Schwere Verfehlungen des Bewerbers bzw. Bieters führen zum Ausschluß nach § 7 Nr. 5 c VOL/A bzw. § 8 Nr. 5 VOB/A in Vergabeverfahren.

Hierzu genügen natürlich keine in diesem Zusammenhang unerheblichen Verstöße gegen die Rechtsordnung, sondern es wird sich um Regelfall um strafrechtlich relevantes Tun handeln, das dazu führt, daß der Ausschluß ausgesprochen werden kann. Beispielhaft sind


  • · vollendete oder versuchte Beamtenbestechung,
  • · Vorteilsgewährung
  • · sowie schwerwiegende im Geschäftsverkehr begangene Straftaten,

    • - insbesondere Diebstahl,
    • - Unterschlagung,
    • - Erpressung,
    • - Betrug,
    • - Untreue
    • - und Urkundenfälschung.
  • · Ferner Verstöße gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, unter anderem

  • - die Beteiligung an Absprachen über Preise oder Preisbestandteile,
  • - verbotene Preisempfehlungen,
    • - die Beteiligung an Empfehlungen oder Absprachen über die Abgabe oder Nichtabgabe von Angeboten, über die Aufrechnung von Ausfallentschädigungen sowie über Gewinnbeteiligungen und Abgaben an andere Bewerber.
    • - Verstöße gegen das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und anderer Gesetze vom 26. Juli 1994 (vgl. BT-Drucks. 12/7563, 5.10 f; dazu auch Ingenstau/Korbion, aaO, A § 8 Rz. 72) kommen ebenfalls in Betracht.


Allerdings ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein entsprechender Verstoß vorliegt, wann es zu diesem Verstoß kam und ob er noch "nachwirkt". Vergabesperren kommen insbesondere nur dann in Betracht, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet ist. Der Auftraggeber hat insofern die Darlegungs- und Beweislast, wenn er den Bieter bzw. Bewerber ausschließt. Ein unberechtigter Ausschluß kann zur Anrufung der Vergabekammer führen das Vergabeverfahren durch die Zuschlagsssperre verschleppen und Schadensersatzansprüche begründen.


Insoweit sei im übrigen auf eine Entscheidung des KG Berlin verwiesen, Beschl. v. 20. 5~ 4998 - Kart 24/97 (nicht rechtskräftig) - ZIP 1998, 1600 - ,,Berliner Straßenbau" - Verstoß durch Verlangen der Tariftreue. Die Vorgabe des Landes Berlin, Aufträge im Straßenbau nur an solche Unternehmen zu vergeben, die sich zur Tariftreue verpflichten, ist infolge Verstoßes gegen das Diskriminierungs. und Behinderungsverbot des § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB unzulässig - vgl. § 22 Abs.3 Nr.1, 2, §§ 15, 44 Abs. 1 d, § 37a Abs. 2 GWB. In dieser Entscheidung wird indessen auch zur Frage der schweren Verfehlung wie folgt Stellung genommen:

