‑5409, Randnr. 77, und vom 18. Januar 2007, Auroux u. a., C‑220/05, Slg. 2007, I‑385, Randnr. 45).

49      Eine solche Leistung muss nach ihrer Natur sowie nach dem System und den Zielen der Richtlinie 2004/18 ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse für den öffentlichen Auftraggeber bedeuten.

50      Dieses wirtschaftliche Interesse ist eindeutig gegeben, wenn vorgesehen ist, dass der öffentliche Auftraggeber Eigentümer der Bauleistung oder des Bauwerks wird, die bzw. das Gegenstand des Auftrags ist.

51      Ein solches wirtschaftliches Interesse lässt sich ebenfalls feststellen, wenn vorgesehen ist, dass der öffentliche Auftraggeber über einen Rechtstitel verfügen soll, der ihm die Verfügbarkeit der Bauwerke, die Gegenstand des Auftrags sind, im Hinblick auf ihre öffentliche Zweckbestimmung sicherstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil Ordine degli Architetti u. a., Randnrn. 67, 71 und 77).

52      Das wirtschaftliche Interesse kann ferner in wirtschaftlichen Vorteilen, die der öffentliche Auftraggeber aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung des Bauwerks ziehen kann, in seiner finanziellen Beteiligung an der Erstellung des Bauwerks oder in den Risiken, die er im Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerks trägt, bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Auroux u. a., Randnrn. 13, 17, 18 und 45).

53      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass eine Vereinbarung, nach der ein erster öffentlicher Auftraggeber einem zweiten öffentlichen Auftraggeber die Errichtung eines Bauwerks überträgt, einen öffentlichen Bauauftrag darstellen kann, unabhängig davon, ob vorgesehen ist, dass der erste öffentliche Auftraggeber Eigentümer des gesamten Bauwerks oder eines Teils davon ist oder wird (Urteil Auroux u. a., Randnr. 47).

54      Daraus folgt, dass der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 voraussetzt, dass die Bauleistung, die Gegenstand des Auftrags ist, im unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse des öffentlichen Auftraggebers ausgeführt wird, ohne dass indessen erforderlich wäre, dass die Leistung die Form der Beschaffung eines gegenständlichen oder körperlichen Objekts annimmt.

55      Fraglich ist, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn mit den Bauleistungen ein im allgemeinen Interesse liegendes öffentliches Ziel erfüllt werden soll, für dessen Beachtung der öffentliche Auftraggeber zu sorgen hat, etwa die städtebauliche Entwicklung oder Kohärenz eines kommunalen Ortsteils.

56      In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist normalerweise für die Durchführung von Bauarbeiten, jedenfalls für solche von gewissem Umfang, eine vorherige Genehmigung der für den Städtebau zuständigen Behörde erforderlich. Diese Behörde hat in Ausübung ihrer Regelungszuständigkeiten zu beurteilen, ob die Durchführung der Arbeiten mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist.

57      Die bloße Ausübung von städtebaulichen Regelungszuständigkeiten im Hinblick auf die Verwirklichung des allgemeinen Interesses ist weder auf den Erhalt einer vertraglichen Leistung noch auf die Befriedigung des unmittelbaren wirtschaftlichen Interesses des öffentlichen Auftraggebers gerichtet, wie es Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 vorgibt.

58      Folglich ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 nicht voraussetzt, dass die Bauleistung, die Gegenstand des Auftrags ist, in einem gegenständlichen oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird, wenn sie diesem unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt. Die Ausübung von städtebaulichen Regelungszuständigkeiten durch den öffentlichen Auftraggeber genügt nicht, um diese letztgenannte Voraussetzung zu erfüllen.

 Zur dritten und zur vierten Frage

59      Mit der dritten und der vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 erfordert, dass der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, übernimmt und dass es sich um eine einklagbare Verpflichtung handelt.

60      Wie in den Randnrn. 45 und 47 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist, wird der öffentliche Bauauftrag in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 als ein entgeltlicher Vertrag definiert. Diesem Begriff liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der Auftragnehmer verpflichtet, die Leistung, die Gegenstand des Vertrags ist, gegen eine Gegenleistung zu erbringen. Mit dem Vertragsschluss im Rahmen eines öffentlichen Bauauftrags verpflichtet sich der Auftragnehmer somit, die Bauleistungen, die dessen Gegenstand bilden, durchzuführen oder durchführen zu lassen.

61      Es spielt keine Rolle, ob der Auftragnehmer die Leistungen mit eigenen Mitteln oder unter Inanspruchnahme von Subunternehmern erbringt (vgl. in diesem Sinne Urteile Ordine degli Architetti u. a., Randnr. 90, und Auroux u. a., Randnr. 44).

62      Da die Verpflichtungen, die sich aus dem Auftrag ergeben, rechtsverbindlich sind, muss ihre Erfüllung einklagbar sein. Mangels einer Regelung im Unionsrecht sind die Modalitäten für die Erfüllung solcher Verpflichtungen im Einklang mit dem Grundsatz der Autonomie dem nationalen Recht überlassen.

