Verträge mit der öffentlichen Hand kommen zustande durch Angebot des Bieters und Zuschlag des Auftragebers (vgl. insofern §§ 145 ff BGB - insbesondere §§ 151, 150 I, II BGB einerseits und §§ 53, 58 VgV bzw. §§ 38, 43 UVgO).

Zivilrechtlich wird der Vertrag durch Antrag und übereinstimmende rechtzeitige Annahme geschlossen - §§ 151, 150, BGB. Im Vergaberecht sind diese Grundsätze  ebenfalls zu beachten. Allerdings sind Besonderheiten der Vergabeverfahren zu beachten.

Angebote müssen form- und fristgerechte eingereicht werden. Der Bieter ist nach Abgabe des Angebots bis zum Ablauf der Bindefrist gebunden. Der Zuschlag ist rechtzeitig - grundsätzlich in der Zuschlagsfrist (entfallen) bzw. Bindefrist - zu erteilen. Angebots- und Bindefrist sind in §§ 13 UVgO, 20 VgV geregelt. Die Zuschlagsfrist ist nicht mehr vorgesehen.

Vertragsschluss - Zuschlag – Antrag - Annahme – AGB

Übersicht

I. Schaubild

II. Neuere Rechtsprechung und Literatur

I. Schaubild

Vertragsschluss – Angebot – Annahme Angebotsfrist - Änderung/Ergänzung der Vergabeunterlagen - Kollision der AGB

Übersicht

 A Vergabeunterlagen

Angebot

+ Arz 1)

Zuschlag

+Arz

Antrag und Annahme Vertragsinhalt wie Vergabeunterlagen

A Vergabeunterlagen

 

+ Avsp 2)

+ Arz – Zuschlag statt Ausschluss

Vertrag – richtig wäre Ausschluss nach §§ 13 I, 42 I Nr. 1 UVgO, 57 I Nr. 1 VgV

 

A Vergabeunterlagen

 

+ Arz

+  Arz - Zuschlag nach Verlängerung der  Bindefrist

+  Arz - Vertrag

 

A Vergabeunterlagen

 

+ Arz

 + B = Zuschlag nach Ablauf der Bindefrist „neuer Antrag“

+  Arz – Vertragsschluss zivilrechtlich wirksam, vergaberechtlich bedenklich 3)

 

A Vergabeunterlagen mit AGB

+ Arz Angebot wie Vergabeunterlagen

 

+ Arz Zuschlag

 

Vertrag mit

Auftraggeber - AGB

A Vergabeunterlagen mit AGB

B 4) Angebot mit eigenen AGB oder Änderung der Vergabeunterlagen

 

Ausschluss nach § 42 I Nr. 4 UVgO, 57 I Nr. VgV 5)

Kein Vertrag

A Vergabeunterlagen mit AGB

 

B Angebot mit eigenen AGB oder Änderung bzw. Ergänzung der Vergabeunterlagen

+ Brz = Zuschlag statt Ausschluss nach  § 42 I Nr. 4 UVgO

Vertrag mit Bieter-AGB – schwerer Fehler -aber anders „Einzelfall“-Entscheidung (?) des BGH 5)

A Vergabeunterlagen mit AGB

 

B Angebot nur mit eigenen AGB – Monopolist  - Verhandlungsverfahren (?)

 

Brz  Zuschlag auf B

 

 

Angebot maßgeblich für Vertragsinhalt – Vertrag mit AGB des Bieters – Begründung in Dokumentation (fehlende Durchsetzbarkeit der eigenen AGB)

1) rz = rechtzeitig

2) versp = nach Ablauf der Angebotsfrist - nach Ablauf der Angebotsfrist vgl. §§ 13 I, 42 I Nr. 1 U VgO, 20, 53 I Nr. 1 VgV – verfristetes Angebot

3) Müssen den anderen Bietern diese Möglichkeit auch eingeräumt werden – Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz? – Vgl. BGH, Urt. v. 6.9.2012 - VII ZR 193/10 – NZBau 2012, 694 - abändernder Zuschlag (neue Bauzeit, Herausnahme einzelner Leistungen) als neuer Antrag

3) B = von den Vergabeunterlagen abweichendes oder ergänzendes Angebot – vgl. § 42 I Nr. 1 UVgO, 57 I Nr.1 VgV

4)  Vgl. Beifügung zum Angebot - OLG Naumburg, Urt. v. 26.10.2004 – 1 U 30/04 - VergabeR 2005, 261 (Anm. v. Noch): Beifügung eigener AGB durch Bieter in Angebotsschreiben – „Hiermit hat sie (ergänzt Bieter) sogar massiv gegen in die vorgegebenen Vertragsbedingungen ... verstoßen...“

5) BGH Urt. v. 18.6.2019 - X ZR 86-17 – Straßenbauarbeiten – AGB (hier ZVBBau) mit qualifizierter Abwehrklausel und abweichende Zahlungsbedingungen im Angebot – kein Vertragsinhalt der Bieter-AGB – Missverständnis – kritisch zu sehen.

II. Einzelheiten

  • Übersicht
  1. Zuschlag
  • 1.1. Zuschlag und Vertragsschluss
  • 1.2. Entscheidung durch zwei Vertreter
  • 1.3. Zuschlagskriterien
  1. Bekanntmachung
  2. Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots
  3. Mögliche weitere Kriterien neben dem Preis bzw. den Kosten
  4. „In Verbindung“ mit dem Auftragsgegenstand
  5. Gewichtung

 

1. Zuschlag

1.1. Zuschlag und Vertragsschluss

Wie der Vertrag zustande kommt, ist weder im GWB, noch in  VgV oder UVgO geregelt. Maßgeblich sind insofern die §§ 151 1. Halbs., 130, 145 f BGB. Die Bekanntmachung bzw. die Vergabeunterlagen enthalten die Aufforderung zur Abgabe eines Vertragsantrags, hier eines Angebots, das durch den Zuschlag angenommen wird.

BGH, Urt. v. 6.9.2012 - VII ZR 193/10 – NZBau 2012, 694 - abändernder Zuschlag (neue Bauzeit, Herausnahme einzelner Leistungen) als neuer Antrag; OLG Thüringen, Beschl. v. 30.10.2006 – 9 Verg 4/06 – Winterdienst etc. – Bindefristablauf; hierzu auch Bartl, GWB, § 127 Anm. 1.

Im Vergabeverfahren haben insofern die zivilrechtlichen Grundsätze Bedeutung. Für Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens greifen die Pflichten nach §§ 241 II [311 II, III, 280, 249 f] BGB – frühere c.i.c.) ein.

Angebots- und Bindefristen sind nach den §§ 13 UVgO, 20 VgV festzulegen. Verspätete Angebote werden ausgeschlossen (§ 42 I Nr. 1 UVgO, 57 I Nr. 1 VgV). Ist die Bindefrist abgelaufen (vgl. § 150 I BGB), so liegt im Zuschlag ein „neuer Antrag des Auftraggebers“, der der Annahme des Bieters bedarf. Weicht der Zuschlag vom Angebot ab, so liegt darin ein neuer Antrag vor, der der Annahme durch den Auftragnehmer bedarf.

Für den Zuschlag sieht § 43 UVgO (§ 58VgV) keine Form vor. Insoweit ist § 7 II UVgO einschlägig. Da der Zuschlag das Angebot betrifft, scheidet (nicht nur aus Beweisgründen) die mündliche Form aus. Ferner ist eine „ausreichende und geeignete Dokumentation“ (vgl. § 6 I UVgO) erforderlich. Folglich wird man den Zuschlag via E-Mail oder Fax mit Aufforderung zur Bestätigung des Zuschlags oder eben elektronisch erteilen.

