Leistung: zivilrechtlichi Obergriff für Lieferungen, Zuwendungen, Unterlassen von Handlungen -  vergabrechtlich: Bauleistung, Lieferauftrag, Dienstleistungsauftrag, Rahmenvertrag - § 103 GWB

Zivilrecht

Die zivilrechtliche Auslegung des Begriffs hat in dem hier zu behandelnden vergabrechtlichen  Zusammenhang wenig Bedeutung.
Vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, aktuelle Aufl.,  § 241 Rdnr. 4 und 5 , m.w.Nachw.

Vergaberecht

 

Leistungsarten nach § 103 GWB

Übersicht

  • Bauaufträge
  • Lieferungen
  • Dienstleistungen
  • Soziale und andere besondere Dienstleistungen
  • Freiberufliche Leistungen
  • Rahmenvereinbarungen

 

 

1.Bauaufträge

Darunter fallen „reine Bauaufträge“ („Bauwerke“) und „Bauleistungen“ für Bauwerke. Werden neben „Bauleistungen“ weitere Leistungen (Lieferungen und Dienstleistungen) vergeben, so liegen  „gemischte Verträge“ vor, die vergaberechtlich (insofern nicht zivilrechtlich) einzuordnen sind (s. u. „gemischte Aufträge“). Für die Entscheidung ist in einem 1. Schritt das Vorliegen eines „Bauauftrags“ zu prüfen. Davon abhängig sind

  • der Schwellenwert (vgl. § 106 GWB, 3 VgV)
  • die Anwendung von GWB, VOB/A oder VOB/A EU je nach Schwellenwert bzw.
  • die UVgO (Lieferungen, Dienstleistungen, freiberufliche Leistungen.

 Bei „gemischten Leistungen“ (Lieferungen, Dienstleistungen, Bauleistungen bzw. -auftrag) ist im EU-Verfahren der „Hauptgegenstand“ maßgeblich (vgl. § 110 I GWB), nicht der „Wert“ (nur Anhaltspunkt, maßgeblich „Gesamtumstände“: rechtlich, wirtschaftlich, technisch.

Vgl. Ziekow/Völlink, VergabeR, GWB, § 110 Rn. 10 ff; auch Bartl, GWB, § 110, Anm. 1.1.; Müller-Wrede, GWB, § 110 Rn. 12; auch Kulartz u. a., UVgO, § 1 Rn38 f.

In der fehlerhaften Annahme eines Bauauftrags statt einer Lieferung bzw. Dienstleistung dem Unterschwellenwert z. B. von 250.000 € liegt eine unzulässige nationale Vergabe infolge Überschreitens des Schwellenwerts. Der Vertrag wäre nach § 135 I GWB unwirksam. 

Vgl. zu gemischten Verträgen Ziekow/Völlink, GWB, § 110 Rn. 10 f; zu den Folgen bei unzulässigen Unterschwellenvergaben OLG München, Beschl. v. 19.06.2017 - 21 W 314 / 17: Erlass einer Einstweiligen Verfügung auf vorläufiges Untersagen der Vergabe; ferner zum Rechtsschutz Leinemann, Ralf/ Gesing, Simon, Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte und  Kostentragungen,  Vergabe News 2019, 194; auch Hausmann, Friedrich Ludwig, Geltung der vergaberechtlichen Rahmenbedingungen für Versorgungsverträge im Unterschwellenbereich, NZBau 2020, 228; auch bereits Bartl, GWB, § 106 Anm. 2; ders., VgV, § 2 Anm. 5.1.; zu Bauleistungen auch Kulartz u. a., VgV, § 2 Rn. 36 f, zu gemischten Verträgen Rn. 48 f.

Liegen lediglich Lieferungen bzw. Dienstleistungen und zusätzlich Nebenleistungen wie z. B. Instandhaltung, Bauänderungen oder ähnliche Eingriffe in die Bausubstanz vor, ist nicht der regelmäßig über ca. 5 Mio. E liegende Bau-Schwellenwert, sondern der erheblich niedrigere Schwellenwert von ca. 200.000 € und das das nationale Verfahren maßgeblich – anders folglich nur bei einer Bauleistung nach § 110 I GWB als Hauptleistung („Hauptgegenstand“). Für die Entscheidung ist nicht allein das erwähnte Wertverhältnis von Bau- und sonstiger Leistung maßgeblich. Es hat nur indizielle Bedeutung. Maßgeblich ist die „gegenständliche Bedeutung und die funktionale Zuordnung“ der Leistungsteile (alle Leistungen für die „Funktionsfähigkeit“ des Gebäudes). Einordnungen nicht der Vermeidung eines EU-Verfahrens dienen (Umgehung). Eine „großzügige Betrachtungsweise“ ist unzulässig.