63      Folglich ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 erfordert, dass der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, übernimmt und dass es sich um eine nach den im nationalen Recht geregelten Modalitäten einklagbare Verpflichtung handelt.

 Zur fünften und zur sechsten Frage

64      Mit seiner fünften und seiner sechsten Frage, die zusammen zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die „vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse“ im Sinne der dritten in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 genannten Fallgestaltung entweder darin bestehen können, dass der öffentliche Auftraggeber die Befugnis ausübt, sicherzustellen, dass das zu errichtende Bauwerk einem öffentlichen Interesse entspricht, oder in der Ausübung der dem öffentlichen Auftraggeber zuerkannten Befugnis, die Baupläne zu prüfen und zu billigen.

65      Diesen Fragen liegt der Umstand zugrunde, dass der mutmaßliche öffentliche Auftraggeber im Ausgangsverfahren, die Stadt Wildeshausen, keine Auftragsbeschreibung oder Beschreibung der Erfordernisse in Bezug auf ein auf den Grundstücken der Wittekind-Kaserne zu errichtendes Bauwerk erstellt hat. Nach der Vorlageentscheidung hat die Stadt Wildeshausen lediglich beschlossen, dass sie bereit sei, das von GSSI vorgestellte Konzept zu prüfen und ein Verfahren zur Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans einzuleiten.

66      Im Rahmen der dritten in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 genannten Fallgestaltung ist indessen vorgesehen, dass öffentliche Bauaufträge die Erbringung einer „Bauleistung … gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen“ zum Gegenstand haben.

67      Ein öffentlicher Auftraggeber hat seine Erfordernisse im Sinne der oben angeführten Vorschrift nur dann genannt, wenn er Maßnahmen ergriffen hat, um die Merkmale der Bauleistung zu definieren oder zumindest einen entscheidenden Einfluss auf ihre Konzeption auszuüben.

68      Der bloße Umstand, dass eine Behörde in Ausübung ihrer städtebaulichen Regelungszuständigkeiten bestimmte, ihr vorgelegte Baupläne prüft oder eine Entscheidung in Anwendung von Zuständigkeiten in diesem Bereich trifft, genügt nicht der Voraussetzung der Erbringung „gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen“ im Sinne der genannten Vorschrift.

69      Somit ist auf die fünfte und die sechste Frage zu antworten, dass die „vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse“ im Sinne der dritten in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 genannten Fallgestaltung nicht in dem bloßen Umstand bestehen können, dass eine Behörde bestimmte, ihr vorgelegte Baupläne prüft oder in Ausübung ihrer städtebaulichen Regelungszuständigkeiten eine Entscheidung trifft.

 Zur siebten Frage

70      Mit seiner siebten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine öffentliche Baukonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 abzulehnen ist, wenn der einzige Wirtschaftsteilnehmer, dem die Konzession erteilt werden kann, bereits Eigentümer des Grundstücks ist, auf dem das Bauwerk errichtet werden soll, oder wenn die Konzession unbefristet erteilt worden ist.

71      Nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 sind öffentliche Baukonzessionen „Verträge, die von öffentlichen Bauaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht“.

72      Damit ein öffentlicher Auftraggeber seinem Vertragspartner das Recht auf Nutzung eines Bauwerks im Sinne dieser Vorschrift übertragen kann, muss er über die Nutzung des entsprechenden Bauwerks verfügen können.

73      Daran fehlt es in der Regel, wenn das Nutzungsrecht allein im Eigentumsrecht des entsprechenden Wirtschaftsteilnehmers verwurzelt ist.

74      Der Eigentümer eines Grundstücks ist nämlich berechtigt, dieses unter Beachtung der anwendbaren Rechtsvorschriften zu nutzen. Solange ein Wirtschaftsteilnehmer über das Recht auf Nutzung eines Grundstücks verfügt, das in seinem Eigentum steht, kann eine Behörde grundsätzlich keine Konzession über diese Nutzung erteilen.

75      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Wesen der Konzession darin besteht, dass das Betriebsrisiko in erster Linie oder jedenfalls in erheblichem Umfang vom Konzessionsnehmer selbst getragen wird (vgl. in diesem Sinne zu Dienstleistungskonzessionen Urteil vom 10. September 2009, Eurawasser, C‑206/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 59 und 77).

76      Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt vor, dass dieses Risiko in der Unsicherheit des Unternehmers in Bezug auf die Frage liegen könne, ob die für Städtebau zuständige Dienststelle der betreffenden Gebietskörperkörperschaft seine Pläne billigen werde oder nicht.

77      Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

78      In einer Situation, wie sie die Kommission anführt, stünde das Risiko in Verbindung mit den städtebaulichen Regelungszuständigkeiten des öffentlichen Auftraggebers und nicht mit der sich aus der Konzession ergebenden Vertragsbeziehung. Folglich wäre das Risiko nicht mit der Nutzung verbunden.