1.2. Entscheidung durch zwei Vertreter

Bei der Entscheidung über den Zuschlag „sollen“ in der Regel mindestens zwei Vertreter des Auftraggebers mitwirken (§ 43 VIII UVgO, § 58 V VgV). Unter „Mitwirkung“ ist eine entsprechende „gemeinsame Entscheidung“ zu verstehen. Um „Patt-Situationen“ zu vermeiden, sollte insofern ein „Dreier-Gremium“ vorgesehen sein, um in Streitfällen eine Abstimmung herbeizuführen. Der Schritt ist nach § 6 I UVgO zu dokumentieren. Die weiteren Maßnahmen („Compliance“-Aspekte) sind in das Ermessen des Auftraggebers gestellt. Bei der Öffnung (vgl. § 40 UVgO; vgl. § 55 II VgV) und der Zuschlagsentscheidung darf es sich insofern um dieselben Personen handeln. Weitergehende Maßnahmen sind, falls entsprechendes Personal verfügbar ist, durchaus zu empfehlen.

Selbstverständlich sind die in den §§ 3 – 5 UVgO (vgl. auch §§ 5 - 7 VgV) enthaltenen Grundsätze (Vertraulichkeit, Interessenkonflikt, Vorbefassung etc.) auch hier zu beachten.

1.3. Zuschlagskriterien

Während § 58 I VgV auf § 127 GWB und den darin enthaltenen Grundsatz verweist, dass der Zuschlag „auf das wirtschaftlichste Angebot“ erteilt wird und dort folglich auf die Ausführungen zu § 127 GWB Bezug genommen werden kann, fehlt dies in § 43 UVgO.

Allerdings stimmen § 127 I GWB und § 43 I, II UVgO sachlich wohl vollständig überein. § 58 II konkretisiert wie auch § 43 II UVgO den in § 127 I S. 2 und 3 GWB enthaltenen Grundsatz, wonach neben dem Preis auch „qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien“ berücksichtigt werden können.

Hierzu u. a. Ferber, Thomas, Das Rätsel „Preis-Leistungs-Verhältnis“, Vergabe Navigator Sonderheft 2016, 23; Ferber, Thomas, Die Crux mit den Noten, VergabeNavigator 2016, 10; Ferber, Thomas: Vor- und Nachteile verschiedener Wertungssysteme, Vergabe Fokus 6/2016, 14; Gaus, Michael, Abschaffung der Schulnoten in der Angebotswertung?, NZBau 2017, 134; Hake, Martin, Praxistest Wirtschaftlichkeit, Vergabe Navigator Sonderheft 2016, 19; Janitzek, Robert, Durchführung eines Qualitätswettbewerbs, Vergabe News 2016, 182; Kirch, Thomas; Jentzsch, Laura: Wertung von Konzepten – Neues vom Schulnotensystem (Vergabe News 1/2017, 2; Mohr, Jochen; Sozial motivierte Beschaffungen nach dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2016, EuZA 1/2017, 23; Noch, Rainer, Gute Noten für die Schulnoten (Vergabe Navigator 1/2017, 23; Rhein, Kay-Uwe: Energieeffiziente Feuerwehr, Vergabe Navigator 2017, 8.

  • 43 II UVgO stimmt mit § 58 II VgV wörtlich überein.

Zuschlagskriterien (§ 43 UVgO, § 58 VgV) sind von Eignungskriterien (§§ 31, 33 UVgO und Ausführungsbedingungen (§ 45 UVgO) getrennt zu prüfen und zu unterscheiden.

Eignungskriterien: Unternehmen

Zuschlagskriterien: konkretes Angebot

Ausführungsbedingungen: Ausführung = Stadium nach dem Zuschlag,

  1. Bekanntmachung

Nach §§ 28 II Nr. 14, auch 43 VI UVgO (vgl. auch § 127 V GWB bzw. § 58 III VgV) sind die Zuschlagskriterien einschließlich ihrer „Gewichtung“ bekannt zu machen oder in die Vergabeunterlagen (vgl. § 21 I Nr. 2 UVgO) aufzunehmen. Wenn die Zuschlagskriterien in die Bekanntmachung und die Vergabeunterlagen aufgenommen werden, dürfen keine Widersprüche, Unklarheiten oder Unvollständigkeiten vorliegen. Diese treffen den Auftraggeber.

Bartl, VgV, § 58 Rn. 2.1.; auch Kulartz u. a., VgV, § 58 Rn. 86; zur vollständigen Bekanntmachung - Konkretisierung in VU insofern für die Eignung nach bisherigem Recht OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 16.2.2015 - 11 Verg 11/14 -– unvollständige Bekanntmachung der Nachweise für die Eignung – nicht ausreichend Verweis auf § 7 III EG VOL/A ohne weitere Konkretisierung als Verstoß; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.6.2010 – Verg 18/10 - Hinweise zur Eignung erstmals konkret in den Verdingungsunterlagen (unzulässig); OLG Jena, Beschl. v. 21.9.2009 — 9 Verg 7/09 -  Bekanntmachungsinhalt: alle geforderten Nachweise – allenfalls Konkretisierung in den Vergabeunterlagen; OLG Hamburg, Beschl. v. 24. 9. 2010 - 1 Verg 2/10 – Eignungsnachweise in Bekanntmachung: Grundsatz der Vollständigkeit der Bekanntmachung – keine nachträglich erhöhten Anforderungen, lediglich Konkretisierung in Vergabeunterlagen zulässig

An die bekannt gemachten (zulässigen) Zuschlagskriterien ist der Auftraggeber gebunden. Spätere Änderungen kommen grundsätzlich nicht in Betracht. Auch zusätzliche Kriterien dürfen nicht eingeführt werden. Fehler können noch beseitigt werden. Ändert der Auftraggeber insofern die Zuschlagskriterien oder verzichtet er auch auf nur einen Teil, so muss er allerdings allen (Bewerbern und) Bietern innerhalb angemessener Frist (vgl. § 13 I UVgO) die Möglichkeit zur Überarbeitung der Angebote geben.

  1. Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots
  • 43 I, II UVgO (vgl. auch 58 I, II S. 1 VgV sieht für die Ermittlung als Grundlage das beste „Preis-Leistungs-Verhältnis“ vor. Sofern Preis und Leistung insofern „gleichgewichtig“ sind, ist der (zulässige) niedrigste Preis nach wie vor als einziges Kriterium möglich und damit entscheidend (vgl. Begründung zu § 58 I S. 1 VgV).

Dies bedeutet, dass es auch zulässig ist, nur den Preis allein als Zuschlagskriterium vorzusehen. Das gilt auch für die „Kosten“, wenn sie als einziges Zuschlagskriterium genannt werden.

 

Bei dem Zuschlagskriterium „Kosten“ auf der Grundlage der Lebenszykluskosten statt des Preises ist § 59 VgV nach § 43 IV UVgO entsprechend anzuwenden. Die jeweilige Berechnungsmethode ist nach § 59 II S. 1 VgV anzugeben (Auftragsbekanntmachung nach § 38 VgV oder Vergabeunterlagen nach § 29 VgV – mithin § 28 II Nr. 14 UVgO und § 21 I Nr. 2 UVgO).

 

„Die Berechnungsmethode „kann“ umfassen

1. die Anschaffungskosten,

2. die Nutzungskosten, insbesondere den Verbrauch von Energie und anderen Ressourcen,

3. die Wartungskosten,

4. Kosten am Ende der Nutzungsdauer, insbesondere die Abholungs-, Entsorgungs- oder Recyclingkosten, oder

5. Kosten, die durch die externen Effekte der Umweltbelastung entstehen, die mit der Leistung während ihres Lebenszyklus in Verbindung stehen, sofern ihr Geldwert nach Absatz 3 bestimmt und geprüft werden kann; solche Kosten können Kosten der Emission von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen sowie sonstige Kosten für die Eindämmung des Klimawandels umfassen.“

 

  1. Mögliche weitere Kriterien neben dem Preis bzw. den Kosten

Zusätzlichen Kriterien sind nach der nicht abschließenden „Liste“ vorzunehmen:

Preis (oder Kosten - vgl. auch § 59 I VgV) und weitere Kriterien insbesondere

  1. „Gruppe“

- „qualitative“

- „ästhetische“

- „zweckmäßige“

- „behinderungsgerechte“

- „soziale“

- „umweltbezogene“

-  „innovative“

-  „vertriebliche“ etc.

