Beratung etc. - vergabe- und zivilrechtliche Aspekte

1. Vergaberecht

- Befangenheit, Interessenkollision - Mitwirkung an der Vergabevorbereitung etc. (§§ 4, 5 UVgO, 6, 7 VgV)

- Allgemeine Ausnahmen (§ 107 I Nr. 1 GWB: Schiedsgerichts- und Schlichtungsleistungen); besondere Ausnahmen (§ 116 I Nr. 1 GWB: Rechtsdienstleistungen <Vertretung von Mandanten in Gerichts-oder Verwaltungsverfahren, Schiedsgerichts- und Schlichtungsverfahren, Notar-Beurkundungetc., gerichtlich bestellte Betreuer etc.)

- vgl. ferner § 130 GWB - Aufträge über soziale und  andere besondere Dienstleistungen i. S. des Anhangs XIV der RL 2014/24/EU).

Beratung, Gutachten, Schulung etc. gehören nicht zu den Ausnahmen. Speziell die Mitwirkung in der Vergabevorbereitungund Untererstützung bei derDuchführungder Vergabe - technich, wirtschschaftlich etc.) ist keine "Ausnahmevergabe". Sie kann getrennt von Rechtsdienstleistungen in mehreren Losen vergeben werden.

Entscheidungen

Anwaltszwang – OLG Celle, Beschl. v. 05.10.2020 - 13 Verg 5 – 20 – Stadtreinigung – Akteneinsicht - Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gegen VK-Entscheidung (Gewährung der Akteneinsicht) – Entscheidung der Vergabekammer zur Akteneinsicht ist rechtsmittelfähig (BGH, Beschl. v. 31. 01. 2017 – X ZB 10/16) – Darlegung der nicht wiedergutzumachenden Beeinträchtigung durch Akteneinsicht seine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und Gründe für besonderen Schutz der konkreten Daten – Beteiligte am „OLG-Verfahren“: Bieter und Einsicht begehrendes Unternehmen, Auftraggeber nur bei Berührung eigener Geheimschutzbereiche (BGH, a. a. O.) – sofortigen Beschwerde keine „Vorabentscheidung“ über Zulässigkeit etc. des Nachprüfungsantrags, sondern Gerichtskontrolle der Entscheidung über die Akteneinsicht zur Vorbeugung von schwerwiegenden Schäden durch Offenlegung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse im Wettbewerb (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache – hier: keine eigenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vergabestelle, auch keine Darlegung der konkreten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Bieter der Mindestbietenden und dritter Unternehmen in den geschwärzten Dateien - ferner auch Vorbehalt der Vergabekammer für weitere Prüfung (weitere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse?) - Notwendigkeit der Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten wegen Anwaltszwangs vor dem OLG

Anwaltsgebühren  – OLG Celle, Beschl. v. 05.11.2020 - 13 Verg 7 – 20 – Anwaltsgebühren – Notwendigkeit der Hinzuziehung nicht bei „im wesentlichen einfachen Sach- oder Rechtsfragenaus der Entscheidung: „Grundlegend hat sich ein Auftraggeber in seinem Aufgabenbereich die Kenntnisse für auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen grundsätzlich selbst zu verschaffen, weshalb die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in Nachprüfungsverfahren, die im wesentlichen einfache auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen betreffen, regelmäßig nicht notwendig ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Juli 2013 – Verg 40/12, juris Rn. 5; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. März 2015 – 15 Verg 11/14, juris Rn. 9 ff.). Entsprechend sind auch beispielsweise Honorare für Architekten, Ingenieure und andere Berater, die den Auftraggeber im Hintergrund unterstützen, regelmäßig nicht erstattungsfähig (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2005 – Verg 4/05, juris). b) Im vorliegenden Fall beschränkte sich das Nachprüfungsverfahren auf vergleichsweise einfach zu beantwortenden Fragen. Die wesentlichen Fragen waren von der Antragsgegnerin bereits im eigentlichen Vergabeverfahren zu beurteilen und wurden von ihr bei ihrer Entscheidung vom 10./13. Juli 2020, die Ausschreibung aufzuheben, entsprechend berücksichtigt (Bl. 164 VgK-A). Diese Entscheidung hat sie der Antragstellerin – vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens – in der Rügeantwort vom 24. Juli 2020 (Bl. 28 VgK-A) auch näher – sogar unter zutreffender und mit Belegen versehener Darstellung der maßgeblichen rechtlichen Grundsätze – erläutert. Die Aufgabe der Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren beschränkte sich darauf, ihre eigene Tätigkeit und diese bereits getroffene und näher begründete Entscheidung darzustellen (vgl. Summa in: jurisPK-VergR, 5. Aufl., § 182 GWB [Stand: 25. Mai 2020] Rn. 94).“