79      Jedenfalls geben, was die Dauer der Konzessionen anbelangt, gewichtige Gründe, zu denen insbesondere die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs gehört, Grund zur Annahme, dass die unbefristete Erteilung von Konzessionen entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in den Nrn. 96 und 97 seiner Schlussanträge gegen die Rechtsordnung der Union verstoßen würde (vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C‑454/06, Slg. 2008, I‑4401, Randnr. 73).

80      Somit ist auf die siebte Frage zu antworten, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine öffentliche Baukonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 abzulehnen ist.

 Zur achten und zur neunten Frage

81      Die achte und die neunte Frage des vorlegenden Gerichts sind zusammen zu behandeln. Mit seiner achten Frage möchte dieses Gericht wissen, ob die Bestimmungen der Richtlinie 2004/18 auf eine Situation Anwendung finden, in der eine öffentliche Stelle ein Grundstück an ein Unternehmen veräußert, während eine andere öffentliche Stelle beabsichtigt, einen öffentlichen Bauauftrag in Bezug auf dieses Grundstück zu vergeben, auch wenn sie noch nicht formell beschlossen hat, den entsprechenden Auftrag zu erteilen. Die neunte Frage betrifft die Möglichkeit, den Verkauf des Grundstücks und die spätere Vergabe eines Bauauftrags in Bezug auf dieses Grundstück in rechtlicher Hinsicht als eine Einheit zu bewerten.

82      Insoweit ist es vernünftig, die Anwendung der Richtlinie 2004/18 auf ein zweistufiges Vergabeverfahren, das durch den Verkauf eines Grundstücks gekennzeichnet ist, das später Gegenstand eines Bauauftrags wird, durch die Bewertung dieser Vorgänge als Einheit nicht von vornherein auszuschließen.

83      Gleichwohl bestätigen die Umstände des Ausgangsverfahrens das Vorliegen der Voraussetzungen für eine solche Anwendung der Richtlinie nicht.

84      Wie die französische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, haben die Parteien des Ausgangsverfahrens keine rechtsverbindlichen Verpflichtungen vereinbart.

85      Zunächst sind die Stadt Wildeshausen und GSSI keine derartigen Verpflichtungen eingegangen. 

86      Sodann hat GSSI keine Verpflichtung zur Durchführung des Konzepts zur Aufwertung des erworbenen Grundstücks übernommen.

87      Schließlich geben die notariellen Kaufverträge keinen Hinweis auf die bevorstehende Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags.

88      Die Absichten, auf die in den Akten hingewiesen wird, stellen keine verbindlichen Verpflichtungen dar und können in keiner Weise der Voraussetzung eines schriftlichen Vertrags genügen, die bereits nach dem Begriff des öffentlichen Auftrags gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 erforderlich ist.

89      Somit ist auf die achte und die neunte Frage zu antworten, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2004/18 unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens keine Anwendung auf eine Situation finden, in der eine öffentliche Stelle ein Grundstück an ein Unternehmen veräußert, während eine andere öffentliche Stelle beabsichtigt, einen öffentlichen Bauauftrag in Bezug auf dieses Grundstück zu vergeben, auch wenn sie noch nicht formell beschlossen hat, den entsprechenden Auftrag zu erteilen.

 Kosten

90      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

  1. Der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge setzt nicht voraus, dass die Bauleistung, die Gegenstand des Auftrags ist, in einem gegenständlichen oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird, wenn sie diesem unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt. Die Ausübung von städtebaulichen Regelungszuständigkeiten durch den öffentlichen Auftraggeber genügt nicht, um diese letztgenannte Voraussetzung zu erfüllen.
  2. Der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 erfordert, dass der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, übernimmt und dass es sich um eine nach den im nationalen Recht geregelten Modalitäten einklagbare Verpflichtung handelt.
  3. Die „vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse“ im Sinne der dritten in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 genannten Fallgestaltung können nicht in dem bloßen Umstand bestehen, dass eine Behörde bestimmte, ihr vorgelegte Baupläne prüft oder in Ausübung ihrer städtebaulichen Regelungszuständigkeiten eine Entscheidung trifft.
  4. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ist eine öffentliche Baukonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 abzulehnen.
  5. Die Bestimmungen der Richtlinie 2004/18 finden unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens keine Anwendung auf eine Situation, in der eine öffentliche Stelle ein Grundstück an ein Unternehmen veräußert, während eine andere öffentliche Stelle beabsichtigt, einen öffentlichen Bauauftrag in Bezug auf dieses Grundstück zu vergeben, auch wenn sie noch nicht formell beschlossen hat, den entsprechenden Auftrag zu erteilen.

Ältere Entscheidungen:
EuGH, 7.12.2000 - Rs. C-324/98 - Telaustria - NZBau 2001, 148
OLG Brandenburg, ZVgR 1999, 207 = WuW/E Verg 231 = BauR 1999, 1175 - Baukonzession
Vergabeüberwachungsausschuß Bayern, 28.8.1998 - VÜA 16/97 - WuW 99, 218 = WUW/E Verg 178/180 = ZVgR 1998, 584 - Flugbetriebsstoffversorgung