  1. „Gruppe“

„Organisation“ und „Personal“ – auch Präsentation des Teams

III. „Gruppe

„Kundendienst und technische Hilfe, Lieferbedingungen, Liefertermin, Lieferverfahren, Liefer- oder Ausführungsfristen“.

  1. „In Verbindung“ mit dem Auftragsgegenstand

Nach § 43 III UVgO ist der „konkrete Auftragsbezug“ erforderlich.

Bei der „Auswahl“ der Kriterien hat der Auftraggeber nach § 43 III UVgO (vgl. auch § 127 III GWB) nachzuweisen, dass die Zuschlagskriterien „mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen“. Dies ist zwingend („müssen“). Reduziert wird dieses Risiko durch eine Art „widerlegliche Vermutung“ in § 43 III S. 2 UVgO (vgl. auch § 122 III S. 2 GWB). Diese greift dann ein, wenn sich ein Zuschlagskriterium z. B. „auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung und Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht.“

 

Die geforderte Verbindung mit dem Auftragsgegenstand ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der insofern „denkbare Zusammenhang“ nicht als willkürlich oder sachfremd „konstruiert“ anzusehen ist. Das zusätzliche Zuschlagskriterium neben dem Preis bzw. den Kosten muss sich  „nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken“ (keine „Leistungsverbesserung“ erforderlich).

  1. Gewichtung

Nach § 43 VI UVgO (§ 58 III VgV – auch § 127 V GWB) muss auch die „Gewichtung“ der Zuschlagskriterien festgelegt werden. Hierbei ist zunächst § 43 V (vgl. auch § 127 IV GWB) zu beachten. Damit müssen Bestimmtheit, keine Willkür und Überprüfungsmöglichkeit vorliegen. Unzulässig sind z. B. Gewichtungen von Preis (90 %) neben weiteren („Alibi“-) Kriterien (10 %). Das 10-%-Kriterium ist nach seinem „Gewicht“ unerheblich und dient lediglich der erwähnten „Preiskorrektur“. In diesem Fall fehlt auch die in § 43 VI UVgO (vgl. auch § 58 III VgV) anzutreffende „Spanne“ bzw. „Bandbreite“.

Ist die Gewichtung „aus objektiven Gründen“ nicht möglich, darf der Auftraggeber die Zuschlagskriterien in absteigender Rangfolge angeben. Welches Gewicht Preis und weitere Kriterien im Übrigen jeweils „mindestens“ haben müssen, ist im Einzelfall zu entscheiden.

„Echte Gewichtungen“ sind sicherlich z. B. bei Aufteilungen von 70 (Preis) und weniger bzw. mehr und 30 (weitere Kriterien) und mehr anzunehmen. Die Gewichtung ist auch nachvollziehbar und vertretbar zu begründen.

Neben den „Hauptkriterien“ und deren „Gewichtung“ sind z. B. auch die „Unterkriterien“ des jeweiligen Hauptkriteriums anzugeben. Hierbei kann mit Punktsystemen oder Prozentangaben gearbeitet werden. Mit sog. A-Kriterien oder KO-Kriterien (=Ausschlusskriterien) haben diese weiteren Kriterien nichts zu tun.

Nur wenn neben dem Preis weitere Kriterien (siehe nachfolgend) vorgesehen sind und „Gewicht“ haben, kann es zu Wertungen neben dem Preis kommen.

 

Hauptkriterium I

Hauptkriterium II

Preis

Weitere Kriterien

60 % oder Punkte

40 % oder Punkte

Begründung für überwiegende Gewichtung

Unterkriterien

Erreichbare % bzw. Punkte

Bewertungsrahmen – Schulnotensystem 0 – 5

oder „niedrig – mittel – hoch“

Qualität

bis 30

 

Personal

bis 25

 

Methodik

bis 20

 

Kundendienst

bis 15

 

Technische Hilfe

bis 10

 

Preis

%-Zahlen oder Punkte:

 

Fortgesetzt wird diese Bewertung z. B. durch eine Addition von Preis- und Leistungspunkten („wirtschaftlichstes Preis-Leistungs-Verhältnis“). Sicher ist man insoweit selbst bei einfachen Systemen nicht. Nicht nur kompliziertere Systeme können Fehlerquellen aufweisen.

Eine Hilfe bietet u. a. die UFAB VI (und EVB-IT), die aber primär für den IT-Bereich und dort vor allem für größere Projekte etc. gedacht ist. Vgl. www.cio.bund.de .