"Die sofortige Sanktionierung mit einer zweijährigen Auftragssperre verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Die Ausschlussklausel ist als Bestandteil der "Besonderen Vertragsbedingungen" eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung, die die Vergabestellen des Landes der jeweils anderen Vertragspartei bei Abschluss von Verträgen stellt. Sie muss sich deshalb an den Bestimmungen des AGB-Gesetzes messen lassen. Mit der Klausel eröffnet sich der Verwender die Möglichkeit, einen Vertragspartner unabhängig von der Schwere seines Verstoßes (Anzahl der unterbezahlten Arbeitnehmer, Zeitraum der untertariflichen Beschäftigung, Volumen des Auftrags, Verschuldensgrad) sofort für zwei Jahre zu sperren. Diese Rechtsfolge kann von Fall zu Fall unter zwei Gesichtspunkten unverhältnismäßig sein und den Bieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei leichteren und insbesondere bei erstmaligen Verstößen kann es bereits unangemessen sein, den betreffenden Unternehmer sogleich von der weiteren Vergabe auszuschließen.
Zwar existiert keine bundesweit einheitliche Regelung für die Handhabung des Ausschlusses von der Teilnahme am Wettbewerb um öffentliche Bauaufträge (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam VOB, 8. Aufl., A § 8 Rz. 58).
Jedoch gibt das Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., Einl. Rz. 104) Anhaltspunkte dafür, welche Verfehlungen eines Unternehmers als so schwer anzusehen sind, dass seine Zuverlässigkeit als Bewerber (vgl. § 8 Nr.5 lit. c VOB/A) in Frage steht und eine sofortige Auftragssperre gerechtfertigt ist. Dies sind vollendete oder versuchte Beamtenbestechung, Vorteilsgewährung sowie schwerwiegende im Geschäftsverkehr begangene Straftaten, insbesondere Diebstahl, Unterschlagung, Erpressung, Betrug, Untreue und Urkundenfälschung. Ferner Verstöße gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, unter anderem die Beteiligung an Absprachen über Preise oder Preisbestandteile, verbotene Preisempfehlungen, die Beteiligung an Empfehlungen oder Absprachen über die Abgabe oder Nichtabgabe von Angeboten, über die Aufrechnung von Ausfallentschädigungen sowie über Gewinnbeteiligungen und Abgaben an andere Bewerber.
Aus den Materialien zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und anderer Gesetze vom 26. Juli 1994 (vgl. BT-Drucks. 12/7563, 5.10 f; dazu auch Ingenstau/Korbion, aaO, A § 8 Rz. 72) ergibt sich, dass der Bundesgesetzgeber eine Auftragssperre bei Verstößen gegen dieses Gesetz nicht in allen Fällen für zwangsläufig hält, sondern dass eine Gesamtwürdigung der Umstände vorzunehmen ist, bevor diese Rechtsfolgenanordnung ausgesprochen wird. Danach kommt es u. a. auf die relative und absolute Zahl der illegal beschäftigten Arbeitnehmer, die Dauer ihrer Beschäftigung, die Häufigkeit etwaiger Verstöße, eine etwa bestehende Wiederholungsgefahr und den Umfang der Auswirkungen eines Normenverstoßes auf den öffentlichen Auftraggeber an (vgl. Ingenstau/Korbion, aaO, A § 8 Rz. 72). Auch auf Länderebene gibt es Regelungen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Beispielsweise sieht ein Runderlass der Hessischen Landesregierung vor, dass bei Verfehlungen, durch die dem Auftraggeber kein oder nur ein geringer Schaden entstanden ist, unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit von einem Ausschluss abgesehen werden kann. In einem solchen Fall ist der betreffende Bewerber bzw. Unternehmer auf den festgestellten Sachverhalt und die im Wiederholungsfall zu erwartenden Konsequenzen hinzuweisen (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, aaO, A. § 8 Rz. 59). Nicht jeder Verstoß gegen die Tariftreueerklärung wiegt so schwer, dass die sofortige Verhängung einer Auftragssperre als adäquate Rechtsfolge angemessen ist. Soweit es die Dauer der ausgesprochenen Auftragssperre anbelangt, geben die Gesetzgebungsmaterialien für das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und anderer Gesetze vom 26. Juli 1994 ebenfalls Anhaltspunkte für die Verhältnismäßigkeit von Sanktionen. Danach soll der Bewerber bei einer erstmaligen Verfehlung in der Regel für sechs Monate ausgeschlossen werden und (erst) im Wiederholungsfall für 2Jahre.
Demgemäß kann die sofortige Sanktionierung mit einer Auftragssperre von 2 Jahren den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben auch dann unverhältnismäßig benachteiligen, wenn der zeitweilige Ausschluss von weiteren Vergabeverfahren im Hinblick auf den Verstoß dem Grunde nach gerechtfertigt erscheint.

Die Sanktionsklausel wäre, so wie sie in den Verträgen des Landes Berlin über Bauleistungen verwendet wird, also selbst dann rechtswidrig, wenn die Rechtmäßigkeit der Tariftreueerklärung als vertragliche Vereinbarung unterstellt würde oder wenn sie von solchen Unternehmen verlangt wird, die ohnehin zur Zahlung von Tariflöhnen verpflichtet sind."

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