BGB - § 311 BGB  Schuldverhältnisse:

A. Schuldverhältnisse

- "rechtgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse" - § 311 II, III BGB - früher "culpa in contrahendo"

- vertragliche und vertragsändernde Schuldverhältnisse - § 311 I BGB

- gesetzliche Schuldverhältnisse - § 311 I BGB - vor allem z. B. §§ 812, 823 BGb - Urheberrechtsgestz, Produkthaftungsgesetz etc.

Voraussetzung eines Vertrages sind Antrag und Annahme (vgl. § 151 1. Halbs. BGB).

Annahme und Antrag sind rechtsverbindliche Willenserklärungen, die von allgemeinen nicht rechtsverbindlichen Erklärungen abzugrenzen sind (z.B. Werbeerklärungen - Aufforderungen zur Aufnahme der Vertragsverhandlungen). Insbesondere muß der Antrag so hinreichend bestimmt sein, daß die Annahme durch ein einfaches "Ja" erfolgen kann.
Verträge mit der öffentlichen Hand kommen nach den Bestimmungen der VgV bzw. UVgO - früher  VOL/A etc. zustande. Verstöße gegen die vceregabrechtlichen  Bestimmungen können die Anrufung der Vergabekammer bzw. auch Schadensersatzansprüche - vergaberechtlich nach § 180 GWB - zivilrechtlich nach den §§ 311 II, 241 II, 280 fBGB - zur Folge haben.


B. Rahmenvereinbarung

Rahmenvereinbarung

Vgl.§ 103 V GWB, 21 VgV - § 15 UVgO

Inhalt

  • 1.Übersicht
  • 2.Rechtsprechung
  • 3. Literatur

 1.Übersicht

Rahmenvereinbarung

Laufzeit: höchstens vier Jahre - § 21 VI VgV, sechs Jahre - § 15 IV UVgO

Unzulässigkeit der missbräuchlichen oder wettbewerbsbehindernden, -einschränkenden oder –verfälschenden Art - § 21 I  VgV

in Aussicht genommenes Auftragsvolumen

Kritischer Bereich –Mindest-/Höchstmenge etc.

Ermittlung so genau wie möglich

nicht abschließend

Bekanntmachung des Volumens

Verfahrensart

Offenes Verfahren

Nichtoffenes Verfahren

Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb

I. Rahmenvereinbarung mit einem oder mehreren Unternehmen

Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen

Vergabeverfahren – offenes bzw. nichtoffenes oder Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb

Zuschlag an Vertragspartei der Rahmenvereinbarung

Ausschließliche Beteiligung dieser Vertragspartei

Vergabe der Einzelaufträge

Bedingungen des Einzelauftrags

Eventuelle Ergänzung des Angebots nach Aufforderung

Erteilung des Einzelauftrags an Vertragspartei

II. Rahmenvereinbarung mit mehr als einem Unternehmen

§ 21 IV VgV

Nr. 1.: Einzelauftrag ohne erneutes Vergabeverfahren

Nr. 2.Einzelauftrag (teilweise) ohne erneutes Vergabeverfahren

Nr. 3.: Einzelauftrag (teilweise) mit erneutem Vergabeverfahren

Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen

Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen

Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen

- alle Bedingungen für die Leistung

-alle Bedingungen für die Leistung

- nicht alle Bedingungen für die Leistung

- Festlegung der objektiven Bedingungen für die Auswahl

- Festlegung der objektiven Bedingungen für die Auswahl

- Festlegung der Möglichkeit in Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen hinsichtlich direkter Vergabe bzw. Einzelauftrag mit erneutem Vergabeverfahren

Zuschlag an Vertragspartei

Zuschlag an Vertragsparteien

Entscheidung über direkte Vergabe oder erneutes Vergabeverfahren

Vergabe des Einzelauftrags an Vertragspartei

Vergabe des Einzelauftrags an Vertragspartei

- nach bekanntgemachten oder in Vergabeunterlagen enthalten objektiven Kriterien der Rahmenvereinbarung