III. Neuere Rechtsprechung und Literatur

Vertragsschluss - Zuschlag – Antrag - Annahme – AGB

  • Angebot – Auslegung - – OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.04.2020 - Verg 30 – 19 – Kanalbau – Angebotsauslegung – Nachunternehmererklärung – Rüge-Präklusion - §§ 133, 157 BGB, 160 GWB - Rügen – nicht ausreichend Beanstandungen „ins Blaue“ ohne tatsächliche Anhaltspunkte und Indizien für Verstoß gegen Vergaberecht (ausführliche Behandlung der Verspätung von Rügen, Ausnahmen und Sonderfällen mit umfangreicher Rechtsprechung) – kein Ausschluss infolge fehlender Angabe der Nachunternehmerleistungen Anforderung der Angabe von Nachunternehmerleistungen im Angebot – Einreichen der „Formblätter“ mit Möglichkeit zum Ankreuzen (Nachunternehmereinsatz) ohne Ankreuzen – Unklarheit des Angebots – Aufklärung und Auslegung des Angebots (§§ 133, 157 BGB) –berechtigte und erforderliche Aufklärung und Nachforderung (keine unzulässige Verhandlung)  – Berücksichtigung von Missverständnissen oder Nachlässigkeit hinsichtlich des unterlassenen Ankreuzens im überlassenen „Formblatt“ – Relevanz der Kenntnis der Vergabestelle vom Nachunternehmereinsatz des Bieters in vorherigen Aufträgen etc. – Abgrenzung Nachunternehmer- und „Hilfsleistungen“ (z. B. Spediteur etc.) – Dokumentation und „Nachschieben“ von Gründen - eine Entscheidung, die in allen Fällen, in denen es um Präklusion etc. sowie Auslegung von Angeboten geht, beachtet werden sollte, wen auch nicht in allem überzeugend.
  • Angebot – Form - OLG Dresden, Beschl. v. 21.02.2020 - Verg 7-19 - Rahmenvertrag für Schutzwesten – §§ 53 II S. 2, 57 I Nr. 1, 57 I Nr. 2 VGV - Einreichen von Musterstücken auf dem Postweg – Unklarheit (Angebotsform und Angebote)
  • Angebot - Form – OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.02.2020 - 15 Verg 1 – 20 - Fassaden- und Sonnenschutzarbeiten – Angebotsform – Textform – Unterschrift – Ausschluss - Ablehnung des Antrags auf Verlängerung aufschiebenden Wirkung (§ 173 II S. 1 GWB) – Vergabeunterlagen mit Fettdruck- Formulierung: „Ist - ein schriftliches Angebot nicht an dieser Stelle unterschrieben, - bei einem elektronisch übermittelten Angebot in Textform der Name der natürlichen Person, die die Erklärung abgibt, nicht angegeben oder - ein elektronisches Angebot, das signiert werden muss, nicht wie vorgegeben signiert, wird das Angebot ausgeschlossen.“ – Einreichen des Formblatt KEV 115.2 (B) als Angebotsschreiben ohne Namensangabe: keine deutliche und zweifelsfreie Angabe Identität und Rechtsverbindlichkeit der Erklärung - Textform gemäß §§ 13 EU I Nr. 1 S. 1, 11 EU IV VOB/A, 126 b S. 1 BGB – berechtigter Ausschluss wegen fehlender Unterschrift/Signierung des Formblatts KEV 115.2 (B) - Angebote in Textform nach § 126 b BGB mit Nennung der Person des Erklärenden Und  Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht – Angebotsformular von Antragstellerin unausgefüllt auf die Vergabeplattform hochgeladen – Rüge erst nach Angebotsabgabe – keine Unklarheiten – kein Nachfordern (§ 16 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A) im Fall der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.09.2018 - Verg 32/18).
  • Angebot – gleichwertig Angebote – Losentscheid – OLG Hamburg, Beschl. v. 20.03.2020 - 1 Verg 1 – 19 - Lieferung von Steinsalz für Winterdienst – Losentscheid bei gleichwertigen Angeboten (?) (von BGH und EUGH nicht behandelt) – Rüge - § 160 GWB –- Losentscheidung als „ultima ratio“ (?) – Pflicht zur Vermeidung des Losentscheides (?) durch ausführlichere Wertungskriterien (?) - unzureichende Dokumentation – Vergabeunterlagen (Präklusion):
  • Angebot – indikative Angebote - Rügefrist- – OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 13.06.2019, 54 Verg 2 – 19 – Triebzüge und Wartung - SPNV – Rügen in mehrstufiger Innovationspartnerschaft – Präklusion der nach einer „Verfahrensstufe“ (hier neun) unterlassenen Rügen – Maßgeblichkeit der Frist des § 160 III GWB auch für “indikative Angebote“ –„... Präklusion ... einer falschen Vergabeverfahrenswahl („Innovationspartnerschaft“), einer unterlassenen Losaufteilung und wegen eines ungleichen Leistungsumfangs für Anbieter ... nicht mehr zulässiger Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein konnte. ... Demgegenüber sind die Vergaberügen ... zum .... Preis für ... Strom – einschließlich ... Preisgleitklausel – nicht präkludiert, ebenso nicht die Beanstandung ... an eine CO2-freie Stromerzeugung ... Transparenz ... Wertungsaufschläge.“ – keine Überwindung der Präklusion durch das Aufgreifen von Amts wegen
  • Angebot – Verhinderung – EuGH, Urt. v. 28.11.2018 - C‑328/17 - Vergabe des Nahverkehrsdiensts ohne förmliche Ausschreibung – Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung zur Antragsbefugnis bzw. Rechtsschutzbedürfnis ohne Teilnahme am Wettbewerb bei Verhinderung des Angebots durch Vergabeunterlagen (Rn. 43 ff) Nachprüfungsverfahren „zumindest“ für jeden, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Verstoß gegen Unionsrecht oder gegen umgesetzte nationale Regelungen ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht; grundsätzlich aber Teilnahme am Wettbewerb Voraussetzung, jedoch dann keine Angebotsabgabe z. B. bei „angeblich diskriminierenden Spezifikationen“ in Vergabeunterlagen und dadurch keine Aussicht Zuschlags – kein Verstoß gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch Nachweisverlangen, dass die Klauseln der Ausschreibung bereits die Abgabe eines Angebots unmöglich machen – ferner Einschränkung durch Beschleunigungs- und Effizienzziele: Antrag auf Nachprüfung nicht nach Entscheidung des Auftraggebers über die Vergabe des Auftrags.
  • Angebot – wesentliche Änderung der Vergabeunterlagen - OLG München, Beschl. v. 25.03.2019 - Verg 10 – 18 – Sicherheit der JVA – Grenzen der Gesamtvergabe – Bestimmungsrecht (Gesamtvergabe – Lose) -
  • Angebot – Zuschlag – Ablauf der Bindefrist -OLG Celle, Beschl. v. 30.01.2020 - 13 Verg 14 – 19 – Breitbandausbau – Rahmenvertrag - Zuschlag auf verfristetes Angebot trotz fehlender Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist
  • Angebot –Form - OLG Dresden, Beschl. v. 21.02.2020 - Verg 7-19 - Rahmenvertrag für Schutzwesten – §§ 53 II S. 2, 57 I Nr. 1, 57 I Nr. 2 VGV - Einreichen von Musterstücken auf dem Postweg – Unklarheit hinsichtlich der Angebotsform im Übrigen für die Angebote selbstunterschiedliche Umschreibung
  • Angebot –Form – OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 18.02.2020 - 11 Verg 7 – 19 – Rahmenvereinbarungen - Beauftragung von Sachverständigengutachten – Polizeipräsidium – zwingende Vorgabe der Nutzung Vergabeplattform und „AI Bietercockpit“ – Verschlüsselung – nicht ausreichend E-Mail-Angebot - Angebotsform -– Angebot durch formwidrige E-Mail und sodann verschlüsseltes und fristgerechtes Einreichen über Vergabeplattform – unberechtigter Ausschluss – keine „Infektion“ des „zweiten verschlüsselten Angebots“ durch formwidrige E-Mail – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – Geheimwettbewerb – keine Divergenzvorlage an BGH wegen OLG Karlsruhe im Beschluss vom 17.03.2017- 15 Verg 2/17 – amtlicher Leitsatz: Wird ein Angebot über die in den Ausschreibungsbedingungen angegebene Vergabeplattform verschlüsselt und fristgerecht eingereicht, ist es nicht allein deshalb vom Verfahren auszuschließen, weil es zuvor formwidrig per E-Mail an die Vergabestelle übermittelt worden war.