Beratung ohne Rechtdienstleistungen - VK Bund, Beschluss vom 02.06.2021, VK 2 - 47 - 21 – Beschaffungsberatung (ohne Rechtsberatung) keine Rechtdienstleistung (RDG) Antragstellerin (Anwaltsbüro) unterliegt – Losaufteilung von technischer und rechtlicher Beratung- Rahmenvereinbarung zur technischen Unterstützung bei der Durchführung von Vergabeverfahren ohne juristische Prüfung – keine Rechtsberatung – Beschaffungsberatung: selbständige Vorbereitung und Durchführung von nationalen und europaweiten Ausschreibungen für verschiedene Leistungsgegenstände, insbesondere Unterhalts- und Glasreinigung, Grün- und Graupflege, Winterdienst und Hausmeisterdienstleistungen, ggf. Sicherheitsdienstleistungen, forstliche Dienstleistungen sowie Ver- und Entsorgungs- sowie sonstige Dienstleistungen – aus der Entscheidung: „Ein Verstoß gegen das Gebot, die ausgeschriebenen Leistungen nach § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB in zwei Fachlose, eines für Rechtsdienst- bzw. Rechtsberatungsleistungen und eines für kaufmännisch geprägte Vergabeberatungsleistungen, aufzuteilen, ist nicht festzustellen ... Der Umstand, dass die von der Ag zu beschaffenden Dienstleistungen vergaberechtlich geregelt sind und – wie ausgeschrieben – eingehende vergaberechtliche Kenntnisse voraussetzen, führt hier nicht dazu, dass die zu beschaffenden Leistungen eine Rechtsdienstleistung bzw. eine spezifische Rechtsberatung im Sinne des RDG darstellen bzw. beinhalten. Das zeigt sich am vorgegebenen Leistungsumfang für die Vertragsvorbereitung in der Leistungsbeschreibung, z.B. gemäß Themen- komplex I/Vorbereitungsphase. Die dort vorgesehenen Arbeiten wie Überprüfung der Vertrags- und Vergabeunterlagen auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit Musterunterlagen, Prüfung von Vertragsunterlagen auf Widerspruchsfreiheit, Erstellung des Vergabevermerks hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Aspekte auf vorgegebenem Muster beinhalten allesamt die Rechtsanwendung, aber nicht die qualifizierte vergaberechtliche Prüfung im oben beschrieben Sinn.“

Literatur

Deelmann, Thomas, Berater in Behörden und Unternehmen – Fluch oder Segen?, VergabeFokus 2020, 14

Vincze, Attila, Anmerkung zu EuGH Urt. v. 7.8.2018 – C-300/17 - Hochtief AG gegen  Budapest Főváros Önkormányzata,  EuGH Urt. v. 7.8.2018 – C-300/17, GPR 2019, 77 (Mitwirkung eines Experten als Planer auf der Seite des Auftraggebers)

Donhauser, Christoph/ Schröck, Tassilo, Ausschreibungspflichten bei der Beauftragung von Rechtsanwälten als Projektmanager in der Planfeststellung, NZBau 2020,151

 "Dienstleistung" ist ein vergabrechtlicher Begriff (vgl. § 103 IV  GWB: Dienstleistung = alles was nicht unter Bauleistung bzw. Lieferung fällt, ist Dienstleitung - Probleme bei "gemischten Aufträgen" mitmehreren "Tätigkeiten" - Lösung aus § 110 GWB: Abgrenzung durch "Hauptgegenstand" (Bau- und Dienstleistung)oder geschätzter höherer Wert (Liefeungund Dienstleistung).

Untrerhalb der Schwellenwerte erhältde Freiberufler-Begriff besondere Bedeutung(§ 50 UVgO).

2. Zivilrecht: ( Unternehmens-) Beratung und Schulung sowie im Regelfall auch Forschungs- und Entwicklungsleistungen (denkbar auch als Werkvertrag) sind zivilrechtlich Dienstverträge.Gutachten unterliegen regelmäßig dem Werkvertragsrecht.

Bei Dienstverträgen  liegt keine erfolgsbezogene Tätigkeit im Sinn des Werkvertragsrechts vor.Kurz gesagt:  Die Vergütung ist in diesen Fällen immer verloren - auch bei Schlechtleistungen. Denkbar sind Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung - jetzt §§ 280, 282, 324, 325 BGB - allerdings dürfte es sehr schwierig sein, hier den entsprechenden Schaden zu belegen. Da bis jetzt  noch kein Vertragsmuster für diese Leistungen vorliegt, empfahl sich die Nutzung des Leistungsscheins der BVB-Planung sowie die Einbeziehung der VOL/B. Auch  kann in diesen Fällen EVB-IT Dienstleistung als Hilfe dienen - Muster Leisungsscheine.
Das Hauptaugenmerk ist in diesen Fällen insbesondere auf die Eignung (Zuverlässigkeit, Fachkunde und Leistungsfähigkeit) zu legen - vor der Auftragsvergabe. Referenzen sind unbedingt einzuholen. Denkbar sind auch Probeleistungen und deren Bewertung - vor allem in "Schulungsketten".

Im übrigen handelt es sich meist um Freiberufler-Leistungen (vgl. § 50 UVgO). ,

Gutachten unterliegen dem Werkvertragsrecht. Das ist vielfach unbekannt. Im übrigen handelt es sich auch hier vor allem um Freiberufler-Leistungen, so daß die zuvor anzutreffenden Ausführungen zu beachten sind.


Rechtsanwälte
für Vergabeverfahren sowie Spezialfragen einzelner Rechtsgebiete wie
Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes
unlauteren Wettbewerbs
Rügen oder
Nachprüfungsverfahren
etc.ist die Einschaltung dieser Spezialisten meist unumgänglich.



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