- und außerdem Festlegung der Bedingungen für das erneute Vergabeverfahren

- nach allen Bedingungen für die Leistung und

- nach allen Bedingungen für die Leistung und

Durchführung des Vergabeverfahrens nach denselben Bedingungen wie der Abschluss der Rahmenvereinbarung und erforderlichenfalls weiteren Bedingungen in Auftragsbekanntmachung oder Vergabeunterlagen

- nach den festgelegten objektiven Bedingungen für die Auswahl

- nach den festgelegten objektiven Bedingungen für die Auswahl

-Konsultation der „geeigneten“ Unternehmen in Textform vor jedem Einzelauftrag

Wertung

Wertung

- Setzen einer ausreichenden Frist für die Abgebe der („verschlossenen“) Angebote

Auftragserteilung

Auftragserteilung

- Auftragserteilung nach den bekanntgemachten oder in den Vergabeunterlagen enthaltenen Zuschlagskriterien auf das jeweils wirtschaftlichste Angebot

         

2. Rechtsprechung

EuGH, Urt. v. 17.06.2021 -  C - 23 – 20 - Nutricia – „offene Rahmenvereinbarung“ ohne Höchstwertangabe rechtswidrig - Erwerb von Ausrüstung für künstliche Ernährung über Sonden häuslich versorgter Patienten und für Heime – Erforderlichkeit der Bekanntmachung mit Schätzwert oder Schätzmenge und Höchstmenge oder Höchstwert - Auftragsbekanntmachung ohne Angaben zum geschätzten Wert der Beschaffung der Rahmenvereinbarung und ohne Höchstwert der Rahmenvereinbarungen oder der geschätzten Menge oder Höchstmenge der nach den Rahmenvereinbarungen zu beschaffenden Waren: „54 Im Hinblick auf die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 genannten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sowie die allgemeine Systematik der Richtlinie ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung keine Angaben zu einem Höchstwert der gemäß einer Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren machen.“ ...“ 68 Aus alledem folgt, dass öffentliche Auftraggeber, die von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt sind, sich für sich selbst und für potenzielle öffentliche Auftraggeber, die in dieser Vereinbarung eindeutig genannt werden, nur bis zu einer Höchstmenge und/oder einem Höchstwert verpflichten können und dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist.“ – Aber: Unwirksamkeit des Rahmenvertrags wäre unverhältnismäßig – also Einschränkung der Unwirksamkeit - Tenor: 1. Art. 49 der Richtlinie 2014/24/EU .... Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sind dahin auszulegen, dass in der Bekanntmachung sowohl die Schätzmenge und/oder der Schätzwert als auch eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren anzugeben sind und dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist. Art. 49 der Richtlinie 2014/24 sowie deren Anhang V Teil C Nrn. 7 und 10 Buchst. a in Verbindung mit deren Art. 33 und den in Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz sind dahin auszulegen, dass die Schätzmenge und/oder der Schätzwert sowie eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren als Gesamtmenge oder -wert in der Bekanntmachung anzugeben sind und dass in dieser Bekanntmachung zusätzliche Anforderungen festgelegt werden können, über deren Aufnahme in die Bekanntmachung der öffentliche Auftraggeber entscheidet. 2. Art. 2d Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er nicht anwendbar ist, wenn eine Auftragsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, selbst wenn zum einen die Schätzmenge und/oder der Schätzwert der gemäß der geplanten Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren nicht aus der Bekanntmachung, sondern aus der Beschreibung hervorgehen und zum anderen weder in der Bekanntmachung noch in der Beschreibung eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren angegeben sind.“ –andernfalls Unverhältnismäßigkeit.