  • Vertrag – BGH Urt. v. 18.6.2019 - X ZR 86-17 – Straßenbauarbeiten – AGB (hier ZVBBau) mit qualifizierter Abwehrklausel und abweichende Zahlungsbedingungen im Angebot – kein Vertragsinhalt der Bieter-AGB – kein Ausschluss wegen Abänderung - Angebot kann ohne Verstoß § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ohne Geltung  § 1 Abs. 1.3 ZVBBau in der Wertung bleiben - §§ 13 EU Abs. 1 Nr. 5, 16 EU Nr. 2 EU VOB/A – amtliche Leitsätze: „a) Bedingt sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen (hier: § 1 Abs. 1.3 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für Bauleistungen [ZVBBau] Stand 10. Juni 2015) aus, dass etwaige Vorverträge, in den Vergabeunterlagen nicht als Vertragsbestandteile aufgeführte Unterlagen, Protokolle oder Klauselwerke oder sonstige Korrespondenz im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, insbesondere Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen des Auftragnehmers nicht Vertragsbestandteil werden, und stellt ein Bieter mit seinem Angebot abweichende Zahlungsbedingungen, können diese infolge der Abwehrklausel des Auftraggebers im Falle der Auftragserteilung keine rechtliche Wirkung entfalten. Ein Ausschluss des Angebots wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen ist deshalb nicht erforderlich und nicht zulässig. b) Auch ohne Geltung von § 1 Abs. 1.3 ZVBBau kann ein Angebot, dem der Bieter eigene Unterlagen wie namentlich Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen beigefügt hat, ohne Verstoß gegen § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A in der Wertung verbleiben, wenn nach bloßer Streichung des Hinzugefügten ein dem maßgeblichen Inhalt der Vergabeunterlagen vollständig entsprechendes Angebot vorliegt.“
  • Vertragsänderung – Bauzeit - Gröning, Jochem, Die Anpassung der Bauzeit im laufenden Vergabeverfahren , VergabeR 2020,  25
  • Vertragsänderung Gölles, Hans, Vertragsänderung – mit oder ohne erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens?, ZVB 2018, 505
  • Vertragsänderung Meiß, Fabian, Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen und die Auswirkungen auf die Vergabe öffentlicher Aufträge, 2018 Duncker & Humblot 
  • Vertragsfristen – BGH, Urt. v. 03.07.2020 - VII ZR 144 – 19 – Fahrbahnerneuerung – Vertragsschluss – Aufhebung – im Streitfall kein Vertragsschluss bei abweichendem „Zuschlag“ (Änderung der Vertragsfristen als neuer Antrag) und abweichender Erklärung des Bieters (Mehrvergütung wegen Änderung der Vertragsfristen – fehlende Annahme) - Fortführung von BGH, Urt. v. 6. 9. 2012 - VII ZR 193/10 – Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs wegen Aufhebung des Verfahrens (verneint, da rechtmäßige Aufhebung infolge grundlegender Veränderung des Auftrags bzw. fehlender Identität des zweiten Auftrags mit dem Auftrag der gescheiterten Vergabe)
  • Vertragslaufzeit – EuGH, Urt. v. 14.05.2020 - C - 263 – 19 – Auftragsänderung während Vertragslaufzeit unter Missachtung der Vergabevorschriften – Geldbuße nicht nur gegen Auftraggeber, sondern auch Auftragnehmer (Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - Höhe) – amtlicher Leitsatz: 1. Art. 2e Abs. 2 der Richtlinie 89/665/EWG .... die Erwägungsgründe 19, 20 und 21 der Richtlinie 2007/66, die Erwägungsgründe 12, 113, 115 und 117 sowie die Art. 1 Abs. 2 und Art. 89 der Richtlinie 2014/25/EU ... vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die es im Rahmen eines von einer Überwachungsbehörde von Amts wegen veranlassten Nachprüfungsverfahrens gestattet, nicht nur dem öffentlichen Auftraggeber, sondern auch dem Auftragnehmer eines öffentlichen Auftrags eine Rechtsverletzung zuzurechnen und gegen beide eine Geldbuße zu verhängen, wenn bei Änderung dieses Auftrags während des Ausführungszeitraums die Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge rechtswidrig missachtet wurden, nicht entgegenstehen. Ist eine solche Möglichkeit im nationalen Recht vorgesehen, muss das Nachprüfungsverfahren jedoch das Unionsrecht einschließlich seiner allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, da der betroffene öffentliche Auftrag, sei es von Anfang an oder infolge seiner rechtswidrigen Änderung, in den sachlichen Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien fällt. 2. Die Höhe der Geldbuße zur Sanktionierung der rechtswidrigen Änderung eines Vertrags über einen öffentlichen Auftrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Auftragnehmer ist unter Berücksichtigung des jeweiligen Verhaltens jeder dieser Parteien festzusetzen.
  • Vertragsmuster – Bund – BGH, Urt. v. 11.07.2019 - VII ZR 266 – 17 – Baukostenobergrenze - Vertragsmuster des Bundes für Verträge mit Architekten mit Baukostenobergrenze <Beschaffenheitsvereinbarung> betreffend "Objektplanung - Gebäude und Innenräume", "Fachplanung Technische Ausrüstung", "Tragwerksplanung" und "Freianlagen" - jeweils mit identischer Baukosten-Obergrenze-Klause wie folgt. "Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der ES­Bau/KVM-Bau/HU-Bau/AA-Bau erfasst sind."  - §§ 305 I S. 1, 307 III S. 1, 651p I BGB, 1, 3 UKlaG – Klagebefugnis eines Architektenverbands -  bei Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen keine AGB-Inhaltskontrolle - Baukosten-Klausel und AGB-Recht im Übrigen –keine Transparenz oder Unklarheit – Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen (keine Inhaltskontrolle) - Amtlicher Leitsatz: „1. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Die Freistellung von der Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten, d.h. den Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann. Zu den Leistungsbestimmungen, von denen die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Leistungspflichten des Architekten abhängig ist und die damit den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten bilden, gehören sämtliche Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Beschaffenheit der von dem Architekten zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele. – 2. Zur Frage, ob die in Vertragsmustern des Bundes für Verträge mit Architekten vorgesehenen Regelungen "Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der ES-Bau/KVM-Bau/HU-Bau/AA-Bau erfasst sind, als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind (verneint).
  • Vertragsschluss – BGH, Urt. v. 03.07.2020 - VII ZR 144 – 19 – Fahrbahnerneuerung – Vertragsschluss – Aufhebung – im Streitfall kein Vertragsschluss bei abweichendem „Zuschlag“ (Änderung der Vertragsfristen als neuer Antrag) und abweichender Erklärung des Bieters (Mehrvergütung wegen Änderung der Vertragsfristen – fehlende Annahme) - Fortführung von BGH, Urt. v. 6. 9. 2012 - VII ZR 193/10 – Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs wegen Aufhebung des Verfahrens (verneint, da rechtmäßige Aufhebung infolge grundlegender Veränderung des Auftrags bzw. fehlender Identität des zweiten Auftrags mit dem Auftrag der gescheiterten Vergabe)