Immer  ist folglich in einem ersten Schritt zu prüfen, ob eine Bauleistung vorliegt, sodann ob diese den Hauptgegenstand bildet und für die Funktion des „Gebäudes“ notwendig ist. Das ist für Klimaanlagen, Aufzüge, Brandmeldeanlagen, nicht für mobile Standardgegenstände (Möbel, IT-Einrichtungen etc.) anzunehmen. Lieferungen mit Maurerarbeiten sind nicht „typisch“ für Bauleistungen. Allenfalls kann es hier um die wenig relevante Abgrenzung on Liefer- und Dienstleistungen (wertmäßig) gehen.

Vgl. Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB, § 103 Rn. 12, 14, auch 74 f, 76 (Beispiele) m. w. Nachw.; Bartl, GWB, § 106 Rn. 2, m. w. Nachw.; auch Kulartz u. a., GWB, § 103 Rn. 430, m. w. Nachw.

13 Die zivilrechtliche Einordnung der Leistungen ist in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich (Kauf, Werkvertrag etc.).

Ziekow-Völlink, GWB, Vergaberecht, § 103, Rn. 76 a. E.; vgl. hierzu bereits OLG Dresden, Beschl. v. 2.11.2004 – WVerg 11/04 – VergabeR 2005, 258, m. Anm. v. Herrmann, Alexander (zustimmend) – „Bauauftrag“ – Funktionstheorie – Berufsschulzentrum.

        Zu Planungs- und Architektenleistungen vgl. § 50 UVgO.

  1. Lieferaufträge

In § 103 II GWB ist der Lieferauftrag als Beschaffung von „Waren“ und „Erwerbsvarianten“ wie Kauf, Leasing, Miete etc.  § 1 UVgO setztden Begriff voraus. Gemeint sind „Gegenstände“, auch Aufträge über  Waren mit Montage etc. (Nebenleistungen), solange nicht die weiteren Leistungen den „Warenwert“ übersteigen und es sich insgesamt um Dienstleistungen handelt. Der Schwellenwert ist für beide Bereiche identisch. „Gemischte Aufträge“ mit Lieferungen und Dienstleistungen sind einfach abzugrenzen. Maßgeblich ist der  jeweils höhere Wert nach § 110 II Nr. 2 GWB.

Vgl. Ziekow/Völlink, VergabeR, GWB, § 103 Rn. 107, § 110 Rn. 11, 12, m. Hinw. auf EuGH, Urt. v.11.6.2009 – C-300/07 – AOK (Rn. 63, 64) ; auch Bartl, GWB, § 110, Anm. 1.1.; Müller-Wrede, GWB, § 110 Rn. 17, 18. 

Insofern ergeben sich deshalb keine besonderen Probleme, weil der Schwellenwert für Liefer- und Dienstleistungsaufträge identisch ist (vgl. §§ 106 GWB, 3 VgV).

  1. Dienstleistungen

Auch insofern kann ebenfalls auf den in §§ 103 IV, 110 II Nr. 2 GWB enthaltenen Rechtsgedanken (Negativabgrenzung) zurückgegriffen werden. Dienstleistungsaufträge liegen vor, wenn Lieferung und Bauauftrag nicht betroffen sind.

Ziekow/Völlink, VergabeR, GWB, § 103 Rn. 107 f; auch Kulartz u. a., VgV, § 1 Rn. 28 – sog. „Restformel“.

Die Abgrenzung zur Lieferung (s. o.) erfolgt durch den höheren Wert der Dienstleistung. Auch insofern ergeben sich für die Abgrenzung der Dienstleistungen keine Probleme, da – wie erwähnt – der identische Schwellenwert für beide Leistungen maßgeblich ist.

  1. Soziale und andere besondere Dienstleistungen

Hier fallen die „Besonderen Ausnahmen“ des § 116 GWB (Rechtsdienstleistungen, Forschung und Entwicklung, etc.) un d ferner die „Aufträge über soziale und andere besondere Dienstleistungen“ wie z. B. Notfallrettungsdienstleistungen etc. zu (vgl. insofern §§ 116 <Besondere Ausnahmen>, 130 GWB <soziale und andere besondere Dienstleistungen> - vgl. auch § 49 UVgO).

Vgl. Bartl, GWB, § 130 Anm. 2; vgl. auch dort den Anhang XIV; auch ders., § 64 VgV. Ferner Kulartz u. a., VgV, § 64 Rn. 3 f.

Insofern wird auf die Ausführungen zu § 49 UVgO verwiesen.

  1. Freiberufliche Leistungen

Für Freiberufliche Leistungen ist in § 50 UVgO (vgl. Fn.) eine Sonderregelung vorgesehen.

  1. Rahmenvereinbarungen

Rahmenvereinbarungen gehören zu den „besonderen Methoden und Instrumenten“ in Vergabeverfahren. Sie weisen einige Besonderheiten auf. In § 1 UVgO sind sie wohl in „Anklang“ an § 103 V GWB aufgenommen worden. Eine besondere Bedeutung ist dem  nicht zuzumessen. Wegen der weiteren Einzelheiten ist auf die §§ 103 V GWB, 21 VgV, 15 UVgO zu verweisen.

 

Vergleiche insoweit die Ausführungen zu Lieferungen.
Vergaberechtlich ist inbesondere zu unterscheiden zwischen

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