EuGH, Urt. v. 19.12.2018 - C - 216 / 17 - Krankenhausreinigung und Abfallentsorgung – Rahmenvereinbarung – Art. 1 V, 32 II Ua 4 RL 2004/18 (nicht 2014/18) – Auftraggeber kann anderen öffentlichen Auftraggebern den Zugang zur Rahmenvereinbarung einräumen (Rn. 55) ohne Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung (Rn. 56) unter der Voraussetzung, dass dieser weitere Auftraggeber eindeutig in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich genannt wird und damit auch jedem interessierten Wirtschaftsteilnehmer angezeigt ist (Nennung in der Rahmenvereinbarung selbst oder in einer Erweiterungsklausel der Verdingungsunterlagen, bei Einhaltung der Anforderungen an Publizität, Rechtssicherheit und damit an die Transparenz - Festlegung der Bedingungen in der Rahmenvereinbarung insbesondere des Preises und der in Aussicht genommene Menge (zwingend, nicht lediglich nur fakultativHöchstmenge, Gesamtwert aller für die Laufzeit geplanter Aufträge in Bekanntmachung, Häufigkeit der zu vergebenden Aufträge – Auslaufen der Rahmenvereinbarung bei Erschöpfung der Menge etc. – Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und der daraus folgende Grundsatz der Transparenz verlangen, „dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit, erstens, alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und, zweitens, der öffentliche Auftraggeber imstande ist, tatsächlich zu überprüfen, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen“ (Rn. 59) – Unzulässigkeit: fehlende Bestimmung der Menge der Leistungen durch die die Rahmenvereinbarung nicht unterzeichnenden öffentlichen Auftraggeber. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf die „alte Richtlinie 2004/18“, hat auch Bedeutung für die aktuelle Richtlinie 2014/18. 

OLG Celle, Beschl. v. 19.03.2019 - 13 Verg 7 – 18 - Rahmenvertrag – Postdienste - Aufhebung – Fortsetzungsfeststellungsantrag – Rüge (Zuschlagskriterien: „Preis“ (zu 30 %), „Einheitliches Codiersystem“ (zu 20 %), „Möglichkeit der E+1-Zustellung“ (zu 20 %) und „Quote der garantierten E+1-Zustellung“ (zu 30 %) etc. – Eignungsanforderungen (Zustellgeschwindigkeit etc.) – Leistungsbeschreibung (Rahmenvereinbarung): Einschränkung durch das Gebot des Mach- und Zumutbaren sowie VerhältnismäßigkeitPflicht zur sorgfältigen Ermittlung des ..voraussichtlichen Bedarfs“ nach Möglich- und Zumutbarkeit – Ausreichen der sorgfältigen Prognose der wesentlichen Bedingungen – Diskriminierung durch Kriterien etc. – umfangreiche Einzelfallprüfung hinsichtlich zahlreicher Kriterien.

OLG Dresden, Beschl. v. 21.02.2020 - Verg 7-19 - Rahmenvertrag für Schutzwesten – §§ 53 II S. 2, 57 I Nr. 1, 57 I Nr. 2 VGV - Einreichen von Musterstücken auf dem Postweg – Unklarheit hinsichtlich der Angebotsform im Übrigen für die Angebote selbstunterschiedliche Umschreibung

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.07.2020 - Verg 40 – 19 - Rahmenvereinbarungen Malerarbeiten für 100 Liegenschaften in 72 Gebietslosen – „Handwerkerpool“ (Aufträge jeweils bis zu einem Auftragswert von € 25.000,00 je Einzelauftrag) – Bauleistung – Auftragswertschätzung (über Schwellenwert) – Gesamtauftragswert – Lose und Auftragswert (Gesamtwert aller Lose) – betroffene Bauleistungen: Malerarbeiten der Klasse 45.44 - Anhang II der RL 2014/24/EU („Maler- und Glasergewerbe“), nach der Leistungsbeschreibung insbesondere Ausbesserung von Gipsputz an Decken und Wänden (Ziff. 1.2.1), Verschließen von Putzrissen an Decken und Wänden (Ziff. 1.2.2), Entfernen alter Tapezierung und die Neutapezierung mit Grundbeschichtung und mineralischer Untergrundbespachtelung (Ziff. 1.2.6 ff.), die Erst- und Überholungsbeschichtung verschiedener Bauteile (Ziff. 1.2.17 ff.) sowie Arbeiten an Außenfassade (Ziff. 1.5) mit (geringfügiger) Veränderung des Bauwerks – Gesamtauftragswert: alle Gebietslose – zusammengehörig und alle Lose gleichzeitig ausgeschrieben – unerheblich Angebotsbeschränkung auf 5 Lose

OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 18.02.2020 - 11 Verg 7 – 19 – Rahmenvereinbarungen - Beauftragung von Sachverständigengutachten – Polizeipräsidium – zwingende Vorgabe der Nutzung Vergabeplattform und „AI Bietercockpit“ – Verschlüsselung – nicht ausreichend E-Mail-Angebot - Angebotsform -– Angebot durch formwidrige E-Mail und sodann verschlüsseltes und fristgerechtes Einreichen über Vergabeplattform – unberechtigter Ausschluss – keine „Infektion“ des „zweiten verschlüsselten Angebots“ durch formwidrige E-Mail – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – Geheimwettbewerb – keine Divergenzvorlage an BGH wegen OLG Karlsruhe im Beschluss vom 17.03.2017- 15 Verg 2/17 – amtlicher Leitsatz: Wird ein Angebot über die in den Ausschreibungsbedingungen angegebene Vergabeplattform verschlüsselt und fristgerecht eingereicht, ist es nicht allein deshalb vom Verfahren auszuschließen, weil es zuvor formwidrig per E-Mail an die Vergabestelle übermittelt worden war.

VK Bund Beschl. v. 19.1.2021 - VK 2 - 109/20 – Büromaterial – Rahmenvertrag – Katalog - Antragsbefugnis – Präklusion (<nicht vorliegende> unzulässige de-facto-Vergabe des „Randsortiments“) - Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes durch „durchschnittlichen Bieter bei Durchsicht etc. der Vergabeunterlagen ohne anwaltliche Hilfe – Unbegründetheit: kein zulässiges Wertungskriterium Preis: Schwerpunkt der Preisprüfung auf sog. Kernsortiment <63 „Highrunner“-Büroartikel> und „eher grobe Sichtung des Randsortiments“) –– kein spekulatives bzw. unauskömmliches Angebot (Aufgreifschwelle nicht erreicht) – kein unterbliebener Nachweis der Punch-Out-Referenz, nicht erforderliche Nachunternehmererklärung (Hilfsleistung: Logistik) – Vorliegen der Referenzen für Punchout-Katalog des Bieters (Anzahl, Vergleichbarkeit, Leistungszeitraum) - Prüfung – Gleichbehandlung – Vorlage der geforderten Aufklärung für Punchout-Katalog - OCI-Punchout-Katalog <branchenübliche Software> – Erfüllung der Anforderungen an Punchout-Referenz.

 3. Literatur – Auswahl

 Csaki, Alexander/ Winkelmann, Fin, Die praktische Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zu Rahmenvereinbarungen,  NZBau 2019,  758

Koch, Moritz Philipp, Flexibilität von Rahmenvereinbarungen bei IT-Beschaffungen, MMR 2020, 213

Leistner, Matthias; Perino, Gianna, Second medical use Patente und  Arzneimittelrabattverträge – Ein ganzheitlicher Lösungsvorschlag auf kartellrechtlichem Wege, PharmR 2020, 743

Orf, Daniel Lucas/Gesing, Simon, Rahmenvereinbarungen – zwischen Effizienz und  formalen Zwängen, Vergabe News 2020,18

Schmidt, Moritz; Kirch, Thomas, Direktabruf und Miniwettbewerbe bei Rahmenvereinbarungen Pandamic, Vergabe News 2020, 98

 


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