  • Vertragsschluss - OLG Brandenburg, Urt. v. 16.06.2021 - 11 U 16 – 18 - Sicherheits- und Gesundheitskoordination eines Flughafens – wirksame Auftragserteilung ohne wettbewerbliche Vergabe – kein Verstoß gegen §§ 134 bzw. 138 BGB – aus der Entscheidung: : „c) Der Vertrag ist wirksam zustande gekommen. aa) Der Vertrag ist nicht wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, das die Beklagte im Streitfall in den Vorschriften des Vergaberechts sieht, gem. § 134 BGB nichtig. Das Vergaberecht verpflichtet öffentliche Auftraggeber, zu denen die Beklagte gem. § 99 GWB zählt, nicht aber private Unternehmen (BGH, Urt. v. 08.12.2020 – KZR 124/18, Rn. 16 ...). Die Vorschriften des Vergaberechts stellen nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, keine Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB dar, die zur Nichtigkeit des Vertrages führen (KG, Beschl. v. 19.04.2012 – Verg 7/11, Rn. 89... ; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.02.2007 – 17 Verg 7/06, Tz. 96 m.w.N.,...). Maßgebend ist insoweit, dass das Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte verfahrensrechtliche Regelungen zur Verhinderung des vergaberechtswidrigen Zustandekommens von Verträgen vorsieht und den von Vergaberechtsverstößen Betroffenen primär einen Anspruch auf Korrektur im Vergabeverfahren und ggf. ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Weitergehende Sanktionen von Vergaberechtsverstößen fordert auch das Unionsrecht nicht (vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, Rn. 29...). Soweit das Vergabeverfahrensrecht Verstöße mit der Nichtigkeitsfolge sanktioniert, hat es dabei sein Bewenden (vgl. Nassall in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 134 BGB, Stand: 18.05.2020, Rn. 255). bb) Entgegen der vom Landgericht geäußerten Rechtsauffassung verstieß der Vertragsschluss zwischen den Parteien auch nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB, dessen Voraussetzungen weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht erfüllt sind. Erforderlich ist für einen Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB, dass ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt. Ein solcher Sittenverstoß kann sich entweder bereits aus dem Inhalt oder erst aus dem Gesamtcharakter unter Berücksichtigung sowohl von Inhalt, Beweggrund und Zweck des konkreten Geschäfts ergeben (BeckOK BGB/Wendtland, 58. Ed. 1.5.2021 Rn. 19, BGB § 138 Rn. 19). Rechtsgeschäfte, die schon nach ihrem objektiven Inhalt sittlich-rechtlichen Grundsätzen widersprechen, sind ohne Rücksicht auf die Vorstellungen der das Rechtsgeschäft vornehmenden Personen nichtig (BGH, NJW 1985, 2405, beck-online). Abgesehen davon, dass für die Beantwortung der Frage eines sittenwidrigen Vertragsschlusses die vorgenannten Wertungen des Vergaberechts, die bereits zur Verneinung einer Nichtigkeit nach § 134 BGB herangezogen wurden, auch insoweit gelten, sind die vom Landgericht herangezogenen Entscheidungen des OLG Saarbrücken und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.12.2016 (4 U 77/14, ... ) nicht einschlägig.“
  • Vertragsschluss - OLG Celle, Beschl. v. 30.01.2020 - 13 Verg 14 – 19 – Breitbandausbau – Rahmenvertrag - Zuschlag auf verfristetes Angebot trotz fehlender Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist
  • Vertragsschluss - Randhahn, Heiko, Vergabeverzögerung, Abschied vom vergaberechtlichen Ansatz, NZBau 2021, 14 (zu BGH, Urt. v. 3.7.2020 - VII ZR 144 – 19)
  • Vertragsschluss - Roßner, Sebastian/ Sokolov, Ewgenij/Gierling, Bastian, Die Form des Zuschlags – Zu Friktionen zwischen europäischem Vergaberecht und deutschem Kommunalrecht , NVwZ 2020, 1382
  • Vertragsschluss - Roßner, Sebastian/ Sokolov, Ewgenij/Gierling, Bastian, Die Form des Zuschlags – Zu Friktionen zwischen europäischem Vergaberecht und deutschem Kommunalrecht , NVwZ 2020, 1382
  • Vertragsstrafe - OLG Celle, Beschl. v. 19.03.2019 - 13 Verg 7 – 18 - Rahmenvertrag über Postdienstleistungen – Vertragsstrafe – Preisanpassung - Aufhebung – Rüge – Präklusion –Fortsetzungsfeststellungsklage (teils begründet) - Zuschlagskriterien – Gewichtung – Rahmenvereinbarung und Leistungsbeschreibung – Bevorzugung eines Unternehmens durch Wertungskriterien – bestimmtes Zuschlagskriterium mit entscheidendem Gewicht – fehlerhalte Wertungsformel mit auseinanderfallenden Punktzumessungen – unzulässige diskriminierende Preisanpassungsklausel - keine Überprüfung der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Vertragsstrafenklausel im Nachprüfungsverfahrenkein Verstoß durch in Nr. 2.22 der Leistungsbeschreibung vorgesehene Vertragsstrafe  ... keine Verstoß durch eine möglicherweise unverhältnismäßige Höhe der Vertragsstrafe oder den möglicherweise zu kurzen Referenzzeitraum der Laufzeitmessungen – „Hiermit möglicherweise im Zusammenhang stehende Nachteile träfen im Ausgangspunkt alle Bieter in gleicher Weise. Eine unzulässige diskriminierende Wirkung gerade gegenüber der Antragstellerin ist nicht ersichtlich. Ob die entsprechenden Vertragsbedingungen sonst rechtlichen Bedenken begegnen mögen – etwa im Hinblick auf §§ 307, 343 BGB – ist im Hinblick auf die nach § 160 Abs. 2, § 168 Abs. 1 GWB allein entscheidungserhebliche Übereinstimmung mit dem Vergaberecht unerheblich. Vertragsklauseln wie die vorgenannten werden von den Vergabenachprüfungsinstanzen grundsätzlich nicht auf ihre zivilrechtliche Wirksamkeit geprüft, da letztere keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne des § 97 Abs. 6 GWB sind. Außerhalb des Vergabeverfahrens und des Anwendungsbereichs vergaberechtlicher Vorschriften liegende Rechtsverstöße sind im Vergabenachprüfungsverfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen. Sie können ausnahmsweise nur dann zum Gegenstand eines solchen Verfahrens gemacht werden, wenn es eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm gibt, die im Nachprüfungsverfahren entscheidungsrelevant ist. Nach dem Wegfall des Verbots der Überbürdung eines unzumutbaren Wagnisses können Vertragsklauseln nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit einer für den Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden, wobei dahinstehen kann, ob dies aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz herzuleiten ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. September 2017 – VII-Verg 9/17, juris Rn. 74 f.). Eine solche Unzumutbarkeit macht die Antragstellerin schon nicht mit Substanz geltend. Sie ist auch sonst nicht ersichtlich. Den Bietern ist eine vernünftige kaufmännische Kalkulation in Anbetracht der Vertragsstrafenregelung nicht unzumutbar. Ihnen ist zuzumuten, gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken zu tragen. Zu solchen Risiken gehört auch das der Verwirkung einer Vertragsstrafe. Den Bietern ist hier möglich und zumutbar, abzuschätzen, ob und in welchem Umfang es zur Verwirkung einer Vertragsstrafe kommen kann, und dieses Risiko in ihrer Kalkulation entsprechend zu berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, dass die vorgesehene Laufzeitmessung nach Nr. 2.11.1 der Leistungsbeschreibung nur „in Anlehnung“ an näher genannte DIN-Normen erfolgen soll, was ohnehin von der Antragstellerin nicht zulässig gerügt ist. Selbst wenn die Regelungen insoweit zu unbestimmt wären, hinderte dies die Antragstellerin doch nicht, das Risiko einer Verwirkung der Vertragsstrafe wegen Überschreitung zugesicherter Laufzeiten in noch ausreichendem Umfang einzuschätzen. Ein umfassenderer Prüfungsmaßstab folgt entgegen der möglicherweise von der Antragstellerin vertretenen Auffassung auch nicht aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Oberlandesgerichts ... Das Oberlandesgericht hat dort einen Ausschluss späterer Einwendungen im Zivilverfahren nur für den Fall angenommen, dass die Vereinbarung einer nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Vertragsbedingung einen Vergabefehler darstellt (OLG Celle, Urteil vom 18. Januar 2018 – 11 U 121/17, juris Rn. 41 ff.; anders wohl verstanden von Summa in: jurisPKVergaberecht, § 156 GWB Rn. 66.1).“

Altere Rechtsprechung und Literatur 

  • BGH, Beschl. v. 10.05.2016 - X ZR 66/15 – Abbruchleistungen – erfolglose Klage auf entgangenem Gewinn wegen Zuschlags auf Nebenangebot - § 16 VI Nr. 3 VOB/A – Unterschwellenverfahren - Wertungskriterien nicht nur der Preis ohne Bekanntmachung - amtlicher Leitsatz: Ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, bedarf es im Unterschwellenbereich auch bei der Zulassung von Nebenangeboten nicht in jedem Fall der Festlegung von Kriterien zur Angebotswertung. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn ohne ausdrücklich formulierte Wertungskriterien das wirtschaftlichste Angebot nicht nach transparenten und willkürfreien Gesichtspunkten bestimmt werden kann (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 8. September 1998 – X ZR 109/96, BGHZ 139, 273, 278). – Hinweis: andere Rechtslage nach §§ 16 VII, VIII, 18 I VOL/A (Bekanntmachung der Zuschlagskriterien). – vgl. §§ 127 GWB, 58 VgV – UVgO 2017.
  • BGH, Beschl. v. 4.4.2017 - X ZB 3/17 – Postdienstleistungen – grundsätzliche Zulässigkeit von „Schulnoten“ §§ 97 I, II, § 127 I GWB, 8 I s. 2 . 58  VgVvorgesehene Zuschlagskriterien: „Den Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als Zuschlagskriterien sind mit jeweils 50% der Preis und die Qualität der Leistungserbringung angegeben. Für Letztere als zweites Zuschlagskriterium sind in den Vergabeunterlagen drei Unterkriterien mit jeweils zugeordneten Prozentwerten gebildet, und zwar: 1. Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen (15%) - 2. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung (25%) und 3. Zustellzeiten (10%).... Die Bieter sollen mit ihrem Angebot auf zwei bzw. vier Seiten darstellen, wie sie die Schwankungen im Sendungsaufkommen zu bewältigen und die effektive Leistungserbringung sicherzustellen gedenken. Dafür können beim ersten Unterkriterium maximal 15 Punkte und beim zweiten ­ das in den Vergabeunterlagen nochmals in vier Unterpunkte aufgegliedert ist (unten Rn. 45) ­ bis zu 25 Punkte errungen werden, außerdem bis zu 10 Punkte für die Zustellzeiten. Die Vergabestelle benotet die schriftlichen Darstellungen auf einer Skala von ungenügend (0 Punkte) über mangelhaft (1 Punkt), ausreichend (2 Punkte), befriedigend (3 Punkte) und gut (4 Punkte) bis zu sehr gut (5 Punkte). Die so erlangte Punktzahl wird dann mit dem Faktor 3 beim ersten und dem Faktor 5 beim zweiten Unterkriterium multipliziert. ... Bei der Laufzeit erhalten die Bieter zwischen 0 und 10 Punkten je nach dem Anteil der am auf den Einlieferungstag folgenden Tag ("E+1") zugestellten Briefsendungen, was nach näheren Vorgaben nachzuweisen ist. Die Punktewerte aller Unterkriterien werden anschließend für die Wertung mit den beim Preiskriterium erzielten Punktwert (unten Rn. 29) addiert. - Amtlicher Leitsatz: a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhängen soll. b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist. c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben  wurden.“ zurückgenommen werden.“
  • EuGH, Urt. v. 14.07.2016 - C ‑ 6/15 - Dimarso – Vlaams – Dienstleistung - Erhebung über das Wohnungswesen und den Wohnkonsumenten in Flandern (Belgien) - Art. 53 Abs. 2 RL 2004/18/EG – Zuschlagskriterien in Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen, nicht jedoch „Bewertungsmethoden“ wie z. B. für Qualität: „hoch – ausreichend – niedrig“ oder „Preis-Skala“ - Zuschlagskriterien: „1 Qualität des Angebots (50/100) Qualität der Vorbereitung, Organisation und Ausführung der Feldarbeit, der Kodierung und ersten Auswertung der Daten. Die angebotenen Leistungen müssen so detailliert wie möglich beschrieben werden. Aus dem Angebot muss eindeutig hervorgehen, dass der Bieter in der Lage ist, den gesamten Auftrag (mindestens 7 000 Stichprobeneinheiten/maximal 10 000 Stichprobeneinheiten) innerhalb der vorgesehenen Ausführungsfrist von 12 Monaten auszuführen. 2 Preis (50/100) Kosten für die Ausführung des Auftrags in Bezug auf die Basisstichprobe (7 000 Stichprobeneinheiten) und Kosten je Tranche von 500 zusätzlich zur Verfügung gestellten Adressen (einschließlich MwSt.).“ – tatsächliche Prüfung und Wertung mit nicht bekanntgemachter Bewertungsmethode für „Qualität“: „hoch“ – „ausreichend“ – „niedrig“ Preisbewertung ohne „Skala“
  • OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.01.2016 - Verg W 4/15 – Neubau und Sanierung - § 17 EG VOBA – Eignung – Bekanntmachung: Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 und Vorlage der im Formblatt angegebenen Bescheinigungen auf Anforderung - fehlender Hinweis (Link) auf Abrufmöglichkeit hinsichtlich Formblatts in Bekanntmachung – Inhalt des Formblatts nicht Gegenstand der Bekanntmachung – Zurückversetzung des Vergabeverfahrens auf Zeitpunkt vor Bekanntmachung – Berechtigung des Auftraggebers zur Fehlerkorrektur – Zurückversetzung steht Aufhebung gleich Unbegründetheit: kein Anspruch auf Zuschlag oder erneute Wertung  - kein vergaberechtlicher Anspruch Zuschlagserteilung nach Zurückversetzung des in den Stand vor Bekanntmachung aufgehobenen Vergabeverfahrens – Wirksamkeit der Aufhebung: „Bieter haben einen subjektiven Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), nicht aber darauf, dass der Auftraggeber den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, Beschluss v. 20.03.2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538; Urteil v. 05.11.2002 - X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163).“ – vgl. §§ 127 GWB, 58 VgV.
  •  OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.03.2017 - 6 Verg 5/16 – Beatmungsgeräte – – Information über Zuschlagsabsicht – Rüge der Intransparenz des Wertungssystems und –systematik  – Begründetheit: Verstoß wegen fehlender Bekanntgabe der Umrechnungsformel für die Preiswertung und intransparenter Bewertungsmatrix mit gleicher Punktzahl (0) für „keine Auswahl getroffen“ sowie für die  Einstufung als „mangelhaft“ und als „ungenügend“ ohne Differenzierung - intransparente Zuschlagskriterien – fehlende Bekanntgabe in den Vergabeunterlagen – %-Angabe der Gewichtung für Preise nicht ausreichend (Erforderlichkeit weiterer Differenzierung z. B durch niedrige, mittlere und höhere Preisstufen) Verstoß auch durch fehlenden zusammenfassenden Vergabevermerk mit dem Wertungsergebnis auf allen Wertungsstufen in Vergabeakte
  • OLG Celle, Beschl. v. 08.07.2016 - 13 Verg 2/16 - Uni-Betriebsführung – Kältezentrale - §§ 1 GWB, 19 III f EG VOL/A – keine unterschiedliche Wertung: „Die Antragstellerin kann sich ferner nicht darauf berufen, dass die Antragsgegnerinnen die beiden Angebote entgegen § 19 EG Abs. 8 VOL/A unterschiedlich gewertet hätte. a) In der Wertungsmatrix ist unter Pos. 2 die Konzeption der Betriebsführung gewertet worden. Dabei konnten für das Unterkriterium zu Ziff. 2.2 „Personalstruktur/Qualifikation“ maximal 15 Punkte vergeben werden. Die Antragstellerin hat insoweit gerügt, dass sie bei Los 2 bei dem Wertungspunkt „Personalstärke/ Empfehlungen aus Ausschreibungsunterlagen“ bei zu vergebenden zwei Punkten nur einen Punkt erhalten habe, weil sie anstelle der in dem Anhang B4 neben dem Leiter vorgegebenen Anzahl von drei Mitarbeitern nur zwei Mitarbeiter für die Kälteanlage vorgesehen habe. Die Beigeladene ist hier mit 2 Punkten gewertet worden, da sie die in dem Anhang B4 angegebene Mindestmitarbeiterzahl berücksichtigt hat. Sie hat neben dem Leiter einen Meister und zwei Servicemitarbeiter angeboten. In Bezug auf die Wertung des Angebots der Beigeladenen zu Los 1 hat diese Punktabzüge bei den Wertungspunkten „Personalstärke im Schichtbetrieb“ und „1 Mitarbeiter Back Office Betriebsführung“ erhalten. Die Antragstellerin ist nach den gleichen Maßstäben bewertet worden. Für den Wertungspunkt „Personalstärke im Schichtbetrieb“ hat sie die volle Punktzahl erhalten; für den Wertungspunkt „1 Mitarbeiter Back Office Betriebsführung“ gab es gleichfalls keinen Punkt, da ein solcher Mitarbeiter am Standort im Angebot nicht beschrieben war. b) Im Ergebnis könnte - was der Senat nicht abschließend entscheiden muss - ein etwaiger Verstoß dahingestellt bleiben, weil sich die unterschiedliche Wertung in Bezug auf die Personalstruktur im Ergebnis nicht auf die Reihenfolge der Angebotswertung ausgewirkt hätte. Die Feststellung einer mindestens nicht ausschließbaren Beeinträchtigung der Auftragschancen des Antragstellers ist neben einer Rechtsverletzung für den Erfolg des Nachprüfungsantrags unerlässlich. Droht wegen einer Rechtsverletzung kein Schaden, mithin keine Beeinträchtigung der Aussichten auf den Erhalt des Auftrags, sind die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren einzugreifen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juni 2010 – VII-Verg 10/10, juris Rdnr. 21).“ – vgl. §§ 127 GWB, 58 VgV.
  • OLG Celle, Beschl. v. 19.03.2019 - 13 Verg 7 – 18 - Rahmenvertrag – Postdienste - Aufhebung –  Fortsetzungsfeststellungsantrag – Rüge (Zuschlagskriterien: „Preis“ (zu 30 %), „Einheitliches Codiersystem“ (zu 20 %), „Möglichkeit der E+1-Zustellung“ (zu 20 %) und „Quote der garantierten E+1-Zustellung“ (zu 30 %) etc. – Eignungsanforderungen (Zustellgeschwindigkeit etc.) – Leistungsbeschreibung (Rahmenvereinbarung) : Einschränkung durch das Gebot des Mach- und Zumutbaren sowie Verhältnismäßigkeit – Pflicht zur sorgfältigen Ermittlung des ..voraussichtlichen Bedarfs“ nach Möglich- und Zumutbarkeit – Ausreichen der sorgfältigen Prognose der wesentlichen Bedingungen – Diskriminierung durch Kriterien etc. – umfangreiche Einzelfallprüfung hinsichtlich zahlreicher Kriterien.
  • OLG Celle, Beschl. v. 30.01.2020 - 13 Verg 14 – 19 – Breitbandausbau – Rahmenvertrag - Zuschlag auf verfristetes Angebot trotz fehlender Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2016 - VII - Verg 49/15 - Bevölkerungsschutz, Schwerpunkt Rettungsdienst: Notfallrettung und Krankentransport (incl. Bewältigung von Großschadensereignissen) – unzulässiges Bewertungssystem durch die Verwendung eines Schulnotensystem zur Bewertung der Konzepte unter Verweis auf die Internetseite: http://de.wikipedia.org/wiki/Schulnote#Unter- und Mittelstufe statt der Angabe konkreter Kriterien anhand derer Schulnoten vergeben werden sollen, hat er unzulässige Wertungsmaßstäbe aufgestellt. Die Wertungsmaßstäbe, die sich auch in den abschließenden Vergabeunterlagen befinden, sind intransparent. Sie lassen nicht zu, im Vorhinein zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad die Angebote auf der Grundlage des Kriterienkatalogs und konkreter Kriterien aufweisen müssen, um mit den festgelegten Schulnoten bewertet zu werden. Für Bieter war nicht zu erkennen, unter welchen Voraussetzungen welche Kriterien mit welcher Schulnote bewertet werden. Aufgrund der Vergabeunterlagen haben Bieter im Voraus nicht zuverlässig ermitteln können, auf welche konkreten Leistungen die Vergabestelle Wert gelegt hat und wie Angaben und angebotene Konzepte insofern zueinander gewichtet werden sollten. Das Wertungssystem der Vergabestelle lässt objektiv Raum für Manipulationen und Willkür bei der Bewertung der Angebote (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.10.2015, VII-Verg 28/14, juris Rn. 75; Beschl. v. 16.12.2015, VII-Verg 25/15)....“ – vgl. §§ 127 GWB, 58 VgV
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2016 - VII - Verg 41/15 - Rahmenvereinbarung (Elektrostimulationsgeräte der Produktgruppe 09 - TENS- und EMS-Geräte - Zubehör und Dienstleistungen nach § 127 I SGB 5) - §§ 102 GWB 13, 6 EG VOL/A, 150 BGB – Vertragsschluss – Erklärung – schwere Verfehlung – Unzuverlässigkeit - vergaberechtliche Möglichkeit des Vertragsschlusses nach nicht rechtzeitiger Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist – verspäteter Zuschlag und rechtzeitige Annahmeerklärung des Bieters (BGH, Urteil v. 28.10.2003 - X ZR 248/02; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.02.2009 - VII-Verg 70/08)
  • OLG München, Beschl. v. 13.03.2017 - Verg 15/16 – Planungsleistungen für Verwaltungsgebäude - § 52 SektVO - „II. 2.5) Zuschlagskriterien Der Preis ist nicht das einzige Zuschlagskriterium; alle Kriterien sind nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt.“
  • OLG München, Beschl. v.08.03.2019 - Verg 4 – 19 - 3-Achs-LKWs für den Winterdienst – vgl. auch OLG München, Beschl. v. 17.05.2019 - Verg 4 / 19 - einziges Zuschlagskriterium Preis mit Berücksichtigung der Entfernung für Werkstattbesuche maximal 100 km – Angaben in Formblättern– 1. Ausschlussmitteilung und Nachforderung diverser Unterlagen – fristgemäße Rüge (E-Mail) – Ausschluss wegen abweichender Angabe 8541 mm statt Höchstmaß von 8000 mm – kein „korrigierbarer offensichtlicher Eintragungsfehler“ – Entfernung von 100 km: Erkennbarkeit für durchschnittlich fachkundiges Unternehmen - Präklusion - kein Aufgreifen von Amts wegen – im Übrigen auch sachliche Rechtfertigung der Höchstentfernung von 100 km
  • OLG Rostock, Beschl. v. 12.08.2020 - 17 Verg 2 – 20 - Rettungsdienst mit Intensivtransporthubschrauber – Konzession – Verbindung der Kriterien mit dem Gegenstand – Verbot der uneingeschränkten Wahlfreiheit durch Kriterien – Aufhebung – Zurückverweisung – Zuschlagsverbot - § 152 III S. 2 GWB [Zuschlagskriterien in Verbindung mit Gegenstand und keine uneingeschränkte Wahlfreiheit] – Bewertungsmatrix und Wertungskriterien: „4. Hubschraubergestellung“ für das Kriterium „Eigener Hubschrauber“ – betreffend den Primärhubschrauber – eine erreichbare Punktzahl von 50 ausgewiesen, während für die „Gestellung des Hubschraubers über Partnerunternehmen“ lediglich 30 Punkte zu erreichen sind. Eine gleichlautende Differenzierung ergibt sich unter Ziffer 5.5.2 für den Ersatzhubschrauber. Unter Ziffer 5.6.2 ist eine Staffelung der erzielbaren Punkte in Abhängigkeit von der „Anzahl der Hubschrauber im Intensivtransport, die an anderen Standorten im Intensivtransport betrieben werden“, vorgesehen. Ab fünf vorhandenen Hubschraubern an anderen Standorten sind zwei Punkte zu erreichen, ab zehn Hubschraubern vier Punkte, ab 15 Hubschraubern sechs Punkte und ab 20 Hubschraubern acht Punkte.“ - Amtlicher Leitsatz: 1. Die Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erfolgt danach, ob sie im Schwerpunkt die Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung des Bieters oder die Wirtschaftlichkeit des Angebots betreffen. 2. Der Eigenbetrieb von Hubschraubern kann danach ein zulässiges Zuschlagskriterium sein, wenn aufgezeigt wird, dass er das Ausfallrisiko reduziert. 3. Die Gesamtflottenstärke eines Bieters lässt ohne weitere Regelungen einen Bezug zur Ausfallsicherheit nicht erkennen und ist deshalb kein nach § 152 Abs. 3 Nr. 2 GWB zulässiges Zuschlagskriterium.“
  •  
  1. Literatur - Auswahl 
  • Roßner, Sebastian/ Sokolov, Ewgenij/Gierling, Bastian, Die Form des Zuschlags – Zu Friktionen zwischen europäischem Vergaberecht und deutschem Kommunalrecht , NVwZ 2020, 1382
  • Randhahn, Heiko, Vergabeverzögerung, Abschied vom vergaberechtlichen Ansatz, NZBau 2021, 14 (zu BGH, Urt. v. 3.7.2020 - VII ZR 144 – 19)